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"Um Thora daran zu hindern, von der Venusfestung aus Verbindung mit Arkon aufzunehmen, war Perry Rhodan der Arkonidin gefolgt, ohne daran zu denken, dass die neuen Raumzerstörer noch gar keine Kodenachrichten an das Positronengehirn der Festung abstrahlen konnten. Roboter begehen jedoch keine »Gedankenlosigkeiten«, sie handeln nur logisch – und so kommt es, dass der Roboterkommandant der Venusfestung nach Thoras und Rhodans »unangemeldeten« Einflügen die GEHEIMSCHALTUNG X auslöst, die den Planeten hermetisch abriegelt ..."
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Nr. 23
Geheimschaltung X
Die Natur des Planeten ist tödlich – doch noch gefährlicher sind die Menschen selbst, die dort leben ...
von W. W. SHOLS
Um Thora daran zu hindern, von der Venusfestung aus Verbindung mit Arkon aufzunehmen, war Perry Rhodan der Arkonidin gefolgt, ohne daran zu denken, dass die neuen Raumzerstörer noch gar keine Kodenachrichten an das Positronengehirn der Festung abstrahlen konnten.
Roboter begehen jedoch keine »Gedankenlosigkeiten«, sie handeln nur logisch – und so kommt es, dass der Roboterkommandant der Venusfestung nach Thoras und Rhodans »unangemeldeten« Einflügen die GEHEIMSCHALTUNG X auslöst, die den Planeten hermetisch abriegelt ...
Perry Rhodan – Der Herr der Dritten Macht ist zum Gefangenen der Venus geworden.
John Marshall und Son Okura – Perry Rhodans Mitgefangene.
Reginald Bull – Er bekommt mit seinem Chef keine Verbindung mehr.
Thora – Ihre unüberlegte Flucht von der Erde endet in einem Fiasko.
Tako Kakuta – Seine teleportativen Fähigkeiten sind Bulls letzte Hoffnung.
General Tomisenkow – Ein Divisionskommandeur ohne Division.
Oberst Raskujan
»Und wenn Sie sich auf den Kopf stellen, meine Herren!«, erklärte Reginald Bull nach einer ermüdenden Diskussion. »Wir kehren nicht zur Erde zurück. Wir bleiben vielmehr auf dieser Satellitenbahn um die Venus. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
Die wenigen Männer im Kommandoraum nickten. Keiner von ihnen zeigte allerdings die geringste Spur von Begeisterung über den offenbar hirnverbrannten Entschluss ihres Captains. Sie fügten sich, weil Bull zu bestimmen hatte. Und jeder im Mutantenkorps wusste, dass auch scheinbar sinnlose Befehle auszuführen waren.
Bully, wie sich Reginald Bull selbst gern nennen hörte, war als Kommandant von Perry Rhodans geheimem Mutantenkorps eine derart exponierte Persönlichkeit, dass er sich Fehlschläge einfach nicht leisten durfte.
Und hier deutete sich ein Fehlschlag an!
»Hier stimmt etwas nicht«, fuhr Bull mit gereizter Stimme fort. Dabei stieß sein gestreckter Zeigefinger mehrere Male drohend nach unten. »Wer dem Herrn der Dritten Macht dient, wer Perry Rhodan seinen Eid geschworen hat, der kann ihn nicht verlassen, wenn es ihm am schlechtesten geht! – Sie wollen zur Erde zurück. Und wie soll es danach weitergehen? Sie wissen genau, dass unser Chef so ziemlich allein dort unten im Venus-Dschungel steckt ...«
»Okura wird bei ihm sein. Und auch Marshall und Thora«, wagte der kleine, aber breit und wuchtig gebaute Mutant Wuriu Sengu einzuwerfen.
»Thora ist mit einem Schiff allein ausgerückt«, schnitt ihm Bully das Wort ab. »Wenn sie überhaupt in Begleitung war, dann höchstens in der eines Roboters. Rhodan, Marshall und Okura aber folgten in einem zweiten Schiff. Seit wir wissen, dass das verrückte Positronengehirn in der Venusfestung auf Grund der von Rhodan programmierten Geheimschaltung X seine Herren und Meister plötzlich nicht mehr anerkennt und mit allen technischen Mitteln abwehrt, bin ich nicht mehr davon überzeugt, dass Perry und Thora zusammen sind. Alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass beide abstürzten und hilflos dem Dschungel der Venus preisgegeben sind.«
»Der Chef sagte etwas davon, dass die Arkonidin Thora gut aufgehoben sei«, versuchte Sengu erneut Bullys Pessimismus zu zerstreuen.
»Wenn wir es genau nehmen, sagte der Chef sehr wenig«, blieb Bully hartnäckig. »Er hatte nämlich kaum Zeit, sich genauer zu erklären. Die Funkverbindung brach bereits nach zwei Minuten wieder ab, und bis zur Stunde haben wir uns vergeblich bemüht, neuen Kontakt zu erhalten. Das Gehirn in der Venusfestung hat eben nicht nur seine Fünfhundert-Kilometer-Sperre errichtet, sondern es verhindert einmal unsere Landung und zum anderen jeglichen Funkverkehr zwischen uns und den Bodenstationen. Rhodans kleine Armbandgeräte sind da von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Und ich glaube sogar, dass auch unser schwerer Schiffssender nicht mehr nach unten durchkommt. Wenn das Positronengehirn erst einmal auf Abwehr eingestellt ist, dann führt es diese Aufgabe auch unerbittlich durch. Das ist Arkonidentechnik, meine Herren! Vergessen Sie das nicht!«
Der Mutant Tanaka Seiko machte eine respektvolle Kopfbewegung nach vorn. »Wir hatten das alles schon einmal festgestellt, Sir. Jetzt geben Sie selbst zu, dass wir machtlos sind. Warum also bleiben wir auf der Satellitenbahn, wenn wir Perry Rhodan doch nicht helfen können?«
Bully machte eine Pause. Sein starrer Blick, der wegen seiner wasserblauen Augen nie so stechend wirken konnte, wie er es sich aus Autoritätsgründen oft gewünscht hatte, wanderte umher.
Da standen die Besten seiner Elite. Alles ausgesuchte, positive Mutanten aus Rhodans Geheimtruppe. Männer, die ausnahmslos im ersten Friedensjahr nach dem zweiten Weltkrieg geboren waren. Männer aus der Nachbarschaft von Hiroshima und Nagasaki, wo die ersten Atombomben der menschlichen Geschichte viel Unheil angerichtet hatten. Aber die Tücke des großen, geschichtlichen Ablaufs hatte auch hier für die Ausnahme gesorgt, die die Regel erst bestätigen muss. Die Hölle des ersten Atombombeneinsatzes auf Japan hatte, wie man nach Jahrzehnten feststellte, nicht nur Verderben, Tod und Siechtum gebracht. In wenigen Fällen – man muss es wohl quantenbiologisch erklären – war nach dem Gesetz der Unbestimmtheitsrelation auch eine positive Änderung der Erbanlagen erfolgt. Und aus den Kindern dieser Eltern waren Mutanten geworden.
Zum Beispiel »Peiler« wie Tanaka Seiko, der einen zusätzlichen Sinn zum Empfang von Radiowellen erhalten hatte. Oder »Späher« wie Wuriu Sengu, dem es keinerlei Mühe bereitete, durch feste Materie zu sehen.
Bullys Blick blieb auf Tako Kakuta haften.
»Ja, Sie meinte ich, Tako. Sind Sie nicht der Meinung, dass das Positronengehirn eine Tatsache völlig außer acht lässt?«
»Sie denken an meine Fähigkeit der Teleportation, Sir?«
»Allerdings! Das Positronengehirn in der Venusfestung ist zehntausend Jahre alt. Damit will ich nicht sagen, dass es steinzeitlich ist. Es wurde immerhin von einer Arkonidenexpedition errichtet, deren Teilnehmer damals in der Technik schon bedeutend weiter waren als die Menschheit unserer Tage. Aber vor zehntausend Jahren gab es noch keine Mutanten auf Terra. Was also liegt näher als der Schluss, dass für das Gehirn infolgedessen auch keine Programmierung zur Abwehr von Teleportern möglich ist?«
»Sie meinen, ich soll ...«
Tako Kakuta unterbrach sich. Er warf einen scheuen Blick auf den Bildschirm, der auf die Oberfläche der Venus eingestellt war. Unter der 60 Meter durchmessenden Kugel der GOOD HOPE V rollte langsam – wie in einer Zeitlupenaufnahme – die wilde, jungfräuliche Landschaft des Planeten ab. Doch Einzelheiten waren nirgends zu erkennen. Hier und da nur ließ die dichte Wolkendecke einen kurzen Blick auf die Oberfläche zu. Tiefgrüner, satter Wald, blaugrünes, manchmal sogar schwarz reflektierendes Meer und graubraune Felsen, die sich zur Polkappe hin intensiver mit Schnee bezogen. Der Bildschirm zeigte optisch weit weniger, als der Teleporter in seiner Erinnerung und Phantasie sah. Tako war lange Wochen auf der Venus gewesen. Er wusste, dass ihn dort unten ein Labyrinth erwarten würde.
»Ja«, nickte Bull ernst. »Sie sollen hinunter und mit Rhodan Verbindung aufnehmen. Wenn Sie ihn gefunden haben, ist der Rest ein Kinderspiel. Mit dem Chef zusammen sind wir eine unschlagbare Mannschaft. Und außerdem werden wir erreichen, was wir uns vorgenommen haben. Wir bringen Rhodan auf schnellstem Wege in die Festung, so dass er dem Gehirn neue Anweisungen geben kann.«
»Natürlich«, nickte Sengu optimistisch. »Weshalb sind wir nicht früher auf diese Idee gekommen?«
»Wir sind eben allzuleicht geneigt, eine arkonidische Energiesperre als etwas Absolutes und Vollständiges hinzunehmen. Acht Jahre Arkonidentechnik haben uns zu Gewohnheitstieren gemacht, die eben schon im Unterbewusstsein an die Perfektion glauben ... Bereiten Sie sich vor, Tako! Ich denke, diesen Katzensprung werden Sie schaffen.«
»Die Entfernung ist lächerlich, Sir. Ich hatte schon lange an einen Sprung gedacht und wäre auf eigene Faust hinuntergegangen, wenn ...«
»Wenn was?«
»Wenn eben nicht der Dschungel wäre. Ich kenne ihn. Man kann sich auch als Teleporter darin verirren, wenn man die Orientierung verliert. Und man kann ganz unvorbereitet jeder Art von menschenfressendem Gewürm begegnen, gegen das nicht einmal die schnellste Fluchtreaktion eines Teleporters etwas nützt.«
»Haben Sie Angst?«
»Etwas Angst habe ich immer, wenn es direkt in die Hölle geht. Aber das ist nicht das Ausschlaggebende. Wahrscheinlich halten sich dort unten alles in allem mehrere tausend Menschen auf und müssen jeden Augenblick darauf gefasst sein, ihr Leben verteidigen zu müssen. Ich brauche aber ein konkretes Ziel. Solange das nicht genau festliegt, kann ich unter Umständen x-mal teleportieren und verfehle Rhodan doch immer wieder.«
»Das lassen Sie nur meine Sorge sein! Die Bordpositronik hat alle Manöverdaten festgehalten. Wir besitzen auch das Peilergebnis von Perrys letzter Sendung. Er befindet sich genau hundertzwanzig Kilometer westlich des großen Urmeeres im Norden. Exakter gesagt, westlich des Meerarmes, der sich, beinahe dreihundertfünfzig Kilometer breit, tief in den Nordkontinent hinein erstreckt.«
»Die Angaben sind immer noch nicht genau genug, Sir.«
»Das weiß ich. Ich habe auch kein Wort davon gesagt, dass Sie innerhalb einer Minute springen sollen.«
Bully schob den Teleporter mit wuchtiger Hand zur Seite und trat an das Bordpositronengehirn.
»Kommen Sie alle her! Passen Sie auf, dass Tako und ich keinen Fehler machen. Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass wir Rhodans Position auf eine Genauigkeit von höchstens fünfhundert Metern Durchmesser bestimmen können. Wenn Sie dann nicht gerade in den Armen des Chefs landen, Tako, werden Sie sich eben die Mühe machen und nach ihm rufen.«
»Natürlich, Sir!«
Die Auswertung der gespeicherten Werte ging schneller als erwartet. Die Servokreise des Gehirns reagierten prompt. Auf der Millimeterscheibe der optischen Endstufe projizierte sich ein Fotobild der Venusoberfläche, das auf älteren Vermessungen basierte.
Schwieriger war die individuelle Einstellung Tako Kakutas zu diesem Problem. Denn er musste gedanklich sehr genau zielen, und er brauchte dazu eine konkrete Vorstellung von dem Ort, den er durch die Teleportation erreichen wollte.
Hier auf der Venus war diese Hilfe nur in geringem Maße gegeben. Der Urwald nahm sich von oben wie ein endloser Teppich aus, der in der groben Vorstellung Millionen gleichwertige geographische Punkte aufwies.
Bully spürte Takos Schwierigkeiten.
»Wischen Sie sich den Schweiß ab, Junge! Ich gebe Ihnen eine Hilfe.«
Sekunden später war das kartographische Gradnetz hinzugeschaltet. Obgleich diese Einrichtung nur ein gedachtes Hilfsmittel und keine Realität auf der Oberfläche eines Planeten ist, nutzte es auch in diesem Falle etwas.
»Die Orientierung ist sehr gut«, sagte Tako Kakuta plötzlich. »Lassen Sie die Gradnetzschaltung jetzt bitte unverändert, Sir. Auch der Kurs scheint mir in Ordnung zu sein. In etwa zehn Minuten dürften wir den günstigsten Punkt zum Absprung erreicht haben.«
Automatisch blickten alle auf ihre Uhren. Neben den Chronometern für die Bordzeit, die dem terranischen Kalender entsprach, trugen sie alle ihre so genannten Venusuhren. Grob gerechnet rotiert die Venus etwa zehnmal langsamer als die Erde. Ein Venustag ist daher auch zehnmal länger.
Der Punkt, den das Positronengehirn der GOOD HOPE V als Rhodans Aufenthaltsort festgelegt hatte, befand sich zur Zeit in der wandernden Zwielichtzone. Für die Freunde unten auf der Venus war also vor kurzem ein neuer Morgen angebrochen.
Die Venus-Zeitnehmer standen kurz vor 78 Uhr.
Noch fünf Minuten bis zur günstigsten Sprungposition!
Während des schweigenden Wartens stieg die Spannung. Doch wenn jemand an Bord Kakutas Vorhaben als unmöglich ansah, so sagte er es nicht. Nachdem das Gehirn in der Venusfestung alle nur erdenklichen Sperren errichtet hatte, konnte die Teleportation eines Mutanten die letzte Möglichkeit bieten, diese Sperren zu überwinden.
Noch drei Minuten!
Wuriu Sengu, der Späher, ließ ein unzufriedenes Stöhnen hören. Nachdem er sekundenlang in äußerster Konzentration dagestanden und ins scheinbare Nichts gestarrt hatte, entspannte er seinen Körper und warf sich lustlos in einen Sessel.
Bully war ärgerlich über diese Demonstration, die den zur Schau getragenen Pessimismus leicht auf die anderen übertragen konnte.
»Was ist los, Wuriu?«
»Ich habe versucht, unter der Wolkendecke etwas zu erkennen. Freilich sehe ich mehr als Sie. Für Sie alle ist die Venusoberfläche eine öde Dunst- und Wolkenschicht, für mich ein buntes, leuchtendes Paradies. Aber hier kommt es ja wohl auf Einzelheiten an. Und die kann ich auf diese Entfernung natürlich nicht erkennen. Etwa dreißig Kilometer südlich von dem Punkt, den das Gehirn fixiert hat, befindet sich ein fast kahles Hochplateau. Der Chef jedoch dürfte sich mitten im tiefen Urwald befinden.«
»Sie meinen, Wuriu, wenn er gescheit wäre, hätte er versucht, das Plateau zu erreichen?«
»Natürlich! Für einen Schiffbrüchigen bietet es den denkbar besten Schutz gegen die unberechenbare Fauna des Planeten.«
»Mag sein, dass Sie recht haben. Aber von da unten sehen die Probleme wahrscheinlich doch ein wenig schwieriger aus als von unserer Position. Wir dürfen uns auf das positronische Peilergebnis jedenfalls hundertprozentig verlassen. Ich bin überzeugt, in der nächsten Viertelstunde wissen wir mehr. Alles klar, Tako?«
Noch eine Minute bis zur günstigsten Sprungposition.
Der Teleporter nickte.
Außer seiner eigenen Ausrüstung hatte er einen arkonidischen Einsatzanzug auf den Rücken geschnallt. Jeder wusste, was das zu bedeuten hatte. Sobald Kakuta Rhodan gefunden hatte, würde dieser mit Hilfe des Anzuges in kürzester Frist die Venusfestung erreichen und das Positronengehirn umprogrammieren können. Dadurch wäre mit einem Schlage die Herrschaft der Dritten Macht über den ganzen Planeten wieder sichergestellt. Denn Arkonideneinsatzanzüge waren in technischer Hinsicht einsame Extraklasse. Man trug sie verhältnismäßig leicht über der Kleidung. Sie machten den Träger zu einem vollendet fliegenden Ikarus, weil der eingebaute Gravitationsneutralisator jede Schwerkraft eines Durchschnittsplaneten aufhob. Durch Lichtwellenbrecher und Energieschutzschirm wurde jeder, der in einen solchen Anzug hineinstieg, darüber hinaus unsichtbar und unangreifbar.
Es war gut, dass die Männer bei diesem Gedanken wieder ihren Optimismus zurückgewannen. Sobald Tako Kakuta Perry Rhodan den Anzug übergab, würde die Episode des Schiffbruchs überwunden sein.
»Noch zehn Sekunden«, sagte Reginald Bull. »Passen Sie jetzt auf, Tako!«
»Ich springe!«
Das Verschwinden eines Teleporters war den Männern vom Mutantenkorps seit Jahren etwas durchaus Alltägliches. Trotzdem empfanden sie das Schauspiel in diesem besonderen Falle als geheimnisvoll und wunderbar. Der normale Mensch geht zur Tür hinaus. Oder er lässt sich in einen Schacht fallen. Ein Teleporter dagegen verharrt auf dem Fleck. Durch rein geistige Konzentration erreicht er ein überdimensionales Existenzfeld, das ihn am Zielort wieder in den Normalzustand entlässt.
Kakuta machte, als sein Bild von Augenblick zu Augenblick schwächer und unwirklicher wurde, daher eher den Eindruck, als verschwinde er in der Zeit.
Ehe jemand bis ›drei‹ zählen konnte, war der Platz völlig leer.
»Und jetzt müssen wir ein wenig Geduld haben«, dozierte Bully. Er hatte die Absicht, es Wuriu Sengu gleichzutun und sich in einem Sessel bequem aufs Warten einzurichten. Doch bevor er die Sitzgelegenheit erreichte, ließ ihn ein Schrei herumfahren.
Auch der Späher war aufgesprungen und blickte fassungslos auf den sich krümmenden Körper auf dem Fußboden der Kommandozentrale.
Vor ihnen wälzte sich Tako Kakuta in unverständlichen Qualen. Sein Schrei war in ein klägliches Wimmern übergegangen und wurde dann und wann von heftigen Hustenanfällen unterbrochen.
Ralf Marten, der ›Teleoptiker‹ des Mutantenkorps, sprang einen Schritt zurück, als Kakuta mit geschlossenen Augen nach seinem Bein griff und ihn flehend und wütend zugleich umreißen wollte.
»Er ist verrückt geworden!«, schrie Tanaka Seiko. »Springt alle zugleich auf ihn und fesselt ihn. Er weiß ja selbst nicht, was er tut!«
Freilich, der Teleporter schien nicht zu wissen, was er tat. Ebensowenig aber wussten die anderen, was zu tun war. Denn Kakuta litt unter einem unerklärlichen Erlebnis. Man konnte ihn nicht als Übeltäter und Kranken zugleich behandeln. Und krank war er offenbar weit mehr als ›verrückt‹.
»Wir müssen ihm helfen«, stellte Marten fest. Seine Haltung verriet Misstrauen und Mitleid zugleich.
Auch die anderen hatten den Kreis um Tako Kakuta größer gemacht. Aus reinem Instinkt. Dann aber musste die Vernunft helfen.
»Ralf, konzentrieren Sie sich auf sein Gehirn!«, befahl Reginald Bull. »Sagen Sie mir, was er sieht und hört!«
Ralf Martens positive Mutation versetzte ihn in die Lage, sein eigenes Ich vorübergehend auszuschalten und durch die Augen und Ohren eines anderen Lebewesens die entsprechenden Sinneseindrücke zu empfangen, ohne dass der auf diese Weise ›Übernommene‹ etwas davon merkte.
Marten konzentrierte sich. Ihn überkam die typische Starre des Mutanten. Kurz darauf entspannte er sich wieder und schüttelte den Kopf.
»Tako sagt mir nichts. Was er sieht und hört, ist undefinierbar. Er erkennt uns nicht. Seine Wahrnehmung ist konfus wie bei einem ...«
Marten stockte.
»Nun reden Sie schon!«, drängte Bully. »Wollen Sie behaupten, dass Tako wahnsinnig geworden ist?«
Der Teleoptiker nickte mit wenig Überzeugung. »Das wollte ich sagen. Aber ich bin kein Arzt. Geben Sie nichts auf meine Eindrücke.«
»Zum Teufel, Marten! Sie machen alles nur noch verdrehter! Takos Gehirn muss doch Reflexe widerspiegeln. Er war fünf Sekunden außerhalb des Schiffes. In dieser kurzen Spanne kann er doch nicht zum Idioten geworden sein!«
Der Teleoptiker hob hilflos die Schultern.
»Ich kann nichts sagen, Sir, was uns irgendwie weiterbringt. Wenn sein Gehirn wirklich das vergangene kurze Erlebnis reflektiert, soweit es optische und akustische Eindrücke betrifft, so kann ich nur sagen, dass auch dieses Erlebnis undefinierbar und verrückt gewesen sein muss.«
»Quälen Sie ihn nicht«, riet Wuriu Sengu. »Schließlich ist er kein Telepath.«
»Ich danke für die Belehrung«, gab Bull zähneknirschend zurück. »Demnach bleibt uns also nichts anderes übrig, als Tanakas Vorschlag auszuführen. Wir stürzen uns alle zugleich ... Moment! Er wird ruhiger ...«