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Die fremde Welt zeigt ihr wahres Gesicht - und die Terraner müssen um ihr Leben kämpfen... Der terranische Vorstoß in das Herrschaftsgebiet der Meister der Insel scheint in den Septembertagen des Jahres 2402 zum Stehen gekommen zu sein. Perry Rhodan sieht sich durch die plötzliche Aktivität der für tot gehaltenen Mobys sogar gezwungen, seine Flotteneinheiten an den Rand des Sternennebels Andro-Beta zurückzuziehen. Nur ein paar Space-Jets - kleine, schnelle und ungemein wendige Raumschiffe, die der Gegner nur schlecht orten kann, werden dazu abkommandiert, in den Hexenkessel von Andro-Beta zurückzukehren. Die Aufgabe dieser "Himmelfahrtskommandos" ist es, den Standort des Hypersenders zu ermitteln, dessen Impulse die Moby-Ungeheuer aktiviert und zu ihrer Vernichtungsaktion getrieben haben. Captain Don Redhorse, der draufgängerische Cheyenne, ist Kommandant einer der Space-Jets. Mit seiner SJ-4C und einer Besatzung von vier Mann fliegt er Gleam an, eine seltsame Welt mit noch seltsameren Bewohnern - und landet. Der Captain handelt dabei gegen seine Befehle. Er glaubt jedoch, seine Handlungsweise verantworten zu können. Ihm geht es darum, DAS RÄTSEL DES SUMPFPLANETEN zu lösen...
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Seitenzahl: 146
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Nr. 242
Das Rätsel des Sumpfplaneten
Die fremde Welt zeigt ihr wahres Gesicht – und die Terraner müssen um ihr Leben kämpfen ...
von WILLIAM VOLTZ
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Impressum
Der terranische Vorstoß in das Herrschaftsgebiet der Meister der Insel scheint in den Septembertagen des Jahres 2402 zum Stehen gekommen zu sein. Perry Rhodan sieht sich durch die plötzliche Aktivität der für tot gehaltenen Mobys sogar gezwungen, seine Flotteneinheiten an den Rand des Sternennebels Andro-Beta zurückzuziehen.
Nur ein paar Space-Jets – kleine, schnelle und ungemein wendige Raumschiffe, die der Gegner nur schlecht orten kann, werden dazu abkommandiert, in den Hexenkessel von Andro-Beta zurückzukehren.
Die Aufgabe dieser »Himmelfahrtskommandos« ist es, den Standort des Hypersenders zu ermitteln, dessen Impulse die Moby-Ungeheuer aktiviert und zu ihrer Vernichtungsaktion getrieben haben.
Captain Don Redhorse, der draufgängerische Cheyenne, ist Kommandant einer der Space-Jets. Mit seiner SJ-4C und einer Besatzung von vier Mann fliegt er Gleam an, eine seltsame Welt mit noch seltsameren Bewohnern – und landet.
Der Captain handelt dabei gegen seine Befehle. Er glaubt jedoch, seine Handlungsweise verantworten zu können. Ihm geht es darum, DAS RÄTSEL DES SUMPFPLANETEN zu lösen ...
Captain Don Redhorse – Kommandant der SJ-4C.
Brazos Surfat – Ein Korporal, der die Bequemlichkeit und das gute Essen liebt.
Whip Gilliam – Besatzungsmitglied der SJ-4C.
Olivier Doutreval – Funker der SJ-4C.
Chard Bradon – Ein Offiziersanwärter, der ein Ei ausbrütet.
Loor Tan – Anführer der Gleamors.
Major Curt Bernard
Euphorie (gr.) – Heitere Stimmung und Wohlbefinden, trotz gefährlicher Lage.
Das war es, dachte Captain Don Redhorse, Kommandant der Space-Jet SJ-4C, die vor drei Tagen auf Gleam gelandet war.
»Euphorie«, murmelte er vor sich hin. Dann schlug er das Handbuch zu. Es war nicht nötig, die weiteren Bemerkungen unter dem Stichwort zu lesen. Einen Augenblick stand Redhorse bewegungslos inmitten der Kommandokanzel.
Von draußen klangen keine Geräusche herein. Redhorse verzog das Gesicht. Wahrscheinlich ließen sich seine vier Begleiter wieder von den Eingeborenen herumtragen. Die hundert Gleamors schienen willige Sklaven zu sein, ihre geduldige Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft waren überwältigend. Es gab nichts, was sie nicht für die fünf Terraner zu tun bereit waren.
Das anfängliche Misstrauen der Raumfahrer hatte sich gelegt. Brazos Surfat, Whip Gilliam, Olivier Doutreval und Chard Bradon schienen sich jetzt ausgesprochen wohl zu fühlen. Sie hatten ihr Vergnügen daran, sich von den Gleamors überall herumschleppen zu lassen.
Nur Redhorse kämpfte vergeblich gegen das Misstrauen an, das er fühlte. Die Gleamors machten einen verhältnismäßig intelligenten Eindruck, aber es war bisher nicht möglich gewesen, eine echte Verständigung mit ihnen herbeizuführen. Auf solche Versuche reagierten sie mit rätselhaftem Verhalten. Selbst einfachste Gesten schienen sie nicht verstehen zu können, wenn es darum ging, die Absichten der Terraner darzulegen.
Das Tri-System, dessen mittlere Sonne der Planet Gleam umkreiste, war eine von neun Schockbasen innerhalb Andro-Betas, die man vom Leerraum aus geortet hatte. Beim Anflug der SJ-4C hatte alles darauf hingedeutet, dass die neunte Schockbasis mit jener identisch war, deren Hyperimpulse die Mobys im Raum von Andro-Beta aktiviert hatten.
Kaum war die Space-Jet jedoch gelandet, war es Doutreval, dem Funker, nicht mehr möglich gewesen, irgendeinen Impuls zu empfangen. Trotzdem glaubte Redhorse noch immer, dass der Hypersender sich im Tri-System befand. Das hatte ihn bewegt, Rhodans Befehle zu umgehen und sich für einen längeren Aufenthalt zu entscheiden.
Der Captain wollte unter allen Umständen den genauen Standort des Senders ermitteln. Wenn es den Terranern nicht gelang, diese Station zu vernichten und damit die Mobys lahmzulegen, bestand für sie keine Hoffnung, Andro-Beta als Sprungbrett nach Andromeda zu benutzen.
An all diese Dinge musste der Cheyenne denken, als er lauschend in der Jet stand. Ein lautes Schnarchen riss ihn schließlich aus seinen Gedanken. Er ging zum Kartentisch und beugte sich darunter. In einer quadratischen Kiste lag Mister Jefferson, ein harmloser Bewohner Gleams, der eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Waschbären besaß. Diese Tiere wurden von den Gleamors als Haustiere gehalten. Auch das sprach für die Intelligenz der Eingeborenen. Neben Mister Jefferson lag Bradons Horror-Ei, das der Offiziersanwärter irgendwo auf der Hohlwelt gefunden hatte und seither mit sich herumschleppte. Chard Bradon hoffte, dass sich das Ei noch ausbrüten ließ. Nachdem seine Versuche mit einer Tausend-Watt-Lampe gescheitert waren, wollte er jetzt mit Mister Jefferson als Brüter sein Glück versuchen.
Redhorse kraulte den Nacken des Tieres. »Dir scheint es bei uns besser zu gefallen als bei den Gleamors«, sagte Redhorse leise. »Ist das nur Neugier oder eine kluge Entscheidung?«
Mister Jefferson schnurrte entzückt und drückte seinen Kopf gegen Redhorses Hand. Vor allem mit Korporal Brazos Surfat hatte das Tier Freundschaft geschlossen. Doch jetzt ließ Brazos Surfat sich auf den Schultern der Eingeborenen im Freien herumtragen und mit zarten Pilzen füttern.
Ein Geräusch an der Schleuse ließ Redhorse hochfahren. Er griff nach dem Karabiner und verließ die Kanzel. Mister Jefferson sprang aus der Kiste und watschelte hinter ihm nach.
Vor der Schleuse stand Chard Bradon. Die beiden Eingeborenen, die ihn getragen hatten, warteten hinter ihm. Redhorse versuchte, seinen Ärger zu unterdrücken.
Bradon, der junge Offiziersanwärter, schien von der Missbilligung seines Vorgesetzten nichts zu spüren.
»Ich weiß jetzt, warum die Gleamors so eigenartige Reifröcke tragen, Sir«, sagte er.
Redhorse blickte an Bradon vorbei. In der Nähe des Waldrandes konnte er einige Gleamors beobachten, die damit beschäftigt waren, Korporal Surfat die Schuhe zu polieren. Gilliam und Doutreval hielten sich im Lager der Gleamors auf. Da sie von Eingeborenen umringt waren, konnte Redhorse nicht viel von dem erkennen, was sich dort abspielte. Wahrscheinlich wurden die beiden Männer mit schmackhaften Pilzen gefüttert.
»Sir«, sagte Bradon beleidigt, »ich dachte, Sie seien an meiner Entdeckung interessiert.«
»Schießen Sie los, Chard«, forderte Redhorse den jungen Mann auf.
»Mit diesen Reifröcken können die Gleamors sich weit in die Sümpfe hinauswagen«, berichtete Bradon. »Sobald sie bis an die Hüften einsinken, falten sich die Röcke auf und verhindern, dass ihre Träger im Morast untergehen. Die Gleamors ernten auf diese Art ihre gesamte Nahrung.«
»Was werden Sie jetzt tun, Chard?«, wollte Redhorse wissen.
Bradon wurde unsicher. Er bemerkte, dass Redhorses Freundlichkeit, die er seinen Begleitern bisher entgegengebracht hatte, erloschen war.
»Ich weiß nicht, Captain«, sagte Bradon gedehnt. »Eigentlich hatte ich vor, mich von den beiden Burschen, die mich begleiten, ins Lager der Gleamors bringen zu lassen. Dort gibt es immer eine schmackhafte Mahlzeit.«
»Das mag schon sein«, sagte Redhorse. »Zunächst sollten Sie mir jedoch in die Kommandokanzel folgen, ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
Chard Bradon stützte beide Arme auf den unteren Schleusenrand.
»Sir, ich halte Ihr Misstrauen gegenüber den Gleamors für übertrieben. Sie sind ehrlich um uns bemüht. Sie lesen uns jeden Wunsch förmlich von den Augen ab. In drei Tagen kam es nicht zu einem einzigen Zwischenfall.«
»Und die Roboter?«, erinnerte Redhorse.
»Dafür sind die Eingeborenen bestimmt nicht verantwortlich zu machen.«
»Folgen Sie mir in die Kanzel«, sagte Redhorse. Als Bradon zögerte, fügte er voller Schärfe hinzu: »Das ist ein Befehl!«
Die beiden Gleamors wollten Bradon folgen, doch Redhorse stieß sie zurück und schloss die äußere Schleusenwand. Im Innern des Diskusschiffes nahm Redhorse auf dem Pilotensitz Platz.
Bradon blieb mit hängenden Schultern in der Nähe des Computers stehen; ein mürrischer junger Mann, der sich an seinem Vorhaben gehindert sah. Redhorse beobachtete ihn voller Groll, aber auch mit einem gewissen Verständnis. Er durfte Bradon keinen Vorwurf machen, wenn selbst so erfahrene Männer, wie Gilliam, Surfat und Doutreval, dem Übermaß an gleamorscher Freundlichkeit erlagen.
»Während Sie dort draußen Ihre kindischen Späße trieben, habe ich über unser Problem nachgedacht«, begann Redhorse. »Ich glaube, dass ich einige Antworten auf die Fragen, die uns beschäftigen, gefunden habe.«
»Da bin ich gespannt, Sir«, sagte Bradon. Redhorse hörte den schwachen Spott aus der Antwort des Offiziersanwärters heraus, doch er ignorierte ihn.
»Die Eingeborenen verfügen über eine schwache paranormale Begabung«, sagte Redhorse. »Sie sind weder Telepathen noch besitzen sie andere ausgeprägte parapsychische Fähigkeiten. Ihre ESP-Macht ist auf ihrem Gesang begründet, den sie immer wieder anstimmen.«
Bradon grinste. »Verzeihen Sie, Sir! Das verstehe ich nicht.«
»Die Ausstrahlungen der Gleamors sind sehr schwach, aber sie genügten, um unsere beiden Kampfroboter verrückt werden zu lassen. Das menschliche Gehirn ist nicht so empfindsam wie eine Positronik, was hyperdimensionale Impulse angeht. Aber der Gesang der Gleamors ist mit parapsychischer Kraft verbunden.«
»Angenommen, Sie hätten recht, Captain, wie soll uns dieser Gesang gefährlich werden?«
»Euphorie«, sagte Redhorse. »Wir werden uns bald wie im siebten Himmel fühlen und unfähig sein, eine Gefahr rechtzeitig zu bemerken. Die Gleamors wiegen uns in Sicherheit. Ob sie das unfreiwillig oder mit Absicht tun, kann ich nicht sagen.«
Bradon machte ein paar Schritte auf den Offizier zu. »Aber ich bin doch Herr meiner eigenen Sinne«, protestierte er. »Ich kann immer noch frei entscheiden.«
Auf Redhorses kantigem Gesicht erschien ein schwaches Lächeln.
»Sind Sie glücklich, Chard?«, fragte er.
Verwirrt breitete Bradon die Arme aus.
»Ja«, sagte er.
»Sehr glücklich?«
»Ich weiß nicht, was das bedeuten soll, Sir«, brachte Bradon hervor. Er versuchte, Redhorses scharfem Blick auszuweichen. Schließlich starrte er den Cheyenne an und stieß hervor: »Also gut, Captain! Ich bin sehr glücklich! Ist das ein Fehler?«
Ohne sichtbare Kraftanstrengung stand Redhorse auf; ein großer, hagerer Mann mit kantigem Gesicht und blauschwarzen Haaren. Obwohl seine Bewegungen träge wirkten, erkannte man die Leichtigkeit, mit der er sie ausführte.
Vor Bradon machte Redhorse halt.
»Dieses Glücksgefühl wird sich noch steigern, Chard«, sagte er. »Sie und die drei anderen werden vor Wohlbefinden zu träumen beginnen. Auch ich bin dagegen nicht gefeit. Die Gleamors schläfern uns ein. Sie wenden die unglaublichste Methode gegen ihre Feinde an, von der ich bisher gehört habe: sie sind zum Erbrechen freundlich und hilfsbereit«
Bradon spürte den verhaltenen Zorn in Redhorses Stimme.
»Ist es ein Verbrechen, freundlich zu sein?«, knurrte er.
»Sie unterwerfen sich«, sagte Redhorse. »Sie machen sich zu Sklaven, bereit, jede noch so erniedrigende Arbeit auszuführen. Und dabei lachen und singen sie, als würde ihnen die ganze Sache Spaß machen. Wahrscheinlich warten sie nur darauf, bis wir satt, müde und glücklich unsere Waffen wegwerfen und voller Erwartung zu ihnen kommen. Dann, Bradon, dann wird das bittere Erwachen für uns kommen.«
»Ihr Misstrauen kann ich nicht teilen, Sir«, beharrte Bradon auf seiner Meinung.
»Sie sind bereits so weit, dass Sie die Sumpflandschaft dort draußen für ein Paradies halten«, sagte Redhorse. »Käme jetzt eine Riesenschlange aus dem Morast, wären Sie bereit, sie für einen harmlosen Regenwurm zu halten. Das hat die unwahrscheinliche Nächstenliebe der Gleamors fertiggebracht.«
Redhorse sah erschreckt, dass seine Worte bei Bradon keine Resonanz fanden. Es war, als spräche er gegen eine Wand. In seinem Leben war Redhorse unzähligen Menschen begegnet, und er besaß einen sicheren Instinkt für ihre Gefühle. Bradon, das spürte der Captain, fühlte nichts als verständnislosen Zorn, wie ein Kind, dem man ein Spielzeug abnehmen will, das man ihm kurz zuvor geschenkt hat.
Schließlich sagte Bradon mit verkniffenem Gesicht: »Warum starten wir nicht, wenn Sie diesen Planeten für so gefährlich halten, Sir?«
»Wir sind gelandet, um den Hypersender der Meister der Insel zu finden«, sagte Redhorse. »Die Station befindet sich irgendwo im Tri-System. Gleam ist unsere einzige Chance, Anhaltspunkte zu finden.«
»Was wollen Sie jetzt unternehmen, Captain?«
»Ich werde die Mannschaft hier in der Jet zusammenrufen«, kündigte Redhorse entschlossen an. »Ich muss Ihnen allen verbieten, sich noch länger mit den Eingeborenen zu beschäftigen.«
»Wenn die Gleamors der Schlüssel zu diesem Sesam-öffne-dich sind, ist das keine kluge Entscheidung, Sir.«
Das, dachte Redhorse mehr erstaunt als ärgerlich, war eine offene Kritik. Er musste jetzt handeln, bevor es unmöglich wurde, die vier Männer von den Eingeborenen zu trennen.
»Folgen Sie mir!«, befahl er Bradon. »Wir gehen zum Lager hinüber.«
Gemeinsam verließen sie die Space-Jet. Es war später Nachmittag. Am Horizont zogen Regenwolken auf. Drückende Schwüle lag über dem Land. Einige Eingeborene sangen. Inzwischen war auch Surfat ins Lager getragen worden. Der Korporal hockte jetzt neben Gilliam und Doutreval und ließ sich füttern. Redhorse verbot Bradon, sich von den beiden wartenden Gleamors tragen zu lassen.
Bevor Redhorse und Bradon das Lager der Gleamors erreichten, begann das Erdbeben. Redhorse spürte das schwache Vibrieren des Bodens, mit dem sich das Beben ankündigte. Er blieb stehen und legte eine Hand auf Bradons Arm.
Der Boden zitterte wie ein erwachendes Riesentier. Redhorse sah, wie Bradon den Mund öffnete, ohne irgend etwas zu sagen. Die Eingeborenen im Lager sprangen auf. Verständnislos saßen die drei Raumfahrer zwischen den Gleamors.
Für einen Augenblick, vielleicht nur für eine Sekunde, beruhigte sich der Planet. Dann kam die zweite Welle. Der Stoß ließ Redhorse taumeln.
Vor seinen Augen begann alles zu wackeln, als beobachte er seine Umgebung durch zersprungenes Glas. Bradon stieß einen schrillen Warnruf aus. Mit gespreizten Beinen stand Redhorse da, sich seiner Hilflosigkeit gegenüber diesen Naturgewalten bewusst. Die Hälfte der Gleamors fiel zu Boden, als habe sie eine unhörbare Salve niedergestreckt. Noch immer saßen Gilliam, Doutreval und Surfat auf ihren Plätzen. Vor ihnen lagen Stoffbeutel mit essbaren Pilzen.
Plötzlich verschwand ein Teil des Pilzwaldes aus Redhorses Blickfeld. Bei einer Varietévorführung hatte Redhorse einmal gesehen, wie ein Magier seine Partnerin von der Bühne hatte verschwinden lassen. Still und blitzschnell hatte sie sich unter den Händen des Zauberkünstlers aufgelöst. Daran musste der Captain jetzt denken. Auch das Waldstück war mit einer unheimlichen Geschwindigkeit verschwunden.
Nur langsam wurde sich Redhorse der Tatsache bewusst, dass die Pilzbäume in eine klaffende Bodenspalte gestürzt waren. Das Beben wurde heftiger. Redhorse hatte das Gefühl, als stoße ihm jemand eine Faust in die Magengrube. Im Eingeborenenlager herrschte völlige Verwirrung. Die Gleamors fielen zu Boden und versuchten immer wieder aufzustehen. Sie torkelten durcheinander, ohne ein sichtbares Ziel zu haben, nur von ihrer Angst getrieben. Ihr Selbsterhaltungstrieb war also weitaus besser entwickelt, als Redhorse zunächst geglaubt hatte. Der Captain fragte sich, warum er ausgerechnet jetzt solche Überlegungen anstellte.
Hinter sich hörte er einen Entsetzensschrei. Er fuhr herum. Der Boden bäumte sich unter ihm auf und schleuderte ihn einige Meter seitwärts. Im Fallen sah er die Space-Jet. Sie war seitwärts in eine kleinere Spalte abgerutscht. Zwei der Landestützen waren verbogen und ragten wie die Krallen eines toten Riesenvogels gen Himmel. Bis auf die Kanzel war der gesamte Diskus von Schlamm, Erde und zerfetzten Pflanzen bedeckt.
Bradon lag zwischen Redhorse und der SJ-4C. Er hatte den Kopf gehoben und blickte unverwandt zur Jet hinüber, als könnte er jede weitere Gefahr durch seine Blicke bannen. Redhorse kroch über den bebenden Untergrund auf den Offiziersanwärter zu.
Bradon blickte sich zu ihm um. Sein Gesicht sah seltsam alt und zerfallen aus. Das Moos hatte zu schäumen begonnen. Die nach Pfefferminz riechende Substanz klebte an Bradons Uniform. Redhorse wollte Bradon ermutigend zulächeln, doch er brachte nur ein verzerrtes Grinsen zustande. Die Erschütterungen ließen nicht nach. Inmitten des Sumpfes entstanden einige Geysire. Metergroße Blasen stiegen an die Oberfläche und zerplatzten.
Die heftigen Stöße erschütterten Redhorses Körper. Bradon wippte wie eine Stoffpuppe vor ihm auf und nieder, beide Hände in das schäumende Moos gekrallt. Die Space-Jet wackelte, als wäre sie aus Pappe.
Bradon schrie: »Die Jet, Sir!«
Redhorse kroch weiter über das klebrige Moos auf den jungen Raumfahrer zu. Ein Blick zurück zeigte ihm, dass keiner der Gleamors mehr auf den Füßen war. Nur Korporal Brazos Surfat stand inmitten des primitiven Lagers, den massigen Schädel vorgereckt, die Hände zu Fäusten geballt.
Redhorse erreichte Bradon.
»Wir sind verloren!«, stieß Bradon hervor. Seine Stimme klang krächzend. Er spuckte den Dreck vor sich auf den Boden, den er fast verschluckt hatte, als ein starker Stoß sein Gesicht in den Pflanzenteppich gedrückt hatte. Schräg vor Bradon lagen die beiden Gleamors, die ihn begleitet hatten. Sie hielten sich umklammert, als könnte ihnen in dieser Haltung nichts passieren.
Die Erdstöße verloren an Heftigkeit. Redhorse richtete sich mühevoll auf. Da spaltete sich hundert Meter vor ihm der Boden. Der Riss breitete sich in Redhorses Richtung aus.
»Aufstehen!«, schrie Redhorse Bradon zu.
Er wartete nicht darauf, was Bradon tun würde, sondern rannte davon. Weit draußen über dem Meer stand eine Feuerlohe. Darüber breitete sich dunkler Rauch aus.
Eine vulkanische Insel, dachte Redhorse. Wahrscheinlich war sie in die Luft geflogen. Während er um sein Leben rannte, dachte er an die Flutwelle, die durch diese Eruption ausgelöst werden musste.
Die Bodenspalte verlief V-förmig bis zum ehemaligen Lager der Eingeborenen.
Zwei Gleamors versanken schreiend von der Oberfläche ihres Planeten. Dann hörten die Erdstöße auf. Redhorse sah sich nach Bradon um. Der Offiziersanwärter lag nur zwanzig Meter von der Erdspalte entfernt.
Tri II, die Sonne, um die Gleam kreiste, leuchtete blutrot zwischen den Rauch- und Regenwolken hindurch. Ascheflocken schwebten vom Himmel herab. Redhorse schrie einige Befehle.
Die fünf Terraner beeilten sich, zum Diskusschiff zu gelangen. Redhorse erreichte es zuerst. Die Schleuse war unbeschädigt geblieben. Eine halbe Tonne Schlamm und Pflanzen lagen in der Schleusenkammer. Redhorse hoffte, dass es ihnen trotzdem gelingen würde, das Diskusschiff zu starten.
Bradon blieb neben ihm stehen. Er keuchte vor Anstrengung, aber auf seinem Gesicht erschien die Andeutung eines Lächelns.
»Hoffentlich hat das Horror-Ei diese Erschütterung überstanden«, sagte er.
Redhorse atmete auf. Das Erdbeben schien das Glücksgefühl Bradons gründlich vertrieben zu haben. Der Captain bezweifelte nicht, dass auch die anderen Mitglieder der Besatzung durch dieses Ereignis aus ihrer Zufriedenheit erwacht waren. Gleam hatte seine Gefährlichkeit erneut gezeigt.
Whip Gilliam kam vor der Space-Jet an. Er umrundete das Diskusschiff, bevor er etwas sagte.
»Was halten Sie davon, Sergeant?«, fragte ihn Redhorse.
»Wir werden starten können, sobald die Schleuse frei ist«, meinte Gilliam zuversichtlich. Er deutete auf die Landestützen. »Nur mit der nächsten Landung werden wir Schwierigkeiten haben.«
»Das befürchte ich auch«, gestand Redhorse. Es war typisch für einen Mann wie Gilliam, in einem solchen Augenblick von der nächsten