Perry Rhodan 2456: Akademie der Mikro-Bestien - Arndt Ellmer - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 2456: Akademie der Mikro-Bestien E-Book und Hörbuch

Arndt Ellmer

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Beschreibung

Sie sind traumatisiert und gewalttätig - und finden eine neue Heimat Die Lage für Perry Rhodan und die Menschheit ist verzweifelt: Eine gigantische Raumflotte, die Terminale Kolonne TRAITOR, hat die Planeten der Milchstraße besetzt. Sie wirkt im Auftrag der Chaotarchen, und ihr Ziel ist kompromisslose Ausbeutung. Die Milchstraße mit all ihren Sonnen und Planeten soll als Ressource genutzt werden, um die Existenz einer Negasphäre abzusichern. Dieses kosmische Gebilde entsteht in der nahen Galaxis Hangay - ein Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden. Mit verzweifelten Aktionen gelingt es den Menschen auf Terra und den Planeten des Sonnensystems, dem Zugriff der T erminalen Kolonne standzuhalten. Sie verschanzen sich hinter dem TERRANOVA-Schirm und versuchen, die Terminale Kolonne zumindest zu stören. Während Perry Rhodan mit dem Wissen um eine "Retroversion" der Negasphäre auf dem Rückweg in die Milchstraße ist, setzen dort andere alle Hebel in Bewegung, um eine schlagkräftige Truppe gegen TRAITOR zu formen. Das Solsystem ist dabei das Zentrum des Widerstands, auch wenn der Imperator ohne Reich, Bostich von Arkon, und eine Reihe anderer Helfer wie die Friedensfahrer keineswegs als Helfer verachtet werden dürfen. Aber noch jemand schmiedet Rachepläne an der Terminalen Kolonne, und er hat womöglich mehr Recht dazu als jeder andere. Die Rede ist von Michael Reginald Rhodan, besser bekannt als Roi Danton, dem mit Mühe und Not die Flucht aus einer Skapalm-Bark gelang. Er gründet die AKADEMIE DER MIKRO-BESTIEN...

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Zeit:3 Std. 28 min

Sprecher:Gregor Höppner
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Nr. 2456

Akademie der Mikro-Bestien

Sie sind traumatisiert und gewalttätig – und finden eine neue Heimat

Arndt Ellmer

Die Lage für Perry Rhodan und die Menschheit ist verzweifelt: Eine gigantische Raumflotte, die Terminale Kolonne TRAITOR, hat die Planeten der Milchstraße besetzt. Sie wirkt im Auftrag der Chaotarchen, und ihr Ziel ist kompromisslose Ausbeutung. Die Milchstraße mit all ihren Sonnen und Planeten soll als Ressource genutzt werden, um die Existenz einer Negasphäre abzusichern. Dieses kosmische Gebilde entsteht in der nahen Galaxis Hangay – ein Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden.

Mit verzweifelten Aktionen gelingt es den Menschen auf Terra und den Planeten des Sonnensystems, dem Zugriff der Terminalen Kolonne standzuhalten. Sie verschanzen sich hinter dem TERRANOVA-Schirm und versuchen, die Terminale Kolonne zumindest zu stören.

Während Perry Rhodan mit dem Wissen um eine »Retroversion« der Negasphäre auf dem Rückweg in die Milchstraße ist, setzen dort andere alle Hebel in Bewegung, um eine schlagkräftige Truppe gegen TRAITOR zu formen. Das Solsystem ist dabei das Zentrum des Widerstands, auch wenn der Imperator ohne Reich, Bostich von Arkon, und eine Reihe anderer Helfer wie die Friedensfahrer keineswegs als Helfer verachtet werden dürfen.

Aber noch jemand schmiedet Rachepläne an der Terminalen Kolonne, und er hat womöglich mehr Recht dazu als jeder andere. Die Rede ist von Michael Reginald Rhodan, besser bekannt als Roi Danton, dem mit Mühe und Not die Flucht aus einer Skapalm-Bark gelang. Er gründet die AKADEMIE DER MIKRO-BESTIEN …

Die Hauptpersonen des Romans

Noviel Residor – Der TLD-Chef begegnet der neuesten Verstärkung Terras mit Misstrauen.

Reginald Bull – Der Residenz-Minister erlebt einen der schönsten Augenblicke seines Lebens.

Roi Danton – Ein verloren geglaubter Patensohn kehrt zurück.

Senego Trainz – Der Anführer der Mikro-Bestien muss versuchen, sein »Volk« in eine bessere Zukunft zu führen.

Mor Frant –

Prolog

»Worauf wartest du, Roi Danton? Willst du hier zurückbleiben, weil du dich schwach fühlst? Dann gehen wir allein …«

(aus PR 2415)

Es glich einem plötzlich hereinbrechenden Sturm.

Zuerst herrschte Stille in ihren Reihen, dann sprang der Erste auf und warf sich mit Gebrüll auf sein Gegenüber, das nur auf diesen Angriff zu warten schien. Fäuste flogen, Beine stampften den Boden.

Innerhalb weniger Augenblicke erfasste der Orkan aus Bewegung und Geschrei alle zwölf in der Kabine Anwesenden. Arme und Beine verwandelten sich in Dampframmen oder wirbelnde Rotoren.

Die wenigen unstabilen Möbelstücke lagen schnell in Trümmern und dienten als handliche Stöcke oder spitze Lanzen. Die Kämpfer gingen damit aufeinander los, jeder auf jeden. Der Boden erbebte unter dem Trampeln der Stiefel. Leise klirrten die in die Wände integrierten Beleuchtungskörper.

Senego Trainz sah dem Treiben der Mikro-Bestien vom hinteren Ende der Kabine zu. Er stand leicht erhöht, ein Anführer in gehobener Position, wie Roi Danton vor ein paar Tagen scherzhaft gesagt hatte. Trainz musterte die Kämpfenden, wie sie wild und unkontrolliert zuschlugen oder in gegenseitiger Umklammerung über den Boden rollten und andere dabei umwarfen.

Ein ungeordneter, ungeübter Haufen war das, dem es fast an allem fehlte, was gute Kämpfer ausmachte.

Trainz entblößte zwei Reihen stumpfer Kegelzähne und stieß ein Grollen aus. Das musste sich ändern. Bald! Auf diesem Flug jedoch, in diesem Schiff, genossen seine Leute in erster Linie die erworbene Freiheit. Sie entfesselten die unbändigen Kräfte, die ihnen die Kolonnen-Anatomen angezüchtet hatten.

Dabei hatten sie gar keine Kämpfer werden sollen wie die anderen, die als Soldaten für TRAITOR unter der geistigen Knechtschaft der Krallen des Laboraten die DERUFUS verließen. Die Kolonnen-Anatomen hatten sie als Fehlzüchtungen eingestuft und mit ihnen experimentiert, bis Roi Danton sie aus ihren Käfigen befreit hatte. An seiner Seite hatten sie gekämpft und gemeinsam dafür gesorgt, dass in der Skapalm-Bark DERUFUS nie wieder Experimente durchgeführt wurden. Die DERUFUS existierte nicht mehr, die verhassten Anatomen ebenfalls nicht.

Das alles lag noch gar nicht lange zurück, nach der Zeitrechnung in diesem Schiff gut drei Monate oder ein Vierteljahr. Ihnen selbst kam es inzwischen vor, als hätten sie einen Großteil ihres Lebens in der MARA BOOTES verbracht.

Ein großes Schiff auf dem Weg nach Terra, so hatte Roi Danton es ihnen verkündet. Aureuth X war ihr Fluchtpunkt gewesen. Auf dieser Welt hatten sie sich wochenlang versteckt, bis das Schiff des nahen USO-Stützpunktes gekommen war, um sie abzuholen. Danach hatte Quinto Center ihnen als Zwischenstation gedient. Jetzt näherten sie sich ihrem Ziel, dem Solsystem.

»Wir haben die Brutstätte des Schreckens vernichtet«, grollte Senego Trainz halblaut. Wenn er an die Stunden nach der Erweckung zurückdachte, erschien es ihm in der Erinnerung wie ein intensiver Traum, der nach und nach in die Ferne rückte. »Unsere Gedanken sind noch immer voller Wut und …«

Gedanken … Früher hatte es in ihren Köpfen und ihrem Leben nur wenige Dinge gegeben, die Käfige, die Tanks, die Kolonnen-Anatomen, den Kampf. Roboter hatten ihnen gesagt, was sie tun sollten.

Inzwischen hatten sie viele Dinge dazugelernt, zum Beispiel, was Geduld bedeutete. Das Warten auf der Welt Aureuth X und in diesem Schiff – auf seinem verschlungenen Weg von Quinto Center in die Heimat des Terraners – verlangte ihnen mehr ab, als sie von Natur aus aufbringen konnten. Sie mussten ihre Natur bezwingen.

Geduld wurde für sie zum Warten auf den richtigen Zeitpunkt, statt blindlings drauflos zu schlagen, wie es ihnen ihre Natur vorgab. Das hatten sie verstanden. Aber es war so schwer, so verdammt schwer.

Mut war das Zweite. Ganymed, die Makro-Bestie, hatte weder die Geduld noch den Mut besessen, auf das USO-Schiff zu warten. Er hatte den Planeten Aureuth X ebenso als Gefängnis empfunden wie die Skapalm-Bark. Über sein Schicksal wussten sie nichts. Vermutlich hatten Traitanks das Schiff mit ihm und seinen hundert Begleitern vernichtet.

Trainz richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die tobenden Mikro-Bestien. Mut war mehr, als sich zu prügeln oder im Kampf zu sterben. Letzteres war leicht und nur der Anfang des Verstehens. Viel schwerer war der Mut zu leben. Als sie Roi Danton gefolgt waren, hatten sie sich instinktiv für das Leben entschieden.

Wenn sie tobten und kämpften wie jetzt, bewiesen sie weder Mut noch kämpferische Qualität. Sie prügelten sich gegenseitig den Schmerz früherer Zeiten weg – die Käfige, die Qualen der Experimente. Bei jedem Schlag sahen sie einen der verhassten Anatomen vor sich.

Irgendwann mussten sie damit aufhören, wenn sie eine Zukunft haben wollten. Doch bis dahin hatten sie noch viel zu lernen. Freiheit und das Treffen eigener Entscheidungen hieß, dass sie auch Verantwortung übernahmen – für sich, für andere, für ihre Gemeinschaft, zu der sie sich seit vielen Wochen nach und nach zusammenrauften.

Verantwortung bedeutete Denken und Handeln zum Wohl der anderen. Das war etwas, womit sie alle ihre Probleme hatten. Senego Trainz schloss sich selbst da nicht aus.

Und sie brauchten weitere Eigenschaften. Und Zeit. Viel Zeit.

Der Anführer der Mikro-Bestien sah, wie Doray Celvius dem ebenfalls schmächtigen Khiz Turagga ein Bein stellte und sich auf ihn warf. Celvius stieß unartikulierte Laute aus. Mit seinen Handlungsarmen schlug er gegen den Kopf des Gegners, aber dieser blockte die Hiebe ab und hielt Celvius gleichzeitig mit den Laufarmen von sich ab.

Mor Frant entdeckte die beiden Leichtgewichte und stieß ein lautes Brüllen aus. »Kommt her, ich zeige euch, wie man richtig kämpft! Wer nimmt es mit mir auf?«

Drei Mikro-Bestien warfen sich auf den Kämpfer mit der tiefschwarzen Haut, den Trainz wegen seiner überragenden Kraft und seinem unbändigen Einsatzwillen zu seinem Stellvertreter erkoren hatte. Frant verschwand unter den Körpern, während Khiz Turagga sich von seinem Widersacher löste.

»Lass mich in Ruhe«, sagte er ruhig. »Ich habe etwas entdeckt, was ich mir ansehen muss.«

Doray Celvius lachte glucksend, wich aber dann doch ein Stück zurück, um Anlauf zu nehmen.

Senego Trainz ließ seinen Blick wandern. Er entdeckte Blut am Boden. Dann sah er die Fleischwunde am linken oberen Arm Tem Dernags. Einer der Kunststoffsplitter hatte einen tiefen Riss hinterlassen.

»Doray!«, sagte Trainz laut. »Du hast es gehört!«

Der rötlich marmorierte Kopf der Mikro-Bestie fuhr herum. Das mittlere Auge starrte ihn an. Wieder gab Celvius unartikulierte Laute von sich. Er wedelte in Turaggas Richtung, aber dann fügte er sich dem Befehl des Anführers. Ruckartig wandte er sich um und suchte sich einen neuen Gegner.

»Meinst du das Blut, Khiz, das du entdeckt hast?«, fragte Senego Trainz.

»Ja. Tem Dernag ist verletzt«, antwortete die Mikro-Bestie mit der grünlich schimmernden Haut und den fast überdimensionalen Fächerohren.

»Bei Tem verheilen Wunden ziemlich schnell.«

»Mag sein. Aber ich kann etwas dabei lernen.«

Trainz fragte sich, was das sein sollte.

Aus einem Knäuel aus fünf Mikro-Bestien tauchte Mor Frant auf. Er trat Tem Dernag von hinten die Beine weg und schlug blindlings auf ihn ein. Tem reagierte mit den drei gesunden Armen. Er wirbelte Frant herum, der vor Überraschung das Gleichgewicht verlor. Ehe er sich versah, rollte Dernag ihn wie ein Fass über den Boden und beschleunigte ihn. Unter dem Gejohle der Meute erreichte Mor Frant die hintere Wand und prallte dagegen.

»Geschieht dem Schwarzen recht!«, brüllten mehrere Mikro-Bestien und stürzten sich auf ihn.

Mor Frant genoss unter den Mikro-Bestien kein hohes Ansehen, das war Senego Trainz von Anfang an klar gewesen. Frant löste alle Meinungsverschiedenheiten mit Gewalt. Er hatte es in seinem bisherigen Leben nicht anders gelernt.

Vielleicht hatten ihn die Kolonnen-Anatomen besonders intensiv gequält, um aus ihm einen brauchbaren Kämpfer für TRAITOR zu machen. Geschafft hatten sie es nicht.

Trainz entdeckte seinen Stellvertreter plötzlich in einer Lücke zwischen den Säulenbeinen. Frant stahl sich davon, während die übrigen Mikro-Bestien weiter auf das Knäuel in ihrer Mitte einschlugen.

»Komm herunter, Halbweißer!«, brüllte Frant. »Oder kneifst du vor mir?«

Übergangslos wurde es wieder still, als habe jemand den Ton abgedreht. Ohne Ausnahme hörten die Mikro-Bestien mit der Keilerei auf. Sie schlossen zu Mor Frant auf, bildeten zwischen ihm und der Galerie eine durchgehende Reihe.

Frant brüllte »Ihr müsst noch viel lernen!« und warf sich wieder auf sie.

»Es reicht, Frant!«, sagte Senego Trainz betont leise. »Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Ordnet eure Kleidung. Ein Haufen zerlumpter Kerle macht auf die Terraner bestimmt keinen guten Eindruck.«

Auf Terra konnten sie zeigen, was sie auf Aureuth X und in Quinto Center gelernt hatten.

Mor Frant riss den Mund auf, um lauthals zu widersprechen.

Trainz deutete zur Konsole hinüber, wo ein Signallicht blinkte.

»Wir erhalten Besuch.«

»Der soll nur kommen! Ich werde ihn …«, knurrte Frant.

Die Mikro-Bestien umringten ihn, während Senego Trainz seinen Platz verließ und zur Tür ging. Das Schott fuhr zur Seite, und der überdimensionale Kopf eines Terraners schob sich herein. Das rotblonde Haar des Riesen leuchtete stärker und intensiver als während der Zeit auf Aureuth X.

»Freunde, wir nähern uns dem Solsystem«, sagte der Terraner. »Senego Trainz und Mor Frant begleiten mich nach Terrania.«

1.

Der Vollalarm gellte nicht bloß durch die Solare Residenz, sondern erreichte auch alle Städte und Siedlungen des Solsystems.

Er verhieß nichts Gutes in diesen Zeiten, in denen die Heimat für die Menschen zu einem selbstgewählten Gefängnis geworden war. Wieder erfolgte ein Angriff der Terminalen Kolonne auf den TERRANOVA-Schirm, wieder eröffneten 536 komplette Chaos-Geschwader mit insgesamt 259.424 Traitanks das Feuer. Zwei Kolonnen-Forts koordinierten diese Aktion.

Der systemumspannende Schirm flackerte, anfangs mit einem leichten Wabern an verschiedenen Stellen. Nach und nach zeichneten sich erste Risse ab, an manchen Stellen entstanden rein optisch erkennbare Tunneleffekte, denen zum Glück jede weitere Wirkung abging.

Schließlich brachen die Traitanks ihren Versuch wieder ab. Der Status quo blieb derselbe wie bei den Hunderten von Angriffen davor.

Reginald Bull wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. Er hatte sich das inzwischen angewöhnt, denn jedes Mal bei einem solchen Angriff brach ihm der Schweiß aus. Die Sicherheit war zu trügerisch, die Flottenverbände rund um den Kristallschirm zu gewaltig, als dass es auf lange Sicht einen Sieg für die Eingeschlossenen geben konnte.

Wie lange noch?, überlegte er. Wann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem wir unter der Last zusammenbrechen? Wie weit ist die RICHARD BURTON in Hangay? Gibt es Fortschritte? Bringt Kantiran uns bald neue Informationen? Und dann folgte der Gedanke, den er jeden Morgen als ersten hegte, bevor er Fran mit einem Kuss weckte. Was ist aus Perry und der JULES VERNE geworden?

»Das indonesische Archipel meldet einen Para-Einbruch«, sagte LAOTSE in diesem Augenblick. Der Riesenrechner der Solaren Residenz koordinierte im Verbund mit NATHAN alle Vorgänge und Funktionen im Heimatsystem der Menschheit.

Die pararealen Phänomene, die auf jeden Angriff folgten, betrachtete der Residenz-Minister als Alarmsignale.

»Auf den Schirm damit!«, befahl Bull.

Der wandfüllende Bildschirm der Residenz-Zentrale flammte auf. Er zeigte mehrere kleine Eilande, die der östlich von Timor gelegenen Insel Moa vorgelagert waren. Bully kniff die Augen zusammen, weil er nichts Außergewöhnliches erkennen konnte.

»Ich …«, begann er, »sehe nichts, was hier …« Er schlug sich gegen die Stirn, als es ihm einfiel. »Natürlich! Moa-Parkland!«

In den vergangenen zwei Jahrzehnten hatte die Distriktverwaltung ein Bürgerbegehren umgesetzt und zwischen den Inseln schwimmende Parklandschaften installiert, mit Aufzügen bis hinab zum Meeresgrund. Der lag in dieser Gegend bis 2000 Meter unter der Wasseroberfläche. Moa-Parkland gehörte zu den modernen Erholungsprojekten mit außergewöhnlichen Angeboten, Planktonfischen, Tiefen-Meditation am Meeresgrund, Sinnestraining in der fast absoluten Dunkelheit und vieles mehr.

Die Parklandschaften fehlten – ein Phänomen, wie es sich so ähnlich an verschiedenen Orten im Solsystem immer wieder manifestiert hatte. Meistens dauerte es nur ein paar Sekunden, aber in diesem Fall wartete Bully eine halbe Minute und dann sogar über eine Minute, ohne dass sich etwas änderte.

Und wie so oft hatte der untersetzte Terraner mit dem roten Bürstenhaar das untrügliche Gefühl, ihm laufe die Zeit davon.

Endlich, nach fast zwei Minuten, veränderte sich das Bild. Dort, wo das türkisgrüne Wasser des Ozeans leuchtete, tauchten nach und nach Flächen in Regenbogenfarben auf. Moa-Parkland kehrte zurück.

Die Zeit bis zur nächsten Meldung der Positronik dauerte Bull viel zu lange. Er wanderte zwischen der Hauptkonsole und dem Orterterminal der Zentrale auf und ab.

Irgendwann nahm er aus dem Augenwinkel ein türkisfarbenes Leuchten wahr, allerdings nicht am Bildschirm, sondern unter dem Eingang. Fran Imith, die wie stets figurbetonende Kleidung trug, kam zuerst herein, gefolgt von Homer G. Adams. Homer wedelte mit einem Stapel altmodischer Folien, ohne die er anscheinend nicht leben konnte.

»Entschuldige die frühe Störung, Bully«, sagte er schon von weitem. »Ich habe hier die neuesten Zahlen.«

»Schon gut, Homer.« Reginald reichte dem ältesten noch lebenden Terraner die Hand. »Guten Morgen, alter Junge!«

Adams war Jahrgang 1918 alter Zeitrechnung und hatte im Alter von 62 Jahren die erste Zelldusche erhalten.

Auch Ende des Jahres 1346 NGZ war er daher noch immer derselbe 62-jährige kleine Mann mit dem Buckel, dem vergleichsweise wuchtigen Kopf und dem verkrümmten Gang. Das schüttere blonde Haar hing ihm an diesem Morgen in die Stirn. Der einzige Unterschied zu damals war der implantierte Zellaktivator-Chip, der seinen körperlichen Zustand auf alle Zeiten konstant hielt.

Während Fran Imith sich vor einer der Konsolen niederließ, meldete sich LAOTSE. »Moa Control hat seinen Check abgeschlossen. Alles ist an Ort und Stelle. Niemand wird vermisst. Ein paar hundert Menschen klagen allerdings über leichte Orientierungslosigkeit.«

»Carapol soll sich darum kümmern, ob es irgendwelche messbaren Überbleibsel gibt«, knurrte Bull. »Wenn jemand etwas herausfindet, dann er.«

Bisher hatten sich diese Phänomene als harmlos erwiesen. Aber das wollte nichts heißen. Reginald war fest davon überzeugt, dass TRAITOR noch immer nach einer Modulation oder einer anderen Möglichkeit suchte, den TERRANOVA-Schirm zu knacken.

»… haben sich die Wirtschaftskreisläufe innerhalb des Solsystems weitgehend stabilisiert«, hörte er Homer sagen. »Die 804 Millionen Lebewesen, die nach Stardust ausgewandert sind und bei der Erwirtschaftung des Bruttosozialprodukts fehlen, können dank des Mars-Potenzials als kompensiert angesehen werden …«

Reginald nickte gedankenverloren. Die BACKDOOR-Transmitter einschließlich MOTRANS-1 sorgten nach wie vor für eine Anbindung an die »Außenwelt«. Die Versorgung mit Rohstoffen verlief reibungslos, solange TRAITOR nichts von den interstellaren Transmitterlinien wusste oder die Gegenstellen nicht kannte. Der Mars bildete im Achtplanetensystem des Solsystems die Wachstumslokomotive. Adams managte den Technologietransfer von Terra zum Vierten Planeten gewissermaßen nebenbei.

Ohne einen Wermutstropfen ging es aber auch hier nicht. Die wirtschaftliche Sicherheit nahm den 14 Milliarden Bewohnern zwischen Merkur und Neptun keines ihrer elementaren Probleme.

»… du mir überhaupt zu, Bully?«

»Wie? Natürlich, Homer. Wenn die Produktion von VRITRA-Kanonen so schnell voranginge wie das Wachstum der Wirtschaft …«

»Ich kann nur die finanziellen Voraussetzungen schaffen.«

Hochgerechnet brauchten sie selbst bei einer Produktionssteigerung von zehn Prozent im Monat noch viele Jahre, bis sie genügend Kanonen besaßen, um gegen die Chaos-Geschwader eine Chance zu haben. So, wie sich die Lage derzeit darstellte, würde es dazu aber nie kommen. Sollte der TERRANOVA-Schirm unter dem Trommelfeuer der Traitanks zerbrechen, rissen die entstehenden Energien mit hoher Wahrscheinlichkeit das gesamte Sonnensystem in den Hyperraum oder in eine Pararealität.

Die Lage in der Heimat blieb gefährlich. Die negative Superintelligenz KOLTOROC, die den Feldzug leitete, hatte ihre imaginäre Hand an der Wiege der Menschheit.

Oder am Sterbebett, überlegte Bull. Denn was anderes sind wir schon noch? Die Wiegen stehen mittlerweile woanders – in DaGlausch, auf dem Sphärenrad der Nonggo oder in diesem ominösen Stardust-System. Dort stehen sie und behüten die neuen Menschheiten …