Perry Rhodan 3133: Blautvinds Zuflucht - Oliver Fröhlich - E-Book

Perry Rhodan 3133: Blautvinds Zuflucht E-Book

Oliver Fröhlich

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Beschreibung

In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2071 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem 6. Jahrtausend nach Christus, genauer dem Jahr 5658. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat. Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen gemeinsam für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, man arbeitet intensiv zusammen. Als die Liga Freier Galaktiker durch drei Deserteure erfährt, dass in der Nachbarschaft der Milchstraße ein sogenannter Chaoporter gestrandet sei, entsendet sie unverzüglich ihr größtes Fernraumschiff, die RAS TSCHUBAI, unter dem Kommando von Perry Rhodan. Denn von FENERIK geht wahrscheinlich eine ungeheure Gefahr für die Galaxis aus. Rhodan begegnet in der kleinen Galaxis Cassiopeia den unterschiedlichsten Völkern und findet Spuren, die darauf hindeuten, dass dort der Chaoporter havariert ist – weil der Kosmokratenraumer LEUCHTKRAFT ihn gerammt hat. Und jenes Schiff stand unter dem Kommando von niemand anderem als Alaska Saedelaere. Perry Rhodan sucht die LEUCHTKRAFT und findet BLAUTVINDS ZUFLUCHT ...

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Seitenzahl: 155

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Nr. 3133

Blautvinds Zuflucht

Durch den Limbus – Vorstoß zu einem gestrandeten Schiff

Oliver Fröhlich / Christian Montillon

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. Gefangene der Phasenwelt

2. Eine bittere Rückkehr

3. Unwägbarkeiten eines geplanten Selbst-Mords

4. Stundenglas

5. Willkommen zu Hause?

6. Zwischenschicht

7. Erkenntnis

8. Der Wink der Kosmokratin

9. Das Herz eines Commo'Dyr

Fanszene

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2071 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem 6. Jahrtausend nach Christus, genauer dem Jahr 5658. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat.

Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen gemeinsam für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, man arbeitet intensiv zusammen.

Als die Liga Freier Galaktiker durch drei Deserteure erfährt, dass in der Nachbarschaft der Milchstraße ein sogenannter Chaoporter gestrandet sei, entsendet sie unverzüglich ihr größtes Fernraumschiff, die RAS TSCHUBAI, unter dem Kommando von Perry Rhodan. Denn von FENERIK geht wahrscheinlich eine ungeheure Gefahr für die Galaxis aus.

Rhodan begegnet in der kleinen Galaxis Cassiopeia den unterschiedlichsten Völkern und findet Spuren, die darauf hindeuten, dass dort der Chaoporter havariert ist – weil der Kosmokratenraumer LEUCHTKRAFT ihn gerammt hat. Und jenes Schiff stand unter dem Kommando von niemand anderem als Alaska Saedelaere. Perry Rhodan sucht die LEUCHTKRAFT und findet BLAUTVINDS ZUFLUCHT ...

Die Hauptpersonen des Romans

Anzu Gotjian – Die Mutantin sucht nach einer Bezeichnung für ihre Gabe.

Gucky – Der Mausbiber bekommt es mit Schwarzkobolden zu tun.

Perry Rhodan – Der Terraner möchte einen alten Weggefährten retten.

Belamassu – Der Wächter der Kluft handelt über Surrogate.

Mekano

1.

Gefangene der Phasenwelt

Der Gedanke ist der Vater der Tat. Das hatte schon Mekanos alter Olram immer gesagt.

Mekanos einziger Gedanke, während das Surrogat des Weltenlenkers auf ihn zustürzte, lautete: Ich will nicht sterben! Zu einer Tat war er dennoch nicht fähig.

Und so rammte ihn die Kreatur mit vorangestellter Schulter und schleuderte ihn gegen einen Baum.

Der Schlag gegen die Brust und der anschließende Aufprall raubten Mekano den Atem. Er japste und rutschte am Stamm entlang zu Boden. Die schartige Borke rupfte an seinem Gewand. Ein faustgroßer Stein drückte ihm schmerzhaft auf den Hüftknochen. Sein Schädel pochte.

Ich will nicht sterben, dachte er erneut.

Oh, er fürchtete den Tod nicht. Zumindest nicht mehr. Schließlich gab es auf der wechselhaften Welt nichts, wofür es sich zu leben lohnte. Das bedeutete allerdings keineswegs, dass er sich nach dem Tod sehnte.

Und ganz gewiss wollte er nicht zu einem Teil dieser Welt werden. Zu einem Ding wie der Angreifer, der sich – von einigen kleineren Fehlern abgesehen – das Erscheinungsbild eines Meletana gegeben hatte. Mekano empfand es als Spott, als wollte Belamassu ihm seine Machtlosigkeit dadurch demonstrieren, dass er sogar im Kampf gegen seinesgleichen unterlag.

Trotzdem tat Mekano nichts, als dazusitzen, nach Luft zu ringen und das Wesen von unten anzustarren.

Was sollte er auch tun? Sich wehren? Aufbegehren? Versuchen, zu fliehen? Doch wozu? Sein Schicksal stand unabänderlich fest.

Das Surrogat baute sich vor ihm auf und blickte auf ihn herab. »Du enttäuschst mich.«

Mekano sagte nichts. Er wünschte sich nur, dass es bald vorüber wäre.

»Seit langer Zeit verschone ich euch, weil mir eure Wehrhaftigkeit und euer Wille zum Überlebenskampf imponiert. Was ist daraus geworden? Magst du es wirklich so kläglich enden lassen?«

»Du hast uns nicht verschont«, spie Mekano endlich in einem wütenden Vibrato aus. »Du hast uns über Generationen versklavt! Du hast uns zu deinem Spielzeug gemacht, damit wir dir die Langeweile vertreiben, damit wir dich die Einsamkeit besser ertragen lassen.«

»Wäre daran etwas falsch? Eure TANA war zu einem Irrläufer im Limbus geworden, zu einem Errator. Deine Vorfahren haben sich den Wünschen von FENERIKS Herren widersetzt und sich gegen ihre wahre Bestimmung aufgelehnt. Sie wollten ...«

»... nicht zu einem Nachlass des Chaoporters werden. Ich weiß. Ich kenne die alten Legenden.«

»Dann weißt du auch, dass es meine Aufgabe gewesen wäre, sie zu vernichten. Dennoch behauptest du, ich hätte euch nicht verschont? Das erscheint mir ein wenig widersprüchlich. Dir nicht? Ich habe euch Nahrung gegeben. Pflanzen. Jagdwild, das ich, nachdem ihr es erlegt habt, nicht sofort wieder zu mir holte. Ich habe Teile meiner Substanz geopfert, um euch am Leben zu halten. Dein Volk führte ein Dasein voller Abenteuer und Aufregungen.«

»Ein Dasein, das es nie haben wollte! Warum sonst hätte es ...«

Mekano verstummte mitten im Satz. Beinahe wäre ihm herausgerutscht, dass sein Vorfahr Leato zumindest in der Theorie etwas entwickelt hatte, um die Zukunft der Meletana in die eigenen Hände zu legen. Da es der größte Wunsch seines Volkes gewesen war, der wechselhaften Welt und ihrem Lenker zu entkommen, hatte er die kleinen Kristalle Wunschstaub genannt.

Und mehr als das. Mit Leatos Vermächtnis wäre ihnen ein finaler Schlag gegen den Weltenlenker Belamassu gelungen – wenn sich die Theorie jemals in der Realität hätte umsetzen lassen. Doch über Generationen hinweg waren sämtliche Forschungen und Experimente ins Leere gelaufen, weil ein wichtiger Grundstoff des Wunschstaubs fehlte: Hyperkristalle.

Nach jedem Phasenwechsel und jedem Weltenumbau, bei dem Berge zu Wüsten oder Meere zu Wäldern geworden waren, hatten Leatos Erben gehofft, nun endlich das nötige Material zu finden. Vergeblich.

Inzwischen wusste Mekano, woran das lag. Das Surrogat hatte es ihm unabsichtlich preisgegeben, nachdem es ihm im Wald auf dem Rückweg zur TANA aufgelauert hatte.

»Ich bin diese Welt«, hatte es gesagt – und dabei nicht nur für sich selbst, sondern für Belamassu gesprochen. »Jeder Stein, den du siehst. Jeder Baum, der wächst. Jede Frucht, die er spendet. All das bin ich.«

Mit anderen Worten: Wenn es vor einem Phasenwechsel keine Hyperkristalle gab, konnte es auch danach keine geben. Denn wenngleich sich die Erscheinungsform verändert haben mochte, bestand die Welt stets aus der gleichen Substanz: aus Belamassu.

Leatos Vermächtnis war von Beginn an zum Scheitern verurteilt gewesen. Also hätte es Mekano dem Surrogat eigentlich verraten können. Doch er tat es nicht. Er gönnte dem Weltenlenker diesen letzten Triumph nicht.

»Warum sonst hätte dein Volk ... was?«, fragte das Surrogat.

»Diese Welt gehasst«, wich Mekano auf eine andere Wahrheit aus. »Dich gehasst!«

»Weil es undankbar ist. Deshalb wundert es mich nicht, dass aus einst stolzen Fünfzigtausend im Laufe der Generationen ein kümmerlicher Haufen von acht Personen geworden ist.«

Mekano musste an seine Gefährten denken. Allen voran an Dinyria, die Frau, mit der ihn so viel mehr verband als Freundschaft, auch wenn sie vereinbart hatten, ihre Beziehung nie auszuleben, um keiner weiteren Generation ein Leben auf der wechselhaften Welt zuzumuten. An Broon, den Gemeinschaftsführer, der ihm die Fortsetzung der Experimente mit dem Wunschstaub verboten hatte. An die anderen.

»Ich will dir etwas verraten«, sagte das Surrogat. »Ob freiwillig oder nicht, deine Vorfahren haben mir über lange Zeit viel Freude bereitet. Ihr jedoch ... nun, inzwischen langweilt ihr mich. Vielleicht sollte ich euch tatsächlich aus eurer Rolle als – wie hast du es genannt? – Spielzeug entlassen. Die Neuankömmlinge auf der Phasenwelt erscheinen mir als Ersatz vielversprechend. Ihre Weigerung, den Preis für die Prüfung zu bezahlen, erschien mir äußerst amüsant. Inspirierend. Was hältst du davon?«

Als würde dich meine Meinung interessieren, dachte Mekano.

Er hatte die Ankunft der Fremden auf der wechselhaften Welt zwar nicht beobachtet, aber immerhin gesehen, wie einige Dienerkreaturen des Weltenlenkers sie in dessen Refugium gebracht hatten. Dass sie sich geweigert hatten, den Lohn für Belamassus Prüfung zu entrichten, war ein so außerordentlicher Vorfall gewesen, dass Mekano seinen Freunden von der TANA davon hatte erzählen wollen. Doch das Surrogat hatte sich ihm in den Weg gestellt – und angekündigt, ihn zu töten, weil Belamassu keine Einmischung duldete.

Und nun sah es so aus, als hätte der Weltenlenker seine Auffassung geändert und wollte nicht nur Mekano, sondern alle Meletana loswerden.

»Nanu?«, sagte das Surrogat. »Keine Meinung?«

Ich will nicht sterben. Und ich will nicht, dass Dinyria stirbt.

»Die Fremden sind nur zu siebt«, brachte Mekano das Erste vor, was ihm einfiel. »Wir sind zu acht. Warum solltest du dich mit einer Person weniger zufriedengeben?«

»Oh, du vergisst, dass dein Weg hier endet. Sieben verbleibende langweilige Meletana gegen sieben aufregende Fremde. Eigentlich sollte ich darüber nicht lange nachdenken müssen, oder?«

»Ich ... nein, bitte, tu es nicht.«

»Jetzt bittest du also? Du lehnst an einem Baum, wie in Duldungsstarre vor dem, was dich erwartet, wehrst dich nicht, bringst mich um das Vergnügen eines Kampfes und bittest mich?«

Mekano straffte sich ein wenig. »Wieso sollte ich kämpfen? Mein Tod ist beschlossene Sache.«

»Aus demselben Grund, aus dem ich euch Meletana so oft in Gefahren gebracht, euch aber nie vernichtet habe. Weil es mir die Zeit vertreibt! Weshalb, glaubst du, trete ich dir in der Gestalt eines Angehörigen deines Volkes entgegen? Weil ich mir einen ausgeglichenen Kampf wünsche. Ginge es nur um deinen Tod, hätte ich ein zehn Meter großes Steinsurrogat schicken können, das dich mit einem einzigen Schlag zermalmt.«

»Du siehst nicht aus wie wir. Zumindest nicht ganz. Du trägst einen männlichen Gewebekamm auf dem Kopf, aber die fleischigen Ohrläppchen und das Kinn einer Frau. Außerdem laufen wir nie nackt herum.«

Das Surrogat lachte. »Sehr gut! Das ist es, was ich mir wünsche. Widerstand! Selbst bei solchen Kleinigkeiten. Was hältst du von folgendem Vorschlag? Du stehst auf und lieferst mir einen anständigen Kampf bis zu deinem – wie du richtig sagst – unvermeidlichen Tod. Dafür verschone ich deine Freunde.«

Mekano traute ihm nicht. Zu deutlich konnte er das unausgesprochene Wort Vorerst aus dem Angebot heraushören. Doch ihm blieb keine andere Wahl.

Ich will nicht sterben.

Aber ich muss kämpfen, um Dinyria zu retten.

»Einverstanden«, sagte er.

Mekano streckte dem Surrogat den linken Arm entgegen.

Für eine Weile sah es ihn unschlüssig an, dann lachte es erneut, packte Mekano an der Hand und half ihm auf.

In diesem Augenblick drosch ihm Mekano mit der Rechten den Stein, auf den er gefallen war und den er seit einigen Minuten umklammerte, mit aller Gewalt gegen die Schläfe, sah den verblüfften Gesichtsausdruck seines Gegenübers, hörte das Brechen von Knochen, fühlte, wie sich die Hand des Surrogats aus seiner löste, und beobachtete voll Genugtuung, wie sein Gegner mit zerschmettertem Schädel zu Boden kippte.

Zu Mekanos Überraschung sickerte gelbliches Blut aus der Wunde des Surrogats. Meletana-Blut. Von den Ungenauigkeiten bei den Geschlechtsmerkmalen abgesehen, hatte Belamassu ein erstaunlich naturgetreues Abbild geschaffen. Und die Fehler waren ihm vielleicht nur deshalb unterlaufen, weil einem Wesen wie ihm das Konzept unterschiedlicher Geschlechter nicht vertraut war.

»Ausgezeichnet«, sagte eine Stimme hinter Mekano.

Er fuhr herum.

Ein weiteres Meletana-Abbild trat hinter einem Baum hervor. Mit einem Gewebekamm, aber ohne Ohrläppchen und Kinn. Es trug ein purpurnes Gewand. Die Farbe des Gemeinschaftsführers der TANA.

»Wie du siehst, bin ich lernfähig«, rühmte sich das Surrogat. »Kann man das Gleiche auch von dir sagen?«

Es stürzte sich auf Mekano.

Und der Kampf begann erst richtig.

*

Anzu Gotjian war keine Frau, die hohe Ansprüche stellte. Sie wäre bereits zufrieden, würde sie sich nicht ständig in ausweglosen Situationen wiederfinden. Beispielsweise im Kampf gegen ein Dienerwesen des Chaoporters FENERIK, der in einem Koma endete. Oder aus diesem Koma in eine Saumwelt ebenjenes Chaoporters entführt zu werden. Oder, wie es gerade der Fall war, auf einer Scheinwelt im Limbus gestrandet zu sein, einem Bereich der Kluft.

Illustration: Swen Papenbrock

Aber vielleicht gehörte das dazu, wenn man sich im Dunstkreis eines Perry Rhodan bewegte.

Außerdem hatte sich bisher keine Situation als tatsächlich ausweglos erwiesen. Jedes Mal war sie irgendwie davongekommen. Wieso sollte es diesmal anders sein?

Weil irgendwann immer das erste Mal ist?, schlug eine boshafte Stimme in ihr vor.

Halt die Klappe!

»Also, wie sieht unser nächster Schritt aus?«, fragte der Paddler Kemur. »Hat jemand einen Vorschlag?«

Dem kleinen, dafür umso breiteren glatzköpfigen Mann mit der tiefschwarzen Haut und dem feuerroten Bart gehörte die KE-wohlfeil, eine fliegende Ambulanz, die angedockt an die STATOR-FE die Reise in die Kluft mitgemacht hatte. In ihr hatten sie den Chaotreiber aktiviert, der als Chaotarchentechnik an Bord des Beiboots der kosmokratischen LEUCHTKRAFT eventuell für technische ... nun, Unverträglichkeiten gesorgt hätte. So diente die KE-wohlfeil gewissermaßen als Puffer.

»Unser Problem scheint mir zu sein«, sagte Vetris-Molaud, »dass einige von uns zwar sehr genau wissen, was wir nicht tun werden, allerdings ohne eine echte Alternative aufzeigen zu können.«

Einige von uns?, wiederholte Anzu im Geist. Ach ja? Dann opfere du dich doch dem Limbuswächter, wenn du das für eine so prächtige Idee hältst.

Nach der Unterredung mit dem Herrn der Phasenwelt – falls man Belamassus schockierende Eröffnung überhaupt als Unterredung bezeichnen wollte – waren sie in die Zentrale der STATOR-FE zurückgekehrt. Glücklicherweise allein, also ohne die Surrogate. Immerhin gaben sie ihnen so die Gelegenheit, ungestört die Lage zu besprechen und womöglich ihre Entscheidung zu überdenken.

Lagebesprechung. So hatte Rhodan es genannt. Anzu kam es eher vor wie eine Selbsthilfegruppe der Gestrandeten und Ratlosen. Hallo, ich heiße Anzu Gotjian, und ich weiß nicht, wie es weitergehen soll.

Etwas stilechter wäre es, stünden die Pneumosessel nicht in einer Reihe mit Vimuin Lichtschlags Kommandantensessel auf einem Podest in der Mitte, sondern wären im Kreis aufgestellt.

»Ich hätte dich nicht für jemanden gehalten«, sagte Rhodan, »der so schnell aufgibt, Vetris.«

»Wer spricht von Aufgeben? Ich finde nur, wir sollten Belamassus Forderung zumindest überdenken.«

»Forderung halte ich für einen recht gefühllosen Begriff dafür«, wandte Anzu ein, »dass wir ihm jemanden von uns übergeben sollen, nur damit er die Prüfung vornimmt. Hast du ihm nicht zugehört? Er will diese Person, diesen Lohn für seine Arbeit, subsumieren, will ihren Körper, ihren Geist in sich aufnehmen. Er will sie als Surrogat wiedererstehen lassen! Als einen seiner willenlosen Aktionskörper!

Was, wenn der Geist dieser Person nicht ganz so sehr aufhört zu existieren, wie er uns glauben machen mag? Was, wenn das Teammitglied, das du offenbar so bereitwillig zu opfern in Erwägung ziehst, sich seines Schicksals bewusst ist? Wenn es für alle Ewigkeit dazu verflucht ist, als ferngesteuerte Marionette über eine einsame Welt zu stapfen oder andere Raumschiffe, die sich im Limbus verfliegen, seinem Meister zuzuführen?

Für mich klang Belamassus Angebot eines langandauernden oder sogar ewigen Lebens nicht wie ein Geschenk, sondern wie eine Drohung. Hast du darüber schon einmal nachgedacht?«

Vetris-Molauds Lippen verzogen sich zu einem schmalen Lächeln. Er schien sich von Anzus überraschendem Aufbrausen nicht angegriffen zu fühlen. Vielleicht imponierte es ihm sogar.

Als würde ich darauf Wert legen.

»Ich habe darüber nachgedacht«, sagte er. »Und ich habe Belamassu sehr wohl zugehört. Meine Formulierung mag dir gefühllos erscheinen. Aber es geht nicht um Gefühle, sondern um die nüchterne Benennung von Fakten. Fakt ist, dass wir uns im Limbus verirrt haben und aus eigener Kraft niemals das Bathos und damit FENERIK finden werden.«

»Wir wollen nicht zum Chaoporter«, sagte Anzu mit einer Stimme, die ihr selbst matt vorkam. »Sondern zur LEUCHTKRAFT.«

»Von mir aus. Aber auch sie werden wir ohne Hilfe nicht finden. Richtig?«

Anzu dachte an den zurückliegenden Flug in die Kluft. Wie ihrem Parablick der Limbus, der den Kernbereich der Kluft – das Bathos – umgab, als wirre Ansammlung von Chaosfäden erschienen war, wenngleich es sich dabei eher um dreidimensionale Unendlichkeiten gehandelt haben dürfte, die einander auf sechsdimensionale Weise umschlangen und sich gelegentlich kreuzten. Oder um etwas noch Unverständlicheres.

Sie erinnerte sich an das Hochgefühl, als es ihr gelungen war, einen Kurs entlang der Chaosfäden vorzugeben, weil sie die Ausstrahlung der LEUCHTKRAFT darin wahrzunehmen geglaubt hatte.

Sie dachte aber auch an die Enttäuschung, nachdem sie den Limbus zwar durchquert, die abgetriebene LEUCHTKRAFT aber nicht vorgefunden hatten. An die Verzweiflung und das Entsetzen, als sie in den Limbus zurückkehren mussten: Dort schien ihre Fähigkeit, hilfreiche Details in den Chaosfäden zu erkennen, erloschen zu sein. An die Niedergeschlagenheit an Bord, als Kemur die Steuerung des Chaotreibers von ihr übernehmen konnte, aber ebenso wenig einen Weg durch den Limbus fand.

Sie hatten sich hoffnungslos verirrt, die STATOR-FE war zu einem Errator geworden, bis der Limbuswächter sie auf die Phasenwelt geholt hatte.

»Richtig«, bestätigte sie widerwillig Vetris-Molauds Aussage.

»Richtig«, sagte auch Vimuin Lichtschlag. »Wir könnten zwar versuchen, mit der STATOR-FE die Phasenwelt zu verlassen und zu fliehen. Aber erstens erscheint es mir alles andere als sicher, dass uns das gelingt, immerhin dürfte Belamassu über Möglichkeiten verfügen, uns aufzuhalten oder Schaden zuzufügen. Zweitens, selbst falls es uns gelänge, wohin sollten wir fliegen? Weiter durch den Limbus irren? Das ist keine sinnvolle Option. Logisch wäre daher, zunächst auf der Phasenwelt zu bleiben.«

Anzu sah den Commo'Dyr ungläubig an. »Das heißt, du bist dafür, jemanden zu opfern?«

»Wir haben uns ohne Widerstand in die Hand des Limbuswächters begeben, weil er unsere einzige Chance darstellt, die LEUCHTKRAFT zu erreichen. Es wäre widersinnig, diese Chance nun einfach aufzugeben.«

»Da wussten wir nicht«, ergriff erstmals Gucky das Wort, wofür ihm Anzu dankbar war, »welchen unverschämten Preis Belamassu für die Prüfung verlangen würde.«

»Nein, das wussten wir nicht. Doch letztlich macht es keinen Unterschied. Für große Ziele ist es manchmal unumgänglich, hohe Preise zu bezahlen.«

»Wir könnten versuchen, ihn zu überreden, ausnahmsweise auf seinen Lohn zu verzichten.«

»Und du glaubst, er würde darauf eingehen?«

»Nein. Ich bin trotzdem nicht bereit, jemanden von uns zu opfern.«

»Ich schon.«

»Ach ja? Und wen?«

»Mich.«

Anzu glaubte, sich verhört zu haben.

Lichtschlag wandte sich an Rhodan. »Zuvor könnte ich dich als Piloten der STATOR-FE anlernen. Das mag dauern, aber wenn wir im Moment zwangsweise etwas haben, ist es Zeit. Ich bin zuversichtlich, dass du dazu in der Lage wärst.«

»Ich glaube«, warf Anzu ein, »ihr überseht da eine Kleinigkeit. Belamassu verlangt den Preis nur dafür, dass er überhaupt prüft, ob wir eine Gefahr für den Chaoporter darstellen und zum Anflug berechtigt sind. So ein Angebot ist nicht einmal im Ansatz eine Garantie dafür, dass er uns mit hilfreichen Koordinaten ausstattet und weiterfliegen lässt. Und glaubt jemand ernsthaft, er würde ein Beiboot der LEUCHTKRAFT nicht als Gefahr ansehen? Über unsere Berechtigung brauchen wir gar nicht erst zu sprechen – mit einem gestohlenen Chaotreiber an Bord.«

»Aber wir wollen doch gar nicht zu FENERIK«, sagte Kemur.

»Meinst du wirklich, das interessiert ihn? Vimuin, du würdest dich sinnlos dafür opfern, dass uns Belamassu im schlimmsten Fall trotzdem vernichten und im besten für immer auf seiner Welt behalten will. Früher oder später wird der Moment kommen, in dem uns eine andere Lösung einfallen muss. Wenn es so weit ist, können wir uns nicht erlauben, auch nur auf einen von uns zu verzichten.«

»Du nimmst mir die Worte aus dem Mund«, sagte Rhodan. »Ich bleibe bei meinem Standpunkt: Niemand wird sich opfern!«

»Ich stimme zu«, ließ sich Gucky vernehmen.

»Dito«, bekräftigte Anzu.