Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2072 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem Jahr 5659 nach Christus. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat. Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, man arbeitet intensiv zusammen. Doch entwickelt sich in der kleinen Galaxis Cassiopeia offensichtlich eine neue Gefahr. Dort ist FENERIK gestrandet, ein sogenannter Chaoporter. Nachdem Perry Rhodan und seine Gefährten versucht haben, gegen die Machtmittel dieses Raumgefährts vorzugehen, bahnt sich eine unerwartete Entwicklung an: FENERIK stürzt auf die Milchstraße zu. Mit an Bord ist Anzu Gotjian, die Transmitterspezialistin, Mutantin und Heldin wider Willen. Reginald Bull sowie Farbaud, der im Glanz, und Addanc, der Taucher, ringen als Quintarchen um die Kontrolle des Chaoporters. Addanc hält mit unbegrenztem Zugriff auf den Chaofaktenhort alle Trümpfe in der Hand und stellt damit eine unabsehbare Bedrohung für die gesamte Milchstraße dar. Als FENERIK sich der Yodor-Sphäre nähert, kommt es zur FLUCHT DER KOSMOKRATIN ...
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 181
Veröffentlichungsjahr: 2022
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Nr. 3196
Flucht der Kosmokratin
Die Kollision beginnt – der Terraner muss Mu Sargai retten
Michael Marcus Thurner
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1. Perry Rhodan
2. Maot
3. Perry Rhodan
4. Maot
5. Perry Rhodan
6. Maot
7. Perry Rhodan
8. Maot
9. Perry Rhodan
10. Maot
11. Perry Rhodan
12. Maot
13. Perry Rhodan
14. Maot
15. Perry Rhodan
16. Maot
17. Perry Rhodan
18. Maot
19. Perry Rhodan
20. Maot
21. Perry Rhodan
22. Maot
23. Perry Rhodan
Report
Leserkontaktseite
Glossar
Impressum
In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2072 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem Jahr 5659 nach Christus. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat.
Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, man arbeitet intensiv zusammen.
Doch entwickelt sich in der kleinen Galaxis Cassiopeia offensichtlich eine neue Gefahr. Dort ist FENERIK gestrandet, ein sogenannter Chaoporter. Nachdem Perry Rhodan und seine Gefährten versucht haben, gegen die Machtmittel dieses Raumgefährts vorzugehen, bahnt sich eine unerwartete Entwicklung an: FENERIK stürzt auf die Milchstraße zu. Mit an Bord ist Anzu Gotjian, die Transmitterspezialistin, Mutantin und Heldin wider Willen.
Reginald Bull sowie Farbaud, der im Glanz, und Addanc, der Taucher, ringen als Quintarchen um die Kontrolle des Chaoporters. Addanc hält mit unbegrenztem Zugriff auf den Chaofaktenhort alle Trümpfe in der Hand und stellt damit eine unabsehbare Bedrohung für die gesamte Milchstraße dar. Als FENERIK sich der Yodor-Sphäre nähert, kommt es zur FLUCHT DER KOSMOKRATIN ...
Perry Rhodan – Der Unsterbliche wird zum Boten.
Maot – Dem Munuam wird eine hohe Ehre zuteil.
Addanc – Der Taucher wird zum Jäger.
Mu Sargai – Die Kosmokratin nutzt unbekannte Hieroglyphen.
LICHT
1.
Perry Rhodan
Ein kleiner Alarm erklang. Die Mitglieder der Zentralebesatzung der RAS TSCHUBAI reagierten so, wie Rhodan es von ihnen erwartete: ruhig, kompetent und die Standardroutinen befolgend.
»Ein Yodorenschiff mit der Bezeichnung GOBOROM nähert sich dem Haupthafen von Port Angeles«, meldete ein Funker. »Man bittet um eine Unterhaltung mit dir, Perry. Wenn möglich an Bord der GOBOROM.«
»Zu welchem Anlass?« Rhodan wischte einige Holos beiseite, entsorgte zwei davon und öffnete ein weiteres. »Der Schiffskommandant hat sich einen schlechten Zeitpunkt für Small Talk ausgesucht. Das Haus der Chimären wartet auf uns.«
»Ein gewisser Gello Nachtkehrt verlangt dich zu sprechen.«
»Verlangt?« Gucky piepste empört. »Die Yodoren gehören nicht unbedingt zu den diplomatischsten Völkern.«
Rhodan rief das Bild Gello Nachtkehrts auf – alles in allem wirkte er wie ein greiser Yodore. Würde das den Umgang mit ihm eher erleichtern oder erschweren? Er würde es ausprobieren müssen. »Wir folgen der Einladung. Richte der GOBOROM aus, dass wir uns auf eine Unterhaltung mit Nachtkehrt freuen.« Er nickte in Guckys Richtung und nach längerem Zögern auch in die Alaska Saedelaeres. »Wir kommen zu viert.«
»Mit mir kann man's ja machen. Hmpf.« Gucky verschränkte die Arme vor der Brust. »Einfach über meinen Kopf hinweg entscheiden.«
»Mag sein, dass ich deine Hilfe benötige, Kleiner. Würdest du mich also bitte begleiten?«
»Selbstverständlich. Du weißt ganz genau, dass du mich solche Sachen nicht fragen musst.« Gucky zeigte sein frechstes Nagezahnlächeln. Er wurde gleich wieder ernst. »Wer wird unser vierter Begleiter sein?«
»Wir benötigen wissenschaftliche Beratung, und da dachte ich an ...«
»Sag es nicht, Perry. Bitte!«
»... dachte ich an Gigi Abercomp.«
»Du hast es gesagt! Du hast es gesagt!« Gucky raufte seinen Kopfpelz. »Warum ausgerechnet diesen Sturkopf?«
»Weil er nun mal ein Fachmann ist. Außerdem kann er wissenschaftliche Fachtermini und große Zusammenhänge so erklären, dass selbst simple Menschen wie ich sie verstehen.«
»Lass die falsche Bescheidenheit, Perry. Dein Kopf ist vollgestopft mit Wissen aus allen möglichen Forschungs- und Fachbereichen.«
»Dennoch wird es gut sein, wenn Gigi uns begleitet. Vertrau mir! Außerdem vermute ich, dass er ohnedies nur seinen Daniel schicken wird.«
»Lass es uns hoffen.« Gucky schüttelte in gespielter Theatralik den Kopf. »Andernfalls könnte es passieren, dass ich Gigi den Kopf ein klein wenig umdrehe. Um siebenhundertzwanzig Grad oder so.«
»Oder so. Natürlich.«
*
Port Angeles war eine chaotische, wilde Stadt, bewohnt von Freigeistern und Aussteigern, die es vor vielen Hundert Jahren auf diese abgelegene Welt gezogen hatte. Sofern man das anarchistische Element wegrechnete, herrschten in der Hauptstadt Tülasys ähnliche Zustände wie auf Olymp. Ein Kunterbunt an Völkern, Regeln und Lebensgewohnheiten sorgten dafür, dass das Leben nicht immer leicht zu durchschauen war.
Dort, wo es notwendig erschien, wurde allerdings peinlich genau auf die Einhaltung von Vorschriften geachtet. So auch auf dem Raumhafen von Port Angeles, der bestens gewartet war. Er war Dreh- und Angelpunkt des Handels innerhalb des Fyroriisystems.
Rhodans Gleiter landete in unmittelbarer Nähe der GOBOROM. Es handelte sich um ein Kobraschiff mit dem typischen Doppelschwung in seinem äußeren Erscheinungsbild. Er gab dem Raumer die Anmutung einer Kobra, die jeden Augenblick zubeißen könnte.
An einer der Schiffsschleusen erwartete sie ein schweigsamer Yodore, der sie ins Innere bat und sie, ohne ein weiteres Wort zu sagen, zur Zentrale führte.
Immer wieder passierten sie Gänge und kleine Zwischenräume, in denen Windspiele von der Decke hingen. Sie klingelten leise vor sich in oder drehten sich derart, dass das Licht von den sich drehenden Teilen reflektiert wurde. Gebadet in ein sich stetig änderndes Farbenmeer gingen Perry Rhodan und seine Begleiter weiter, immer dem maulfaulen Führer hinterher.
Rhodan bemerkte, dass vereinzelt Besatzungsmitglieder die Windräder berührten. Sie taten es fast geistesabwesend, als würde ihnen gar nicht mehr auffallen, was sie machten. Vermutlich war es auch so. Die Yodoren, Arachnoide mit vier Armen, vier Beinen und vier Augen, waren fremdartig und kaum nach menschlichem Ermessen zu beurteilen. Zumal sie von Phobien und Ängsten geplagt wurden, die sie seit langer Zeit daran hinderten, mit Besuchern von außerhalb der Yodor-Sphäre Kontakt aufzunehmen.
Sie gelangten in einen kleinen Raum, in dem sich mehrere Yodoren versammelt hatten. Einer von ihnen saß in einem kreisrunden Ausschnitt, der sich im Zentrum des Tischs befand. Der Arachnoide drehte sich langsam, bis er Rhodan mit seinen lidlosen Frontalaugen fixiert hatte. Die Augen wirkten getrübt, an den Rändern zeigte sich eine Art Schorf.
»Es ist schön, dass du meiner Bitte gefolgt bist, Perry Rhodan«, sagte er in seiner Sprache, dem Yod, das von einem Translator synchron ins Interkosmo verwandelt wurde.
»Es ist mir eine Ehre, einem derart erfahrenen Baumeister der Yodoren zu begegnen.«
»Erfahren ... Eine nette Umschreibung meines Alters ... Und ich betrachte mich eher als Forscher denn als Baumeister, aber fahr nur fort ...«
Rhodan sog die Informationen begierig auf, ließ sich aber nicht irritieren. »Darf ich dir meine Begleiter vorstellen ...?«
»Mach dir nicht die Mühe. Das hier ist der Mausbiber Gucky, der bereits mehrere Galaxien gerettet hat. Jener dort ist Alaska Saedelaere, der Mann mit der Maske, dem man ein kosmisches Schicksal andichtet. Und dieser Roboter ist vermutlich ein Verbindungsglied zu meinem Kollegen Gigi Abercomp?«
»Das ist ... beachtlich«, sagte Rhodan, überrascht, aber auch misstrauisch. »Woher weißt du das alles?«
»Erlaube einem erfahrenen Mann, dass er diskret, aber umfassend Auskünfte einholt. Selbstverständlich sind wir gut informiert über unsere Gäste in der Yodor-Sphäre. Zumal ihr nicht von jedermann gern gelitten seid und wir so viele Informationen wie möglich gesammelt haben.«
Der Daniel-Robot setzte sich ungefragt an einen der für menschlichen Gäste gedachten Sitzplätze. Rhodan und Saedelaere folgten seinem Beispiel, während Gucky es sich auf dem Stuhl mit einer Aussparung für seinen Schweif bequem machte.
»Du wirst verzeihen, wenn ich gleich auf den Punkt komme«, sagte Rhodan. »Aber wir stehen unmittelbar vor einer denkbar schwierigen Aufgabe.«
»... in der das Haus der Chimären eine gewisse Rolle spielt, nicht wahr?« Gello Nachtkehrt schaffte es trotz seiner völlig fremdartigen Physiognomie so zu wirken, als würde er lächeln.
»Richtig. Wir werden in den nächsten Stunden ins Innere vordringen.«
»Tut das. Bevor ihr euch aber auf den Weg machen, wollte ich ein paar Hintergründe mit dir und deinem wissenschaftlichen Team besprechen und Theorien abklopfen. Damit du verstehst, was der Yodor-Sphäre bevorsteht. Noch haben wir längst nicht alle Informationen verifiziert, und ständig kommen neue Hinweise hinzu. Aber ich denke, ich habe einen guten Blick auf die neuesten Entwicklungen.«
»Es ist der Blick eines Blinden, nicht wahr?«
»Ah. Du hast es also erkannt.«
»Es war nicht schwierig, wenn man sich die Mühe macht, andere Völker ernst zu nehmen und ihnen mit achtsamem Interesse zu begegnen.«
»Anders, als man es uns Yodoren in unserer Scheu vor anderen zutraut, meinst du wohl. Aber nicht jeder Yodore ist gleich den anderen, so wenig, wie jeder Mensch. Mir hat die Fügung ein völliges Nachlassen meiner normalen Sehkraft beschert.« Mit dem oberen Armpaar deutete Nachtkehrt auf die beiden Frontalaugen. »Irreparabel ruiniert. Ein Austausch der Augen kommt für mich nicht infrage.«
»Weil du befürchtest, dass dadurch die Sicht in den Hyperraum durch die Außenaugen leiden könnte?«
»Richtig. Dazu kommt, dass ich ein alter und mitunter verbitterter Mann bin. In den letzten Jahren meines Lebens will ich ausschließlich die Schönheiten des fünfdimensionalen Raums erforschen und mich nicht länger mit den Niederungen des vierdimensionalen Sehens abgeben.«
»Wie nimmst du mich wahr, Gello?«
»Leuchtend. Ich sehe mehrere Quellen, die dieses Leuchten auslösen.«
»Mehrere?«
»Richtig. Da ist nicht nur diese lebensfördernde Quelle in deiner Schulter. Da ist noch mehr, das dich ausmacht. Und vor allem erahne ich auch eine bestimmte Qualität in deinem Denken, in deinem Sein. Eine, die kaum einem Wesen der Niederungen gegeben ist.«
»Ich verstehe.« Rhodan rutschte unruhig auf seinem Sitz hin und her.
»Um auf den Grund meines Hierseins zu kommen: Ich habe interessante Dinge erblickt. Ich möchte dieses Wissen mit dir und deinen Leuten teilen. Denn ich sehe die ersten Auswirkungen der sich anbahnenden Kollision zwischen der Yodor-Sphäre und FENERIK. Ich ahne, wie furchtbar und widerlich die Konsequenzen sind. Umso glücklicher bin ich, nicht mehr das erkennen zu müssen, womit ihr in Bälde konfrontiert sein werdet. – Aber lasst mich von meiner ersten Wahrnehmung erzählen. Um die beiden anderen in Worte fassen zu können, brauche ich noch ein wenig Zeit. Ihr werdet euch gedulden müssen.«
»Warum hast du uns eigentlich hierhergebeten?«, fragte Gucky mit Zeichen großer Ungeduld in seiner Stimme. »Das alles hätten wir genauso gut über eine Holoverbindung besprechen können.«
»Du weißt nicht viel über uns Yodoren, nicht wahr? – Wir brauchen Vertrauen so dringend wie wohlduftende Laugenblätter zwischen unseren Oberarmen. Ich würde euch keine Informationen zugänglich machen, hätte ich euch nicht zuvor gesehen. Ich bedauere es allerdings, Gigi Abercomp nicht erkennen zu können. Diese robotische Hülle ist nichtssagend.«
»Es tut mir leid«, sagte der Daniel mit dem Gesicht und dem Aussehen des terranischen Wissenschaftlers. »Ich werde an Bord der RAS TSCHUBAI benötigt und kann dir nicht meine gesamte Aufmerksamkeit widmen. Du wirst damit leben müssen.«
Rhodan hatte Mühe, Ruhe zu bewahren. Abercomp trug seine Überheblichkeit wie einen Schutzschild um sich. Er verstand vermutlich nicht einmal, welchen diplomatischen Schaden er anrichten konnte. Was, wenn Nachtkehrt wegen Abercomps rüden Worten jeglichen Kontakt abbrach? Wenn er ihnen keine Informationen zukommen ließ?
Illustration: Swen Papenbrock
»Ich verstehe und akzeptiere«, sagte der alte Yodore zu Rhodans Überraschung. »Die Forschung geht immer vor, nicht wahr? – Also gut. Ich werde euch sagen, was ich gesehen habe ...«
*
Nachtkehrts Erkenntnisse, Teil 1:
Schwarze Blicke durchzucken den Raum.
Wie das möglich sein soll? Wie man das erkennen kann?
Natürlich nicht in der Normaloptik und schon gar nicht mit meinen Augen, die nichts mehr erblicken. In der absoluten Dunkelheit des Alls sind derlei Wahrnehmungen nicht möglich. Sehr wohl aber vor dem Hintergrund eines Sternenmeers. Vor diesem Lichtervorhang ziehen gezackte Blitze durch die Betrachtung. Sie löschen Licht aus. Sie sorgen für kurzfristige Dunkelheit.
Noch besser wahrnehmbar ist das Phänomen in der Atmosphäre von Planeten. Die Schwarzen Blitze frieren für ein bis zwei Sekunden ein und lösen sich dann wieder auf. Sie ziehen in dieser Zeitspanne Photonen an, saugen sie in sich auf und entziehen sie dem Raum um sich.
Die Wirkung ist bloß von kurzer Dauer, die Lichtverhältnisse normalisieren sich rasch wieder.
Die genauen Hintergründe müssen erst erforscht werden, aber die yodorischen Wissenschaftler haben mithilfe meiner Angaben bereits einen Namen für das Phänomen der Schwarzen Blitze gefunden: Sie nennen es
2.
Maot
Keine Zweifel. Kein Grübeln. Bedingungsloses Funktionieren. Das war alles, was zählte und was Kommandant Maot antrieb.
Er sprach mit seinem Piloten Mrikat und gab Anweisungen, die ihn für eine Weile von der Routinearbeit entlasteten. Er benötigte Ruhe und Zeit zur Kontemplation. Der Zusammenprall und die Durchdringung der Yodor-Sphäre standen unmittelbar zuvor. Der KATTPARU, seinem Schiff, würde unzweifelhaft eine wichtige Aufgabe zukommen. So war es immer. Seitdem er das Kommando über den Trikubus übernommen hatte, waren seine Leute und er immer wieder zu Spezialeinsätzen herangezogen werden.
Weil ich speziell bin und Dinge tue, die andere Munuam niemals erledigen würden. Maot wusste ganz genau, dass man hinter seinen Schulterfäden über ihn redete. Man nannte ihn den Blinden, den Tauben, den Dummen.
Hätte er nicht diesen ganz besonderen Ehrgeiz gehabt und wäre er nicht durch außergewöhnliche Begabungen aufgefallen, hätte man ihn längst aus dem Flottendienst entlassen. Maot wäre in irgendeiner versifften Kloake FENERIKS gelandet und hätte dort als unterste Hilfskraft gearbeitet.
So aber ...
Neobach hangelte sich an ihm vorbei. Die Jagdoffizierin betrachtete ihn mit allen Anzeichen von Widerwillen, grüßte aber dennoch formell. Genauso wie die anderen beiden Mitglieder ihrer Triade, Lizzor und Melom, die in knappem Abstand folgten.
Maot war sicher, dass sie über ihn herziehen würden, sobald er außer Hörweite war. Denn er glitt auf seinen Laufsträngen dahin. Er ging, er berührte den Boden und tat damit etwas, das in der Gesellschaft seines Volkes tabuisiert war.
Maot erreichte seine Kabine, trat ein und setzte sich auf einen Hängestuhl. Schwere, getragene Musik setzte ein. Er liebte Musik. Auch darin unterschied er sich von den meisten anderen Besatzungsmitgliedern der KATTPARU.
Nach außen gab sich Maot stets unbeeindruckt. Er hatte sich nie dafür interessiert, was seine Vorgesetzten, seine Kollegen und seine Untergebenen über ihn und seine Andersartigkeit dachten. Dennoch gab es Zeiten, da er die Schwere seiner Last fühlte und Ruhe benötigte.
Dann meditierte er in seiner Kabine und sammelte Kraft.
Maot ging auf seinem Laufstrang. Er war in keiner Triade und blieb am liebsten für sich. Maot liebte die Künste. Er reflektierte über das, was er tat.
Sein Charakter und seine Lebensweise waren völlig anders, als sie bei Munuam für gewöhnlich beschrieben wurden. Auf Neobach, Mrikat und die anderen Offiziere der KATTPARU wirkte er unzugänglich und fremdartig wie ein Audh. Und das war er letztlich auch, nachdem ihm in frühester Jugend nach einem Hangelunfall ein Teil seines Nervengeflechts hatte entfernt werden müssen.
Andere wären gestorben oder vor Scham verrückt geworden, als Maot mit der Wahrheit konfrontiert worden war: dass die Schäden irreparabel waren und keine noch so ausgefeilte positronische Prothese die Aufgaben des zerstörten Nervengewebes würde übernehmen können. Er würde behindert bleiben. Ein Krüppel. Ein Paria in der Gesellschaft der Munuam.
Maot hatte sich der bitteren Wahrheit gestellt und beschlossen, seine Schwächen zu Stärken zu machen, denn er konnte Dinge tun, die kein anderer Munuam zustande brachte.
*
Keine Zweifel. Kein Grübeln. Bedingungsloses Funktionieren.
Nur ab und zu war, so wie an diesem Tag, ein seelischer Reinigungsprozess notwendig. Um all die Fragen, die sich im Hintergrund seines Kopfes angestaut hatten, nicht überhandnehmen und in den Vordergrund seines Denkens treten zu lassen.
Maot beendete die kontemplativen Betrachtungen und machte sich bereit, in die Kommandozentrale der KATTPARU zurückzukehren. Die Kollision mit der Yodor-Sphäre war ein indifferenter Vorgang, der allem Anschein nach keinerlei Auswirkungen hatte. FENERIK glitt einfach so in das Gebiet des Feindes hinüber. Nun war es so weit, Widerstand auszulöschen und die Macht zu übernehmen.
Die Yodoren, so hatten Spione herausgefunden, waren kein kriegerisches Volk. Sie verstanden kaum etwas von Taktik, und schon gar nicht kamen sie mit Jägern wie den Munuam zurecht. Sie würden leichte Beute werden.
Viel bedeutungsvoller war die Frage, welche Auswirkungen das Ineinanderfließen von Chaoporter und Yodor-Sphäre auf die Heimat haben würde. Verfügte FENERIK über ausreichend Kraft, um diese heikle Situation zu überstehen?
Andere seines Volkes hätten bei diesen Fragen die dämpfende Wirkung des Mnemo-Deletors in ihrem Kopf gespürt. Der Deletor verhinderte allzu kritische Fragen zu FENERIK. Nicht aber bei ihm.
Ein Signal blinkte, Maot aktivierte eine Gesprächsleitung. Gewiss wollte man ihn in der Zentrale sehen.
Die Arbeit in Triaden erschwerte den Besatzungsmitgliedern das kritische Denken. Sie verließen sich auf den stetigen Austausch mit den beiden anderen Triadenmitgliedern und blieben meist unter sich. Ihre Perspektive war dadurch eingeschränkt. Inzestuös, wenn man so wollte.
»Ich habe eine Kennung erhalten, die mir unbekannt ist«, meldete sich der Schiffsrechner. Das Symbol, neun ineinander verschlungene Schulterfäden, das bei jedem Schiff der Munuamrudel anders aussah, blinkte.
»Darum sollen sich meine Stellvertreter kümmern, bis ich wieder in der Zentrale bin«, sagte Maot. »Warum störst du mich mit einer derartigen Lappalie?«
»Der Befehl, der in der Nachricht verpackt ist, zwingt mich, dich zu kontaktieren. Ich ... verstehe das nicht.«
Ein Holo entstand statt des Symbolbilds. Ein wurmartiges Wesen, das in Wasser schwamm, war darin zu sehen.
»Ich bin dein Herr«, sagte das Geschöpf. »Ich bin Addanc, der Taucher. Ein Quintarch. Der derzeitige Befehlshaber FENERIKS. Du erhältst soeben Codes, die meine Legitimation bestätigen.«
Addanc, der Taucher.
Es gab Gerüchte. Halbwahrheiten über Veränderungen in den Strukturen der oberen Ränge des Chaoporters. Derlei Informationen kamen nur selten auf Maots Ebene an. Sie wurden informell weitergegeben und waren nicht immer glaubwürdig. Für Munuam zählten Zertifikate und die Aussicht, eines Tages unter dem Nabel von Zou Skost knien zu dürfen.
»Ich werde die Codes prüfen lassen«, sagte Maot. »Sollten sie sich als echt herausstellen, stehe ich zu deiner Verfügung.«
»Man hat mich also richtig informiert. Du wirst als Außenseiter beschrieben mit starkem Willen und einem hohen Grad an Individualität.«
»Ist es nicht das, was die Mächte des Chaos immer wünschen? Einen Drang zur Selbstbestimmung?«
»Nicht in einer Gesellschaft wie deiner. Die Munuam sind nun mal wichtige Werkzeuge, deren primärer Wert auf ihrem starken Gruppenzusammenhalt beruht. Insofern sehe ich dich als Risiko.«
»Ich glaube nicht, dass ein Quintarch sich extra die Zeit nimmt, um sich wegen meiner Andersartigkeit mit mir zu unterhalten.«
»Richtig, Kommandant. Ich fordere deine Unterstützung ein. Man sagt, dass du einer der kompetentesten der Munuamflotte bist. Unkonventionell und höchst erfolgreich.«
»Das sagt man, ja.«
»Dann werde ich die KATTPARU mit dir an der Spitze für einen Spezialauftrag abziehen. Ihr werdet nicht weiter am Eroberungsfeldzug in der Yodor-Sphäre teilnehmen.«
»Sondern?«
3.
Perry Rhodan
Nach einigen unverbindlichen Worten wurden sie von Gello Nachtkehrt entlassen. Es war dem Alten anzumerken, dass ihn die kurze Unterhaltung an den Rand der Erschöpfung getrieben hatte. Er benötigte einige Stunden Schlaf, um anschließend wieder in seine Rolle als Hyperspektor schlüpfen und Teile der Yodor-Sphäre mithilfe seines Talents absuchen zu können.
Der 12. März 2072 Neuer Galaktischer Zeitrechnung brach an, als Rhodan in die RAS TSCHUBAI zurückkehrte. Würde dieser Tag ein besonderer werden? Würde er den Anfang des Endes einer besonderen Erzählung markieren? Würde FENERIK gestoppt werden?
Nein. Perry Rhodan hatte wenig Erfahrung mit wirklich markanten Wendepunkten. Er wusste, dass es kaum einmal richtige, finale Abschlüsse gab. Geschichte war fließend, auch wenn es Dokumentationen oftmals anders darstellten. Es gab nur ganz selten »diesen einen Augenblick«, in dem sich alles änderte. Es waren meist eine Vielzahl von Taten, Entscheidungen und Unterlassungen, die ein Gesamtbild ergaben und galaktische Geschichte in eine bestimmte Richtung lenkten.
Rhodan betrachtete ein Bild des Hauses der Chimären. Es war sonderbar, wundersam, vielfältig, geheimnisvoll und vieles mehr. Vor allem aber war es ein Tor, das sie zu ihrem nächsten Ziel bringen würde. Vom Haus der Chimären aus wollten er und sein Team den Zugang zum Primordialen Korridor öffnen.
Um in den Chaoporter FENERIK zu gelangen.
»Du willst loslegen, nicht wahr?«, fragte Gigi Abercomps Daniel.
»Es kann mir gar nicht schnell genug gehen.« Rhodan ließ sich auf seinem Stuhl nieder und winkte einen Schweberoboter herbei. Der kredenzte ihm Kaffee, dessen Bohnen auf einer Plantage unterhalb Ogygias gezüchtet worden waren.
Der Daniel ließ sich ebenfalls schwungvoll nieder. Er hatte tatsächlich eine täuschende Ähnlichkeit zu Abercomp. Der Daniel als dessen Vertretung war eine humanoide Maschine mit menschlich wirkender Bioplastverpackung.
Er stellte einen mittelgroßen Terraner mit schlampiger Kleidung, einem leicht überhängenden Ranzen und fahler Haut dar. Es war ihm anzumerken, dass Abercomp, den der Daniel in der Zentrale vertrat, sich ungesund ernährte und nur wenig Wert auf Bewegung legte.
Selbst die wichtigsten Charakterzüge Abercomps imitierte er. Der Daniel stellte einen exaltierten und kompetenten Mann dar, der leicht die Geduld verlor.
»Nachdem du ja in Wirklichkeit die ganze Zeit an Bord warst, Gigi: Was gibt es Neues?«
»Es ... es beginnt bald.«
»Das ist keine sonderlich wissenschaftliche Analyse der Situation«, sagte Rhodan. »Was beginnt?«
»Es kristallisieren sich Bilder heraus. Es zeigt sich, was sich durch das Ineinandergreifen des Chaoporters und der Yodor-Sphäre neu ergibt.« Der Roboter zuckte mit den Schultern. »Da die Daten noch roh sind, kann ich nicht präziser werden. Fakt ist, dass sich etwas rings um uns ändert. Und das nicht zum Besseren. Der alte Yodore hat durchaus recht mit dem, was er erzählt. Diese Antiphotonenblitze existieren allem Anschein nach. Wir wissen aber nicht, wie groß die Gefahr ist, die von ihnen ausgeht.«
»Wie ist deine persönliche Einschätzung, Gigi?«
»Ich kann nichts sagen, solange ...«
»Ich will keine wissenschaftliche Analyse, sondern deine Einschätzung.«
Der Daniel winkte den Servoroboter herbei und wollte sich ebenfalls ein Heißgetränk bestellen. Bis Gigi bemerkte, dass er gar nicht körperlich anwesend war, sondern bloß über eine Art SEMT-Haube mit dem Daniel verbunden war.
»Es sieht beschissen aus«, sagte Abercomp leise.
»Wie hoch ist die Gefahr für die Bewohner der Welten innerhalb der Sphäre?«