Perry Rhodan 3252: Der Likedeeler - Oliver Fröhlich - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 3252: Der Likedeeler E-Book und Hörbuch

Oliver Fröhlich

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Beschreibung

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Eines dieser Refugien befand sich in der Galaxis Gruelfin und konnte sichergestellt werden, ein anderes in der Kondor-Galaxis, wo Perry Rhodan es zu bergen versucht. Dazu versichert er sich der Hilfe der Piraten, die er anführt als DER LIKEDEELER ...

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Seitenzahl: 189

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Zeit:4 Std. 4 min

Veröffentlichungsjahr: 2023

Sprecher:Martin Bross

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Nr. 3252

Der Likedeeler

Sie suchen nach der RA – der Administrator der Piraten auf Mission

Oliver Fröhlich

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog: Erinnerungen an ein Massaker

1. Die nicht gestorben sind

2. Brotkrumen

3. Rettungsleine

4. Gespräch mit einem desinteressierten Baum

5. Paradox-Schmetterlinge

Epilog

Leseprobe PR NEO 320 – Rüdiger Schäfer – Schwarze Brücke

Vorwort

1. Perry Rhodan

2. Thora

3. Perry Rhodan

Gespannt darauf, wie es weitergeht?

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.

Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.

Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Eines dieser Refugien befand sich in der Galaxis Gruelfin und konnte sichergestellt werden, ein anderes in der Kondor-Galaxis, wo Perry Rhodan es zu bergen versucht. Dazu versichert er sich der Hilfe der Piraten, die er anführt als DER LIKEDEELER ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner besinnt sich auf eine deutsche Piratentradition.

Shema Ghessow – Die Mutantin gewährt Zugang zu Hypersenken.

Tozzcord – Perry Rhodans Gegner begleitet ihn auf seiner ersten Piratentour.

Eryck, Sohn von Rykla

Prolog

Erinnerungen an ein Massaker

Die Hyperflusspiraten hatten ihn bejubelt, besungen, ihm Respekt bekundet und bis an die Grenze des Erträglichen und Glaubhaften gehuldigt – und das nur, weil ihn Juroren zum Sieger eines Wettstreits um den Thron erklärt hatten. Und nun, gerade einmal zwei Tage nach den Feierlichkeiten zur Amtseinsetzung, beäugten sie ihn voller Misstrauen und Zweifel aus exakt dem gleichen Grund. Zumindest galt das für die Bewohner des Slums von Atulhu. Oder besser gesagt für die überlebenden Bewohner, denn viele waren als Unbeteiligte in die letzte Runde des Wettbewerbs verwickelt worden und im Kreuzfeuer der Kampfroboter gestorben.

Die Schlacht am Zentralplatz nannten es die Piraten inzwischen. Perry Rhodan hielt den Begriff Massaker für zutreffender. Ihm wurde immer noch übel, wenn er daran dachte. Wie hatten die Juroren so weit gehen können, um herauszufinden, welcher der Kandidaten der geeignetste Anführer war?

Doch wenngleich Rhodan den Verlauf zutiefst verabscheute, war er aus dem Wettstreit als Sieger hervorgegangen, und so musste er sich nun seinen neuen Untergebenen zeigen, einem Haufen aus Mördern, Dieben und Entführern, die sich aus den unterschiedlichsten Völkern der Galaxis Spaphu zusammensetzten. Die hageren, blassen Khassu Than zählten genauso zu ihnen wie wolfsköpfige Tashzuren, Humanoide in allen Größenklassen, Insektoide, Schlangenähnliche, Pflanzenkreaturen, Pertsuma und viele mehr.

»Sie trauen mir nicht«, sagte Rhodan. Es fiel ihm zwar schwer, die Blicke der ihm häufig noch unbekannten Wesen zu deuten, doch er spürte die Stimmung, diese Mischung aus Skepsis, Abneigung und Neugier.

»Wieso sollten sie auch?«, fragte Fledjar, sein Leibwächter, dessen Bassstimme so tief ausfiel, dass manche Silben unter die Hörschwelle des Terraners rutschten. »Sie kennen dich nicht.«

Bis die Aufgekratztheit sich legt und dich keiner mehr töten möchte, hatte die Geschäftsführerin von Atulhu vor Rhodans Amtseinführung gesagt, um eine mehrköpfige Leibwache für ihn zu rechtfertigen. Er war sich nicht sicher, ob sie sich tatsächlich um sein Wohl sorgte oder nur hatte vermeiden wollen, dass der neue Oberste ausgerechnet in dem Dunklen Hafen ermordet wurde, für den sie verantwortlich war.

Mittlerweile hatte sich die Aufgekratztheit gelegt. Deshalb hatte Rhodan die Geschäftsführerin überredet, die Leibwache auf eine Person zu reduzieren, den Khassu Than Fledjar. Genauer gesagt hatte er es ihr befohlen. Ob ihn allerdings auch wirklich niemand mehr umbringen wollte, stand auf einem anderen Blatt.

»Außerdem«, fuhr Fledjar fort, »hast du deinen Vorgänger getötet, um an seinen Posten zu gelangen. Die Piraten schätzten Pnerten Andhini. Er galt als legendär. Ihn aus dem Weg zu räumen, stellt nicht gerade die günstigste Grundlage für Vertrauen dar.«

Sollte Rhodan dem Leibwächter beteuern, dass das nicht der Wahrheit entsprach? Dass in Wirklichkeit der Tashzure Tozzcord den Obersten ermordet und die Tat Rhodan und seinen Freunden in die Schuhe geschoben hatte? Nein, entschied er, noch nicht. Nicht, solang er es nicht beweisen konnte oder es wenigstens für wahrscheinlich hielt, dass Fledjar ihm glaubte.

Sie durchquerten eine Gasse, links und rechts gesäumt von schäbigen Wellblechhütten. Vor einer saß ein Pertsuma mit einer tönernen Flasche in der Hand. Vermutlich enthielt sie Alkohol oder eine andere berauschende Flüssigkeit. Seine Imponierzähne vibrierten, als sie ihn passierten. Er spuckte aus, knapp vor Rhodans Füße.

»Aber sie haben mir ihren Respekt bekundet«, erinnerte Rhodan an die Amtseinführung.

»Was sie bekunden und was sie empfinden, gehört nicht zwangsläufig zum selben Schatz, liegt vielleicht nicht einmal in derselben Truhe. Es reicht nicht, dass sie dir die Ehre erweisen. Echten Respekt musst du dir erarbeiten. Oder ihre Furcht, womöglich ihre Liebe, abhängig davon, was dir mehr liegt und was sie dir zu geben bereit sind.«

Sie erreichten den Zentralplatz. Vom Hallendach hingen Banner mit martialischen Motiven wie blutigen Messern oder einer Klaue, die sich in den Schädelpelz eines abgetrennten wölfischen Kopfs krallte. Rhodan könnte befehlen, diese Geschmacklosigkeit zu entfernen, aber er sah keinen Sinn darin. Schließlich wollte er seinen Posten als Oberster – oder als Administrator, wie er sich als Anführer der Hyperflusspiraten eingedenk alter Zeiten nannte – nicht länger ausüben, als es unbedingt nötig war. Warum sollte er versuchen, die Lebensart der Piraten zu verändern, nur weil sie seinen Geschmack nicht traf? Wenn es allerdings gegen seine Prinzipien und gegen seine Moral verstieß, sah das anders aus.

Und das Elend in den Slums hieß er ganz gewiss nicht gut.

Um die Säule, in die die Namen früherer Anführer graviert waren, standen einige Piraten und starrten auf den erst jüngst hinzugefügten Namen: Pnerten Andhini.

»Der Administrator!«, rief einer, und alle drehten sich zu Rhodan und Fledjar um. Manche neigten den Kopf, was auf Rhodan aus menschlicher Sicht ehrerbietig erschien, bei Fremdwesen aber genauso gut das Gegenteil bedeuten konnte. Andere starrten ihn offen trotzig an. Die Kieferklauen eines Spinnenartigen klackerten.

Sie alle hatten eines gemeinsam: Verletzungen, Narben, manchmal sogar fehlende Körperteile.

Eine klischeehaftere Darstellung einer Piratenhorde hatte Rhodan nur in seiner Jugend gesehen. Es mochten Jahrtausende seit den Filmen über Seeräuber mit ihren Holzbeinen, Augenklappen und Metallhaken anstatt einer Hand vergangen sein, die Gefahren der Branche hatten sich aber nicht geändert. Noch immer war jeder Raubzug ein Spiel um Reichtum und Ruhm, der Einsatz das eigene Leben oder wenigstens die körperliche Unversehrtheit.

Rhodan nahm der Anblick so gefangen, dass er den Schatten, der von der Seite heranflog, zu spät bemerkte. Etwas – nein: jemand – prallte gegen ihn und warf ihn zu Boden. Gleich darauf prasselten Hiebe auf ihn ein. Überwiegend absorbierte sie der SERUN. Rhodan spürte sie nicht.

»Du bist nicht der Oberste«, keuchte eine Stimme. »Du bist ja nicht einmal ein Pirat!«

Ein Pertsuma kniete auf ihm, dem scharfen Alkoholgeruch nach zu urteilen derjenige, der ihm vorhin vor die Füße gespuckt hatte.

Fledjar tauchte über dem Angreifer auf und packte ihn an den Schultern.

»Nein!«, rief Rhodan.

Er hatte erkannt, dass es sich nicht um eine ernst gemeinte Attacke handelte, sondern eher um eine Affekthandlung, mit der der Pirat seine Enttäuschung verarbeiten wollte. Aber Enttäuschung worüber? Dass die Juroren nicht Tozzcord zum Gewinner des Wettstreits erklärt hatten?

Rhodan ließ den Pertsuma zwei, drei weitere Sekunden gewähren, bis die ohnehin geringe Wucht seiner Schläge abebbte, dann schob er ihn mit sanfter Gewalt von sich herunter und stand auf.

Wie ein Häufchen Elend kauerte der Pirat vor ihm auf dem Boden. Womöglich war er sich bewusst geworden, was er im Überschwang des Alkohols getan hatte, und fürchtete nun die Strafe des Administrators.

Rhodan streckte ihm die Hand entgegen.

Ein Raunen ging durch die Piraten bei der Namenssäule.

»Was tust du da?«, flüsterte Fledjar, soweit ein Khassu Than flüstern konnte.

Rhodan antwortete nicht. Lange Sekunden vergingen, in denen nichts geschah, dann griff der Pertsuma zu und ließ sich aufhelfen.

»Soll ich ihn in eine Zelle stecken lassen?«, fragte Fledjar.

»Nein.« An den Angreifer gewandt: »Wie heißt du?«

»Bandar«, lautete die zögerliche Antwort.

»Nun, Bandar, erkennst du die Gesetze der Hyperflusspiraten an?«

»Selbstverständlich!« Seine Stimme gewann an Festigkeit.

»Dann erkennst du auch die Regeln des Sununk an? Du erkennst an, dass der Gewinner dieses Wettstreits der neue Oberste ist, egal welchen Titel er sich selbst gibt?«

»Aber ...«

»Erkennst du das an?«, wiederholte Rhodan scharf.

»Ja.«

»Warum also sagst du, ich sei nicht der Oberste? Glaubst du, die Juroren hätten falsch entschieden? Hätten sie Tozzcord zum Sieger erklären sollen?«

»Was?« Bandar wirkte überrascht. »Nein! Sicher, er hat in der Schlacht am Zentralplatz tapfer gekämpft, aber ... Nein, nicht Tozzcord.«

Das wiederum überraschte Rhodan. »Wer dann? Aycca? Lintali Kva?«, nannte er die Namen der anderen Kontrahenten.

»Pnerten Andhini sollte immer noch Oberster sein«, gab Bandar endlich zu. »Zum Sununk kam es nur, weil du ihn getötet hast!«

Dieses Thema also wieder, dachte Rhodan. Ihm wurde klar, dass er beweisen musste, dass nicht er, sondern Tozzcord der Mörder war, wenn er die volle Unterstützung der Piraten wollte. Als wäre das sein drängendstes Problem auf einer ohnehin viel zu langen Liste.

»Lass mich dich etwas fragen.« Er wandte sich den restlichen Piraten bei der Namenssäule zu. »Lasst mich euch alle etwas fragen. Warum habt ihr eine so hohe Meinung von Pnerten Andhini? Was hat er für euch getan?«

»Er war der erfolgreichste Oberste aller Zeiten«, rief einer.

»Gnadenlos«, sagte ein anderer.

»Seine Raubzüge brachten stets reiche Beute«, trug ein Dritter bei.

»Das mag alles sein«, erwiderte Rhodan, in dem sich gerade eine Idee formte. »Aber was hat er für euch getan?«

Sein Blick fiel auf einen weiteren Pertsuma. Ihm fehlte ein Bein.

Stattdessen mühte er sich mit einer metallenen Prothese ab, die nicht zu ihm passte. Zu schmal, zu lang, zu sehr nach hinten gebogen, der künstliche Fuß zu steil abgewinkelt. Vermutlich war sie auf einem Raubzug erbeutet worden und stammte von jemandem aus einem anderen Volk. Mit der richtigen medizinischen oder kybernetischen Behandlung wäre das Problem schnell aus der Welt geschafft, doch so weit ging die Loyalität der Piraten untereinander offenbar nicht.

Unter Pnerten Andhini wurde in niemanden investiert, der das Investment nicht mit Zins und Zinseszins wieder hereinspülte.

»Wie heißt du?«, fragte Rhodan.

»Loataun«, antwortete der Invalide.

»Welchen Posten hast du vor deiner Verletzung bekleidet?«

»Ich war erster Späher der LATAGO.«

»Ein hochrangiger Pirat also. Würdest du mir zustimmen?«

»Ein hochrangiger Pirat.«

»Was hast du davon, dass du früher dazu beigetragen hast, dass Andhini reiche Beute machen konnte? Wohin hat dich das gebracht?« Rhodan deutete auf die kärglichen Hütten. »In einen dieser Verschläge!«

Illustration: Swen Papenbrock

»Er hat mich am Leben gelassen«, sagte Loataun. »Obwohl ich für die Piraten keinen Wert mehr habe, hat er mich am Leben gelassen.«

»Ist diese Existenz wirklich ein Leben? War das Andhinis ganzer Dank für alles, was du vor deiner Verletzung für die Gemeinschaft getan hast? Ein Dahinvegetieren im Slum?«

Rhodan seufzte. »Bei uns Tellusiern gibt es eine Legende. Sie stammt aus einer Zeit, bevor wir ins All aufgebrochen sind. Aus einer Zeit, als Piraten noch mit seegebundenen Schiffen unterwegs waren. Vielleicht ist sie vergleichbar mit den Legenden, die man sich von Pnerten Andhini erzählt, nur nicht so ... gewalttätig. Außerdem folgte der Pirat, von dem unsere Geschichte berichtet, anderen Grundsätzen. Er hieß ...« Rhodan überlegte, ob der den richtigen Namen nennen sollte, sah darin aber keine Gefahr. »Klaus Störtebeker.«

»Hat er seine versehrten Kameraden anders behandelt?«, rief jemand aus der Menge, unterlegt mit hohen, zirpenden Lauten.

»Das will ich meinen. Tatsächlich hat er die Beute gerecht unter all seinen Leuten aufgeteilt und dabei auch die Not leidende Bevölkerung nicht vergessen. Deshalb nannte man ihn den Likedeeler, was so viel bedeutete wie Gleichteiler. Wenn es in seiner Mannschaft jemanden wie dich – wie euch – gab, wurde er nicht in die Slums verbannt oder in einen Konverter geworfen. Er blieb gleichwertig und bekam seinen Anteil an der Beute.«

»Das soll gerecht sein?«

»Unbedingt.« Rhodan beschloss, die Legende mit einer anderen Geschichte zu verknüpfen. »Damals gab es den Leitspruch: einer für alle und alle für einen. Man unterstützte sich gegenseitig, war nicht auf den eigenen Vorteil, den eigenen Anteil an der Beute bedacht. Störtebeker hatte erkannt, dass es dem Einzelnen gut ging, wenn es der Gruppe gut ging. Also setzte sich jeder für die anderen ein. Das erschuf Loyalität untereinander. Und manchmal machte das Feinde zu Freunden.«

»Deshalb haben sich dir deine Gegner im Sununk nach dem Sieg angeschlossen?«, fragte Loataun.

Das hielt Rhodan für eine sehr vereinfachte Darstellung. Tatsächlich lag der mörderische Tashzure Tozzcord wegen seiner Verletzungen im Heilschlaf, und der Baccune Aycca war spurlos verschwunden. Lintali Kva hingegen hatte ihm ewige Treue geschworen. Ihren Sekundanten Vincoulon hatte er bereits vorher zu seinen Freunden zählen dürfen.

»In meinem Leben«, sagte Rhodan, »ist es mir schon oft gelungen, Feinde zu Freunden zu machen.«

»Warum erzählst du uns diese Geschichte?«, fragte Loataun. »Nimmst du dir diesen Störbeker zum Vorbild?«

»Wäre das so schlecht?«

»Was ist aus ihm geworden?«

»Er wurde gefangen genommen und hingerichtet.«

»Oh.«

»Der Henker hat ihm den Kopf abgeschlagen.«

»Und du findest eure Legende weniger gewalttätig?«

»Es heißt, dass Störtebeker vorher etwas aushandeln konnte: Seine Mannschaft stellte sich in einer Reihe auf, und jedem, an dem er nach der Enthauptung vorbeilaufen konnte, sollte das Leben geschenkt werden. Das nenne ich Loyalität. Sich selbst in Erwartung des Todes um die Gefährten zu sorgen. Und das, was Störtebeker für seine Männer getan hat, war jeder von ihnen bereit, für ihn zu tun.« Das nahm Rhodan zumindest an.

»Enthauptet, ja? Und du willst ihm nacheifern?«

»Dem Teil mit der Hinrichtung nicht, falls möglich.«

Von der Seite hörte er, wie Fledjar ein Bassbrummen von sich gab, wobei Rhodan unklar blieb, was er damit ausdrücken wollte.

»Ich werde den Befehl erteilen«, fügte Rhodan hinzu, »den Slum abzureißen und Häuser zu errichten, die euch ein würdiges Leben ermöglichen. Und ab dem heutigen Tag werdet auch ihr den gleichen Teil an der Beute erhalten wie jeder andere. Wenn ihr Probleme mit dem neuen Titel Administrator habt, könnt ihr mich künftig auch Likedeeler nennen.«

Er wusste nicht, was die Piraten von dieser grundlegenden Änderung des Systems hielten. Fledjar gab ein neuerliches Bassbrummen von sich, das genauso gut Zustimmung wie Nachdenklichkeit oder Ablehnung bedeuten konnte. Aber niemand widersprach, und das war ein Anfang.

Als Rhodan mit Fledjar den Slum verließ, dachte er an all diejenigen, die ohne sein Zutun ihr Leben hatten lassen müssen, um ihm den Weg auf den Piratenthron zu ebnen.

1.

Die nicht gestorben sind

Er hatte den Sununk überlebt und wusste nicht, wie er diese Tatsache interpretieren sollte.

Das erste Gefühl, das Tozzcord empfand, als er erwachte und sich in einem Geflecht aus Schlingen wiederfand, war Verwirrung. Rasch identifizierte er die Umgebung mit den medizinischen Geräten und den Holos, die seine Vitalzeichen anzeigten, als Raum in der Krankenabteilung des Dunklen Hafens Atulhu.

Bei den Schlingen handelte es sich um eine Ruhe- und Heilstatt, die seine vier Beine frei hängen ließ, dem Rest des Körpers jedoch Stabilität verlieh, abgestimmt auf den Körperbau des Tashzuren. Nicht ungemütlich, aber außerordentlich demütigend.

Es roch erschreckend in dem Raum, nämlich nach nichts. Selbst seinen eigenen Geruch, der so manchen an den eines Raubtiers erinnerte, nahm er nicht wahr. Er fühlte sich ... ja, wie? Verblasst? Seiner Identität, seiner Existenz beraubt?

Neben dem Schlingengeflecht hantierte ein Medoroboter an einem schwebenden schwarzen Kasten, aus dem einige Schläuche ragten. Einer führte zu Tozzcords linkem Oberarm.

Ohne darüber nachzudenken, riss er sich den Schlauch aus dem Fleisch. Ein kurzer belebender Schmerz, ein Schwall blauer Flüssigkeit, die sich auf den Boden ergoss, ein Signal, das die Beschleunigung seines Herzschlags anzeigte – mehr geschah nicht.

»Das wäre nicht nötig gewesen«, sagte der Roboter, eine mattsilbern schimmernde Kugel, aus der eine Vielzahl von Greifzangen und Armen mit und ohne Gelenken ragte. »Ich bin dabei, die Maschinerie abzubauen, und hätte dir den Schlauch in wenigen Augenblicken entfernt. Und das wesentlich fachgerechter, wenn du mir die Anmerkung gestattest.«

»Ich gestatte nicht«, presste Tozzcord hervor, überrascht, wie heiser er klang. Ihm stand nicht der Sinn nach einem Roboter, der auf mehr als medizinische Behandlung und nüchterne Sachlichkeit programmiert war. »Was ist das?«

Er zeigte auf den Schlauch am Boden und stellte fest, dass ihm seine krallenartigen Fingernägel nicht länger als zuletzt erschienen. Vermutlich hielt er sich also erst seit wenigen Tagen in der Krankenabteilung auf.

Es sei denn – und der Gedanke entrang ihm ein Knurren –, man hatte ihm die Krallen geschnitten. Was der Demütigung eine neue Dimension verliehen hätte.

»In erster Linie Flüssigkeit«, antwortete der Roboter, diesmal ohne den beleidigten Unterton. »Auf deinen Metabolismus abgestimmte Nährstoffe, Vitalisierungspräparate, Heilbeschleuniger aus sich selbst auflösenden Nanomaschinen. Alles, was ein Tashzurenkörper während des künstlichen Heilschlafs benötigt.«

Künstlicher Heilschlaf?

Die Erinnerung an die letzten Sekunden des Sununk kehrten zurück: ein Aufruhr auf dem Zentralplatz – und er, der sich ins Getümmel stürzte, angestachelt ausgerechnet von diesem verweichlichten Tellusier Rhodan; da er die wahre Bezeichnung für Rhodans Volk noch nicht herausbekommen hatte, nannte er ihn weiterhin so.

Er hatte die Reihen der Kampfroboter gelichtet, hatte gefeuert, getobt, gewütet und gekämpft ... bis er es eben nicht mehr getan hatte. Er wusste nicht, ob ihn die Roboter in ihre Stahlklauen gebracht oder ins Kreuzfeuer genommen hatten. Den zahlreichen kahlen Stellen in seinem Fell und der vernarbten Haut nach zu schließen wohl Letzteres. Woran er sich aber erinnerte, waren der Schmerz und sein wilder Schrei. Und er erinnerte sich an seinen finalen Gedanken.

Ich werde den Sununk nicht gewinnen. Immerhin sterbe ich unter dem Jubel meiner Anhänger. Ich sterbe als der wahre Sieger.

Stattdessen hatte man ihn in einen künstlichen Heilschlaf versetzt. Etwas, das man mit dem Unterlegenen eines Sununk niemals tun würde. Bedeutete das, dass er der einzige Überlebende war? Dass Rhodan mit seiner unsinnigen Idee, sich in die Schlacht zu werfen, gescheitert war?

Und bedeutete das in der Konsequenz ...

Der Vitalmonitor zeigte erneut einen beschleunigten Herzschlag an. Aber wie hätte Tozzcord ruhig bleiben sollen, wenn er den Gedanken folgerichtig weiterspann?

»Was ist passiert?«, fragte er den Medoroboter.

»Du wurdest beim Sununk verletzt.«

»Das weiß ich selbst. Aber wie ist der Wettkampf ausgegangen? Habe ich gewonnen?«

Für einen Augenblick verharrte der Roboter in seinen Aufräumarbeiten, machte dann jedoch ungerührt weiter. Vermutlich musste er die nötigen Informationen erst aus dem Zentralspeicher abrufen; immerhin war er nur ein unbedeutender Medoroboter.

»Du?«, gab er schließlich zurück. »Nein, du hast nicht gewonnen.«

Der Triumph, den Tozzcord gerade gespürt hatte, zerplatzte in einer stinkenden Rauchwolke. »Ich ... Das verstehe ich nicht. Wieso lebe ich noch, wenn nicht, weil ...«

»Der Administrator hat es angeordnet.«

»Was? Wer ist der ...«

Nein!

»Perry Rhodan. Der neue Oberste. Auch die anderen Unterlegenen hat er verschont. Aycca und Lintali Kva. Letztere hat ihm im Rahmen der Amtseinsetzungszeremonie ewige Treue geschworen.«

Tozzcords Kopf dröhnte. »Aber es ist Tradition, die unterlegenen Kontrahenten zu töten!«

»Rhodan legt keinen Wert auf Tradition.«

»Was ist mit Aycca? Hat er den ...« Er bekam den Begriff »Administrator« nicht über die Lippen. »Hat er Rhodan auch anerkannt?«

»Diese Information ist nicht hinterlegt. Vermutlich weiß das sonst niemand, denn Aycca ist seit der Schlacht auf dem Zentralplatz verschwunden.«

Tozzcord brauchte einige Sekunden, um diese Neuigkeit einzuordnen. Hatte er sich in Rhodan getäuscht? Hatte sich Aycca womöglich gegen ihn gestellt, und dafür hatte ihn der ... Administrator unauffällig aus dem Weg geräumt? Das wäre eine Vorgehensweise ganz nach Tozzcords Geschmack. Aber passte sie auch zu Rhodan?

»Was meinst du mit ›verschwunden‹?«

»Was ist daran nicht zu verstehen? Niemand weiß, wo er sich aufhält. Vermutlich hat er Atulhu verlassen.«

Das Rätsel um Aycca rückte in den Hintergrund, als Tozzcord etwas anderes klar wurde: Rhodan hatte ihn verschont. Er hatte also den Sununk gewonnen und seinem Gegner einen ehrenvollen Tod verweigert. Und so würde Tozzcord mit der Schmach leben müssen. Er würde die Blicke der Kameraden auf sich spüren, die in ihm nicht mehr den Söldner, sondern den Verlierer sahen. Er würde beobachten können, wie sie über ihn tuschelten, über den, der nur von Rhodans Gnaden unter ihnen weilte.

Welche Demütigung! Niemals würde er vor Rhodan auch nur ein Knie beugen, geschweige denn alle vier.

Niemals!

Aber egal, für wie klug sich der Administrator hielt, er hatte etwas übersehen: eine essenzielle Regelung im Sununk-Kodex, die die Tradition begründet hatte, dass der Gewinner die Unterlegenen tötete. Denn starb der Oberste oder wurde abgesetzt, folgte ihm automatisch der Nächstplatzierte des Auswahlverfahrens nach – sofern er noch lebte. Kein Sununk-Gewinner außer Rhodan war das dadurch bestehende Risiko bisher eingegangen.

Ein dummer, ein tödlicher Fehler.

Tozzcord wusste, was er als Nächstes unternehmen musste: die Krankenstation verlassen und Informationen sammeln. Anschließend würde er Kontakt mit seinem getreuen Eryck aufnehmen, um mit ihm Pläne zu schmieden.

*

Er hatte den Sununk überlebt, und alles, was an Eindrücken durch das Holo flackerte, gehörte nun ihm. Zumindest so lange, bis sich einer der Piraten zur Meuterei entschloss und Oberster anstelle des Obersten werden wollte.

»Du wirkst unzufrieden.« Antanas Lato, der Hyperphysiker, den Rhodan beim Wettkampf als Sekundanten eingesetzt hatte, trat neben ihn und betrachtete den mannshohen Holowürfel.

»Wundert dich das? Sieh dich mal um!«

Rhodan deutete auf die Einrichtung der Unterkunft, die einst Pnerten Andhini beherbergt hatte. Da der ehemalige Bewohner ein Khassu Than gewesen war, dessen Körperbau dem eines Terraners ähnelte, eignete sich die Möblierung auch für Rhodan. Das Bett war möglicherweise eine Spur zu schmal, genau wie die Sitzflächen der Stühle, dafür fielen die Stuhlbeine und Tische eine Winzigkeit zu hoch aus. Alles nicht schlimm.

Was Rhodan den Aufenthalt in dieser Unterkunft wirklich verleidete, war die Zurschaustellung von Reichtum und Prunk. Von gestohlenem Reichtum und Prunk, um bei der Wahrheit zu bleiben. Selbst die Bezeichnung Unterkunft stellte eine Verschleierung der Tatsachen dar. Bei Pnerten Andhinis Wohnung handelte es sich um Gemächer, wie man sie sich ebenso gut in einem Königshaus vorstellen mochte.

Auf dem Boden lagen flauschige Teppiche, an den Wänden hingen Tücher, die wie Seide schimmerten und je nach Blickwinkel die Farbe veränderten. In den Ecken standen Statuen. Manche wirkten wie in Marmor gehauene Nachbildungen von Khassu Than, andere zeigten Wesen oder Konstrukte, die Rhodan nicht zuordnen konnte.