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Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Die Superintelligenz ist in Fragmente zerfallen, die sich in sogenannten Refugien verbergen. Manche dieser Rückzugsorte befinden sich in weit entfernten Galaxien. Eines dieser Refugien befand sich in der Kondor-Galaxis, wurde offenbar aber bereits von dem Raumschiff TEZEMDIA entführt. Perry Rhodan folgt seiner Spur in ein fremdes Universum. Um das ES-Fragment entbrennt ein WETTLAUF DER UNSTERBLICHEN ...
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Seitenzahl: 172
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Nr. 3272
Wettlauf der Unsterblichen
Sie erkunden die TEZEMDIA – und ein Pilot bekommt eine zweite Chance
Leo Lukas
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
Prolog: Wie alles beginnt
1. Der Ankläger
2. Hundert Punkte
3. Anzüglichkeiten
4. Das Vexierbild
5. Von der Freiheit des Willens
6. Der trockene Garten
7. Privatissima
8. Arkonis
9. Punkt und Sphäre
10. Stellenangebot
Epilog: Der Richtspruch
Leseprobe PR NEO 330 – Olaf Brill – Die neue Macht
Vorwort
1. Laumae
2. Perry Rhodan
Gespannt darauf, wie es weitergeht?
Leserkontaktseite
Glossar
Impressum
Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.
Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.
Die Superintelligenz ist in Fragmente zerfallen, die sich in sogenannten Refugien verbergen. Manche dieser Rückzugsorte befinden sich in weit entfernten Galaxien. Eines dieser Refugien befand sich in der Kondor-Galaxis, wurde offenbar aber bereits von dem Raumschiff TEZEMDIA entführt. Perry Rhodan folgt seiner Spur in ein fremdes Universum. Um das ES-Fragment entbrennt ein WETTLAUF DER UNSTERBLICHEN ...
Perry Rhodan – Der Astronaut der US-Space-Force steht vor einem großen Schritt für die Menschheit.
Perry Rhodan – Der Terraner spürt das langgesuchte ES-Fragment auf.
Soynte Abil und Vetris-Molaud – Die Maghane eint eine gemeinsame Vision.
Ono Wolkenfahrt und Teom Regenleycht – Die Zwergandroiden haben verschiedene Auffassungen von Loyalität.
Xudomlin-Falber IV. und Pradach
Wir klammern uns an unseren Standpunkt, als hinge alles davon ab. Und doch sind unsere Ansichten nicht von Dauer; wie Herbst und Winter vergehen sie nach und nach.
Du musst nur in Untätigkeit verharren, und die Dinge werden sich verwandeln. Zertrümmere deine Form und deinen Körper! Spuck dein Gehör und dein Augenlicht aus!
Vergiss, dass du ein Ding unter anderen Dingen bist – dann kannst du dich in großer Einheit verbinden mit dem Tiefen und Grenzenlosen.
(Zhuangzi, ca. 4. Jh. v. AZ)
Prolog
Wie alles beginnt
Im Zentrale-Hauptbunker von Nevada-Fields, dem elektronischen Nervensystem des Raumhafens, herrscht die sinnlos erscheinende Emsigkeit der letzten Startvorbereitungen.
Fast alles, was gleich geschehen wird, wurde bereits bei vorangegangen Raketenstarts erprobt. Und doch summt und brummt ganz Nevada-Space-Port vor Nervosität.
Man schreibt den 19. Juni 1971, 15 Minuten nach Mitternacht. Auf den hypermodernen Farbbildschirmen im Pressezentrum erscheint das Gesicht von Drei-Sterne-General Lesly Pounder, dem Leiter des US-amerikanischen Raumfahrtprogramms.
»Recht schönen guten Morgen«, wünscht er. »Gentlemen, was Sie am Horizont hinter mir sehen, ist eine dreistufige Rakete, deren Einzelzellen wesentliche Neuerungen enthalten. Der Start erfolgt in drei Stunden. Zurzeit liegen die vier Risikopiloten noch im nervenschonenden Tiefschlaf.«
Die Reporter bleiben relativ gleichmütig. Viele haben Kaffeetassen vor sich stehen, die meisten rauchen. Bemannte Raumflüge machen gute Schlagzeilen, sind aber längst keine Seltenheit mehr.
Pounders Augen verengen sich, als bereite er eine Pointe vor. »Das Schiff heißt STARDUST. Es handelt sich dabei um die erste Mondlanderakete.«
Schlagartig brandet Stimmengewirr auf. Davon ist in den Ankündigungen keine Rede gewesen!
Der General, der mit dieser Reaktion gerechnet hat, hebt den Arm. »Ich bitte um Ruhe. – Unter Berücksichtigung der Fehlschläge früherer Versuche wurde darauf verzichtet, das Raumschiff auf der Satellitenbahn zusammenzubauen. Deshalb wird die STARDUST von hier aus starten. Kommandant der ersten Mondlande-Expedition ist Major Perry Rhodan, Risikopilot der Space-Force, fünfunddreißig Jahre alt, Astronaut und Kernphysiker. Sie kennen ihn alle als den Mann, der als erster Mensch den Mond umkreiste.«
Ein Foto wird eingeblendet, dann verkleinert und zusammen mit drei weiteren kleeblattförmig angeordnet.
»Captain Reginald Bull, Captain Clark G. Flipper und Leutnant Dr. Eric Manoli komplettieren das militärisch-wissenschaftliche Spezialteam«, erläutert der General. »Jeder Risikopilot hat Diplome für mindestens zwei abgeschlossene Studiengebiete in der Tasche. Die Männer, die zu den besten Spezialisten der westlichen Hemisphäre zählen, sind fachlich und psychisch aufeinander eingespielt. Der Weltraum ist ihre zweite Heimat geworden.«
Von Minute zu Minute verwandelt sich das Pressezentrum mehr und mehr in ein Tollhaus. Schreibmaschinen klappern, Fernschreiber rattern, hektisch werden erste Berichte durchs Telefon diktiert.
»Nach den gelungenen Landungen ferngesteuerter, unbemannter Sonden«, sagt Pounder, »werden wir es heute also riskieren. Gebe Gott, dass wir keine Fehler gemacht haben! Sie wissen, dass dieser erdgebundene Start enorme Energien verschlingt, zumal die letzte Stufe mit eigener Kraft auf dem Mond landen und sich von dessen Oberfläche wieder erheben muss. Dennoch ist die STARDUST kaum größer als frühere Raketen. Ursache: Die Stufen zwei und drei arbeiten erstmals mit kernchemischen Atomstrahl-Triebwerken.«
Das ist Pounders zweite Überraschung. Mehrere Fachberichterstatter brüllen nach technischen Details.
»Bitte, Gentlemen! Sie bekommen ein Dossier ausgeteilt. Machen Sie keine Fehler beim Abtippen, wenn's geht. Auf einige erzielte Werte insbesondere der plutoniumbasierten Mikroreaktoren sind wir mächtig stolz.«
*
Das Erste, was Perry Rhodan sieht, als er die Augen öffnet, ist das von Falten zerfurchte Gesicht der Chefärztin, die sich über ihn beugt.
»Wie fühlen Sie sich, Major Rhodan?«
»Prächtig, Doktor Fleeps. Ausgeschlafen im wahrsten Wortsinn. Ist es so weit?«
»Bald, ja. Sie haben vierzehn Stunden unter Einwirkung des Psychonarkotins geruht. Nun wurde der künstliche Tiefschlaf durch das Gegenmittel beendet.«
»Wie Pounder so leidenschaftlich gerne doziert: ›Ein psychisch und physisch erschöpfter Pilot ist kein vorteilhafter Partner für seelenlose Rechenmaschinen und höchstbeanspruchte Triebwerke.‹«
»Womit Sie den ersten Test, die Reaktions- und Gedächtnisprüfung, praktisch schon bestanden haben, Major. Man nennt Sie nicht grundlos einen Sofortumschalter.«
Rhodan schwingt die Beine von der Liege. »Dann lassen Sie uns doch gleich weitermachen.«
»Kein Grund zu übertriebener Hast, Junge. Der Mond läuft Ihnen nicht davon.«
Ein Röcheln ertönt.
Rhodan blickt zur Seite. Mit erheblicher Geräuschentwicklung kommt auf dem Lager neben ihm ein strohblonder, pausbäckiger Riese zu sich.
»Ist mein Sohn schon geboren worden, Doc?«, ächzt er. »Haben Sie sich um meine Frau gekümmert?«
Dr. Lilian Fleeps stößt einen tiefen, lang gezogenen Seufzer aus. »Seit Sie mich das zuletzt gefragt haben, Captain Flipper, sind vierzehn Stunden vergangen, nicht drei Monate.«
»Es hätte immerhin sein können, oder?«
»Mach dir keine Sorgen, Clark. Alles wird gut gehen«, erklingt eine verhaltene Stimme mit kaum hörbarem italienischem Akzent. »Yvonnes Schwangerschaft verläuft vollkommen normal.«
Eric Manoli, Mediziner und Geologe, setzt sich auf und streckt sich. Der kleine, drahtige Schiffsarzt mit dem starken Bartwuchs ist das unauffälligste, ruhigste und wahrscheinlich auch am meisten beherrschte Teammitglied.
»Was ist mit Bully los?«, fragt er. »Der Kerl schläft wieder mal wie ein Murmeltier.«
»Gar nicht wahr«, dröhnt es dumpf von der vierten Liege. Aus dem Schaumgummikissen hebt sich ein breites Gesicht mit zahllosen Sommersprossen und wasserblauen Augen. »Ich bin seit einer Stunde wach. Für einen Mann wie mich war die Schlafdosis natürlich zu schwach.«
»Natürlich«, sagt Rhodan. »Ich bewundere deine Geduld. Um uns nicht zu stören, hast du sicher flacher geatmet als eine ägyptische Mumie.«
Das Geplapper ist nichts anderes als ein Versuch zur Selbstberuhigung. Zur Überbrückung der kurzen und doch quälend langen Zeit, bis ...
Nur nicht über den Start reden, lautet das ungeschriebene Gesetz der Risikopiloten. Aber Rhodans Gedanken eilen voraus.
Körperlich wird ihnen der Ritt auf dem tosenden Gasstrahl einer Atomrakete nicht wesentlich mehr abverlangen als frühere Flüge oder das Training mit bis zu 18 Gravos in der Großzentrifuge. Die wahren Belastungen, weiß Perry Rhodan, stellen sich in den kaum kontrollierbaren Tiefen des Geistes ein.
*
Dr. Fleeps bittet in den Untersuchungsraum. Nun schlägt die Stunde der Weißkittel; die nachfolgende gehört den Ausrüstungsingenieuren.
Um 2.30 Uhr begibt sich das Quartett zur Startrampe. Die STARDUST ist über 90 Meter hoch. Ihr Gewicht beträgt vollgetankt einschließlich Nutzlast 6850 Tonnen.
Bei einer Endgeschwindigkeit von 10.115 Kilometern pro Stunde wird die erste Stufe ihren Brennschluss erreichen. Das kernchemische Strahltriebwerk der zweiten und dritten Stufe soll mit einer maximalen Ausströmgeschwindigkeit von 10.102 Metern pro Sekunde laufen.
Der Lift bringt Rhodan, Bull, Flipper und Manoli nach oben. Sie winken kurz in Richtung der TV-Kameras. Dann bücken sie sich durch die Einstiegsluke, etwas unbeholfen in den klobigen Raumanzügen.
Eigentlich hat Perry Rhodan sich und seinem Team bisher das Privileg erkämpft, ohne Schutzanzug starten zu dürfen. Auf diese Weise werden Quetschungen und schmerzhafte Druckstellen vermieden. Ein nicht perfekt sitzender Helm hat sogar einen bedauernswerten Kollegen das Leben gekostet, als bei einer Startbeschleunigung von 11,3 Gravos ein Genickbruch verursacht wurde.
Diesmal jedoch haben die Techniker und nicht zuletzt General Pounder auf den Anzügen bestanden. Beim geringsten Riss an der Außenzelle des Schiffes, etwa aufgrund eines Meteoritentreffers, könnte es zu explosivem Druckverlust in der Kabine kommen.
»Dieses Risiko gehen wir nicht ein«, hat Pounder gedonnert, »nur damit Sie es bequemer auf den hydropneumatischen Konturliegen haben!«
Zehn Minuten vor drei Uhr morgens. Die Kontrollschaltungen sind beendet. Unten am Boden, 85 Meter tiefer, ziehen sich die Techniker zurück, die ein letztes Mal die Flossenverankerung der ersten Stufe überprüft haben.
Die Kabine ist eng, vollgepackt mit Kabelsträngen, elastischen Rohrleitungen und Gerätekästen. Seite an Seite checken Rhodan und Bull die Messapparaturen sowie die Start- und Fernlenkautomatik. Wie immer machen Sie einen internen Wettkampf daraus, wer trotz aller Sorgfalt zuerst mit seinem Teil der Aufgabe fertig ist.
Wie immer gewinnt Rhodan um eine halbe Sekunde.
Illustration: Swen Papenbrock
»Wart du nur, auf dem Rückflug sieht's anders aus!«, knurrt Bully.
Der Start sollte um Punkt drei Uhr erfolgen, aber die Flugkontrollstation teilt mit, dass er sich um ein bis zwei Minuten verzögern wird. Ein minderes funktechnisches Problem, bereits so gut wie behoben, kein Grund zur Beunruhigung.
Tatsächlich zeigt die Uhr 03:01:41, als der Countdown einsetzt.
»Zwanzig – neunzehn – achtzehn ...«
*
»Endmeldung STARDUST an Zentrale«, erklingt Major Perry Rhodans Stimme aus den Lautsprechern im Pressebunker. »An Bord alles wohl. Wir melden uns ab bis zum Brennschluss von Stufe eins. Ende!«
»... drei – zwei – eins – zero – Feuer!«
Tief unten im bauchigen Leib der ersten Stufe gurgeln und zischen die Turbopumpen. Dem ersten, stotternden Knallen der Vorzündung folgt das Krachinferno reagierender Stoffe.
Weiß glühende Flammenzungen verdrängen alle Schatten. Über das weite Gelände jault die Zündungsdruckwelle und wird vom ohrenbetäubenden Tosen des kombinierten Riesentriebwerks übertönt.
Die STARDUST hebt ab.
Aus dem gemächlichen, nachgerade majestätischen Emporgleiten wird ein wildes Anrucken. Beängstigend neigt sich die Spitze der Rakete.
Dies ist der gefährlichste Augenblick beim Start. Automatik und Triebwerk kämpfen um die Stabilisierung des noch nahezu fahrtlosen Körpers.
Werden die schwenkbaren Steuerbrennkammern den Kippvorgang verhindern? Im heulenden Geräuschorkan gehen die Ausrufe der Reporter unter.
Nach sekundenlangem Zögern und Vibrieren erfolgt der jähe Sprung des Titanen. Maßlos in ihrer Lärmentwicklung, schießt die STARDUST senkrecht empor in den blauschwarzen Nachthimmel über Nevada.
Der grelle Glutstrom überflutet den Abgasschacht, trifft auf den Betonbelag des Platzes, wird erneut emporgeschleudert. Gleich darauf erfassen die Kameras nur noch die flammende Gassäule, einen weiß glühenden Feuerball, der zum Lichtpunkt schrumpft und zwischen den Sternen verschwindet.
Auf den Bildschirmen erscheint wieder General Lesly Pounder. »Gentlemen, die STARDUST ist planmäßig gestartet. Keine besonderen Vorkommnisse, alles normal. Die maximale Endbeschleunigung liegt bei neun Komma drei Gravos, die Abtrennung von Stufe eins steht kurz bevor. Gleich wird die Rakete in den Tasterbereich der Raumstation Skylab kommen.«
Prompt springt das Bild um.
Nun zeigt es die Beobachtungsschirme der Radar-Relieftaster. Plötzlich werden zwei verschiedene Körper bemerkbar.
»Die Nebenschaltstation zur Landung der Startstufen«, erläutert Pounder, »übernimmt die Fernlenkung des abgestoßenen Raketenteils. Zwischendurch hat die Besatzung acht Sekunden Zeit zur sogenannten Intervallerholung. Das Elektronengehirn bereitet die Zündung der nächsten Stufe vor.«
»Rhodan spricht. Minimale Abweichung, aber im Toleranzbereich.« Die Stimme des Chefpiloten klingt gepresst. »Vibrationen grenzwertig. Crew fertig zur zweiten Schubzündung. Ende.«
»Wenige Sekunden danach, Gentlemen, wird die irdische Fluchtgeschwindigkeit überschritten und ein Wert von elf Komma fünf Kilometern pro Sekunde ...« Abrupt verstummt Pounder.
Für ein, zwei Atemzüge tritt im Pressezentrum konsternierte Stille ein, umso drückender nach dem vorangegangenen Lärmexzess.
Dann, wie aufs Stichwort, reden und rufen alle gleichzeitig durcheinander. Man fragt sich, ob die Leitung ausgefallen ist oder die Verbindung zur Mondlanderakete abgebrochen, oder ob gar ...
1.
Der Ankläger
(25. Oktober 2097 NGZ)
Gelächter verhallte in der Ferne.
20 Zwergandroiden hatten uns umringt. Gleich darauf war Ospan Jesbolat, der »Souffleur«, ein Splitter der Superintelligenz ES, verschwunden.
Eines der nur 120 Zentimeter großen, greisenhaft verhutzelten Geschöpfe trat einen Schritt vor und sagte: »Ihr kommt mit.«
Nach einem kurzen Austausch mit Wolkenfahrt hob ich beschwichtigend die Arme. »Immer mit der Ruhe. Wir führen nichts Böses im Schilde, wollen euch keine Schwierigkeiten bereiten und werden uns nicht wehren.«
Das wäre kontraproduktiv gewesen und überdies sinnlos. Mit den Waffen unserer SERUNS richteten Antanas Lato und ich in der LEUCHTKRAFT garantiert nicht viel aus.
Die Zwergandroiden mit den flächigen, ausdruckslosen Gesichtern und der fahlgrauen, stellenweise gelbstichigen Haut erschienen körperlich, zugleich aber auch semitransparent. Thermo- oder Desintegratorstrahlen hätten ihnen nichts anhaben können, sondern wären einfach durch sie hindurchgegangen.
»Was wirft man uns vor?«, fragte Antanas.
»Zumindest unbefugtes Betreten«, sagte der Anführer. Seine tiefe, volltönende Stimme stand in starkem Kontrast zur fragilen Gestalt und den knochendürren Ärmchen und Beinen. »Ergänzend womöglich Verdacht auf geplante Kaperung oder Sachbeschädigung. Meuterei.«
Beim letzten Wort richtete er die übergroßen Kulleraugen auf Ono Wolkenfahrt, der uns mit dem Beiboot STIFT-W an Bord geschmuggelt hatte.
Im Gegensatz zu seinen Artgenossen trug Wolkenfahrt keinen eng anliegenden dunkelgrauen Overall. Ihm schlotterte ein purpurfarbenes Kleidungsstück um die Glieder. Die goldenen Epauletten und Kantillen auf den Schultern erweckten den Eindruck einer Fantasieuniform.
Ich befürchtete, dass wir bald getrennt würden. Darum fragte ich ihn hastig, wie ich es mir notiert hatte: »Warum hat die LEUCHTKRAFT nicht die TEZEMDIA gestellt?«
»Weil die bisherigen Angriffe bewirkten, dass die Louwhanen besondere Sicherheitsvorkehrungen trafen«, antwortete er leise. »Eine schwere Beschädigung der TEZEMDIA würde nun auch das ES-Fragment in seiner Integrität und Gesamtheit gefährden.«
»Was ist stattdessen geplant?«
»Die Maghane wollen einen besonderen Moment abpassen, um die Mentalsubstanz unbeschädigt zu bergen. Und das müssen wir ebenfalls.«
»Welchen Moment?«
Bevor Wolkenfahrt antworten konnte, fuhr der kommandierende Zwergandroide dazwischen. »Genug jetzt. Es ist Zeit. DAN will euch sehen.«
*
Man eskortierte uns in einen nüchternen, tunnelartigen, matt erleuchteten Gang, der sich scheinbar kilometerlang hinzog. Unversehens, als wären wir durch ein Transmitterportal getreten, stülpte er sich zu einem lichtdurchfluteten Saal um.
Die Decke dieses Höhlendoms aus Stein, Metall und Fiberglas wurde von gewaltigen Säulen getragen. Unter den Maserungen und Mineralschichten, hatte ich gehört, lag eine gigantische neuronale Netzwerkstruktur, als entspräche die ganze Kaverne einem denkenden Gehirn von den Ausmaßen einer unbewohnten Stadt oder eines leeren Ultraschlachtschiffes.
Diese Struktur war DAN, der Bordrechner.
Die gesamte Formation pulsierte wie im Rhythmus eines Herzschlags. Bei genauem Hinsehen dehnten sich die Säulen um Zentimeter aus und zogen sich wieder zusammen.
Zwischen verstreuten Bedienterminals huschten gnomenhafte Gestalten geschäftig hin und her. Hinter zwei transparenten Wandsegmenten erstreckten sich Räume mit Dutzenden weiterer Zwergandroiden. Ich erinnerte mich daran, dass Eroin Blitzer ausgesagt hatte, es gäbe für den Notfall mehrere Ersatzbesatzungen an Bord des Kosmokratenschiffes. Außerdem hatten Zwergandroiden sowieso keine dauerhafte materielle Identität, sondern waren, wie uns Vimuin Lichtschlag verraten hatte, lediglich temporäre Manifestationen der LEUCHTKRAFT.
Nur zwei normal große Humanoide erwarteten uns in der weitläufigen Hauptleitzentrale der LEUCHTKRAFT. Aber diese beiden, die äußerlich nicht von Menschen zu unterscheiden waren, wirkten keineswegs verloren. Vielmehr strahlten sie auf jeweils eigene Weise Autorität und Charisma aus.
Ich trat zu ihnen.
*
Die Frau war schlank, ihr Gesicht länglich, mit hohen Wangenknochen; nicht ebenmäßig, aber ungemein ausdrucksstark. Sie hatte schwarze Haare, schmale blassrosa Lippen und große Augen, die hellgrün leuchteten, als würden sie phosphoreszieren.
»Ich grüße dich, Perry Rhodan«, sagte sie.
»Ich grüße dich, Soynte Abil.«
Sie war Faktor VII der Meister der Insel gewesen und hatte als deren nicht unbedingt zart besaitete Chefdiplomatin fungiert. Ihre Geburt lag über 23.000 Jahre in der Vergangenheit.
Somit war sie sogar noch einige Jahrtausende älter als Atlan da Gonozal – und Soynte Abil hatte wohl nicht einen beträchtlichen Teil ihres Lebens verschlafen ...
Während der FENERIK-Krise hatten wir zusammengearbeitet, zwar nicht immer vertrauensvoll, aber doch effektiv. Von Ono Wolkenfahrt wusste ich, dass Soynte Abil auf die LEUCHTKRAFT zurückgekehrt war und nun wieder das Kommando führte – gemeinsam mit dem gut aussehenden Mann neben ihr.
Er trug das dunkelbraune Haar knapp geschnitten und einen dezenten, perfekt gestutzten Kinnbart. Hellblaue Augen kontrastierten reizvoll mit der sanftbraunen Gesichtsfarbe. Um die Mundwinkel spielte ein charmantes Lächeln.
»Sei ebenfalls gegrüßt, Vetris-Molaud.«
»Willkommen, Allianz-Kommissar Rhodan.«
Zum Kommissar der Lemurischen Allianz war ich 2071 NGZ ernannt worden, vom damaligen Terranischen Residenten Reginald Bull, der Akonischen Priorrätin Adhoree tan Thanor – und Vetris-Molaud. Die Betonung des Amtes, das ich nach wie vor bekleidete, sollte mich daran erinnern, dass er es mir verliehen hatte.
Außerdem spreizte er, anstatt mir die Hand zu reichen, alle zehn Finger zum tefrodischen Erstgruß. Beides zusammen signalisierte: mein Schiff, meine Regeln.
Mir stand nicht der Sinn nach Hahnenkämpfen. Daher tat ich ihm den Gefallen, die Geste zu spiegeln. Kurz berührten sich unsere Fingerspitzen.
Auch Vetris-Molauds biologischer Alterungsprozess war vor Jahren schon angehalten worden, zuletzt durch die bloße Anwesenheit auf der LEUCHTKRAFT. Seinen Zellaktivator hatte er Alaska Saedelaere abgetreten, gleichsam im Austausch gegen das Amt des Kommandanten.
In jungen Jahren war er ein Bewunderer und begeisterter Nachahmer meiner Person und Taten gewesen. Davon hatte er sich längst emanzipiert. Nun verfolgte Vetris-Molaud seine eigenen, durchaus hochfliegenden Pläne.
*
Antanas Lato hielt sich bei Ono Wolkenfahrt und dessen Artgenossen im Hintergrund. Freilich ragte er aus der Gruppe heraus wie ein einzelnes, von Grasbüscheln umgebenes Schilfrohr.
Dem Dimensiologen war nicht anzumerken, ob er sich in Gegenwart dreier relativ Unsterblicher als Außenseiter empfand und unwohl fühlte. Schließlich fühlte er sich fast immer unwohl und als Außenseiter. Oft verstand er sich besser mit Maschinen als mit Personen.
Die Ausnahme stellte Poquandar dar, der während der vergangenen Monate zu Latos Seelenverwandtem geworden war. Aber der onquorische Frakturdenker lag in einem Kryostase-Tank der STIFT-W. Ono Wolkenfahrt hatte ihn betäubt und seinen Truimou in einer Hyperstumm-Kammer deponiert, um ihn vor der TEZEMDIA zu verbergen.
Bei den Zwergandroiden entstand Bewegung. Die Uniformierten zogen sich zurück. Dafür kam ein anderer langsam und feierlich aus den Tiefen der Halle geschritten.
Er trug über dem Overall einen knöchellangen, vorne offenen Talar aus mattweißem, weitmaschigem Garngeflecht und auf dem runzligen Kopf eine weiche, dunkelgrün schillernde Samtkappe. Wenn ich mich recht erinnerte, war dies die traditionelle Amtstracht tefrodischer Juristen vor Gericht.
Ähnlich wie bei der Quantenmechanik, beeinflussten Erkundung und Beobachtung das Kontinuum der LEUCHTKRAFT. Daraus erklärte sich auch, dass sich das Walzenschiff und alles, was mit ihm zusammenhing, im Laufe einer längeren Zeit den dominanten Bewusstseinen im Inneren anpasste.
»Mein Name lautet Teom Regenleycht«, sagte der Androide, ungeachtet seiner geringen Größe würdevoll und souverän-distanziert. »Ich erfülle in dieser Sache die Funktion des Anklägers, gewissermaßen als Sprachrohr von DAN.«
»Kann das Bordgehirn etwa nicht mehr selbst kommunizieren?«, fragte ich.
»Es kann sehr wohl. Allerdings wird DAN momentan stark von der raum-zeitlichen Verschränkung mit der TEZEMDIA in Anspruch genommen und hat daher die Abwicklung des Verfahrens an mich delegiert.«
»Verstehe. Du bist sozusagen der personifizierte Anwalt des Schiffes – ergo auch jener der Kommandanten?«
»Wir treten nicht als Partei auf«, warf Soynte Abil ein, »sondern als Sachverständige.«
»Gewaltentrennung«, sagte Vetris-Molaud. »Darauf hältst du doch so große Stücke, Kommissar Rhodan.«
Mir war klar, dass umgekehrt er als Maghan tituliert werden wollte. Das stand ihm – wie auch Soynte Abil – prinzipiell zu.
Ich fand jedoch, fürs Erste genug Entgegenkommen an den Tag gelegt zu haben. Zwischen »höflich« und »unterwürfig« lagen Welten.
»Apropos Fairness«, sagte ich. »Es gibt also Sachverständige und einen Staatsanwalt. Schön und gut. Aber ich sehe keinen Verteidiger.«
»Tatsächlich«, sagte Teom Regenleycht, »stünde euch ein Pflichtverteidiger aus unseren Reihen zu. In Kenntnis deiner Person und Historie vertritt DAN jedoch die Auffassung, dass niemand besser als du selbst für dich und deinen Begleiter argumentieren könnte.«
»Nun, dann soll es mir recht sein. – Wie lautet die Anklage?«
*
Aus dem Boden unter Teom Regenleycht hob sich ein zylindrisches, einen Meter durchmessendes und, als es zum Stillstand kam, ebenso hohes Podest. An der Vorderseite bildete sich geräuschlos ein Pult mit einer schrägen, dem Androiden zugewandten, bläulich schimmernden Fläche.