Perry Rhodan 501: In der Betonwüste - William Voltz - E-Book

Perry Rhodan 501: In der Betonwüste E-Book

William Voltz

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Beschreibung

Sie leben in einer sterbenden Stadt - sie sind die letzten Immunen Der Juli des Jahres 3441 Terrazeit ist angebrochen. Perry Rhodan, erst vor kurzem aus der Galaxis Gruelfin zur Erde zurückgekehrt, stand vor den Trümmern dessen, was in jahrhundertelanger Arbeit mühsam aufgebaut worden war. Er ließ die bewährte MARCO POLO auf dem Flottenhafen von Terrania zurück und begab sich zusammen mit 60 Gefährten, unter ihnen Gucky und Atlan, mit der GOOD HOPE II, einer speziell ausgerüsteten Korvette, erneut ins Ungewisse. Perry Rhodan blieb keine andere Wahl, auch wenn die Beseitigung der chaotischen Zustände auf der Erde den aufopfernden Einsatz eines jeden von der Verdummung nicht betroffenen Menschen erfordert. Aber das Chaos ist seit dem Auftauchen des mysteriösen "Schwarms" vor rund sieben Monaten allgegenwärtig. Es betrifft nicht nur das Solsystem, sondern erstreckt sich über die ganze Galaxis, wie Meldungen und Notrufe immun gebliebener Intelligenzen besagen. Perry Rhodan hat vor, den "Schwarm" zu erforschen. Er geht von der Annahme aus, dass es gelingen könnte, ein Gegenmittel gegen die vom Schwarm ausgehende Manipulierung der Gravitationskonstante, die die Verdummung der meisten Intelligenzen bewirkt, zu finden oder die Beherrscher des Schwarms wenigstens davon abzubringen, die Milchstraße zu durchqueren. Perry Rhodan will das schier Unmögliche versuchen, genauso wie Michael Rhodan alias Roi Danton und die anderen Verantwortlichen der terranischen Notregierung versuchen, die desolaten Zustände zu bessern - auch IN DER BETONWÜSTE ...

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Nr. 501

In der Betonwüste

Sie leben in einer sterbenden Stadt – sie sind die letzten Immunen

von WILLIAM VOLTZ

Der Juli des Jahres 3441 Terrazeit ist angebrochen. Perry Rhodan, erst vor kurzem aus der Galaxis Gruelfin zur Erde zurückgekehrt, stand vor den Trümmern dessen, was in jahrhundertelanger Arbeit mühsam aufgebaut worden war. Er ließ die bewährte MARCO POLO auf dem Flottenhafen von Terrania zurück und begab sich zusammen mit 60 Gefährten, unter ihnen Gucky und Atlan, mit der GOOD HOPE II, einer speziell ausgerüsteten Korvette, erneut ins Ungewisse.

Perry Rhodan blieb keine andere Wahl, auch wenn die Beseitigung der chaotischen Zustände auf der Erde den aufopfernden Einsatz eines jeden von der Verdummung nicht betroffenen Menschen erfordert. Aber das Chaos ist seit dem Auftauchen des mysteriösen »Schwarms« vor rund sieben Monaten allgegenwärtig. Es betrifft nicht nur das Solsystem, sondern erstreckt sich über die ganze Galaxis, wie Meldungen und Notrufe immun gebliebener Intelligenzen besagen.

Perry Rhodan hat vor, den »Schwarm« zu erforschen. Er geht von der Annahme aus, dass es gelingen könnte, ein Gegenmittel gegen die vom Schwarm ausgehende Manipulierung der Gravitationskonstante, die die Verdummung der meisten Intelligenzen bewirkt, zu finden oder die Beherrscher des Schwarms wenigstens davon abzubringen, die Milchstraße zu durchqueren.

Die Hauptpersonen des Romans

Der halbtote Simon – Ein registrierter Warenhausdieb.

Garrigue Fingal – Ehemaliger Galaktopsychologe im Dienst der Solaren Flotte.

Coden Opprus, Janus Pohklym und Gryndheim – Ihre Mission führt sie durch eine tote Stadt.

Roi Danton und Galbraith Deighton – Kommandanten von »Imperium-Alpha«.

Mrozek Verdere

1.

Unmittelbar nach der Katastrophe hatte der halbtote Simon, Genimpulsregistrierter und legitimierter Warenhausdieb von Terrania City, sein Augenlicht verloren. Die Versorgungszelle des Gebäudes, in dem der halbtote Simon mit sechsundzwanzig legitimierten Verbrechern lebte, war durch die falsche Schaltung eines Verdummten explodiert. Im Wohnzimmer des halbtoten Simon war ein Spalt in der Wand entstanden. Ein glühender Heizdraht war aus der Wand gesprungen und hatte ihn im Gesicht getroffen.

Von diesem Augenblick an hatte der legitimierte Dieb seine Wohnung nicht mehr verlassen und von seinen Vorräten gelebt. Zwar hatte er versucht, einen Arzt zu benachrichtigen, doch merkwürdigerweise konnte er das Videophon nicht mehr bedienen. Auch die anderen technischen Einrichtungen seiner Wohnung bereiteten ihm Schwierigkeiten; wenn ihm nach vielen Anstrengungen jedoch ein Erfolg gelang, funktionierte das betreffende Gerät nicht, weil es an die Versorgungszelle angeschlossen war.

Etwas Schreckliches war geschehen!

Der halbtote Simon, blind und mit einer schrecklichen Wunde im Gesicht, war einmal auf den Korridor hinausgetorkelt und hatte um Hilfe gerufen.

Im Gebäude war es merkwürdig still geworden. Auch auf den Straßen, von denen früher immer Lärm zum halbtoten Simon hinaufgedrungen war, blieb es still.

Ab und zu hörte der halbtote Simon Menschen oder Tiere schreien; Explosionen ertönten oder Fahrzeuge krachten aufeinander.

In der Stadt schien das Chaos zu herrschen.

Eine Woche lang war der registrierte und legitimierte Dieb mit hohem Fieber im Bett geblieben, dann hatte seine gute Konstitution die Heilung der Gesichtswunde bewirkt. Doch sein Augenlicht hatte der Mann nicht zurückgewonnen.

Der halbtote Simon hatte seine Wohnung verschlossen. Vor ein paar Tagen war draußen auf dem Korridor gekämpft worden, das zischende Geräusch mehrerer Strahler hatte bedrohlich nahe geklungen.

Überzeugt, dass er verloren war, wartete der Blinde auf ein Wunder.

Doch seine Schwierigkeiten sollten erst beginnen.

Am Morgen des 6. Juli 3441 stellte er fest, dass seine Vorräte aufgebraucht waren. Das bedeutete, dass er entweder verhungern oder sich auf die Suche nach Hilfe oder Nahrung machen musste. Sein Lebenswille war ungebrochen, und so nahm er allen Mut zusammen und verließ seine Wohnung.

Ein Name tauchte immer wieder in seinen Überlegungen auf:

Garrigue Fingal.

Fingal war Galaktopsychologe und hatte den halbtoten Simon wegen dessen kleptomanischer Veranlagung behandelt. Fingal hatte dem Dieb auch die Legitimation beschafft, jeden Monat im Wert bis 100 Solar stehlen zu dürfen.

Wenn es dem halbtoten Simon gelang, die Praxis des Galaktopsychologen zu erreichen, würde man ihm vielleicht helfen.

Der Blinde tastete sich mit den Händen an der Korridorwand entlang. Am Ende des Ganges befand sich der Antigravlift. Ab und zu blieb der Mann stehen und lauschte. Im Gebäude war es still. Auf der Straße lief irgendein Motor.

Der halbtote Simon war ein großer, breitschultriger Mann mit einem Gesicht, das vor der Verletzung sympathisch gewirkt hatte. Alle Halbtoten, die zusammen mit Simon im Gebäude der legitimierten Verbrecher wohnten, sahen gut aus. In den Augen ihrer Ärzte waren sie seelische Krüppel und verdienten das Mitleid jener Gesellschaft, die sie hervorgebracht hatte. Die Psychologen nannten die psychisch Kranken »Halbtote«, denn sie waren in verschiedener Hinsicht von der Gesellschaft ausgeschlossen.

Im Hause Simons hatte sogar ein legitimierter Mörder gelebt, der einmal im Jahr einen menschenähnlichen Roboter ermorden durfte.

»Garrigue Fingal!«, murmelte der halbtote Simon beschwörend.

Er hatte das Ende des Korridors erreicht. Unwillkürlich drehte er den Kopf in alle Richtungen; die typische Reaktion eines erst vor kurzer Zeit Erblindeten. Dann verließ er sich wieder auf seine Hände, tastete sich bis zum Lifteingang vor.

Der Lift stand offen.

Der halbtote Simon wollte eintreten, aber seine Füße stießen gegen einen Körper.

Im Lift lag ein Toter. Der Körper war kalt, demnach lag er schon längere Zeit hier. Simons Hände ertasteten getrocknetes Blut, stießen in eine große Brustwunde vor.

Der halbtote Simon gab einen unartikulierten Schrei von sich und kroch in die Ecke des Lifts. Eine Zeitlang hockte er dort. Das Nachdenken strengte ihn an. Innerhalb des Lifts war es sehr warm. Der halbtote Simon begann zu schwitzen.

Er lauschte angestrengt. Irgendwo in den oberen Etagen spielte jemand Arkna. Der halbtote Simon konnte sich nicht mehr an den Titel des Liedes erinnern, doch die Melodie war ihm bekannt. Er summte sie leise mit. Als er sich aufrichtete, überlegte er, ob er nach oben gehen sollte. Wenn sich dort jemand aufhielt, der Arkna spielen konnte, war Hilfe vielleicht nicht weit.

Doch Simon entschied sich dafür, das Gebäude zu verlassen.

Seine Hände tasteten über die Kontrolltafel des Lifts. Er fand den unteren Knopf und drückte. Er würde zusammen mit dem Toten nach unten fahren.

Doch er erlebte eine Enttäuschung.

Der Lift funktionierte nicht.

Glücklicherweise besaß das Gebäude eine zusätzliche Treppe. Sie war lediglich als Fluchthilfe und psychische Stütze für die legitimierten Verbrecher gedacht. Früher hatte der halbtote Simon sich oft gefragt, warum sich die offiziellen Stellen solche Mühe gaben, um den Kriminellen eine derart perfekte Scheinwelt aufzubauen. Jetzt war er froh darüber.

Die Treppe!

Er verließ den Lift und drang in einen Seitengang ein. Die Arkna war auch hier zu hören. Ihr melodisches Schluchzen begleitete den Blinden auf seinem Weg. Dann verstummte das Spiel. Jemand hustete.

Der halbtote Simon stieß mit den Füßen gegen am Boden liegendes Gerümpel. Er geriet ins Straucheln und prallte gegen eine offenstehende Tür.

Der Arknaspieler musste den Lärm gehört haben.

Simon schloss die Tür und blieb stehen. Jemand hatte offenbar den hinter der Tür liegenden Raum geplündert und dabei alle nutzlosen Dinge auf den Korridor geworfen.

Simon ahnte, dass der oder die Unbekannten nach Nahrungsmitteln gesucht hatten. Sein von der Verdummungsstrahlung betroffenes Gehirn konnte die Zusammenhänge nur mühsam erkennen.

Er erreichte die Treppe.

Mit dem sicheren Instinkt des Blinden fühlte er, dass jemand in der Nähe war.

Er blieb stehen. Er war ängstlich, denn er war sich darüber im klaren, dass er jedem Sehenden unterlegen war.

»Wer sind Sie?«, fragte eine Frauenstimme.

Der halbtote Simon zuckte zusammen.

»Was ist mit Ihrem Gesicht los?«, fragte die Frau angewidert. »Es sieht schrecklich aus.«

Er hörte das leise Schwingen einer Arkna-Saite und wusste, dass die Frau das Instrument in den Händen hielt.

»Ich bin blind«, erklärte er. »Ich sehe nichts.«

Es war zum ersten Mal seit der Katastrophe, dass er mit jemand sprach. Seine Stimme erschien ihm schwerfällig. Es war auch nicht leicht, die Worte richtig aneinanderzureihen. Eine dumpfe Erinnerung sagte ihm, dass er diese Sprechweise schon einmal angewendet hatte: in seiner frühesten Kindheit.

»Haben Sie etwas zu essen?«, erkundigte sich die Frau.

Er verneinte.

»Ich bin unterwegs zum Arzt. Zu Garrigue Fingal. Er wird die Augen nachsehen.«

»Fast alle Halbtoten haben das Gebäude verlassen«, berichtete die Frau, »aber ich wage mich nicht nach draußen.«

»Sind Sie die halbtote Asythia?« Er hatte diesen Namen einmal gehört.

»Ja«, erwiderte sie zögernd. »Ich bin legitimierte Schmugglerin.«

Simon betrat die Treppe.

»Es gibt nichts zu essen. Im gesamten Gebäude nicht. Ich habe Hunger.« Asythia kicherte. »Schade, dass Sie nicht sehen können, was auf der Straße los ist.«

»Ich will es nicht sehen«, erwiderte der halbtote Simon mit kindlichem Trotz. »Ich bin froh, dass ich es nicht sehen kann.«

»Aber ich kann es sehen«, erklärte Asythia fröhlich. »Die Straßen sind leer. Überall liegen abgestürzte und umgekippte Fahrzeuge. Viele sind gegen Häuser geprallt oder wurden in Unfälle verwickelt. Ab und zu ziehen ein paar Plünderer durch die Straßen. Sie haben sich längst zu Banden organisiert.«

Der halbtote Simon lehnte sich gegen das Treppengeländer. Er kam sich einsam und verlassen vor.

»Warum kümmert sich niemand um uns?«

Asythia antwortete: »Jeden Tag fliegen ein paar Gleiter über die Gebäude hinweg. Über Lautsprecher werden alle, die noch in Ordnung sind, dazu aufgefordert, sich in der Zentrale zu melden. Alle anderen werden zur Ruhe aufgefordert. Jemand versucht, alles wieder in Ordnung zu bringen. Vielleicht werden wir bald mit Nahrungsmitteln beliefert.«

Der Blinde befand sich jetzt mitten auf der Treppe und stieg langsam hinab.

»Soll ich Sie begleiten?«, fragte Asythia.

»Das ist mir egal«, erwiderte der Dieb.

Sie begann auf der Arkna zu spielen, folgte ihm aber nicht. Unangefochten erreichte Simon die Zwischenetage.

Das Spiel der Arkna verstummte.

»Sie sollten wirklich aus dem Fenster sehen können«, meinte Asythia. »Dunkle Wolken ziehen auf. Ab und zu zuckt ein feuriger Streifen über den Horizont. Dann ...«

Sie unterbrach sich, denn langanhaltender Donner drohte ihre Worte zu übertönen.

»Explosionen!«, stieß der halbtote Simon erregt hervor. »Das sind Schüsse.«

»Sie waren vorher nicht sehr intelligent«, sagte sie nachdenklich. »Ich merke es an Ihrer Sprechweise.«

»Ich bin klüger als Sie!«, stieß der Blinde hervor.

»Es ist das Wetter«, meinte sie beunruhigt. »Das Wetter gerät außer Kontrolle.«

Ihre Worte wurden für den halbtoten Simon immer unverständlicher. Er setzte seinen Weg nach unten fort. Ab und zu hörte er sie noch kichern, dann zog sie sich in ein Zimmer zurück und schlug die Tür zu.

Der Verdummte erreichte die große Vorhalle. Abfälle, Trümmer und andere Hindernisse machten ihm das Vordringen zum Ausgang schwer. Eine Katze, die lautlos auftauchte und dann schnurrend um seine Beine strich, versetzte ihm einen Schreck. Mit klopfendem Herzen erreichte er die Tür.

Glücklicherweise ließ ihn seine Erinnerung nicht im Stich. Er wusste genau, wie es in seiner Umgebung aussah. Die Tür bestand aus Leichtmetall und besaß mehrere kristalline Sichtöffnungen. Sie glitt automatisch nach oben, wenn jemand ein- oder austreten wollte.

Doch diesmal blieb das schleifende Geräusch der Filzabstreifer aus.

Die Tür öffnete sich nicht.

Die Automatik war beschädigt oder ausgefallen.

Die Hände des Blinden tasteten über das kühle Material. Von draußen kam wieder das langanhaltende Donnergeräusch.

»Ich will hier 'raus!«, schrie der halbtote Simon. Er hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür. Sie bewegte sich nicht. Voller Panik warf der Blinde sich mit seinem Körper gegen die Tür. Es war sinnlos.

Allmählich beruhigte er sich wieder. Ihm fiel ein, dass es ein paar andere Ausgänge gab. Notfalls konnte er durch einen Luftschacht nach draußen kriechen.

Er tastete sich an der Wand entlang bis zum Lift. Wenig später stand er vor der Zwischentür, hinter der der zur Versorgungszelle führende Korridor lag. Die Tür ließ sich öffnen. Heißer Dampf quoll dem halbtoten Simon entgegen. Der Blinde hustete. Er bekam kaum noch Luft. Hastig schlug er die Tür wieder zu. Er lehnte mit dem Rücken dagegen.

Wahrscheinlich, überlegte er, war irgendwo ein Kessel geplatzt. Oder Wasser verdampfte auf beschädigten Heizröhren.

Wasser!

Der halbtote Simon leckte sich die Lippen.

Abermals öffnete er die Tür und drang ein paar Meter in den Korridor ein. Der heiße Dampf zwang ihn zur Umkehr. Als Simon die Tür wieder schloss, stiegen helle Qualmwolken zur Decke auf. Doch die konnte der legitimierte Dieb nicht sehen.

Das langsam arbeitende Gehirn des Verdummten begann zu planen.

Simon zog seine Jacke aus und riss einen Stoffstreifen aus seinem Hemd. Dann zog er die Jacke wieder an und presste den Stofffetzen vor sein Gesicht. Er zwang sich dazu, langsam zu atmen. Mit eingezogenem Kopf drang er in den Korridor ein. Er rannte, um die gefährliche Strecke schnell zu überwinden. Hinter ihm wirbelte der Dampf in die Vorhalle. Der halbtote Simon stieß mit den Schultern gegen die Wand, aber er ließ sich nicht aufhalten. Die Atemnot ließ sein Gesicht rot anlaufen. Seine Halsschlagader schwoll an. Als er glaubte, es nicht mehr aushalten zu können, riss er sich den Stofffetzen vom Gesicht.

Er atmete den heißen Dampf ein, hustete und würgte. Dann prallte er gegen ein Hindernis.

Er fiel zu Boden. Sofort spürte er, dass die Luft hier unten besser war. Auf allen vieren kroch er weiter. Allmählich ließ die Hitze nach. Seine Hände, die nach der Wand tasteten, griffen ins Leere. Er atmete auf. Jetzt befand er sich in jenem großen Raum, in dem die Versorgungszelle untergebracht war.

Irgendwo tropfte Wasser. Der halbtote Simon ging mit ausgestreckten Armen weiter. Das Zischen des in unregelmäßigen Abständen ausströmenden Dampfes machte es fast unmöglich, die Stelle zu finden, von der das Wasser tropfte.

Der halbtote Simon stieß gegen die Versorgungsmaschinen und gegen Leitungen. Alles war heiß und feucht.

Plötzlich fiel ein warmer Tropfen in den Nacken des Blinden.

Er blieb stehen und legte den Kopf zurück. Mit offenem Mund fing er die Tropfen auf. Es war warmes, schal schmeckendes Wasser. Simon trank, bis sein Durst gelöscht war. Trotzdem fühlte er sich danach nicht besser.

Es hatte keinen Sinn, in die Vorhalle zurückzukehren. Er musste durch den Ausgang der Versorgungszelle aus dem Gebäude entkommen. Vielleicht konnte er durch den Schacht zwischen diesem und dem benachbarten Gebäude auf die Straße gelangen.

Nach minutenlangem Suchen fand Simon endlich die Tür der Versorgungszelle. Sie war schwer zu öffnen. Der Blinde musste seine ganze Kraft aufbieten, um sie weit genug aufzudrücken.

Hier war er noch nie gewesen. Trotzdem wusste er ungefähr, wo er herauskommen würde.

Er tastete sich langsam vorwärts. Nach ein paar Schritten stieß er auf ein Metallgitter. Die Abstände zwischen den Stangen waren breit genug, dass er sich durchzwängen konnte. Aus der Richtung, in der er sich bewegte, hörte er ein eigenartiges Pfeifen.

Er fand eine halboffene Tür und trat in den Hinterhof. Kühler Wind fuhr ihm ins Gesicht. Das war mehr als ungewöhnlich. Der Wind war heftig und verursachte das pfeifende Geräusch.

Der halbtote Simon hob lauschend den Kopf. Große Tropfen fielen in sein Gesicht.

Es regnete.

Ein Donnerschlag ließ den blinden Mann zusammenzucken.

Über Terrania City ballte sich ein Gewitter zusammen.

2.

Coden Opprus wehrte sich gegen das Erwachen. Er war noch unendlich müde. Sein Körper rebellierte gegen die Befehle des Verstandes. Wie lange hatte er überhaupt geschlafen?

Bestenfalls zwei oder drei Stunden.

Opprus schlug die Augen auf und gähnte. Die Geräusche in seiner Umgebung ließen ihn erkennen, dass etwas Ungewöhnliches geschehen war. Er grinste humorlos. Seit sechs Monaten geschahen ständig ungewöhnliche Dinge. Und seit sechs Monaten hatte er nie länger als drei oder vier Stunden ununterbrochen geschlafen.

Er richtete sich auf. Außer ihm hielten sich noch vier Männer und drei Frauen im Schaltraum auf. Sie waren alle beschäftigt. Ihre Gesichter sahen im Schein der Kontrollleuchten blass und müde aus.

Kein Wunder!, dachte Coden Opprus.

Viele von ihnen taten seit über vierundzwanzig Stunden Dienst.

»Sechshundertvierundneunzig!«, murmelte Coden Opprus. Das war die vorläufig bekannte Zahl.

Sechshundertvierundneunzig!

Sechshundertvierundneunzig Menschen auf der Erde waren von der Verdummung nicht betroffen worden.

Er, Coden Opprus, war einer der 482 geretteten Männer.

Opprus schwang die Beine von der Liege und stützte den Kopf in beide Hände. Er musste ein Gähnen unterdrücken.

Die Zwischentür zum Kontrollraum schwang auf. Danton kam herein. Er war unrasiert. Sein Gesicht war eingefallen. Er sah aus wie ein Kranker.

»Was ist jetzt los?«, erkundigte sich Opprus mit einem Blick auf die Alarmlampen, die noch immer in regelmäßigen Abständen aufflammten.

Danton lehnte sich gegen eine Speichersäule.