Perry Rhodan 583: Der Ara und die Verzweifelten - William Voltz - E-Book

Perry Rhodan 583: Der Ara und die Verzweifelten E-Book

William Voltz

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Beschreibung

Sabotage auf Tahun - die Geistermutanten sollen sterben Auf Terra und den übrigen Menschheitswelten schreibt man Anfang Juni des Jahres 3444. Das Leben der Terraner und der übrigen galaktischen Völker nimmt, rund ein Jahr nach Überwindung der Schwarmkrise, wieder seinen gewohnten Gang - wenn man davon absieht, dass viele Menschen des Solaren Imperiums geistig labil zu sein und ihr gesundes Urteilsvermögen nicht zur Gänze zurückgewonnen zu haben scheinen. Und deshalb ist es kein Wunder, dass die Neuwahlen zum Amt des Großadministrators, die am 1. August stattfinden sollen, unter schlechten politischen Vorzeichen stehen. Demagogen diffamieren den Großadministrator und unterstellen ihm Dinge, die geglaubt werden, obwohl sie leicht zu widerlegen sind. Perry Rhodan schweigt jedoch zu allen Vorwürfen. Er beschäftigt sich mit Dingen, die, von einem fremden Planeten ausgehend, zur Erde griffen. Menschen, die längst als tot galten, statteten ihrem Heimatplaneten einen Besuch ab - in der Form einer Zusammenballung von paraphysikalischen Kräften, die sich kaum unter Kontrolle bringen ließen. Dann wechselten diese "Geistermutanten" in Synthokörper über - in der Hoffnung, ihre aus der Unendlichkeit zurückgekehrten Bewusstseinsinhalte stabilisieren zu können. Doch diese Hoffnung erwies sich als trügerisch, und nun sollen die Mediziner zu retten versuchen, was noch zu regten ist. Speziell ein Ara bemüht sich um DIE VERZWEIFELTEN ...

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Nr. 583

Der Ara und die Verzweifelten

Sabotage auf Tahun – die Geistermutanten sollen sterben

von WILLIAM VOLTZ

Die Hauptpersonen des Romans

Paih Terzyu – Leiter einer Klinik auf dem Medoplaneten der USO.

Perry Rhodan – Der Großadministrator bemüht sich, das Leben der Geistermutanten zu retten.

Kitai Ishibashi, Betty Toufry, Tako Kakuta, Wuriu Sengu, André Noir, Ralf Marten, Son Okura und Tama Yokida – Die acht Verzweifelten.

Geoffry Abel Waringer – Der Professor bringt Hilfe von der Hundertsonnenwelt.

Professor Andresen – Ein Mutanten-Hasser.

1.

Ich erwachte, öffnete die Augen, lag auf dem Rücken und lauschte. Da mein Zimmer, fünfhundert Meter unter der Erdoberfläche gelegen, keine Fenster besaß und alle Beleuchtungskörper ausgeschaltet waren, herrschte völlige Dunkelheit. Es war vollkommen still, doch ich wusste, dass ich mich auf meine innere Alarmanlage verlassen konnte. Trotzdem lag ich wie erstarrt auf dem Bett, unbewusst zögerte ich, mein Bewusstsein mit den schrecklichen Vorgängen zu konfrontieren, zu denen es in den letzten Tagen innerhalb der Krankenstation von Imperium-Alpha gekommen war.

Meine Hand, scheinbar losgelöst von Willen und Gefühl, tastete über die Oberfläche des Tischchens neben meinem Bett, fand die Reaktionsplatte und tastete darüber hinweg.

Es wurde hell, die an den Wänden aufgestellten Möbel traten aus dem Schatten hervor und gewannen an Kontur. Doch allein durch das Licht wurde das Zimmer nicht gemütlicher, dazu war es zu klein und zu nüchtern eingerichtet. Die völlige Zweckmäßigkeit dieses Raumes hatte mich schon bei meinem Eintreffen gestört, doch um nicht als sentimental zu gelten, hatte ich darauf verzichtet, irgendwelche Änderungen vorzunehmen.

Natürlich war das idiotisch, denn kein Terraner hätte auch nur mit den Augen gezwinkert, wenn ich beispielsweise die Möbel verrückt, ein paar Bilder aufgehängt persönliche Dinge auf den Schreibtisch gelegt und ein paar Blumen aufgestellt hätte. In dieser Beziehung sind die Menschen großartig. Sie kümmern sich nicht um die privaten Belange ihrer Gäste, bevor diese es nicht ausdrücklich wünschen.

Aber das ist auch der einzige Bestandteil terranischer Mentalität, den ich bewundere.

Ich lag auf dem Rücken und ärgerte mich darüber, dass ich mich unbewusst dazu zwingen ließ, in einem Zimmer zu leben, das mir nicht gefiel. Sie hätten mir sofort ein anderes gegeben.

Weil ich mit den Terranern zusammenarbeitete, wurde ich damals von vielen meiner Artgenossen gemieden, sie wollten einfach nicht einsehen, dass ich meine Fähigkeiten und mein Wissen optimal nur bei den Terranern einsetzen konnte.

Spätestens nach diesem Fall, den ich zusammen mit den terranischen Kollegen seit ein paar Tagen bearbeitete, hätten meine Freunde mir recht geben müssen, doch ich konnte sie natürlich nicht über alle Einzelheiten so genau informieren.

Mir wurde ganz schwindlig, wenn ich bis zur letzten Konsequenz überlegte, in welche Sache ich da hineingeraten war. Etwas Ähnliches hatte es niemals zuvor gegeben.

Und ich, Ara-Mediziner Paih Terzyu, Chef einer Spezialklinik auf dem medizinischen USO-Zentrum Tahun, war eigens nach Terra geholt worden, um mich an der Behandlung der acht ungewöhnlichsten Kranken zu beteiligen, die jemals in einer terranischen Krankenstation gelegen hatten.

Ich richtete mich auf und schob die Beine über den Bettrand. Wie immer hatte ich auch diesmal nackt geschlafen. Ein Terraner wäre wahrscheinlich erschrocken, hätte er mich ohne Kleider auf dem Bettrand hocken sehen.

Wir Aras sind so hager, dass unser Skelett zerbrechlich wirkt.

Vor meinen geistigen Augen entstand mein eigenes Spiegelbild. Eine unglaublich dürre, zwei Meter und zehn Zentimeter große Gestalt mit einem eiförmigen Schädel, der von einem kaum noch sichtbaren weißen Haarkranz umrahmt wurde. Dazu blütenweiße Haut und Albinoaugen.

Vom Standpunkt der Aras war ich ein gutaussehender Mann, doch nach Ansicht der Terraner ein klappriges Gestell mit einem Eierkopf. Doch ich darf nicht ungerecht sein. Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendein Mensch einmal eine abfällige Bemerkung gemacht hätte; noch nicht einmal in ihren Gesten oder in ihren Handlungen hatten sie zum Ausdruck gebracht, dass sie sich körperlich überlegen fühlten.

Entweder verstehen sie es großartig, ihre wahren Gefühle zu verbergen (was ich aufgrund anderer Erfahrungen bezweifle), oder sie haben sich daran gewöhnt, Fremdintelligenzen als das zu akzeptieren, was sie sind – in meinem Fall als einen Ara.

Ich stand auf und griff nach meinen Kleidern. Seit ich mich in Imperium-Alpha aufhielt, trug ich einen gefütterten Umhang aus festem Stoff und eine Hose mit weiten Beinen. Dazu Ledersohlen mit Hautmagneten und einen bunten Schal, den ich mir lose um den Hals zu schlingen pflegte.

Neben meinem Zimmer befand sich eine Toilette, doch ich hatte instinktive Scheu, sie zu benutzen. Der Metabolismus eines Aras gestattet ihm, ein paar Tage zu leben, ohne Verdauungsrückstände abgeben zu müssen.

Meine Gedanken kehrten zur rätselhaften Ursache meines Erwachens zurück. Ich hatte jetzt alle Schläfrigkeit abgeschüttelt.

Ich dachte an die Synthokörper. Möglicherweise war etwas passiert.

Als ich auf den Gang hinaustrat, lag er verlassen vor mir. Ich hatte auch nicht damit gerechnet, irgend jemand anzutreffen, denn bis auf den diensttuenden Arzt schliefen um diese Zeit alle, wenn man einmal von den Mitgliedern des Mutantenkorps absah, die sich in der Bewachung der acht Synthokörper ablösten.

Vor allem Gucky, Ras Tschubai und Fellmer Lloyd hielten sich ständig in der Nähe der Synthokörper auf. Diese drei, die die Second-Genesis-Krise überlebt hatten, hofften, dass es irgendwie gelingen könnte, wieder eine echte Verbindung zu den alten Freunden herzustellen. Dabei wussten wir nicht einmal genau, in welcher Form die Mutanten zurückgekehrt waren. Es schien sich nur um Bewusstseinsinhalte zu handeln, denen es gelungen war, in irgendeiner Form zu stabilisieren. Eine Klärung der Sachlage konnte nur ein vernünftiges Gespräch bringen, aber es gab immer wieder Kommunikationsschwierigkeiten.

Plötzlich hörte ich Stimmengewirr. Es kam aus dem kleinen Büro am Ende des Ganges.

Sicher hätte man mich geweckt, wenn etwas Bedeutsames geschehen wäre. Trotzdem interessierte es mich, wer sich dort mitten in der Nacht aufhielt und unterhielt.

Perry Rhodan, Atlan und Professor Andresen, einer meiner terranischen Kollegen hielten sich in dem Raum auf. Als ich eintrat, sah ich im Hintergrund des Raumes auch Alaska Saedelaere stehen. Das Cappinfragment unter Alaskas Gesichtsmaske leuchtete diesmal nicht besonders stark. Ich gestehe, dass ich mich für Saedelaere als Patientin stark interessierte, aber hinter den Synthokörpern musste er natürlich zurückstehen.

»Da ist Paih Terzyu!«, rief Rhodan, als er mich sah. »Wir wollten Sie gerade wecken lassen.«

»Hat sich eine neue Situation ergeben?«, erkundigte ich mich.

»Das kommt auf den Standpunkt an«, erwiderte Atlan. »Wir haben eine neue Auswertung von NATHAN erhalten. Er empfiehlt uns, nach Asporc zu fliegen und dort PEW-Metall zu beschaffen. Damit sollen wir Tierkörper präparieren, die damit zu empfangsfreudigen Katalysatoren für die Bewusstseinsinhalte der Mutanten würden. Nach dem Absterben der Synthokörper könnten die acht Bewusstseinsinhalte in Tierkörper überwechseln.«

Ich starrte ihn fassungslos an.

»Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!«, brachte ich schließlich hervor. »Wollen Sie das Bewusstsein eines Mutanten auf einen Hund oder auf eine Katze übertragen?«

»Es wäre nur eine vorübergehende Lösung«, mischte sich Andresen ein. Ich begriff, dass er NATHANS Vorschlag bereits akzeptiert hatte und bereit war, bei der Ausführung zu helfen. Ich bin nicht so leicht zu erschüttern, denn auf Tahun muss ich Experimente aller Art durchführen, aber die Vorstellung, menschliches Bewusstsein auf Tiere zu übertragen, löste doch leichtes Grauen in mir aus.

Mein Gesichtsausdruck schien meine Bedenken zu verraten, denn Atlan sagte: »Für die Bewusstseinsinhalte wäre es besser als der Tod oder die Rückkehr in den Hyperraum.«

Seine Worte bewiesen mir, dass man die Theorie, nach der die Bewusstseinsinhalte der acht Mutanten sich seit dem Ende der Second-Genesis-Krise im Hyperraum aufgehalten hatten, endgültig akzeptiert hatte. Nur eine exakte Befragung der Mutanten konnte jedoch die Antwort darauf bringen, wie das möglich gewesen war.

»Die Mutanten haben klar zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht in den Hyperraum zurück wollen«, sagte Rhodan. »Sie sind bereits beim ersten Mal wahnsinnig geworden und haben Dinge getan, die sie jetzt bedauern. Sie befürchten, dass sie beim zweiten Mal noch schlimmer werden könnte. Deshalb werden sie lieber in den Synthokörper sterben, als noch einmal in den Hyperraum zurückzukehren.«

»Wären sie denn damit einverstanden, auf Tiere übertragen zu werden?«, fragte ich wie benommen.

»Ja«, sagte Atlan.

Mit einem vorwurfsvollen Blick in Rhodans Richtung fügte Professor Andresen hinzu: »Aber dazu benötigen wir natürlich PEW-Metall. Das gibt es nur auf Asporc.«

»Perry weigert sich, Asporc noch einmal anzufliegen«, erklärte Atlan.

»Das ist richtig«, stimmte Rhodan zu. »Sie wissen alle, warum ich den Befehl zu einem solchen Einsatz nicht mehr geben kann. Die Sache wäre zu riskant. Wir wissen, was nach unserem letzten Flug nach Asporc alles geschehen ist.«

»Es gibt keine Alternative, wenn Sie die Mutanten retten wollen«, sagte Andresen.

Ich beobachtete ihn unauffällig. Er war fast zwei Meter groß und massiv gebaut. Nur seine Hände waren schlank. Sein Gesicht war nichtssagend, vor vielen Jahren war es ihm gelungen, jeden Gefühlsausdruck daraus zu verbannen. Andresen erinnerte mich immer wieder an eine fleischgewordene Maschine, die nach einem sturen Programm ablief. Natürlich war er eine Kapazität, aber das machte ihn nicht sympathischer.

Ich fragte mich, ob die Mutanten eine Umpflanzung auf Tierkörper überhaupt verkraften würden. Die Gefahr, dass es danach zu neuen willkürlichen Übergriffen kommen konnte, war nicht zu übersehen. Vielleicht war das auch der eigentliche Grund, warum Rhodan es ablehnte, noch einmal nach Asporc zu fliegen.

Rhodan warf einen Blick auf die Uhr.

»Ich habe eine Konferenz einberufen, die in einer halben Stunde beginnen wird. Alle Verantwortlichen, vor allem die Mitglieder des neuen Korps, werden dabei sein. Wir können dann noch einmal ausführlich diskutieren, wie wir vorgehen wollen.«

»Inzwischen werde ich noch einmal nach den Patienten sehen«, sagte ich schnell.

Ich fing einen Blick Andresens auf, erwiderte ihn kurz und wandte mich dann ab. Andresen hatte es nicht gern, wenn einer der verantwortlichen Ärzte ohne ihn zu den Synthokörpern ging; es war das ewige Misstrauen eines Könners gegenüber weniger bekannten Kollegen. Andererseits wollte er die Konferenz nicht versäumen, denn nur dort konnte er helfen durchzusetzen, dass PEW-Metall von Asporc geholt wurde.

Wenn sie noch lange stritten, überlegte ich, würde es für die Mutanten zu spät sein. Lange würden die Synthokörper nicht mehr leben.

Ich blieb stehen und holte tief Atem. In irgendeiner Weise empfand ich das kurze Zusammentreffen mit den vier anderen Männern im Büro als unwirkliches Erlebnis.

Hatte Atlan tatsächlich gesagt, dass man beabsichtigte, die Bewusstseinsinhalte von acht längst vergangenen menschlichen Körpern auf Tiere zu übertragen oder war alles nur ein wirrer Traum gewesen?

Ein Blick zurück überzeugte mich davon, dass ich alles wirklich erlebt hatte. Rhodan und die drei anderen Männer traten gerade aus dem Büro, um sich zum Konferenzraum zu begeben.

Ich beeilte mich jetzt, die Krankenstation zu erreichen. Aber allein durch meine Eile konnte ich den Synthokörpern nicht helfen. Am Eingang zu den Behandlungsräumen wurde meine Identität geprüft, dann durfte ich passieren.

Obwohl ich Arzt bin und mich fast ausschließlich in Krankenstationen aufhalte, überfiel mich auch diesmal eine dumpfe Vorahnung von Unheil. Das Bewusstsein, dass Krankenzimmer aller Art stets eine Vorstufe zu den Räumen des Todes sein können, lässt sich bei mir nie völlig ausschalten.

Ich hatte jedoch längst gelernt, solche Empfindungen zu ignorieren, denn sie können einen Arzt bei seiner Arbeit beeinflussen.

Trotz der Warnungen einiger Wissenschaftler und Ärzte hatten wir die Mutanten wieder in einem Raum zusammengelegt. Sicher war das nicht ungefährlich, aber Perry Rhodan hatte darauf bestanden. Er wollte dem Zusammengehörigkeitsgefühl dieser Bewusstseinsinhalte Rechnung tragen.

Fellmer Lloyd kauerte im Halbschlaf auf einem Sessel neben dem Eingang. Als er mich sah, war er sofort hellwach.

»Es geht ihnen schlecht«, sagte er mit nicht zu überhörender Verzweiflung in der Stimme. »Die Körper verfallen immer schneller. Sie wurden ganz einfach zu schnell zum Wachsen gebracht.«

Ich nickte nur, weil ich nicht wusste, was ich darauf erwidern sollte.

Die Synthokörper lagen in acht nebeneinander aufgestellten Nährbetten. Sie waren an verschiedene Schläuche und Elektroden angeschlossen, die wiederum zu den Maschinen und Instrumenten führten, mit deren Hilfe wir die Synthokörper retten wollten.

Doch alle Versuche hatten sich bisher als Fehlschläge erwiesen. Die auf mehr oder weniger unnatürliche Art entstandenen Körper reagierten auf keine Behandlungsmethode.

Und die Bewusstseinsinhalte, die sich in diesen Körpern aufhielten, wussten das.

Scarteus, der diensttuende Arzt, stand über eines der Betten gebeugt und untersuchte den darin liegenden Patienten.

Scarteus war erst dreiundzwanzig Jahre alt, ein mittelgroßer blauäugiger junger Mann und sicher der größte Optimist, der mir jemals begegnet war.

Er unterbrach die Untersuchung und kam zu mir. Nur auf Terra konnte es anerkannte Spezialisten dieses Alters geben, es sprach für die Vorurteilslosigkeit der Terraner.

Als Scarteus mich begrüßte, war von seinem sprichwörtlichen Optimismus jedoch nur wenig zu spüren.

»Man kann mit zusehen«, sagte er bitter. »Sie verfaulen geradezu. Es ist schrecklich. Wir können aber nichts dagegen tun.«

Lloyd, der alles mitgehört hatte, stöhnte auf und verbarg das Gesicht in den Händen.

»Warum gehen Sie nicht hinaus?«, fragte ich scharf.

Er sah mich an, aber er sagte nichts. Freiwillig wäre er sicher nicht gegangen.

Ich murmelte eine Entschuldigung.

Dann, um ihn aufzumuntern, sagte ich: »Es gibt einen neuen Plan, der uns hoffen lässt.«

Seine Augen ließen mich nicht los. Ich ahnte, dass er in diesem Augenblick meine Gedanken durchforschte, obwohl er das unter diesen Umständen nicht hätte tun dürfen. Es war, als stünde ich völlig nackt vor ihm. Dieses Gefühl war äußerst unangenehm.

»Tiere!«, rief er aus. Entsetzen zeigte sich in seinem Gesicht. »Ihr wollt sie auf Tiere überwechseln lassen.«

Von seiner heftigen Reaktion erschreckt, wich ich zurück.

»Noch ist es nicht soweit«, sagte Scarteus, den man inzwischen offenbar informiert hatte. »Wir brauchen PEW-Metall, aber der Großadministrator weigert sich, noch einmal ein Schiff nach Asporc fliegen zu lassen.«

Lloyd schwieg.

Ich trat an eines der Betten. Die Synthokörper waren inzwischen so verfallen, dass die Gesichter kaum noch zu unterscheiden waren. Haare und Zähne der Biozüchtungen waren ausgefallen. Die Haut war weiß und stellenweise graugelb, einzelne Gewebeteile begannen abzufallen. Der Anblick war auch für einen Arzt alles andere als angenehm. Ein Mensch, der unvorbereitet mit dem Anblick dieser Körper konfrontiert worden wäre, hätte ihn wahrscheinlich nicht ertragen können.

Ich warf einen Blick auf das Schild am Fußende des Bettes.

Kitai Ishibashi stand da in großen Buchstaben.

In diesem armseligen Körper hielt sich also das Bewusstsein von Ribald Corellos Vater auf. Die in dem verquollenen Gesicht kaum noch sichtbaren Augen blickten mich an. Es war der Blick eines Wesens, das keine Hoffnung mehr hatte.

»Sie sollten versuchen zu schlafen«, sagte ich leise, um keinen der anderen aufzuwecken – wenn überhaupt einer von ihnen schlief.

»Ja«, krächzte er.

»Denken Sie nicht zuviel nach«, beschwor ich ihn. »Wir werden eine Möglichkeit finden, Ihnen zu helfen.«

»Ja«, sagte er wieder. Resignation schwang in seiner Stimme mit. Die Bewusstseinsinhalte waren realistisch genug, zu erkennen, dass sie in eine Sackgasse geraten waren. Der zunehmende Verfall dieser Körper hatte allerdings auch einen Vorteil: Die natürliche Veranlagung dieser lemurischen Biozüchtungen waren verloren gegangen. Die Synthos wollten nicht mehr kämpfen. Ihr Verlangen, sich blindlings in den Kampf zu stürzen und dann zu sterben, war endgültig gestorben.

Ich ging ein Bett weiter.

Betty Toufry las ich auf dem Schild.

Ich musste sehr genau hinblicken, bis ich erkannte, dass vor mir eine Frau lag.

Ihre Augen waren geschlossen, aber auf den Aufzeichnungsinstrumenten las ich ihre Gehirnströmungen ab und sah, dass sie nicht schlief.

Was ging in ihren Gedanken vor?

Hatten sie sich schon mit dem Tod abgefunden?

»Hallo, Betty!«, sagte ich.

»Hallo, Ara!«, gab sie zurück.

Ihre Stimmbänder waren noch nicht angegriffen, so dass sie einwandfrei sprechen konnte.