Perry Rhodan 830: Die vierte Inkarnation - William Voltz - E-Book

Perry Rhodan 830: Die vierte Inkarnation E-Book

William Voltz

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Beschreibung

BULLOC erwacht - und Entführer werden zu Entführten In der Menschheitsgalaxis schreibt man Mitte Mai des Jahres 3584. Seit etwa einem Monat halten sich auf Hotrenor-Taaks, des Laren, Geheiß die 26 Kelosker, der "7-D-Mann" Kershyll Vanne und Anson Argyris, der Vario-500, auf dem Planeten Dhoom im Wyotta-System auf. Dort, am neuen Schauplatz, setzen die Kelosker ihre Arbeiten weiter fort, die letztlich zur schnellen Vollendung des 80-Jahresplans führen sollen, also zur Vernichtung der Laren-Herrschaft in der Milchstraße und zur Befreiung der unterjochten Völker. Während die Laren nach wie vor der Ansicht sind, das von den Keloskern projektierte Black Hole würde ihnen den Weg in eine Konzilsgalaxis bahnen und sie damit vom akuten Energienotstand befreien, an dem die larischen SVE-Raumer seit dem Abfall ihrer Verbündeten, der Mastibekks, leiden, wissen wir bereits, dass die Herren der Milchstraße ihrem Verderben entgegengehen, sobald der ursprüngliche 80-Jahresplan, der längst zu einem Vierjahresplan geworden ist, in seine entscheidende Phase tritt. Nach dem Geschehen in der Galaxis blenden wir um zu Perry Rhodans SOL. Da die Auswirkungen der Gravo-Katastrophe im System der Varben immer noch anhalten, unternimmt der Terraner eine tollkühne Aktion: Er lässt BARDIOCS Inkarnation entführen. Die Aktion glückt, dennoch werden aus Entführern alsbald Entführte. Schuld daran ist BULLOC - DIE VIERTE INKARNATION ...

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Nr. 830

Die vierte Inkarnation

BULLOC erwacht – und Entführer werden zu Entführten

von WILLIAM VOLTZ

In der Menschheitsgalaxis schreibt man Mitte Mai des Jahres 3584. Seit etwa einem Monat halten sich auf Hotrenor-Taaks, des Laren, Geheiß die 26 Kelosker, der »7-D-Mann« Kershyll Vanne und Anson Argyris, der Vario-500, auf dem Planeten Dhoom im Wyotta-System auf.

Dort, am neuen Schauplatz, setzen die Kelosker ihre Arbeiten weiter fort, die letztlich zur schnellen Vollendung des 80-Jahresplans führen sollen, also zur Vernichtung der Laren-Herrschaft in der Milchstraße und zur Befreiung der unterjochten Völker.

Während die Laren nach wie vor der Ansicht sind, das von den Keloskern projektierte Black Hole würde ihnen den Weg in eine Konzilsgalaxis bahnen und sie damit vom akuten Energienotstand befreien, an dem die larischen SVE-Raumer seit dem Abfall ihrer Verbündeten, der Mastibekks, leiden, wissen wir bereits, dass die Herren der Milchstraße ihrem Verderben entgegengehen, sobald der ursprüngliche 80-Jahresplan, der längst zu einem Vierjahresplan geworden ist, in seine entscheidende Phase tritt.

Nach dem Geschehen in der Galaxis blenden wir um zu Perry Rhodans SOL.

Da die Auswirkungen der Gravo-Katastrophe im System der Varben immer noch anhalten, unternimmt der Terraner eine tollkühne Aktion: Er lässt BARDIOCS Inkarnation entführen.

Die Hauptpersonen des Romans

BULLOC – Ein Mächtiger wird geboren.

Perry Rhodan – Der Terraner verlässt die SOL.

Preux Gahlmann – Ein Mensch wird zum Tier.

Puukar – Kriegsführer der Kaiserin von Therm.

Atlan

1.

Custer hatte die Innenbahn, und für Preux Gahlmann bestanden keine Zweifel daran, dass sie das Rennen gewinnen würde. Allerdings wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass Fengor eine Robotmaus in das Feld genommen hatte, nicht etwa, um sich an seinen Freunden zu bereichern, sondern aus purem Übermut.

Die fünf Gen-Mäuse kauerten in ihren Startlöchern, sie wirkten ein bisschen ängstlich und versuchten vergeblich, über die mit einer schwachen Energiebarriere abgesicherte Tralje zu springen.

Gahlmann hatte zehn Solar auf Custer gesetzt.

Das Rennen fand in Fengors Labor statt, es hatte sozusagen einen halboffiziellen Status. Natürlich gab es an Bord der SOL keine Mäuse, die fünf oder sechs Tierchen, die beim letzten Aufenthalt des Schiffes im Medaillon-System von einem Besatzungsmitglied an Bord geschmuggelt worden waren, lebten längst nicht mehr. Aber Fengor, der eine Schwäche für genetische Spielereien hatte, war in den Besitz eines Stückchens Mäuseschwanz gelangt, und das hatte ihm genügt, um diese fünf (vier, wie sich innerhalb der nächsten Minuten herausstellen sollte) Gen-Mäuse zu züchten.

Custer war dunkelbraun, schlank und langbeinig, sie besaß lange seidige Schnurrbarthaare und einen kurzen nackten Schwanz.

Neben Custer (weiter von innen nach außen) waren Lordy, Fantom, Ark und Über-Bär in die Startlöcher eingeklemmt. Der fette Über-Bär hatte offensichtlich Atemschwierigkeiten, aber Gahlmann ließ sich davon nicht beeindrucken. Es war durchaus möglich, dass die Fettleibigkeit des Mäuserichs einer von Fengors Tricks war.

»Fertig?«, erkundigte sich Fengor. »Noch kann gesetzt werden.«

Die Assistenten des Molekularbiologen nickten.

»Los!«, rief Fengor und klappte die Startleiste nach oben.

Der Start war vergleichsweise eine lahme Angelegenheit, denn keine der Mäuse schien so recht zu wissen, was man von ihnen erwartete. Dann jedoch schoss Lordy in die Spur und gewann sofort einen beträchtlichen Vorsprung.

Gahlmann beugte sich ärgerlich über den Rennkasten und klopfte mit der Faust dagegen.

»Custer!«, feuerte er seine Favoritin an. »Willst du wohl laufen!«

Custer setzte sich humpelnd in Bewegung – aber in die entgegengesetzte Richtung, was von Fengors Mitarbeitern johlend begrüßt wurde. Gahlmann strich die zehn Solar von seiner Habenseite und beobachtete mürrisch den Ausgang des Rennens. Lordy huschte als erste über die Ziellinie und erst ein paar Sekunden hinter ihr tappte Über-Bär über die schwarze Markierung.

»Seht her!«, sagte Fengor und holte Lordy mit einem Griff aus dem Rennkasten. Er klappte den Bauch der Maus auf und zog einen kleinen Motor hervor.

»Du alter Gauner!«, stieß Gernot Boysen hervor. »Das ist überhaupt keine Gen-Maus. Ich lege Protest ein.«

Fengor sammelte die vier Gen-Mäuse ein und steckte sie in ihren Käfig.

»Ich werde euch sagen, was ...« Er kam nicht dazu, diesen Satz zu vollenden, denn in diesem Augenblick sprang die Tür auf, und Premisch Dorgon betrat das Labor. Dorgon war der Sektionsleiter des Labortrakts, ein hochaufgeschossener Solgeborener von zweiunddreißig Jahren. Er war stets ernst und schweigsam. Gahlmann beobachtete, dass die bleiche Gesichtshaut des Wissenschaftlers von Flecken durchsetzt war.

Dorgon machte ein paar fahrige Bewegungen.

»Immer für ein Spielchen aufgelegt, was?«, rief er ironisch.

»Ich weiß nicht, was du dagegen einzuwenden hast«, meinte Fengor. Er war nicht nur äußerlich das krasse Gegenteil von Dorgon. Seine oft rauen Späße waren der Anlass vieler Diskussionen der Solgeborenen, die hier in der SZ-1 arbeiteten. Fengor war untersetzt und muskulös. Er besaß ein beachtliches Doppelkinn. Seine kleinen Augen hinter den wulstigen Brauen verliehen ihm einen listigen Eindruck.

»Gen-Experimente außerhalb des offiziellen Programms sind verboten!«, herrschte Dorgon ihn an. »Gib mir die Mäuse, ich werde sie wegschaffen.«

»Wegschaffen?«, echote Fengor. »Du meinst, du wirst sie in einen Konverter werfen?«

»Ja, das ist meine Absicht!«

Fengor blickte auf den Käfig, als müsste er stumme Rücksprache mit seinen vier Züchtungen halten.

»Du bekommst sie nicht!«, erklärte er, als er wieder aufblickte.

Dorgons Blässe schien sich noch zu vertiefen.

»Es ist ein Befehl!«

Gahlmann machte einen Schritt nach vorn und trat zwischen die beiden Männer. Er hatte das untrügliche Gefühl, dass sowohl Dorgon als auch Fengor bereit waren, eine gewisse Grenze zu überschreiten – und das musste er verhindern.

»Technisch gesehen«, verkündete er sanft, »bin ich der Ranghöchste unter den Anwesenden. Zwar gehöre ich zum technischen Personal, aber das tut jetzt nichts zur Sache. Wir sind alle ein bisschen gereizt, deshalb dürfen wir aber nicht aufeinander losgehen.«

»Er hat recht«, bekräftigte Boysen. »Preux ist der Ranghöchste, und er hat Fengor die Erlaubnis für dieses Spiel gegeben.«

Gahlmann verwünschte ihn, denn obwohl er es sicher gut meinte, verschlimmerte er nur die Situation.

Doch Dorgon reagierte nicht. Er stand da, seine Hände öffneten und schlossen sich, als würde er in Gedanken irgend etwas Unsichtbares zerquetschen.

»Ihr steht hier und spielt«, sagte er düster. »Ihr spielt und lasst zu, dass inzwischen unser Schiff besudelt wird. Ja, besudelt, sage ich. Es wird verunreinigt und geschändet.«

Gahlmann hatte schon immer geargwöhnt, dass Dorgon eine übertriebene religiöse Neigung besaß, und diese Worte waren eine deutliche Bestätigung dafür.

»Keiner von uns ist damit einverstanden«, bemerkte Fengor, der offenbar zum Einlenken bereit war. »Joscan Hellmut hat unseren Protest vorgebracht, aber sie stören sich nicht daran.«

»Sie?«, wiederholte Boysen. »Du meinst, er stört sich nicht daran.«

»Immer mit der Ruhe!«, rief Gahlmann. »So einfach ist das nicht. Hellmut legte nur einen formellen Protest ein. Im Grunde genommen waren wir mehr oder weniger alle damit einverstanden, die Inkarnation zu entführen.« Er lächelte humorlos. »Allerdings hat keiner von uns damit gerechnet, dass es gelingen würde. Nun haben wir die Inkarnation in einem Lagerraum der SZ-Eins, und keinem von uns ist wohl bei diesem Gedanken. Allerdings halte ich es für unfair, Perry Rhodan zu beschuldigen.«

Dorgon hob den Kopf.

»Spürt ihr es nicht?«, fragte er leise. »Irgend etwas Widerwärtiges und Fremdes ist in unser Schiff eingedrungen und versucht, Besitz davon zu ergreifen.«

Gerrit, ein junger Chemiker, lachte unsicher.

»Niemand spürt etwas!«, stellte Fengor fest. »Wir machen uns Sorgen, das ist alles.«

»Warum darf niemand, außer den ausgewählten Wissenschaftlern und Besatzungsmitgliedern, in den Lagerraum?«, erkundigte sich Dorgon. »Warum wurden die SZ-Zwei und das Mittelteil von der SZ-Eins abgetrennt?«

»Eine reine Vorsichtsmaßnahme«, meinte Gahlmann.

»Seid still!«, schrie Dorgon. »Lauscht in eure Seelen! Da könnt ihr es spüren, wie es wispert und nagt! Ich fühle es ganz deutlich – und es geht von diesem Lagerraum in den unteren Decks aus.«

»Halte deinen verdammten Mund!«, sagte Gahlmann trocken. »Willst du unsere jungen Leute verrückt machen?«

Insgeheim war er nicht so selbstsicher, wie er sich gab. Er wurde von Unsicherheit und Zweifeln geplagt. Konnte nicht auch er eine unheimliche Ausstrahlung fühlen, die von diesem fremden Gebilde im Lagerraum ausging? Hatte sich nicht die gesamte Atmosphäre an Bord geändert? Und war die von Rhodan befohlene Trennung des Schiffes wirklich nur eine Präventivmaßnahme?

Gahlmann hatte sich schon bei dem fast frevelhaften Wunschgedanken ertappt, die Hulkoos hätten die KARIBU bei ihrem Flug von Wassytoir zur SOL abfangen und die Inkarnation befreien mögen.

»Jeder von uns wüsste gern, was jetzt im Lagerraum geschieht«, sagte Fengor nachdenklich.

»Man kann sich eine gewisse Vorstellung von den Vorgängen dort unten machen«, schlug Boysen vor. »Die Halle wurde in ein Labor umgewandelt, und die Wissenschaftler, einschließlich der Mutanten, sind damit beschäftigt, das Rätsel dieser Wesenheit zu ergründen.«

»Eine erloschene energetische Sphäre, die zu irgend etwas geronnen ist mit einer paralysierten unbegreiflichen Existenzform in ihrem Innern«, sagte der junge Gerrit. »Wir haben schon Schwierigkeiten damit, es zu umschreiben.«

Draußen im Korridor klangen Schritte auf. Gleich darauf streckte Joscan Hellmut den Kopf herein.

»Riechen Sie Ärger?«, fragte Gahlmann spontan.

Hellmut schüttelte den Kopf und sah sich um. Seine Blicke blieben schließlich an Dorgon hängen.

»Ich habe Sie gesucht«, eröffnete er. »Sie sollen mich in den Lagerraum begleiten. Kelkor möchte Sie dabeihaben.«

Kelkor war einer der Wissenschaftler für extraterrestrische Biologie, erinnerte sich Gahlmann. Er war kein Solgeborener, aber er hatte schon oft mit Dorgon zusammengearbeitet. Eigentlich waren Kelkor und Dorgon kein Gespann, von dem man annehmen konnte, dass es gut funktionierte. Auf der einen Seite Dorgon mit seinen Schwächen für Okkultismus, auf der anderen Seite der geradezu knochentrockene, alte Mann.

Gahlmann beobachtete Dorgon, weil er auf dessen Reaktion gespannt war und sogar damit rechnete, dass Dorgon das Ansinnen ablehnen würde.

»Dann kannst du ja selbst nachsehen, was da unten los ist«, meinte Fengor sarkastisch.

»Habt ihr deshalb gestritten?«, wollte Hellmut wissen.

»Wir hatten ein Mäuserennen«, erklärte Gahlmann lächelnd.

Der Sprecher der Solgeborenen warf Fengor einen Blick zu. Fengor griff in seine Kitteltasche und holte die Bruchstücke der Robotmaus hervor. Er legte sie in die offene Hand, die Hellmut ihm entgegenhielt.

»Ich werde Sie begleiten, Joscan«, sagte Dorgon in diesem Augenblick.

»Wir würden alle gern mitgehen«, sagte Gahlmann.

Hellmut lachte und ging mit Dorgon hinaus.

Gahlmann warf die Tür zu und sah sich im Kreis der anderen um.

»Er wird uns einen genauen Bericht geben, sobald er zurückkommt!«

»Wenn er zurückkommt!«, meinte Gerrit.

»Hat er dich schon angesteckt?«, fragte Fengor irritiert. »Früher oder später werden sie herausfinden, was wir uns da eingefangen haben.«

»Und danach?«, fragte Gahlmann ironisch.

Die anderen sahen ihn verblüfft an, und Gahlmann erkannte, dass sie überhaupt noch nicht nachgedacht hatten, was nach einer erfolgreichen Untersuchung geschehen würde. Gahlmann hatte darüber ein kurzes Gespräch mit Hellmut geführt. Der Sprecher der Solgeborenen war überzeugt davon, dass Perry Rhodan versuchte, eine Spur zu BARDIOC zu finden. Rhodan suchte den Kontakt zu dieser Superintelligenz.

Schon seit seiner frühesten Jugend versuchte Gahlmann immer, einen Sinn in der Handlungsweise anderer Menschen zu erkennen. Er bemühte sich darum, ihre Beweggründe zu verstehen und ihre Gefühle zu analysieren. Dadurch war es ihm möglich, sich besser auf sie einzustellen und eine manchmal fast prophetische Gabe dafür zu entwickeln, was in der nahen Zukunft geschah. Außerdem hatte diese Eigenschaft den Hangaringenieur vorurteilslos gemacht; er war einer der wenigen Solgeborenen, der die Denk- und Handlungsweise der echten Terraner nicht nur verstand, sondern auch akzeptierte.

Rhodans Motivation zu ergründen, fiel ihm jedoch schwer.

Ob der Kristall der Kaiserin von Therm doch eine Rolle spielte?

Perry Rhodan hatte die Besatzung wissen lassen, dass er einen freien Willen besaß und keineswegs ein Söldner der Duuhrt war. Aber das war schließlich eine subjektive Feststellung. Auch die Tatsache, dass die Mutanten keine Hinweise auf eine Beeinflussung Rhodans durch fremde Mächte finden konnten, besagte im Grunde genommen überhaupt nichts.

Wenn Rhodan ein Werkzeug der Kaiserin von Therm war – wozu wurde er dann von ihr benutzt?

Sollte er BARDIOC finden und vernichten?

Oder war er als Unterhändler unterwegs?

Gahlmann zerbrach sich den Kopf darüber, warum die Kaiserin von Therm (wenn diese Theorie zutraf) ausgerechnet Rhodan als Parlamentär ausgewählt hatte. Denkbar war auch, dass eine dritte Kraft in dieser kosmischen Auseinandersetzung eine Rolle spielte: ES, das Geisteswesen, das die Menschheit schon oft auf verschlungenen Pfaden geführt hatte.

Vielleicht war Rhodan tatsächlich völlig frei und handelte aus eigenem Antrieb. Dann war seine Motivation halbwegs klar: Er wollte verhindern, dass die Kaiserin von Therm und BARDIOC mit unverminderter Wucht aufeinanderprallten, und dass bei diesem Aufprall die Menschheit mit vielen anderen Völkern vernichtet wurde.

Rhodans Plan (wenn es ihn gab) zeugte von Selbstüberschätzung und Vermessenheit.

»Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte«, sagte Gahlmann leise.

»Was sagst du?«, erkundigte sich Fengor.

»Wir wiederholen das Rennen!« Gahlmann sprach jetzt sehr laut. »Joscan hat die Robotmaus, so dass du uns diesmal nicht wieder aufs Kreuz legen kannst.«

Fengor holte den Käfig mit den vier Gen-Mäusen.

»Ich fürchte, dein Zutrauen in Custer ist erschüttert. Wie wäre es diesmal mit Über-Bär?«

Er nahm die Mäuse aus dem Käfig und setzte sie in den Rennkasten. Nach einiger Zeit gelang es ihm, sie in die Startlöcher zu treiben und mit der Startleiste festzuklemmen.

Es kam Gahlmann in den Sinn, dass diese Tiere aus einem kleinen Zellklumpen entstanden waren. Fengor hatte lediglich den genetischen Kode benötigt, um sie zu reproduzieren. Solche Gedanken pflegten Gahlmann zu bedrücken, denn sie führten ihm nur allzu deutlich vor Augen, was er selbst war.

Immerhin gab es einen tröstlichen Unterschied: Gahlmann besaß Bewusstsein und Verstand.

Diesem Unterschied hatte er es zu verdanken, dass er zu jenen gehörte, die die Mäuse laufen ließen ...

*

Das Gefühl, zwischen allen Stühlen zu sitzen, war für Joscan Hellmut nicht neu, aber er empfand es zum ersten Mal als eine unerträgliche Belastung. Das hing zweifellos damit zusammen, dass er einerseits genau wie Perry Rhodan an der Lösung des Rätsels der Inkarnation interessiert war, andererseits aber die Entführung dieser Wesenheit an Bord der SOL als ein unerträgliches Sicherheitsrisiko für das Schiff ansah. Dabei hatte er diesem wahnsinnigen Plan zugestimmt!

Es war eben ein Unterschied, zwischen der hypothetischen Vorstellung, dass die Inkarnation an Bord geholt werden könnte und der Realität ihrer Anwesenheit.

Der Kybernetiker empfand diese Anwesenheit als erdrückend.

Er konnte nicht genau definieren, warum, aber er spürte die Nähe dieser unheimlichen Wesenheit.

Er spürte, dass sie eine unvorstellbare Bedrohung für ihn und alle anderen Besatzungsmitglieder darstellte.

Unwillkürlich warf er dem neben ihm gehenden Mann einen Seitenblick zu.

Ob Premisch Dorgon ahnte, welche Gedanken dem Sprecher der Solgeborenen durch den Kopf gingen?

Dorgon machte ein verbissenes Gesicht, er ging neben Hellmut einher, wie ein Mann, der sich ganz auf eine bestimmte Sache konzentrieren muss. Seine Augen besaßen einen fiebrigen Glanz, der Hellmut nicht entging. Einen Augenblick vergaß der Kybernetiker die Sorgen, die ihn beschäftigten, und er konzentrierte sich auf seinen Begleiter.

»Sind Sie krank?«, erkundigte er sich.

»Krank?«, fragte Dorgon verständnislos. Dann wurde sein Gesichtsausdruck noch um eine Spur düsterer. »Ich bin krank vor Angst um dieses Schiff, wenn Sie das meinen.«

»Das verstehe ich«, seufzte Hellmut. »Es ergeht mir nicht viel besser.«