Perry Rhodan 969: Der falsche Ritter - William Voltz - E-Book

Perry Rhodan 969: Der falsche Ritter E-Book

William Voltz

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Beschreibung

Es geschieht in ferner Vergangenheit - jemand treibt ein falsches Spiel Man schreibt den Spätsommer des Jahres 3587 terranischer Zeitrechnung. Perry Rhodan setzt seine Expedition mit der BASIS planmäßig fort. Dem Terraner kommt es, wie erinnerlich, darauf an, sich Zugang zu einer Materiequelle zu verschaffen, um die so genannten Kosmokraten davon abzuhalten, die Quelle zum Schaden aller galaktischen Völker zu manipulieren. Obwohl Perry Rhodan mit dem komplettierten Auge Laires nun alle Voraussetzungen zum Durchdringen der Materiequelle besitzt, bleibt diese nach wie vor unauffindbar. Dafür entdecken aber die Terraner Kemoauc, den letzten der Mächtigen. Außerdem retten sie ES, die Superintelligenz, die in einer Materiequelle festsitzt, und verhelfen dem Helfer der Menschheit, seiner Bestimmung nachzukommen. Während sich dies in Weltraumfernen vollzieht, spitzt sich in der Heimatgalaxis der Menschheit die Lage immer mehr zu. Denn die Orbiter, die mit ihren Riesenflotten die Galaxis beherrschen, verlangen nichts anderes, als dass alle Humanoiden, die sie für Garbeschianer halten, ihre Heimatplaneten auf Nimmerwiedersehen verlassen. Dass die Orbiter einem Fehlschluss aufgesessen sind, liegt auf der Hand. Wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass eine solche Macht sich im Zentrum der Galaxis zusammenballen und die Äonen überdauern konnte, das wird nun etwas erhellt durch ein Geschehnis in ferner Vergangenheit. Hauptakteur ist dabei DER FALSCHE RITTER ...

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Nr. 969

Der falsche Ritter

Es geschieht in ferner Vergangenheit – jemand treibt falsches Spiel

von WILLIAM VOLTZ

Man schreibt den Spätsommer des Jahres 3587 terranischer Zeitrechnung. Perry Rhodan setzt seine Expedition mit der BASIS planmäßig fort. Dem Terraner kommt es, wie erinnerlich, darauf an, sich Zugang zu einer Materiequelle zu verschaffen, um die so genannten Kosmokraten davon abzuhalten, die Quelle zum Schaden aller galaktischen Völker zu manipulieren.

Obwohl Perry Rhodan mit dem komplettierten Auge Laires nun alle Voraussetzungen zum Durchdringen der Materiequelle besitzt, bleibt diese nach wie vor unauffindbar. Dafür entdecken aber die Terraner Kemoauc, den letzten der Mächtigen. Außerdem retten sie ES, die Superintelligenz, die in einer Materiequelle festsitzt, und verhelfen dem Helfer der Menschheit, seiner Bestimmung nachzukommen.

Während sich dies in Weltraumfernen vollzieht, spitzt sich in der Heimatgalaxis der Menschheit die Lage immer mehr zu. Denn die Orbiter, die mit ihren Riesenflotten die Galaxis beherrschen, verlangen nichts anderes, als dass alle Humanoiden, die sie für Garbeschianer halten, ihre Heimatplaneten auf Nimmerwiedersehen verlassen.

Die Hauptpersonen des Romans

Harden Coonor – Ein falscher Ritter der Tiefe.

Samkar – Ein junger Mann, der um seine Bestimmung betrogen wird.

Tschan – Oberhaupt einer ambitiösen Familie.

Lussmann alias Marifat – Ein Sterneneremit.

Jen Salik

1.

Eine Familie mit Ambitionen

Ehrgeiz und Egoismus einzelner haben den Lauf der Geschichte oft verändert. Das Beispiel, von dem hier berichtet wird, ist jedoch in jeder Beziehung einzigartig. Es handelt von Wesen, die sich in blinder Gier nach Macht und in maßloser Selbstüberschätzung über alle Tabus hinwegsetzten und das Undenkbare realisierten. Ihre Tat, von der hier die Rede sein wird, ereignete sich in ferner Vergangenheit, aber sie sollte Auswirkungen bis in eine ferne Zukunft haben ...

Träge bewegte Mezza Angdröhm, der Aufklärer, seine Schwingen und flog in geringer Höhe über das Land hinweg, das hier so flach war wie ein Brett und keinen Vergleich mit den Schluchten von Kartlebec zuließ. Die Familie unter ihm zog westwärts, eine Gruppe von fünf düster gekleideten Personen, die die Köpfe gesenkt hielten, als folgten sie einer Spur im Sand. Die beiden Wächter, Eltariccer und Soono, trugen den Korb mit dem Baby. Es war eine zusätzliche Last neben all den schweren Waffen, mit denen die Wächter ausgerüstet waren und die ihre langen Gewänder ausbeulten. An der Spitze der Gruppe ging die Yardahanada, die Wunschmutter. Auf dem Markt von Gry, wo Tschan sie einst erstanden hatte, wäre sie heute vermutlich nur für das Zehnfache des alten Preises zu haben gewesen. Die Yardahanada war mittlerweile auf ganz Kartlebec ein Begriff. Trotzdem hatte Angdröhm oft den Eindruck, dass Tschan sein Geschick, eine gute Familie zusammenzukaufen, inzwischen oft verwünschte, denn er hatte einen guten Teil seiner Autorität an die Yardahanada verloren.

So war es auch kein Zufall, dass die Wunschmutter nun die Gruppe anführte und Tschan, mit seinem verbeulten Schlapphut, dem Zeichen seiner Würde, an zweiter Position ging. Tschan war auch der einzige, der ab und zu aufsah und dem Aufklärer Beachtung schenkte. Aber das war eher eine Sache der Gewohnheit als der Notwendigkeit. In den Schluchten von Kartlebec war eine Familie immer gefährdet, und sie tat gut daran, sich auf ihren Aufklärer zu verlassen. Hier jedoch, in dieser Ebene des Planeten Schusc, war ein Aufklärer überflüssig. Man musste es Tschan lassen, dass er allen Familienmitgliedern gegenüber loyal war und sie nicht nach dem Gesichtspunkt der jeweiligen Notwendigkeiten behandelte. Mezza Angdröhm war ein zusätzlicher Passagier gewesen, und Tschan hatte für ihn den vollen Preis an die Gilde der Raumfahrer zahlen müssen.

Vielleicht, sinnierte Angdröhm, werde ich irgend etwas entdecken, das Tschan in seiner Entscheidung im Nachhinein bestätigt. Der Aufklärer wusste, wie gefährlich solche Überlegungen im Grunde genommen waren, denn sie mündeten oft in Halluzinationen. Sinnlose Warnungen jedoch hätten die Familie nur unnötig viel Zeit gekostet, und jede Sekunde, die sie länger als geplant auf Schusc weilten, war unglaublich teuer. Angdröhm wusste nicht genau, wieviel die Raumfahrer für Wartezeiten berechneten, aber Tschan hatte allein für den Transport von Kartlebec nach Schusc einen Teil seiner Schluchtdiamanten verkaufen müssen.

Das fünfte Familienmitglied, das unter Angdröhm durch die Ebene marschierte, war der wandelbare Kitter. Dank seiner Mimikry-Fähigkeiten konnte er der Familie in mancherlei Beziehung gute Dienste leisten, vor allem aber in den tabuisierten Bereichen. Eine zusammengekaufte Familie ohne Kitter war schlechthin undenkbar, denn sexuelle Probleme hätten früher oder später zu ihrem Auseinanderbrechen geführt. Angdröhm war das einzige Familienmitglied ohne intime Bindungen an Kitter, denn bei aller Geschicklichkeit wäre es dem Wandelbaren nie gelungen, etwas darzustellen, was Angdröhm halbwegs anziehend gefunden hätte. Doch der Aufklärer konnte die biologischen Rhythmen seines Körpers kontrollieren und sich auf diese Weise vor allen Problemen schützen.

Aus seiner augenblicklichen Höhe konnte Angdröhm nicht feststellen, welches Aussehen der Kitter gerade angenommen hatte, aber vermutlich hatte er eine neutrale Einheitsform gewählt.

Mezza Angdröhm dachte an das Baby.

Es hieß Harden Coonor und war von Tschan ebenfalls auf dem Markt von Gry gekauft worden. Doch die Yardahanada hatte dem Kleinen von ihrem eigenen Blut zu trinken gegeben und ihm damit einen für sein Alter geradezu schwindelerregenden Status gegeben. Niemand wusste genau, ob Tschan diesen Vorgang gutgeheißen oder verurteilt hatte, auf jeden Fall war er die Ouvertüre für eine Anzahl ehrgeiziger Unternehmungen der Yardahanada gewesen, die nun in dem Besuch auf Schusc gipfelten.

Angdröhm schob seine Hornfilter vor die Augen, weil er nun fast genau in die aufgehende Sonne blicken musste. Für einen Aufklärer war er ungewöhnlich groß, er maß zweieinhalb Meter von einem Schwingenende zum anderen, und auch auf dem Boden überragte er den gewiss nicht kleinen Tschan um eine Kopfhöhe.

Am Horizont tauchte jetzt eine dunkle Wand auf, der Riesenbaumwald von Schusc.

Angdröhm wartete, bis Tschan wieder aufsah, dann signalisierte er nach unten, was er gesehen hatte. Tschan machte eine träge wirkende Geste des Verstehens, er wusste, dass sie sich auf den Wald zubewegten – er war schließlich ihr erklärtes Ziel.

Gegen Mittag hielt die Gruppe an, um eine Pause zu machen. Soono und Eltariccer öffneten den Tragschirm, damit die Yardahanada das Baby herausholen und im Schatten des Schirms versorgen konnte. Während dies geschah, bezogen die beiden Wächter auf einem winzigen Hügel Position und beobachteten die Umgebung. Angdröhm kreiste über dem Lager und beobachtete die Vorgänge dort – soweit sie sich nicht unter dem Schirm abspielten und somit seinen Augen verborgen blieben. Es war so heiß, dass die Luft flimmerte. Angdröhm hatte seine Federn aufgeplustert, und der Flugwind verschaffte ihm eine gewisse Erleichterung.

Als das Baby gegessen hatte, verließen die beiden Wächter die Anhöhe, um ebenfalls etwas zu sich zu nehmen. Dabei öffneten sie ihre Gewänder, und Angdröhm konnte ihre massiven geschuppten Körper mit den gehörnten wuchtigen Köpfen sehen. Das Blau ihrer großen Augen leuchtete bis zu dem Aufklärer hinauf. Auch wenn sie vollwertige Mitglieder der Familie waren, blieben sie für Angdröhm in gewisser Weise doch unheimliche und fremdartige Wesen. Angdröhm wusste, dass dies alles andere als eine rationale Überlegung war. Gewiss, Soono und Eltariccer waren schweigsam und in ihrer Handlungsweise von einer geradezu roboterhaften Gelassenheit, aber deshalb durfte man nicht bezweifeln, dass sie Tschan ergeben waren und sofort für ihn ihr Leben gelassen hätten.

Nach einer Weile wurde Harden Coonor wieder in seinen Korb gelegt, der Schirm zusammengeklappt und alle Packen geschnürt. Die Gilde besaß auf Schusc nur ein winziges Terrain (winzig in Bezug auf die Raumhäfen anderer Planeten, aber immer noch groß und beeindruckend, wenn man sich dort befand), dessen Grenzen sie niemals verlassen durften. Diese Bedingung hatte Lussmann diktiert, und sein Wort war auf Schusc Gesetz. Wer den Raumhafen verließ, brauchte dazu die Genehmigung des Sikr, und der gab sie nur, wenn er sicher sein konnte, dass die Besucher sich ihrer natürlichen Fortbewegungsmittel bedienten. Über den Grund, warum Lussmann jede Technik von dieser Welt fernhielt, gab es viele Spekulationen, die bekannteste davon war, dass der Sikr dereinst einen schlimmen Unfall an Bord eines Schwebegleiters erlitten und fast sein Leben verloren hatte. Nach seiner Genesung hatte er sich nach Schusc zurückgezogen und führte seither ein Eremitendasein. Im bekannten Gebiet der Galaxis Norgan-Tur gab es drei Sikr. Zwei von ihnen lehnten es ab, ihre Fähigkeiten für Privatleute zur Verfügung zu stellen, und arbeiteten nur für planetare Gemeinschaften. Lussmann bildete eine Ausnahme. Trotzdem war es Tschans Geheimnis, wie er eine positive Antwort auf die Frage nach einer Audienz erhalten hatte.

Von einem Sikr empfangen zu werden, erschien Angdröhm als ein so unwirklicher Vorgang, dass er sich noch immer nicht mit dem Gedanken daran vertraut gemacht hatte.

Nachdem die anderen aufgebrochen waren, landete der Aufklärer und verschlang das, was man für ihn zurückgelassen hatte. Die Ration war klein und alles andere als wohlschmeckend, aber Angdröhm hoffte, dass er im Riesenbaumwald würde jagen können.

Es wurde immer heißer und drückender, und dieser Umstand machte sich auch bei dem Tempo bemerkbar, das die Gruppe in der Ebene jetzt einschlug. Angdröhms Hoffnung, sie würden den Riesenbaumwald noch vor Anbruch der Dunkelheit erreichen, erfüllte sich nicht.

Als die Sonne unterging, ließ Tschan die beiden Wächter ein Lager aufschlagen. Die Wunschmutter kümmerte sich um Harden Coonor. Angdröhm hatte das Baby bisher nur aus der Ferne gesehen. Es schien auszusehen wie jedes andere Baby auch, pummelig und rosig, aber die Yardahanada und das Familienoberhaupt Tschan mussten ja wissen, was an ihm Besonderes war.

Der Kitter entfernte sich ein paar Schritte vom Lager und breitete sich als dampfender Teppich auf dem heißen Boden aus, um seinen Feuchtigkeitshaushalt zu regulieren. Endlich machte Tschan dem Aufklärer ein Zeichen, dass er landen konnte.

Tschan schob den Hut in den Nacken. Er war ein großer, hagerer Mann mit einem faltigen Gesicht. Das und seine dunkelbraunen sanften Augen ließen ihn auf den ersten Blick gutmütig wirken. Aber es war etwas an seinen Bewegungen, eine Unstetigkeit aller Gesten, die diesen Eindruck schnell wieder verwischten. Irgend etwas trieb Tschan von innen heraus an, ein nie ermüdendes Gefühl, sich betätigen zu müssen. Im Zusammenspiel mit seiner Intelligenz machte es Tschan zu einem überaus gefährlichen Wesen. Tschan polarisierte die Meinungen. Fremde, die ihm begegneten, waren seine Anhänger oder seine Feinde – seine Art ließ ein neutrales Verhältnis zu ihm überhaupt nicht zu. »Was schätzt du, wie weit wir noch sind?«, fragte Tschan den Aufklärer.

Angdröhm faltete die Schwingen.

»Einen halben Tagesmarsch weit.«

»Kartlebec- oder Ölskolltage?« Tschan benutzte die Gildenbezeichnung Ölskoll für Schusc.

»Das macht kaum einen Unterschied«, erwiderte Angdröhm ernsthaft.

Tschan grinste, er amüsierte sich immer wieder darüber, dass dem Aufklärer jeglicher Sinn für Humor abging.

»Sobald wir in den Riesenbaumwald eingedrungen sind, wirst du Schwierigkeiten haben, uns zu folgen«, befürchtete Tschan, schnell wieder ernst werdend.

»Ich folge euch überall hin«, versicherte Mezza Angdröhm.

»Der Sterneneremit lebt in den Sumpfgebieten mitten im Riesenbaumwald«, fuhr Tschan fort. »Nach allem, was ich gehört habe, wird es ihm ziemlich gleichgültig sein, ob wir bis zu seinem Sitz vordringen können oder nicht.«

»Ich werde ihn finden«, erklärte Angdröhm zuversichtlich.

Tschan senkte die Stimme, der Tonfall wurde vertraulicher.

»Was hältst du überhaupt von der ganzen Sache?«

Die Tatsache, dass das Familienoberhaupt ihn in einer so wichtigen Angelegenheit um Rat fragte, bestürzte Angdröhm. Sie warf ein bezeichnendes Licht auf das Verhältnis zwischen dem Familienoberhaupt und der Wunschmutter. Ganz offensichtlich diktierte die Yardahanada die Geschehnisse bereits stärker, als allen anderen bewusst war.

»Ich denke so darüber wie die ganze Familie«, sagte Angdröhm ausweichend.

»Eine Marktfamilie!« Zum ersten Mal sprach Tschan verächtlich über seine Angehörigen.

»Ich bin auch gekauft«, verwies Angdröhm ihn ruhig.

Tschan spürte, dass er zu weit gegangen war und entschuldigte sich.

»Der Gedanke, dass wir bald mit dem Sikr zusammentreffen werden, macht mich nervös«, gestand er. »Vielleicht erhoffen wir uns ein bisschen zuviel von Marifat.«

Marifat war Lussmanns zweiter Name, sein Geistername, wie es im Sprachgebrauch der Sikr hieß.

»Komm her!« Die Stimme der Yardahanada störte jäh das Gespräch der beiden männlichen Familienmitglieder.

Tschan zuckte zusammen. Zorn loderte in seinem Blick, aber er machte eine abrupte Kehrtwendung, ließ Angdröhm stehen und näherte sich dem Lager. Der Aufklärer folgte ihm in respektvollem Abstand. Näher als bis auf zehn Schritte durfte er nicht an das Lager heran. Trotzdem konnte er hören, was Tschan und die Yardahanada miteinander besprachen.

Die Yardahanada war eine knochige und hässliche Frau. Ihr Gesicht war spitz, und auch die kleinen gelben Augen konnten ihm keinen sanfteren Ausdruck verleihen. Das Alter der Yardahanada war schwer zu bestimmen, aber sie war mindestens doppelt so alt wie Tschan. Wahrscheinlich hatte Tschan noch nie körperlichen Kontakt zu ihr gehabt (dafür hatte er den Wandelbaren), und es blieb eines seiner großen Geheimnisse, warum seine Wahl auf sie gefallen war. Der Wert dieser Yardahanada bestand in ihrem Wissen und in ihrer Erfahrung. Vermutlich hätte man auf Gry jahrelang suchen müssen, um eine in dieser Beziehung vergleichbare Wunschmutter zu finden.

»Er ist müde und erschöpft«, sagte sie gerade zu Tschan, und es gab keine Zweifel, dass sie von Harden Coonor sprach. Ihr Denken und ihr Tun drehten sich ausschließlich um das Baby. Sie kümmerte sich mit einer derartigen Intensität darum, als wollte sie ihr eigenes Selbst aufgeben.

»Jeder von uns wusste, dass es eine strapaziöse Reise sein würde«, versetzte Tschan, halb erklärend, halb entschuldigend.

»Wir sind nicht gut vorbereitet!«

»Wir sind so gut vorbereitet, wie meine finanziellen Mittel es zuließen.«

Die Yardahanada beugte sich über den offenen Korb. Das Baby war ruhig, wahrscheinlich war es von der Hitze so müde geworden, dass ihm sogar das Schreien schwer fiel.

»Im Wald wird es angenehmer für ihn sein«, sagte Tschan.

»Bei Stechmücken, Sumpfschlangen und Giftpflanzen?«

»Es wird nicht so heiß sein«, schwächte Tschan ab.

Er trat neben die Wunschmutter und blickte in den Korb. Angdröhm, der von Natur aus ein überaus scharfer Beobachter war, hatte den Eindruck, dass das Familienoberhaupt sich straffte. Tschan sah sehr stolz aus in diesem Augenblick. Irgend etwas an diesem Baby betrachtete er als einen Teil seiner selbst, obwohl alles, was er in Harden Coonor investiert hatte, materieller Natur war. Zu mehr war Tschan vermutlich auch nicht fähig.

Die Stimme der Yardahanada bekam einen sorgenvollen Unterton.

»Wird der Sikr auch unseren Wünschen entsprechen?«

Tschan hob die Schultern.

»Er ist völlig neutral und kennt keinerlei Skrupel.«

»Aber er soll launenhaft sein.«

»Nun ja, man erzählt viel über ihn«, meinte Tschan. »Es ist doch sinnlos, sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen. Wir werden genau wissen, wie er ist, sobald wir mit ihm gesprochen haben.«

Die Yardahanada krümmte sich zusammen.

»Wenn ich bedenke, dass vielleicht alles umsonst sein wird ...«

»Auch damit müssten wir uns abfinden.«

Sie starrte ihn an.

»Der Junge trägt mein Blut, vergiss das nicht. Ich könnte mich niemals damit abfinden, dass er in die Durchschnittlichkeit versinkt. Er soll einmal etwas Besonderes sein, etwas ganz Besonderes.«

Tschan seufzte und bewegte sich vom Korb weg.

»Du gehst zu Kitter?«, erriet sie.

»Ja«, gab er zu.

»Außer Geld«, sagte sie voller Abscheu, »besitzt du nichts. Du hast nicht einmal guten Geschmack.«

Tschan blieb stehen und schien nachzudenken.

»Manchmal glaube ich auch, dass das so ist. Vielleicht hätte ich keine Familie zusammenkaufen sollen. Wenn ich jedoch einmal sterbe, möchte ich es mit der Überzeugung tun, etwas Entscheidendes erreicht zu haben. Ich will, dass irgend etwas in diesem Universum meinen Stempel trägt.«

»Er ist nicht dein richtiger Sohn.«

»Er wird, wenn unser Plan gelingt, das sein, was ich will, dass er sein wird. Das allein ist entscheidend.«