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Gesundheits- und Pflegeunternehmen sind hoch professionelle Expertenorganisationen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die wertvollste Ressource. Die richtige Personalausstattung stellt daher den entscheidenden Schlüssel zum Erfolg dar. Umso mehr verwundert es, dass bis zur Erstauflage, die im Jahr 2016 erschienen ist, kein Fachbuch zum Thema Personalbedarfsanalyse zur Verfügung stand. Nach wie vor ist das Thema unübersichtlich, die Methoden sind komplex und die Vorgehensweisen vielfältig. Die gesundheits- und sozialpolitischen Vorgaben verändern sich kontinuierlich. Neue Modelle kommen, andere gehen, manche kehren in neuem Kleide wieder zurück, wie aktuell an der PPR 2.0 zu beobachten ist. Bei genauer Betrachtung darf die Vielfalt der Modelle aber auch in Frage gestellt werden, denn die Grundregeln halten sich in ihrer Anzahl in Grenzen und wiederholen sich. Mit der zweiten, vollständig überarbeiteten und erweiterten Auflage dieses Buches erwerben Sie grundlegendes Methoden-Verständnis und die notwendigen Anwendungsfähigkeiten für Ihre tägliche Praxis bei der Personalplanung. Es werden Wege aufgezeigt, wie Fragen des Personalbedarfs und der Personaleinsatzplanung schrittweise und praktisch zu lösen sind. Über 130 Grafiken und Kalkulationstabellen begleiten Sie dabei leicht verständlich und praxisnah durch das Thema.
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Seitenzahl: 286
978-3-85402-435-4
Auch als Buch verfügbar
978-3-85402-434-7
2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2022
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Projektbetreuung
Lisa Maria Heiderer
Lektorat
Evelin Hofer
Cover – Fotocredit
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Gestaltung
Martin Aschauer
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
1 Produktionsfaktor Personal
1.1 Strategie und Management – Begriffsklärung
1.2 Duale Sensibilität
1.3 Strategie und Personal
1.3.1 Personal als Strukturbaustein
1.3.2 Geordnetheit
1.3.3 Fachlichkeit
1.3.4 Kultiviertheit
1.3.5 Zielsteuerung versus Struktursteuerung
2 Personalmanagement Grundlagen
2.1 Personalmanagement Modell
2.1.1 Netto-Personal-Ressource
2.1.2 Anzahl Mitarbeitende
2.1.3 Grades
2.1.4 Skills
2.2 Vom Ist zum Soll
2.2.1 Der mittelfristige Plan
2.2.2 Das Handeln der Mitarbeitenden als Produkt
2.3 Nutzen und Abgrenzung von Personalbedarfsanalysen
2.3.1 Transparenz
2.3.2 Leistungsbewertung
2.3.3 Budgetierung und Produktkalkulation
2.3.4 Kostenkontrolle
2.3.5 Prozesskostenermittlung
2.3.6 Abgrenzung
3 Personalbedarfsanalysen
3.1 Übersicht
3.1.1 Die Waage schwankt
3.1.2 Die Breite der Waage
3.2 Methoden der Personalbedarfsanalyse
3.2.1 Systematische Ansätze
3.2.2 Ressource
3.2.3 Arbeitsplatzmethode
3.2.4 Leistungsorientierte Methoden
3.2.5 Prozessorientierte Methode
4 Personaleinsatz
4.1 Der Drei-Schritt
4.2 Personalstunden und Vollzeitäquivalente
4.3 Die Breite der Waage
4.3.1 Schaffen struktureller Reserven
4.3.2 Zusammenführen von Organisationsinseln
4.3.3 Personal-Pooling
4.3.4 Risikostreuung durch Teilzeit
4.4 Top-down-Methode
4.4.1 Top-down-Rechnung
4.4.2 Personaleinsatz mit Dienstformen
4.4.3 Personaleinsatz mit Slots
4.4.4 Personaleinsatz mit Äquivalenzziffernrechnung
4.5 Durchrechnungszeitraum
4.6 Urlaubsplanung
4.7 Steuerung über Grades versus Budgetsteuerung
5 Benchmarks-to-go
6 Glossar
7 Literatur
7.1 Fachliteratur
7.2 Rechtsvorschriften und technische Richtlinien
7.3 Weiterführende Links
Der Autor
Tabelle 1:Methodik der Personalbedarfsanalyse
Tabelle 2:Kalkulation der Netto-Personal-Ressource
Tabelle 3:Ausfälle und ihre Planbarkeit
Tabelle 4:Kalte Reduktion der Netto-Personal-Ressource
Tabelle 5:Netto-Personal-Ressource Anteil an der Jahresgesamtstundenzahl
Tabelle 6:Netto-Personal-Ressource und Anteil an der Wachzeit
Tabelle 7:Ausfall und Ersatzbedarf im Vergleich
Tabelle 8:Ausfall vom Ausfall
Tabelle 9:Arbeitsplatzmethode am Beispiel Entbindungsbereich
Tabelle 10:Netto-Personal-Ressource in Varianten
Tabelle 11:Netto-Personal-Ressource je Vollzeitäquivalent
Tabelle 12:Brutto- und Netto-Personal-Ressource
Tabelle 13:Berechnung der Personalbedarfsstunden
Tabelle 14:Personalbedarf Methodenvergleich Netto-Personal-Ressource zu PAQ
Tabelle 15:Personalbedarf Notfallaufnahme und Triage
Tabelle 16:Methodik leistungsorientierter Personalbedarfsanalysen
Tabelle 17:Minutenwerte PPR und PPR 2.0 Übersicht
Tabelle 18:Minutenwerte Übersicht – ONR 116150:2012-11-01
Tabelle 19:Darstellung der Berechnung der Pflegestufenberechnung
Tabelle 20:Gesamtberechnung Pflegepersonalbedarf nach PPR – Tagdienst
Tabelle 21:Gesamtberechnung – Nachtdienst
Tabelle 22:Personalbedarf Ärztlicher Dienst – Arbeitsplatzmethode 48 WStd.
Tabelle 23:Personalbedarf Ärztlicher Dienst – Leistungsorientierte Methode 48-WStd.
Tabelle 24:Personalbedarf Ärztlicher Dienst – Leistungsorientierte Methode 40-WStd.
Tabelle 25:Personalbedarf Ärztlicher Dienst – Leistungsorientierte Methode Kardiologie
Tabelle 26:Rechtsgrundlagen zur Personalausstattung in Pflegeheimen in Österreich
Tabelle 27:Anpassungen der Personalschlüssel für Pflegeheime in Österreich (Stand 2018)
Tabelle 28:Betreute Personen je VZÄ und Pflegestufe (Stand 2018)
Tabelle 29: Personalbedarfskalkulation mit Pflegestufen im Vergleich
Tabelle 30:Rechenweg vom Vollzeitäquivalent zur Pflegeminute
Tabelle 31:Grade-Mix bei angemessener Pflege
Tabelle 32:Personalbedarfskalkulation mit Pflegestufen im Detail
Tabelle 33:Kennzahl „Gewichteter Bewohner“ als Verteilungsmaßstab
Tabelle 34:Personalbedarf unter Berücksichtigung der Qualifikationsverteilung
Tabelle 35:Personalbedarfsanalyse mit Hilfe der Kennzahl „Gewichteter Bewohner“
Tabelle 36:Mobile Pflege – Ermittlung Gesamtbetreuungszeit
Tabelle 37:Mobile Pflege – Ermittlung Netto-Personal-Bedarf
Tabelle 38:Mobile Pflege – Ermittlung Netto-Personal-Bedarf
Tabelle 39:Pflegeminuten je Tag und Patient
Tabelle 40:Personalbedarfsanalyse mit Pflegeminuten je Tag und Patient
Tabelle 41:Personalbedarfsanalyse Tagesklinik mit Minutenwerten je Tag und Patient
Tabelle 42:Personalstruktur – Rehabilitation zentrales und peripheres Nervensystem
Tabelle 43:Personalbedarf – Rehabilitation Nervensystem 240 Betten
Tabelle 44:Personalbedarf – Rehabilitation Nervensystem 60 Betten
Tabelle 45:Endoskopie – Kennzahlen zur Einzelleistungserfassung im Vergleich
Tabelle 46:Gleichzeitigkeitsfaktor am Beispiel ERCP
Tabelle 47:Gleichzeitigkeitsfaktor am Praxisbeispiel Gastroskopie mit Gewebeabtragung
Tabelle 48:Endoskopie – Ärztlicher Dienst
Tabelle 49:Endoskopie – Raumbedarf
Tabelle 50:Schnitt-Naht-Zeit und Rüstzeitfaktor
Tabelle 51:Gleichzeitigkeitsfaktoren bei OP-Leistungen
Tabelle 52:Zeitmarken und Ereignisse
Tabelle 53:Personalbedarfskalkulation im OP
Tabelle 54:Personalbedarfskalkulation Anästhesie – OP-Bereich
Tabelle 55:Personalbedarfskalkulation Anästhesie – Aufwachraum
Tabelle 56:Personalbedarfskalkulation Anästhesie – Journaldienst
Tabelle 57:Personalbedarfskalkulation Anästhesie – Gesamtrechnung
Tabelle 58:Personalbedarfskalkulation Ambulanz
Tabelle 59:Personalbedarfskalkulation Diagnostik am Praxisbeispiel Lungenfunktion
Tabelle 60:Frequenzen pro Jahr und Tag am Praxisbeispiel Lungenfunktion
Tabelle 61:Personalbedarfskalkulation Radiologie
Tabelle 62:Physikalische Medizin – Strombehandlungen
Tabelle 63:Physikalische Medizin – Moorpackungen
Tabelle 64:Physikalische Medizin – Heilgymnastik und Massagen
Tabelle 65:Physikalische Medizin – Ergotherapie
Tabelle 66:Front-End-Methode – Pareto-Analyse
Tabelle 67:Front-End-Methode – Detailbeschreibung der häufigsten Leistungen
Tabelle 68:Front-End-Methode – Bewertung der häufigsten Leistungen
Tabelle 69:Front-End-Methode – Plausibilisierung der Bewertung
Tabelle 70:Front-End-Methode – Pareto-Analyse
Tabelle 71:Front-End-Methode – Kalkulation
Tabelle 72:Front-End-Methode – Beispiel Administration und Verwaltung
Tabelle 73:Netto-Personal-Ressource in Stunden – VZÄ und Mitarbeitende
Tabelle 74:Wochenstunden – Netto-Personal-Ressource in Stunden – Vollzeitäquivalent
Tabelle 75:Qualifikationsverteilung in % und VZÄ
Tabelle 76:Interne Reserven durch Verschiebung beim Qualifikationsmix
Tabelle 77:Ausfall – Verteilung
Tabelle 78:Personalkosten Vergleich – Vollzeit zu Teilzeit
Tabelle 79:Vollzeit versus Teilzeit – VZÄ versus Köpfe
Tabelle 80:Top-down-Methode – Ermittlung der Netto-Personal-Ressource
Tabelle 81:Top-down-Methode – Ermittlung Netto-Personal-Ressource für das Kerngeschäft
Tabelle 82:Top-down-Methode – Ermittlung Netto-Personal-Ressource für die Gesamtkalkulation
Tabelle 83:Personaleinsatzplanung mit Slots am Beispiel OP – Kontingentverteilung
Tabelle 84:Äquivalenzziffernrechnung – Szenario
Tabelle 85:Äquivalenzziffernrechnung – Verteilung NEU
Tabelle 86:Äquivalenzziffernrechnung – Personalminuten je Tag und Klient
Tabelle 87:Äquivalenzziffernrechnung – Neuverteilung der Personalressourcen
Tabelle 88:Urlaubsplanung – Erhebung der attraktiven Zeiten
Tabelle 89:Urlaubsplanung – Vergleich Urlaubsanspruch mit attraktiven Zeiten
Tabelle 90:Urlaubsplanung – Vergleich Urlaubsanspruch mit attraktiven Zeiten
Praxisbeispiel 1: Arbeitsplatzmethode Basiskalkulation
Praxisbeispiel 2: Arbeitsplatzmethode Basiskalkulation mit PAQ
Praxisbeispiel 3: Notfallaufnahme und Triage
Praxisbeispiel 4: Unfallambulanz Frequenzen
Praxisbeispiel 5: OP-Management
Praxisbeispiel 6: Alten- und Pflegeheim
Praxisbeispiel 7: Sehr kleine Organisationseinheiten
Praxisbeispiel 8: Ärztlicher Dienst – Arbeitsplatzmethode
Praxisbeispiel 9: Ärztlicher Dienst – Leistungsorientierte Methode 48 WStd.
Praxisbeispiel 10: Ärztlicher Dienst – Leistungsorientierte Methode 40 WStd.
Praxisbeispiel 11: Ärztlicher Dienst – Leistungsorientierte Methode Kardiologie
Praxisbeispiel 12: Personalbedarfskalkulation mit Pflegestufen
Praxisbeispiel 13: Kalkulation mit der Kennzahl „Gewichteter Bewohner“
Praxisbeispiel 14: Kalkulation Mobile Pflege
Praxisbeispiel 15: Bettenstation kalkuliert mit Pflegeminutenwerten
Praxisbeispiel 16: Tagesklinik kalkuliert mit Pflegeminutenwerten
Praxisbeispiel 17: Stationäre Rehabilitation
Praxisbeispiel 18: ERCP
Praxisbeispiel 19: Gastroskopie mit komplexer Gewebeabtragung
Praxisbeispiel 20: Endoskopie – Personalbedarf Ärzte
Praxisbeispiel 21: OP-Pflege
Praxisbeispiel 22: Anästhesiepflege
Praxisbeispiel 23: Unfallambulanzfrequenz
Praxisbeispiel 24: Kardiologische Ambulanz
Praxisbeispiel 25: Ambulanz – Typische Leistungsbilder
Praxisbeispiel 26: Lungenfunktionstest
Praxisbeispiel 27: Radiologie
Praxisbeispiel 28: Administration und Verwaltung
Praxisbeispiel 29: Prozessorientierte Methode
Praxisbeispiel 30: Personalstunden und Vollzeitäquivalente
Praxisbeispiel 31: Strukturelle Reserven
Praxisbeispiel 32: Top-down-Rechnung
Praxisbeispiel 33: Personaleinsatz – Klassische Verteilung
Praxisbeispiel 34: Personaleinsatz – Bedarfsorientierte Variante I
Praxisbeispiel 35: Personaleinsatz – Bedarfsorientierte Variante II
Praxisbeispiel 36: Personaleinsatzplanung mit OP-Slots
Praxisbeispiel 37: Personaleinsatz mit Äquivalenzziffernrechnung
Praxisbeispiel 38: Durchrechnungszeitraum
Praxisbeispiel 39: Urlaubsplanung
Den Führungskräften
mit Personalverantwortung
Krankenhaus
Das Leben im Krankenhaus ist streng.
Verwundete und Unfalltote suchen im Spital
noch einmal nach der Lebensgrundlage.
Medizingestank umweht die Krankenbetten.
Herzspezialisten kurbeln an der Lebensader.
Pillen, Heilkräuter und Zäpfchen werden ein und aus geschoben.
Augenärzte eröffnen den Blinden neue Sehweisen.
Fiberkurven suchen ihre Ausdehnungskraft.
Manchmal bleibt einem im Krankenhaus die Spucke weg.
Im Krankenhausbüro wird der Krebsbazillus errechnet.
Die Prognosen werden kräftig abbezahlt.
Lautere Suppen verderben den Patienten
die Geschmacksorgane.
Die Heilungsdauer endet im Ableben.
Aus: Georg Paulmichl, Ins Leben gestemmt
Dieser wunderbare Text von Georg Paulmichl ist dem Buch „Ins Leben gestemmt“ entnommen. Erschienen 1994 im Haymon Verlag, Innsbruck. Der 1960 in Schlanders geborene und 2020 verstorbene Künstler Georg Paulmichl lebte in Prad im oberen Vinschgau und besuchte die dortige Behindertenwerkstätte. Seit den 1980er Jahren schrieb und malte er. Sein Sprachgebrauch war alles andere als alltäglich. Unter anderem hat er den Förderpreis der Goethe-Stiftung Basel erhalten.
Nach Fertigstellung eines Fachbuches ist es zweifelsohne der letzte Einfall eines Autors, bereits an eine Zweitauflage zu denken. So war dies auch bei mir, als im Jahr 2016 die erste Auflage dieses Buches erschien.
Dass fünf Jahre vergangen sind, hat mich in Anbetracht der vielen Neuerungen, die das Thema Personalbedarfsanalyse zwischenzeitlich hervorgebracht hat, nicht wirklich überrascht. Auch scheint die SARS-CoV-2-Pandemie die Blickwinkel der Gesundheitspolitik doch etwas verändert zu haben. Wie nachhaltig dies sein wird, müssen wir erst sehen. Mein Ansinnen ist unverändert dasselbe geblieben: Führungsverantwortlichen die Themen Personalbedarfsanalyse und Personaleinsatz verständlich näherzubringen und dabei auf aktuelle Entwicklungen einzugehen.
Was die vorliegende zweite Ausgabe betrifft, so handelt es sich um eine umfassend überarbeitete und erweiterte Auflage. Gleich geblieben sind der Aufbau und die Logik. Der gesamte Text wurde aber hinsichtlich der Fachbegriffe adaptiert und der aktuell gültigen Nomenklatur angepasst. So sind beispielsweise die Netto-Personal-Stunden der Bezeichnung „Netto-Personal-Ressource“ gewichen.
Inhaltlich erfolgten umfassende Adaptierungen und Ergänzungen. Die drei Bedarfsberechnungsmethoden wurden um vier systematische Ansätze ergänzt, woraus sich ein Kanon von 12 Modellen ableiten lässt.
Das Thema Grade- and Skill-Mix erfuhr eine wichtige Erweiterung und wurde um Beispiele aus der Praxis ergänzt.
Eine zunehmende Herausforderung stellt die versteckte Reduktion der Personalressource dar. Basierend auf den Erfahrungen der letzten sechs Jahre habe ich eine Zusammenstellung verschiedener Ursachen vorgenommen. Wohl wissend, dass diesbezüglich in naher Zukunft noch einiges auf die Mitarbeitenden und das Management zukommen wird.
Zur bereits in der ersten Auflage kritisierten föderalen Ausformung der Personalberechnung in Alten- und Pflegeheimen wurde in der Zwischenzeit ein Rechnungshofbericht veröffentlicht, der meine Kritik vollinhaltlich unterstützt. Das hat es mir möglich gemacht, in der vorliegenden Publikation auf anonymisierte Beispiele zu verzichten und die bundesländerspezifischen Unterschiede evidenzbasiert darzulegen.
Bei den Leistungsorientierten Methoden findet sich unter anderem eine kompakte Darstellung der „wiederauferstandenen PPR“ in der Version 2.0.
Darüber hinaus wurden alle Kapitel redigiert und die einen oder anderen kleineren Aktualisierungen vorgenommen. Den Abschluss bildet ein überarbeitetes Glossar.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, eine erkenntnisreiche Auseinandersetzung und viel Erfolg in der Praxis.
Mit allen guten Wünschen,Christoph Zulehner, September 2022
Die vorliegende zweite Auflage verdankt ihr Entstehen der Hartnäckigkeit des Verlages und den unverändert spannenden Diskussionen mit meinen Kunden, interessierten Nachfragen von Studierenden und streitbaren Gesprächen mit Geschäftsfreunden und Netzwerkpartnern.
Ein herzlicher Dank an Lisa Maria Heiderer von der Austrian Standards plus GmbH für die wertschätzende und hervorragende Begleitung.
Mein ganz besonderer Dank gilt meiner Frau Annemarie Zulehner für jene Stunden, die ich auch im Rahmen der Überarbeitung und Erweiterung der zweiten Auflage unansprechbar vor meinem Bildschirm verbracht habe.
Christoph Zulehner
Das vorliegende Fachbuch ist eine umfassend überarbeitete und erweiterte Auflage. Sie verdankt ihr Entstehen zum einen den vielen positiven Feedbacks zur Erstauflage und zum anderen spannenden Diskussionen mit meinen Kunden, hervorragenden Auseinandersetzungen mit Studierenden und streitbaren Gesprächen mit Geschäftsfreunden, Netzwerkpartnern und Experten des Gesundheitssystems.
Ein besonderes Dankeschön gebührt der viel zu früh verstorbenen Carola Malzner für ihre Unterstützung bei der ersten Auflage. Ohne ihren kritisch-journalistischen Beistand hätte dieses Buch nie das Licht der Welt erblickt.
Mein aufrichtigster Dank gilt meiner Frau Annemarie Zulehner für die vielen hundert Stunden, die ich unansprechbar vor meinem Notebook verbracht habe!
Christoph Zulehner
„Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd.“[1], soweit ein Zitat, das Otto von Bismarck zugeschrieben wird. Meine Ergänzung dazu lautet: ... und bei Personalbedarfsfragen in Gesundheits- und Pflegeunternehmen.
Warum diese spitze Feder? Im Rahmen meiner mittlerweile mehr als dreißigjährigen Erfahrung im Gesundheitswesen durfte ich immer wieder feststellen, dass kaum ein Sachthema in dieser Branche mit so viel Emotion diskutiert wird. Dies hat möglicherweise damit zu tun, dass der Personalbereich nicht nur den größten Ressourcenfaktor, sondern auch den größten Kostenpunkt darstellt. Die damit immer wieder einhergehende persönliche Betroffenheit der Mitarbeitenden wird das ihre dazu beitragen. Emotion ist aber nur selten ein hilfreicher Ratgeber.
Diese Erfahrung hat mich dazu bewogen, das Thema wieder auf den Boden der Sachlichkeit zu bringen: eine fundierte Personalanalyse, eingebettet in solide und nachvollziehbare Kalkulationsmodelle.
Wie der Titel verrät, handelt es sich um ein Buch aus der Praxis. Wer immer schon mit dem Thema befasst war – in den seltensten Fällen geschieht dies freiwillig – dem ist nicht entgangen, dass ein Kernproblem die Methodenvielfalt und die daraus sich ergebende Unübersichtlichkeit ist. Bei genauer Betrachtung darf diese „Methodenvielfalt“ in Frage gestellt werden. Dies deshalb, weil sich die systematischen Grundregeln in ihrer Anzahl in Grenzen halten, ja sogar wiederholen. Die Vorgehensweisen verändern sich im Laufe der Zeit. Neue Modelle kommen, andere gehen, manche kehren in neuem Kleide wieder. Deshalb geht es in diesem Buch um das Erlangen eines Methoden-Verständnisses für den Umgang mit der Materie.
Mit diesem Buch möchte ich Sie, meine Leser – begleitet von einer Vielzahl an Praxisbeispielen – aus dem Irrgarten der Personalanalyse herausführen. Es ist mir ein Anliegen, Ihnen Wege aufzuzeigen, wie Fragen des Personalbedarfes und der Personaleinsatzplanung schrittweise und logisch zu lösen sind.
Die einzelnen Kalkulationsmodelle sind zunächst immer anhand bestimmter Organisationseinheiten, Berufsgruppen und Unternehmenstypen erläutert. Sofern nicht anders gekennzeichnet, handelt es sich um Kennzahlen und Daten aus meiner langjährigen Erfahrung im Feld.
Sie werden als aufmerksame Leser schnell entdecken, dass sich viele Rechenmethoden als austauschbar erweisen. Es sollte deshalb keinesfalls der Eindruck entstehen, dass die Modelle nur in ganz bestimmten Segmenten zu verwenden sind. Dem ist nicht so, und das zu wissen ist wichtig, wichtig für Sie als Anwender.
Ergänzend stehen Ihnen sämtliche Kalkulationsbeispiele im EXCEL-Format zur Verfügung. Diese können Sie über die Homepage von Austrian Standards erwerben: https://www.austrian-standards.at
„Personalbedarf und Personaleinsatz in Gesundheits- und Pflegeunternehmen“ ist ein Buch für die Praxis. Am Beginn ausgewählter Kapitel finden Sie kurze Geschichten oder pointierte Abrisse. Diese sollen unterhaltsame Hinweise zum Querdenken sein. Die Zeit, ihre Verwendung und Optimierung beschäftigen die Menschen seit jeher.
Darüber hinaus finden sich bei den einzelnen Abschnitten wichtige Kennzahlensammlungen, die am Ende des Buches nochmals zusammengefasst werden. Es sind Kennzahlen zum Mitnehmen, also „Benchmarks-to-go“. Ich habe sie so genannt, weil ich in meiner langjährigen Praxis festgestellt habe, dass es wichtig ist, wesentliche Kennzahlen „mit dabei zu haben“. Es wird Sie erstaunen, dass es mit einigen wenigen Kennzahlen gelingt, den Überblick zu behalten und ein kritischer und ernstgenommener Systempartner zu sein. Die Tatsachen sind trivial, die gesamte Personalanalyse bedarf nicht der hohen Mathematik. Wie Sie bemerken werden, findet man mit den Grundrechnungsarten das Auslangen.
Ergänzend habe ich ein Glossar mit eigenen Definitionen zusammengestellt. Die Betriebswirtschaftslehre macht es einem nicht immer einfach: Im Gegensatz zu Medizin und Pflege sind im Management für ein und denselben Begriff oft unzählige Definitionen verfügbar. Im Glossar finden Sie jene Beschreibungen, von denen ich meine, dass sie Ihnen im Zusammenhang mit dem Thema dieses Buches eine Unterstützung sein werden.
Sie als Leser dieses Buches werden am Ende der Lektüre in der Lage sein, Berechnungen selbst anzustellen, Zusammenhänge zu verstehen und die vermeintlichen Geheimnisse rund um die Themen Personalbedarf und Personaleinsatz zu lüften. Ich wünsche Ihnen viele hilfreiche und nützliche Impulse für die Praxis. Das ist meine Einladung an Sie!
Christoph Zulehner März 2016
1https://gutezitate.com/zitat/210027 (abgerufen am 28-04-2022)
AD
Administration
ÄZR
Äquivalenzziffernrechnung
AL
Abteilungsleitung
AS
Assistenzärzte
BGBl
Bundesgesetzblatt
BL
Bereichsleitung
BSR
Bewegungs- und Stützapparate sowie Rheumatologie
BW
Bewohner, Bewohnerin
CT
Computertomografie, Computertomograf
DBfK
Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe
DGKP
Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflege
DKG
Deutsche Krankenhausgesellschaft
DKI
Deutsches Krankenhausinstitut
DO
Donnerstag
DP
Diplomierte Pflege
DRG
Diagnosis Related Groups, Diagnosebezogene Fallgruppen
EQR
Europäischer Qualifikationsrahmen
ERCP
endoskopische retrograde Cholangio-Pankreatikographie
EU
Europäische Union
FA
Fachärztin / Facharzt
FE
Feiertag
FR
Freitag
GbR
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GSG
Gesundheitsstrukturgesetz
GuKG
Gesundheits- und Krankenpflegegesetz
GZF
Gleichzeitigkeitsfaktor
HK
Hilfskräfte
HNO
Hals-Nasen-Ohren
Hrsg.
Herausgeber
ILO
International Labour Organisation
IT
Informationstechnologie
IWW
Industrial Workers for the World
KA-AZG
Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz
KPJ
Klinisch-Praktisches Jahr
LEP
Leistungserfassung in der Pflege
LKF
leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierung
MA
Mitarbeitende
MI
Mittwoch
min
Minuten
mmHg
Millimeter-Quecksilbersäule
MO
Montag
MRT
Magnetresonanztomografie
MMSE
Mini-Mental State Examination
NSchG
Nachtschwerarbeitsgesetz (Österreich)
OP
Operation, Operations-
ONR
ON-Regel
PAQ
Personalausfallsquote
PE
Personalentwicklung
Pflege-PV
Pflege-Personalverordnung
PH
Pflegehilfe
PPR
Pflegepersonalregelung
Psych-PV
Psychiatrie-Personalverordnung
RT
Radiologietechnologin / Radiolgietechnologe
SL
Stationsleitung
SNZ
Schnitt-Naht-Zeit
Std.
Stunden
STD
Stunden
UK
United Kingdom
US, USA
United States of America
VZÄ
Vollzeitäquivalent
WStd.
Wochenstunden
WSTD
Wochenstunden
WWW
World Wide Web
Die Zeit, die Zeit
Zeit ist unser ständiger Begleiter. Sie fließt dahin, und darin sind wir Menschen alle gleich. Die Zeit ist aber auch unser ständiger sprachlicher Begleiter. „Es ist fünf vor Zwölf“, „Die letzte Stunde hat geschlagen“, „Sie verschwenden Ihre Zeit“ sind nur einige dafür.
Unsere durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei neugeborenen Männern derzeit bei rund 80 Jahren und bei Frauen in etwa bei 85 Jahren. Das entspricht bei Männern 701.280 und bei Frauen 745.110 Lebensstunden. Womit wir diese Zeit zum Teil verbringen, soll die folgende Aufzählung vermitteln: [2]
+Nachdem wir zwischen unserem dritten und unserem dreizehnten Lebensjahr alle zwei Stunden ein neues Wort gelernt haben, reden wir im Laufe unseres Lebens insgesamt zwölf Jahre.
+Während unserer gesamten Lebenszeit schlagen wir 415 Millionen Mal die Augen auf und atmen die Luft von 12.000.000 Luftballons ein.
+Während unseres gesamten Lebens legen wir 22.150 km zurück. Die ersten 150 km krabbeln und die folgenden 22.000 km gehen wir.
+Wir verlieben uns im Durchschnitt zweimal. Zwei Wochen unseres Lebens küssen wir und teilen mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit den Rest unseres Lebens mit dem Menschen, den wir geheiratet haben.
+Wir haben 2.580 Mal Sex mit fünf verschiedenen Partnern. Dabei erleben wir 2 ¼ Stunden den sexuellen Höhepunkt.
+Jedes Mal, wenn wir traurig sind, Schmerzen haben, wütend sind oder auch, wenn wir uns sehr über etwas freuen und dann weinen, vergießen wir ca. 28 Tränen. Das sind im ganzen Leben 850.000 Tränen oder 65 Liter.
+Sechs Monate verbringen wir auf der Toilette und scheiden dabei 40.000 Liter Urin aus.
+Wir telefonieren zwei Jahre und sind im Laufe unseres Lebens mit 150 verschiedenen Menschen befreundet.
+Wir essen 3 ½ Jahre. Unter anderem nehmen wir dabei 7.300 Eier und 160 kg Schokolade zu uns.
+Wir sehen zwölf Jahre fern und merken uns 2.000 Personennamen.
+Acht Jahre unserer Lebenszeit arbeiten wir.
2Quelle: Administration des Universum Museum Bremen mit höflicher Erlaubnis nach schriftlicher Anfrage.
Unbestritten ist der „Faktor Mensch“ im Dienstleistungsbereich die wichtigste und zugleich die sensitivste Ressource. Im Vergleich zum Industriebetrieb besteht bei Dienstleistungen die Herausforderung, dass sie großteils durch den unmittelbaren Kontakt zwischen „Dienstleister“ und „Kunde“ hergestellt werden. Dies bedeutet, das Produkt des Dienstleisters ist der Prozess selbst.
Damit sind die Mitarbeitenden eines Gesundheitsunternehmens die zentralen Vermittler des Produktes und die entscheidenden Repräsentanten der Unternehmensstrategie. Aus diesem Grund ist es für Dienstleister des Gesundheits- und Sozialbereiches von ganz besonderer Bedeutung, sich dieses Zusammenhangs und der strategischen Komponente des Personalmanagements bewusst zu sein. Nicht zuletzt deshalb, weil die Kosten für die Personalressource, je nach Segment, zwischen 50 % und 75 % betragen. Es ist also der Schlüssel-Produktionsfaktor dieser Unternehmen.
Allein schon die Begriffe verführen dazu, sie einzig der obersten Führungsebene zuzuordnen. Bedeutungsschwer bäumen sie sich auf und lehren alle das Fürchten. Dabei sollten sie allen Führungskräften wohl vertraut sein, auch in ihrer Bedeutung. Der Begriff „Strategie“ leitet sich aus dem altgriechischen „strategós“ ab, was so viel heißt wie „Feldherr“ oder „Kommandant“.
Strategie ist also außenorientiert und auf das Geschehen, das Feld und somit auf den Markt gerichtet. Als Aktivität bedeutet es das zielorientierte und mit Kalkül versehene Beobachten der Marktereignisse und das Ableiten der richtigen Schlüsse. Der Begriff „Management“ wiederum kennt mehrere lateinische Ableitungen, wobei zwei hier besonders interessieren: zum einen „manus agere“, was so viel heißt wie „an der Hand führen“, und zum anderen „mansionem agere“, was sinngemäß bedeutet, „jemandes Haus bestellen“.[3] Management ist demnach innenorientiert, dem Unternehmen und somit dem Tun der Mitarbeitenden zugewandt.
Abbildung 1:
Strategie und Management
+Strategie und Management befinden sich in einem ständigen Wechselspiel der Betrachtung: Der Blick nach außen, auf das Feld, auf den Markt. Der Blick nach innen, auf das Know-how und auf Ressourcen. Diese Wechselbeziehung wollen wir hier „Duale Sensibilität“ nennen.
+Alles nimmt beim Markt (Außenorientierung) seinen Ausgang. Der Marktbedarf stellt die Daseinsberechtigung dar, auch bei Gesundheits- und Pflegeunternehmen. Davon leitet sich der Auftrag (Daseinszweck) für das Unternehmen ab (Innenorientierung).
Abbildung 2:
Duale Sensibilität
+Kaskadenförmig setzt sich dieses Prinzip der „Dualen Sensibilität“ bis auf die Ebene der Mitarbeitenden fort. Dort wird zwischen zwei Formen der Kompetenz unterschieden – zwischen der Managementkompetenz und der Expertenkompetenz.
+Ziel ist es – durch die Managementfähigkeiten der Führungsebene und die Fachkompetenz der Expertenebene – den Unternehmensauftrag zum Erlebnis für den Kunden werden zu lassen. Das Kundenerlebnis deckt sich im Erfolgsfall mit den jeweiligen subjektiven Erwartungen. Je höher der Deckungsgrad von Erwartung und Erfüllung ist, umso höher ist die Kundenzufriedenheit. Die Summe der Kundenerwartungen wiederum steht synonym für den Markt, womit sich der Kreis schließt. Abbildung 2 macht dies deutlich.
+Strategie bzw. strategisches Handeln ist immer mit Wettbewerb verknüpft, Management mit Arbeitsteiligkeit und Kooperation. Fehlt der Wettbewerb, dann gibt es keinen Grund, sich mit strategischen Fragen zu beschäftigen. Bedarf es nicht der arbeitsteiligen Kooperation verschiedener Mitarbeitender, dann gibt es keinen Grund, sich mit Fragen des Managements und des professionellen Personalmanagements auseinanderzusetzen. Und genau darin ist wohl auch die Erklärung dafür zu finden, dass Strategisches Personalmanagement erst in den letzten Jahren Einzug in den Gesundheits- und Sozialbereich gehalten hat. Die zunehmend wettbewerbsfördernde, also kompetitiv wirkende Finanzierung, das Streben nach Marktanteilen oder das Erringen von Verhandlungsmacht stellen jene Parameter dar, die den Bedarf an klugen, strategischen Methoden in Gesundheits- und Pflegeunternehmen evident machen.
In meinem Buch „Strategisches Führen in Gesundheits- und Pflegeunternehmen“[4] habe ich ein Modell des Strategischen Managements entwickelt und vorgestellt. Dieses Modell besteht im Kern aus vier einfachen Bausteinen. Die Bausteine eins bis vier bedingen sich gegenseitig und stehen in einer logischen Abfolge zueinander: Strategisches Führen startet immer mit dem Deklarieren eines Unternehmensauftrags, geht weiter zum Definieren davon abgeleiteter Ziele, legt dann die dafür notwendigen Abläufe fest und bestimmt abschließend die dazu erforderlichen Strukturen. Der fünfte Baustein, die Kultur, ist ein weithin unterschätzter Einflussfaktor. Oder, wie Peter Drucker es zugespitzt zum Ausdruck brachte: „Culture eats strategy for breakfast.“[5]Abbildung 3 soll diesen Zusammenhang in Erinnerung rufen.
Abbildung 3:
Das Modell des Strategischen Managements (Kernbereich)[6]
Der Produktionsfaktor Personal ist in diesem Modell dem Baustein Struktur zuzuordnen. Nachdem das Produkt des Dienstleisters das „Handeln der Mitarbeitenden“, also die Ablauforganisation, darstellt, sind davon abgeleitet die Mitarbeitenden das wichtigste Strukturelement. Im Rahmen strategischer Entwicklungen von Gesundheits- und Pflegeunternehmen wird es daher notwendig sein, die bislang tradierten Organisations- und Personalstrukturen einer kritischen Betrachtung zu unterziehen und ihre Sinnhaftigkeit unter die Lupe zu nehmen.
Letztendlich gilt es, die folgende Frage zu beantworten: Unterstützen die vorhandene Personalausstattung und die Personalstruktur das Unternehmen dabei, den Unternehmensauftrag und die Unternehmensstrategie professionell zu erfüllen, um den Markterfordernissen erfolgreich zu begegnen?
Um es gleich vorwegzunehmen: Sehr oft ist dies in Gesundheitsunternehmen nicht der Fall. Oftmals sind die Personalstruktur und ihr hierarchischer Aufbau den zukünftigen Herausforderungen kaum gewachsen. Dies begründet sich damit, dass Gesundheits- und Sozialunternehmen meist eine tradierte und über Dekaden gewachsene Personalstruktur und Aufbauorganisation aufweisen.
Besonders deutlich wird das bei jenen medizinisch-pflegerischen Organisationsstrukturen, die den klassischen und traditionell gewachsenen Regeln unterliegen. Die Struktur, die wir zum Beispiel im Krankenhaus kennen, ist generell organ- und/oder therapieorientiert und stellt sich ganz typisch in Abteilungsformen dar. Dies zeigt sich üblicherweise in Form der Einlinienorganisation, die fast immer von den drei Säulen Medizin, Pflege und Kaufmannschaft bestimmt wird. Diese typischen Einlinien-Organigramme führen immer wieder zu Verwirrung und Missverständnissen, stellen sie doch großteils den disziplinären Bezug der Mitarbeitenden zueinander dar. In diesem Zusammenhang gilt: Der disziplinäre Bezug dient unmittelbar dem Wohle der Organisation und damit mittelbar dem Wohle der Patienten. Damit unterstützen tradierte Aufbauorganisationen selten einen kunden- bzw. patientenorientierten Ablauf. Vielmehr wird damit sichergestellt, dass das Beziehungsgeflecht im Sinne der Hierarchie funktioniert. Alle disziplinären Anweisungen sind einfach zu überprüfen, weil sie entlang der Organigrammlinien laufen müssen. Typische Beispiele dafür sind die Personaleinsatzplanung und die Funktionalität der einzelnen Organisationseinheiten. Hier haben die unmittelbar Vorgesetzten die Positionsmacht und damit die Entscheidungsbefugnis.
Neben dem disziplinären Linienbezug gibt es den weitaus größeren Teil der fachlichen Anweisungen: Fachärzte ordnen beispielsweise den Pflegekräften an, einen Patienten für die Operation vorzubereiten. Die diplomierte (examinierte) Pflegeperson ordnet der Pflegeassistenz an, sie bei der Lagerung eines Patienten zu unterstützen. In diesem Zusammenhang gilt: Hier handelt es sich um fachliche Anordnungen. Fachliche Anordnungen dienen unmittelbar dem Wohle der Patienten und damit mittelbar dem Wohle der Organisation. Daher verläuft diese Art von Anweisung meist nicht entlang der Linien klassisch-hierarchischer Organigramme. Bisweilen wird diese Form des Zusammenwirkens in der Literatur auch als „Laterale Führung“ bezeichnet, wobei ich in diesem Kontext dazu neige, von diesem Begriff Abstand zu halten.
Das Regulativ bei fachlichen Anweisungen ist zwar nicht die disziplinäre Hierarchie, aber es sind Ausbildung, Erfahrung und allem voran evidenzbasiertes Wissen. Ein Operateur, der sich zum Beispiel bei einem Eingriff unwissentlich unsteril gemacht hat, tut im Sinne seiner Patienten gut daran, auf dementsprechende Hinweise zu reagieren, auch wenn diese von einer Hilfskraft kommen. Im Zentrum sachlich-fachlicher Anweisungen steht also das unmittelbare Wohlergehen der Klienten, die sich vertrauensvoll in die Obhut des Unternehmens und seiner Behandler begeben.
Die große Missdeutung in diesem Zusammenhang ist die Hierarchisierung der Fachexpertise. Was ist damit gemeint? Gerade Expertenorganisationen, wie sie Gesundheits- und Pflegeunternehmen darstellen, sind von einer historischen Prägung beeinflusst, die dazu führen kann, dass fachliches Spitzenkönnen zur Rangordnung hochstilisiert wird. Der Sprachgebrauch unterstützt solche Tendenzen oft zusätzlich. Unstrittig gebührt den Oberärzten die fachliche Anerkennung durch ihre Ernennung. Trotzdem ist der Titel eine Irreführung, weil mit der Vorsilbe „Ober-“ nicht eine disziplinäre Überordnung, sondern die fachliche Würdigung zum Ausdruck kommt. Die Pflege soll hier nicht ausgenommen werden. Auch die Tendenz hin zur Subspezialisierung und zur Ausbildung dementsprechender Wund-, Stoma-, Stoffwechsel- und Demenzexperten treibt vielerorts seine organisationalen Blüten.
Was das bedeutet, ist Folgendes: Das Sachlich-Fachliche kennt keine Hierarchie. Dieser Grundsatz wird deshalb so herausgestrichen, da strategisch ausgerichtetes Personalmanagement darauf aufbaut, ja aufbauen muss. Dieser Leitgedanke wird das Fundament für zukünftig notwendige Personalstrukturen darstellen müssen.
Das dritte Element der Personalstruktur in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen ist jener Bereich, der sich sowohl dem disziplinären wie auch dem fachlichen Beziehungsgeflecht entzieht. Beispielsweise die Kooperation von Mitarbeitenden der gleichen Organisationsebene – etwa die Angehörigen eines Teams, das Kollegium der Chefärzte, die Gruppe der Pflegebereichsleitungen, die Stationsleitungen oder beispielsweise die Kollegiale Führung und der Unternehmensvorstand. Hier muss die Kultur das organisatorische Auskommen bestimmen. Es braucht Vereinbarungen und Spielregeln, wie man auf gleicher Ebene miteinander umzugehen pflegt.
Alle diese gewachsenen Elemente traditioneller Strukturen, deren Berechtigung hier nicht in Abrede gestellt wird, müssen sich im Rahmen strategischer Ansätze weiterentwickeln und verändern. Es ist durchaus bemerkenswert, wie sich das System bislang gegen Weiterentwicklungen solcher Art zur Wehr setzt und wie viele Führungsverantwortliche im System auf dem Bestand der Versäulung geradezu beharren.
Unstrittig ist, dass viele dieser traditionellen Personalstrukturen gegenwärtig auch durch dementsprechende rechtliche, finanztechnische und systemimmanente Rahmenbedingungen geschützt werden.
Unternehmen, die mit innovativen Ansätzen ihr Kerngeschäft unterstützen möchten, werden daher auf ihrer Fahrt in die Zukunft auch das eine oder andere dieser Hemmnisse zu spüren bekommen.
In der Abbildung 4 sind die vorweg beschriebenen Beziehungsgeflechte der Personalstruktur in ihrer Komplexität dargestellt. Die Grafik macht vor allem eines deutlich: Ein klassisches Organigramm stellt ausnahmslos den disziplinären, also hierarchischen Bezug dar. Die Anzahl der einzelnen Funktionsstellen sowie das sachlich-fachliche Verhältnis und die Kultur können deshalb nur stilisiert dargestellt sein. Professionelle Unternehmen beherrschen diese Beziehungsgeflechte und kennen die entsprechenden prozessualen Konventionen.
Abbildung 4:
Klassische Organisationsstrukturen und Beziehungsgeflechte
Ein Merkmal der Gesundheits- und Sozialpolitik ist es, dass sie in der Vergangenheit kaum Zielsteuerung ausgeübt hat. Vielmehr bediente sie sich neben der Leistungssteuerung der Lenkung über Strukturen. Diesbezüglich hat sich bis heute nur zaghaft etwas geändert. Nach wie vor gibt die Politik Strukturen vor, nimmt Einfluss auf Standorte, Größe, Kapazitäten, Ausstattung und im ganz besonderen Maße auf die Personalressource. Die Ursachen dafür sind vordergründig logisch und vielfach auch verständlich: Die Politik wahrt mit dieser Art der Steuerung ihren Einfluss im Sinne der Versorgungssicherheit und der Verteilungsgerechtigkeit.
Darüber hinaus wird mit Struktursteuerungsmaßnahmen auch über Finanzmittel des laufenden Betriebs entschieden. Werden bestimmte Fixkostenverursacher nicht zur Verfügung gestellt, dann bleiben auch die variablen Kosten aus.
Gehen wir von der unternehmerischen Perspektive – also vom mikroökonomischen Modell des Strategischen Managements – aus, dann folgen der Mission das Ziel, der Prozess und die Struktur. Aus gesundheitspolitischer Perspektive stellt sich das Modell jedoch genau umgekehrt dar: Um eine möglichst gerechte Versorgung sicherzustellen und auf die Kosten Einfluss nehmen zu können, erfolgt die Steuerung über die Verteilung von Strukturen.
Der mikroökonomischen These steht eine makroökonomische Antithese gegenüber. Aus diesem Gegensatz gilt es, als Kompromiss zwischen Unternehmenszielen und Versorgungsauftrag, also zwischen Wirtschaftlichkeit und Klientenerwartungen, eine intelligente Synthese zu gestalten. Das Management von Gesundheitseinrichtungen muss sich deshalb der Tatsache stellen, dass im Idealfall strategisch gesteuert wird. Aufgrund von kaum oder nicht veränderbaren Gegebenheiten sind aber auch Strukturvorgaben in das Unternehmen hinein wirksam, die im Besonderen auf die strategische Personalarbeit Einfluss haben.Abbildung 5 verdeutlicht diesen Zusammenhang.
Abbildung 5:
Ziel- und Struktursteuerung
Selbst von der Gesundheits- und Sozialpolitik werden zunehmend Versuche unternommen, sich von der Struktursteuerung ein Stück weit zu befreien und andere Wege zu gehen. Langsam bewegt sich das System vom Strukturelement weg auf den nächsten Baustein, den Prozess, zu. Anzeichen dafür sind beispielsweise Disease-Management-Programme, die nichts anderes darstellen als national oder international verbindliche Behandlungsprozesse, die auf Unternehmensebene in sogenannte „Clinical Pathways“ und damit in eine kontrollierte Beeinflussung von Behandlungsprozessen und Personalmanagement münden.
Ein weiteresBeispiel ist die Vorgabe von Triage-Systemen – beispielsweise in Form der Manchester-Triage[7], der Australasian Triage Scale (ATS)[8] oder der Canadian Triage and Acuity Scale (CTAS)[9] in Notfallaufnahmen.
Soweit dies heute erkennbar ist, bewegt sich die Gesundheitspolitik, was die Steuerung betrifft, langsam auf den Zielbaustein zu. Über Zielvereinbarungen zwischen Systemsteuerer und Unternehmen wird dabei versucht, den Versorgungsauftrag in Zahlen und Eigenschaften zu gießen und so die solidarisch finanzierten Angebote qualitativ hochwertig, verteilungsgerecht sowie auch unter ökonomischen Gesichtspunkten bereitzustellen. Die Systemerfahrungen dazu sind jedoch noch nicht ausreichend, um sie an dieser Stelle zu kommentieren. Soviel kann aber bereits festgestellt werden: Alle Systempartner lernen, und das ist von Bedeutung.
In dieser Entwicklung ist auch der Grund dafür zu sehen, dass die Struktursteuerung als Werkzeug bei den Mitarbeitenden keinen hohen Stellenwert besitzt. Sie stellt einen sehr anspruchslosen Eingriff dar und ist gleichsam kein Garant dafür, dass damit eine hohe Dienstleistungsqualität sichergestellt ist.
Die in der Gesundheits- und Sozialbranche dominierende Struktursteuerung steht folglich grundsätzlich im Widerspruch zu den Forderungen des Strategischen Personalmanagements. Darin ist ein Hauptgrund für die unzähligen Konfliktfelder zwischen der systembeeinflussenden Intention der Leistungsfinanzierer und den unternehmerischen Absichten der Leistungserbringer zu sehen.
Fest steht, dass sich Gesundheits- und Pflegeunternehmen aufgrund unterschiedlicher Einflussfaktoren zunehmend mit Strategischem Personalmanagement beschäftigen müssen, um aus dem wachsenden Wettbewerb erfolgreich hervorzugehen.
3vgl. Zulehner, C.: Strategisches Führen in Gesundheits- und Pflegeunternehmen – Handbuch für die Praxis, Josef Eul Verlag, Lohmar-Köln, 2011
4vgl. Zulehner, C.: Strategisches Führen in Gesundheits- und Pflegeunternehmen – Handbuch für die Praxis, Josef Eul Verlag, Lohmar-Köln, 2011
5vgl. Drucker, P.: Culture Eats Strategy for Breakfast and Transformation for Lunch – Understand how culture maintains stability within an organization and can create, help, or hurt a change initiative. In: The Jabian Journal, 2019, https://journal.jabian.com/culture-eats-strategy-for-breakfast-and-transformation-for-lunch/, (abgerufen am 28-04-2022)1
6vgl. Zulehner, C.: Strategisches Führen in Gesundheits- und Pflegeunternehmen – Handbuch für die Praxis, Josef Eul Verlag, Lohmar-Köln, 2011
7vgl. Mackway-Jones, K.; Marsden, J.; Windle, J. (Hrsg): Emergency Triage – Manchester Triage Group, Blackwell Publishing UK, 2005
8vgl. ACEM Guidelines on the implementation of the Austalasian triage scale in emergency departments. ACEM, Victoria, http://www.acem.org.au/media/policies_and_guidelines/G24_Implementation__ATS.pdf, (abgerufen am 28-04-2022)
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