Pflegesatzverhandlungen in der stationären Pflege - Roman Tillmann - E-Book

Pflegesatzverhandlungen in der stationären Pflege E-Book

Roman Tillmann

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Beschreibung

Pflegesatzverhandlungen sind Herausforderungen der besonderen Art. Als Führungskraft ist es Ihr Ziel, Pflegesätze so zu verhandeln, dass Ihre Einrichtung wirtschaftlich gut aufgestellt ist. Doch welche Auswirkungen haben aktuell Tarifpflicht, einheitliche Personalschlüssel oder andere gesetzliche Veränderungen auf die Verhandlungen? Ein hervorragender Wegweiser im Paragrafendschungel ist dieses Praxishandbuch. Das Autorenteam aus erfahrenen Unternehmensberatern, zeigt Ihnen, wie Sie Pflegesatzverhandlung optimal vorbereiten und erfolgreich führen. Ausgehend vom GVWG beleuchten die Autoren dazu Pflegesatzverhandlungen aus strategischer und kaufmännischer Sicht. Von den rechtlichen Rahmenbedingungen, dem Geschäftsmodell der stationären Pflege, Buchhaltung, Methoden der prospektiven Hochrechnung der Kosten, Simulation der Pflegesätze bis zum Umgang mit Risiko- und Wagnisaufschlägen.

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Seitenzahl: 145

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Roman Tillmann, Sebastian Satzvey, Christopher Floßbach, Daniel Beckers

Pflegesatzverhandlungen in der stationären Pflege

Erfolgreich verhandeln unter den Rahmenbedingungen des GVWG

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Sämtliche Angaben und Darstellungen in diesem Buch entsprechen dem aktuellen Stand des Wissens und sind bestmöglich aufbereitet.

Der Verlag und der Autor können jedoch trotzdem keine Haftung für Schäden übernehmen, die im Zusammenhang mit Inhalten dieses Buches entstehen.

© VINCENTZ NETWORK, Hannover 2022

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Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.

Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne Weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen.

Foto Titelseite: Adobe Stock, stokkete

ISBN 978-3-7486-0597-3

Inhaltsverzeichnis

1 Vorwort

2 Rechtliche Rahmenbedingungen

2.1 Sozialrechtliches Dreiecksverhältnis

2.1.1 Pflegebedürftige

2.1.2 Leistungsträger

2.1.3 Leistungserbringer

2.2 Duales Finanzierungssystem

2.3 Heimentgelt-Bestandteile

2.3.1 Pflegeleistungen

2.3.2 Unterkunft und Verpflegung

2.3.3 Investitionskosten(-förderung)

2.3.4 Ausbildungsumlage(-n)

2.3.5 Vergütungszuschlag nach § 43b

2.4 Landesrahmenverträge nach § 75 SGB XI

2.5 Pflegesatzverfahren nach § 85 SGB XI

2.5.1 Schiedsstelle (§ 76 SGB XI)

2.5.2 Relevante Regelungen des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG)

2.5.3 Vergütungskürzung bei Nichteinhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen gem. § 115 Abs. 3, 3a, 3b SGB XI

2.6 Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen

2.6.1 Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG)

2.6.2 Auswirkungen der Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen auf zukünftige Pflegesatz­verhandlungen

3 Grundprinzip der Pflegesatzverhandlung

3.1 Das Geschäftsmodell der stationären Pflege

3.2 Das Grundprinzip der Pflegesatzverhandlungen

3.2.1 Die Belegungsstrukturplanung in der Pflegesatzkalkulation

3.2.2 Berücksichtigung übergeordneter, strategischer Positionen in der Pflegesatzkalkulation

4 Vorgehensweise zur Pflegesatzverhandlung

4.1 Bestandsaufnahme

4.2 Ist-Kostenanalyse

4.2.1 Grundvoraussetzungen

4.2.2 Vorgehensweise

4.2.3 Richtige Berechnung der Personalkosten

4.2.4 Exkurs: Analyse der § 43b-Vergütungzuschläge

4.3 Simulation der Pflegesatzverhandlung

4.3.1 Hochrechnung der Belegung

4.3.2 Hochrechnung der Personalkosten

4.3.3 Hochrechnung der Sachkosten

4.3.4 Tarifüberleitungssimulation

4.3.5 Simulation der Pflegesätze und des EEE

4.4 Zeitplan für die Pflegesatzverhandlung

4.5 Risiko- und Wagniszuschlag

4.6 Grundsatzstrategie zur Durchführung von Pflegesatzverhandlungen

5 Auswirkungen der Pflegereform auf zentrale Managementbereiche

5.1 Auswirkung auf die Steuerung von Pflegeeinrichtungen

5.1.1 Personalsteuerung

5.1.2 Belegungssteuerung

5.2 Auswirkungen auf den Bereich Human Ressources

5.3 Strategische Auswirkungen

5.3.1 Auswirkungen auf die Personalstrategie

5.3.2 Auswirkungen auf die Renditestrategie

5.3.3 Auswirkungen auf die Produktstrategie

5.3.4 Auswirkungen auf die Unternehmensstrategie

6 Fazit und Ausblick

1Vorwort

Die letzten Jahre waren geprägt von einer hohen Dynamik an Veränderungen für die Pflegebranche. Erst die Pflegestärkungsgesetze und dann das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) haben das Geschäftsmodell und die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen der stationären Pflege gravierend beeinflusst. Dies hat zur Folge, dass Träger von Pflegeeinrichtungen zunehmend Steuerungsinstrumente nutzen sowie Verhandlungsszenarien entwickeln und bewerten müssen, um der steigenden Komplexität und der Vielzahl von Nachweispflichten konstruktiv zu begegnen. Der Grad an detaillierter Vorbereitung und Durchsetzungsvermögen entscheidet über den wirtschaftlichen Erfolg.

Die rosenbaum nagy unternehmensberatung ist spezialisiert auf die betriebswirtschaftliche Beratung von sozialwirtschaftlichen Unternehmen in ganz Deutschland. Einen großen Anteil macht dabei die Beratung von freigemeinnützigen, kommunalen und privaten Trägern der Altenhilfe aus. In unseren Projekten haben wir uns in den vergangenen Jahren intensiv mit den Auswirkungen der Gesetzesreformen beschäftigt und Träger beraten, wie sie sich auf die neuen Gegebenheiten einstellen müssen.

Mit dem GVWG hat die Bundesregierung erneut Rahmenbedingungen verändert, die weitreichende Auswirkungen auf den Betrieb von stationären Pflegeeinrichtungen haben werden. Die Einführung der Tarifpflicht wird alle bisher nicht tariflich gebundenen Träger zwingen, z. T. deutlich höhere Löhne zu bezahlen. In einigen Bundesländern wird die Einführung der einheitlichen Personalschlüssel zu einer deutlichen Mehrpersonalisierung führen. Beides wird zu sprunghaften Kostensteigerungen führen, die nur über höhere Pflegesätze zu refinanzieren sind. Somit kommt der Pflegesatzverhandlung eine wichtige Bedeutung zu. Viele Träger werden gezwungen sein, die nachweislich vorhandenen Kostensteigerungen über Individualverhandlungen durchzusetzen. War es in der Vergangenheit in vielen Bundesländern üblich, pauschale %-uale Erhöhungen der Pflegesätze mit den Pflegekassen zu vereinbaren, so wird dies bei teilweise zweistelligen %-Sprüngen nicht mehr so einfach vorstellbar sein. Und trotzdem verschwinden einige der bisherigen Renditemöglichkeiten, teils aufgrund von im Gesetz verankerten Regressmöglichkeiten und teils aufgrund der Angleichung aller Pflegeeinrichtungen in der Entlohnung ihrer Mitarbeiter.

Da wir als Berater häufig die Pflegesatzverhandlungen mit den Kunden vorbereiten und durchführen, ist hier eine besondere Dynamik zu spüren. Viele Träger müssen nun erstmals nach vielen Jahren mit pauschalen Pflegesatzerhöhungen wieder Individualverhandlungen führen und dabei auch noch eine neue Vergütungssystematik mitdenken, die sie später einführen werden. Wer nicht über ein gutes Controlling verfügt, das die wesentlichen Parameter der Pflegesatzverhandlung abbildet, merkt, wie aufwendig die Vorbereitung einer Pflegesatzverhandlung ist.

Grundlegende Kenntnisse über die Refinanzierungsstrukturen sind elementar für das erfolgreiche Führen von Pflegesatzverhandlungen. Dieses Buch setzt genau an dieser Stelle an: Ausgehend vom GVWG werden hier alle relevanten Themen zum Umgang mit der Reform, aber auch zur erfolgreichen Ausrichtung der Pflegeeinrichtung für die Zukunft abgehandelt. Die Pflegesatzverhandlung ist dabei von zentraler Bedeutung. Wir beleuchten das Thema Pflegesatzverhandlung aus strategischer, kaufmännischer Sicht, also aus Managementsicht und stellen den Bezug zu den Veränderungen durch das GVWG her. Mit vielen Tipps und Anleitungen aus unserer mittlerweile 25-jährigen Beratungspraxis wollen wir allen Trägern dabei helfen, die nächsten Pflegesatzverhandlungen erfolgreich zu führen.

Zu Beginn erklären wir die wichtigsten rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die Veränderungen durch das GVWG. Anschließend werden das Grundprinzip des Geschäftsmodells der stationären Pflege aus betriebswirtschaftlicher Sicht erläutert und daraus das Grundprinzip der Pflegesatzverhandlung abgeleitet. Das Kapitel 4 beschreibt die praktische Vorgehensweise bei der Pflegesatzverhandlung, angefangen mit den notwendigen Grundvoraussetzungen an Buchhaltung, Kostenrechnung und Controlling über Methoden zur prospektiven Hochrechnung der Kosten und Simulation der Pflegesätze und dem Umgang mit Risiko- und Wagnisaufschlägen bis hin zur Grundsatzstrategie zur Pflegesatzverhandlung. Abschließend werfen wir einen Blick auf die Auswirkungen der Pflegereform auf die zentralen Managementbereiche einer stationären Pflegeeinrichtung.

Wir, die Autoren dieses Buchs, sind allesamt langjährige Seniorberater in der Altenhilfe und bringen die Erfahrungen aus den vielen Projekten und Pflegesatzverhandlungen für unsere Kunden ein. Uns ist es wichtig, dass dieses Buch Ihnen möglichst pragmatisch und praxisnah als Wegweiser im Dschungel der gesetzlichen Reformen dient, um den richtigen Weg bei der nächsten Pflegesatzverhandlung einzuschlagen und darüber hinaus die Pflegeeinrichtung nachhaltig und erfolgreich in die Zukunft zu führen.

Eins können wir festhalten: Es wird zukünftig nicht einfacher, mit einer stationären Pflegeeinrichtung wirtschaftlich erfolgreich zu sein – aber es wird möglich sein! Die Anforderungen an betriebswirtschaftliche Steuerung und entsprechende Controllinginstrumente wird weiter steigen – auch das ist mit Blick auf die letzten 10 Jahre nichts Neues!

Wir hoffen, Ihnen mit diesem Buch eine gute Hilfestellung für die nächste Pflegesatzverhandlung zu geben und wünschen Ihnen viel Erfolg dabei!

Roman Tillmann (Geschäftsführender Partner der rosenbaum nagy unternehmensberatung)

2Rechtliche Rahmenbedingungen

Die gesetzlichen Regelungen geben aus betriebswirtschaftlicher Perspektive Vorgaben zur innerbetrieblichen Organisation. Auf diesem Fundament, sofern Träger von Pflegeeinrichtungen diesen Richtlinien folgend Transparenz und Nachweisbarkeit (durch gegenseitige Wechselwirkung) zunehmend steigern, können Pflegesatzkalkulationen sowohl ökonomisch als auch verhandlungssicher vorbereitet werden. Die nachfolgend aufgeführten Inhalte dienen der Groborientierung und Abgrenzung der in den Pflegesatzverhandlungen anzusetzenden Kostenpositionen. Wichtig hierbei ist mitunter das Herausstellen der tatsächlich pflegesatzrelevanten Aufwendungen im Personal- und Sachkostenbereich. Dies soll insbesondere durch die nachfolgenden Ausführungen in Kap. 2.1 bis 2.3 dargestellt werden – d. h., in welchem Umfeld agieren welche Akteure miteinander und welche Bedingungen müssen aus interner und externer Sicht erfüllt sein, um eine Pflegesatzkalkulation vorschriftsgemäß und nach den neuesten theoretischen sowie praktischen Erkenntnissen vorzubereiten und gegenüber den Kostenträgern vertreten zu können.

Die Kostenträger in der Rolle als Verhandlungspartner beziehen sich gerne auf einzelne Passagen aus den nachfolgend beschriebenen und zitierten Gesetzestexten, um auf eine Nicht-Refinanzierbarkeit einzelner Kostenpositionen hinzuweisen bzw. diese damit zu begründen. Träger von Pflegeeinrichtungen könnten sich diese aber auch selbst zunutze machen, denn häufig bestehen Regelungen zugunsten der Pflegebetriebe so lange, wie sie einen wirtschaftlichen Nutzen der aufgeführten Kostenpositionen belegen können. Die Ausführungen in Kap. 2.4 bis 2.6 sollen einen ersten Überblick zu den wichtigsten Vorschriften geben und dadurch den Grad an Verhandlungssicherheit erhöhen.

2.1Sozialrechtliches Dreiecksverhältnis

Das sozialrechtliche und finanzielle Beziehungsgeflecht in der stationären Versorgung lässt sich anhand eines Dreieckmodells erläutern. In diesem „Dreiecksverhältnis“ sind öffentliche Kostenträger (z. B. Pflegekassen, Sozialhilfeträger, Sozialversicherungen und Landesbehörden), Hilfeempfänger bzw. Pflegebedürftige (z. B. Sozialhilfeempfänger, anspruchsberechtigte Versicherte sowie andere Anspruchsberechtigte) und die Träger der stationären Pflegeeinrichtungen beteiligt.

Die öffentlichen Kostenträger übernehmen neben den Eigenanteilen der Bewohner:innen die Finanzierung des stationären Aufenthaltes in der Pflegeeinrichtung und tragen ihren Teil zum gesetzlichen Sicherstellungsauftrag für ein ausreichendes Pflegeangebot bei (§§ 9 und 69 SGB XI ‚Sicherstellungsauftrag‘). Die pflegebedürftige Person dagegen empfängt die soziale Dienstleistung als Sachleistung. Die Träger von Pflegeeinrichtungen übernehmen als Leistungserbringer die „Produktion“ angebotener Pflege- und die weiteren damit eng verbundenen (Hotel-)Leistungen.

Die pflegebedürftige Person befindet sich demnach in einem zweifachen Rechtsverhältnis. Die finanzielle Verknüpfung besteht zum einen durch das öffentlich-rechtliche Sozialrechtsverhältnis zum Kostenträger und zum anderen durch die privatrechtliche Vertragsbeziehung zum Träger von Pflegeeinrichtungen, welche Pflegeleistungen und weitere damit verbundene Leistungen zur Verfügung stellen.

In diesem Zusammenhang ist die Investitionskostenförderung als Besonderheit der dualen Finanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht direkt Bestandteil des sozialrechtlichen Dreiecks, obwohl über die öffentlichen Kostenträger in allen Bundesländern Sozialhilfeleistungen erfolgen.

Jedoch hat die Förderung der Investitionskosten Konsequenzen für Teile des Dreiecks. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass Pflegeeinrichtungen bei fehlender oder mangelhafter Investitionskostenförderung die restlichen Kosten auf die pflegebedürftige Person umlegen können (§ 82 Abs. 3 und 4 SGB XI), und zum anderen, dass die Förderung auch Inhalt einer Vereinbarung zwischen Leistungsträgern i. S. d. SGB XII und Leistungserbringern sein kann (§§ 75 Abs. 5, 76 Abs. 2 SGB XII).

Abbildung 1: Dreiecksverhältnis in der Altenhilfe und seine rechtlichen Beziehungen

Eine Besonderheit dieses Dreiecksverhältnisses sind die bestehenden Vertragsbeziehungen zwischen den Beteiligten. Für eine Pflegeeinrichtung werden ein Versorgungsvertrag sowie eine Vergütungsvereinbarung mit dem Träger der Sozialversicherung bzw. der Pflegeversicherung abgeschlossen. Auf dieser Ebene erfolgt die Verhandlung der Entgelte als Pflegesatzverhandlung. Mit den betroffenen Bewohner:innen wird im engeren Sinne nicht verhandelt. Die Bewohner:innen schließen jedoch den letztlichen Heim- sowie Pflege- und Betreuungsvertrag mit der Pflegeeinrichtung und stellen ihre Leistungsansprüche an die zuständige Pflegeversicherung. Insofern sind die Bewohner:innen der zentrale Bestandteil der Leistungserbringung. Auf die Preisfindung als solche, von der Sie direkt betroffen sind, haben sie jedoch keinen Einfluss. Diese besondere Beziehung zwischen den einzelnen Akteuren ist in der Abbildung 1 auf der gegenüberliegenden Seite zusammengeführt.

2.1.1Pflegebedürftige

Die pflegebedürftige Person hat aufgrund ihrer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung und dem damit verbundenen erhöhten Maß an Hilfsbedürftigkeit im Bereich Körperpflege, Mobilität, Nahrungsversorgung/-besorgung sowie hauswirtschaftliche Versorgung im täglichen Leben einen Leistungsanspruch auf vergütete Pflegeleistungen (§ 14 Abs. 4 SGB XI).

Voraussetzung hierfür ist die Notwendigkeit von unterstützenden Pflegeleistungen über einen Zeitraum, der über sechs Monate hinausgeht (§ 14 Abs. 1 SGB XI, § 61 Abs. 1 SGB XII). In mehreren (früheren) Entscheidungen hat das Bundessozialgericht[1] verdeutlicht, dass die Feststellung der Pflegebedürftigkeit – und die generelle Einstufung in Pflegegrade als solche – sich maßgeblich an den im alten § 14 Abs. 4 SGB XI katalogisierten Bereichen der Hilfsbedürftigkeit richten muss. Zur Orientierung diente einst die Darstellung des definierten Hilfebedarfs nach dem ebenfalls alten § 14 Abs. 3 SGB XI in den Pflegebedürftigkeits-Richtlinien (PflRi) gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 SGB XI i. d. F. vom 11.05.2006. Der Pflegebegriff wurde dabei sehr eingeschnürt.

Die Pflegebedürftigkeits-Richtlinien wurden im Zuge der Reformierung der Sozialen Pflegeversicherung durch die Begutachtungsrichtlinien vom 15.04.2016 ersetzt.

Seit 01.01.2017 gilt ein Pflegebedürftigkeitsbegriff, der durch ein umfassendes Begutachtungsinstrument umgesetzt wird. Der GKV-Spitzenverband hat zudem am 22.03.2021 eine überarbeitete Fassung der Richtlinien zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit beschlossen. Diese gilt für alle Begutachtungen des Medizinischen Dienstes ab dem 17.05.2021.

Der Begriff der Pflegebedürftigkeit ist im Pflegeversicherungsrecht (SGB XI) und im Sozialhilferecht (SGB XII) nahezu identisch. Im Sozialhilferecht wirkt der Handlungsbereich aufgrund der differenten Aufgabenstellung der Hilfe zur Pflege (§ 61 Abs. 2 SGB XII) und der Pflegeversicherung als eine Ergänzung.

2.1.2Leistungsträger

2.1.2.1Soziale Pflegeversicherung/Pflegekassen

Die Soziale Pflegeversicherung nimmt bei der Finanzierung für die vollstationäre Versorgung in einer Pflegeeinrichtung eine zentrale Rolle ein (§ 82 Abs. 1 S. 1 SGB XI in Verbindung mit den §§ 84-85 SGB XI).

Hiervon abzugrenzen ist der Leistungsanspruch auf Rehabilitation und medizinische Betreuung bzw. Behandlungspflege gemäß SGB V, wobei SGB XI lediglich den Leistungsanspruch auf die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung begrenzt, dennoch (systemwidrig) die Ansprüche aus SGB V in der stationären Pflege übernimmt.

Sie basiert auf gesetzlichen Grundlagen, die das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit einer Person definieren und eine Einteilung derer in dafür vorgesehene Pflegegrade ermöglichen (§ 15 SGB XI).

Die Notwendigkeit einer vollstationären Aufnahme richtet sich nach der individuellen Pflegesituation, welche durch den Medizinischen Dienst begutachtet wird (§ 18 SGB XI). Die (bestellte) begutachtende Person überprüft den Anspruch des Versicherten auf vollstationäre Pflege. Voraussetzung hierfür ist die unerfüllbare Umsetzung von häuslicher oder teilstationärer Pflege sowie gesonderte Einzelfallentscheidungen, in denen vollstationäre Leistungen für erforderlich erklärt werden (§ 43 SGB XI).

Die Pflegekasse der versicherten Person übernimmt die für den begutachteten Pflegegrad entsprechenden Kosten durch die monatliche Zahlung eines pauschalen und einheitlichen Leistungsbetrages, der anteilig den allgemeinen Pflegeaufwand, die medizinische Behandlungspflege sowie die soziale Betreuung der Pflegeeinrichtung vergütet. Die Zuschüsse wurden letztmals durch das erste Pflegestärkungsgesetz (PSG I) zum 01.01.2015 angehoben. Die Zuschusshöhe je Pflegegrad ist wie in der folgenden Abbildung 2 dargestellt gestaffelt.

Abbildung 2: Monatliche Zuschusshöhe der Pflegekasse je Pflegegrad (Stand: 01/22)

Ab dem 01.01.2022 erhalten pflegebedürftige Personen einen so genannten ‚Leistungszuschlag‘ auf Pflege- und Ausbildungskosten, um die zunehmend finanzielle Belastung abzumildern. Davon unberührt bleibt aber die bis heute beibehaltende Zuschusshöhe der Pflegekasse (je Pflegegrad).

Weiterhin übernehmen Betreuungskräfte nach § 43b SGB XI in vollstationären Pflegeeinrichtungen die soziale Betreuung bzw. Alltagsbegleitung von Pflegebedürftigen. Die durch die Pflegeeinrichtungen erbrachten „§ 43b-Leistungen“ werden mit den zuständigen Pflegekassen direkt abgerechnet.

Die Höhe der für die Pflegegrade vorgesehenen erstattungsfähigen Pflegekosten deckt i. d. R. die in Rechnung gestellten Pflegeleistungen der Pflegeeinrichtung nicht ab – die Soziale Pflegeversicherung als „Teilkaskoversicherung“ sorgt indes für eine soziale (Grund-)Absicherung. Für die restliche Finanzierung müssen Pflegebedürftige selbst aufkommen. Im Fall der finanziellen Bedürftigkeit werden die Kosten durch den zuständigen Sozialträger übernommen.

Das zu zahlende Entgelt an die vollstationäre Einrichtung wird als (tagesgleicher) Pflegesatz bezeichnet (§ 84 Abs. 1 S. 1 SGB XI) – die Gesamtheit der zu entrichtenden Entgelte an die Pflegeeinrichtung wird als Heimentgelt bezeichnet, dessen Art, Höhe und Laufzeit regelmäßig zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung, den Pflegekassen sowie Sozialhilfeträgern vereinbart werden muss (§ 85 Abs. 1 SGB XI). Maßgabe hierbei ist eine leistungsgerechte Vergütung und Deckung der anfallenden Kosten in der Pflegeeinrichtung. Es besteht die Möglichkeit einer „angemessenen“ (tendenziell positiven) Rentabilität, was durchaus Anreize zur Steigerung von betrieblicher Effizienz und Qualitätsoptimierung hat.

Eine Pflegeeinrichtung einer Trägerschaft mit mehreren Einrichtungen wird isoliert betrachtet, wobei die getroffene Pflegesatzvereinbarung ausschließlich für diese Einrichtung gilt. Voraussetzung hierfür ist der Nachweis eines abgeschlossenen Versorgungsvertrages (§ 72 SGB XI in Verbindung mit § 75 und § 80a SGB XI) für die vollstationäre Pflege. Daraus folgt, dass alternative Wohnformen, wie z. B. Betreutes Wohnen, – bei denen i. d. R. Miet- und keine Heimverträge geschlossen werden – aufgrund anderer Bemessungsgrundlagen (z. B. individueller Mietspiegel) von diesem Bemessungsgrundsatz ausgeschlossen sind. Des Weiteren wird eine Vereinbarung für einen zukünftigen Pflegesatzzeitraum getroffen, bei der die Pflegeeinrichtungen „Art, Inhalt, Umfang und Kosten der Leistungen“ sowie „Pflegedokumentation und andere geeignete Nachweise“ (§ 85 Abs. 3 S. 2 SGB XI) vor Beginn der Pflegesatzverhandlungen den entsprechenden Leistungsträgern vorzulegen sind.

Neben den allgemeinen Pflegeleistungen als zentraler Bestandteil eines Pflegesatzes gibt es weitere Kosten, die von den Pflegebedürftigen bzw. vom Sozialhilfeträger übernommen werden müssen – z. B. Kosten für die Ausbildung von Pflegefachkräften, Entgelte für Unterkunft und Verpflegung, Investitionskosten und Kosten für zusätzliche Leistungen, die nicht Bestandteil des Leistungskataloges gemäß dem individuell vereinbarten Versorgungsvertrag sind.

2.1.2.2(Über-)Örtliche Sozialhilfeträger

Hauptaufgabe der Sozialhilfe ist die Möglichmachung einer der Würde des Menschen entsprechenden Lebensführung (§ 1 S. 1 SGB XII). Zur Deckung verbleibender Heimkosten bei unzureichendem Vermögen bzw. Einkommen der Heimbewohner:innen wird beim zuständigen Sozialhilfeträger ein Sozialhilfeantrag gestellt. Das Bekanntwerden der Notlage beim Sozialhilfeträger oder einer anderen beauftragten Stelle reicht zunächst aus (§ 18 Abs. 1 SGB XII – „Kenntnisprinzip“). Der Sozialhilfeträger ist dann verpflichtet, die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe zur Pflege und alle weiteren Hilfemöglichkeiten unter Betrachtung der Gesamtsituation der leistungsberechtigten Person zu überprüfen und zu organisieren (§ 20 SGB X – „Untersuchungsgrundsatz“, vgl. Griep, Renn, 2012, S. 114). Nach § 2 Abs. 1 SGB XI erhält jeder Antragsteller keine Leistungen der Sozialhilfe, der sich durch Einsatz seines Vermögens und des Einkommens selbst helfen kann. Die Sozialhilfe ist dabei als letzte Möglichkeit – „ultima ratio“ (vgl. Troschke, J., Stößel, U., 2012, S. 94) – in Betracht zu ziehen.

2.1.2.3Pflegesatzkommission

Die Bildung von Pflegesatzkommissionen ist im § 86 SGB XI, der dazu die Landesverbände der Pflegekassen, den Verband der privaten Krankenversicherung, den (über-)örtlichen Sozialhilfeträger sowie die Vereinigungen der Pflegeeinrichtungen beauftragt, festgelegt. Die Kommissionen sind in allen Bundesländern zu bilden. Die Aufgabe von Pflegesatzkommissionen ist die Rahmensetzung für das Pflegesatzverfahren, wodurch mitunter sichergestellt werden soll, dass eine für das Bundesland verbindliche Kalkulationsgrundlage abgestimmt wird.

Sie ist darüber hinaus am Abschluss oder an der Überarbeitung von Rahmenvereinbarungen nach § 75 SGB XI beteiligt und erweist sich als „Empfehlungsgeber“ zu Teilaspekten der Pflegesatzverhandlung, z. B. zur (landesrechtlichen) Finanzierung bzw. Berücksichtigung von Auszubildenden in der Pflege.

2.1.3Leistungserbringer

Pflegebedürftige erhalten bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen Pflegeleistungen in einer stationären Pflegeeinrichtung. Diese sind von ambulanten Pflegeeinrichtungen (z. B. Pflegedienste) zu unterscheiden. Zum betreuten Kreis im ambulanten Sektor gehören einerseits Pflegebedürftige und andererseits Personengruppen, deren Pflege- und Versorgungsbedarf für den Pflegegrad 1 unzureichend ist.

Die Pflege in stationären Pflegeeinrichtungen ist i. d. R.