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Matthias Galke

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Beschreibung

Weltweit praktizieren angeblich inzwischen über dreihundert Millionen Menschen Yoga. Yoga ist ein Massentrend geworden. Aber was versteht man eigentlich genau unter Yoga? Ist Yoga lediglich eine Methode zur Optimierung des individuellen Wohlbefindens, um den Anforderungen der modernen Leistungsgesellschaft effektiver begegnen zu können? Welche Bedeutungsdimensionen beinhaltet Yoga noch? Was betrifft den spirituellen Aspekt des Yoga – und was ist unter dem Konzept „Spiritualität“ überhaupt zu verstehen? Um die Reflexion bezüglich dieser Fragestellungen anzuregen, soll in diesem Buch die philosophische Tradition des Yoga näher beleuchtet werden. Dies soll nach einem kurzen Überblick in die Tradition des Yoga anhand dreier grundlegender Texte – dem Yoga Sutra, der Bhagavad Gita und der Hatha Yoga Pradipika – erfolgen. Das Verständnis von Yoga ist das Verständnis vom Selbst.

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Matthias Galke

Philosophie des Yoga

Erweiterte Neuauflage

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Geschichte des Yoga

2. Der vedische Schriftkanon

3. Die sechs Darshanas

4. Yoga Sutra

5. Bhagavad Gita

6. Tantra und Hatha Yoga

7. Hatha Yoga Pradipika

8. Zusammenfassung

Sanskritbegriffe

Weiterführende Literatur

Bildnachweise

Über den Autor

Impressum

Einleitung

Weltweit praktizieren angeblich inzwischen über dreihundert Millionen Menschen Yoga. Yoga ist ein Massentrend geworden. Von Hatha Yoga über Ashtanga Yoga und Vinyasa Yoga, bis hin zu Kundalini Yoga, Aerial Yoga, Hot Yoga oder Acro Yoga – fast schon täglich kommen neue Spielarten hinzu. Nicht zuletzt deswegen ist Yoga auch ein sehr lukrativer Markt geworden. Die weltweite Yogaindustrie wird inzwischen auf einen Wert von über einhundert Milliarden US-Dollar geschätzt.1

Aber was versteht man eigentlich genau unter Yoga? Worum geht es überhaupt bei der Praxis des Yoga? Was ist das gemeinsame Element, welches die verschiedenen Yoga-Stile verbindet? Ist es der gymnastische Aspekt, das Dehnen und Kräftigen des Körpers? Die mentale Entspannung, der Stressabbau? Ist Yoga eine körperliche, geistige, spirituelle oder gar eine religiöse Disziplin? Und inwieweit haben die zahlreichen Angebote auf dem heutigen Yoga-Markt noch etwas mit der ursprünglichen Bedeutung von Yoga gemeinsam?

Die weltweite Verbreitung hat dazu geführt, Yoga primär mit Gesundheit und Fitness – wegen der teilweise akrobatisch wirkenden Körperstellungen (Asanas) – sowie Wellness und Entspannung zu assoziieren. Sicherlich basiert die heutige Popularität von Yoga primär auf der Steigerung des persönlichen Wohlbefindens, was vor allem auf die gesundheitsfördernden Wirkungen des Hatha Yoga zurückzuführen sein dürfte. Laut einer repräsentativen Studie des BDY2 zu Yoga in Deutschland aus dem Jahre 2018, sind für die Befragten die Hauptgründe bezüglich des Beginns der Yoga-Praxis die Verbesserung des körperlichen Befindens (66%) und des geistigen Befindens (64%).3 Entsprechend wird Yoga zumeist als Synonym für den Hatha Yoga in all seinen unterschiedlichen Ausprägungen verstanden, welcher mit der Harmonisierung des Körpers durch körperliche Übungen (Asanas) und Atemtechniken (Pranayama) beginnt.

Aber ist das Potenzial von Yoga damit bereits ausgeschöpft? Ist Yoga lediglich eine Methode zur Optimierung des individuellen Wohlbefindens, um den Anforderungen der modernen Leistungsgesellschaft effektiver begegnen zu können? Welche Bedeutungsdimensionen beinhaltet Yoga noch? Was betrifft den spirituellen Aspekt des Yoga – und was ist unter dem Konzept „Spiritualität“ überhaupt zu verstehen? Um die Reflexion bezüglich dieser Fragestellungen anzuregen, soll in diesem Buch die philosophische Tradition des Yoga näher beleuchtet werden.

Schlägt man im Lexikon oder Internet unter dem Begriff „Yoga“ nach, so wird häufig auf die zugrundeliegende Sanskritwurzel „yuj“4 verwiesen, was soviel wie „anjochen, zusammenbinden, anspannen“ bedeutet. Damit ist die Vereinigung oder Verbindung zwischen einem Pferd und einer Kutsche – oder auch einem Ochsen und einem Pflug – mithilfe eines Jochs gemeint. Entsprechend ist in der indischen Kunst die Pferdekutsche ein beliebtes Symbol, welches in den traditionellen vedischen Schriften folgendermaßen interpretiert wurde:

„Erkenne die Seele als den Herrn der Kutsche. Der Körper ist der Wagen, die Vernunft der Wagenlenker und das Denken die Zügel. Die Sinne sind die Pferde, die Sinnesobjekte die Wege.“5 (Katha Upanishad)

Durch Yoga soll gemäß dieses Bildes etwas gezügelt, beherrscht, gelenkt, geordnet oder diszipliniert werden. Damit die Seele – als Fahrgast der Kutsche – auf ihrer Reise zum Ziel gelangen kann, müssen Körper, Geist und Sinne als Diener der Seele harmonisch zusammenarbeiten, bzw. muss die menschliche Natur durch die Yoga-Praxis entsprechend kultiviert werden. Yoga bedeutet demnach Vereinigung oder Einheit – einerseits der Zustand der Einheit und andererseits die Praxis, die zu der Erfahrung bzw. Wiederherstellung dieser Einheit führt. Die Einheit von Körper, Geist und Seele, die Einheit von Mensch und Gott, die Einheit von Individuum und dem Ganzen oder Absoluten, die Einheit von Schöpfung und Schöpfer. Yoga ist das Bestreben, sich wieder mit der Essenz oder dem Fundament der menschlichen Existenz zu verbinden.

Dem entspricht übrigens auch die ursprüngliche Wortbedeutung von Religion.6 Es geht in der spirituellen Praxis um das Transzendieren des individuellen Bewusstseins – um das Überwinden der Illusion eines begrenzten, abgetrennten und isolierten Ego. Dies ist Ausdruck der Erfahrung, dass sich hinter der Vielfalt der Erscheinungswelt eine zugrundeliegende Einheit befindet, welche einen höheren Grad an Wirklichkeit aufweist. Diese Einheit oder dieses „Eine“ wurde in den verschiedenen Kulturen als Gott, Brahman, Tao, Leere oder Urgrund bezeichnet. Der Sinn allen menschlichen Strebens bestehe darin, sich wieder mit dieser Wirklichkeit zu verbinden und aus dieser Einheit zu leben – so die Quintessenz der Aussagen aller Heiligen, Weisen und Mystiker der Menschheitsgeschichte. Im Yoga wird diese Erfahrung Samadhi, Moksha oder Kaivalya genannt; bei den Buddhisten heißt es Nirvana, Rigpa oder Satori, die Taoisten folgen dem Tao und in unserem Kulturkreis spricht man von der Erleuchtung, der Einswerdung mit Gott, der mystischen Hochzeit, der Unio Mystica oder Henosis.

Welches geistig-spirituelle Fundament hat hingegen der Mensch im einundzwanzigsten Jahrhundert, geprägt von den Weltanschauungen des Rationalismus und des Relativismus, wenn nicht sogar vom Nihilismus – dem Verlust sämtlicher Werte? Verschafft uns die immer hektischer werdende Jagd nach permanenter Unterhaltung, Informationen, Konsum und Ablenkung tatsächlich Glück und dauerhafte Befriedigung? Oder könnte die zunehmende Popularität von Yoga auch darauf zurückzuführen sein, dass es der modernen Konsumgesellschaft an etwas Grundlegendem mangelt?

In einem der grundlegenden Texte der Yoga-Tradition – dem Yoga Sutra des Patanjali – wird Yoga definiert als das „Zur-Ruhe-Kommen der Aktivitäten im Geist“. Erst dann – so Patanjali – realisiert der Mensch seine „wahre Natur“. In einem undisziplinierten, aufgewühlten Geist verbleibt die essentielle Natur des Menschen jedoch stets verschleiert. In diesem Zustand der permanenten Unruhe bleibt sich der Mensch über Sinn und Zweck seines Daseins im Unklaren, und sein Fühlen, Denken und Handeln werden primär von unterbewussten Prägungen, Mustern und Impulsen bestimmt. Der Definition von Patanjali zufolge kann die Kultivierung des Menschen durch Yoga also nicht nur zu einer Optimierung seines individuellen Empfindens führen, sondern ihm letztlich sogar Sinn und Zweck seiner Existenz enthüllen.

Was ist nun diese „wahre Natur“ von der Patanjali spricht? In den verschiedenen spirituellen Texten Indiens – wie auch in allen anderen spirituellen Traditionen weltweit – wird die wahre Natur als der „Zeuge“, der „Beobachter“, der „Wahrnehmende“, das „Selbst“, das „Göttliche“, der „Spirit“ oder das zugrundeliegende Bewusstsein bezeichnet. Dieses Bewusstsein stellt die gemeinsame Grundlage aller Erscheinungsformen dar. Es ist identisch mit dem „Einen“, Gott, Brahman oder Urgrund. Jede Lebensform ist ein individueller Ausdruck, eine Manifestation dieses Bewusstseins. Die indische Grußformel „Namasté“ dokumentiert diese fundamentale Wahrheit: „Das Göttliche in mir grüßt das Göttliche in dir!“ In unserer Essenz sind wir alle eins, sind wir ewig miteinander verbunden. Nur Gott ist wirklich. Es existiert nichts außer dem Selbst. Bewusstsein ist die einzige Realität.

„Wenn das Selbst erkannt wird, wird Gott erkannt. Tatsächlich ist Gott nichts anderes als das Selbst.“ (Ramana Maharishi)

Nun präsentieren sich die Erfahrung der eigenen Person und der Welt im Alltag mit seinen zahlreichen Aktivitäten jedoch bekanntlich meist ganz anders. Wer nimmt sich schon permanent als Personifikation der Vollkommenheit wahr? Erst in der Ruhe zeigt sich das Göttliche, realisiert der Mensch sein „wahres“ Selbst. Das „wahre“ Selbst – das reine beobachtende Gewahrsein der Seele – hat sich im Laufe des individuellen Lebens so sehr in seine zahlreichen Erfahrungen geistiger, emotionaler und körperlicher Art ver-wickelt, dass es seine fundamentale spirituelle Natur vergessen hat. Yoga ist der Weg der Ent-wicklung. Durch die Praxis des Yoga gibt es daher auch nichts zu gewinnen oder zu erreichen, da das „wahre“ Selbst des Menschen per Definition bereits vollkommen ist. Es geht lediglich darum, die individuellen Limitierungen loslassen zu können. Yoga ist eine mindestens fünftausend Jahre alte indische philosophische Lehre und gleichzeitig ein praktisches Übungssystem – eine Methode. Die Wege sind unterschiedlich, d.h. es gibt verschiedene Richtungen des Yoga, aber das Ziel ist stets dasselbe: Die Erfahrung der fundamentalen spirituellen Einheit allen Seins durch die Entwicklung des Bewusstseins.

Philosophie (aus dem Griechischen: die Liebe zur Weisheit) ist die methodische Reflexion über die fundamentalen Fragen nach der menschlichen Existenz und der Welt. Dies beinhaltet auch eine systematische, kritisch-rationale Überprüfung des Denkens selbst (Erkenntnistheorie). Der Mensch zeichnet sich gegenüber allen anderen Lebewesen auf der Erde durch die Fähigkeit zur Selbstreflexion aus. Der Mensch ist prinzipiell in der Lage, nach der Sinnhaftigkeit seiner Existenz zu fragen bzw. die Art und Weise seiner Lebensführung zu hinterfragen. So betrachtet wäre das Philosophieren also ein ganz natürlicher Aspekt der menschlichen Natur. Jeden Tag haben wir normalerweise eine mehr oder weniger klare Vorstellung davon, wohin wir gehen, was wir vorhaben und wohin wir wieder zurückkehren. Aber wie hingegen sieht es in Bezug auf das ganze Leben aus? Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Warum sind wir hier? Und warum stellen sich die wenigsten diese fundamentalen Fragen, während die meisten sich lieber von den zahlreichen Ablenkungsmöglichkeiten unserer sogenannten Kultur zerstreuen lassen? „Unter tausenden von Menschen strebt vielleicht einer nach geistiger Entwicklung…“7 (Bhagavad Gita) Das Bemühen, genau diese Sinnhaftigkeit zu ergründen, charakterisiert den Philosophen. Die Philosophie sucht also Antworten auf die grundlegenden Fragen der menschlichen Existenz:

Was kann ich wissen?

Was ist der Mensch bzw. wer bin ich?

Was soll ich tun bzw. wie verhalte ich mich?

Was darf ich hoffen bzw. was bedeuten Leben und Tod?

Was ist der Sinn der Existenz bzw. warum bin ich hier?

Die Suche bleibt ein lebenslanger Prozess – man lernt nie aus. „Man kann nicht Philosophie lernen, sondern nur philosophieren lernen.“ (Immanuel Kant) Philosophieren bedeutet, zu reflektieren, sich fortschreitend bewusster werden – sich seines Selbst bewusst zu werden. „Gnothi seauton – Erkenne dich selbst!“, so lautete die Inschrift des antiken Apollotempels in Delphi und beschreibt damit das Leitmotiv der Philosophie. Erkenne den Erkennenden, realisiere deine „wahre Natur“! Mit der Fragestellung „Wer bin ich?“ erweist sich die Philosophie als ein wesentlicher Teil der Yoga-Praxis, der Jnana Yoga genannt wird.

Es geht also in der Philosophie nicht darum, irgendwelche Theorien als Fakten zu akzeptieren, sondern stattdessen das eigene Reflexionsvermögen weiterzuentwickeln. Auch kann die Theorie nicht die Erfahrung ersetzen – die Landkarte ist nicht das Territorium. Sie kann höchstens die Einsicht und Motivation liefern, Theorien durch eine entsprechende Praxis zu überprüfen. „Wahres Wissen erlangt man nicht durch Denken. Es ist das, was du bist; es ist das, was du wirst.“ (Aurobindo) Das Denken ist auch, da es mit Begriffen (die ja notwendig Dualität implizieren) operiert, schon grundsätzlich nicht geeignet, die zugrundeliegende Einheit erfahrbar zu machen: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ (Ludwig Wittgenstein)

Unter Umständen kann das bloße Studium der Philosophie des Yoga, ohne entsprechende Praxis und Erfahrungen, sogar zu schwerwiegenden Missverständnissen führen. Die Philosophie liefert zwar theoretische Modelle, welche die geistige Entwicklung, das Bewusstwerden, fördern, indem sie Wahrnehmungen strukturieren und das Herstellen von Zusammenhängen begünstigen, aber sie kann niemals die durch die Praxis gewonnene Erfahrung ersetzen.

„Yoga is 99% practice and 1% theory.“ (Pattabhi Jois)

„Die“ Yoga-Philosophie gibt es genau so wenig wie „die“ Yoga-Praxis. Es wird sich zeigen, dass die diversen Interpretationen der Yoga-Philosophie sich in bestimmten Aspekten auch durchaus widersprechen können. Aufgrund der Komplexität der Thematik erhebt dieses Buch daher auch nicht den Anspruch, definitive und allumfassende Darstellungen der verschiedenen Theorien präsentieren zu können. Die vorliegende Einführung in die Philosophie des Yoga sollte vor allem als Unterstützung verstanden werden, die eigene Reflexion über die verschiedenen Ansichten anzuregen; als ein Angebot, die eigene Suche und die damit verbundene Bewusstwerdung zu intensivieren. Dies soll nach einem kurzen Überblick in die Tradition des Yoga anhand dreier grundlegender Texte – dem Yoga Sutra, der Bhagavad Gita und der Hatha Yoga Pradipika – erfolgen.

Es liegt in der Natur der Sache, dass Philosophie kein einfaches Thema ist. Um Einsteiger mit der Komplexität einiger Themenbereiche (wie z. B. die vedische Kosmologie, die Entstehung der Materie aus dem Geistigen, das Verhältnis von Seele und Gott etc.) nicht zu überfordern, werden diese Abschnitte speziell gekennzeichnet und können bei einer ersten Lektüre des Textes auch übersprungen werden. Zur Darstellung der Philosophie des Yoga werden im Folgenden zahlreiche Begriffe aus dem Sanskrit verwendet. Dies ist unumgänglich, da sich die spirituelle und die rationalistisch-naturwissenschaftliche Betrachtungsweise in einigen Punkten so sehr voneinander unterscheiden, dass häufig keine äquivalenten Begriffe existieren, die dem jeweiligen Konzept gerecht werden würden. Damit jedoch bei der Vielzahl der Sanskrit-Begriffe der Überblick nicht verloren geht, befindet sich im Anhang eine Übersicht der wichtigsten Termini.

Die Auseinandersetzung mit der Philosophie des Yoga mag dazu anregen, dass der Leser oder die Leserin seine oder ihre persönlichen Vorstellungen und Glaubenssätze differenzierter reflektiert – und somit auch der eigenen Yoga-Praxis erweiterte Bedeutungsdimensionen verleihen kann. Das Verständnis der Schriften wird sich im Laufe der Yoga-Praxis verändern und vertiefen, genau wie sich das Selbst-Verständnis durch die Yoga-Praxis verändert und vertieft. Das Verständnis von Yoga ist das Verständnis vom Selbst.

„Nun wird Yoga erklärt. Yoga ist das Zur-Ruhe-Kommen der Bewegung im Geist. Dann ruht der Wahrnehmende in seiner wahren Natur.“8 (Patanjali)

Abb. : Yoga Sutra 1.1-3

1. Geschichte des Yoga

Die Anfänge des Yoga liegen, genau wie der Ursprung der menschlichen Kultur im Allgemeinen, bei näherer Betrachtungsweise weitestgehend im Dunkeln. Der Begriff „Yoga“ wird bereits in den Veden, den ältesten erhaltenen Schriften Indiens, erwähnt. Die Veden – oder der Veda – sind eine Sammlung verschiedener Hymnen, deren exakte Bedeutung nicht ohne weiteres zu entschlüsseln ist. Die Hymnen des Veda werden als das Ur-Wissen der Menschheit angesehen – und dieses Wissen soll nicht etwa durch Versuch und Irrtum als eine menschliche Konstruktion entstanden sein, sondern gilt als geoffenbartes Wissen. Die Empfänger dieses Wissens über den Menschen und den Kosmos waren die sogenannten Rishis, sagenumwobene mythische Wesen mit übersinnlichen Fähigkeiten, die in außergewöhnlichen Bewusstseinszuständen dieses Wissen empfangen haben sollen.

Wann der Veda bzw. die vier Veden jedoch historisch entstanden sein sollen, darüber klaffen die Ansichten teilweise weit auseinander. Bei derartigen Datierungsversuchen gilt es zudem zu berücksichtigen, dass im alten Indien, wie in den meisten nicht-christlich geprägten Kulturen, ein anderes Zeitverständnis galt. Während spätestens seit dem Siegeszug der Naturwissenschaften allgemein von einer weitgehend linearen Evolution der menschlichen Entwicklung ausgegangen wird, war das traditionelle Zeitverständnis zyklisch. Genau wie in den kulturellen Artefakten des alten Ägyptens, Mesopotamiens oder Mittel- und Südamerikas finden sich auch in den vedischen Schriften nicht nur metaphysische Weisheiten, sondern auch erstaunliche Angaben naturwissenschaftlicher Art. Es ist ein Motiv, das sich durch die Mythologien der meisten Kulturen zieht. Ob nun Rishis, Götter, Engel oder Besucher von den Sternen: Immer wieder wird von Wissen, das gegeben und empfangen worden ist, berichtet.

Postuliert man eine lineare Entwicklung der Menschheit, von der Lebensweise als Jäger und Sammler, über die durch Ackerbau und Viehzucht bedingte Sesshaftigkeit und die Entstehung von Städten und Hochkulturen bis hin zur industriellen Revolution und der gegenwärtigen Globalisierung, so stellt sich unweigerlich die Frage, woher denn eigentlich die Menschen früherer Zeitalter derartige Kenntnisse über den Kosmos, den Geist und die Materie hatten, die die heutige Wissenschaft erst ganz allmählich wieder nachzuvollziehen und zu bestätigen beginnt? Diese Frage würde gleichzeitig das evolutionsbiologische Konzept der Hominisation, die naturwissenschaftlichen Annahmen über die Entstehung des Homo sapiens, infrage stellen. Lange Zeit ging die Geschichtswissenschaft davon aus, dass die ersten Hochkulturen erst im vierten Jahrtausend vor Christus im heutigen Irak (Sumer) und in Ägypten entstanden sein sollten. Dieses Paradigma beginnt jedoch seit den letzten Jahrzehnten durch archäologische Entdeckungen wie z.B. Göbekli Tepe1 zunehmend fragwürdig zu werden. Die Art und Weise, wie wir Geschichte betrachten, ist ein Spiegelbild unseres Selbstverständnisses als Menschen. Es macht sicherlich einen Unterschied, ob man sich als Abbild Gottes oder vom Affen abstammend versteht, ob die Schöpfung nach einem Plan verläuft oder das Produkt von Zufallsprozessen darstellt.

Auf dem Weg zu den Quellen des Yoga lassen sich nun zwei unterschiedliche Strategien anwenden: Einerseits lässt sich in der Tradition des Yoga selbst nach Antworten in den Überlieferungen der alten Schriften suchen. Diese Herangehensweise impliziert jedoch, sich mit der Idee einer multidimensionalen Kosmologie sowie mit verschiedenen Zeitaltern und Welten auseinandersetzen zu müssen, welche nicht unbedingt mit den naturwissenschaftlich geprägten Vorstellungen von Raum und Zeit übereinstimmen. Einsteiger in die Materie können zwecks Vereinfachung der Lektüre den Abschnitt 1.2 zunächst überspringen und es andererseits zunächst bei der zweiten Strategie, nämlich der Geschichtsschreibung der klassischen europäischen Indologie (1.1) belassen. Ein wirklich umfassendes Verständnis der Philosophie des Yoga impliziert jedoch auch ein Verständnis des multidimensionalen Kosmos, als dessen holografisches Spiegelbild in der vedischen Konzeption der Mensch (als Purusha) gilt.

1.1 Die Indologie

Die meisten Indologen sind heute der Ansicht, dass die Wurzeln des Yoga im Indus-Tal zu finden sind. Dort ließ sich eine Städtebaukultur (Mohenjo Daro, Harappa) nachweisen, welche Artefakte hervorbrachte, die sich bereits als Darstellungen von Asanas interpretieren lassen.2 Diese Funde dürften aus der Blütezeit dieser Zivilisation zwischen 2600 und 1900 v. Chr. stammen. Wohl vor allem aufgrund klimatischer Veränderungen, die unter anderem das Austrocknen des Saraswati-Flusses verursachten, verlagerte sich daraufhin der Großteil der Indus-Saraswati-Kultur in die Ganges-Ebene. Gemäß der orthodoxen Indologie, welche vor allem von Friedrich Max Müller geprägt worden ist, soll die damals in Indien vorherrschende, dunkelhäutige, matriarchalisch geprägte Zivilisation der Draviden ab etwa 1500 v. Chr. von den aus dem Norden einwandernden, hellhäutigen, patriarchalischen Ariern verdrängt worden sein, was den Beginn der vedischen Kultur gekennzeichnet haben soll. Entsprechend herrscht in der Indologie die Ansicht vor, dass die ersten vedischen Texte – gleichzeitig mit der Sanskrit-Sprache – in einem Zeitraum zwischen 1500 und 900 v. Chr. entstanden sein sollen.

Abb. : Siegel aus Mohenjo Daro

Autoren wie David Frawley und Georg Feuerstein betrachten die Einwanderungshypothese hingegen als einen Mythos, der vor allem das eurozentristische Überlegenheitsdenken der Kulturwissenschaftler des neunzehnten Jahrhunderts widerspiegelt (und auch als politische Strategie der britischen Besatzer, um die ethnische Einheit Indiens zu spalten, funktionierte). Ihnen zufolge dürfte sich die vedische Kultur höchstwahrscheinlich eigenständig innerhalb der Indus-Saraswati-Kultur entwickelt haben. Der Mythos eines ursprünglichen „arischen Volkes“ und seine vermeintliche Überlegenheit gegenüber anderen Ethnien hat bekannterweise während der NS-Zeit katastrophale Handlungsweisen hervorgebracht. Der Begriff „Arier“ lässt sich ursprünglich auf das Sanskrit-Wort „arya“ zurückführen, welches „edel“ oder „kultiviert“ bedeutet. Demnach würde es sich bei den sogenannten Ariern also weniger um ein bestimmtes Volk oder eine Sprache gehandelt haben, sondern vielmehr um eine Gruppe von Menschen, die von „edlem Gemüt“ waren und die immerwährende spirituelle Tradition (Sanatana Dharma) ihrer Vorfahren ehrten und bewahrten.

Im Rig Veda, dem vermutlich ältesten der vier Veden, wird unter anderem Bezug auf den vor viertausend Jahren ausgetrockneten Fluss Saraswati genommen, womit die Entstehung des Textes auf mindestens 2000 v. Chr. zurückdatiert werden müsste.3 Georg Feuerstein betrachtet daher den Zeitraum zwischen 4500 und 1500 v. Chr. als die Blütezeit der vedischen Kultur. Zahlreiche astronomische Angaben deuten darauf hin, dass zumindest Teile des Rig Veda sogar noch deutlich älter sein dürften. David Frawley postuliert hier ein Datum von sechstausend oder sogar siebentausend Jahren vor unserer Zeitrechnung.4 Was die Datierung der vedischen Hymnen (Samhitas) betrifft, so müssen noch zwei weitere Faktoren berücksichtigt werden. Zum einen wurden Texte damals auf Palmblättern fixiert, die naturgemäß eine geringe Haltbarkeit im teilweise tropischen Klima Indiens besaßen. Zum anderen basiert die jahrtausendelange unverfälschte Weitergabe der vedischen Hymnen auf der wortgetreuen mündlichen Übertragung innerhalb der priesterlichen Brahmanen-Kaste vom Vater an den Sohn, und zuletzt war zu dieser Zeit überhaupt nur eine kleine Elite unter den Brahmanen des Schreibens und Lesens mächtig.

Der Legende nach soll der Rishi Vyasa den vedischen Textkorpus, der im nächsten Kapitel thematisiert wird, zu Beginn des Kali Yuga, des „dunklen Zeitalters“ vor über fünftausend Jahren niedergeschrieben haben. Um das bislang mündlich überlieferte Wissen zu bewahren, wurde es angesichts der schwindenden geistigen Fähigkeiten des Menschen notwendig, dieses schriftlich zu fixieren. Diese mythologische Betrachtungsweise wird im folgenden Abschnitt behandelt. Historisch gesichert scheint, dass ab dem siebten bis fünften Jahrhundert v. Chr. die vedische Opferreligion immer stärker in Frage gestellt wurde und asketische Reformbewegungen, zu denen auch der Buddhismus und der Jainismus gehörten, an Popularität gewannen. Dies dürfte der Zeitpunkt gewesen sein, ab dem immer mehr Menschen – die sogenannten Sramanas – begannen, sich auf die Suche nach direkten spirituellen Erfahrungen zu begeben – also angefangen haben, eine Form von Yoga zu praktizieren, die primär aus Meditation bestand. Die Praxis des Yoga ging zu diesem Zeitpunkt einher mit einer Abkehr vom weltlichen Leben hin zu einer asketischen Lebensweise.

Ab dem zweiten Jahrhundert v. Chr. wandelte sich – wohl auch unter dem Einfluss neuer kultureller Einflüsse – der vedische Brahmanismus zum Hinduismus, wobei lokale Gottheiten – wie vor allem Vishnu und Shiva in ihren verschiedenen Erscheinungsformen – die früheren vedischen Gottheiten ablösten. War die vedische Religion vor allem durch öffentliche Opferrituale geprägt, so wandelte sich die religiöse Praxis des Hinduismus hin zu einer eher privaten Form der Gottesverehrung. Für die Niederschrift der klassischen hinduistischen Texte (Smriti, Puranas, Bhagavad Gita, Yoga Sutra) wird allgemein der Zeitraum von 200 v. Chr. bis 1100 n. Chr. angenommen, weshalb man hier auch von der „klassischen Periode“ des Hinduismus spricht. Jedoch wird auch in diesen Texten stets Bezug auf frühere Überlieferungen genommen, sodass diese Datierungsversuche nur von geringer Aussagekraft sind. Letztlich wird in all diesen Texten das Sanatana Dharma – die ewige Gesetzmäßigkeit der Schöpfung – thematisiert.

Ab etwa 500 n. Chr. entwickelte sich in den unteren Gesellschaftsschichten, wohl auch als Reaktion gegen die Orthodoxie der Brahmanen, die Tradition des Tantra, aus der letztlich auch vor ungefähr eintausend Jahren der Hatha Yoga, wie wir ihn heute kennen, entsprang. Durch Tantra wurde die Suche nach spirituellen Erfahrungen nun auch innerhalb des weltlichen Lebens möglich. In Bezug auf die Entstehung der Praktiken des Tantra lässt sich spekulieren, ob auch schamanistische Einflüsse eine Rolle gespielt haben könnten, da der Mensch sicherlich schon weitaus früher psycho-physische Techniken zur Veränderung des Bewusstseins kannte. Auch die Tontafeln der Indus-Saraswati-Kultur, welche körperlich anspruchsvolle Haltungen abbilden, können als Indizien dafür gewertet werden, dass die Asana-Praxis weitaus älter sein dürfte. Der Hatha Yoga erlebte in Indien seine Blütezeit vor allem zwischen dem dreizehnten und sechszehnten Jahrhundert n. Chr. Ab dem zwölften Jahrhundert erfuhr auch der Bhakti Yoga, die ekstatische Form der Gottesverehrung, durch den Einfluss des Islams und der Sufis mehr und mehr an Bedeutung. Der Niedergang des Yoga begann dann mit dem Eindringen der Briten und der Kolonialisierung. Wie es zur Renaissance und zur weltweiten Verbreitung des Yoga kam, soll im übernächsten Abschnitt beschrieben werden. Zuvor soll jedoch gezeigt werden, wie die Entstehung des Yoga, des Menschen und der gesamten Schöpfung in den alten vedischen Texten dargestellt wurde.

1.2 Der multidimensionale vedische Kosmos

Um die vedische Konzeption der Schöpfung in ihrer Gesamtheit nachvollziehen zu können, sei zunächst darauf hingewiesen, dass es sich hier um ein spirituelles Paradigma handelt, welches unseren naturwissenschaftlich geprägten Ansichten über den Kosmos diametral entgegensteht. Das vorherrschende materialistische Paradigma postuliert in linearer Abfolge einen Urknall, worauf die Ausbreitung des Universums und die Stabilisierung materieller Strukturen (Galaxien, Sonnensysteme, Planeten) erfolgte. Auf dem Planeten Erde kam es dann zur Entstehung des Lebens, die Lebensformen wurden über Jahrmillionen komplexer, bis schließlich im Menschen das Bewusstsein erwachte. Bewusstsein wird hier als das Resultat hinreichend komplex organisierter Materie (Nervensystem) verstanden. Das spirituelle Paradigma basiert hingegen auf dem Primat des Bewusstseins, d.h. die Schöpfung hat einen geistigen oder spirituellen Ursprung. In zahlreichen Traditionen wurde für das zugrundeliegende Bewusstsein dabei der Begriff „Gott“ verwendet. Der vedische Begriff für diesen Urgrund lautet „Brahman“. Alle materiellen Erscheinungsformen sind Manifestationen dieses zugrundeliegenden Bewusstseins.

Alles ist Brahman. Für das Verständnis von Yoga ist die Einsicht, dass Bewusstsein die Ursache und sämtliche Erscheinungen das Resultat eines wahrnehmenden Bewusstseins sind, unumgänglich. Jedes zu beobachtende Phänomen setzt ein beobachtendes Bewusstsein voraus.

Die vedische Tradition formuliert, als Ausdruck kosmischer Zyklen innerhalb der Schöpfung, das Modell der sich wiederholenden Zeitalter oder Yugas. Ein Maha Yuga (Großes Zeitalter) besteht aus Satya Yuga, Treta Yuga, Dvapara Yuga und Kali Yuga, welches laut orthodoxer Datierung am 18. Februar 3102 v. Chr. begonnen haben soll. Bemerkenswerterweise begann der im Jahre 2012 abgelaufene Zyklus des Maya-Kalenders 3114 v. Chr., und auch der Beginn der ersten ägyptischen Dynastie sowie die Entstehung der ersten Keilschriften der Sumerer sind in diesem Zeitraum anzusiedeln. Die orthodoxen Berechnungen geben für die Yugas folgende Zeiträume an:

Satya Yuga – auch Krita Yuga genannt – gilt als das Zeitalter der Wahrheit, als die höchste Entwicklungsstufe der Menschheit. Aufgrund des eben beschriebenen spirituellen Paradigmas folgt, dass der Zyklus mit dem Zeitalter der größtmöglichen Bewusstheit beginnt. Im Laufe der Verwicklung durch die folgenden Zeitalter nimmt die Spiritualität bzw. die Bewusstheit des Menschen kontinuierlich ab – bis hin zum gegenwärtigen Kali Yuga, dem Zeitalter der Streitigkeiten und Unwissenheit, dem Zeitalter des Materialismus und seinen entsprechenden Nichtigkeiten. Es heißt, dass der Mensch sich im Satya Yuga seiner wahren Natur vollständig bewusst war und gemäß dem Sanatana Dharma, dem ewigen Gesetz oder der ewigen Wahrheit, entsprechend gelebt habe. Personifiziert als die Gottheit Dharma, der in Form eines Stieres dargestellt wurde, stand dieser im Satya Yuga einst auf vier Beinen und verlor mit jedem absteigenden Zeitalter ein Bein – ein Symbolismus, der übrigens auch von den nordamerikanischen Lakota-Indianern verwendet wurde. Die Idee einer kontinuierlichen Degeneration der Menschheit von einem „Goldenen Zeitalter“ bis hinab zu einem „Eisernen Zeitalter“ findet man auch in unserem Kulturraum bei Hesiod, Platon und Ovid.

Bemerkenswert an dieser Konzeption der Yugas ist die Vorstellung, dass der Mensch sich demnach nicht kontinuierlich weiter ent-wickelt hat, sondern sich im Verlauf seiner Geschichte immer tiefer in seine Erfahrungswelt ver-wickelt und seine ursprüngliche spirituelle Natur dabei fast vollständig vergessen hat. Trotz all unserer zivilisatorischen Errungenschaften und technologischen Innovationen: Was wissen wir über Sinn und Zweck unserer menschlichen Existenz? Warum ist die menschliche Geschichte der letzten fünftausend Jahre kontinuierlich von durch Gier erzeugten Krisen und Kriegen, fortschreitendem Raubbau an den natürlichen Ressourcen, Umweltverschmutzung, und einem immer eklatanter klaffenden Sinnvakuum geprägt, welches nun durch immer stärkere und neuere Sinnesreize versucht wird zu füllen? Und stand die Menschheit möglicherweise in früheren Zeiten tatsächlich einmal auf einer höheren Bewusstseinsstufe als wir heute? Aufgrund der Beobachtung, dass in zahlreichen Kulturen die ältesten Artefakte eine Perfektion aufwiesen, die in den darauffolgenden Generationen schrittweise verloren ging, kritisierte der Ägyptologe John Anthony West den Mythos des Fortschritts folgendermaßen:

„Seit dem Alten Reich in Ägypten bis in die jüngste Zeit ging es mit der Zivilisation bergab, nicht bergauf; so einfach ist das. Wir können diesen Degenerationsprozess in Ägypten physisch verfolgen; er ist in die Steine geschrieben und unübersehbar. Die gleiche Geschichte wird in den Mythologien und Legenden praktisch aller anderen Gesellschaften und Zivilisationen auf der ganzen Welt erzählt. Das ist die ultimative Häresie für unsere Kirche des Fortschritts. Der Fortschritt verläuft nicht in einer geraden Linie von den primitiven Vorfahren bis zu uns schlauen alten Menschen mit ihren Wackelkopfpuppen und Massenvernichtungswaffen, ihren Verkehrsstaus und ihren verschmutzten Meeren, Himmeln und Ländern. Es gibt eine andere, weitaus realistischere Art, die Geschichte zu betrachten. Platon sprach von einem Zyklus von Zeitaltern: das Goldene, das Silberne, das Bronzene und das Eiserne (oder Dunkle) Zeitalter; ein Zyklus, eine Wellenform – nicht eine gerade Linie. Ein ähnliches Verständnis spiegelt sich in praktisch allen anderen antiken Berichten wider. Das bekannteste und bei weitem am weitesten entwickelte dieser Systeme ist das hinduistische mit seinem Yuga-Zyklus, der der platonischen Vorstellung von vier definierbaren Zeitaltern entspricht (das hinduistische Kali Yuga – unser heutiges Zeitalter – entspricht Platons Eisernem oder Dunklem Zeitalter). Das Problem bei der hinduistischen Version ist jedoch der Zeitrahmen, der traditionell auf die einzelnen Zeitalter angewandt wird: Hunderttausende oder sogar Millionen von Jahren.“5 (John Anthony West)

Ein solcher Zyklus von über vier Millionen Jahren Dauer erscheint allerdings astronomisch lang. Doch damit noch nicht genug: Eintausend dieser Maha Yugas ergeben zusammen ein Kalpa, einen Tag Brahmas (Schöpfergottheit), worauf eine ebenso lange Nacht mit einer teilweisen Auflösung (Pralaya) der Schöpfung folgt... und das Leben Brahmas währt einhundert Jahre á dreihundertsechzig Tage. Das ergibt schließlich einen Gesamtzyklus von 311 040 000 000 000 Jahren... Und uns stehen noch knapp 427 000 Jahre Kali Yuga bevor.

Innerhalb eines Kalpa lassen sich noch weitere Zyklen finden: die vierzehn Manvantaras, die von partiellen Zerstörungen (Sandhya) der Schöpfung unterbrochen werden. Auch hier widerspricht das spirituelle Weltbild der geologischen Theorie des Aktualismus mit seinem Prinzip der Gleichförmigkeit der Prozesse, demnach sich die geologischen Vorgänge der Gegenwart nicht von denen der erdgeschichtlichen Vergangenheit unterscheiden sollen, also geologische Prozesse weitestgehend gleichförmig verlaufen sollen. Die Vorstellung von sich periodisch wiederholenden Katastrophen ist ein Motiv, das sich jedoch in so gut wie allen Mythologien sämtlicher Völker wiederfindet. Am bekanntesten ist sicherlich der Sintflut-Mythos. Mit jedem dieser Manvantaras soll dann eine neue Menschheit entstehen, die auf den jeweiligen Manu, den ersten Menschen dieses Zeitalters, zurückzuführen sei. Bezogen auf das Alter unseres gegenwärtigen Universums, befinden wir uns demnach momentan (2023) am ersten Tag von Brahmas einundfünfzigsten Lebensjahr, im siebten Manvantara, im 5125. Jahr des achtundzwanzigsten Kali Yuga. Unser Universum wäre nach dieser Rechnung also 155 521 972 949 119 Jahre alt.

Berechnungen dieser Art – die Zahlenangaben sollten sicherlich nicht auf die Goldwaage gelegt werden – finden sich in den Göttergeschichten, den sogenannten Puranas und Agamas. So beschreibt die „Brahma Samhita“, eines der Agamas, welches der Gottheit Vishnu gewidmet ist, wie der Schöpfer, symbolisiert durch Mahavishnu, im „Ozean der Ursachen“ träumt. Mit jeder Ausatmung entströmen unzählige Universen aus seinen Poren und mit jeder Einatmung ziehen sich diese wieder zurück in seinen Körper. In jedem dieser Universen liegt eine weitere Inkarnation Vishnus auf der Weltenschlange Shesha und aus seinem Nabel wächst Brahma hervor, welcher mit der Manifestation der jeweiligen Schöpfung beauftragt wird. Innerhalb dieser Schöpfungen geht Vishnu in einer weiteren Inkarnation6 in jedes einzelne Lebewesen, ja in jedes einzelne Atom als Überseele bzw. Bewusstsein (Paramatman) ein.

So wird der gesamte manifestierte Kosmos als ein einziger Gedanke Gottes (Brahman) verstanden, als der Wunsch Gottes, sich selbst zu erfahren.

Nach dem Ende von Brahmas Leben wird die Schöpfung durch Shiva wieder aufgelöst und Vishnu ruht. Mit seinem Erwachen beginnt das göttliche Spiel (Lila), symbolisiert durch die hinduistische Trinität (Trimurti) von Brahma (Schöpfer), Vishnu (Erhalter) und Shiva (Zerstörer), erneut. Der kontinuierliche kosmische Rhythmus von Entstehen und Vergehen.

Die Schöpfung existiert, damit sich der Schöpfer in ihr erfahren kann.

So wird die Schöpfung als Lila betrachtet, als ewiges göttliches Spiel: Das Sich-Differenzieren und Verwickeln des Bewusstseins Gottes in die Vielfalt der möglichen Erfahrungen, und das Sich-wieder-Integrieren des Getrennten in das eine Absolute – ad infinitum. Die ganze Schöpfung als ewiger Traum Gottes.

In den ältesten philosophischen Texten Indiens, den Upanishaden, wurde dieser ursprüngliche schöpferische Impuls so ausgedrückt: „Zu Anfang war diese Welt allein Atman (Brahman); es war nichts anderes da, die Augen aufzuschlagen. Er erwog: Ich will Welten schaffen!“7 Und: „Seiend nur, o Teurer, war dieses (Brahman) am Anfang, eines nur und ohne zweites. Das Selbige beabsichtigte: Ich will vieles sein, will mich fortpflanzen.“8

Es ist also das Bewusstsein des Schöpfers (Atman/Brahman), welches die Schöpfung hervorbringt, um sich in ihr auf eine immer wieder neue Art und Weise zu erfahren und sich schließlich in ihr selbst zu erkennen. Erkenne dich selbst! Der Mensch in seiner Lebenswelt, der Schöpfer in seiner Schöpfung.

Wenn dann noch berücksichtigt wird, dass die Dauer der Existenz eines Universums, symbolisiert durch ein Leben Brahmas mit seinen über dreihundert Billionen Jahren, lediglich einen Tag Vishnus darstellt (und ein Leben Vishnus nur einen Atemzug Mahavishnus…), so dienen diese Zahlen weniger dazu, eine präzise alternative Geschichtsschreibung zu dokumentieren, sondern verfolgen vor allem den Zweck, eine Vorstellung von der Größe und Unvorstellbarkeit Gottes zu vermitteln. Die Ewigkeit kennt keinen Anfang und kein Ende.

Berücksichtigt man nun außerdem noch die Multidimensionalität der Schöpfung – die sieben Welten oder Lokas (Bhurloka, Bhuvarloka, Svarloka, Maharloka, Janaloka, Tapaloka und Satyaloka oder Brahmaloka) – so komplettiert sich das Bild des Kosmos. Mit Multidimensionalität ist hier gemeint, dass unsere als physische Wirklichkeit erfahrbare Welt nur eine von vielen Ebenen der Schöpfung darstellt, und dass auf anderen Frequenzbereichen der Schöpfung zahlreiche weitere Welten existieren, die sich unserer gewöhnlichen Wahrnehmung zumeist entziehen.

Bhurloka, die „Erdenwelt“, bezeichnet die uns sinnlich wahrnehmbare, dichteste Dimension des Kosmos, die materielle Welt. Materie erscheint unseren Sinnen zwar als etwas Festes, als etwas Stoffliches – spätestens auf subatomarer Ebene wird jedoch seit Formulierung der Quantentheorie deutlich, dass es sich bei der scheinbar festen Materie im Wesentlichen um leeren Raum handelt, in welchem sich Bewegungen oder Vibrationen mit einer bestimmten Geschwindigkeit oder Frequenz abspielen. Höhere Dimensionen der Schöpfung existieren zwar in demselben Raum wie unsere grobstoffliche Welt, vibrieren jedoch mit einer entsprechend höheren Frequenz, für welche unsere primär auf das Grobstoffliche ausgerichtete Sinneswahrnehmung normalerweise nicht empfangsbereit ist.

Bhuvarloka, die „Luftwelt“, die sich über das gesamte Sonnensystem erstreckt, steht für die nächst höherfrequente, feinstoffliche Schwingungsebene, die in manchen Traditionen auch die Astralebene genannt wird. Dies ist der geistige Bereich, in welchem Gedanken sich unmittelbar manifestieren bzw. Realität erzeugen. Auf dieser Ebene existieren der feinstoffliche Körper sowie verschiedene feinstoffliche Entitäten. Bhuvarloka wird während außerkörperlicher Erfahrungen, bei Nahtoderlebnissen und in Träumen erfahren. Durch bestimmte (Yoga-)Techniken lässt sich der Zugang zu dieser Realitätsebene erleichtern.

Mit Svarloka, der „Himmelswelt“, ist die Kausalebene gemeint – also der Bereich, in welchem die Bedingungen oder Ursachen unserer aktuellen Existenz (Karma) lokalisiert sind. Es handelt sich um den Bereich der schöpferischen, formgebenden Kräfte, welche den Erscheinungsformen der physischen Welt zugrunde liegen. Im vedischen Modell befindet sich hier die Welt der Halb-Götter oder Erzengel (Devas), die sich bis zum Polarstern (Dhruva) erstrecken soll.

Abb. : Matsya, Manu und die Rishis

Wie bereits erwähnt, soll spätestens am Ende jedes Manvantaras ein globaler Kataklysmus (Sandhya), meist in Form einer Sintflut, erfolgen. Am Ende jedes Kalpa sollen die untersten drei Lokas oder Welten (Teile der Galaxie) sogar komplett zerstört werden und eine Nacht Brahmas unmanifestiert (Pralaya) verbleiben. Zum Ende eines Manvantaras ziehen sich der jeweilige Manu (Stammvater der Menschheit) und die sieben Rishis (Sapta Rishis) währenddessen nach Maharloka zurück und bewahren so das genetische Material und das Wissen – den Veda – für das neue Äon. Das Gemälde zeigt, wie Manu und die Rishis während der Sintflut von Vishnu in seiner Fisch-Inkarnation Matsya gerettet werden. Die sieben Rishis werden übrigens auch mit dem Sternbild des großen Wagens oder großen Bären assoziiert, dessen Rotation um den Polarstern auch in anderen Kulturen als der Ursprung des Swastika-Symbols (Hakenkreuz) gilt. Maharloka bezeichnet die Ebene des Übergangs von den spirituellen, unmanifestierten Welten (Arupa Lokas) zu den materiellen und feinstofflichen manifestierten Welten (Rupa Lokas). Janaloka, Tapaloka und Satyaloka (auch Brahmaloka genannt) sind schließlich die rein spirituellen, archetypischen, ideellen oder informationellen Welten (Arupa Lokas), bevölkert mit den entsprechenden Hierarchien himmlischer Wesenheiten oder Göttern.

Die Lokas repräsentieren die verschiedenen Ebenen der „Entfaltung des Einen“ (Brahman), die fortschreitende Verdichtung oder Stofflichkeit der Welten von Satyaloka bis zu Bhurloka. Je dichter oder grobstofflicher die jeweilige Welt, desto langsamer fließt auch die Zeit in ihr. Was für Brahma in Satyaloka ein Tag ist, dauert bei uns über acht Millionen Jahre. Ein ähnliches Konzept beschreibt der kabbalistische Lebensbaum (Etz Chaim), der symbolisiert, wie die materielle Welt (Assiah) aus der spirituellen Welt (Atziluth) hervorgeht. Auch der antike griechische Philosoph Platon sprach von der Welt der Ideen, welche als Blaupausen oder Archetypen der stofflichen Welt zugrunde liegen.

Abb. : Lokas und Talas

Außerdem wird in den Puranas noch von sieben weiteren Welten berichtet, den Talas, welche als zumeist innerweltliche oder unterirdische Bereiche dargestellt werden. Sie können als die gravitativen Gegenpole zu den Lokas verstanden werden. Die Lokas repräsentieren den spirituellen Aspekt der jeweiligen Welt, Dimension oder Realitätsebene. In ihr vollzieht sich der bewusste Aufstieg, die Evolution, die Ent-wicklung des Bewusstseins zurück zum Einen. Die Talas symbolisieren den entsprechenden materiellen oder formgebenden Aspekt der zugehörigen Lokas und stehen so für den Vorgang des unbewussten Abstiegs, der Involution, der Ver-wicklung des Bewusstseins in die Schöpfung. Im Modell der Lokas und Talas präsentiert sich der Kosmos als multidimensionale Entfaltung einer grundlegenden, zusammenhängenden, bewussten Einheit (Brahman) oder Gottes.

Wie soll man nun diese astronomisch langen Zeiträume, die hier geschildert wurden, verstehen? Möglicherweise lassen sich die Yugas auch multidimensional oder fraktal verstehen, d.h. es könnten sich innerhalb dieser doch relativ langen Zeitalter noch kleinere Unterzyklen finden lassen. Vielleicht sind auch die Zeitalter selbst zyklisch anzuordnen, statt linear. Was folgt denn am Ende des Kali Yuga? Laut den Puranas manifestiert sich Gott als Avatar – bzw. erscheint Vishnu als Kalki – und stellt zum Zeitpunkt der maximalen Unordnung die göttliche Ordnung wieder her, um ein neues Satya Yuga einzuläuten. Das fraktale Prinzip besagt, dass sich identische Prozesse und Muster auf allen Größenordnungen wiederholen. „Wie oben, so unten.“ (Hermes Trismegistos) oder „Wie im Himmel, so auch auf Erden.“ (Vaterunser)9 So wie auf die Nacht ein neuer Morgen folgt, wie auf den Winter ein neuer Frühling folgt, so bestünde entsprechend die Möglichkeit eines Wiederaufstiegs durch die vorangegangenen Zeitalter. Nachdem der Tiefpunkt der Verwicklung erreicht ist, d.h. nach einem zweiten Kali Yuga, würde der Mensch beginnen, sich an seine spirituelle Natur zu erinnern und ein erneutes Dvapara Yuga einzuläuten.

Unter diesen Gesichtspunkten sind die zwei folgenden Kalendermodelle relevant. Zum einen sind da die Zeitangaben des Sapta-Rishi-Kalenders, der für die Dauer der Yugas jeweils zweitausendsiebenhundert Jahre plus eine Übergangsperiode von dreihundert Jahren postuliert, welche doch wesentlich realistischer erscheinen als Zeiträume von über vierhunderttausend Jahren.10 Dem Sapta-Rishi-Kalender zufolge begann das absteigende Dvapara Yuga im Jahre 6676 v. Chr. und das absteigende Kali Yuga 3676 v. Chr. Das aufsteigende Kali Yuga, welches dann 676 v. Chr. begann, würde nach diesem Modell im Jahre 2024 unserer Zeitrechnung enden und das nächste Dvapara Yuga entsprechend 2324 beginnen. Bemerkenswert an dieser Konzeption ist der Umstand, dass es während der Übergangsperioden um die Jahre 9700, 6700 und 3700 vor Christus möglicherweise signifikante globale Klimaereignisse, wie etwa das Ende der Eiszeit, gegeben haben könnte. Zum anderen gibt es das Yuga-Konzept von Sri Yukteswar aus seinem Buch „Die Heilige Wissenschaft“, welches sich auf die ursprünglichen Angaben des Manu Smriti bezieht.

Die Yugas dauern hier viertausend, dreitausend, zweitausend und eintausend Jahre plus jeweils vierhundert, dreihundert, zweihundert und einhundert Jahre langen Übergangsperioden (Sandhi) zu Beginn und Ende des jeweiligen Zeitalters. Laut Yukteswar wurden diese Zahlen aus dem Manu Smriti in den Puranas fälschlicherweise traditionell als „Götterjahre“ deklariert und mit dreihundertsechzig multipliziert, um auf entsprechende „Menschenjahre“ zu kommen. Daher diese extrem langen Zahlenangaben von 4 320 000 Jahren für ein Maha Yuga. Nimmt man die ursprünglichen Zahlen, so würde nach einer Degenerationsphase oder absteigenden Phase der Menschheit von zwölftausend Jahren demnach eine Regenerationsphase oder aufsteigende Phase von ebenfalls zwölftausend Jahren erfolgen, sodass sich für die Gesamtdauer des Zyklus vierundzwanzigtausend Jahre ergeben würden, was der Dauer der Präzession der Äquinoktien (Platonisches Jahr) mit 25 772 Jahren recht nahekommt.11

Die Präzession der Äquinoktien, welche durch die Kreiselbewegung der Erde um ihre Achse verursacht werden soll, dokumentiert, dass am Morgen der Tag-und-Nacht-Gleichen die Sonne in einem bestimmten Sternbild des Tierkreises aufgeht. Ungefähr seit Jesu Geburt geht die Sonne am Frühlingsanfang im Zeichen der Fische auf und wandert seitdem kontinuierlich in das Sternbild des Wassermanns zurück, weshalb in esoterischen Kreisen auch die Rede vom beginnenden Wassermann-Zeitalter ist. Vor viertausend Jahren, als das System der Tierkreiszeichen vermutlich entstanden ist, ging die Sonne zu diesem Zeitpunkt noch im Zeichen des Widders auf, weshalb alle zwischen dem 21. März und dem 20. April Geborenen das Sternzeichen Widder besitzen.

Abb. : Yuga-Zyklus nach Sri Yukteswar

Das Wissen um die Präzession der Äquinoktien – welche auch durch die Reise unseres Sonnensystems um das Galaktische Zentrum verursacht werden könnte – und die daraus resultierenden verschiedenen Zeitalter wird kulturübergreifend in zahlreichen Mythologien erwähnt. So behauptet Sri Yukteswar, dass unser Sonnensystem innerhalb dieser vierundzwanzigtausend Jahre um ein weiteres Gravitationszentrum12 als Gegenpol kreist. Je näher unser Sonnensystem dabei dem Galaktischen Zentrum (Vishnunabhi) kommt, desto höher unsere Entwicklungsstufe. Tatsächlich lassen sich heutzutage gewisse Korrelationen zwischen interstellarem Medium, Sonnenaktivität, Erdmagnetfeld und dem menschlichen Bewusstsein auch wissenschaftlich nachweisen.

Nach diesem Modell hätte das absteigende Satya Yuga – das spirituelle Zeitalter – von ungefähr 11500 bis 6700 v. Chr. gedauert. Während dieses Zeitalters war sich der Mensch des Sanatana Dharma noch vollständig bewusst und benötigte dazu keinerlei Hilfen. Von einem rationalistischen Standpunkt mag die vollständige Einbettung des Menschen in seine Umwelt den Ausdruck eines archaischen oder sogar primitiven Denkens darstellen. Möglicherweise wären wir jedoch gut beraten, uns heutzutage an diese Art der Verbundenheit mit der gesamten Schöpfung wieder zu erinnern. Ab etwa 6700 v. Chr. begann das Treta Yuga – das mentale Zeitalter – in welchem die Rishis die ersten Hymen des Rig Veda formulierten.

---ENDE DER LESEPROBE---