Philosophie ist wie Kitzeln im Kopf - Gudrun Mebs - E-Book + Hörbuch

Philosophie ist wie Kitzeln im Kopf E-Book

Gudrun Mebs

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Beschreibung

Die großen Fragen des Lebens

Die kleine Ida ist begeistert, als der »Prof« sie und ihre Freunde zum Zelten einlädt. Denn der »Prof« ist ein echter Professor und weiß spannende Dinge zu erzählen – nämlich von der Philosophie und dass die damit anfängt, dass man sich außerordentlich stark wundert. Auch darf man beim Philosophieren alle Fragen stellen, die einem so durch den Kopf gehen, und das lassen sich die Freunde nicht zweimal sagen.

Gudrun Mebs hat dem international renommierten Astrophysiker und Geisteswissenschaftler Prof. Dr. Harald Lesch genau zugehört – und erzählt so meisterhaft, wie nur sie es kann. Ein großartiges Leseerlebnis für alle, die mehr über das Leben und die Welt erfahren möchten!

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Seitenzahl: 209

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cbj ist der Kinder- und Jugendbuchverlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe Neumarkter Str. 28, 81673 München
Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform
© 2013 cbj, München Alle Rechte vorbehalten Lektorat: Paula Peretti Coverabbildung und Innenillustrationen: Catharina Westphal Covergestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen Ku · Herstellung: kw Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach Reproduktion: Reproline Mediateam, München
ISBN 978-3-641-10880-9V002
www.cbj-verlag.dewww.penguinrandomhouse.de

Gudrun Mebs arbeitete nach ihrem Schauspielstudium zunächst viele Jahre beim Theater. 1980 begann sie zu schreiben. Seitdem sind viele Bücher, Drehbücher, Hörspiele, Radioserien entstanden und ihre Lesereisen führten sie rund um den Globus. Die vielfach preisgekrönte Autorin erhielt u.a. den Deutschen Jugendliteraturpreis, das Bundesverdienstkreuz und den Bayerischen Verdienstorden. Heute lebt sie mit ihrem Mann und vielen Katzen in München und in Italien.

Harald Lesch ist Professor für Theoretische Astrophysik am Institut für Astronomie und Astrophysik der Universität München, Fachgutachter für Astrophysik bei der DFG und Mitglied der Astronomischen Gesellschaft. Einer breiteren Öffentlichkeit ist er durch die im bayerischen Fernsehen laufende Sendereihe »alpha-Centauri« bekannt.

Seit September 2008 ist er Nachfolger von Joachim Bublath in der ZDF-Reihe »Abenteuer Forschung«.

Inhaltsverzeichnis

Über den AutorJetzt erzähl ich erst mal was von uns!Was ist denn das, die Philosophie?Was ist das überhaupt, die Natur?Mittagessen mit WissenschaftMittagsschlaf oder was? Nee, Prof, wir philosophierenWenn Philosophen wandern gehen, anders als gedachtEin Quiz mit Prof, Göttern und StreitZwischenstopp mit einer wichtigen FrageWir lernen was, der Prof aber auch!Am Lagerfeuer denken sich Gedanken still und klarNachtgespräche mit Folgen für BabyWir Philosophen und der dumme alte GriechePhilosophen-Frühstück im CaféDer Abschied, beinah wär er schiefgegangenCopyright

Jetzt erzähl ich erst mal was von uns!

Ida heiße ich und ich habe nicht bald Geburtstag. Das sag ich bloß, weil ich mir an meinem letzten Geburtstag einen Professor gewünscht habe, der mir mal was erzählt vom Himmel und der Erde. Den habe ich tatsächlich gekriegt und Lucas und Tim und Lisa und Celia auch. Weil die auch neugierig waren und weil ich so stolz war auf meinen Geburtstags-Professor und … na ja, weil ich auch ein bisschen mit ihm protzen wollte.

Lisa ist unsere Klassenbeste und eine ziemliche Streberin, aber abschreiben darf man bei ihr immer. Celia ist ihr kleines Kindergarten-Schwesterchen und ihr Klotz am Bein, wie sie sagt. Weil sie immerzu auf sie aufpassen muss, ihre Eltern haben halt keine Zeit. Drum ist Celia immer dabei, ich finde das schön, die Kleine ist so lieb, meistens jedenfalls.

Lisa findet das nicht, meistens jedenfalls.

Lucas mit der neuen Zahnspange lispelt und spuckt, dafür kann er nichts. Ein Zappler ist er auch, aber er hat oft prima Ideen, und nie ist er neidisch.

Ich leider manchmal schon …

Ja, und unser Tim, der ist ein bisschen dick, und dem ist sein Papa das Allerwichtigste. Er hockt am liebsten auf seinem Hintern, also, ich meine Tim, nicht seinen Papa, und macht den Mund oft bloß auf, um sich was Leckeres reinzuschieben. Aber nicht immer. Auch wenn Tim außen dick ist, im Kopf ist er ziemlich fit.

Unser Prof, der ist toll. Der sieht überhaupt nicht so aus wie ein Professor aus dem Bilderbuch, bloß oben herum, da fehlen ihm ein bisschen die Haare. Er trägt Jeans und T-Shirt und ist der beste Erzähler der Welt. Von ihm wissen wir jetzt, wie die Erde geboren wurde, wie das Wasser auf die Erde kam, wie der Mond am Himmel gelandet ist und was es mit den Planeten auf sich hat. Wir wissen jetzt was von den Sternen und der Sonne, die ist nämlich auch ein Stern, und wir wissen auch, dass der Stern von Bethlehem gar keiner war. Das alles hat uns der Prof erzählt im Park, am Teich, auf dem Fußballplatz und zum Schluss im Hörsaal von der Universität. Damit wir mal sehen, wo er arbeitet. Das war toll.

Celia hat die ganze Tafel vollkritzeln dürfen.

Aber dann waren wir ziemlich traurig, als uns der Prof alles erzählt hatte, was wir wissen wollten. Wir sind seine Freunde geworden, das hat er selber gesagt, und jetzt sollen wir uns nicht mehr sehen?

Doch!!!

Weil, ihm ist eingefallen, dass er seinen Freunden, und das sind wir, noch mehr zu erzählen hat. Und zwar diesmal was von der Philosophie: von den alten Griechen, die sich zum ersten Mal Gedanken gemacht haben über die Natur, warum die wohl so ist, wie sie ist. Und eine Überraschung hat er auch noch für uns. Wir dürfen mit ihm zelten gehen in die Natur, beinah zwei Tage lang, sogar über Nacht und bloß mit ihm!

Was haben wir uns da gefreut! Unsere Eltern waren ziemlich aufgeregt, wir aber auch. Wir haben gleich angefangen zu packen, weil, schon morgen früh geht es los.

Philosophie mit Zelt und Prof.

Was ist denn das, die Philosophie?

Unser Prof hat uns alle abgeholt, und ich glaub, so vollgestopft war sein Auto noch nie. Mit Kindern und Zelten und Rucksäcken und Picknickkörben und oben draufgeschnallt das riesige Gummimonster-Krokodil von Celia. Das muss mit, sonst gibt’s Tränen bei dem Zwerg. Dicker Tim darf vorne sitzen, da war ich schon ein bisschen neidisch, aber nicht lange. Hauptsache ist doch, wir haben unseren Prof beinah zwei Tage ganz für uns alleine und er erzählt uns wieder spannende Sachen, solche, die wir vorher noch nicht gewusst haben. Und unsere Eltern auch nicht, glaub ich jedenfalls. Was Neues wissen, ist die Hauptsache … neee, nicht nur. Hauptsache ist auch, dass wir zum ersten Mal nachts im Zelt schlafen und selber kochen und aufbleiben dürfen, so lange wir wollen, hoffentlich … unser Prof ist nicht so einer, der »Marsch, ab ins Bett« ruft, weil er selber in Ruhe Fernsehen gucken möchte. Auf dem Campingplatz gibt’s ja auch keinen …

Wir fahren auf der Autobahn, der Prof pfeift vor sich hin, Lisa neben mir hat ein Heft auf ihrem Schoß und einen Stift in der Hand, na klar, alles muss aufgeschrieben werden, was der Prof erzählt. Also wirklich, Lisa. Wie soll das denn gehen im Wackel-Auto? Und außerdem, er sagt ja gar nichts, er pfeift. Und Celia hopst auf ihrem Sitz herum und lutscht am Ohr von ihrem Teddy. Hoffentlich muss sie nicht Pipi, wir sind ja noch längst nicht da. Hat Lisa ihr vorsichtshalber eine Windel angezogen? Sicher ist sicher… Lucas fummelt an seiner Zahnspange herum und hopst beinah so heftig wie Celia, der Zappler.

»Nun denn!«, ruft der Prof und überholt einen Laster. »In medias res, meine Lieben.«

Was?

»Das heißt: zur Sache, aber gleich«, brummelt vorne Tim. »Das sagt mein Papa immer, wenn meine Mama stundenlang rumplappert, und er will doch zum Joggen gehen.«

Na klar, der Tim und sein Papa … hoffentlich kriegt er heut Nacht im Zelt nicht furchtbar Heimweh und will zu seinem Papa.

Der Prof grinst, ich kann’s im Rückspiegel deutlich sehen. »Er meint, sie soll zur Sache kommen.« Er hupt einen Auto-Drängler weg. »Und unsere Sache heißt: Was ist eigentlich die Philosophie!«

Sofort hebt Lisa die Hand wie in der Schule.

»Philosophie ist die Lehre der Weisheit.«

Na, da ist aber eine heute sehr früh aufgestanden und hat im Lexikon nachgeschaut.

»Und Philosophen sind die, die sich Gedanken machen über die Welt und so. Warum sie so ist, wie sie ist. Weil sie das interessiert und mich auch.«

»Interessiert mich auch!«, zischelt Lucas und zappelt auf seinem Sitz herum. »Besonders die Fußballplätze.«

»Versteh ich, Lucas«, sagt der Prof und gibt Gas. »Aber könntest du bitte aufhören, mir in den Rücken zu boxen? Ich muss mich auf die Straße konzentrieren. Um Fußball ging es den ersten Philosophen nicht. Philosophen heißen, wörtlich aus dem Griechischen übersetzt …«

»Die Freunde der Weisheit!«, ruft Lisa und zieht Celia den Nuckeldaumen aus dem Mund. Aber einen Lobe-Daumen hoch vom Prof kriegt sie leider nicht, der muss am Steuerrad bleiben. Dafür aber ein zufriedenes Nicken im Rückspiegel.

»Die wissen allerdings genau, dass sie die Weisheit nie erwischen können, aber sie sind Freunde davon, sie wären eben gerne weise. Entstanden ist übrigens die Philosophie ungefähr 600 vor Christus, sagt euch das was?«

»Ist ungefähr 2 600 Jahre her!«, zischelt Lucas und boxt schon wieder. Er kann’s halt nicht lassen, aber im Rechnen, da ist er toll! Ich nicht so …

»Autsch!«, schreit der Prof, und »Blödmann«! Das gilt aber nicht dem Lucas, sondern einem Laster, der schert aus, ohne zu blinken. Der Prof bremst, der Prof beschleunigt wieder und hat sich beruhigt. Ist doch alles gut gegangen. Erzählt er jetzt weiter? Ich will nämlich wissen, wo denn die ersten Philosophen gewohnt haben und warum sie da angefangen haben zu denken, weil, das tun die doch. Und außerdem ist das eine kluge Frage, darüber freut er sich doch immer.

»Die ersten Philosophen waren Griechen, wie die geheißen haben, erzähle ich euch später, einverstanden? Ist es nicht erstaunlich, dass die Philosophie, das Denken über die Welt, begonnen hat in einem Land, wo das Wetter fast immer schön ist? Was denkt ihr darüber, aber denkt schnell, ich muss gleich auf die Karte schauen, wo wir abbiegen müssen zu unserem Campingplatz.«

»Kommen wir da an ’ner Pommesbude vorbei?«, brummelt Tim und kriegt von mir eins auf die Mütze. Voll daneben, Tim!

Grad hab ich einen schönen Gedanken gehabt und der ist jetzt weg! Und Lisa, natürlich Lisa, weiß es!

»Weil beim schönen Wetter alle draußen sind, und dann sehen sie in Griechenland das Meer und auch Hügel und Olivenbäume und den Himmel und die Sonne, und das ist wie Ferien, und dann haben sie Lust, darüber nachzudenken, warum das alles so ist, wie es ist. Stimmt doch, oder?«

»Stimmt, Lisa!«, zischelt Lucas sofort, dabei war doch unser Prof gefragt. Der wirft aber nur eine Kusshand nach hinten zur Lisa. Die wird knallrot. Eine Kusshand vom Prof und ein »Stimmt, Lisa« von Lucas, das macht stolz … blöd, dass mir das nicht eingefallen ist, wo’s doch so logisch ist.

Da zischelt Lucas schon weiter und diesmal kriegt der Prof keine Fäuste in den Rücken, sondern einen Spuckeregen auf die Glatze.

»Das ist nämlich so! Im Norden von Europa isses ja so kalt gewesen, und da haben sich damals alle in Bärenfelle gewickelt und in ihre Hüttchen gehockt, und keiner hat Lust gehabt, mal so richtig draußen rumzugucken und zu staunen. So muss es wohl gewesen sein. Entschuldigung.«

Lucas wischt dem Prof die Glatze ab, ganz ohne Geboxe.

Wäre ich schneller gewesen, hätte ich das ja auch machen können, denn Lucas kriegt ein »Sehr aufmerksam, lieber Freund« vom Prof und ein Grinsen im Rückspiegel.

Wir fahren noch immer Autobahn und vom Campingplatz ist noch nichts zu sehen. Tim vorne schweigt, also, ich glaube ja, er ist ein bisschen eingeschlafen. Celia auch, halb auf meinem Schoß. Statt Daumen hat sie ein Teddyohr im Mund. Aber ich, ich bin blitzwach. Und muss denken. Alles logisch, was Lisa und Lucas gesagt haben. Ich find’s toll, dass da im warmen Griechenland die Philosophie geboren ist, weil, das ist ja auch unser Thema auf’m Campingplatz. Aber, warum sagen wir bloß, das Wetter ist schön, wenn die Sonne scheint, und wir sagen, das Wetter ist schlecht, wenn’s regnet? Wärme und Wasser brauchen wir doch alles beides auf unserem Planeten, das wissen wir doch. Und außerdem hab ich lustige Gummistiefel mit Pünktchen drauf zum In-den-Pfützen-Platschen, und Regenschirme gibt’s doch auch.

»Mein Papa wird dann immer sauer, weil er dann nicht joggen kann«, brummelt Tim vorne. Ach, Tim ist doch nicht eingepennt.

»Also sind seine Interessen abhängig vom Wetter, das schließe ich daraus!«, sagt Lisa und kritzelt überhaupt nichts in ihr Heft. »Und er macht das Wetter verantwortlich für seine schlechte Laune, oder?«

»Das ist aber unfair!« Lucas zappelt mit den Beinen, und wenn er jetzt so weiter zappelt, kriegt der Prof wieder was in den Rücken. »Das Wetter kümmert sich aber nicht um deinen Papa, das Wetter ist, wie es ist. Das haben die alten Griechen auch begriffen und darum haben sie darüber nachgedacht. Das sollte dein Papa auch mal tun, Tim, ich sag’s ja bloß.«

»Ich find Regen ja auch ganz gut«, brummelt Tim. »Weil ich da nicht zum Fußballspielen muss. Und weil Ida recht hat, die ist ja nicht blöd. Unser Planet muss beides haben. Das sag ich mal meinem Papa, aber nicht jetzt, jetzt hab ich nämlich …«

»Pipi!«, kreischt Celia, sie ist aufgewacht.

»Hunger!«, brummelt Tim. Und unser Prof, Augen starr auf die Autobahn gerichtet, Hände fest am Lenkrad, ruft: »Freunde, wie schön, wir sind ja schon mittendrin in unserem Thema. Philosophieren heißt Nachdenken über das, was da ist. Und insbesondere Naturphilosophie heißt Nachdenken über die Natur, die wir vorgefunden haben, als wir auf die Welt gekommen sind. Da war ja schon alles da. Bäume und Pflanzen, Meere und Berge, Tiere, Papa und Mama … und auch, okay, okay, Pipi machen müssen und Hunger.«

Der Prof blinkt und biegt ab, die Bremsen quietschen ein bisschen, »Pipi-Hunger-Pause!« ruft er und hält an, nein, nicht an einer Tankstelle mit Raststätte dran, sondern an einem kleinen Parkplatz.

»Gute Vorübung für unsere philosophischen Campingtage!«, ruft er, steigt aus und streckt sich. »Alle Mann von Bord. Zum Pipimachen dahinten in die Klos, zum Hungerstillen da ran an den Tisch. Braucht jemand Hilfe?«

Nee, brauchen wir nicht. Schon ist er weg und Lisa mit Celia hinterher, und Lucas springt auch ziemlich schnell, aber in Richtung Gebüsch.

Tim und ich zerren einen Picknickkorb aus dem Kofferraum, Tim schneller als ich. Flink hat er alles ausgepackt, auf einen ziemlich schmuddeligen Holztisch. Obst, Brötchen, Würstchen, Joghurt auch, aber das schiebt er weg. Nach Schokolade kramt er umsonst im Korb herum, na klar, das war ja der Picknickkorb von seiner Mama …

Wir mampfen, alle zusammen, das ist richtig gemütlich, und das Wetter ist … nee, schön sag ich jetzt nicht mehr! Das Wetter ist anders als gestern, und Celia braucht ihr Sonnenmützchen, sie kriegt so leicht ’nen Sonnenbrand.

»Zurück zu unserer Philosophie«, sagt der Prof, sein Sonnenmützchen ist ein Sonnenhut, und toll sieht er damit aus, die Sonnenbrille passt gut dazu, die ist riesengroß und superschick. Er ist so richtig elegant, ich muss ihn immerzu anschauen. Lisa aber auch … Er greift nach einem Brötchen.

»Wisst ihr was? Ich glaube, dass man sagen kann, Philosophie beginnt damit, dass man sich außerordentlich stark wundert. Dass man so richtig hin und her geschmissen wird zwischen Hoch und Tief. Auf der einen Seite gibt es das Hoch, das ist das Staunen und das Sichfreuen und Leben auf einer Erde, die so perfekt und prima ist wie die unsere. Ja, und daraus ergeben sich dann die Fragen, die nur in der Tiefe zu beantworten sind. Warum ist das so? Da fängt man an zu bohren, und gebohrt wird ja bekanntlich tief, in die Luft hochbohren geht ja nun mal nicht.« Er nimmt einen tiefen Schluck aus seinem Wasserbecher.

»Das ist wie beim Zahnarzt«, nuschelt Lucas. »Das is auch so ein Tiefbohrer, ich weiß, wovon ich rede.«

Apfelstückchen flutschen aus seinem Mund, der Prof wischt sie einfach weg. »Richtig, Lucas, er will an die Wurzel.«

»Aber die Philosophen sind keine Zahnärzte!« Lisa fuchtelt mit einem Joghurtlöffel. »Mit dem Bohren sind Fragen gemeint. Die wollen an die Wurzel gehen. Auf den Grund, meine ich. Schnabel auf, Celia, und zwei Mal sag ich’s nicht!«

»Dann bin ich aber ein richtiger Philosoph, weil ich nämlich eigentlich immer ein Loch im Bauch hab«, murmelt Tim und greift nach dem letzten Würstchen.

Mensch, Tim, das war jetzt aber wirklich daneben. Doch der Prof, der lacht und klatscht auf Tims Baseballkappe.

»Dann erkläre mir doch mal, mein Freund, warum die Philosophen so erpicht drauf sind, ihre Löcher im Bauch zu füllen?«

»Weil sie hungrig sind!« Tim schnauft tief auf. »Aber nicht nach Pommes oder so. Mehr so im Kopf, glaube ich. Mein Papa hat gesagt, man kann nicht bloß so irgendwas behaupten, weil, dann kann man auch Blödes behaupten, was gar nicht stimmen kann. Hat er gesagt. Man muss das, was man behauptet, auch …«, Tim schnauft, »weiß nicht mehr, hab’s vergessen.« Und er greift nach dem letzten Joghurt, obwohl er das doch gar nicht mag.

Der Prof grinst und reicht ihm einen Löffel.

»Man muss die Behauptung auch sinnvoll begründen, Tim. Das hat dein Papa gemeint, schönen Gruß, er hat recht. Sinnvoll denken ist nicht so ein Irgendwie, so was bloß Hingedachtes. Wenn ein Philosoph über den Himmel spricht, dann wundert er sich vielleicht, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, aber er kommt nicht mit der Hölle, versteht ihr, was ich meine?«

Na klar verstehen wir das. Himmel und Bäume kann er sehen, die Hölle aber nicht, wenn’s die überhaupt gibt… gesehen hat die nämlich noch keiner.

»Philosophen sind also so was wie Soldaten an der Grenze, sie bewachen nämlich die Grenzen der Vernunft, bevor man ins Reich der totalen Spekulation abdriftet. Ufff!« Der Prof putzt seine Sonnenbrille und schaut uns der Reihe nach an.

»War das jetzt zu schwierig für euch?«

Ja … doch …

»Überhaupt nicht!«, ruft Lisa, natürlich Lisa, und sie kriegt gar nicht mit, dass Celia von der Bank gerutscht ist. »Das soll heißen, spekulieren kann man irgendwas, was einem grad so einfällt, aber vernünftig ist das nicht. Denn dann kann man sich auch nicht miteinander unterhalten. Stimmt doch, oder?« Lisa lächelt stolz, sie weiß ja schon, dass es stimmt.

Gleich kriegt sie hundert Punkte, die Superkandidatin.

Von Lucas aber nicht. »Klugscheißerin!«, zischelt er, Bananenbrei klebt an seiner Zahnspange. »Kannste auch deutsch reden? Was soll’n das heißen, das Spekuzeugs. Hat ja wohl mit Speck nix zu tun, oder?« Er knufft Tim auf seinen dicken Bauch. Der knufft zurück. Mensch, Lucas, hör auf, hier rumzustänkern.

Spekulation heißt doch einfach … na ja, Vermutung. Biste nur blöd oder was? Der Prof hat’s doch grad vorhin erklärt.

»Danke, Ida.« Der Prof lächelt mich an, aber gleich darauf auch Lisa, leider. »Lisa, natürlich kann man sich nicht gut unterhalten, wenn einer nur irgendwas plappert und der andere was anderes. Dann plappert man endlos aneinander vorbei. Ein richtig schönes Streitgespräch kann man nur führen, wenn handfeste Argumente auf dem Tisch liegen. Argumente, Ida?«

»Ansichten!«, ruft Lisa, »Überlegungen! Meinungen!«

»Klugscheißerin!«, zischelt Lucas, aber leise.

»Besserwisserin«, seufze ich, aber genau so leise. Ärgern muss ich mich aber nicht, weil, der Prof legt seinen Arm um mich, leicht verschwitzt, um Lisa legt er ihn nicht …

»Es war nur so, Lisa, dass die ersten Philosophen im alten Griechenland überhaupt keine Streitgespräche geführt haben. Die haben nur alle allein die Natur beobachtet und da ihre Schlüsse gezogen, die sich von den unseren weit unterscheiden, aber davon später. Gespräche unter den Philosophen gab es sehr viel später, erst bei Sokrates. Der fing an, sich direkt zu unterhalten mit den Leuten in Athen. Was meinst du damit und warum denkst du nicht anders? Den ersten Philosophen ging es nur um die Natur, also um die Frage, warum ist die so, wie sie ist. Warum das Feuer, das Wasser, die Erde, die Luft? Davon erzähle ich euch auf dem Campingplatz. Wie wär’s, wenn wir jetzt aufbrechen würden? Aufräumen, Freunde, und alle an Bord, sind alle da?« Er schaut sich um, wir auch … weil, Celia fehlt. Das hat keiner gemerkt. Der Prof bückt sich unter den Tisch. »Wo ist der Zwerg, muss ich mir Sorgen machen?« Nee, muss er nicht. Dahinten, gar nicht weit weg, da winselt ein Hund, und wo ein Hund ist, da ist auch Celia, das wissen wir doch. Sie unterhält sich halt so gerne mit Hunden.

»Celia, komm her, sofort!«, schreit Lisa, und, oh Wunder, Celia kommt tatsächlich sofort, was sie sonst nie tut. Aber sie kommt nicht alleine, sie kommt mit Hund. Ein Winzhund, ein Hündchen, das ist ja noch ein Hundebaby!

Wo kommt das denn her? Hier ist doch weit und breit niemand auf dem kleinen Parkplatz, kein Auto mit Herrchen und Frauchen oder so was.

»Hund hat geweint!«, berichtet Celia. »Hat keine Mama und Papa. Hat er mir erzählt, ja!« Sie drückt einen Schmatz auf die Winzschnauze, sofort schleckt das Fellbündelchen ihre kleine Nase. Celia strahlt glücklich. »Hat mir Kuss gegeben!«

Wir anderen strahlen nicht, wir starren auf Celia und ihr Hündchen-Glück. Uns allen ist klar, das Hundebaby hat keine Heimat. Weit und breit keine Häuser, bloß Autobahn, endlos lange Autobahn.

»Oh, oh«, seufzt der Prof und kratzt sich am Bart. »Ich fürchte, jetzt haben wir ein Problem!«

»Können wir das philosophisch lösen?«, fragt Lisa und schaut hoffnungsvoll hoch zum Prof. Sie ist ziemlich durcheinander, das sehe ich gleich, weil, sie hat Celia überhaupt nicht angeschrien und sie vom Hund weggezerrt. Weil Naseabschlecken doch so eklig ist.

Findet Lisa, Celia nicht. »Lisa, wir könnten uns jetzt sinnvoll wundern, denn alle Philosophen wundern sich zunächst. Wie kommt denn das, was wir da sehen?« Der Prof hockt sich hin vor Celia und dem Hündchen, nimmt sogar die Sonnenbrille ab. »Wir könnten auch sinnvoll spekulieren. Wie kommt es, dass das Tierchen nicht da ist, wo es hingehört? Das ist nämlich ein Naturgesetz und Philosophen respektieren immer die Naturgesetze. Und dieses Gesetz hier heißt …«

»Ein Hundebaby gehört zu seiner Mama, weil es das braucht«, sagt Lisa und seufzt tief auf. Sie kennt das, weil, Celia braucht auch ihre Mama, aber die hat ja nie Zeit, also heißt jetzt die Celia-Mama Lisa. Meistens jedenfalls.

Der Prof nickt und krault dem Hündchen das filzige Löckchenfell. Das Hündchen schmeißt sich sofort begeistert auf den Rücken.

»Hund lacht!«, teilt ihm Celia sofort stolz mit.

»Täte ich auch, Celia«, grinst der Prof. »Wenn man mich kraulen würde. Aber unsere nächste Frage jetzt wäre doch, wie kommt es, dass der Kleine hier ist und nicht dort?«

»Man hat ihn aus’m Auto geschmissen!«, zischelt Lucas sofort. »So was steht immer wieder in der Zeitung, ich weiß das!« Oder man hat ihn hier zum Pipimachen aus dem Auto rausgelassen und dann hat man ihn vergessen. Oder er hat sich verlaufen und man hat ihn gesucht und nicht mehr gefunden. Das könnte doch auch sein, oder? Mir wär das lieber als so ein rausgeschmissenes Hundebaby, das man nicht mehr haben will, das ist doch grausam! Das will ich gar nicht denken.

»Mein Papa hätte jetzt gesagt, das ist nicht unser Problem, das ist das Problem vom Hund«, brummelt Tim und kratzt das hingestreckte Hunde-Bäuchlein. »Das hätte ich aber nicht geglaubt.«

»Ich auch nicht, Tim«, sagt der Prof und steht wieder auf. »Und schon sind wir wieder bei der Philosophie.«

»Nee, beim Hund!«, kreischt Celia und klammert sich ans Hundefell.

»Ich weiß, ich weiß, Celia.« Der Prof befreit das fiepende Hündchen von den Celia-Händchen. »Nicht zu übersehen. Aber philosophieren wir trotzdem ganz kurz, okay? Also, wir haben uns gewundert.«

»Weil der Hund nicht da ist, wo er hingehört«, sagt Lisa sofort. Ich merke genau, ihr wär’s lieber, das Hundebaby läge daheim bei lieben Leuten in einem warmen Körbchen zusammen mit seiner Hundemama. Weil Celia alleine schon nervig genug ist, jetzt ist sie noch viel nerviger.

»Dann haben wir uns sinnvoll überlegt, wie das denn sein kann, Hündchen allein auf dem verlassenen Parkplatz. Wir haben also unsere Gedanken dazu gesammelt. Wir sind aber nicht zu einem Ergebnis gekommen, nicht wahr? Hätte alles sein können. Rausgeschmissen, verloren gegangen, ausgerissen.

Aber die Tatsache, der Hund hier und jetzt bei uns, das ist ein Wissen. Das bezweifelt ja wohl keiner. Nun ist die Philosophie aber nicht nur so eine Gedankensammelei, sondern sie überlegt gleich weiter, ganz praktisch, kann man das auch benutzen, das Wissen? Wollt ihr ein Beispiel hören?«

Der Prof hockt sich wieder auf die Bank.

Nee, wollen wir eigentlich nicht. Wir wollen lieber wissen, was wir jetzt machen sollen mit dem Hundebaby. Zur Polizei, ins Tierheim, zurück nach Hause und nix wird mit unserem Camping oder was?

Aber der Prof erzählt schon weiter.

»Zum Beispiel, wenn man begriffen hat, warum die Sonne im Sommer höher steht als im Winter, dann könnte man auch wissen, dass im Sommer das Getreide gut wächst, was wir ja zur Ernährung brauchen, aber dass dazu auch Regen notwendig ist. Vor allem aber Wärme. Also ist es sinnvoll, im Frühling zu säen und im späten Sommer dann zu ernten, bevor wieder der Winter kommt und alles kaputt frieren lässt. Leuchtet euch das ein? Naturbetrachtungen und Philosophie hingen am Anfang der Philosophie ganz eng beieinander!«

Hinter seiner Sonnenbrille glitzern seine Augen, das sehe ich deutlich. Ach ja, jetzt geht der Gaul mit ihm durch, wie er immer sagt, und der ist nicht zu bremsen.