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Sie treten vor Zehntausenden Zuschauern in ausverkauften Hallen auf und Millionen Fans verfolgen ihre Spiele weltweit über das Internet. Bei Turnieren kämpfen sie um siebenstellige Preisgelder. Sie haben ihr Hobby zum Beruf gemacht und leben ihren Traum: Pro-Gamer. Doch wie verläuft der Weg vom heimischen PC zu einem Profi-Team und wie sieht das Leben eines Pro-Gamers tatsächlich aus? Mit vielen Hintergrundinformationen und Erfahrungsberichten erfolgreicher Pro-Gamer!
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Stell dir vor, du trittst vor Zehntausenden Zuschauern in ausverkauften Hallen auf. Millionen Fans verfolgen deine Spiele weltweit über das Internet. Bei Turnieren kämpfst du um siebenstellige Preisgelder. Du hast dein Hobby zum Beruf gemacht, als Pro-Gamer, immer einen Klick schneller als der Rest.
Dieses Buch gibt einen kurzen Überblick über Spiele und Turniere und beschreibt den Alltag der Profis. Es wagt einen Blick in die Zukunft der Branche und enthält drei ausführliche Spielerporträts international erfolgreicher Pro-Gamer. Und nicht zuletzt beleuchtet es auch die Schattenseiten dieses Traums.
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24 Menschen quetschen sich in einen halbdunklen Raum. Sie alle starren gebannt auf einen kleinen schwarzen Bildschirm, über den weiße Punkte flitzen. Stundenlang ist nur das Klicken der Controller zu hören, hin und wieder zerreißt ein Schrei die konzentrierte Stille: »Schnapp ihn dir … getroffen!« Die meisten Personen im Raum sind Männer, viele haben lange Haare, sie sind Studenten und Programmierer.
Der erste Preis, der im E-Sport vergeben wurde, war ein Jahresabo der Musikzeitschrift Rolling Stone.
Es ist Mittwochabend, 19. Oktober 1972, der Raum gehört zur Stanford University in den USA. Ein schlichter, an einer Pinnwand befestigter Zettel kündigt vor mehr als 45 Jahren das erste E-Sport-Turnier der Welt an: die »Intergalactic Spacewar Olympics«. In dem Spiel Spacewar! schießen zwei bis fünf Spieler aufeinander, während sie mit Raumschiffen durch das tiefschwarze Weltall fliegen. Die Raumschiffe und die Torpedos, die sie abfeuern, sind auf dem Bildschirm nicht mehr als weiße Pixelhaufen. Es gibt drei Kategorien: Eins-gegen-eins, Zwei-gegen-zwei und Alle-gegen-alle in einem Fünferkampf. Der Preis für die Sieger: ein Jahresabo der Musikzeitschrift Rolling Stone.
In den Siebzigerjahren hatten die meisten Menschen noch keinen eigenen Computer. Die Rechner waren ziemlich teuer und standen in großen Unternehmen, Universitäten und Forschungslaboren. Das Internet, so wie wir es heute kennen, war damals noch nicht erfunden. Für die Programmierer und Forscher in den USA war Spacewar! ziemlich wichtig. Denn nicht nur das Spielen machte ihnen Spaß, sondern auch das Programm immer weiterzuentwickeln. Dabei lernten sie neue Dinge: zum Beispiel mit den Computern in Echtzeit zu interagieren. Deshalb gab es Spacewar! ziemlich schnell auf vielen Computern in Universitäten und Unternehmen überall in den USA – in einer Zeit, in der an genau diesen Universitäten und Unternehmen wichtige Erfindungen wie das Internet entwickelt wurden. Zwar gibt es keine Beweise für einen direkten Zusammenhang. Aber möglicherweise hat dieses Computerspiel nicht nur das erste Videospiel-Turnier hervorgebracht, sondern ohne Spacewar! gäbe es heute nicht mal Computer für zu Hause, kein Internet, keinen E-Sport. Wer weiß …
Das erste große Videospiel-Turnier fand ziemlich genau acht Jahre später, am 10. November 1980, statt. Rund 10 000 Spieler nahmen an der »National Space Invaders Competition« in New York teil. Der Entwickler von Space Invaders, das Unternehmen Atari, hatte den Wettbewerb ausgerufen. Der Spieler steuert eine Laserkanone, mit der er Reihen von Aliens abschießen muss, die immer näher kommen. Gewonnen hat damals der 16-jährige Bill Heinemann, der einen Highscore von 165 200 Punkten erzielte. Zwei Stunden hat er für diese Punktzahl gebraucht.
1982 veröffentlichte der Amerikaner Walter Day, Betreiber einer Spielhalle, das Twin Galaxies National Scoreboard – die erste öffentliche Bestenliste für Videospiele. Nur ein Jahr später gründete er das erste professionelle Videospielteam mit sechs Mitgliedern, das »U.S. National Video Game Team«. Ab da wurden immer häufiger Gaming-Meisterschaften ausgetragen, zunächst in den USA, aber bald auch in anderen Ländern. Allerdings: Bis man von E-Sport oder Pro-Gaming sprechen konnte, dauerte es nochmal 20 Jahre. Entscheidend für die Weiterentwicklung zum E-Sport war nämlich eine Erfindung, die heute nicht mehr wegzudenken ist: die Möglichkeit, mehrere Computer über ein Netzwerk miteinander zu verbinden – das Internet. Während es davor nur möglich war, an einem Computer oder einer Konsole in Videospielen gegeneinander anzutreten, können Gamer dank des Internets auch miteinander spielen, ohne im selben Raum zu sein.
Das Wort Pro-Gamer setzt sich aus den englischen Wörtern »professional« und »gamer« zusammen. »Professional« bedeutet in dem Zusammenhang, dass derjenige hauptberuflich spielt, er also mit E-Sport so viel Geld verdient, dass er davon leben kann. Manche sprechen auch von E-Sportlern.
Als allererster Pro-Gamer gilt der US-Amerikaner Dennis Fong, der sich in Spielen selbst »Thresh« nennt. Er hat über einen Zeitraum von fünf Jahren buchstäblich jedes Computerspiel-Turnier gewonnen, bei dem er angetreten ist. Sein berühmtester Sieg: das »Red Annihilation Quake Tournament« 1997 in den USA. Als ersten Preis bekam Thresh den roten Ferrari von einem der Quake-Erfinder. Der Ferrari hat damals für großes Aufsehen gesorgt, das Quake-Turnier gilt deshalb als Startpunkt des Pro-Gaming.
Das erste Game, das Thresh professionell gespielt hat, war das Online-Multiplayer-Spiel Doom, ein Ego-Shooter. Seine beiden älteren Brüder haben ihm das Spiel gezeigt, als er 16 Jahre alt war. Auch Quake ist ein Ego-Shooter. Am Anfang waren seine Eltern überhaupt nicht davon begeistert, dass Thresh so viel Computer spielte, vor allem als er später sein Studium an der Universität schmiss, um spielen zu können. Aber als er dann den Ferrari gewann, lag ihm seine Mutter in den Ohren, er möge doch mehr trainieren.
Der erste Pro-Gamer, Dennis »Thresh« Fong, hat die Tastenkombination WASD beliebt gemacht.
Außerdem hat Thresh noch etwas ganz anderes Wichtiges für Gamer begründet: die Tastenbelegung der Buchstaben WASD. In Quake konnten sich die Spieler aussuchen, mit welchen Tasten sie sich im Spiel fortbewegen wollten. Weil Thresh vor 20 Jahren mit den vier Buchstaben W, A, S und D für vorwärts, links, rückwärts und rechts so erfolgreich war, hat sich das als Standardkonfiguration für eigentlich jeden Ego-Shooter und andere Computerspiele durchgesetzt. Angeblich hat er dank dieser Technik zwei Jahre lang nicht ein Spiel verloren – auch keine Trainingsspiele. Für viele ist Thresh daher der beste Quake-Spieler aller Zeiten. Er wurde Weltmeister in Doom, Doom 2, Quake und Quake 2. Heute ist Dennis »Thresh« Fong Unternehmer. Er hat seine eigene Firma, die Spielern dabei hilft, sich beim Spielen aufzuzeichnen und zu streamen. In League of Legends wurde sogar ein Held nach ihm benannt.
Als Thresh vor 20 Jahren den Höhepunkt seiner Karriere erlebte, war der E-Sport noch immer etwas für ziemliche Nerds. Einige Hundert Zuschauer waren schon etwas Besonderes. Heute schauen Millionen von Fans über Livestreams bei den wichtigsten Turnieren zu, wenn ihre Idole um die Titel kämpfen. Das Tolle daran: Die Spiele mit den meisten Zuschauern und Spielern weltweit kommen aus der Community selbst, sie wurden ursprünglich von Fans erfunden und entwickelt.
Counter-Strike (CS) zum Beispiel haben sich zwei Studenten in ihrer Freizeit ausgedacht. Die beiden haben es vor 20 Jahren als inoffizielle Erweiterung (in der Fachsprache Mod, kurz für Modifikation) für das Spiel Half-Life entwickelt. In diesem Ego-Shooter muss sich der Spieler als Wissenschaftler Gordon Freeman gegen Aliens verteidigen. In der Mod Counter-Strike kämpfen Anti-Terroristen gegen Terroristen. Inhaltlich haben die beiden Spiele also nicht viel gemeinsam.
Bald spielten viele Gamer Counter-Strike, weil sie die taktische Zusammenarbeit im Kampf Terroristen gegen Anti-Terroristen faszinierte. Aufgrund des Erfolgs kaufte Valve, die Firma hinter Half-Life, die Rechte und entwickelte das Spiel weiter. Mit der Version Counter-Strike 1.6 schuf Valve ein Spiel, das mehrere Jahre auf E-Sport-Turnieren auf der ganzen Welt gespielt wurde. Später folgten Counter-Strike: Source und Counter-Strike: Global Offensive (CS:GO). Alle drei Spiele gehören zu den weltweit erfolgreichsten E-Sport-Disziplinen.
Einen noch krasseren Einfluss auf die Entwicklung des E-Sports hatte eine Mod, die Fans des Strategiespiels Warcraft III entwickelt haben. Sie tauften sie Defense of the Ancients, besser bekannt unter der Abkürzung DotA. In Warcraft III gibt es den sogenannten Map Editor, mit dem jeder Spieler eigene Karten mit eigenen Regeln basteln kann. Diesen Map Editor nutzten im Jahr 2003 die Fans, um DotA zu entwickeln, in dem fünf Helden gegen fünf andere Helden kämpfen. Das Ziel jedes der zwei Teams: Die Festung (in der DotA-Sprache Basis) des gegnerischen Teams zu zerstören und gleichzeitig die eigene zu verteidigen. Der Unterschied zu Strategiespielen wie Warcraft III ist, dass jeder Spieler nur einen einzigen Helden steuert und nicht die ganze Armee. Wie DotA und auch Dota 2 im Detail funktionieren, lest ihr in Kapitel 2.
DotA wurde bei Spielern weltweit ziemlich schnell ziemlich beliebt. Der Grund: Das Spiel kombiniert das Beste aus den anderen Genres miteinander. Zum einen gibt es jede Menge Action, wie in Ego-Shootern und Kampfspielen. Das ist für Spieler und für Zuschauer interessant. Zum anderen kann jede noch so kleine Entscheidung, jeder Mausklick eines Spielers, eine Partie auch noch 30 Minuten später beeinflussen. Mehr noch: Je später im Spielverlauf, desto entscheidender ist jeder einzelne Klick – so wie in Strategiespielen auch. Das erzeugt Spannung.
Ein wichtiges weiteres Prinzip: Das Spiel ist sehr taktisch geprägt. Ein einzelner Spieler kann zwar ein Spiel verlieren, aber gewinnen kann ein Team nur, wenn alle zusammenarbeiten. Für jede Phase eines Spiels sind andere Dinge wichtig, die die Spieler beachten müssen; die Teamgröße ist mit fünf Spielern pro Seite jedoch noch recht übersichtlich. Das macht das Spiel auch für Zuschauer attraktiv. Dies ist ein Aspekt, der für alle E-Sport-Disziplinen essentiell ist. Rund fünf Jahre nach der Erfindung spielten mehr als eine Million Spieler auf der ganzen Welt jeden Monat DotA.
Wie bei Counter-Strike zuvor auch, kreierten Spieleentwickler daraufhin eigene Spiele nach dem Vorbild von DotA, die man auch ohne das ursprüngliche Spiel (also Warcraft III) spielen kann. Die beiden E-Sport-Disziplinen mit den aktuell meisten Spielern und Zuschauern basieren beide auf DotA: League of Legends und Dota 2. Weitere Spiele, die nach dem Vorbild der Warcraft-Mod entwickelt wurden, sind Heroes of Newerth, Vainglory und Heroes of the Storm. Aus DotA entwickelte sich ein eigenes Genre: die sogenannten MOBA-Games (Multiplayer Online Battle Arena) oder seltener ARTS-Games (Action Real-Time Strategy).
Mit dem großen Erfolg von MOBA-Spielen explodierte in wenigen Jahren das Interesse an Pro-Gamern und am E-Sport.
Seit Mitte der Neunziger gibt es also die ersten Pro-Gamer. Um dieselbe Zeit und einige Jahre danach sind viele Spiele entwickelt worden, die enorm wichtig für die Entstehung des E-Sports sind. Bis heute hat sich mit den stetig wachsenden Spieler- und Zuschauerzahlen um diese Spiele eine professionelle Struktur entwickelt: Teams wurden gegründet, Turniere und Ligen geschaffen, Regeln festgelegt, Sponsoren gesucht und so weiter.
Am Anfang waren die Turniere noch sogenannte LAN-Partys. Weil das Internet vor 20 Jahren noch viel, viel langsamer war als heute (man konnte auch nicht gleichzeitig telefonieren und mit dem Computer ins Internet gehen), hat man die Computer über ein Local Area Network (LAN) zusammengeschlossen – also mehrere Computer über Kabel direkt miteinander verbunden. Bei Gamern beliebt waren kleine private LAN-Partys – typischerweise hat man sich mit ein paar Freunden in einem Keller getroffen und die ganze Nacht miteinander und gegeneinander gespielt. Es gab aber auch riesige öffentliche LAN-Partys wie die »Gamers Gathering«, zu der 1999 in Duisburg rund 1600 Spieler anreisten. Die größte LAN-Party ist mit 20 000 Spielern die »DreamHack«, die sich zu einem Gaming-Festival weiterentwickelt hat und immer noch mehrmals pro Jahr ausgetragen wird. Zu jeder DreamHack gehören auch E-Sport-Turniere in mehreren Disziplinen, zum Beispiel CS:GO, Hearthstone und Street Fighter V.
Als das E-Sport-Land schlechthin gilt Südkorea. Das liegt wohl vor allem daran, dass Korea eines der ersten Länder war, in dem flächendeckend schnelles Internet verfügbar war. Überall im Land wurden Internetcafés eröffnet, sogenannte PC Bangs. Für wenig Geld konnte man dort an einem guten Computer mit schnellem Internet spielen. Die PC Bangs sind auch heute noch der Ort, wo viele koreanische Kinder und Jugendliche am liebsten abhängen, um selbst zu spielen und um gemeinsam E-Sport im Fernsehen zu schauen.
Zu einem StarCraft-Finale in Südkorea sind im Jahr 2005 rund 120 000 Zuschauer gekommen.
Schon im Jahr 2000 wurde E-Sport in Korea offiziell als Sportart anerkannt. Seitdem gibt es dort mehrere Fernsehsender, die sich auf die Berichterstattung von E-Sport-Turnieren spezialisiert haben. Große Unternehmen wie Samsung und SK Telecom haben eigene E-Sport-Teams gegründet. Zum Finale der »StarCraft Pro League« 2005 sind rund 120 000 Zuschauer nach Busan in Südkorea gekommen.
E-Sport ist für Koreaner etwa so wichtig wie für uns Fußball. Das erkennt man ganz gut, wenn man die Kinder dort fragt: Laut einer Umfrage wollen koreanische Grundschüler später am liebsten entweder Pro-Gamer werden oder Feuerwehrfrau oder -mann. Erfolgreiche Pro-Gamer sind in Südkorea so beliebt wie bei uns Film- oder Popstars. Wenn sie bei einem Turnier auf die Bühne treten, kreischen und jubeln die Fans. Sie verdienen mit Computerspielen so viel Geld wie hierzulande Fußballprofis.
Weil E-Sport in Südkorea schon seit Jahren beliebt ist, sind Koreaner in vielen Spielen um Längen besser als Gamer aus anderen Ländern: Bei der Weltmeisterschaft in StarCraft II traten 2017 neun Koreaner und nur sieben Spieler aus anderen Ländern gegeneinander an. In League of Legends hat bei den fünf letzten Weltmeisterschaften immer ein koreanisches Team gewonnen. Und auch in Overwatch sieht es so aus, als würden die Koreaner zumindest in den kommenden Jahren dominieren.
Auch in Deutschland gab es damals schon Organisationen, die für die weltweite Entwicklung des E-Sports wichtig waren und es noch immer sind. Zu den ältesten und erfolgreichsten deutschen Clans – so hat man ursprünglich E-Sport-Teams genannt – gehören SK Gaming und Mousesports. Beide Teams sind vor allem für ihre Erfolge in Counter-Strike bekannt.
Eine besonders wichtige Rolle bei der Entwicklung des E-Sports nimmt die ESL (früher Deutsche Clanliga und Electronic Sports League) ein. Die ESL organisiert seit 1997 weltweit Turniere und Ligen für Pro-Gamer, aber auch für Hobby-Gamer. Von FIFA über Counter-Strike bis Clash Royale gibt es Wettbewerbe in knapp 60 verschiedenen Spielen. Auch wenn die ESL kein offizieller Verband ist, sondern als Unternehmen mit Turnieren Geld verdient, hat sie zur Professionalisierung des E-Sports maßgeblich beigetragen. Sie hat zum Beispiel Wettkämpfe organisiert und schon früh dafür gesorgt, dass die Spieler während der Turniere nicht cheaten (Gamer-Sprache für schummeln). Heute zählt die ESL mehr als sieben Millionen Mitglieder und hat bereits 90 000 Turniere veranstaltet. Zu den größten E-Sport-Turnieren gehören die »ESL One« und »Intel Extreme Masters«. Mittlerweile finden beide Turnierreihen in Arenen mit 10 000 oder mehr Zuschauern auf der ganzen Welt statt, zum Beispiel in New York, Shanghai und Köln. Das Preisgeld beträgt auch schon mal eine Million US-Dollar.
Die ESL ist weltweit der wichtigste Veranstalter von E-Sport-Turnieren. Daneben gibt es noch zahlreiche andere, zum Beispiel die PGL in Rumänien und der US-amerikanische Fernsehsender TBS. Außerdem veranstalten viele Spielehersteller Turniere für ihre eigenen Spiele. Zum Beispiel organisiert Valve die Dota 2-Weltmeisterschaft »The International« und Riot Games die World Championship in League of Legends.
Ein weiterer wichtiger Faktor für das enorme Wachstum der E-Sport-Szene in den letzten paar Jahren sind Online-Livestreaming-Plattformen. Über diese können Zuschauer E-Sport-Turniere über das Internet live von zu Hause aus verfolgen oder ihrem Lieblings-Pro-Gamer beim Trainieren zuschauen. Twitch, die derzeit erfolgreichste Streaming-Plattform, wurde 2011 gegründet. Twitch richtet sich speziell an Gamer, auch wenn es mittlerweile auch Livestreams auf Twitch gibt, die nichts mit Computerspielen zu tun haben. 15 Millionen Menschen schauen täglich anderen Gamern beim Spielen zu. Neben Twitch gibt es noch Youtube Gaming und Mixer als Livestreaming-Plattformen, die auf Gaming-Inhalte spezialisiert sind.
Bevor es Livestreaming-Plattformen gab, war es außerhalb von Korea quasi unmöglich, regelmäßig E-Sport-Wettkämpfe live zu verfolgen – es sei denn, man war als Zuschauer vor Ort. Fernsehsender, die E-Sport-Spiele übertrugen, gab es nur vereinzelt. Dank Twitch begeisterten sich immer mehr Menschen als Zuschauer für den E-Sport. So stiegen wiederum Preisgelder und Gehälter für Pro-Gamer. Inzwischen ähnelt die Berichterstattung bei E-Sport-Turnieren auf den Livestreaming-Plattformen der Übertragung eines Fußballspiels: Es gibt Vorberichterstattung, Live-Kommentatoren, Spielanalysen und Spieler-Interviews.
Für Pro-Gamer oder solche, die es werden wollen, ist Twitch außerhalb der Turniere die ideale Möglichkeit, bekannter zu werden und mehr Fans für sich und die eigene E-Sport-Disziplin zu generieren. Zusätzlich profitieren die streamenden Gamer finanziell: Als Twitch-Partner werden sie an Werbeeinnahmen beteiligt. Fans können die Channel ihrer Lieblingsgamer außerdem für ein paar Euro monatlich abonnieren, die zum Großteil an den Streamer gehen.
E-Sport ist in Deutschland zwar noch nicht so beliebt wie in Südkorea, aber es gibt deutlich mehr Fans und Spieler als in den Neunzigerjahren. Zu dem CS:GO-Turnier »ESL One« in Köln sind in den vergangenen Jahren immer rund 15 000 Zuschauer angereist. Hunderttausende haben die Spiele von zu Hause aus im Livestream verfolgt. Laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens Newzoo schauen sich drei Millionen Deutsche mindestens einmal im Monat E-Sport-Wettbewerbe an oder spielen selber in Amateur-Ligen mit. Weltweit gibt es 162 Millionen regelmäßige Zuschauer – ungefähr doppelt so viele Menschen, wie in Deutschland leben.
Pro-Gamer ist in Deutschland zwar kein offiziell anerkannter Beruf, aber die besten Spieler in CS:GO, Dota 2, League of Legends, FIFA und noch einigen anderen Spielen bekommen von ihren Teams ein monatliches Gehalt gezahlt. In den Regeln der »League of Legends Championship Series« (LCS), der höchsten europäischen Liga in League of Legends, steht sogar geschrieben, dass jeder Spieler mindestens 2000 Euro pro Monat verdienen muss. Dazu kommen noch die Preisgelder. Diese sind im Moment in Dota 2 am höchsten: Wer »The International« gewinnt, ist auf einen Schlag Millionär.
Weil es um richtig viel Geld geht, ist das Drumherum professioneller geworden. Ursprünglich waren die meisten Clans eine Handvoll Freunde, die Spaß am Spielen hatten und hin und wieder bei Turnieren angetreten sind. Heute haben E-Sport-Organisationen mehrere Teams für verschiedene Spiele. Zu den Teams gehören nicht nur Spieler, sondern auch Manager, Trainer, Psychologen und Ernährungsberater. Die Spieler sollen sich ganz aufs Spielen konzentrieren können. Einige Teams wohnen in sogenannten Gaming-Häusern zusammen, um besser miteinander trainieren zu können.
Es gibt mehrere E-Sport-Organisationen in Deutschland: Einige der bekanntesten Teams sind Alternate Attax, Euronics Gaming, Mysterious Monkeys, Team Expert und Unicorns of Love – und natürlich SK Gaming und Mousesports. Zu den klassischen Gaming-Clans sind auch einige Fußballvereine dazugestoßen, die Pro-Gamer unter Vertrag genommen haben. Der VfL Wolfsburg war der erste deutsche Fußballklub, der einen eigenen FIFA-Profi eingekauft hat. Schalke 04, VfB Stuttgart, RB Leipzig und VfL Bochum beschäftigen ebenfalls Pro-Gamer in FIFA. Schalke ist als erster deutscher Klub sogar noch einen Schritt weiter gegangen: Seit 2016 spielt ein League of Legends-Team in königsblauen Trikots. Das ist deshalb so besonders, weil League of Legends in einer Fantasy-Welt spielt und es im Gegensatz zu FIFA nicht um Fußball oder andere Sportarten geht.
Eines hat sich in Deutschland aber noch nicht durchgesetzt: E-Sport ist nicht als Sportart anerkannt. Eine offizielle Anerkennung würde es ermöglichen, dass der Staat den E-Sport insbesondere auf der Amateur-Ebene fördert – so wie auch andere Sportvereine gefördert werden. Dazu müsste der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) einen E-Sport-Spitzenverband aufnehmen. Das ist nach der Aufnahmeordnung des DOSB aktuell nicht möglich. Eines der Argumente, das aus Sicht des Sportbunds dagegenspricht: Im E-Sport gibt es keine »eigene, sportartbestimmende motorische Aktivität«. Anders gesagt: Wer vor dem Computer sitzt, macht keinen Sport. Befürworter sagen dagegen: Ein Pro-Gamer muss sich über Stunden hinweg extrem konzentrieren, er muss blitzschnell reagieren können und in manchen Spielen klickt er bis zu 400 Mal pro Minute. Es gibt sportwissenschaftliche Untersuchungen, die diese Argumente unterstützen.
Außerdem fehlt es an einer Verbandsstruktur. Es braucht einen gemeinnützigen Verband mit mehr als 10 000 Mitgliedern, der in mindestens acht Bundesländern organisiert ist. Ende November 2017 hat sich deshalb der »eSport-Bund Deutschland« (ESBD) gegründet. ESBD und DOSB planen, gemeinsam über eine offizielle Anerkennung des E-Sports zu beratschlagen.
Die Entwicklung in anderen Ländern zeigt, dass sich der E-Sport dort immer weiter etabliert. Neben Südkorea hat zum Beispiel auch unser Nachbarland Frankreich E-Sport als Sportart anerkannt. An einer Schule in der norwegischen Stadt Bergen können Schüler seit einem Jahr E-Sport als Fach wählen, unterrichtet werden CS:GO, League of Legends und Dota 2. Und weil es so gut funktioniert, wollen auch andere Schulen in Norwegen das Konzept einführen. Bei den Asienspielen 2022 in China, so etwas wie die Olympiade für Asien, werden erstmals Wettkämpfe in verschiedenen E-Sport-Disziplinen ausgetragen. Welche Spiele das sein werden, weiß man noch nicht. Möglicherweise sind sie noch nicht mal erfunden.