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Einst waren Haikus in Japan, wie das Wort sagt, einfach nur kurze 'lustige Verse'. Matsuo Basho war es im 17. Jh., der das Haiku in den Rang eines meditativen Natur- und Lebensbildes erhob. Er gab ihm Anmut und Tiefe, ohne dass seine Leichtigkeit und Heiterkeit dabei verloren gegangen wäre. In diesem Buch sind die besten seiner dichterischen Miniaturen gesammelt, neu übersetzt und teilweise kommentiert: Tierhaikus, Zen-Haikus, Haikus von Männer und Frauen, Haikus der vier Jahreszeiten.
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Seitenzahl: 38
Veröffentlichungsjahr: 2025
Poesie unterwegs
Haikus von Matsuo Bashō
Jürgen Wagner
Komm, lass uns gehen
Schnee schauen, Sake trinken
Taumeln wie Flocken
Impressum
Copyright: 2025 Jürgen Wagner
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
Titelbild: Utagawa Hiroshige, Plötzlicher Regenguss über der Shin-Ōhashi-Brücke und Atake, 1857, Ausschnitt
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Bashos Weiterentwicklung des Haiku
Leben und Spiritualität von Basho
Bashos Tier-Haikus
Haikus zu Frauen
Haikus zu Männern
Haikus mit Nähe zur Zen-Tradition
Frühling
Sommer
Herbst
Winter
Haikus zum Neujahr
Quellen
Weitere Literatur vom Verfasser
Vorwort
Matsuo Bashos Haikus sind lediglich ein Teil seines umfangreichen poetischen Erbes, aber vielleicht der reizvollste. Sie gleichen kleinen Mosaiksteinen, aus denen man ein ganzes Bild erschließen und erahnen kann. Sie geben ihr Geheimnis nicht immer sogleich preis. Bei vielen seiner Kurzgedichte braucht es Geduld, oft auch etwas Hintergrundwissen und Kenntnis japanischer Symbolik, Tradition und Natur. Etwas Wissen von Bashos persönlichem und spirituellem Weg hilft ebenso, sein Werk zu verstehen.
Wenn man sich die Vielfalt der Übersetzungen von Bashos Haikus anschaut, merkt man, dass wir diese Kurzgedichte nicht eins zu eins in eine andere Sprache übersetzen können. Dennoch sind die Pointen, wenn man sie erkannt hat, meist auch vermittelbar.
Viele von Bashos Miniaturen sind doppelbödig, gehen mit einer Jahreszeit und damit auch einer existentiellen Grundverfassung: Frühling heißt Aufbruch, Sommer ist Entfaltung, Herbst bedeutet Abschied und Winter Ruhe. Das Doppelbödige, ja Mehrstöckige macht den Reiz seiner Dichtung aus: was ebenerdig einfach die ‚Krähe auf einem verdorrten Ast‘ ist, fühlt man im Keller darunter als Einsamkeit und Todesnähe, im Obergeschoss ist sie vielleicht Basho selbst oder ein schwarzgewandeter Mönch, der erfahren hat und weiß, dass Sterben Wandlung ist und der Herbst auch wieder einen Frühling nach sich zieht. So manches Mal kann einem beim Lesen von Bashos Haikus eine ganze Welt auf- oder auch untergehen.
Bashos Weiterentwicklung des Haiku
Das Haiku, das siebzig bis achtzig Prozent seines Themas offenbart, ist gut. Derjenigen, die fünfzig bis sechzig Prozent offenbaren, werden wir nie müde. (M. Basho)
Japanische Haikus bestehen meistens aus drei Wortgruppen von 5 – 7 – 5 Lauteinheiten (Moren), wobei die Wörter in den Wortgruppen vertikal aneinandergereiht werden. Da die Silben in unserer Sprache den Moren nur teilweise entsprechen, verzichtet man heute oftmals auf das entsprechende Silbenschema und versucht lieber, dem Geist des Haiku gerecht zu werden, wie es von Basho und anderen geformt wurde. Basho selbst empfahl seinen Schülern:
Selbst wenn ihr drei oder vier Silben mehr habt oder sogar fünf oder sieben, braucht ihr euch keine Sorgen zu machen, solange es richtig klingt. Aber wenn auch nur eine Silbe in deinem Mund abgestanden ist, schenke ihr deine ganze Aufmerksamkeit.
Hai-ku bedeutet: ‚lustiger Vers‘. Das Haiku war in Japan ursprünglich ein gesellschaftliches, unterhaltsames, humorvolles Kurzgedicht. Basho selbst hat sich in seinen frühen Jahren noch daran beteiligt und z.B. lustige Anspielungen auf hungrige Liebhaber gemacht. Er verglich sie mit einer läufigen Katze, die ständig zwischen der Küche drinnen und ihren ‚Männern‘ draußen hin und her wandert, dabei immer auf den warmen Herd klettert, so dass der gebrannte Ton schon zu bröckeln beginnt:
Die Katzendame
geht aus und ein über den
bröckelnden Kochherd
eko no tsuma / hetui no kuzure yori / kayoi keri
Man ist sich nicht immer so sicher, ob Basho nur die Natur beschreibt – oder ob nicht doch auch deftige Erotik im Spiel ist:
Unter dem Mond
durchbohrt der Wurm
die Kastanie
yoru hisokani / mushi wa gekka no / kuri o ugatsu
Doch als Basho das Stadtleben hinter sich ließ, veränderte sich auch seine Poesie. Er erhob das Haiku in den Rang eines meditativen Natur- und Lebensbildes. Immer noch kommt es mit wenigen Strichen aus. Seine Genialität entfaltet sich in der Kommunikation mit dem Leser oder Hörer, der mit den wenigen Linien sich die Situation ausmalt und deren Sinn und symbolische Tiefe erahnt.
Der alte Weiher
Ein Frosch springt hinein
Plop!
furu ike ya / kawazu tobikomu / mizu no oto