Prägende Erlebnisse - Anne-Erdmute Gutzeit - E-Book

Prägende Erlebnisse E-Book

Anne-Erdmute Gutzeit

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Beschreibung

Die Autorin hat sich, in den 70er-Jahren ihres Lebens stehend, Gedanken gemacht über ihr bisheriges Leben wie auch über das ihrer wichtigsten Familienmitglieder. Sie hat sich dabei auf die herausragenden, charakteristischen Ereignisse in diesen Leben beschränkt. So entstand im Laufe der Jahre ein Kaleidoskop von ausgesprochen unterhaltsamen, oft humorvollen "Geschichten, die das Leben schrieb". — Sprachlich sind diese Texte wie geschliffene Diamanten: immer wieder auf das Wesentliche verknappt; nicht redselig, sondern pointiert; da ist kein Wort zuviel!

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Mitnichten, sagt sie.

Freunden mitteilen, das will ich,dass dankbar erinnernd ich ihrer gedenkeund der vergang’nen.

Erwarte mit Würde,bis der Reigen sich schließt der seligen Geister.

A.-E. G.

Impressum:

© 2023 Anne-Erdmute Gutzeit Herausgeber: Hartmut Gutzeit

Buchsatz: Angelika Fleckenstein; Spotsrock

ISBN Softcover: 978-3-347-71587-5

ISBN Hardcover: 978-3-347-71594-3

ISBN E-Book: 978-3-347-71599-8

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Herausgebers unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Herausgebers, zu erreichen unter: tredition GmbH

Abteilung „Impressumservice“ An der Strusbek 10

22926 Ahrensburg Deutschland

Anne-Erdmute Gutzeit

Prägende Erlebnisse

Eine Biographie in Geschichten

Inhaltsverzeichnis

Traditionen — Die Namenspatronin der Janka Anne Lisa

Sehnsucht — Ein Abendessen zu Hause

Meine Geburt — Aus glücklichen Tagen in der Heimat

Wer weiß, wozu ‘s gut ist …

Der Großvater und seine drei Enkel

Ein Wintermärchen — In Burg bei Magdeburg

Bei Onkel Fritz

Die Annonce

Auf dem Schulweg (1951)

Lisas Versteckspiel (1953)

Lilo (1953)

Ende der Kindheit — Konfirmation

Frühestes Erinnern

Morgendliches Hoftheater (1956)

Das Vermächtnis

Veränderungen — Der Vater (1957)

Geheimnisse — Mathe-Abi

Schreiben in meinem Leben

Verlust?

Wiedergefunden — Fredis Feiertag

Heimat

Kleider in besonderen Umständen

Der Kinderfresser von Meersburg (1970)

Kindergeburtstag

Die zugereiste Schildkröte

Die „Mangelgeburt“ — Eine Geschichte aus Meersburger Tagen

Schule — Ein Umzug mit Folgen (1976)

Glück am Morgen

Du

Mutprobe — Eine Begebenheit aus dem Jahr

Ein lieber ORT

Eine Winterreise

Eine Augenreise im Winter

Eine Sommernacht in Binz auf Rügen (August 2011)

Das Weihnachtsgeschenk

Von der Leichtigkeit

Stolz

Vom Sammeln

Die Geschichte vom Schwarzen Schaf

Ein besonderer Augenblick

TraditionenDie Namenspatronin der Janka Anne Lisa

Wer war die Heilige Anna? Sie war die Mutter der Gottesmutter Maria und somit die Großmutter von Jesus. Ihr Name bedeutet im Hebräischen soviel wie „die Begnadete“. In der späteren kirchlichen Tradition ist sie die Patronin unter anderem der Familie und Ehe, der Goldschmiede, Schreiner und auch der Schiffer.

Meine Ahnfrau und Namensgeberin, Erdmuth Harwardt, heiratete einen Johann Gottfried Nachtigal. Es war eine glückliche Wahl; eines konnte ohne das andere nicht sein. – Beide stammten aus den nachweislich ältesten Fischer- und Schifferfamilien vom Fischer-Vorberg in Elbing. Daneben betrieben sie auch eine kleine Ackerei.

Im Jahre 1872 hatten sie sechs Kinder: Gottfried (20), Anna (18), Johannes (16), Mie (Maria, 14), Elisa (12) und den 3-jährigen August, meinen späteren Großvater. In diesem Jahr rissen die Blattern, die damals das Land heimsuchten, ein grausames Loch in die glückliche Familie. Die Mutter starb innert Tagen. Sie fand noch die Kraft, ihrer ältesten Tochter die Geschwister auf die Seele zu binden; insbesondere ihren Liebling, den Jüngsten, erst dreijährigen Gustl.

Sie hatte ihre älteste Tochter „Anna“ getauft, weil dieser Name für sie eine Verheißung enthielt: zu Großem ausersehen zu sein. Und das ist das Große: die Gabe, dem anderen aufmerksam zuzuhören, und die Gabe, zu sehen, was dem anderen nottut.

Erspart mir, um den Leichenzug Worte zu verlieren.

Wer Augen hatte zu sehen, der sah, wie am Grab der Sensenmann schon das nächste Opfer umfasst hielt: Es war der Vater.

Wieder nur wenige Tage später vertraut er Anna die Kinder an und folgt seiner Gattin Erdmuth nach.

Nun scharen sich die Waisen um Anna. Sie nimmt ihr Schicksal an, um ihrer Mutter und um Gottes willen.

Alle werden beieinander bleiben unter dem schützenden elterlichen Dach, jeder in seiner angestammten Bettstatt. – Spät noch konnten die Nachbarn die Petroleumlampe über dem Esstisch leuchten sehen.

Wenn Anna den jüngsten Bruder zu Bett gebracht hatte, mit einer lustigen Geschichte und dem Nachtgebet – niemals wurde die Fürbitte für die Eltern vergessen –, saßen die Geschwister um den Tisch:

Schweigsam Gottfried, der nun das Oberhaupt der kleinen Familie war. Er rackerte sich ab um das tägliche Brot. Wenn alle noch schliefen, rüstete er das Boot zum Fischfang. Jetzt war er müde.

Unruhig Mie (Maria). Sie war als Leckermäulchen bekannt. Sie flüstert ihrer großen Schwester irgendetwas eindringlich ins Ohr. Nach deren zustimmendem Nicken verschwindet sie in der Küche. Aus der kalten Speisekammer holt sie ein Viertelpfund Butter (mehr zu nehmen, traut sie sich nicht). Mit kundigem Blick öffnet sie die Schublade mit dem Zucker, holt sodann eine Pfanne vom Haken und bereitet darin ihre Seligkeit zu: Sahnekaramellen! Köstlicher Duft erfüllt die ganze Fischerkate und zaubert ein Lächeln auf die Gesichter …

Emsig Elisa: Mit Inbrunst malte sie geometrische Muster in ihr Rechenheft. Schön außen herum, für viele Tage im Voraus, denn sie liebte die Mathematik und den dazu gehörenden Lehrer. Anna lächelte.

Glücklich Johannes: Er liebte die Bibel und las oft daraus vor. Wie konnte er sich beim Vorlesen erheben über irdische Not; er riss dann seine Hörerschaft mit. Wenn es einmal knapp zuging, trug er zum Beispiel vor:

„Sehet die Vöglein unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie?“ Matth. 6,26 (Lutherbibel 1912)

Bei einem Anfall von Kleinmut stimmte er den „Familienchoral“ an, ein Paul-Gerhardt-Lied von 1653, – und alle fielen ein in den bekannten Bach-Choral:

„Der Wolken, Luft und Winden Gibt Wege, Lauf und Bahn, Der wird auch Wege finden, Da dein Fuß gehen kann.“

Die kleine Gemeinde war danach wieder gestärkt und getröstet. (Aber welche Kraft auch in den poetischen Bildern!)

Hellsichtig Anna. Sie saß am Webstuhl ihrer Mutter und arbeitete an einem kleinen Teppich. Die angenehm weichen Farben verrieten, dass sie die Wolle mit Pflanzen einzufärben verstand. – Nur sie wusste schon damals, dass ihr Bruder Johannes einmal Prediger werden würde. Bis heute dienen fünf Urenkel als Pastoren in der Hessischen Evangelischen Landeskirche.

Das Leben in diesem Fischerhaus spielte sich überschaubar in Schlichtheit und Redlichkeit ab. Diesen immer tätigen Alltag fasse ich in den Worten eines ostpreußischen Kinderverses und bäuerlichen Kinderspieles zusammen, weil ich es in eigenen Worten nicht besser sagen könnte:

Das sä ich, das ernt’ ich; das back ich, das ess ich; das trink ich; das schenk ich.

Dieses schlichte, aber auch ernsthafte und lehrreiche Spiel wurde immer wieder gespielt; und wenn es zu Ende war, ging’s mit Begeisterung von vorne los. Eben so, wie auch ein Jahr endet, damit ein neues beginnen kann … und wieder … und wieder …

In Erinnerung an die außerordentliche, getreue Ziehmutter Anna tauften die Nachfahren in der Sippe der Nachtigals immer wieder deren Vornamen. Taten sie dies in der Hoffnung, dass das jeweilige Mädchen einen Teil des Tugend-Reichtums der

„Ur-Anna“ abbekommen würde – und wäre es nur ein kleines Fitzelchen?

Wurde dabei auf den weiten Schutzmantel der biblischen Anna, der Mutter der Maria, oder wenigstens auf ein Plätzchen darunter spekuliert? Wir wissen es nicht und wollen statt des Annen-Märchens kein Ammenmärchen erfinden.

In der Ahnentafel der Sippe Nachtigal – ich habe einmal nachgezählt – kommt der Name „Anna“ über fünf Generationen hinweg in vielfachen Variationen vor. Es sind dies: Anneliese, Anne, Anna-Lisa, Anna, Melanie, Annchen, Anorte, Anne-Kathrin, Anne-Erdmute und, o große Überraschung, o großes Glück, 2009 meine Enkeltochter Janka Anne Lisa.

So gibt es hier tatsächlich einen wahren Annen-Regen, um nicht zu sagen:

Annen-Segen!

Großmutter Anne-Erdmute Gutzeit (Dezember 2010)

SehnsuchtEin Abendessen zu Hause

Beim Abendgeläut der St.-Marien-Kirche der Hansestadt Elbing sitze ich am Elbingfluss. Hier, in meinem Rücken, hatten seit Jahrhunderten Ackerbürger und Fischer von Elbing, unter ihnen meine Vorfahren, auf ihren Höfen gelebt. Vor meinen Augen hängt eine mächtige Trauerweide ihre sanften, beweglichen Zweige in das schnell fließende Wasser. Hin und wieder schnellt ein silbriges Fischlein aus dem Wasser heraus. Schwalben schießen pfeilschnell und mit überraschenden Richtungsänderungen kreuz und quer über dem Wasser dahin.

Ich gerate ins Träumen. Die Vergangenheit wird vor mir lebendig.

Da kommt ein riesiger breiter Lastkahn um die Flussbiegung herangefahren, direkt auf mich zu. Eine hohe schlanke junge Frau bewegt und lenkt ihn durch Staken mit einer Holzstange, die am unteren Ende wie ein Ruder geformt ist. Beladen ist der Kahn mit einem Fuder Heu und drei großen Milchkannen. Jetzt erkenne ich auch die junge Frau: Es ist Mariechen, die älteste Tochter meines Großvaters.

Sie kommt vom Melken und Heuen. Jetzt hat sie es eilig, um rechtzeitig zum Abendessen heimzukommen.

Es wird auch gerade schon zum Essen gerufen – zum Essen in der großen Stube. Es duftet herrlich nach Bratkartoffeln mit vielen Spirkeln. Soeben hört man die letzten Worte des Tischgebets: „… und segne, was du uns bescheret hast.“ Der lange Tisch ist gedeckt mit je neun Bechern, Tellern, Gabeln und – o Vorfreude! – Teelöffeln …

Nach der Reihe nimmt jeder seinen Platz ein. Der Vater sitzt am Kopfende, um seine Kinderschar fest im Blick zu haben; übers Eck nimmt die Mutter Platz; dann folgen „unser“ Mariechen, sodann Schorsch, das tüchtige Minchen, der übermütige Gustel, die schwierige Lisa, das lustige Annchen und die Jüngste, Trudchen, die später meine Mutter werden sollte.

Minchen, die Tüchtige, kommt mit der mächtigen gusseisernen Bratpfanne und teilt nacheinander jedem seine Portion zu. Alle können beruhigt abwarten, auf Minchen ist Verlass: Die köstlichen Spirkelchen werden gerecht verteilt werden. Nicht wie neulich, als Gustel, der „Bruder Lustig“, beim Austeilen fast alle Speckstückchen für sich selbst zur Seite geschafft hatte. Sein Gaunertrick war nicht bemerkt worden, jedenfalls nicht vom Vater. Die Geschwister allerdings maulten damals und zeigten ihren Abscheu. Der Vater aber wollte seine verdiente Ruhe haben – und mit einem prägnanten Räuspern: „Äähhmm!“ beendete er den beginnenden Aufruhr.

Dann halten alle schicksalsergeben ihre Köpfe über den Teller gesenkt, so dass man die strengen Mittelscheitel der Mädchen zu sehen bekommt: wie mit dem Lineal gezogen!

Da kommt auf leisen Sohlen eine Nachzüglerin heran. Sie hofft auf den Nachschlag. Aber ehe die große Schwester zum zweiten Mal die Runde macht, donnert der Vater: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen!!!“ Teller und Stuhl bleiben also leer; dahinter steht die Schulschwänzerin bis zum Schluss – ein wenig zerknirscht, aber doch mehr aufsässig. Als der Grießpudding mit Pflaumenkompott drankommt, verkündet sie stolz flüsternd ihren Schwestern zur Rechten und zur Linken: „Bei der Tante Anna habe ich viel was Besseres gegessen!“

Meine GeburtAus glücklichen Tagen in der Heimat Meinen Eltern gewidmet

Am Nachmittag hat das untrügliche Ziehen begonnen. Noch in großen Abständen.

Das Köfferchen ist seit Tagen gepackt.

Die Mutter übergibt die Aufsicht über ihre Zwillingssöhne an das Pflichtjahrmädchen Helene.

Es ist noch Zeit, ein Bad zu nehmen und das Haar zu waschen, bevor es dann „so weit“ ist.

Sie trocknet das Haar am großen warmen Kachelofen. Sie hatte ihn angezündet, denn draußen ist es schon kühl in diesem Novembermonat.

Als es klingelt, eilt sie zur Tür – mit offenem Haar, wie „er“ es liebt. Es versteckt den Leib, der sich wie eine reife Frucht wölbt; es umhüllt die kräftige Gestalt bis zu den Beinen. Es schimmert wie reines Gold. Nur das Gesicht ist frei – damit es von Küssen bedeckt werden kann. Aber da… eine Wehe schnürt die junge Frau zusammen. Er möchte niederknien, aber ach, wir wissen, er kann es nicht …

Behutsam bettet er sie aufs Sofa. So legt er dann seine Hand auf den Leib der Gattin: Er ist hart wie Stein.

Furcht befällt ihn.

Mit dem Mute der Verzweiflung beginnt er leise und flehentlich mit seiner schönen Tenorstimme das sehnsuchtsvolle Lied der Rusalka an den Mond. (Erst vor zwei Jahren haben sie die Dvořak-Oper in Berlin miteinander genossen. Das Lied handelt von dem brennenden Wunsch der Wasserjungfrau Rusalka, in eine Menschenfrau verwandelt zu werden.)

Die erste Strophe ist noch nicht verklungen, da spürt die empfindsame Hand des Sängers, wie der Bauch sich entspannt. Ruhig und glücklich lächelnd atmet jetzt die Frau. Beschwörend fährt er fort zu singen, während Mutter und Kind lustvoll lauschen.

Da! Es wölbt sich ein Füßchen – oder ist es ein Händchen? – aus dem Bauch hervor. Und dann noch einmal …! Wohlig reckt und streckt sich das Wasserwesen. Es hört zu – ganz ohne Zweifel!

Es ist eine Sternstunde.

Dann aber war ihr die Treppe nie so unendlich lang und beschwerlich gewesen, nie die wartende Droschke so eng …

In der Klinik angekommen, bittet sie ihren Mann atemlos, doch noch einmal für sie zu singen. Es verlangt sie nach einem beseligenden Aufschub, bevor die große schmerzhafte Arbeit getan werden muss.

Die energische Krankenschwester aber trennt die Liebenden.

Nach durchwachter Nacht verschafft „er“ sich Zutritt zum Kreißsaal. Er kommt gerade recht, wie mit einem kräftigen Wasserschwall „Rusalka“ ins Leben tritt und von den kundigen Händen der Hebamme geborgen und zum ersten Schrei ermuntert wird.

Gleichzeitig, sozusagen zur Begrüßung, lässt die Uhr der mächtigen Marienkirche neun volle Schläge ertönen – für ein Mädchen ein großes Geläute!

Ein paar Tage lang werde ich noch von den jungen Eltern schmunzelnd „Rusalka“ geheißen – „die Nixe“.

Wer weiß, wozu ’s gut ist …

Meines Vaters Vater hieß Augustin Riebe. Er hatte seinerzeit als fahrender Handwerksbursche aus Schlesien die schönste Frau der Stadt Elbing/Westpreußen im Handumdrehen für sich gewonnen. Allein, die junge Frau starb im Kindbett. In dieser Not

„freite“ die Kirche den Witwer mit einer der Schwestern der Verstorbenen „zusammen“. Maria stimmte ein um des Kindes willen. Bald danach hieß sein Haus am Alten Markt 53 bei den Bürgern mitfühlend „Das Haus der Schmerzen“: Nach vierjährigem Krankenlager stirbt ihm im Alter von noch nicht 60 Jahren diese zweite Frau „Ria“, deren Wert der Vater zu spät erkennt; danach verliert er die Lieblingstochter Margarete, die 28-jährig aus Berlin zurückgekehrt ist und deren Ehe nach fünf Jahren geschieden wurde, weil sie an Tuberkulose erkrankt war; sie hinterlässt einen vierjährigen Sohn, der später an Kinderlähmung sterben wird. Von den Sorgen um den ungestümen Knaben Leo noch ganz zu schweigen …

Heute weiß kaum noch jemand, dass ein Arzt früher „nach Stand“ bezahlt wurde. (Die von Bismarck gegen Ende des