Pretty Shameless - Gefährlicher als Liebe - Tami Fischer - E-Book

Pretty Shameless - Gefährlicher als Liebe E-Book

Tami Fischer

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Beschreibung

Nichts ist gefährlicher als Liebe – vor allem, wenn nicht nur Herzen auf dem Spiel stehen …

Sarah hat viel riskiert, um ihre Zwillingsschwester Payton vor den Machenschaften der elitären Clique zu schützen. Der Preis aber ist hoch: Monroe vertraut ihr nicht mehr, und auch Holden wendet sich von ihr ab. Gefangen in einem Netz aus Lügen und Manipulation, ist es nun Sarah, die gerettet werden muss. Doch als ans Licht kommt, wer wirklich die Fäden im Hintergrund zieht, scheint jede Hilfe zu spät …

Mit Playlist im Buch!

Nie war der Enemies-to-Lovers-Trope skandalöser – Die Manhattan-Elite-Reihe bei Blanvalet:
Band 1: Pretty Scandalous – Heißer als Rache
Band 2: Pretty Savage – Süßer als Verrat
Band 3: Pretty Shameless – Gefährlicher als Liebe

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Seitenzahl: 642

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Buch

Manhattan, New York: Sarah hat viel riskiert, um ihre Zwillingsschwester Payton vor den Machenschaften der elitären Clique zu schützen. Der Preis aber ist hoch: Monroe vertraut ihr nicht mehr, und auch Holden wendet sich von ihr ab. Gefangen in einem Netz aus Lügen und Manipulation, ist es nun Sarah, die gerettet werden muss. Doch als ans Licht kommt, wer wirklich die Fäden im Hintergrund zieht, scheint jede Hilfe zu spät …

Autorin

Tami Fischer wurde 1996 geboren und lebt zusammen mit ihrer Familie und zwei faulen (aber niedlichen) Katzen in Hessen. Die gelernte Buchhändlerin ist Autorin von mehreren SPIEGEL-Bestsellerromanen, arbeitet neben dem Schreiben als Hörbuchsprecherin und verbringt ihre Freizeit am liebsten mit Reisen, dicken Büchern, gutem Essen oder einem Serienmarathon. Auf Instagram und TikTok tauscht sie sich zudem gern mit ihren zahlreichen Leser*innen aus und gibt Einblicke in ihren kreativen Alltag.

Weitere Informationen unter:

www.instagram.com/tamifischer/www.tiktok.com/@tamifischerr

Von Tami Fischer bereits erschienen

Pretty Scandalous · Pretty Savage

TAMI FISCHER

Gefährlicher als Liebe

Roman

MaNHATTAN ELITE BAND 3

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Originalausgabe 2024 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Copyright © 2024 by Tami Fischer

Redaktion: Angela Kuepper

Umschlaggestaltung: Anke Koopmann | Designomicon

Umschlagmotiv: © Elm Haßfurth | birbstudio.com

DK · Herstellung: DiMo

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-30167-5V001

www.blanvalet.de

Liebe Leser*innen,

dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deshalb findet am Ende des Buches eine Triggerwarnung. Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch.Wir wünschen allen das bestmögliche Leseerlebnis.

Tami Fischer und der Blanvalet Verlag

Für alle Frauen, denen nicht geglaubt wird.

Für alle Frauen, die nicht von ihrem Partner loskommen.

Für alle Frauen, die sich eine Zwillingsschwester gewünscht hätten, die sich für sie rächt.

Playlist

The Expanse – Juniper Vale

When You Want Me – Speelburg

Who Are You, Really? – Mikky Ekko

Gangsta (Violin) – Dramatic Violin

Wylin’ – Always Never

Use Me (feat. 070 Shake) – PVRIS, 070 Shake

Moment – Victoria Monét

Mirror Mirror – Juniper Vale

Everything Is Color – Juniper Vale

Am I A Ghost – Juniper Vale

High Priestess – Santigold

Mommy Issues – Cloudy June

My Kink Is Karma – Chappell Roan

she calls me daddy – KiNGMALA

My Boy Only Breaks His Favorite Toys – Taylor Swift

Who’s Afraid of Little Old Me? – Taylor Swift

Lights – Steve Horner

How Did It End? – Taylor Swift

Oscar Winning Tears. – RAYE

Look What You Made Me Do – Vitamin String Quartett

California – Chappell Roan

Can You Feel My Love? – Acoustic Version – Juniper Vale, Vian Izak, Erika Ishii

Enchanted (Taylor’s Version) – Taylor Swift

Can You Feel My Love – After Hours – Juniper Vale, Ben Laver

KAPITEL 1 Sie hat Ja gesagt!

Sarah

»Wenn du deine Schwester wiedersehen willst, spielst du jetzt gefälligst mit, Sarah.«

Mein Herz begann zu hämmern, als wollte es fliehen, so beißend war die Angst, die sich in mir ausbreitete. Er wusste etwas über Paytons Verschwinden. Er hatte … Hatte er sie in seiner Gewalt? Hielt er sie irgendwo fest? Fuck, wenn Wilson Fairfax bald starb und es um sein Erbe ging …

Stiefbruder. Natürlich. Deshalb hatte Monroe dafür sorgen wollen, dass ich mich in ihn verliebte. Es ging um das Erbe meines leiblichen Vaters. Seines Stiefvaters.

Im nächsten Moment zog er mich auch schon auf die Mitte der Bühne und steckte das Mikrofon ans Stativ vor uns. Sein Griff war wie ein Schraubstock. Mein Kopf zuckte zur Seite – und mit einem Mal starrte ich in Hunderte von Gesichtern. Auf einen Schlag realisierte ich wieder, wo ich war.

Monroe drehte sich seitlich zum Publikum und ergriff auch meine andere Hand. Wie auf Knopfdruck wurde sein Blick zärtlich und sein Lächeln warm und verliebt.

»Sarah«, begann er, was die Leute wieder still werden ließ. »Von dem Moment an, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe, wusste ich, dass ich meine Zukunft vor mir sehe.«

Meine Augen weiteten sich. Ach. Du. Scheiße.

Nein!, wollte ich schreien. Dann erinnerte ich mich wieder an seine Worte. Payton. Wenn du deine Schwester wiedersehen willst, spielst du jetzt gefälligst mit.

»Ich weiß nicht, womit ich es verdient habe, von der wundervollsten Frau aller Zeiten geliebt zu werden«, fuhr er fort und erntete erneut Seufzer vom Publikum. »Du und ich – wir sind ein Team, Baby. Du bist meine Seelenverwandte, meine beste Freundin und meine große Liebe. Das, was wir haben, gibt es nur ganz selten auf der Welt, und ich wäre der glücklichste Mann im Universum, wenn ich den Rest meines Lebens an deiner Seite verbringen dürfte.« Er sank auf ein verdammtes Knie und strahlte zu mir hoch.

»Oh fuck«, wisperte ich. Monroes Strahlen wurde breiter, doch er drückte meine Hände dabei so fest, dass mir vor Schmerz Tränen in die Augen schossen und meine Sicht verschleierten. Einige klatschten begeistert. Als wären es Freudentränen!

»Sarah Quinn«, sagte Monroe mit so lauter, durchdringender Stimme, dass jeder im Saal ihn hören konnte. »Erweist du mir die Ehre und heiratest mich?«

Erwartungsvolle Stille breitete sich aus. In mir jedoch wurde es laut. Und die Tränen, die mir nun über meine Wangen liefen, hatten nichts mit seinem quälend festen Griff zu tun. Es war pures Entsetzen. Payton. Er hat Payton.

Mein Herz fühlte sich an, als würde es von einem brennenden Pfeil durchbohrt werden. Ich hob den Blick, weil ich nicht anders konnte, sah in die vielen lächelnden, erwartungsvollen Gesichter. Dann blieb mein Blick an einem Paar dunkler Augen hängen.

Holden und ich sahen uns an, und das Brennen in meinem Herzen wurde verheerender. Er schüttelte den Kopf. Eine flehende Geste.

Monroe drückte erneut meine Hand.

Ich sah ihn wieder an. Ein Schluchzen entfuhr mir, und ich biss mir auf die Unterlippe. Hass ergriff von mir Besitz. Hass und widerlich süßer Verrat, so dickflüssig wie Honig und zugleich so zerstörerisch wie eine Naturkatastrophe. Ich hasste Monroe Darlington so sehr, dass ich schreien wollte. Und ich wollte vor Angst zusammenbrechen, denn ich hatte den Fehler begangen, es nicht zu erkennen. Ich hatte den Fehler begangen, Monroe Darlington zu lieben.

Ich sah ihm in die poolblauen Augen, die einst mein Herz erobert hatten, und kleisterte mir ein falsches Lächeln auf die Lippen, denn unzählige Leute der High Society von Manhattan beobachteten uns und warteten wie gebannt auf meine Antwort.

Dann, unter Tränen, holte ich tief Luft.

»Ja, ich will.«

***

Monroe zerrte mich aus Darlington House. Die Gäste applaudierten und machten uns Platz; sie lächelten uns zu, doch ich konnte sie kaum ansehen. Alles verschwamm vor mir, und die Welt drehte sich viel zu schnell.

Rufe erklangen hinter uns, doch Monroe wurde nicht langsamer. Er beschleunigte seine Schritte, was mich stolpern ließ, aber ich wehrte mich nicht. Wenn du deine Schwester wiedersehen willst, spielst du jetzt gefälligst mit.

Ich erkannte Peters Stimme, die nach uns rief, und die von Wilson Fairfax – ein Mann, der ein Fremder für mich war, jemand, von dem ich mir wünschte, er wäre nicht der, der er war: Paytons und mein leiblicher Vater.

Wieder geriet ich ins Straucheln, als Monroe mich über das Parkett mit sich zog. Wut brodelte in mir wie Lava in einem Vulkan, kurz bevor er ausbrach. Doch ich zwang mich, zu lächeln. Zwang mich, so zu tun, als würde mir dieser Augenblick nicht die Seele aus dem Leib reißen. Wenn du deine Schwester wiedersehen willst, spielst du jetzt gefälligst mit. Ich konnte nicht denken, nicht atmen. Wehren konnte ich mich erst recht nicht – ich durfte es nicht. Nicht, wenn er Payton in seiner Gewalt hatte, denn das hatte er auf der Bühne deutlich gemacht. Ich musste mitspielen, solange ich nicht wusste, was mit Payton war. Die Vorstellung, Monroe könnte ihr etwas angetan haben oder sie irgendwo gegen ihren Willen festhalten, ließ blanke Angst in mir aufsteigen. Meine Zwillingsschwester war nicht untergetaucht. Sie war nicht einfach nur abgehauen nach unserem furchtbaren Streit bei unseren Eltern in San Francisco.

Monroe Darlington hatte sie in seiner Gewalt.

»Was hast du mit Payton gemacht?«, stieß ich hervor. Wir hasteten aus dem Festsaal in Richtung Garderobe und Foyer. Ich versuchte, einen Blick über die Schulter zu werfen, ohne auf den hohen Schuhen das Gleichgewicht zu verlieren.

»Halt den Mund«, zischte Monroe, und seine Finger bohrten sich fester in mein Handgelenk. Schmerz schoss meinen Arm hoch, und ich schnappte nach Luft.

Wieder hörte ich die Stimme von Wilson Fairfax, wie er nach Monroe rief und dann nach mir. Doch das Rauschen in meinen Ohren wurde immer lauter und meine Gliedmaßen immer schwerer.

Ein verzweifeltes Schluchzen entfuhr mir, und ich stolperte schließlich doch über meine Füße, als Monroe mich aus dem Eingangsportal und die Treppen hinunter zur Straße zerrte. Der erste Novemberwind peitschte mir Haarsträhnen ins Gesicht und wirbelte Laub auf dem feucht glänzenden Gehweg auf. Autos rauschten auf der Straße an uns vorbei, die Scheinwerfer hell, die Rücklichter rot glühend.

Sarah Quinn, erweist du mir die Ehre und heiratest mich?

Ja, ich will.

Monroe hatte mich ernsthaft gefragt, ob ich ihn heiraten wollte, und ich hatte mit Ja, ich will geantwortet. Ich hatte keine Wahl gehabt.

Ja, ich will.

Ja, ich will.

Wenn du deine Schwester wiedersehen willst, spielst du jetzt gefälligst mit, Sarah.

Jetzt, wo wir das Gebäude verlassen hatten, gab es keinen Grund mehr für mich, mich nicht zu wehren, also kämpfte ich gegen seinen eisernen Griff an.

»Lass mich los!«, fauchte ich und blieb stehen. »Lass mich los, oder ich rufe die Cops, du psychotisches Arschloch! Loslassen! Wo ist meine Schwester? Was hast du getan?«

Monroe drehte sich zu mir um. Im Licht der Straßenlaterne war sein Gesicht, das ich vor gar nicht so langer Zeit noch als engelsgleich empfunden hatte, die Fratze eines Teufels.

»Einen feuchten Dreck werde ich tun«, sagte er und sah mich so hasserfüllt an, dass mein Magen in die Kniekehlen sackte. »Und du wirst auch einen Scheiß unternehmen. Also halt den Mund und komm mit.«

»Nein!« Ich versuchte, mich gegen seinen Griff zu stemmen, aber es nützte nichts. Wieder zerrte er mich mit sich, diesmal gnadenloser als zuvor.

»Es ist mir egal, ob ich dich über den Bordstein schleifen oder tragen muss, aber du kommst mit. Und reiß dich zusammen, bevor die Gäste etwas mitbekommen.« Wie um sicherzugehen, sah er kurz zum Eingangsportal. Was auch immer er dort erblickte, sorgte dafür, dass er mich mit kalter Zufriedenheit weiterzog, in Richtung einer schwarzen Limousine am Bordstein.

Ich biss mir so fest in die Unterlippe, dass ich Blut schmeckte und Schmerz durch meine Nerven donnerte. Es war alles, was mich davon abhielt, in Tränen auszubrechen, wo ich doch wüten und schreien und Feuer spucken wollte.

Obwohl das Rauschen in meinen Ohren immer weiter anstieg, war da plötzlich eine Stimme hinter uns, die es durchschnitt. Eine vertraute Stimme, die meinen Namen rief …

Holden.

»Sarah!«, rief er erneut, und der Klang zerschmetterte etwas in mir. Ich konnte das hier nicht zulassen. Ich kämpfte nicht genug. Ich musste mich stärker zur Wehr setzen.

»Stopp!«, rief ich atemlos und stemmte mich wieder gegen Monroes Zerren, auch wenn es nichts brachte, denn er war wesentlich stärker als ich. Ein verzweifelter Schrei entfuhr mir.

»Schön weiterlaufen«, knurrte er, als ich aus dem Tritt geriet und stolperte.

»Bitte«, flehte ich. »Monroe, bitte. Lass mich los!«

Ich wollte zu Holden, wollte zurück zu ihm rennen, um ihm zu sagen, dass nichts von dem, was er gehört oder gesehen hatte, echt war, sondern nur eine Farce, ein verdorbenes Spiel eines Darlingtons. Erpressung. Aber ich konnte es nicht, solange Payton nicht in Sicherheit war. Es spielte keine Rolle, was zwischen meiner Schwester und mir stand – alles, was zählte, war, sie vor diesem Monster zu beschützen.

Ich sah über die Schulter. Ich wollte Holden zumindest einen Blick zuwerfen, ein Flehen, damit er verstand, doch er war noch nirgends zu sehen.

In derselben Sekunde schob Monroe mich plötzlich auf die Rückbank der Limousine.

Alles ging zu schnell. Die Tür wurde zugeschlagen, im nächsten Moment saß er neben mir, und dann fuhren wir auch schon los.

»Nein!«, keuchte ich und presste die Hände ans Fenster, gerade als Holden die Stufen des Portals hinunterstürmte. Er entdeckte die Limousine, kam zum Stehen und sah uns hinterher. Seine Brust hob und senkte sich schnell. Er wirkte erschüttert. Doch … da war keine Erkenntnis auf seinem Gesicht, sein Blick reichte nicht bis zu mir. Die verdunkelten Scheiben verhinderten es.

Ich schlug mit der Faust gegen das Glas. »Nein!«, heulte ich noch einmal, während wir uns immer schneller fortbewegten. Er musste doch zumindest meine Hände sehen. Das musste er!

Dann verschwand Holden außer Sicht, denn wir bogen mit so viel Geschwindigkeit um eine Kurve, dass ich über die Sitzbank rutschte und gegen einen Körper prallte.

Monroes Körper.

Ich wirbelte herum, holte aus und schlug blindlings zu.

Ein befriedigendes Klatschen folgte, und ein Kribbeln schoss durch meine Hand.

»Ich habe dir vertraut!«, schrie ich, und meine Stimme brach. »Ich habe dir vertraut, und du hast mich verraten! Du elender Bastard!« Erneut holte ich aus, um den Abdruck meiner Hand auf ewig in seine Wange einzubrennen, doch Monroe packte wieder mein Handgelenk und fing den Schlag ab.

»Wag es ja nicht«, zischte er und beugte sich vor mein Gesicht. »Wenn du noch einmal versuchst, mich zu schlagen, wird dir das noch bitter leidtun, Sarah Quinn.«

»Wo ist Payton?«, fragte ich und zerrte an meiner Hand, bis er sie endlich losließ. Hastig wich ich vor ihm zurück und presste mich an Fenster und Tür, so weit weg von ihm wie möglich. »Was hast du mit meiner Schwester gemacht?!« Panisch sah ich mich um, dann lehnte ich mich vor, auch wenn die dunkle Trennwand hochgefahren war. Ich hämmerte dagegen. Monroes Fahrer musste doch irgendetwas von dem hier mitbekommen, er musste mir helfen! »Hey! Hallo! Helfen Sie mir, halten Sie an!«

»Ich habe keinen blassen Schimmer, wo dein Schwesterherz steckt«, sagte Monroe knapp, während ich unablässig hämmerte. »Und spar dir die Mühe. Nicht nur, dass die Scheibe ziemlich robust ist, Christopher arbeitet schon seit Jahren für mich. Mein Fahrer ist loyal und wird gut bezahlt. Es interessiert ihn nicht, was du zu sagen hast.«

Meine Verzweiflung wuchs. Ob er log oder nicht, sein Fahrer fuhr die Trennwand nicht herunter.

Mein Kopf zuckte wieder in Monroes Richtung. »Du lügst. Wo ist sie? Was sollte der Scheiß mit der Verlobung? Wo ist Payton?!«

Mit kalter Geringschätzung betrachtete er mich. Seine Mundwinkel hoben sich, doch es reichte nicht für ein Lächeln, was den Anblick nur noch grausamer machte. »Es ist wirklich einfach, dich wie eine Marionette tanzen zu lassen, wenn man die richtigen Fäden zieht, weißt du das?«

Mein Mund klappte auf, und ich blinzelte ihn perplex an. Dann, langsam, machte es Klick. Marionette. Fäden ziehen.

Erkenntnis breitete sich in mir aus, und das Blut wich mir aus dem Gesicht. »Aber du hast … du hast gesagt, dass …«

Monroe verdrehte die Augen. »Wie ich schon sagte, ich weiß nicht, wo Payton steckt. Und jetzt schnall dich an.«

»Nein«, flüsterte ich. Das konnte nicht wahr sein. Er hatte es nur gesagt, um zu bekommen, was er wollte? »Du hast Payton also nicht …«

»Nein, habe ich nicht. Es könnte mir gleichgültiger nicht sein, wo sie ist.«

Mit jedem Zug wurde mein Atem schneller. Ich sank in den Sitz und starrte fassungslos geradeaus. Es ist wirklich verdammt einfach, dich wie eine Marionette tanzen zu lassen. Wie in Dauerschleife wiederholte meine innere Stimme dieselben Worte: Monroe hat Payton gar nicht in seiner Gewalt. Es war ein Bluff. Nichts weiter als ein Bluff. Er hatte meine Liebe zu Payton gegen mich verwendet, um mich zu benutzen und zu manipulieren. Um das zu bekommen, was er wollte.

Ich packte den Türgriff und rüttelte daran, obwohl die Wagentür offensichtlich verriegelt war. Ich konnte nicht aufhören, nicht, wenn alles in mir zusammenbrach. Die Panik schnürte mir die Luft ab, und ich hatte das plötzliche Gefühl zu ersticken. Ich musste hier raus. Es war mir egal, dass wir noch fuhren, ich wollte sofort hier weg.

Aber die Tür gab nicht nach, so sehr ich auch an ihr rüttelte und zerrte.

»Lasst mich raus!«, schrie ich.

»Gerade hinsetzen und anschnallen, Sarah«, sagte Monroe angestrengt.

Keuchend drehte ich den Kopf zu ihm. Breitbeinig und in seinem maßgeschneiderten Anzug füllte seine große Gestalt den Platz neben mir aus und strahlte nichts weiter als Kälte und nervenaufreibende Ruhe aus.

Der Hass in meiner Brust formte sich zu einem Ball aus Hitze, die alles andere überstrahlte. »Das wirst du bereuen«, flüsterte ich. »Damit wirst du nicht durchkommen. Du wirst dafür bezahlen, was du getan hast, und ich werde persönlich dafür sorgen.«

Er erwiderte meinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. In aller Ruhe löste er die Fliege vom Hals.

Seine Stimme war gefährlich ruhig, als er das Wort ergriff. »Zum letzten Mal: Schnall dich an. Oder ich halte dich die ganze Fahrt über fest, das kannst du dir aussuchen.«

Ein angewiderter Laut kam mir über die Lippen. Doch als ich mich nicht rührte und er mich herausfordernd ansah, gab ich nach. Kochend vor Wut, schnallte ich mich an und krallte meine Finger anschließend in den Ledersitz. Den Teufel würde ich tun und zulassen, dass er mich auch nur berührte.

Die Limousine schnurrte leise, und Christopher schlängelte sich durch den dichten Verkehr von Manhattan.

Hinter meinen Augen lauerten heiße Tränen. Doch ich würde nicht weinen. Nicht zusammenbrechen. Diesen Triumph gönnte ich ihm nicht auch noch.

Ich zog die Lippen zwischen die Zähne, starrte durch die getönten Scheiben und betrachtete die vorbeiziehenden Lichter aus Laternen, Ladenschildern und Fenstern. Meine Kehle schnürte sich zu. Verdammt. Wie hatte es bloß so weit kommen können? Ich hatte nur auf die Spendengala von Fairfax gehen wollen, nachdem sich plötzlich herausgestellt hatte, dass dieser stinkreiche New Yorker Geschäftsmann mein leiblicher Vater war. Der wahre Grund, wieso sich meine Zwillingsschwester im letzten Jahr so verändert und von mir, Laurel und unseren Eltern distanziert hatte. Denn Payton hatte kein Wort darüber verlieren dürfen, was geschehen war, dafür hatte Fairfax gesorgt. Und er hatte heute Abend mit einer Verschwiegenheitserklärung sichergehen wollen, dass auch ich die Wahrheit für mich behielt. Payton hatte gar keinen Sugar Daddy gehabt – etwas, was ich die ganze Zeit geglaubt hatte, denn es war die naheliegendste Erklärung dafür gewesen, dass sie diese riesige Wohnung auf der Upper East Side und all das Geld besaß. Meine Schwester hatte keinen obsessiven Liebhaber. Sie war bloß unserem stinkreichen biologischen Vater begegnet. Eigentlich war mein Plan für heute Abend gewesen, Wilson Fairfax zu befragen, um anschließend nach San Francisco zu fliegen und meinen Eltern dieselben Fragen zu stellen. Für die Schnittmenge. Um herauszufinden, was die Wahrheit war. Und dann …

Stiefsöhne.

Monroe und Peter Darlington sind Fairfax’ Stiefsöhne.

Wieder verknotete sich mein Magen. Monroe war der Strippenzieher gewesen, von Anfang an. Er hatte »Game Over, Sarah« gesagt, also musste er es gewesen sein: Er musste die Zettel in Paytons Apartment verteilt haben. Ich dachte an den Einbruch, aber auch an unsere Dates … Und ich dachte an den Moment, als ich nach dem Einbruch zu ihm gefahren war, seine Wohnung betreten und ihn mit Cameron gesehen hatte.

Er hatte mich von Anfang an hinters Licht geführt, und alles hing damit zusammen, dass er und Peter Wilson Fairfax’ Stiefsöhne waren und wir seine leiblichen Töchter.

Ich krallte die Finger fester in das harte Leder des Sitzes und rang nach Fassung, während nichts außer dem Surren des Motors zu hören war.

»Wohin fahren wir?«, fragte ich mit hohler Stimme.

Monroe reagierte nicht.

Meine Wut flammte erneut auf, und ich knirschte mit den Zähnen. Wenn er ernsthaft glaubte, dass ich mich so bereitwillig entführen ließ, dann hatte sich dieser Psychopath geschnitten. Denn das war es doch, was das hier war. Eine verdammte Entführung!

Hastig zog ich das Handy aus meiner kleinen Tasche. Ich musste Hilfe rufen. Ich musste Holden kontaktieren, Donovan, Celia, Laurel, die Cops oder wen auch immer.

Doch dann geschah alles ganz schnell.

Ich hörte das Klicken seines Gurtes, dann stürzte Monroe sich auf mich, und seine großen Hände packten meine, zerrten an ihnen und versuchten, mir das Handy zu entreißen.

»Nein! Lass mich los!«, schrie ich und drehte mich von ihm weg. »Loslassen! Fass mich nicht an!«

Seine Finger bohrten sich in meine, um sie gewaltsam vom Smartphone zu ziehen. »Gib das … verdammte Handy … her!«

Ich rammte den Ellbogen gegen seine Brust, und verschaffte mir damit Zeit. Ich entsperrte das Handy, öffnete die Anrufliste, tippte 911 hinein und …

Monroe entriss es mir, rutschte zurück auf seinen Platz und fuhr das Fenster hinunter.

»Nicht!« Ich packte seinen Arm, krallte die Nägel in seine Hand – doch es war zu spät. Kaum war der Fensterspalt groß genug, war mein Handy fort.

Er hatte es einfach aus dem fahrenden Wagen geworfen.

»Nein!«, heulte ich auf, ballte die Hand zur Faust und rammte sie ihm geradewegs in den Magen. Erneut rangen wir miteinander. Monroe gab einen wütenden Schrei von sich und warf mich plötzlich der Länge nach auf die Rückbank. Das Feuer in mir hatte nichts mit der Hitze gemeinsam, die ich noch vor wenigen Wochen empfunden hatte, wenn ich unter ihm gelegen hatte. Diesmal erfüllte mich Panik.

»Runter von mir!« Ich versuchte zu treten, zu kratzen, zu schlagen. Doch er packte meine Hände, riss sie nach oben und drückte sie über meinem Kopf ins Leder. Sein Gewicht erdrückte mich, und sein Geruch, der mir jetzt nicht mehr berauschend, sondern widerlich vorkam, sorgte dafür, dass mir die Galle hochstieg.

Alles wurde zu einem Wirrwarr. Er presste seine Stirn gegen meine, damit ich meinen Kopf nicht gegen seine Nase schlagen konnte, verstärkte den Griff seiner Hände, verschränkte unsere Finger und drückte sie fest ins Leder.

Ich stemmte mich dagegen. »Ich sagte, geh runter von mir!«

Seine Augen blitzten auf, und er schob schwer atmend die Oberlippe zurück, was mehr einem Fletschen als einem Lächeln gleichkam. »Du und ich brauchen als frisch Verlobte doch ein wenig Zweisamkeit, meinst du nicht?«

Ich atmete so schnell, dass mir schwindelig wurde. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, zu ersticken. »Fick dich, Monroe!«, zischte ich. »Und geh. Runter. Von. Mir. Sonst spucke ich dir in deine hässliche Visage!«

»Wir wissen beide, dass du meine Visage alles andere als hässlich findest, Sarah.«

Ich hasste das Gefühl seines Atems auf meinen Lippen. Hasste es, meinen Namen aus seinem Mund zu hören.

Bevor Monroe herausfinden konnte, ob ich meine Drohung wahr machte oder nicht, ließ er mich los und setzte sich in einer geschmeidigen Bewegung wieder aufrecht hin.

Keuchend tat ich es ihm gleich und sah zur hochgefahrenen Trennscheibe. Mit einem Mal konnte ich die Tränen und das Zittern in mir nicht länger zurückhalten.

Er hatte gewonnen.

Mein Handy war weg.

Ich steckte fest.

Ich wurde verdammt noch mal von Monroe Darlington entführt.

Reiß dich zusammen, Sarah. Du wirst nicht zusammenbrechen, du bist stark!

Fahrig befeuchtete ich die Lippen und durchbohrte ihn mit meinem Blick, den er augenblicklich erwiderte. »Und ich dachte, Peter wäre der Psychopath in der Familie«, flüsterte ich. »Herzlichen Glückwunsch, du hast mich erfolgreich hinters Licht geführt.«

Plötzlich lachte er auf. »Und das kommt ausgerechnet von dir! Du bist eine gewissenlose, eiskalte Schlampe, die über Leichen gehen würde, um zu bekommen, was sie will.«

»Ich soll gewissenlos sein?!«, schoss ich zurück.

»Du hast eiskalt vergessen«, fügte er hinzu und hob die Brauen.

Entrüstet lachte ich ebenfalls auf. »Du bist komplett durchgeknallt. Scheiße, jetzt fang endlich an zu reden, Monroe! Was sollte das mit der Verlobung? Eine verdammte Verlobung?!«

»Tja«, sagte er seufzend und sank tief in die Rückbank. »Jetzt spielen wir eben nach meinen Regeln und nicht länger nach deinen.«

Der Horror grub sich immer tiefer in mich hinein. Da waren Wut und Empörung. Doch mit einem Mal war dort auch … Resignation. Hoffnungslosigkeit, Taubheit.

Wenn du deine Schwester wiedersehen willst, spielst du jetzt gefälligst mit.

Marionette.

Sarah Quinn, erweist du mir die Ehre und heiratest mich?

Ja, ich will.

Ich drehte mich zum Fenster um und sah, wie wir über eine der Brücken Manhattan hinter uns ließen.

Panik schrillte durch mich hindurch. Wo zum Teufel wollte Monroe mit mir hin?

»O Gott«, wisperte ich und schlang die Arme um mich. »Ich werde wirklich entführt.«

Er erwiderte nichts. Stritt es nicht ab. Und das machte alles nur noch schlimmer.

Ich sah meinen Entführer an. Den Mann, dem ich vor nicht allzu langer Zeit meine Liebe gestanden hatte. Den Mann, dem ich heute Abend vor Publikum gesagt hatte, dass ich ihn heiraten würde.

Meine Stimme war leise und dünn. »Monroe, sag mir sofort, wohin du mich bringst.«

Diesmal ignorierte er mich nicht, sondern erwiderte meinen Blick. Ein Muskel an seinem Kiefer zuckte, und er betrachtete mich eine ganze Weile in der stillen Limousine. Dann teilten sich seine Lippen, und er sah wieder aus dem Fenster.

»Wir fahren in die Hamptons.«

KAPITEL 2 Alle Wege führen nach Darlington House

Payton

In der Sekunde, als der Wagen in der 78th E Street hielt, stiegen Donovan, Cameron und ich so schnell wir konnten aus. Licht drang aus den beiden halbrunden Sprossenfenstern am Eingang des Wohnhauses und spiegelte sich in den beiden goldfarbenen Übertöpfen der Zierbäumchen. Mein Herz zog sich schmerzlich zusammen und ließ damit einen Schwall Gefühle auf meinen Körper los. Zu Hause. Der Gedanke ließ ein Nachbeben folgen aus kalter, drängender Sucht, die mich für einen Moment vollkommen überwältigte. Aber ich kämpfte mit aller Kraft dagegen an, schob gewaltvoll all das fort. Da war kein Platz in mir, um jetzt wehmütig zu werden oder zu zerbrechen, denn die Panik war zu groß. Stiefbrüder. Monroe und Peter sind meine und Sarahs Stiefbrüder. Sarah musste so schnell wie möglich davon erfahren.

Wir eilten die drei Stufen aus Marmor hinauf. John, der Portier, hatte nicht einmal die Chance zu reagieren, da riss Donovan schon die Tür auf, und wir stürzten in die Lobby.

»Miss Quinn?«, fragte John und wich verblüfft vor uns dreien zurück. »Ist alles in Ordnung, kann ich Ihnen helfen?«

»Meine Schwester. John, wissen Sie, wo meine Schwester ist?«

Er blinzelte. »Ihre … Schwester?«

Cameron an meiner Seite stöhnte auf und fuhr sich durch die kinnlangen honigblonden Haare. »Ihre Zwillingsschwester. Sieht genauso aus wie sie und wohnt hier unter ihrem Namen. Wissen Sie, wo sie steckt?«

Er öffnete und schloss den Mund wie ein Fisch auf dem Trockenen und starrte mich an, als hätten wir Wahnvorstellungen. »I-Ihre Zwillingsschwester?«, wiederholte er.

Mit einem gequälten Laut wickelte ich mich in meinen Mantel, schlang die Arme um mich und machte einen Schritt auf ihn zu.

»Hören Sie zu, John. Ich bin Payton. Meine Zwillingsschwester Sarah wohnt hier seit ein paar Monaten, weil sie sozusagen in meine Rolle geschlüpft ist. Sie geht hier ein und aus und sieht genauso aus wie ich. Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«

Johns Mund formte ein verblüfftes O. Vermutlich ging ihm durch den Kopf, dass das hier ein schlechter Scherz sein mochte, vielleicht ja sogar, dass irgendwo Kameras versteckt sein könnten. Wäre die Situation nicht so dringend gewesen, hätte ich seinen Gesichtsausdruck fast schon komisch gefunden.

Dann schien er sich jedoch zu sammeln und trat mit einem Räuspern einen Schritt zurück. »Ich weiß nicht, ob das Informationen sind, die ich mit Ihnen teilen dürfte. Der Datenschutz unserer …«

»Kommen Sie, John«, drängte Donny. »Sie haben Payton doch gehört. Es handelt sich um einen Notfall, und außerdem geht es nicht um irgendjemanden, der im Gebäude wohnt, sondern um Paytons Zwillingsschwester.«

»Die nur so tut, als wäre sie Payton«, steuerte Cameron noch einmal bei, falls John dieses Detail entgangen war.

Erwartungsvoll und offensichtlich unter Strom sahen wir ihn an. Ich grub die Finger so fest in die Handteller, dass meine wunden Nagelbetten zu pochen begannen.

John trat einen Schritt zurück und fuhr sich fahrig mit einer Hand über den Nacken. »Ich, äh … Na ja. D-das dürfte vor etwa einer Stunde gewesen sein. Sie … Miss Quinn hat vor etwa einer Stunde das Gebäude verlassen.« Er zog eine schuldbewusste Miene, als könnte ihn diese Offenbarung seinen Job kosten, und sah mich so entschuldigend an, dass ich fast schon Mitleid bekam.

»Wo ist sie?«, fragten Donny und ich gleichzeitig.

»Sie ist …«

Hinter uns wurde erneut schwungvoll die Tür geöffnet. Hoffnung zuckte durch meine Brust, ich wirbelte herum und … entdeckte Holden Sutherland. Meinen Nachbarn.

Ein Seufzen entfuhr mir. Es wäre auch zu schön gewesen, hätte es sich um Sarah gehandelt, die durch die Tür spaziert käme.

Holdens Blick landete geradewegs auf mir, und etwas in seinen dunklen Augen loderte auf. Er machte mehrere lange Schritte auf mich zu. »Was zur Hölle sollte diese Show? Du kannst dieses Arschloch unmöglich …« Seine Stimme erstarb. Er blinzelte mich an und wich zurück. Zog die Brauen zusammen. »Du bist … Payton.«

Donny, Cam und ich starrten ihn sprachlos an. Er wusste Bescheid? Über den Tausch? Himmel, wieso wusste mein Nachbar Bescheid?

Später. Jetzt gibt es Wichtigeres.

»Holden, weißt du, wo sie ist? Wo ist Sarah?«, platzte ich hervor.

»Was ist passiert?«, fragte Donny.

Holden sah uns der Reihe nach an. Er wirkte vollkommen durch den Wind. Derweil nutzte der Portier den Moment, um Abstand zwischen uns zu bringen, und floh mit hochrotem Kopf hinter den Empfangstresen.

Fahrig rieb Holden sich mit der Hand über die kurz geschorenen schwarzen Locken. »Monroe hat Sarah einen Antrag gemacht. Und sie … Sie hat Ja gesagt.«

Mir klappte der Mund auf. »Er hat … und sie hat was?«, stieß ich hervor. Nein. Das konnte unmöglich passiert sein!

Sein Kiefer mahlte, als würde er seine Gefühle unterdrücken. Er erweckte ganz den Eindruck, als brodelte es in ihm, was Holden Sutherland wirklich nicht ähnlich sah, wo er doch sonst so besonnen schien. »Danach sind sie zusammen weggefahren, keine Ahnung, wohin. Und das interessiert mich auch nicht.«

Skeptisch schossen meine Augenbrauen nach oben. So wie er reagierte, war es eine offensichtliche Lüge, aber es kümmerte ihn anscheinend nicht, wie durchschaubar sie war.

Holdens Worte betäubten mich so sehr, dass sie eine ganze Weile brauchten, um vollends zu mir durchzudringen. Ich bedeckte den Mund mit einer Hand.

»Antrag?«, wisperte ich. »Monroe Darlington hat Sarah einen Antrag gemacht? U-und sie hat …«

Um seine Lippen erschien ein bitterer Zug. »… Ja gesagt. Mit dem strahlendsten Lächeln der Weltgeschichte.«

Nein. O nein, nein!

Ich drehte den Kopf und sah einen Sturm in Donovans grauen Augen wüten. Doch er blickte nicht zu mir, sondern zu Holden, und seine Nasenflügel blähten sich. Heftig schüttelte er den Kopf. »Das ist unmöglich. Sarah würde niemals Ja sagen.«

»Tja. So sehr kann man sich in einem Menschen täuschen.« Die gemurmelten Worte klangen eher, als würde er sie an sich selbst richten.

»Komm schon, Holden«, erwiderte Donny fahrig. »Ich weiß nicht, was genau zwischen euch läuft, aber ich glaube, du kennst Sarah ein wenig. Du weißt, dass sie Monroe hasst. Erzähl mir nicht, dass du das einfach geschluckt hast, wenn das wirklich so passiert ist.«

Und ich hatte geglaubt, meine Kinnlade könnte nicht noch weiter nach unten klappen. Was zwischen ihnen lief? Zwischen Sarah und Holden Sutherland? Mein Blick zuckte zu Cameron, doch auch sie wirkte überrascht. Mein Gott, hatte ich Sarah und Holden deshalb zusammen auf dem Maskenball gesehen? Und was war mit ihr und Monroe, wieso hasste sie ihn plötzlich?

Holden atmete hart aus und stützte die Hände in die Seiten. »Monroe hat sie Sarah genannt«, sagte er langsam. Eine Falte erschien zwischen seinen Brauen. »Und Peter hat sie zur Bühne gebracht.«

»Oh«, murmelte Cameron, starr vor Entsetzen. »Scheiße, das klingt nicht gut.«

Donny fluchte. »Und Monroe hat ihr ernsthaft einen Antrag gemacht? Wo war das? Wie hast du es mitbekommen?«

»Heute Abend war die Spendengala von Wilson Fairfax in Darlington House. Monroe hat Sarah den Antrag vor versammelten Gästen gemacht. Ihr wisst ja, was für Leute sich dort rumtreiben.«

Ich taumelte zurück. Spürte kaum die Hände, die mich augenblicklich packten und mich daran hinderten, zu Boden zu sinken. Wilson Fairfax.

Darlington House.

»Nein«, flüsterte ich. Die Welt um mich herum fiel in sich zusammen, zog mich mit in den Abgrund. In meinen Ohren begann es zu rauschen. »Sie … sie weiß von ihm. Sie weiß von Wilson.«

»Payton, was geht hier vor sich?«, fragte Holden aufgebracht.

Mein Kinn begann zu zittern, und ein panisches Schluchzen entwich mir. Er hatte sie gefunden. Sarah wusste nun auch Bescheid. Nein, nein, nein, nein.

»Payton, atme«, sagte Cameron leise und legte einen Arm um meine Mitte. Ich versuchte es, wirklich, aber es wollte nicht genug Luft in meine Lunge dringen.

»Was ist los?«, fragte Holden angespannt. »Ganz offensichtlich sind sie und Darlington immer noch ein Ding, obwohl sie mir etwas anderes erzählt hat. Sie hat ihm vermutlich die Wahrheit gesagt und …«

»Hat sie nicht!«, fuhr Donny ihn an und raufte sich die Haare. Auf seinen Wangen leuchteten rote Flecken. »Gott, Sarah hat Monroe kein beschissenes Wort gesagt! Peter und Monroe sind Paytons und Sarahs Stiefbrüder!«

Holden erbleichte. Als hätte er alles kommen sehen, nur nicht das.

Er wich einen Schritt zurück. »Was? Aber das bedeutet … Nein. Stopp.« Wieder sah er mich an, suchte nach Antworten in meinem Gesicht. Mit jedem Herzschlag steigerte sich die Fassungslosigkeit auf seiner Miene. »Wilson … Wilson Fairfax ist euer leiblicher Vater?«, fragte er erstickt.

Ein Zittern breitete sich in mir aus. »Ja«, flüsterte ich und biss mir fest auf die Unterlippe.

»Seit wann weiß Sarah von Fairfax?«, fragte Cameron mit hohler Stimme.

Holden sah sie an. »Wohl seit gestern. Sie hat ihn im Ritz-Carlton getroffen, weil sie herausfinden wollte, wer Paytons anonymer Geldgeber ist. Wir sind davon ausgegangen, dass es sich um einen Sugar Daddy handelte.«

Ich konnte nicht anders, als hysterisch aufzulachen. Ein verdammter Sugar Daddy? Das hatte sie geglaubt?

Holden fuhr fort. »Aber wir hätten nie gedacht, dass es sich um …«

»Unseren biologischen Vater handelt?«, schlug ich vor.

Stöhnend schloss er die Augen und kniff sich mit Daumen und Zeigefinger in die Nasenwurzel. »Deshalb war sie also heute Abend bei der Spendengala.«

Die Rädchen in meinem Kopf begannen sich zu drehen. Es gab nur eine vernünftige Erklärung, wieso Monroe meiner Schwester einen Antrag hätte machen sollen. Die bloße Vorstellung ließ heißen Widerwillen in mir aufflammen, aber mein Gefühl sagte mir, dass ich goldrichtiglag.

»Ich … Ich glaube, ich weiß, was hier vor sich geht«, sagte ich leise.

Holden, Cameron und Donny sahen mich erwartungsvoll an. Ich wollte weitersprechen, wollte mich erklären, doch plötzlich verknotete sich mir der Hals, und eine Welle der Panik überkam mich. Ich hatte die Verschwiegenheitserklärung unterzeichnet, und ich hatte gegen sie verstoßen, indem ich Cam und Donny eingeweiht hatte. Auch wenn »einweihen« vielleicht ein zu großes Wort war. Wilsons Name war mir einfach herausgerutscht. Wer wusste schon, ob es eine gute oder katastrophale Idee war, Holden ebenfalls einzuweihen?

Fahrig kratzte ich mir über den Handrücken und atmete tief durch. Ein Ziehen in meiner Kehle und eine Leere in meiner Brust überkamen mich und sorgten dafür, dass eine widerliche Hitze über meinen Nacken kroch und meine Stirn feucht werden ließ. Gerade noch so unterdrückte ich ein Wimmern. Verflucht noch mal, ausgerechnet jetzt musste sich auch meine Sucht wieder bemerkbar machen.

Vielleicht konnte Cameron Gedanken lesen, denn ein wissender Ausdruck trat in ihre Augen. Dann wurde er mitfühlend. Sie drückte meinen Arm und wandte sich an Holden.

»Fairfax ist ein todkranker alter Mann, Monroe und Peter wissen Bescheid über Payton und Sarah und machen sich deshalb vermutlich Sorgen um ihr Erbe. Und wenn Sarah gerade herausgefunden hat, wer Fairfax ist, und heute Abend auf der Spendengala Monroe über den Weg gelaufen ist, ohne den blassesten Schimmer, dass er sein Stiefsohn ist …«

»Die Verlobung«, sagte Holden atemlos. »Deshalb der Antrag? Wegen Fairfax’ Erbe?«

»Das ist am naheliegendsten«, murmelte ich.

»Schön, Monroes mutmaßliche Motivation verstehe ich, aber wieso zur Hölle hat Sarah Ja gesagt?«

Hilflos sahen wir einander an. Niemand von uns wusste eine Antwort auf die Frage.

Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber ich glaubte, Schmerz in Holdens Augen aufblitzen zu sehen. Er verbarg seine Gefühle allerdings schnell hinter geübter Kontrolliertheit. Aber … ich war mir sicher. Er war verletzt.

Verlobt. Sarah hatte sich mit Monroe Darlington verlobt. Galle stieg meine Kehle hinauf, mein Mund schmeckte bitter, so schlecht war mir. Wo zur Hölle steckte sie, und was konnte ich tun, um der Sache ein Ende zu bereiten?

Donovans Hände ergriffen meine, und er stoppte mein beständiges Kratzen. Ich zischte, als ein heißes Brennen seine Berührung begleitete. Mit zusammengeschnürter Kehle erwiderte ich seinen Blick. Nicht heulen. Brich jetzt nicht in Tränen aus!

Wir vier schwiegen uns an, zu entsetzt über das, was vor sich ging. Außerdem hing Holdens Frage noch immer unbeantwortet in der Luft und zeichnete neue und größere Fragezeichen in meinen Kopf. Normalerweise hatte ich ein Bauchgefühl, was Sarah anging, unsere Zwillingsverbindung, irgendeine Form von Ahnung. Aber diesmal hatte ich nicht den leisesten Schimmer, was in sie gefahren war. Da war nichts. Zwischen uns lag eine zu große Distanz, es war zu viel geschehen.

Ich löste mich von Donny. Mit aller Kraft zwang ich mich, nicht erneut über meine Handrücken oder meine Arme zu kratzen oder mir die Nagelhaut abzuziehen. Dabei stand ich unter Strom, wollte so dringend high sein, um nicht mehr fühlen zu müssen, um das Brodeln in mir durch stille, wohltuende Erleichterung zu ersetzen.

Ich leckte mir über die Lippen und ergriff das Wort. »Wir müssen Sarah irgendwie erreichen. Ich glaube, sie ist …« In Gefahr. Das wollte ich sagen, konnte die Worte jedoch nicht aussprechen. Meine Kehle war plötzlich zu eng.

»Ich versuche noch einmal, Sarah zu erreichen, und dann sollten wir die Polizei einschalten«, schlug Donny vor.

»Nein«, sagte Holden mit finsterer Miene. »Es gibt keine Beweise dafür, dass Sarah unfreiwillig mit ihm mitgegangen sein könnte. Was sollten wir der Polizei schon erzählen?«

»Wir könnten …« Donnys Stimme erstarb, als Holden sich in Bewegung setzte und zu den Aufzügen lief.

»Wo gehst du hin?«, rief ich ihm hinterher.

»Ich brauche einen Drink«, erwiderte er, ohne sich zu uns umzudrehen. Die nächsten Worte sagte er leiser, als wären sie nicht an uns gerichtet: »Einen richtigen. Und keinen gottverdammten Tee.«

Meine Augen brannten. Ich hatte keine Kraft mehr, nur das überwältigende Bedürfnis, mich vor der Welt zu verstecken, um nicht länger so viel fühlen zu müssen. Ich schlang die Arme um Donny und vergrub das Gesicht an seiner Brust.

Nach zwei unerträglichen Herzschlägen ergriff mich Panik, die Möglichkeit, dass ich eine Grenze überschritt. Doch bevor ich vollends durchdrehen oder mich entschuldigen konnte, schloss er die Arme um mich und erwiderte die Umarmung. Er lehnte den Kopf an meinen und atmete langsam aus. Als wäre auch ihm in diesem Moment egal, was zwischen uns vorgefallen war. Er hielt mich beinahe schon vorsichtig, als könnte ich zerbrechen, würde er mich zu fest an sich drücken. Die Wärme in meiner Brust war noch zaghaft, als wäre sie nicht ganz sicher, ob sie sich überhaupt ausbreiten durfte. Ich würde das hier still genießen, so kurz der Augenblick auch war.

»Rufen wir Sarah jetzt an oder nicht? Was ist der Plan?«, hörte ich Cameron fragen.

Ich öffnete die Augen, im selben Moment, als Donny einen Arm von mir löste und sein Handy aus der Hosentasche zog. Er wählte ihre Nummer – oder wohl eher meine, da sie ja mein Handy besaß. Obwohl er den Anruf nicht auf Lautsprecher stellte, hörte ich, wie nach dem ersten Klingeln die Mailbox ansprang.

Fluchend legte er wieder auf und versuchte es gleich noch einmal, doch es war dasselbe Spiel.

Cam und ich warfen uns ratlose Blicke zu. Obwohl sie und Sarah nicht gerade Freundinnen waren, sah ich Angst in ihren Augen. Eine Angst, die auch mich erfüllte. Die alles andere vertrieb, bis ich nur noch aus ihr zu bestehen schien. Wir standen vor einer Sackgasse.

Monroe Darlington.

Verlobung.

»Und jetzt?«, fragte ich mit erstickter Stimme.

»Keine Ahnung«, murmelte Donny und zog mich kaum merklich näher an sich. »Ich habe wirklich keinen Schimmer.«

KAPITEL 3 Unheilbar böse

Sarah

Zwei verdammte Stunden, eingesperrt mit einem Psychopathen. Ich hatte jede Möglichkeit durchgekaut, um hier rauszukommen, aber nicht einmal zu einer Pinkelpause hatte sich Monroes Fahrer erweichen lassen. Meine Drohungen waren ebenfalls fruchtlos geblieben. Keiner von beiden ging auf meine Überredungsversuche ein. Ich hatte weder etwas gegen sie in der Hand, noch hatte ich irgendetwas zu bieten, das ein Feilschen für sie attraktiv machen könnte. Deshalb fuhren wir weiter, ohne Stopp, ohne umzukehren. Und obwohl es nur zwei Stunden waren, fühlten sie sich eher an wie zwei Tage. Jede Sekunde so dicht neben ihm war eine Sekunde zu viel.

Ich war dazu übergegangen, kein Wort mehr mit Monroe zu wechseln, und die Stille war zu einer eiskalten und bleischweren Decke mutiert. Das letzte Mal, als Monroe und ich auf der Rückbank einer Limousine gesessen hatten, hatte es mir in den Fingerspitzen gekribbelt, die Hand nach ihm auszustrecken, um meine mit seiner zu verschränken. Alles hatte vor Anziehung vibriert. Aber jetzt? Jetzt pochte bloß mein Handgelenk, heiß und schmerzhaft, im Takt meines Herzschlags.

Ich hatte die ganzen zwei Stunden vor mich hin gekocht – nun fühlte ich mich nur noch ausgebrannt. Als wir endlich die Hamptons erreichten und auf einer beleuchteten runden Einfahrt vor einem Anwesen hielten, war ich vollkommen ausgelaugt.

Das leise Klicken der Türverriegelung ertönte, und noch bevor Monroe mich davon abhalten konnte, drückte ich die Tür auf und stürzte aus dem Wagen. Der Himmel war schwarz und die salzige frische Luft eiskalt, wie nicht anders zu erwarten für Anfang November. Weißer Schotter knirschte unter meinen Schuhen, und ich sah mich hektisch um, suchte nach einer Fluchtmöglichkeit. Aber ich hatte kein Glück. Das riesige gusseiserne Tor, das sich just in diesem Moment wieder schloss und wohl dafür sorgte, dass niemand unbefugt das Gelände betreten konnte, hinderte mich auch daran, zu fliehen.

Mit rasendem Puls wirbelte ich herum, analysierte das lächerlich große Anwesen im Licht der Auffahrt. Das Gebäude besaß mehrere Flügel und zwei Stockwerke, riesige Fenster und ein Balkondeck über dem Eingangsportal, das von weißen Holzpfeilern gestützt wurde. Drum herum erstreckte sich das weitläufige Grundstück – keine Nachbarn in Sicht. Weit und breit.

Mein Atem wurde immer schneller und flacher. Würde mich überhaupt jemand hören, wenn ich schrie? Alles in mir drängte darauf, die Flucht zu ergreifen. Aber wo sollte ich schon hin? Wir waren in einer schicken Wohngegend, Stunden von Manhattan entfernt, es war dunkel, kalt, ich hatte kein Handy und kein Geld, und da war kein Taxi weit und breit, das ich nehmen könnte. In diesem Teil der Hamptons gab es nur gigantisch große Grundstücke mit riesigen Villen, die durch hohe Hecken, Mauern oder Zäune voneinander abgegrenzt waren.

Ich steckte fest.

Monroe hat mich ja auch verdammt noch mal entführt, schoss es mir bitter durch den Kopf. Das hätte ich nicht einmal kommen sehen, wenn ich beschlossen hätte, Bullshit-Bingo zu spielen. Nie wäre ich darauf gekommen, dass Monroe mir von Anfang an etwas vorgemacht hatte. Dass er vollkommen kalkulierend gewesen war. Sein Plan war aufgegangen, aber so, wie es aussah, war er noch lange nicht am Ziel.

Ich knirschte mit den Zähnen. Er wollte mich also hier festhalten? Er würde schon noch sehen, was er davon hatte. Er würde sein verdammtes Fett wegbekommen. Ich würde ihm die Hölle heißmachen, bis er oder sein Fahrer nachgab und mich wieder nach Hause brachte. Und wenn ich dafür dieses schicke Anwesen anzünden musste. Monroe Darlington hatte sich mit der Falschen angelegt.

Mit frischer Wut und zu Fäusten geballten Händen stampfte ich auf das Eingangsportal zu.

»Sarah, bleib stehen.«

Der harte Klang seiner Stimme ließ mich augenblicklich herumwirbeln. Der Fahrer parkte den Wagen ein Stück entfernt, doch ich beachtete Monroes Handlanger gar nicht. Mein Blick fixierte ausschließlich den Betrüger vor mir.

Das Schweigen zwischen uns war nun also gebrochen.

Monroe kam mit schnellen Schritten auf mich zu. Er trat zu einem kleinen Zahlenfeld an der Wand neben der Tür, gab dort eine Nummer ein, was Pieptöne auslöste, und bestätigte das Ganze dann. Die Lichter hinter den Fenstern erwachten zum Leben, und ein Summen ertönte.

Plötzlich packte er mich am Ellbogen und zerrte mich ins Haus.

»Fass mich nicht an!«, zischte ich und stolperte in ein Foyer mit Parkettboden und Kronleuchter. Ich entriss mich seinem Griff, wich zurück, sah mich hektisch um. Fluchtwege konnte ich vergessen, wenn ich es nicht einmal vom Gelände schaffte, also musste ich mir etwas anderes einfallen lassen. Etwas, um an seinen Nerven zu zerren.

An den Wänden hingen weiße Tücher, die aussahen, als bedeckten sie Gemälde, und vor mir, neben einer großen, runden Treppe, stand eine riesige, kunstvolle Vase auf einem Sockel.

Ich funkelte Monroe an, dann trat ich zur Vase und stieß sie zu Boden.

Ihr Zerschellen hallte laut von den hohen Wänden wider.

»Meinen Glückwunsch. Diese Vase hat zwölftausend Dollar gekostet.«

Ich sah über die Schulter und lächelte böse. »Ich zünde hier gleich alles an, wenn du mir nicht sofort ein Telefon gibst, damit ich ein Taxi rufen kann.«

Seine Miene verfinsterte sich, und seine Oberlippe zuckte, als wollte er die Zähne blecken. »Bitte, fühl dich ganz wie zu Hause.« Die Worte trieften nur so vor Sarkasmus, und ich ballte erneut die Hände zu Fäusten. »Aber wenn ich untergehe, wirst du mit mir untergehen, das verspreche ich dir, Sarah.«

»Oh, daran habe ich keinen Zweifel! Ich werde dich nämlich mit mir in den Abgrund reißen, wenn du mich schubst.«

Er erdolchte mich mit seinem Blick, dann drehte er sich um, drückte eine weiße Flügeltür auf und marschierte einen langen Flur hinab.

Ungläubig sah ich ihm hinterher. Wie konnte er es wagen?

»Erwartest du ernsthaft, dass ich dir hinterherlaufe?«, rief ich ihm nach. »Ich meinte, was ich sage! Ich zünde das Haus an!«

»Zerleg meinetwegen Zimmer für Zimmer, Sarah Quinn!«, rief er zurück. »Es gehört mir nicht, und der Schaden wird dir vollständig in Rechnung gestellt werden. Ich für meinen Teil brauche jetzt einen Drink. Was du machst, ist mir scheißegal.«

»Wieso hast du mich überhaupt hergebracht?«, fauchte ich und warf die Arme in die Luft. »Fuck! Gib mir endlich Antworten!«

Der Mistkerl drehte sich im Gehen nicht einmal um, sondern lachte nur auf. »Ohne Alkohol werde ich dieses Gespräch nicht führen.«

Mit einem Grollen rauschte ich ihm hinterher, vorbei an geschlossenen Türen und zugezogenen Vorhängen. »Nicht zu fassen«, murmelte ich zu mir selbst und fuhr mir durch die Haare. »Erst entführt mich dieses Arschloch, und jetzt laufe ich ihm auch noch hinterher.«

Er würde mir Antworten geben. Das musste er. Und wenn er es wagte, mich für blöd zu verkaufen, würde ich dafür sorgen, dass er an seinem geliebten Alkohol erstickte. Nie zuvor hatte ich so lebhafte Gewaltfantasien vor meinem inneren Auge gesehen. Hochauflösend und in Dolby Digital.

Am Ende des Ganges öffnete Monroe eine Doppeltür, die in einen Raum voll dunklem Holz führte. Dunkelgrüne Teppiche, ein kalter Kamin, Bücherregale und mit Tüchern abgedeckte Möbel.

Er trat an eine gut bestückte Bar, nahm sich ein Glas und eine Flasche mit Hochprozentigem und goss sich davon ein.

Schwer atmend stand ich an der Türschwelle und beobachtete ihn. Sarah Quinn, erweist du mir die Ehre und heiratest mich?

Ja, ich will.

»Nur eine Warnung«, sagte Monroe mit nervenaufreibend ruhiger Stimme. »Dieses Zimmer ist das Reich meines Vaters. Du würdest es bereuen, hier etwas kaputt zu machen.«

Sein Vater. Er bezeichnete Wilson Fairfax als seinen Vater.

Ich trat an das Bücherregal rechts von mir und begann, Buch für Buch herauszuziehen und auf den Boden zu pfeffern. Herausfordernd hob ich eine Augenbraue.

Natürlich sprang er nicht drauf an, sondern zuckte bloß mit dem Glas an den Lippen die Schultern. »Deine Entscheidung, Sarah.« Er stürzte den Hochprozentigen in einem Zug hinunter, dann goss er sich noch einmal ein. Dabei verzog er keine Miene, doch ich bemerkte das Zittern seiner Hand. Das konnte er nicht verstecken.

»Wer zur Hölle bist du eigentlich?«, fragte ich leise.

Er beobachtete die bernsteinfarbene Flüssigkeit und schwenkte sie im Glas. »Du tust also immer noch so, als wüsstest du es nicht. Lass den Scheiß. Ich warne dich.«

Langsam trat ich näher und stellte mich neben Monroe. Vasen zertrümmern und andere Dinge zu Boden schmeißen, brachte mich offenbar nicht weiter. Also musste ein neuer Ansatz her.

Ich nahm ihm das Glas ab, gerade als er einen Schluck trinken wollte, setzte die Lippen an einer Stelle an, die er nicht berührt hatte, und stürzte den Alkohol ebenfalls in einem Zug hinunter. Ein beißendes Brennen erwärmte meine Kehle, und ich unterdrückte ein Würgen. Keuchend stellte ich das Glas auf die Theke der Bar und wischte mir über den Mund.

»Monroe, es ist an der Zeit, Klartext zu reden.«

Er holte ein weiteres Glas hervor und schenkte uns beiden ein.

»Ich wusste nichts von Fairfax«, sagte ich und trank vom nächsten Drink, nippte diesmal jedoch nur. Wenn ich Monroe mit Gewalt nicht dazu bringen konnte, mich gehen zu lassen, dann musste ich eben an sein Gewissen appellieren oder an seine Vernunft. Sofern irgendwas davon existierte. Der Plan klang selbst in meinen Ohren naiv und bescheuert, aber welche Optionen blieben mir noch?

Also schlug ich einen ruhigeren, nüchterneren Tonfall an. »Ich hatte keine Ahnung von ihm. Und noch weniger wusste ich, dass er dein Stiefvater ist. Woher auch? Ist ja nicht so, dass du es mir erzählt hättest, also hör auf, Tatsachen zu verdrehen und mich als die Betrügerin darzustellen.«

Seine Miene blieb finster. Er mahlte mit dem Kiefer, setzte das Glas an und legte den Kopf in den Nacken. »Dreist«, murmelte er. »Dich hier hinzustellen und mir nach allem immer noch ins Gesicht zu lügen. Diese Farce einfach aufrechtzuerhalten.«

Erneut explodierte ich. »Ich soll dir ins Gesicht lügen? Du wusstest von Anfang an, dass Fairfax mein leiblicher Vater ist, und du wusstest, dass ich nicht Payton war! Du hast mich belogen und betrogen und versucht, mich fertigzumachen!«

Er wirbelte herum und bohrte seinen Finger in meine Schulter. »Du willst mir also ernsthaft weismachen, dass du keine Ahnung hattest, dass du und Payton seine Kinder seid? Dass er sterben wird und ihr erben …?«

»Ja, verdammt!«, unterbrach ich ihn und schlug seine Hand fort. »Ich wusste es nicht! Kapiert? Ich hatte keinen blassen Schimmer. Ich habe Fairfax gestern zum ersten Mal in meinem Leben getroffen! Was glaubst du, wieso ich auf dieser Spendengala war?«

Seine Mundwinkel wanderten nach unten. »Ich bitte dich. Du bist in die Rolle deiner Schwester geschlüpft, das kam ja wohl nicht von ungefähr. Und du hast mir von unserer ersten Begegnung an schöne Augen gemacht. Verkauf mich nicht für dumm, dahinter hat ein Plan gesteckt.«

»Natürlich hat dahinter ein Plan gesteckt! Aber der hatte nichts mit dir oder Fairfax zu tun!«

Nicht sonderlich überzeugt hob er die Brauen. »Aha.«

»Fick dich«, schoss es aus mir heraus, und ich knallte das Glas so heftig auf die Theke, dass mir Alkohol auf die Finger spritzte. »Du weißt selbst, wie übel Payton mitgespielt wurde. Ich wollte bloß ihren Platz an der Columbia retten und Rache an denen nehmen, die sie zugrunde gerichtet haben. Was glaubst du, warum ich Grace und Alyssa fertiggemacht habe? Ich habe eine Liste angefertigt von allen aus der Clique und wollte sie nach und nach gesellschaftlich ruinieren.«

Er schnaubte. »Und Donovan …«

»Donovan wusste davon, weil er mich gleich am ersten Tag erkannt hat! Deshalb hat er mir …« Ich biss mir auf die Zunge und gab ein Grollen von mir. Ich würde Donovan nicht ans Messer liefern. Aber vielleicht war es zu spät. Vielleicht hatte ich bereits zu viel gesagt.

Monroes Kiefermuskel zuckte, und er atmete tief durch. Sein ganzer Körper war angespannt, er hatte die Hand auf der Theke zur Faust geballt. »Und was hatte ich damit zu tun?«, fragte er leise. »Wieso hast du dich an mich rangemacht?«

»Ich …« Meine Stimme versagte. Es hatte keinen bestimmten Grund gegeben, weshalb ich mich vom ersten Moment an zu ihm hingezogen gefühlt hatte. Es war nur ein unschuldiger Flirt gewesen, ein magischer Abend, an dem wir zusammen auf der ersten Party in Darlington House miteinander getanzt hatten. Blicke in der Bibliothek. Nur ein wenig Geflirte. All das hatte zu keinem Plan gehört, und es hatte mich kalt erwischt.

Aber das musste ich ihm ja nicht auf dem Silbertablett servieren.

Ich reckte das Kinn. »Du hast recht, ich hatte keine unschuldigen Absichten mit dir. Ich wollte dich benutzen, um an Peter ranzukommen.«

Etwas blitzte in seinen Augen auf. Er verengte sie und beugte sich mit verächtlicher Miene vor. »Und jetzt erzähl mir noch einmal, dass du keine verlogene Betrügerin bist.«

»Ich habe versucht, dir die Wahrheit zu sagen«, schoss ich sofort zurück. Dann erinnerte ich mich an den genauen Moment … und lachte ungläubig auf. »O mein Gott!« Mit offenem Mund starrte ich ihn an. »Nein, streich das, ich habe dir die Wahrheit gesagt! Nachdem wir …« Meine Stimme erstarb. Hitze kroch meinen Nacken hinauf, als ich daran dachte, wie wir zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten.

»A-als ich bei dir übernachtet habe«, korrigierte ich mich hastig. Diesmal war ich diejenige, die ihm einen Finger gegen die Schulter drückte. Die intime Erinnerung und der starke Kontrast zu unserer heutigen Autofahrt befeuerten das Brodeln in mir. »Ich habe dir gesagt, dass ich nicht Payton bin! Das habe ich wortwörtlich zu dir gesagt!« Ich erinnerte mich genau daran. »Monroe, ich bin nicht Payton«, wisperte ich. Er schlang einen Arm um mich und platzierte einen Kuss auf meine Lippen. »Sondern? Ihr böser Zwilling?« – »Ja. Genau das.« – »Hm, und ich bin nicht Monroe. Ich bin auch sein böser Zwilling.«

Monroe blinzelte mich an, als ginge ihm das Gleiche durch den Kopf. Dann öffnete er den Mund … und schloss ihn wieder.

»Du erinnerst dich«, wiederholte ich, diesmal vorwurfsvoller. »Ich habe es dir gesagt, und wenn du offenbar von Anfang an wusstest, dass ich nicht Payton bin …« Ungläubig schüttelte ich den Kopf und trat einen Schritt zurück. »Gott, wieso hast du die Scharade weiter aufrechterhalten? Wieso bist du nicht darauf eingegangen?«

»Weil ich …« Sein Blick verdunkelte sich.

»Weil du was?«, bohrte ich nach. Trotz meines Plans, an seine Vernunft zu appellieren, konnte ich mir eine Prise Hohn nicht verkneifen. »Hat es nicht in deinen Masterplan gepasst? Monroe Darlington muss doch einen Masterplan gehabt haben, oder?«

Er fuhr sich durch die blonden Haare, doch die widerspenstigen Strähnen fielen ihm sofort wieder in die Stirn. »Ich habe nur …«

Und da fiel der Groschen.

Ungläubig starrte ich ihn an und wich zurück. »Du … d-du hast gewusst, dass ich keine Ahnung habe«, schlussfolgerte ich. Verwirrt blinzelte ich. Was zum Teufel ging hier vor sich? Ich musste richtigliegen, der Ausdruck auf seinem Gesicht verriet ihn. »Du hast genau gewusst, dass ich keinen Schimmer hatte, wer du bist, richtig?«, hakte ich nach. Aber wieso hatte er mir dann diese Vorwürfe gemacht?

Wieder trat Härte in seinen Blick. »Eine Weile habe ich gezweifelt. Ich habe wirklich geglaubt, dass du keine Ahnung hast. Doch ich habe mich geirrt und dich durchschaut, als ich dich heute Abend auf der Gala gesehen habe.«

»Aber du hast es geglaubt!«, fuhr ich ihn an und raufte mir die Haare. »Fuck, Monroe, wieso bist du nicht darauf eingegangen, als ich dir die Wahrheit …« Und da begriff ich es. Nicht nur sein Verhalten, sondern auch die lodernde Wut in seinem Blick. Da verstand ich seinen Zusammenbruch, als ich ihn wegen Cameron konfrontiert und anschließend verlassen hatte. Die Tränen. Seine Panik.

Langsam ließ ich die Hände wieder sinken, während mein Herz das Gleiche tat. Es sank sogar bis zum Boden.

»Gott. Du hast dich in mich verliebt«, flüsterte ich. »Du hast dich ernsthaft in mich verliebt, obwohl du mit mir gespielt hast, oder?«

Diesmal war das aufgebrachte Funkeln in Monroes blauen Augen so intensiv, dass sogar seine Nasenflügel bebten. »Und du dich in mich«, sagte er mit rauer Stimme. »Sonst hättest du nicht mit mir geschlafen oder mir die Wahrheit über dich erzählt.«

Bitterkeit erfüllte mich, und ich lächelte zerknirscht. »Natürlich habe ich mich verflucht noch mal in dich verliebt. Das Einzige, worüber ich gelogen habe, war mein Name. Ich war dir gegenüber ich selbst. Und ich hatte nie vor …« Meine Stimme versagte erneut, doch ich schlang die Arme um mich und krallte die Finger in die Seiten. »Ich wollte dich benutzen, und dabei habe ich mich in dich verliebt. Ich dachte, es wäre ein schlechter Witz des Universums, dass ich ausgerechnet dann einem scheinbar perfekten Mann begegne, wenn ich ein falsches Spiel spiele und in den Schuhen meiner Schwester stecke. Das war mein einziges Problem. Mehr wusste ich nicht. Und ich war so bescheuert, mir den Kopf darüber zu zerbrechen, wie ich dir die Wahrheit sagen kann, ohne dich zu verlieren. Weil ich dich geliebt habe.«

Verdammt. Ich hatte gar nicht vorgehabt, einen solchen Seelenstriptease vor Monroe hinzulegen, vor allem dann nicht, wenn er mich entführte und mich vorher mit einer Erpressung dazu gebracht hatte, seinen Heiratsantrag anzunehmen. Nur durch eine Lüge. Durch die falsche und widerliche Behauptung, er hätte Payton in seiner Gewalt.

Monroes Atem wurde schneller, doch er wich meinem Blick nicht aus. »Fuck«, flüsterte er, drehte sich wieder zur Bar um und goss sich noch ein Glas an. Diesmal war das Zittern seiner Hand stärker, er verschüttete sogar etwas. »Fuck«, wiederholte er wütend.

»Du bist an der Reihe«, sagte ich mit bebender Stimme. Und ich wusste, es war falsch, die nächsten Worte auszusprechen, aber ich hatte ihn auf gewisse Weise am Haken und würde ihn erst wieder gehen lassen, wenn er mich nicht mehr gegen meinen Willen hier festhielt. Das war meine beste und auch meine einzige Taktik. Alles in mir schrie danach, ihn zu fragen, wann er mich verdammt noch mal gehen ließe. Aber ich drängte das Bedürfnis zurück, schloss es ein. Für den Moment.

Als er nichts erwiderte, ergriff ich erneut das Wort, diesmal drängender. »Ich habe dir alles gesagt. Jetzt bist du dran. Und ich will wissen … Ich will wissen, ob irgendetwas zwischen uns echt war, Monroe.« Es war nicht nur falsch, diese Frage zu stellen, es war sogar gefährlich. Denn seine Antwort würde mich nicht kaltlassen, ob es mir gefiel oder nicht. Sie war ein wunder Punkt, das wusste ich. Dafür war es noch nicht lange genug her, dass er mir das Herz gebrochen hatte. Aber es war zugleich genau die richtige Frage, der Finger in der Wunde. Und es war noch genug Schmerz in mir übrig, um sie vollkommen aufrichtig klingen zu lassen.

Ein heiseres Lachen entfuhr ihm, und er strich mit der Unterlippe über den Rand seines Glases. »Ich hatte ganz bestimmt nicht vor, mich in dich zu verlieben, Sarah. Und weißt du auch, wieso?« Er drehte den Kopf und sah mich an. »Weil ich dich hasse. Weil ich es hasse, dass du und deine Schwester existieren.«

Die grausamen Worte waren wie ein Faustschlag in meinen Magen. Auch wenn sie mich nicht kümmern sollten, wenn sie mir egal sein sollten, weil der Hass schließlich auf Gegenseitigkeit beruhte. Doch ich konnte nichts dagegen tun, als mir der Atem im Hals stecken blieb.

»Oder zumindest sollte ich das«, murmelte er und stellte das Glas wieder ab. »Ich sollte dich hassen. Ich wollte dich hassen. Aber ich … Fuck«, flüsterte er wieder. »Ich wollte mich nicht in dich verlieben, aber es ist passiert.«

Er drehte sich um, lief zum abgedeckten Sofa, riss das Tuch vom dunklen Leder und ließ sich darauf sinken. Nach vorne gelehnt, saß er da, der Smoking mittlerweile zerknittert. Er stützte die Ellbogen auf den Knien ab. »Als Payton in die Stadt kam und Wilson damit begann, sich mit ihr zu treffen, dachten Peter und ich, dass er eine Affäre hätte. Ich weiß nicht, ob er es dir erzählt hat, aber Wilson ist krank.«

Seine Stimme klang angespannt, jedoch irgendwie auch nüchtern. Es war deutlich zu hören, dass er schon so häufig über das Thema gesprochen hatte, dass es ihn nicht mehr berührte.

»Ich weiß, dass er krank ist«, sagte ich und lehnte mich gegen die Bar. »Wilson sagte etwas von einem Hirntumor und dass er nicht mehr lange hätte.«