Prinzessin der Rache. Ein Vampire - Thriller aus dem heutigen Berlin - Mej Dark - E-Book

Prinzessin der Rache. Ein Vampire - Thriller aus dem heutigen Berlin E-Book

Mej Dark

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  • Herausgeber: neobooks
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

+++Neuauflage 2018+++ Dieser Band vereint alle Teile der Reihe. Olga, die Lieblingstochter des letzten Zaren, überlebte durch Vampirblut einst den Mord an ihrer Familie. Sie dürstet noch immer nach Rache und tarnt sich als geheime Ermittlerin der internationalen Detektei Barnes und Gobler im heutigen Berlin. Der Hauptkommissar Graf Gordon von Mirbach will dort das unerklärliche Verschwinden von jungen Mädchen aufklären, doch dabei stehen ihm bald seine erotischen Gefühle für die mysteriöse Ermittlerin im Weg. Gleichzeitig ziehen diejenigen, die Olga seit einem Jahrhundert suchen, das Netz um sie immer enger. Denn sie verbirgt ein uraltes Geheimnis. Wie hängen die heutigen Ereignisse mit der Vergangenheit zusammen? Farbige Illustrationen von besonderer Sinnlichkeit ergänzen das Lesevergnügen.

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Seitenzahl: 305

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Prinzessin der Rache. Ein Vampire - Thriller aus dem heutigen Berlin

Gesamtausgabe

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Band: Geheimnisse

Prolog

Totes Mädchen

Berliner Nächte

Böses Spiel

Der Auftrag

Band: Racheengel

Lebe weiter!

Aufzeichnungen des Kommissars Gordon von Mirbach

Jagdbeginn

Aufzeichnungen des Kommissars Gordon von Mirbach

Teepause

Gesetz des Zufalls

Marc

Aufzeichnungen des Kommissars Gordon von Mirbach

Die Pathologie

Aufzeichnungen des Kommissars Gordon von Mirbach

Die Spur

Aufzeichnungen des Kommissars Gordon von Mirbach

Freiheit

Aufzeichnungen des Kommissars Gordon von Mirbach

Band: Satansbrut

Prolog

Der Schuss

Aufzeichnung des Hauptkommissars Gordon von Mirbach – Jonas’ Verhör

Teepause 2

Die Freunde Satans

Das Ritual

Jurowski

Aufzeichnungen des Hauptkommissars Gordon von Mirbach: Die Befreiung der Mädchen

Der Pakt

Der Plan

Das Fabergé-Ei

Die Übergabe

Letzte Aufzeichnung des ehemaligen Hauptkommissars Graf Gordon von Mirbach

Die Vorgeschichte

Bonus: Historische Fotos

Weitere Bücher

Impressum neobooks

Vorwort

Olga, die Lieblingstochter des letzten Zaren, überlebte durch Vampirblut einst den Mord an ihrer Familie. Sie dürstet noch immer nach Rache und tarnt sich als geheime Ermittlerin der internationalen Detektei Barnes und Gobler im heutigen Berlin. Der Hauptkommissar Graf Gordon von Mirbach will dort das unerklärliche Verschwinden von jungen Mädchen aufklären, doch dabei stehen ihm bald seine erotischen Gefühle für die mysteriöse Ermittlerin im Weg. Gleichzeitig ziehen diejenigen, die Olga suchen, das Netz um sie immer enger. Denn sie verbirgt ein uraltes Geheimnis. Wie hängen die heutigen Ereignisse mit der Vergangenheit zusammen? Sie treffen auf Liebe, düstere Erotik, aber auch auf Szenen von Grausamkeit. Mystery und Thriller verschmelzen glaubhaft. Farbige Illustrationen von besonderer Sinnlichkeit ergänzen das Lesevergnügen. 

Band: Geheimnisse

Prolog

Nichts geschieht ohne Ursachen.

Diese hast du selbst geschaffen.

Immer erfährst du deren Folgen.

Totes Mädchen

Mit einem kunstvoll geschliffenen Kristallglas ging ich zum Panikraum, der in jeder Wohnung dieses exklusiven Gebäudes verborgen eingerichtet worden war. Er sollte das Leben der wohlhabenden Bewohner bei Einbrüchen und Überfällen schützen. Dafür brauchte ich ihn jedoch nicht. Für mich bestand sein Nutzen genau im Gegenteil.

Wenn man seine stählerne Tür verriegelte, war er vollkommen schalldicht, weder einsehbar noch von außen zu öffnen. Einmal mehr bewunderte ich den Architekten für diese ausgefeilte Idee. 

Die gegenwärtigen Zeiten waren unruhig und gefährlich, weshalb Geheimräume und ähnliche Schutzmechanismen wieder dem Zeitgeist entsprachen. Geld spielte für die Käufer solcher Domizile keine Rolle. Schade, dass wir dergleichen nicht vor einhundert Jahren, als 1917 die Revolution  in Russland ausbrach, besaßen. Vielleicht wäre dadurch unsere Familie nicht in die Hände unserer Feinde gefallen und ermordet worden.

Die Fenster der übrigen Wohnung waren durch hölzerne Jalousien verdunkelt. Die Innenbeleuchtung hatte ich so eingestellt, dass meine Augen alles im Raum gut sehen konnten. Das Lampenlicht vertrug ich wesentlich besser als das natürliche, da dieses künstliche ein angenehmeres Lichtspektrum hatte. Es ist ein weit verbreitetes Märchen, dass Vampire angeblich durch direkte Sonnenstrahlung verbrennen und zu Asche zerfallen. Nur die Empfindlichkeit unserer Augen ist durch die Fähigkeit zum nächtlichen Sehen extrem hoch. 

Das war auch der Grund, warum ich am Tage stets eine sehr starke Sonnenbrille benutzte. Zu viel natürliches Licht löste schnell Migräneattacken aus. Ich erklärte anderen meine ungewöhnliche Körperreaktion und das ständige Tragen  zumeist mit Epilepsie. Dann nahm keiner mehr Anstoß an den sehr dunklen Gläsern, die ich auch in geschlossenen Räumen mit Fenstern tragen musste. In solchen Angelegenheiten waren die heutigen Menschen ausgesprochen tolerant und mitfühlend. Einige hielten das dauerhafte Tragen meiner dunklen Brillen wahrscheinlich auch für eine sehr persönliche modische Exaltiertheit oder gespielte Coolness. Rapper und Discogänger zeigten sich ja ebenso. 

Bei mir zu Hause brauchte ich keine. Die Belichtung war genau an meine Bedürfnisse angepasst und ich konnte dadurch die wunderbaren farblichen Facetten der Einrichtung genießen und mich an ihrer Ästhetik erfreuen. Die Kontraste erschienen mir durch meine besonderen Sehfähigkeiten scharf und brillant. 

Das Zusammenspiel des opulenten Möbeldesigns mit der anderen Wohnzimmereinrichtung löste ein Gefühl der Behaglichkeit in mir aus. Diesen Raum mochte ich traditionell, gediegen, recht opulent und gleichzeitig gemütlich. Deswegen war er verschwenderisch mit Samt, Vorhängen, Kristallen und Gemälden, eben in typisch russischer Adelsmanier, ausgestattet. Ich hatte ihn zum Hauptraum meiner Wohnung auserkoren, der mich an den Luxus meiner Kindheitstage als Tochter des letzten Zaren erinnern sollte.

Wenn nur nicht immer diese verborgene und eisige Einsamkeit mir jeden Genuss trüben würde! Gleich einer Depression legte sie ihre Schatten über alle meine Freuden. Nur geteilt sind Freuden von Wert. Das weiß jeder Einsame zu genau. Ein Fehlen von Liebe löst diese seelischen Schmerzen aus. Wer mag schon Vampire wirklich?

Meine schwarzen Möpse halfen mir, diesen unglückseligen Zustand besser zu ertragen. Beide ließen die Totenstille, die sich um mich herum und in mir befand, etwas lebendiger erscheinen.

Wenjera und Aurora umliefen aufgeregt meine Füße und wedelten auch heute eifrig, fast wild mit ihren kurzen Schwänzen. Da ich mich eigentlich für ihre Verhältnisse recht schnell bewegte, musste ich stets aufpassen, dass ich nicht auf ihre kleinen Pfötchen trat. Das war schon sehr oft geschehen und ließ sie vorsichtig sein.

Wenjera wirkte etwas zierlicher, hatte dafür aber ausgeprägtere Falten als ihre Schwester. Sie war aufgeweckter, zuweilen sogar frech. Diese unruhige Lebendigkeit schätzte ich besonders.

Ihre großen runden Augen schauten mich neugierig an. Die beiden Schwestern hatte ich für eine relativ hohe Summe erworben, da ihr Schwarz von keiner Rötung getrübt wurde. So etwas gab es äußerst selten. Zumeist wird die Reinheit der Farbe bei dieser Rasse durch eine unterschwellige Einfärbung befleckt. 

Meine Hände waren kalt. Es wurde darum Zeit, sich zu stärken. Trank ich zu wenig Blut, kühlte sich als Erstes die Oberfläche der Haut ab, dann kroch die Kälte tiefer und tiefer und lähmte mich immer mehr. Sehr alte Menschen und Sterbende kennen dieses Gefühl.

Ich öffnete die Tür, welche hinter meinen Kleidern  verborgen war. Der Schrank hatte keine Rückwand. Das war von außerhalb des Möbelstückes und sogar bei einer Öffnung der Schiebetür durch die darin hängende Garderobe nicht zu sehen. Der Eingang zu dem geheimen Raum war durch diese geschickte Anordnung noch schwerer zu entdecken. 

Das hier versteckte Mädchen zappelte. Sie war erwacht. Ihr ganzer Körper zitterte, wie der von Kranken unmittelbar vor einer Operation oder vor dem Tod. Kot und Urin liefen an ihrem nackten Bein herunter und tropften auf die Duschwanne. Mit dem Schlauch spülte ich diesen Unrat in den großzügig dimensionierten Abfluss und reinigte auch in aller Ruhe ihre Beine. Ich entfernte den Klebestreifen von ihrem Mund. Sie schrie sofort.

„Du brauchst nicht zu schreien, es hört dich niemand!“, beschwichtigte ich sie.

Ich legte das Katheder-Set zurecht, um sie damit zu entleeren.

„Werde ich sterben?“ 

Sie schien verblüfft.

„Ja, aber noch nicht heute.“

„Warum?“

„Du hast es verdient!“

„Ich bin unschuldig“, jammerte sie. „Das Gericht hat mich freigesprochen.“

Ich lachte auf.

„Genau das ist dein Problem. Du hast dort gelogen.“ Mich konnte niemand täuschen. Meine Nase war unerbittlich.

„Ich bin doch unschuldig“, wimmerte sie auf der unseligen Lüge beharrend. 

Ich stach die Spitze  gekonnt in die Vene und befestigte den Schlauch mit einem Klebestreifen. Das Blut aus den Arterien schmeckte zwar durch den höheren Sauerstoffgehalt prickelnder, aber oft kam es bei Kathedern darin zu Unfällen. Der Blutdruck war anfangs zu hoch, da er nicht durch Klappen gebremst wurde. Das war gefährlich, wenn ich längere Zeit nicht vor Ort war. Deswegen begnügte ich mich zumeist mit dem etwas bitteren Saft aus den Venen. 

Sauerstoffreiches Blut führte zudem schnell zu einem Rausch oder zu Halluzinationen, wenn man zu viel davon genoss. Es wirkte auf Vampire wie Champagner bei Menschen. Man musste da vorsichtig sein.

„Warum tust du das?“, hakte das Mädchen nach. Ihr Zittern war etwas geringer geworden. 

Ich schwieg.

„Wenn ich die Wahrheit sage, wirst du mich dann am Leben lassen?“ Ihre bittenden großen Augen sahen mich.

Dieses Spiel mit der Hoffnung gefiel mir. Es gab dem Blut eine besonders blumige Note. 

„Erzähle!“, forderte ich sie ermutigend. 

Sie sah darin eine Chance.

„Ich war es!“, murmelte sie recht leise, als schäme sie sich.

Ich füllte ein wenig Blut in das Glas und kostete von dem Saft. Das Opfer sah mich erstaunt an.

„Du trinkst das?“

„Erzähl die Details. Ich gebe dir zwei Minuten.“

„Er war reich und ich war arm. Dafür hasste ich ihn. Es war ganz einfach. Ich mischte ein spezielles Gift in sein Getränk. Er starb, während er mich fickte. Dann stahl ich sein Geld. Ein guter Freund bestätigte mein Alibi. Wirst du mich nun freilassen?“ 

Das war keine Reue, sondern nur Worte, um sich zu retten.

Ich füllte das Glas bis oben. Das gesunde Blut spritzte unter dem Schlag des Herzens mit hohem Druck heraus. Die junge Mörderin beobachtete den Vorgang neugierig. Sie wartete höflich auf meine Antwort und wollte mich durch das zuvorkommende Benehmen günstig stimmen. Ihre Körper war sehr schön, sie hatte große volle Brüste und ästhetisch geformte Hände und Füße. Dieses Äußere stand im Gegensatz zur Boshaftigkeit ihres Charakters. Auf diese Weise ähnelten wir uns sogar. Sollte ich sie verschonen? Nachdenklich, ohne ihr eine Antwort zu geben, griff ich zum Klebestreifen.

„Ich sag das auch vor Gericht!“, stammelte sie noch, bevor das nicht mehr möglich war.

Meine Hand tätschelte zärtlich ihre Wange. Das war alles zu spät. Ihre bösen Taten führten nun zu diesem Ergebnis. Das Karma hatte sich bereits entfaltet. Mein Schwur zwang mich zu meinem Handeln. Ich war die Rache für ihre Missetaten.

Die schalldichte Tür verriegelte sich automatisch hinter mir. ...

Drei Tage später: Ein vertrauter Geruch wehte mir beim Öffnen durch die Tür meiner besonderen Speisekammer entgegen. Ich wusste, was er bedeutete. Mein Opfer hatte nicht durchgehalten und war verstorben. 

Es war ein trauriger Anblick. Wie doch der Tod einen Menschen veränderte. Kraftlos hing der Kopf des achtzehnjährigen Mädchens herab. Ihre blonden Haare wirkten glanzlos und spröde, die ehemals vollen Brüste erschlafft. Mit einem unzufriedenen Seufzer nahm ich die Tote von den beiden Haken ab, die unter ihren nach hinten gebundenen Armen herausragten und mir als Aufhängung für lebenden Blutvorrat dienten. 

Meine ausgeglichene Stimmung kippte um. Diese plötzlichen Schwankungen hatten in den letzten Jahren zugenommen. Die Gefahr wuchs stetig, dass meinem Willen die Kontrolle über die Bestie in mir verloren ging. Lange Zeit hatte ich solche ungebärdigen Wutanfälle gut beherrscht, aber sie häuften sich neuerdings wieder und drohten sich ziellos gegen jeden zu wenden. Mein Inneres verdunkelte sich offensichtlich immer mehr. Das war eine unangenehme Folge vom Trinken des vielen sündigen Blutes und des Mangels an Liebe und Zuneigung.

Ich setzte mich auf den Fliesenboden und atmete zur Beruhigung langsam tief ein und aus. Wieder und wieder machte ich tiefe, kontrollierte Atemzüge, um mein Inneres zu disziplinieren. Mit aller Kraft versuchte ich diesen jähzornigen Geist, der den klaren Verstand bedrohte, zu beherrschen. 

Zu Beginn der Verwandlung hatte ich geschworen, nur diejenigen zu töten, welche durch ihre eigenen Handlungen das Recht auf ein Leben unter den Menschen verwirkt hatten und eine Gefahr andere darstellten. Es war sinnvoll sie auszutilgen. Wer selbst tötete, hatte den Tod verdient. Mein Handeln sollte sich nie gegen andere richten.

Ausschließlich darauf gründete sich meine moralische Existenzberechtigung in dieser Welt. Sie wäre verwirkt, wenn ich die Blutgier an Unschuldigen ausließe. Mit fast schon wahnsinnigem Willen zwang ich die böse Aggression nieder. Diese loderte jedoch wie ein sprudelnder Geysir immer wieder hoch und trieb mir sogar Blut in die Augen. 

Am liebsten hätte ich in diesem Augenblick die zu früh gestorbene Hexe zerfetzt und gleichzeitig die neugierig umher trippelnden Hunde gegen die Wand geschmettert. 

In solchen Momenten rief ich mir das Bild meines Vaters oder das von Ljoschka in Erinnerung – so nannten wir Geschwister unseren kleinen Bruder. Der Gedanke an die, welche ich als Mensch einst liebte, half etwas, die Kontrolle wieder zu gewinnen.

Trotzdem schubste ich die aufdringliche Wenjera grob beiseite und knurrte. Die erschrockene Hündin schaute mich verblüfft an und hielt furchtsam zitternd Abstand. 

Leider hatte jedoch schon einmal in der Vergangenheit die Bestie die Herrschaft ganz übernommen. Dadurch war ich nicht mehr nur die Rächerin der Guten, sondern inzwischen auch zu einer Gehilfin des Bösen geworden. Die Grenzen zwischen Gut und Böse sind wie ein Fluss. Manchmal trocknet dieser sogar ganz aus. Ein eisiger Schauer und Scham erfassten meinen kühlen Körper bei der Erinnerung daran.

Es war wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis das Monster in mir nicht mehr durch Verstand und Willen zu beherrschen war. Gab es überhaupt einen Weg zurück zur Menschlichkeit? 

Aus der Brust des jungen Mädchens hing traurig der dicke Katheder heraus, den ich in die Vena Cava Superior gesteckt hatte. 

Der hohe Blutverlust der letzten Tage war für den zierlichen Körper des Mädchens offensichtlich zu hoch gewesen. Sie hatte den Verlust des Leben sichernden Herzsaftes nicht schnell genug ausgleichen können. 

In der Regel trank ich so, dass die Opfer einige Tage durchhielten. Der Flüssigkeitsverlust wurde dabei durch Kochsalzlösung über die Armvenen ausgeglichen. Leider litt der Geschmack auch unter der Verdünnung. Hunger und die Anstrengung der Blutbildung zehrten die dem Tode geweihten jedoch am Ende immer aus. Zuweilen verlängerte ich ihre Pein, indem ich sie durch einige Tropfen aus meinen Adern wieder stärkte.

Nun gut, der Leichnam musste jetzt entsorgt werden. Aus der Haut würde ich für die Hunde zuvor noch ein paar Knabbersticks trocknen. Diese besondere Spezialität mochten die Süßen ganz besonders. 

Ich legte das Mädchen auf eine ausreichend große Plastikunterlage und holte ein geeignetes Messer herbei, um einige größere Stücke  abzuhäuten sowie in Streifen zu schneiden.

Anschließend würde ich sie wie Apfelchips mit Hilfe des Automatikprogrammes im Backofen zubereiten und mit einer Schere in handliche Stücke zerschneiden. Die heutige moderne Technik erleichterte auch das Leben eines Vampirs. 

Das Vampirleben ist nicht so romantisch wie die gewöhnlichen Menschen denken. Sie träumen zwar gern vom ewigen Leben, übersehen dabei jedoch das Morden und die widerliche Drecksarbeit, welche in der Zwischenzeit zu leisten ist. War das Selbstmitleid? Ich lachte zynisch auf.

Wenjera und Aurora folgten mir in aufgeregter Vorfreude. Sie wussten aus Erfahrung, was jetzt kam. Aurora zerrte  bereits vergnügt am heraushängenden Katheder. Ihre Spielgefährtin begann derweil schon einmal ein Ohr anzuknabbern. Ich riss dieses mit einem kräftigen Ruck ab und warf es in die Luft. 

„Spring!“, befahl ich kurz.

Geschickt tat sie es. Noch bevor der Leckerbissen zu Boden fiel, packte sie zu und verzog sich mit dem Schatz in eine Ecke. 

Da ihre Schwester nun traurig schaute, tröstete ich sie mit dem anderen. Beide machten sich vergnüglich an dem halbfrischen Knabberspaß zu schaffen. Ab und an knackten die Knorpel beim Kauen.

Das Mädchen entsorgte ich gewohnt routiniert. Ich mochte diesen unangenehmen Teil nicht, aber er gehörte wie Abwasch nach einem ausgiebigen Essen nun einmal dazu. 

Der für diesen Zweck eigens abgedichtete übergroße Koffer,  Zerkleinerungswerkzeuge, mein Auto und ein etwa eine halbe Stunde entfernter Futterplatz für Wildschweine leisteten mir dabei die notwendige Hilfe. Wölfe und Hyänen gab es leider nicht in den Wäldern der Umgebung. Berlin war nicht Russland.

Zusammen mit einigen Rehen lebten die nützlichen Allesfresser in einem größeren Gatter und wurden dort als Wildschlachtvieh gehalten. Ich hatte mir inzwischen einen Nachschlüssel für das Eingangstor nachgemacht. Da die Einzäunung mitten im Wald lag, störte mich um diese späte Stunde niemand.

Die schmutzigen Helfer waren zumeist sehr hungrig und bereits an meine Fütterungen mit dem menschlichen Abfall gewohnt. Wie zutreffend doch dieses Wortspiel war. 

Die wiederkehrende Abwechslung im Speiseplan gefiel den Schweinen offensichtlich, da sie mir schon aus der Ferne entgegen grunzten und aufgeregt zusammenliefen. 

„Na, freut ihr euch schon?“, begrüßte ich meine hungrigen Helfer und verteilte das erste blutige Futter. Sofort stritten sie wütend um die besten Stücke. Mit dem vorsorglich mitgebrachten Hammer schlug ich die größeren Knochen auf einem Stein zu rötlich gelbem Mus. Meine Vampirkraft war hier von Nutzen. Aufgeregt leckten sich die Tiere ihre blutigen Schnauzen gegenseitig ab und äugten nach weiteren Spezialitäten. Sie waren beim Fressen sehr gründlich und leisteten mit ihren kräftigen Kiefern die notwendige Arbeit. 

Zufrieden ging ich davon. Im Koffer klapperten die Werkzeuge. Wer würde das nächste Futter sein? Diesmal sollte es ein männlicher Bösewicht sein. Gerechtigkeit musste herrschen. Man redete doch heute in den Journalen und der Gesellschaft so viel von Geschlechtergerechtigkeit und gleichen Chancen.

Berliner Nächte

Berlin war eine sehr bunte und lebendige Stadt, welche ganz meinem gegenwärtigen Geschmack entsprach. In den letzten Jahren war viel gebaut worden. Das Zentrum verströmte trotz seiner großflächigen Zergliederung inzwischen durch seine Prachtbauten ein weltmännisch offenes Flair. Gigantische Investitionen waren nach Berlin Mitte geflossen und bereicherten die zwielichtige Baulobby. Das neueste Milliardengrab war der neue Airport. Seine kostspielige Eröffnung verschob sich Jahr um Jahr. 

Inzwischen lebte ich seit mehr als einem Jahr in dieser quirligen Metropole und arbeitete verborgen für die international renommierte Detektei Barnes & Gobler. Für mich war das übliche Durcheinander, die nur schwer zu durchschauenden Strukturen und das Gemisch der Kulturen eine gute Basis, um nicht aufzufallen.

Deutschland war noch immer eines der modernsten und freiesten Länder in der Welt.  Daran hatte sich seit dem letzten Besuch nichts geändert. 

Schon vor einhundert Jahren, als ich zusammen mit unserer Familie erstmals hierher kam, erschien mir alles außergewöhnlich technisiert und ordentlich. Russland war da ganz anders und bildete geradezu den Gegensatz ab.

Inzwischen gab es jedoch auffällig viele Arme und andererseits eine große Schar wohlhabender Menschen. Gewalt und Verbrechen hatten deutlich zugenommen. Einheimische und Zugewanderte standen sich immer kritischer gegenüber, auch wenn nach außen von den neoliberalen Eliten das Gegenteil behauptet wurde. Die gewöhnlichen Menschen sahen immer mehr das Trennende und übersahen das Verbindende. Die Berliner wirkten unzufriedener. Alle warteten auf Lösungen und wussten nicht auf welche. Das Land näherte sich unweigerlich amerikanischen Verhältnissen an und würde in fünfzig Jahren ein ganz anderes sein. Den Deutschen wurde eingeredet, dass sie an allem die Schuld trügen und viele streuten sich einsichtswillig die Asche auf ihre Häupter. Letztlich mussten sie für alles bezahlen und nochmals bezahlen. Deswegen blieb der Großteil der Bevölkerung arm oder verarmte. Doch sie waren weniger mehr oder weniger Schuld als andere Völker. Politiker treiben aus eigenen Interessen Menschen in die Kriege.

Ähnlich schleichend hatte der Wandel bei uns begonnen. Unsere gebildeten Demokraten zeigten zu Beginn Verständnis für diejenigen, die unser System ablehnten. Diese hatten das jedoch in ihr Kalkül einbezogen.

Das Erleben solcher Wandlungen sind ein Bestandteil des immer größer werdenden Schmerzes der Einsamkeit, den ein Vampir spürt. Ein sehr langes oder gar unendliches Leben hat mehr Probleme, als man gemeinhin glaubt, da sich alles unablässig verändert und die Bekannten altern und sterblich sind.

Mama war sogar auf deutschem Boden geboren worden und wir hatten vor dem ersten Weltkrieg unsere zahlreichen Verwandten besucht. Unsere Mutter bestand akribisch darauf, dass wir Kinder alle Deutsch lernten. Der verbliebene Akzent verdeutlichte aber, dass ich im Kern immer noch Russin war. Mein Drang nach Ordnung und Planung musste jedoch vom deutschen Teil in mir stammen. 

Es gab im heutigen Berlin zwar auch viele Menschen guter Gesinnung, aber überall roch ich Hass, Gier und Bosheit. Selbstsucht und Egoismus uferten immer weiter aus und hatten die Menschen verdorben. Somit gab es genug Abwechslung, böses Blut und Arbeit für mich. Der kleine Aderlass blieb in der pulsierenden Millionenschar ohne Bedeutung. Ich fiel nicht auf und tat alles, damit es so blieb.

Die Detektei war mit meiner bisherigen Arbeit zufrieden und ließ mich deshalb ausschließlich sehr spezielle Aufträge verrichten. Begann erst einmal die Jagd, waren ein Ergebnis und mein Erfolg nur eine Frage der Zeit. Da ich alles ohne die heute übliche Hektik leistete und auch nicht durch eine hohe Zahl von gelösten Fällen Aufsehen erregen wollte, lehnte ich Aufträge ab, die nicht in dieses Schema passten. 

Ich befand mich gerade jagend im frühnächtlichen Nikolaiviertel, das im Moment bei einer bestimmten, vergnügungssüchtigen Gesellschaftsschicht angesagt war. Einige Aufsehen erregende Eröffnungen mit entsprechender medialer Bewerbung hatten dazu beigetragen. 

Man traf hier sowohl Politiker, Ärzte, Anwälte, Zuhälter, Bankiers, Vorstände und diverse verborgene Kriminelle anderer Couleur als auch deren jeweilige Begleitung. Viele gut aussehende Frauen und um Männer buhlende Jungen versuchten dies für ihre eigenen Zwecke zu nutzen. Mein letztes Opfer, das Mädchen,  hatte ich aus einem anderen Stadtteil erwählt. Man hatte ihr Verschwinden bisher nicht einmal bemerkt oder glaubte, sie reise irgendwo in der Welt herum. Eine kurze Mitteilung auf dem Anrufbeantworter ihres Komplizen ließ diesen Eindruck entstehen. Das war der Grund, warum ich ihn verschonte. Er diente vorerst als Alibi.

Es wurde Zeit, dass ich mich auf die Suche nach einem neuen Opfer machte. Mein Bluthunger war inzwischen angewachsen. Diese Gier würde von Tag zu Tag größer werden und mehr und mehr die Kontrolle über mich gewinnen. Ich musste rechtzeitig aktiv werden. Abgelagerte Konserven, die in meiner Wohnung lagerten, waren nicht mit frischem Blut zu vergleichen und nur eine Notlösung. Sie waren so etwas wie Büchsenessen für uns Blutsauger. Wer liebt nicht frisch zubereitetes Essen?

Dieses Viertel erinnerte mich wegen seines Namens natürlich an Vater. Er hieß Nikolaus der Zweite und war der letzte russische Zar. Nostalgie war die Nahrung für den kleinen Rest der verbliebenen Identität. Was bleibt sonst, wenn Liebe unter Leid und kaltem Hass verschlossen ist? 

Viele kleine Restaurants und Szenebars luden die Nachtschwärmer zu Vergnügungen der verschiedensten Art ein. Einige lieferten auch kleinere Varietéaufführungen, die in Berlin sehr beliebt waren. Es wimmelte darin von Transvestiten und anderen bunten Vögeln. 

Ich mochte das nicht unbedingt. Meinem russischen Teil erschienen diese Verkleidungen oberflächlich und geradezu lächerlich. Als Frauen geschminkte und sich so gebende Männer erweckten in mir mehr Ekel und Abscheu. Da auch ich leider nicht dem Plan der Natur entsprach, zwang ich mich jedoch zur Toleranz und schaute einfach weg. 

In der Nähe des Viertels gab es einige bekannte Opern und Theater, die ihr vergnügungssüchtiges Publikum nach den Veranstaltungen für weitere Abwechslungen ausspie. 

Mir fiel eine kleine Gruppe nobel gekleideter, von eigener Wichtigkeit aufgeblasener Männer ins Auge. Sie schritten mir leichtfüßig entgegen, unterhielten sich auffällig laut über Politik als auch das Weltgeschehen und versuchten durch gespielte Selbstsicherheit als bedeutsame Personen aufzutreten. Es dürfte sich um Anwälte handeln. Ich hatte diese Spezies schon immer verabscheut. In der heutigen Zeit betrachteten Juristen sich sogar als neuen Adel, justifizierten die Welt zu ihren Gunsten und waren inzwischen mit den Politikern zu einem widerlichen Teig vergoren.

Deren üblicher Gestank von Überheblichkeit wehte mir nun entgegen. Wie das Toilettenpapier nach großem Stuhlgang waren ihre Persönlichkeiten, ihr Denken und Fühlen mit den Exkrementen ihrer jeweiligen Fälle beschmutzt. Man konnte diese Verunreinigung natürlich niemals gänzlich entfernen. Ihre goldenen Armbanduhren, edlen kalbsledernen Schuhe und Mäntel bekannter Modemarken, ihre auffälligen Brillen und dicken Geldbörsen verliehen ihnen den äußerlichen Schein von Seriosität. Gewöhnliche Narren fielen sogar darauf herein. Meine geschulte Nase konnten sie aber nicht täuschen. 

Immer wieder sprach die kleine Gruppe vorbeigehende Frauen unverfroren an. Einige von diesen fühlten sich durch das oberflächliche Gehabe sogar geschmeichelt. 

Besonders interessierte mich ein Mann in dieser verkommenen Horde. Der intensive, bittere Geruch seines verdorbenen Blutes schuf die notwendige Verbindung zwischen uns. 

Plötzlich lief eine schwarze Katze vor der Gruppe über die Straße. 

„Das bringt Unglück!“, rief eine Frau erschrocken und bekreuzigte sich.

Mein Opfer lachte in seiner Dummheit über sie. Er war jedoch bereits auserwählt. Das böse Omen galt ihm.

„He, schöne Frau! Lust auf einen Champagner mit freundlichen Anwälten?“, rief er mir keck zu. 

Seinen unwürdigen Berufsstand erwähnte er sogar noch in geradezu dummem Stolz. 

Ich blieb für einen ganz kurzen Moment stehen und musterte  sein Äußeres. Die anderen bemerkten dies und verlangsamten unwillkürlich ihren Schritt. Der Mann war etwa vierzig Jahre alt, trug einen exaltierten, an den Spitzen pomadisierten, nach oben gedrehten Bart und betrachtete sich als Mittelpunkt dieses lächerlichen Auflaufs. 

„Vielleicht ein anderes Mal!“, erwiderte ich freundlich und schritt an der Gruppe vorbei. Sie sollten nicht ausreichend Zeit haben, um mich wirklich wahrzunehmen. Die Antwort sollte beiläufig und bedeutungslos klingen. 

Ja, seine Bosheit war groß genug. Es gab keinen Zweifel,  er würde mein nächstes Opfer werden. Das neue Spiel begann! Ich hatte meine Witterung aufgenommen. Sein Leben war verwirkt, Blutstropfen für Blutstropfen! Meine Zunge fuhr sich genüsslich über die Lippen. Ich schluckte den sich in Vorfreude vermehrenden Speichel.

Die Männer kehrten einige Meter weiter fröhlich lachend in ein Restaurant ein. Alle waren bester Laune. Sie wollten dort wohl speisen.

Ich setzte mich in ein gegenüberliegendes Café und trank zur Erwärmung Tee mit Cognac. Alkohol wärmt Vampire geringfügig, da dadurch das Blut schneller fließt. Damit ich nicht auffiel, wiederholte ich die Bestellung und aß noch etwas Karottenkuchen dazu.

Es dauerte etwa eineinhalb Stunden, bis die Runde zufrieden und leicht angetrunken aus der Tür trat. Ich ließ genug Geld auf dem Tisch zurück und folgte dem Gesindel vorsichtig. Die Straße war für die späte Stunde recht belebt. Ich verhielt mich äußerst unauffällig, niemand nahm deswegen Notiz von mir.

Der vorlaute Herrenclub zog weiter und belästigte noch dreister. Die Männer hatten zu tief in das Glas geschaut und schreckten inzwischen sogar nicht einmal mehr vor der Belästigung von Paaren zurück.

Aus einer Bar erklang laute Musik.

„Lasst uns da noch ein wenig Spaß haben!“, hörte ich mein Opfer die anderen stimulieren.

Dank der außergewöhnlichen Hörfähigkeit konnte ich das Gespräch auch aus der Entfernung gut verfolgen.

„Mir reicht es!“, wiegelte einer in der Gruppe ab.

„Willst du zu deiner Frau?“, fragte ein anderer,

„Die ist doch ohnehin hässlich!“, setzte ein Anwalt aus der Schar boshaft noch eins drauf. 

Die übrigen lachten über den platten Spaß.

„Wenigstens muss ich mich nicht darum sorgen, dass sie sich scheiden lässt!“, witzelte der Bespottete zurück.

„Schon wahr. Meine hat sich schnell mit einer gefüllten Brieftasche davongemacht. Wenn ich noch einmal heirate, dann ebenfalls eine Hässliche! Die läuft wenigstens nicht mit einem anderen davon. Schönheit wird ohnehin überschätzt.“

„Ich gehe mit“, verabschiedete sich ein weiterer.

Der Anführer der Gruppe winkte enttäuscht ab und ging mit seinen zwei verbliebenen Begleitern in die Bar.

Von Innen hörte man Begrüßungsgejohle. Die Eintretenden waren hier offenbar bekannte Besucher.

Nach einigen Minuten trat ich mit gesenktem Kopf ebenfalls ein. Überwachungskameras gab es auf den ersten Blick nicht. Sie waren in diesem Viertel und besonders in Lokalen, die von prominenten Gästen aufgesucht wurden, verpönt. Zu oft hatte es Erpressungen mit anstößigen Bildmaterialien gegeben.

An der Bar waren noch Plätze frei, einige Pärchen tanzten ausgelassen und brüllten intonal die Texte aus der Musikanlage mit. Meine russische Seele hätte es gern ebenso getan.

Viele Gäste hatten deutlich zu viel Alkohol genossen. Alle waren für europäische Verhältnisse sehr gut gekleidet. Russinnen hätten aber noch etwas mehr Schminke, Haut und auffälligere Garderobe gezeigt. In Deutschland bevorzugte man eine farbdezente Mode.

Die drei Männer saßen zusammen mit mehreren Frauen in einem Lounge-Sofa und tranken genüsslich Champagner. Mein Freund zwirbelte immer wieder eitel seine pomadisierten Bartspitzen und begrapschte eine der Frauen. Die Stimmung war beschwingt, Geld spielte hier keine Rolle.

Ein älterer Mann setzte sich neben mich an die Bar.

„Darf ich Ihnen etwas spendieren?“ 

Er roch noch recht unverdorben und suchte wohl Unterhaltung oder ein Abenteuer außerhalb seiner Ehe. Der helle Kreis des abgenommenen Ringes stach auf seinem Finger deutlich hervor.

„Das tut mir leid, ich wollte gerade gehen“ , nahm ich ihm jede Hoffnung.

Noch ehe er darauf eingehen und mich weiter mustern konnte, eilte ich wieder aus dem Lokal. Niemand sollte sich später an mich erinnern.  

Unauffällig beobachtete ich nun von draußen, wie sich die Sache weiter entwickelte. Geduld gehörte zur Jagd dazu. Gelassen bummelte ich in einiger Entfernung auf einer Straßenseite entlang und kehrte dann auf der anderen zurück. Die von Kameras überwachten Stellen mied ich. Man konnte nie vorsichtig genug sein. An einem Stand trank ich zur Abwechslung einen Glühwein. Den Eingang des Lokals behielt ich stets gut im Auge.

Nach einer halben Stunde verließ einer der beiden Begleiter allein die Bar und fuhr mit einem Taxi davon.

Etwas später kam dann mein neuer Freund allein heraus. Er steckte sich mit einem Feuerzeug eine Zigarette an. Nach einer typischen Raucherpause sah es nicht aus. Der Mann hatte schon seinen Mantel an und wollte wohl nach Hause. Vielleicht wartete er auf ein bereits bestelltes Taxi. Das wäre unglücklich. 

Etwas unbeholfen zog der Anwalt sein Handy aus der Manteltasche und schaute auf das Display. 

Offensichtlich schwankte mein Opfer bei der Entscheidung, ob es wirklich einen Anruf tätigen sollte. Es ging ein paar Schritte weiter.

Jetzt war er weit genug weg von der Bar. Ich schlenderte auf das Opfer zu, als ging ich nur zufällig an ihm vorbei. Meine Schritte waren so langsam, dass der unschlüssig Stehende mich bemerken musste. Ich zog die Kapuze des Mantels herunter. So konnte er mein Antlitz sehen.

„Oh, da sind Sie ja wieder!“, stieß der Rauchende hervor. Er hatte mich erkannt. 

„Was für ein Zufall! Das dürfte Schicksal sein!“ Der Eitle witterte eine vermeintliche Chance. 

„Das könnte zwar so sein, aber ich muss weiter“, log ich, hielt jedoch für einen Moment zu lang im Schritt inne, als zögere ich.

„Es ist schon so spät, da ist es nicht gut allein unterwegs zu sein.“ Scheinbare Besorgnis lag in seiner Stimme.

Da ich meine Wirkung auf Männer kannte, dürfte das Vorgespräch genügen. Den Rest erledigte die Anziehungskraft des boshaften Blutes. Es wirkt auf Menschen wie der Lockstoff bei Insekten und erzeugte bei Männern wie Frauen eine unglaublich starke, erotisierende Wirkung. Das nutzte bei der Jagd, erschwerte aber einen normalen Umgang mit den Menschen und war eine Folge der Verwandlung zum Vampir. 

„Wissen Sie was? Ich begleite Sie“, bot der Anwalt sich großzügig an. Er war mir bereits verfallen und träumte von einem Vergnügen. Sein Geruch verriet die aufkommende Gier. 

Für einen Moment tat ich so, als müsste sein Vorschlag von mir durchdacht werden und musterte ihn von oben bis unten.

„Na gut, kommen Sie ruhig mit!“ 

Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Das Spiel nahm somit seinen üblichen Lauf.

„Ich bin aber nicht harmlos“, gab ich kokett zu bedenken. „Der Schein trügt vielleicht.“

„Das passt, ich auch nicht!“, griff er den vermeintlichen Scherz auf. 

„„Dann gehen wir doch gleich zu mir!“, machte ich das schnelle Arrangement zwischen uns beiden perfekt.

Der Anwalt lachte selbstsicher und zwirbelte an seinen geölten Bartspitzen. Die Direktheit gefiel ihm.

„Und ich dachte schon, ich müsste heute allein ins Bett!“

„Wer spricht denn von einem Bett?“, führte ich das Gespräch weiter. 

„Es sollte schon ein wenig ungestümer sein!“

„Du hast so einen reizenden Akzent und siehst noch so jung aus. Woher kommst du?“, frage er interessiert. Er schien begeistert von mir zu sein.

„Aus Russland.“

„Eine Russin! Wie schön!“ Seine Augen verdrehten sich genüsslich.

„Lass uns ein Taxi nehmen!“, schlug er vor.

Mein Opfer kannte sich hier aus und musste nicht einmal auf sein Smartphone schauen, um den nächsten Stand zu finden. Dort warteten gleich mehrere Fahrzeuge. Auch andere Besucher des Viertels machten eifrig von der Möglichkeit Gebrauch. Ich teilte dem indischen Fahrer die Adresse mit. 

Schon während der Fahrt begann mein Begleiter mich zu belästigen. Ich ließ es zu.

„Du hast aber kühle Haut!“, stellte er bei seinen Bemühungen erstaunt fest.

„Dann entfache mal das Feuer. Man muss mich  aufwärmen.“ Mein Mund flüsterte sehr leise, denn der Fahrer sollte so wenig wie möglich mitbekommen.

„Hier hast du schon mal etwas!“ Der Anwalt schob mir seine Hand kraftvoll unter mein Kleid – zwischen die Beine und zwei Finger direkt in mich hinein. Es gelang ihm durch meine Sitzposition und das intakte Jungfernhäutchen aber nicht in dem beabsichtigten Umfang.

Ich ließ es zu, veränderte die Haltung aber nicht. Er kam deswegen hier nicht weiter.

„Ich mag es richtig hart“, verriet ich  scheinbar  lustvoll stöhnend.

„Da bist du bei mir genau richtig. Ich werde dich ordentlich rannehmen!“

Das Taxi hielt. Wir waren angekommen.

Mein Opfer bezahlte großzügig.

Etwas verblüfft schaute mein Begleiter sich das Gebäude an, vor dem wir standen.

„Eine Baustelle? Was wollen wir hier?“

„Ich kann es nicht mehr erwarten! Hier ist in der Regel keiner! Schmutz zieht mich an!“, machte ich ihn gefügig und nahm ihm so das Erstaunen.