PROJECT PHOENIX (Project 16) - Alex Lukeman - E-Book
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PROJECT PHOENIX (Project 16) E-Book

Alex Lukeman

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Beschreibung

Verschollene Reliquien, mystische Schätze und geheimnisvolle Artefakte – begeben Sie sich zusammen mit der streng geheimen Regierungsorganisation PROJECT auf die weltumspannende Jagd nach den letzten Rätseln der Menschheit. Der Präsident der USA beauftragt die Direktorin von PROJECT, Elizabeth Harker, mit der Untersuchung des Zusammenstoßes eines Raketenzerstörers der US-Marine mit einem chinesischen Frachter auf hoher See. Es könnte sich um Sabotage gehandelt haben, und der Präsident möchte, dass sie der Sache auf den Grund geht. Aber der Auftrag ist nicht das, was er zu sein scheint. Harker hat einen Feind im Weißen Haus, der will, dass sie scheitert. Der Fortbestand von PROJECT steht auf dem Spiel. In den kalten Gefilden des hohen Nordens wird ein versteckter Supercomputer mit künstlicher Intelligenz von einer Geheimorganisation eingesetzt, um die Welt in den Krieg zu treiben. Computerangriffe auf der ganzen Welt führen zu einem tiefen Misstrauen zwischen China, Russland und Amerika. Als die Kriegstrommeln zu schlagen beginnen, entdeckt das Team von PROJECT eine digitale Spur, die zu demjenigen führen könnte, der versucht, eine nukleare Konfrontation auszulösen. Das macht das Team zu einer ernsthaften Bedrohung. Sie kommen der Wahrheit zu nahe, und der Mann, der hinter den Anschlägen steckt, beschließt, sie zu stoppen. Werden sie lange genug überleben, um einen Nuklearkrieg zu verhindern? ★★★★★ »Alex Lukeman schreibt mit einem sicheren Gespür für filmische Atmosphäre. Seine fesselnden Romane mit ihren griffigen Plots sind einfach absolute Hits.« - MCSFilm Review Team

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Projekt Phönix

Project – Band 16

 

Alex Lukeman

 

übersetzt von Peter Mehler

 

Copyright © 2021 by Alex Lukeman

 

Dieses Werk ist Fiktion. Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Veröffentlichung darf in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln vervielfältigt, verbreitet oder übertragen werden, außer nach vorheriger und ausdrücklicher Genehmigung des Autors. (Dieses Werk ist Fiktion.) Namen, Charaktere, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder vom Autor frei erfunden oder als fiktives Element verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen lebenden oder toten Personen ist rein zufällig.

»Die Entwicklung einer vollständigen künstlichen Intelligenz könnte das Ende der menschlichen Rasse bedeuten. Sie würde sich selbständig machen und sich selbst immer schneller entwickeln. Der Mensch, eingeschränkt durch seine langsamerer biologische Entwicklung, könnte dabei nicht mithalten und würde verdrängt werden.«

 

Stephen Hawking

 

 

»Das Tempo, mit dem die Entwicklung der künstlichen Intelligenz fortschreitet, ist unglaublich hoch. Sie haben ja keine Ahnung, wie schnell – sie wächst beinahe exponentiell. Das Risiko, dass etwas ernsthaft Gefährliches passiert, liegt in einem Zeitrahmen von fünf Jahren. Höchstens 10 Jahre.«

 

Elon Musk

 

Impressum

 

Deutsche Erstausgabe Originaltitel: PROJECT PHOENIX Copyright Gesamtausgabe © 2024 LUZIFER Verlag Cyprus Ltd. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

 

Cover: Michael Schubert Übersetzung: Peter Mehler

 

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2024) lektoriert.

 

ISBN E-Book: 978-3-95835-901-7

 

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhaltsverzeichnis
Projekt Phönix
Impressum
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Anmerkungen des Autors
Danksagungen
Über den Autor

Kapitel 1

 

Die USS Wayne fuhr mit gleichmäßigen zwanzig Knoten durch die graugrünen Gewässer des Südchinesischen Meeres. Die scharfe Kante ihres Bugs schnitt wie ein Samurai-Schwert durch das Wasser. Die Wayne war ein Raketenzerstörer der Arleigh-Burke-Klasse, eine elegante, tödliche Kriegsmaschine der See. Sie zeigte Flagge und befuhr internationale Gewässer, die von Peking beansprucht wurden. Eine Korvette der chinesischen Marine beschattete sie seit dem Morgengrauen in zwei Meilen Entfernung auf der Steuerbordseite. Bislang hatte es keine Zwischenfälle gegeben, obwohl die Wayne zahlreiche Funksprüche erhalten hatte, in denen gegen ihre Anwesenheit in »chinesischen Hoheitsgewässern« protestiert wurde.

In diesem Teil der weltweiten Seewege herrschte reges Treiben. Frachter, Fischkutter und Containerschiffe zogen an dem weiten Horizont vorbei. Die Wayne verfügte über die modernste Navigationselektronik und -anzeigen, die man mit Steuergeldern kaufen konnte. Es machte keinen Unterschied, ob sie bei dichtem Nebel oder in der Nacht fuhr – wer immer auf der Brücke stand, wusste genau, was da draußen lag. An einem Tag wie heute mit uneingeschränkter Sicht brauchte man keine Instrumente, um zu sehen, dass der Frachter vor ihnen unberechenbare Bewegungen vollzog. Ströme von Rost liefen an seinen Seiten hinunter. Das Schiff fuhr unter chinesischer Flagge.

Captain Randolph »Randy« Carpenter ließ sein Fernglas sinken. Er wandte sich an seinen XO, Commander Zachary Armstrong, der neben ihm auf der Brücke stand.

»Was glaubt dieser Idiot eigentlich, was er da tut, Zack?«

»Ich habe keine Ahnung, Skipper. Wenn er so weitermacht, wird er direkt vor uns landen.«

»Steuermann, zehn Grad nach Backbord.«

»Zehn Grad nach Backbord, aye.«

Das Schiff neigte sich leicht zur Seite, während es seinen Kurs änderte.

Armstrong betrachtete den Frachter durch sein Fernglas. »Sir, er hat den Kurs geändert. Er steuert direkt auf uns zu.«

»Steuermann, zwanzig Grad nach Backbord, volle Kraft voraus.«

»Zwanzig Grad nach Backbord, aye. Volle Kraft voraus, aye.«

Der Seemann, der am Steuerstand der Brücke stand, drehte das Steuerrad vor sich.

Der Zerstörer begann, nach Steuerbord abzudrehen.

»Verdammt, Steuermann, ich sagte Backbord.«

»Sir, das Steuer reagiert nicht.« In der Stimme des Seemanns lag ein Hauch von Panik. Er drehte an dem Steuerrad. »Sir, es spricht nicht an. Ich wurde ausgesperrt.«

Der Boden unter Kapitän Carpenters Füßen vibrierte, als die vier leistungsstarken Gasturbinen, die den Zerstörer antrieben, auf volle Geschwindigkeit hochdrehten. Die Wayne war für eine Geschwindigkeit von dreißig Knoten ausgelegt und konnte eine Wende vollziehen, die zwanzig Jahre zuvor noch unmöglich gewesen wäre. Das half aber nichts, wenn sie nicht in die richtige Richtung abdrehte. Der Frachter änderte erneut den Kurs und präsentierte dem heranjagenden Zerstörer seine Steuerbordseite. Die Wayne war nun ein tödlicher Pfeil, der auf das Herz des Schiffes vor ihr zielte.

»Kollisionsalarm auslösen«, sagte Carpenter. »Voller Stopp.«

»Voller Stopp, aye«, erwiderte der Steuermann. »Immer noch keine Reaktion, Sir.«

Das Deck dröhnte, als die Maschinen auf Flankengeschwindigkeit gingen. Ein schriller Alarmton hallte durch das gesamte Schiff. Hilflos musste Carpenter mitansehen, wie sich die Wayne auf den glücklosen Frachter zubewegte. Jetzt konnte er auch den Namen erkennen, der auf die Seite des Schiffes gemalt war.

Happy Nation.

Der Zerstörer rammte die Happy Nation mit Höchstgeschwindigkeit und bohrte sich in sie hinein wie ein Messer in Käse. Das qualvolle Geräusch von zerfetztem Metall war das Letzte, was Carpenter hörte, bevor er zu Boden geworfen und bewusstlos wurde.

Zwölf Minuten später glitt der Frachter mit dem Heck voran unter die Meeresoberfläche. Die USS Wayne war am Bug gesunken und hatte Schlagseite nach Steuerbord.

Es hatte begonnen.

 

Kapitel 2

 

Nick Carter hielten die Griffe eines Heimtrainers gepackt. Seine Beine schnellten auf und ab und vertrieben alles andere als die körperliche Bewegung aus seinen Gedanken. Drei Monate zuvor hatte eine Kugel nur knapp sein Herz verfehlt und ihm etwas über den Tod zugeflüstert. Im OP-Saal hatte er einen Herzstillstand erlitten. Er war mehrere Minuten lang tot gewesen, bevor sie ihn wiederbelebt hatten.

Es gibt nichts Besseres, als im Sterben zu liegen, um noch einmal darüber nachzudenken, was man mit seinem Leben anstellen will, dachte er.

Nick hatte eine vage Erinnerung daran, dass in diesen Minuten etwas passiert war. Er hatte mit jemandem gesprochen, aber er konnte sich nicht erinnern, mit wem oder was gesagt worden war. Woran er sich jedoch erinnerte, war ein Gefühl von völliger Ruhe und Gelassenheit; etwas, das eher selten war, wenn man beim PROJECT arbeitete.

Manchmal fragte er sich, was passiert wäre, wenn er bei den Marines geblieben wäre. Es wäre einfacher gewesen, da war er sich sicher. Aber wenn er das Angebot von Direktorin Elizabeth Harker, dem PROJECT beizutreten, nicht angenommen hätte, wäre er Selena nie begegnet und hätte sich nie wieder daran erinnert, was es bedeutete, jemand zu lieben.

Selena ging eine Reihe von Kampfsportübungen auf der Bodenmatte am anderen Ende des Raumes durch. Ihr Bauch wölbte sich gegen ihren Trainingsanzug. Sie war im vierten Monat schwanger, eine unerwartete Komplikation in ihrem gemeinsamen Leben.

Er fand, dass sie für vier Monate etwas zu dick war. Vielleicht war sie schon weiter, als sie dachten. Sie hatten heute einen Termin bei ihrem Gynäkologen für einen Ultraschall und eine allgemeine Untersuchung. Das hätten sie schon früher tun sollen, aber heute würden sie herausfinden, ob Selena einen Jungen oder ein Mädchen erwartete. Dann konnten sie damit beginnen, über Namen nachzudenken.

Er hatte viel Zeit zum Nachdenken gehabt, als er sich im Krankenhaus erholte, zu viel Zeit. Zeit, um die dunklen Gedanken zu wecken, die er sonst immer verdrängte. Es bestand immer die Möglichkeit, dass ihn die nächste Kugel nicht verfehlen würde. Dass es eine nächste Kugel geben würde, war angesichts der Arbeit, die er tat, eine Gewissheit.

Jetzt, wo er ein Kind erwartete, musste er sich zweimal überlegen, ob er weiter für Harker arbeiten wollte. Das Problem war jedoch, dass ihm nichts anderes einfiel, was er tun wollte. Er war gut in dem, was er tat. Er diente seinem Land.

Wenigstens war Selena nicht mehr in der Schusslinie. Sie gehörte zwar immer noch zum Team, aber sie ging nicht mehr mit ihnen auf Missionen.

Nick verlangsamte sein Tempo, brachte seine Beine allmählich zum Stillstand und spürte das Kribbeln in seinen Oberschenkeln und Hüften. Seine Beine waren schon fast wieder so stark wie zu dem Zeitpunkt, bevor er angeschossen worden war. Er hatte zwar noch nicht seine gesamte Oberkörperkraft zurückgewonnen, aber er war nahe dran. Es war erstaunlich, wie viel Kraft er verloren hatte, während er darauf wartete, wieder gesund zu werden. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, wurde es immer schwieriger, den Körper zu erhalten, den er gewohnt war.

Den Körper, den er zum Überleben brauchte.

Ein weiterer Grund, darüber nachzudenken, ob es nicht an der Zeit war, den Job an den Nagel zu hängen.

Noch nicht, sagte seine innere Stimme. Du hast noch ein paar Jahre Zeit.

»Klar«, sagte er laut, »noch einige Jahre.«

»Hast du etwas gesagt?«, fragte Selena.

»Ich rede nur mit mir selbst.«

»Ein gutes Gespräch?«

»Nichts Wichtiges. Ich gehe jetzt duschen.«

»Ich bin fertig. Ich komme mit.«

»In deinem Zustand? Ich bin schockiert, so ein derart schamloses Verhalten zu sehen.«

»Was ist denn schamlos daran, zu duschen? Ich bin ganz verschwitzt. Außerdem musst du mir den Rücken einseifen.«

»Was ist, wenn dein Mann uns erwischt?«

»Ich hoffe irgendwie, dass er das tut«, antwortete Selena.

»Siehst du? Schamloses Verhalten.«

Später, als sie sich umzogen, ertönte die Stimme von Elizabeth Harker über die Sprechanlage.

»Nick, Selena, könnten Sie Ihr Training beenden und nach oben kommen?«

»Wir sind hier fertig, Direktorin«, sagte Nick. »Wir sind auf dem Weg.«

Selena fuhr sich mit einem Handtuch über die Haare. »Irgendetwas ist da los. Sie hat diesen Ton in der Stimme.«

»Welchen Ton?«

»Es ist nicht leicht, es zu beschreiben. Es ist eine Art Anspannung, eine innere Härte. Ich habe gelernt, auf so etwas zu achten, als ich verschiedene Sprachen studierte. Es zeigt sich, wenn sie eine Mission vor sich hat, bei der die Dinge kompliziert werden könnten.«

»Die Dinge werden immer kompliziert«, sagte Nick.

 

Kapitel 3

 

Sie stiegen eine Wendeltreppe zum Büro von Elizabeth Harker im Erdgeschoss hinauf. Das Hauptquartier des PROJECTs sah aus wie ein Landhaus in Virginia, aber es war nicht das, was es zu sein schien. Niemand kam ohne Schlüsselkarte und Netzhautscan hinein. Kameras zeichneten alles auf, was sich dem Gebäude im Umkreis von hundert Metern näherte. Einem geübten Beobachter wäre vielleicht aufgefallen, dass das Glas an den Fenstern ungewöhnlich dick zu sein schien. Nichts außer einer Panzerfaust konnte dieses Glas durchdringen.

Gegenüber dem Haus befand sich ein großes, hellbraun gestrichenes Stahlgebäude, wie man es auf Bauernhöfen fand, und das gewöhnlich zur Lagerung von Geräten oder zur Unterbringung von Pferden diente. In dem Gebäude befanden sich jedoch keine Traktoren oder Pferde, sondern ein computergesteuerter Stadtkampf-Parcours, der so konfiguriert werden konnte, dass er von einem Dorf bis zu einer Großstadt alles nachahmte.

Nicht weit von dem Haus entfernt befand sich ein Hubschrauberlandeplatz. Das war in den wohlhabenden Vororten in Pendlerdistanz zu Washington nicht ungewöhnlich, der hohe Zaun mit Stacheldraht, der das Grundstück umgab, hingegen schon, zusammen mit den bewaffneten Wachen und dem Pförtnerhaus am Eingang.

Das Büro von Elizabeth Harker war groß und gemütlich. Ein langes, braunes Ledersofa stand gegenüber ihrem Schreibtisch, unter einer Reihe von Uhren, die die Uhrzeiten von Städten in aller Welt anzeigten. An der Wand hinter dem Schreibtisch war ein Flachbildschirm angebracht. An der Wand rechts neben dem Schreibtisch befand sich eine Kaffeestation mit einer neuen Keurig-Kaffeemaschine und einer normalen Brühgruppe. Die kugelsicheren Glasschiebetüren gaben den Blick auf eine hübsche Terrasse frei, die von gepflegten Blumenbeeten gesäumt war, die gerade in der Frühlingssonne blühten.

Eine riesige orangefarbene Katze lag auf der Couch und schnarchte laut. Ein rasierter Fellfleck auf seinem Bauch, zusammen mit einer frischen Narbe und Stiche, markierten eine Stelle, wo ein Klumpen aus verfilzten Haaren in der Größe eines Baseballs vom örtlichen Tierarzt aus dem Darm entfernt worden war.

»Versuchen Sie, ihn nicht zu wecken«, mahnte Elizabeth. »Burps erholt sich immer noch von seinem Abenteuer mit dem Tierarzt und ist ein wenig mürrisch. Sehen Sie es als eine gute Übung für die Geburt des Babys an.«

»Mmm,« murmelte Nick.

Elizabeth war eine kleine Frau, kaum größer als einen Meter sechzig, wenn sie Absätze trug. Was ihr an Körpergröße fehlte, machte sie durch Intelligenz und Intensität wett. Normalerweise kleidete sie sich in Kombinationen aus Schwarz und Weiß. Heute hatte sie einen dunkelgrünen Geschäftsanzug und eine blassgrüne Seidenbluse gewählt. Sie besaß milchweiße Haut, kleine Ohren, tiefschwarzes Haar mit ein paar Silbersträhnen und smaragdgrüne Augen, die einen mit der Schärfe eines Lasers durchbohren konnten, wenn sie wütend war.

Nick fand, dass sie in dem grünen Outfit wie eine Waldelfe aussah. Alles, was dafür noch fehlte, war eine grüne Schirmmütze. Doch er behielt seine Gedanken für sich.

Nick und Selena setzten sich auf die Couch, abseits der Katze.

»Wir haben ein Problem«, begann Elizabeth.

»Was ist es denn diesmal?«, fragte Nick.

»Einer unserer Raketenzerstörer ist im Südchinesischen Meer mit einem chinesischen Frachter zusammengestoßen. Wir sind gebeten worden, das zu untersuchen.«

»Verluste?«

»Ja. Die genaue Zahl ist noch nicht bekannt. Das chinesische Schiff ist innerhalb von Minuten gesunken. Ich bin nicht sicher, wie viele überlebt haben. Die USS Wayne befindet sich noch über Wasser, aber es dringt Wasser ein und sie wird sich nicht mehr lange halten können. Eine chinesische Korvette hat sie beschattet. Sie ist vor Ort und bietet Hilfe an. Schiffe und Flugzeuge der Siebten Flotte sind auf dem Weg in das Gebiet.«

»Das ist ja furchtbar«, sagte Selena.

»Was ist passiert?«, fragte Nick.

»Alles, was wir wissen, ist, dass die Wayne das chinesische Schiff mit hoher Geschwindigkeit gerammt hat. Es gibt einen geostationären Satelliten über dem Südchinesischen Meer und wir haben Videoaufnahmen. Sie zeigen erratische Bewegungen des chinesischen Schiffes. Es sieht so aus, als hätte die Wayne schon frühzeitig den Kurs geändert, um eine Kollision zu vermeiden, doch dann kreuzte das chinesische Schiff genau in ihren Weg, und die Wayne änderte erneut ihren Kurs, um ihr entgegenzukommen. Es gab keine weiteren Ausweichmanöver der Wayne. Sie erlitt massiven Schaden und hätte das chinesische Schiff fast in zwei Hälften durchtrennt.«

»Was geht uns das an? Das ist Sache der Marine.«

»Die Wayne fuhr nicht nur unter Flagge. Sie war Teil eines geheimen DARPA-Projekts.«

»Oh, Mann«, sagte Nick. »Die Schwarzmagier-Jungs.«

Die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) war die Versuchsanstalt des Pentagons. Sie hatte ihre Hände überall im Spiel, von Laserkanonen bis zu fliegenden Untertassen und entwickelten Waffen, die direkt aus der Science-Fiction zu stammen schienen. Einige dieser Projekte waren erfolgreich, andere nicht. Niemand wusste genau, wie viele Milliarden die DARPA für die Forschung ausgab. Das meiste von dem, was sie taten, blieb unter einem Deckmantel verborgen, der schwärzer als die Robe von Darth Vader war.

»Handelte es sich um einen Geräteausfall?«, fragte Selena. »Menschliches Versagen?«

»Die DARPA ließ die Wayne in Echtzeit überwacht. Vor der Kollision wurde sie von einer verschlüsselten Hochgeschwindigkeitsübertragung getroffen. Das könnte etwas mit dem Navigationssystem gemacht haben.«

»Sabotage«, sagte Nick.

»Ausgeklügelte Sabotage.«

»Was hatte die DARPA vor?«

»Sie haben Smart-Minen ins Meer geworfen.«

»Was sind Smart-Minen?«

»Sie sinken auf eine bestimmte Tiefe und warten auf einen Aktivierungsbefehl. Sie sind darauf programmiert, im Kriegsfall feindliche Schiffe aufzuspüren und zu zerstören.«

»Ich glaube nicht, dass die Chinesen das gut finden werden, wenn sie davon erfahren«, erklärte Nick.

»Was mit der Wayne passiert ist, klingt wie ein Fall für die NSA oder Langley«, sagte Selena. »Oder beide.«

»Ich stimme Ihnen zu, aber die Sache wurde uns übertragen.« Elizabeth hielt inne. »Ich glaube, es ist eine Falle. Man will, dass wir scheitern.«

»Wie meinen Sie das?«

»Seit dem Amtsantritt von Corrigan haben sich die Dinge verändert. Es gibt unschöne Anzeichen, politisch gesehen. Es wird immer schwieriger für mich, zu ihm durchzudringen. Seine Stabschefin ist ein gutes Beispiel für jemanden, der Macht erlangt hat und nun beginnt, sein Gewicht in die Waagschale zu werfen, einfach, weil sie es kann. Sie wirkt auf mich wie eine boshafte und ehrgeizige Frau, und sie mag mich nicht. Sie hält sich für klüger, als sie ist, und sie hat viel zu viel Einfluss auf Corrigan. Das mag sich ändern, wenn er eine Weile im Amt ist, aber im Moment hört er auf sie. Sie sieht in uns eine politische Belastung und will uns dicht machen.«

»Bissig und ehrgeizig ist keine gute Kombination«, sagte Selena.

»Trotzdem ist es unsere Aufgabe, herauszufinden, was passiert ist. Das ist unsere beste Chance, sie zu stoppen und im Geschäft zu bleiben.«

»Was, wenn es wirklich ein Unfall war?«, fragte Selena.

»Genau das ist es, was wir herausfinden müssen. Wenn es ein Unfall war, können alle weitermachen. Wenn es aber kein Unfall war …« Elizabeth ließ den Satz unvollendet.

»Wie geht es weiter?«, erkundigte sich Nick.

»Wir müssen mehr über die Übertragung an die Wayne herausfinden. Ich werde Stephanie darauf ansetzen. Vielleicht kann sie herausfinden, woher sie stammt und ob sie etwas mit der Kollision zu tun hatte.«

»Das klingt weit hergeholt«, sagte Nick.

»Das mag sein, aber es ist ein Anfang.«

»Und wenn sie herausfinden kann, woher die Übertragung kam?«

»Dann werde ich das Team entsenden, um etwas dagegen zu unternehmen.«

 

Kapitel 4

 

Der IQ von Marvin Edson lag bei etwas über hundertachtzig, aber in dieser Höhe war es schwer, ihn genau zu bestimmen. In der Schule war er schikaniert und als Freak bezeichnet worden. Da war es auch nicht sonderlich hilfreich gewesen, dass er dünn und schlaksig und sein Gesicht ständig von Akne bedeckt gewesen war. Seine Lehrer hielten ihn für zu klug und ignorierten die Quälereien, die ihm seine Mitschüler antaten. Nachts lag er im Bett, schäumte vor Wut und dachte an Rache.

Edson fand Wege, seine Wut auszudrücken. Seine Eltern erkannten nie, was er tat. Sie fanden es einfach nur seltsam, dass seine Haustiere immer wieder starben oder wegliefen. Verschwanden.

Edson baute seinen ersten Computer, als er elf Jahre alt war. Den Highschool-Abschluss machte er mit zwölf Jahren. Im selben Jahr verschwand auch die kleine Sally Anderson, das sechsjährige Mädchen, das neben den Edsons wohnte. Ein paar Leute hatten den seltsamen kleinen Jungen von nebenan im Verdacht, aber es kam nichts dabei heraus.

Mit vierzehn war Edson bereits in einem Kurs für fortgeschrittene Computertechnik am MIT eingeschrieben. Wenn er nicht gerade studierte, verbrachte er seine Zeit im Dark Web und der Welt der Hacker. Sein Pseudonym war Dragon’s Breath. Als es ihm gelang, in die gesicherten Server der CIA einzubrechen, war sein Ruf in der Hackergemeinschaft damit gefestigt worden.

Mit siebzehn schloss er das MIT mit Auszeichnung ab und wurde von einem Tech-Giganten im Silicon Valley angeworben. Sie gaben ihm ein Büro, ein sechsstelliges Gehalt und eine Eigentumswohnung. Dann stellten sie ihn ihrem Entwicklungsteam vor.

Edson hatte die in der realen Welt erforderlichen sozialen Fähigkeiten nie gelernt. Er machte sich nicht die Mühe, seine Frustration zu verbergen, wenn seine Teamkollegen nicht in der Lage waren, komplexe Konzepte und Ideen zu verstehen, die für ihn ganz offensichtlich waren. In dem Unternehmen, in dem er arbeitete, war das Schlimmste, was man über einen anderen Mitarbeiter sagen konnte, dass er kein »Teamplayer« war. Und es gab eine Menge Leute, die das über Marvin sagten.

Nach einem Jahr versuchte das Unternehmen, ihn in die Grundlagenforschung zu versetzen. Edson stritt mit seinem Vorgesetzten darüber, was er eigentlich tun sollte. Nach weiteren acht Monaten gab das Unternehmen auf.

An dem Tag, an dem er gefeuert wurde, ging Marvin in sein Büro, schloss die Tür und schaltete seinen Computer ein. Mit ein paar Anschlägen auf der Tastatur schickte er einen Virus an die Server des Unternehmens, der die Hauptdatenbank in Müll verwandeln würde. Er programmierte eine Verzögerung ein, um nicht selbst in Verdacht zu geraten. Wenn der Virus wirksam wurde, war das Unternehmen lahmgelegt. In der hart umkämpften Welt des Silicon Valley könnte dies sogar seinen Todesstoß bedeuten.

Das wird es ihnen zeigen, diesen undankbaren Idioten.

Edson begann, seine persönlichen Gegenstände in eine Kiste zu packen. Ein Mann in einem adretten grauen Anzug, weißem Hemd und blauer Krawatte betrat das Büro. Seine Schuhe glänzen. Sein Haar war im Militärstil kurz geschnitten. Er hatte die Art von Gesicht, das man in einer Menschenmenge bemerken und meiden würde.

»Marvin Edson?«

»Das bin ich«, antwortete Edson.

»Mein Name ist Carstairs. Ich habe ein Angebot für Sie.«

»Was für ein Angebot? Ich bin im Moment ziemlich beschäftigt.«

»Das kann ich sehen«, sagte Carstairs. »Zu schade, dass diese Firma Ihr Potenzial nicht zu nutzen verstand. Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen verraten würde, dass ich jemanden vertrete, der genau das weiß?«

»Ist das Ihr Ernst? Was wissen Sie schon über mein Potenzial?«

»Wir haben Sie beobachtet, Mister Edson. Sie sind hier ungerecht behandelt worden. Ich arbeite für jemanden, der Ihnen die Anerkennung geben kann, die Sie verdienen.«

»Sie haben mich beobachtet? Sind Sie von der CIA oder so?«

»Oder so.«

Der Mann griff in seine Jackentasche, zog einen flachen, weißen Umschlag heraus und reichte ihn Edson.

»Was ist das?«

»Öffnen Sie ihn. Ich denke, es dürfte Sie interessieren, was darin ist.«

Edson nahm den Umschlag und riss ihn auf. Darin befanden sich ein einzelnes Blatt maschinengeschriebenes Papier und ein auf seinen Namen ausgestellter Barscheck über einhunderttausend Dollar. Oben auf dem Papier war ein schwarzer Phönix eingeprägt, der aus orangefarbenen Flammen aufstieg.

»Das Schreiben ist ein Angebot für eine Anstellung vorbehaltlich eines Vorstellungsgesprächs mit dem Eigentümer des Unternehmens«, erklärte Carstairs. »Der Scheck ist das Entgelt für die Teilnahme an dem Gespräch. Wenn Sie angenommen werden, erhalten Sie einen weiteren ähnlichen Scheck als Bonus.«

In dem Schreiben wurde Edson ein Gehalt von fünfhunderttausend Dollar pro Jahr für die Entwicklung eines Computers mit künstlicher Intelligenz angeboten.

»Wo ist der Haken?«, fragte Edson.

»Kein Haken. Allerdings gibt es eine Bedingung. Da das Unternehmen bei diesem Projekt mit der Regierung zusammenarbeitet, müssen Sie eine Geheimhaltungsvereinbarung unterschreiben. Wenn Sie gegen diese Vereinbarung verstoßen, werden Sie strafrechtlich verfolgt.«

»Was hat es mit dem Phönix auf sich?«

»Das ist unser Logo. Phoenix ist ein privates Unternehmen. Der Eigentümer mag keine Publicity.«

»Welche Ausstattung werde ich bekommen?«

Carstairs lächelte, aber es war keine Wärme darin zu erkennen. »Was möchten Sie denn?«

»Ich will meine Privatsphäre. Ich will nicht, dass man mir vorschreibt, wie ich meine Arbeit zu tun habe.«

»Ich kann Ihnen garantieren, dass Sie bei Ihrer Arbeit in Ruhe gelassen werden, solange Sie sich einbringen.«

»Wo werde ich untergebracht sein?«

»Das kommt darauf an. Wir haben mehrere Einrichtungen, einige davon ziemlich abgelegen. Im Moment werden Sie hier an der Westküste sein.«

»Ich muss die Wohnung aufgeben, in der ich bisher gelebt habe.«

»Wir werden Ihnen eine luxuriöse Unterkunft zur Verfügung stellen«, sagte Carstairs. »Wir möchten wirklich, dass Sie für uns arbeiten, Mr. Edson.«

»Wann soll ich dieses Gespräch führen?«

»Heute. Draußen wartet ein Wagen auf uns. Interessieren Sie sich für das Angebot?«

»Wer würde das nicht tun?«

»Gut«, sagte Carstairs.

Edson nahm seinen Karton und folgte Carstairs zu den Aufzügen. Die Leute schauten ihnen aus ihren Kabinen nach. Die Aufzugtüren öffneten sich. Edson drehte sich zu ihnen um und reckte den Mittelfinger in die Luft, als sich die Türen schlossen.

 

Kapitel 5

 

Carstairs Wagen entpuppte sich als eine Bentley-Limousine. Ein Chauffeur in Livree nahm Edsons Karton und legte ihn in den Kofferraum.

Edson setzte sich auf den bequemen Rücksitz und bewunderte die luxuriöse Holz- und Lederausstattung des Wagens.

Das ist es, was ich verdiene, dachte er. Das wurde auch Zeit.

»Wohin fahren wir?«

»Das werden Sie schon sehen.«

Der Rest der Fahrt verlief schweigend. Sie kamen zu zwei schmiedeeisernen Toren, die in eine hohe Steinmauer eingelassen waren. Die Tore öffneten sich, als sich das Auto näherte, und sie fuhren auf ein weitläufiges, parkähnliches Anwesen. Über den Bäumen ragten kupfergedeckte Dächer auf, die durch die jahrelange Witterung grün geworden waren. Nachdem der Wagen eine Anhöhe überwunden hatte, offenbarte sich ein großes Haus, das einem europäischen Aristokraten des neunzehnten Jahrhunderts gefallen hätte.

Die Villa war aus grauen Granitblöcken errichtet worden, die von einem Steinmetzmeister zusammengefügt worden waren. Gravuren aus Ranken und Blättern säumten die hohen, rautenförmig verglasten Fenster. Geflügelte Wasserspeier aus Stein blickten von oben herab. Der Wagen fuhr um einen großen Brunnen mit erotischen Statuen von Nymphen und Satyrn und hielt unter einem breiten Säulengang an. Das Herrenhaus wurde durch eine massive Holztür mit schwarzen Eisenbeschlägen betreten.

»Wow.«

»Beeindruckend, nicht wahr?«, sagte Carstairs. »Sie werden feststellen, dass der Besitzer recht großzügig sein kann. Natürlich erwartet er im Gegenzug absolute Loyalität. Das sollten Sie sich bewusst machen, bevor Sie das Angebot annehmen.«

In Carstairs' Worten lag ein Hauch von Warnung.

Die Türen öffneten sich zu einer großen Halle. Die Decke hing zwölf Meter über einem Boden aus weißem Marmor. Ein Kronleuchter aus Kristall, der einst das Schloss von Versailles zierte, glitzerte über ihnen. Am anderen Ende des Saals führte eine breite Marmortreppe hinauf zu einem Balkon und dem zweiten Stockwerk.

»Hier entlang«, sagte Carstairs.

Er führte Edson zu einer Reihe von polierten Eichentüren auf der linken Seite.

»Er wartet in der Bibliothek auf Sie. Denken Sie daran, höflich zu sein. Mister Nicklaus duldet keinerlei Respektlosigkeit.«

Carstairs öffnete eine der Türen und wartete darauf, dass Edson eintrat. »Kommen Sie nicht mit?«, fragte Edson.

»Ich bin nicht derjenige, der befragt wird. Lassen Sie ihn besser nicht warten.« Carstairs deutete auf die offene Tür. Edson schritt hindurch.

Schwere Vorhänge waren vor die hohen Fenster am anderen Ende des Raumes gezogen. Der Boden war mit dicken Perserteppichen ausgelegt. Vom Boden bis zur Decke reichende und mit Büchern gefüllte Schränke nahmen den größten Teil der Wandfläche ein. Der Raum roch nach dem Lauf der Zeit, nach Leder und altem Papier, und etwas Unbekanntem, das Edson nicht identifizieren konnte – etwas Moschusartiges und leicht Unangenehmes. Ein Mann saß hinter einem Schreibtisch in der Nähe der Fenster und verfolgte Edson Ankunft. Seine Hände hielt er vor sich verschränkt. Eine einzelne Lampe leuchtete auf dem Schreibtisch. Vor dem Schreibtisch stand ein Stuhl.

»Bitte setzen Sie sich, Mr. Edson.«

Die Stimme des Mannes klang sanft, beinahe angenehm. Sein Gesicht war keilförmig und schmal und lief am Kinn zu einer Spitze zusammen. Dicke schwarze Augenbrauen umrahmten die Augen, die das Licht aufzusaugen schienen. Tiefschwarzes Haar bildete einen Witwenscheitel auf einer hohen Stirn. Seine Ohren lagen eng an seinem Kopf an und hatten keine Ohrläppchen. Er trug ein helles Hemd, einen dunklen Anzug von ausgezeichneter Qualität und eine rote Krawatte. Seine Haut hatte eine schwer zu definierende Mischfarbe. Er hätte überall aus dem Nahen Osten stammen können. Vielleicht aus Syrien oder der Türkei. Edson schätzte sein Alter auf etwa fünfundfünfzig oder sechzig Jahre.

Denken Sie daran, höflich zu sein. »Danke, Sir«, sagte Edson. Er setzte sich.

»Mein Name ist Abbadon Nicklaus«, erklärte der Mann. »Sie können mich mit Mister Nicklaus ansprechen. Ich möchte, dass Sie einen Computer für mich bauen.«

»Was für eine Art von Computer, Mr. Nicklaus?«

»Eine künstliche Intelligenz, Marvin. Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich Sie Marvin nenne, oder?«

»Nein, Sir.«

»Sie erhalten die leistungsfähigste Maschine, die derzeit hergestellt wird, um damit zu arbeiten. Ich möchte, dass Sie etwas entwickeln, das eine echte, künstliche Intelligenz bietet. Glauben Sie, dass Sie das können?«

»Ja, Sir, das kann ich. Ich habe bereits darüber nachgedacht.«

»Wie lange, glauben Sie, würden Sie dafür brauchen?«

»Das ist schwer zu sagen, Mr. Nicklaus. Vielleicht ein oder zwei Jahre. Nicht länger.«

»Ich möchte nicht enttäuscht werden, Marvin. Versprechen Sie nicht mehr, als Sie halten können.«

Die Augen von Mr. Nicklaus schienen zu funkeln, während er sprach. Einen Moment lang verspürte Edson so etwas wie Angst.

»Ich kann es schaffen«, bekräftigte Edson.

»Ausgezeichnet«, erwiderte Nicklaus.

Er griff in eine Schublade seines Schreibtisches und holte ein Stück Papier, eine goldene Nadel und ein kleines Glasfläschchen heraus.

»Dies ist ein Exklusivvertrag«, erklärte Nicklaus. »Mit Ihrer Unterschrift stimmen Sie einer dauerhaften Anstellung in meinem Unternehmen zu.«

»Was ist, wenn ich irgendwann gehen möchte?«

»Niemand geht jemals wirklich«, sagte Nicklaus. »Und warum sollten Sie gehen wollen? Sie können alles haben, was Sie wollen, wenn Sie für mich arbeiten.« Er schob Edson den Vertrag zu.

»Unten finden Sie einen Platz für Ihre Unterschrift. Außerdem muss ich Ihnen eine kleine Blutprobe abnehmen. Wir verwenden sie als DNA-Referenz, um Ihnen Zugang zu unseren hochgesicherten Einrichtungen zu gewähren. Der Zugang zu der Einrichtung, in der Sie den Computer bauen werden, ist beschränkt. Als Leiter des Projekts werden Sie natürlich so viel oder so wenig Hilfe bekommen, wie Sie wollen. Sie haben die volle Verantwortung für alle Abläufe und Verfahren. Entspricht das Ihrer Zufriedenheit?«

»Ja, Sir, das tut es.«

Sie können alles haben, was Sie wollen.

Die Worte hallten in Edsons Kopf nach. Er griff nach dem Vertrag und begann zu lesen. Das Papier war dick und schwer und fühlte sich unglaublich glatt an, fast wie Pergament.

Es war, wie Mr. Nicklaus gesagt hatte. Die Bedingungen besagten, dass er einen Arbeitsvertrag auf Lebenszeit mit Abbadon Nicklaus unterzeichnete, mit einem Anfangsgehalt von fünfhunderttausend Dollar pro Jahr. Jährliche Erhöhungen von hunderttausend Dollar oder mehr würden je nach Fortschritt und Abschluss der zugewiesenen Arbeit hinzukommen, insbesondere für den Bau eines Computers für die künstliche Intelligenz, aber nicht nur darauf beschränkt.

Alle Lebenshaltungskosten und notwendigen Steuern würden von Nicklaus bezahlt werden. Ein zusätzlicher Bonus von einhunderttausend Dollar sollte sofort bei Vertragsunterzeichnung ausgezahlt werden.

»Das ist sehr großzügig«, sagte Edson.

»Ich möchte, dass meine Mitarbeiter glücklich sind.«

Er reichte Edson einen Stift. Er war schwer und aus Gold, ein altmodischer Füllfederhalter. Edson wog ihn in der Hand, dann unterschrieb er den Vertrag mit einer kühnen Geste.

»Sie werden Ihre Entscheidung nicht bereuen«, sagte Nicklaus. »Jetzt muss ich eine Blutprobe von Ihnen nehmen. Strecken Sie bitte Ihre Hand aus. Es wird nur ein kleiner Pieks sein.«

Edson hielt ihm die Hand hin. Mr. Nicklaus streckte seine linke Hand aus und umfasste Marvins Handgelenk. Sein Griff war fest, seine Finger hart. Marvin bemerkte, dass die Fingernägel geschnitten werden mussten.

Nicklaus nahm die lange Nadel und stach in Edsons Mittelfinger. Blut quoll hervor. Es fühlte sich seltsam an, die Nadel war heiß und kalt zugleich. Nicklaus tauchte die Nadel in das Blut und bewegte sie zu dem Glasfläschchen. Dabei fiel ein Tropfen von der Nadel auf den Vertrag, neben die Unterschrift.

»Willkommen bei Phoenix«, sagte Mr. Nicklaus.

 

Kapitel 6

 

Stephanie Willits hatte sich einen Schal um die Schultern gewickelt. In dem Computerraum war es kalt und die Klimaanlage hielt die großen Crays bei Laune. Stephanie war für die Computer und Kommunikationssysteme verantwortlich, die das PROJECT in der gleichen Liga wie die NSA und Langley spielen ließ.

Steph war eine der Geheimwaffen von Elizabeth Harker. Firewalls und Sicherheitssysteme waren nicht mehr als interessante Herausforderungen für Stephanies Verstand. Irgendwo auf der Welt gab es wahrscheinlich einen Computer, in den sie sich nicht hacken konnte, aber bisher hatte sie ihn noch nicht gefunden.

In Langley und bei der NSA arbeiteten Tausende von Menschen daran, die endlosen Ströme nachrichtendienstlicher Daten zu analysieren und zu sortieren, die jeden Tag aus der ganzen Welt hereinströmten. Das PROJECT verfügte hingegen nur über Stephanies schrulligen Verstand und Freddie. Für gewöhnlich genügte das.

Freddie war ein voll ausgestatteter Cray-Rechner, der nach Stephanies eigenen Spezifikationen modifiziert worden war. Der Hersteller hätte die von ihr entwickelten und installierten Programme nicht wiedererkannt. Freddie war Stephanies krönende Errungenschaft, ein Computer mit echter, künstlicher Intelligenz. Nur wenige Menschen wussten, dass Freddie existierte. Stephanie war fest entschlossen, es dabei zu belassen.

Sie saß an einer Konsole in Form eines Halbmondes, vor der drei Monitore angebracht waren. Auf dem linken Bildschirm wurden die Codezeilen angezeigt, die vor der Kollision an die USS Wayne gesendet worden waren. Neben dem Monitor waren Bilder von ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn zu sehen.

»Freddie, rufe die Pläne für die Navigationscomputer der Wayne auf.«

Der mittlere Monitor flackerte auf.

Auf Monitor zwei, Stephanie.

Die Stimme des Computers war männlich, von einer merkwürdigen elektronischen Qualität, die sich in der Intonation und dem Satzbau widerspiegelte.

Stephanie scrollte durch die schematischen Zeichnungen und suchte nach der Schwachstelle, die den Feind hereingelassen hatte. Es musste eine geben. Ein modernes Kriegsschiff war ein Sklave der Computertechnik. Millionen von Codezeilen steuerten die elektronischen Systeme der Wayne. Das Navigationssystem war ein typisches Beispiel dafür. Wenn alles so funktionierte, wie es sollte, war das Schiff eine furchterregende Waffe. Wenn den Computern etwas zustieß, war das Schiff kaum mehr als eine schwimmende Zielscheibe.

»Früher waren die Dinge viel einfacher, als Schiffe noch mit einem großen Rad und einem Bündel von Seilen gesteuert wurden«, sagte Stephanie.

Sie hatte sich angewöhnt, in Freddies Gegenwart laut zu denken. Manchmal wurde es einsam hier unten im Computerraum. Freddie war immer für ein Gespräch zu haben.

Die moderne Technik ist weitaus effizienter.

»Ja, aber das nimmt der ganzen Sache die Romantik.«

Ich verstehe nicht, wieso veraltete Technologie als romantisch angesehen wird.

»Das ist nicht wichtig, Freddie.«

Mir ist aufgefallen, dass Menschen oft über etwas reden und dann sagen, es sei nicht wichtig.

»Das stimmt, aber im Moment ist es wichtig, dass wir versuchen herauszufinden, wer diese Übertragung an die Wayne geschickt und ob sie die Kollision verursacht hat. Ich muss wissen, woher die Übertragung stammt und welchen Inhalt sie hat. Bitte führe eine Analyse durch.«

Verarbeite.

Ein halbes Dutzend goldener Armbänder an Stephanies linkem Handgelenk blitzte im Licht der Lampen über ihr auf, als sie sich eine Strähne des dunklen Haars aus der Stirn strich. Während sie auf Freddie wartete, betrachtete sie das Bild des Babys. Matthew war fast sechs Monate alt und begann, mehrere Stunden am Stück zu schlafen. Nach Monaten, in denen sie fünf- oder sechsmal pro Nacht aufgewacht war, war sie mehr als müde. Wenigstens begannen die Schatten unter ihren Augen zu verschwinden. Vielleicht würde sie eines Tages endlich ihren Schlaf nachholen können.

Vielleicht könnte sie dann sogar ihr Sexualleben wiederbeleben. Das hatte sich mit Matthews Ankunft zum Schlechten gewendet. Lucas war Direktor des National Clandestine Service in Langley, ein anspruchsvoller Job. Meistens war er erschöpft, wenn er nach Hause kam. Matthew hatte sie monatelang nachts wach gehalten. Keiner von ihnen hatte seit der Geburt mehr als ein paar Stunden Schlaf am Stück abbekommen.

Die Menschen gehen langsam kaputt, wenn sie so müde sind wie wir, dachte sie. Aber das geht vorbei.

Durch den Stress bei der Arbeit, den Schlafmangel, das neue Baby und die wenigen, nicht planbaren Stunden, die sie zusammen verbringen konnten, lief es nicht gut zwischen ihnen. Was sie beunruhigte, war, dass es vielleicht nicht nur der Schlafmangel war, der sie auseinanderbrachte. Sie hatte zugenommen, als sie schwanger war. Sie war immer noch übergewichtig und schwabbelig. Die Dehnungsstreifen würden nie verblassen. Sie fühlte sich unattraktiv. Sie hatte sich sogar angewöhnt, dafür zu sorgen, dass Lucas sie nicht ganz nackt sah, aus Angst, er würde sich abwenden. Sie hatte von solchen Dingen gehört, von Problemen nach der Geburt eines Babys.

Freddies Stimme unterbrach ihre Gedanken.

Die Analyse ist abgeschlossen. Der Ursprung der Übertragung kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit Sicherheit bestimmt werden.

»Warum bist du nicht in der Lage, den Ursprung zu identifizieren?«

Die Übertragung wurde über mehrere Satelliten geleitet und im normalen Kommunikationsverkehr versteckt.

»Was ist deine beste Vermutung?«

Ich stelle keine Vermutungen an, Stephanie.

Stephanie war sich nicht sicher, aber es hörte sich fast so an, als sei Freddie über sie verärgert.

»Spekuliere auf der Grundlage dessen, was du über die Transmission herausgefunden hast.«

Es ist wahrscheinlich, dass das Signal von einer staatlichen Stelle stammt.

»Gibt es irgendeinen Hinweis darauf, welche Regierung sie geschickt haben könnte?«

Die Verschlüsselung ähnelt dem chinesischen Hackerprotokoll, das als Iron Door bekannt ist.

»Iron Door?«

Das ist richtig.

»Kannst du die Verschlüsselung knacken?«

Das habe ich bereits getan.

Inzwischen war Stephanie an Freddies wörtliche Auslegung der Dinge gewöhnt. Er würde ihr nicht sagen, was in der Übertragung stand, es sei denn, sie fragte ihn direkt danach.

»Was steht darin? Oder besser gesagt, wie hat sich die Übertragung auf die Wayne ausgewirkt?«

Die Übertragung durchdrang die Sicherheitsfirewalls um den Navigationsserver des Schiffes und infizierte ihn mit einem Virus. Er baute eine verschlüsselte Kommunikationsverbindung auf und wies den Server an, ihm die Kontrolle über das Navigationssystem zu überlassen.

»Jemand hat das Navigationssystem übernommen und das Schiff in den Frachter gesteuert?«

Das ist richtig.

»Und du bist nicht in der Lage zu identifizieren, wer das war, oder woher die Übertragung kam?«

Das ist richtig.

»Bitte such weiter nach dem Ausgangspunkt.«

Verarbeite.

Sie stand auf und stieg die Treppe hinauf ins Büro. Elizabeth blickte auf, als sie hereinkam.

»Setzen Sie sich lieber hin, Steph. Was gibt’s?«

Stephanie nahm auf der Couch gegenüber von Elizabeths Schreibtisch Platz.

»Unser Verdacht war richtig. Die Übertragung, die vor der Kollision an die Wayne geschickt wurde, stellte eine direkte Verbindung zu den Navigationsservern des Schiffes her. Das ermöglichte jemandem, die Kontrolle über das System zu übernehmen. Wer auch immer die Verbindung hergestellt hat, hat die Wayne