12,99 €
Knallende Türen, ewige Diskussionen oder Ohren auf Durchzug - die ersten Anzeichen der Pubertät kommen oft überraschend. Plötzlich verhält sich das eigene Kind so ganz anders als gewohnt. Schnell wird klar, dass hier Hormone im Spiel sind, aber was nun? Ein Kind auf dem Weg zum Erwachsenwerden zu begleiten kann frustrierend und herausfordernd sein. Aber keine Sorge! Michelle Dostal erklärt Ihnen, wie Sie Ihr Kind mitfühlend und verständnisvoll durch diese turbulente Zeit führen und dabei dennoch die richtigen Grenzen setzen. Erfahren Sie, wie Sie auf typische Konflikte am besten reagieren, wann Sie Ihr Kind vielleicht einfach nur loslassen sollten und wie Sie sein Selbstbewusstsein stärken können. Auch Tipps zum Umgang mit Internet und Social Media, Sex und Mobbing kommen nicht zu kurz. So meistern Sie auch diese schwierige Phase und bleiben dabei in Kontakt zu Ihrem Kind.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 323
Pubertät für Dummies
Pubertät für Dummies
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
©2022 Wiley-VCH GmbH, Boschstraße 12, 69469 Weinheim, Germany
Wiley, the Wiley logo, Für Dummies, the Dummies Man logo, and related trademarks and trade dress are trademarks or registered trademarks of John Wiley & Sons, Inc. and/or its affiliates, in the United States and other countries. Used by permission.
Wiley, die Bezeichnung »Für Dummies«, das Dummies-Mann-Logo und darauf bezogene Gestaltungen sind Marken oder eingetragene Marken von John Wiley & Sons, Inc., USA, Deutschland und in anderen Ländern.
Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung.
Coverfoto: © Prostock-studio/stock.adobe.com und © mejorana777/stock.adobe.comKorrektur: Johanna Rupp
Print ISBN: 978-3-527-71924-2ePub ISBN: 978-3-527-83667-3
Michelle Dostal ist Erzieherin und zweifache Mutter. Während sie dieses Buch schrieb, begann das jüngere Kind gerade damit, die Türen zu knallen, während das ältere bereits wieder gelassener wurde. Beide waren am Schreibprozess sehr interessiert und gaben ihre hilfreiche Meinung aus Teenie-Sicht ab.
Aus ihrer langjährigen Erfahrung in der Arbeit mit Familien weiß Michelle Dostal, wie wichtig es ist, gut miteinander sprechen zu können. Ein Schwerpunkt dieses Ratgebers liegt deshalb auf konstruktiver Kommunikation.
Die Autorin schreibt regelmäßig für Kita-Fachmagazine. Pubertät für Dummies ist nach Kindergeburtstag feiern für Dummies ihr zweites Buch.
Cover
Titelblatt
Impressum
Über die Autorin
Einführung
Über dieses Buch
Konventionen in diesem Buch
Was Sie nicht lesen müssen
Törichte Annahmen über den Leser
Wie dieses Buch aufgebaut ist
Symbole, die in diesem Buch verwendet werden
Wie es weitergeht
Teil I: Was auf Sie zukommt
Kapitel 1: Plötzlich ist alles anders
Der Start in die Pubertät
Die häufigsten Krisenherde
Kapitel 2: Ein neuer Lebensabschnitt für die ganze Familie
Achterbahn der Gefühle
Starke Eltern sein
Die ganze Familie im Blick haben
Zusammenleben
Kapitel 3: Eltern am Rande des Nervenzusammenbruchs
Immer dieser Streit
Provokation – nur von einer Seite?
Wenn die Sorgen nicht wären
Angst vorm Loslassen
Ihre wichtigsten Hilfsmittel: Toleranz und Geduld
Hilfe holen
Teil II: Ganz schön verwirrend: Körperliche Veränderungen und erste Liebe
Kapitel 4: Mädchen sind schneller
Erste Anzeichen – jetzt geht`s bald los
Körper und Identität
Kapitel 5: Jungen ziehen nach
Erste Anzeichen – jetzt geht`s bald los
Körper und Identität
Männliche Rollenbilder
Kapitel 6: Erste Liebe
Dem Kind die Wahl lassen …
Selbstvertrauen und Liebe
Let`s talk about sex
Teil III: Gesund und stark durch stürmische Zeiten
Kapitel 7: Essen – mehr als gute Ernährung
Gemeinsame Mahlzeiten
Bewusste Ernährung
Kapitel 8: Körperpflege
Veränderter Körper, veränderte Pflege
Übertriebene Eitelkeit
Kapitel 9: Action und Pausen
Immer in Bewegung
Unbeliebt, aber wichtig – ausreichend Schlaf
Kapitel 10: Reizthema Medien
Streit um Bildschirmzeit und Handynutzung
Was macht sie da eigentlich? Problematische Inhalte
Schutz vor Gefahren
Cyber-Grooming
Kapitel 11: Wenn es wirklich ernst wird: Psychische Probleme
Selbstverletzendes Verhalten
Depressionen
Alkohol und Drogen
Essstörungen
Teil IV: Die Lebenswelt der Teenager
Kapitel 12: Schule und Ausbildung
Keine Lust auf gar nichts
Ihr Kind den eigenen Weg finden lassen
Kapitel 13: Die Peergroup
Wir chillen nicht, wir üben!
Gruppendruck und Selbstbewusstsein
»Falsche« Freunde
Kapitel 14: Die Welt, in der wir leben
Digitalisierte Welt
Nachhaltig und gerecht leben
Corona
Kapitel 15: Rechtliches
Das Jugendschutzgesetz
Arbeit und Geld
Das Jugendstrafrecht
Teil V: Der Top-Ten-Teil
Kapitel 16: Zehn Dinge, von denen Sie sich verabschieden können
Die Heldin/der Held Ihres Kindes zu sein
Die wichtigsten Personen im Leben Ihres Kindes zu sein
Alles besser zu wissen und zu können
Regelmäßige Familienaktivitäten
Begeisterung
Kinder, die morgens fröhlich aus dem Bett hüpfen
Die Wohnung als Kinderspielplatz
Ihren Tag rund um Ihr Kind zu planen
Babysitter-Suche
Dass Ihr Kind so wird, wie Sie es sich vorgestellt haben
Kapitel 17: Zehn Dinge, vor denen Sie sich hüten sollten
Nicht loslassen können
Ihrem Kind ständig misstrauen
Sich dauernd Sorgen machen
Perfekt sein wollen
Beschuldigungen und Verallgemeinerungen
Kein Interesse zeigen
Früher war alles besser!
Zu enge Grenzen
Zu weite Grenzen
Alles allein schaffen wollen
Kapitel 18: Zehn Dinge, die Sie vor der Verzweiflung schützen
Geduld
Erinnerungen an die eigene Pubertät
Das Wissen: Es ist nur eine Phase!
Die Frage »Werde ich nächste Woche noch daran denken?«
Austausch mit anderen Erwachsenen
Bei anderen sieht es nicht besser aus!
Sich Hilfe holen
Humor
Sich über schöne Momente freuen
Neu gewonnene Freiheiten nutzen
Stichwortverzeichnis
End User License Agreement
Kapitel 6
Tabelle 6.1: Altersbegrenzungen für sexuelle Handlungen
Kapitel 7
Tabelle 7.1: Vor- und Nachteile der einzelnen Mahlzeiten
Kapitel 8
Tabelle 8.1: Überblick über weibliche Körperpflege
Tabelle 8.2: Überblick über männliche Körperpflege
Kapitel 15
Tabelle 15.1: Richtwerte des DJI für die Taschengeldzahlung
Tabelle 15.2: Richtwerte für ein monatliches Budget
Cover
Titelblatt
Impressum
Über die Autorin
Inhaltsverzeichnis
Einführung
Fangen Sie an zu lesen
Stichwortverzeichnis
End User License Agreement
1
2
5
6
7
19
20
21
22
23
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83
84
85
86
87
88
89
90
91
93
94
95
96
97
98
99
100
101
102
103
104
105
106
107
108
109
110
111
112
113
114
115
116
117
119
120
121
122
123
124
125
126
127
128
129
130
131
132
133
135
136
137
138
139
140
141
142
143
144
145
146
147
148
149
150
151
152
153
154
155
156
157
158
159
160
161
162
163
164
165
166
167
168
169
170
171
172
173
174
175
176
177
178
179
181
182
183
184
185
186
187
188
189
190
191
192
193
194
195
197
198
199
200
201
202
203
204
205
206
207
208
209
211
212
213
214
215
216
217
218
219
220
221
222
223
224
225
226
227
228
229
230
231
232
233
234
235
236
237
238
239
240
241
242
243
244
245
247
248
249
250
251
252
253
254
255
256
257
Dieses Buch will Ihnen Mut machen, der stürmischen Zeit der Pubertät mit Selbstvertrauen zu begegnen.
Keine Frage – auf Eltern, deren Kinder zu Teenagern werden, kommt vieles zu. In den meisten Familien wird jetzt oft gestritten, es gibt Momente der Ratlosigkeit und das Nervenkostüm vieler Mütter und Väter kann arg strapaziert werden. Aber vergessen Sie nicht: Sie haben schon so viel geschafft! Denken Sie an die Zeiten, in denen Ihr Baby oder Kleinkind nachts nicht durchgeschlafen und oft geweint hat oder ständig krank war. Auch das war sicherlich anstrengend und Sie haben es gemeistert!
Die Pubertät ist ebenso wie das Baby- und Kleinkindalter eine Phase mit eigenen Herausforderungen. Da müssen alle durch, Eltern und Kinder. Die Heranwachsenden brauchen immer noch viel Unterstützung, aber der Kontakt zwischen ihnen und ihren Eltern wird jetzt lockerer. Den Jugendlichen werden ihre Freundschaften immer wichtiger, sie werden selbstständiger.
Damit emotional ein starkes Band bestehen bleibt, ist Beziehungsarbeit gefragt! Ihr wichtigstes Hilfsmittel ist eine feinfühlige und geduldige Kommunikation. Hier finden Sie zahlreiche Tipps, um mit Ihrem Teenie in gutem Kontakt zu bleiben und schwierige Situationen zu meistern.
Pubertät für Dummies bietet Ihnen praktische Hilfe zu verschiedenen Bereichen des Zusammenlebens mit Kindern in der Pubertät. Dazu gehören:
Informationen zu körperlichen Entwicklungsschritten
Ideen zum Umgang mit typischen Konfliktsituationen
Tipps für eine gelungene Kommunikation
Anregungen, eigene Denk- und Verhaltensweisen zu hinterfragen
Anlaufstellen bei Krisen
Rechtliche Aspekte dieser besonderen Zeit
Je nachdem, wo Ihre momentanen »Baustellen« liegen, können Sie sich die passenden Themen heraussuchen.
In diesem Buch steht jedes Kapitel für sich allein. Anhand des Inhaltsverzeichnisses oder des Index gelangen Sie direkt zu dem, was Sie gerade benötigen. In den einzelnen Kapiteln gibt es immer wieder Verweise zu anderen, da das komplexe Thema Pubertät ganzheitlich betrachtet werden sollte und zum Beispiel die Kommunikation immer eine große Rolle spielt.
Kapitel 1 gibt Ihnen einen ersten Überblick über das gesamte Thema und fasst zusammen, was Sie in diesem Buch erwartet.
Jede Familie ist anders, jedes Kind hat seine eigenen Herausforderungen in der Pubertät zu meistern. Deshalb können Sie sich selbstverständlich aus diesem Buch das heraussuchen, was Ihnen und Ihrer Familie am besten hilft. Empfehlenswert ist es allerdings, den Verweisen auf weitere Kapitel innerhalb des Textes zu folgen, um auch weitere Aspekte eines Themas mit in Betracht zu ziehen.
Vielleicht steht die Pubertät Ihres Kindes unmittelbar ins Haus, vielleicht stecken Sie schon mittendrin. Möglicherweise haben Sie schon ein älteres Kind durch diese aufwühlende Zeit begleitet und es sind Fragen offengeblieben, vielleicht kommen Sie aber auch nach Ihrer eigenen Pubertät zum ersten Mal mit dem Thema in Kontakt.
Egal, wo Sie gerade stehen – dieses Buch bietet Ihnen Informationen und Ideen zu typischen Konfliktfeldern zwischen Teenagern und ihren Eltern und regt Sie dazu an, Ihre Situation auch mal aus anderen Blickwinkeln zu betrachten. Statt Sie vor überall lauernden Gefahren zu warnen, möchte es Sie ermutigen und Sie dazu anhalten, sich Hilfe zu holen, wenn Sie nicht mehr weiterwissen.
Pubertät für Dummies gliedert sich in fünf Teile. Die Kapitel der einzelnen Teile sind einem Oberthema untergeordnet. So finden Sie leichter, was Sie gerade lesen möchten.
Kapitel 1 bietet Ihnen zunächst einen Überblick über die wichtigsten Themen dieses Buchs. Teil I handelt ansonsten vom Umgang miteinander in der Familie. Hier geht es darum, wie das Zusammenleben sich jetzt verändern kann und was Ihnen und den anderen Familienmitgliedern hilft. Ausführlich wird hier auch auf das Thema Kommunikation eingegangen, weshalb in weiteren Kapiteln immer wieder auf diesen Teil verwiesen wird.
Ein wichtiger Teil der Pubertät ist natürlich die Biologie: Der Körper verändert sich, Hormone spielen verrückt und die Kinder entwickeln neue Bedürfnisse. Jetzt kommt auch die Liebe ins Spiel und erste Erfahrungen mit Sexualität. Das ist für Eltern und Kinder eine neue Situation, die auch Ängste auslösen kann. Neben Informationen über körperliche Aspekte erhalten Sie hier auch Anstöße, um sich Ihre eigene Haltung zum Thema Sexualität bewusst zu machen – eine wichtige Voraussetzung, um authentisch mit Ihrem Kind sprechen zu können.
Auch wenn Ihr Kind jetzt selbstständiger wird, wollen Sie es natürlich immer noch optimal versorgen. Dazu gehört die Ernährung ebenso wie die Körperpflege. Teenager übernehmen auch in diesen Bereichen immer mehr Verantwortung für sich selbst und darin sollten sie auch unterstützt werden. Trotzdem brauchen sie auf diesem Weg Ihre Begleitung, ebenso wie im Umgang mit Medien. Intensive Mediennutzung sorgt in vielen Familien für Streit und Frustration. Hier gibt es auch viele Unsicherheiten, die in diesem Teil angesprochen und geklärt werden. Teil III bietet Ihnen zudem konkrete Hinweise, was Sie tun können, wenn Ihr Kind in ernsthafte psychische Not gerät.
Hier geht es um den Alltag der Teenager und seine Tücken und Herausforderungen:
Thema Schule: Wie Sie Motivationslöchern begegnen und Ihr Kind auf seinem eigenen Weg unterstützen können.
Thema Freundschaft: Warum Freunde so wichtig sind, wo Sie Einfluss nehmen sollten und wo nicht.
Thema Gesellschaft: Jugend in einer digitalisierten Welt, Sorgen vor dem Klimawandel und der Umgang mit der Pandemie und ihren Folgen.
Teil IV gibt Ihnen außerdem eine kleine Rechtsberatung zu den Fragen, was wann erlaubt ist, wie es arbeitsrechtlich aussieht und was Sie tun können, wenn Ihr Kind mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist.
Das Wichtigste fasst der Top-Ten-Teil für Sie noch einmal zusammen. Die kurzen Texte zu den einzelnen Themen sollen Sie noch einmal ermutigen, auf sich selbst, Ihr Kind und Ihre Beziehung zueinander zu vertrauen. Schauen Sie hier ruhig noch einmal rein, wenn Sie im Alltag Zweifel plagen.
In diesem Buch begegnen Ihnen immer wieder Symbole, die einzelne Textpassagen hervorheben. Dazu gehören:
Diesen Gedankengang sollten Sie unbedingt im Gedächtnis behalten. Oft handelt es sich auch um Zusatzinformationen, die unbedingt bedacht werden sollten.
Hier erhalten sie konkrete Vorschläge, was Sie tun können.
Zum besseren Verständnis – und damit Sie sehen, dass es vielen anderen Familien ähnlich geht – enthält dieses Buch viele Beispiele.
Wenn Sie sich unbedingt vor etwas hüten sollten, zeigt Ihnen das dieses Symbol an.
Wie Sie Ihre Lektüre von Pubertät für Dummies starten, hängt von Ihren Bedürfnissen ab. Vielleicht haben Sie ein konkretes Problem oder eine Frage, die Ihnen auf dem Herzen liegt. Suchen Sie dann am besten im Inhaltsverzeichnis oder schauen Sie im Index am Schluss des Buchs nach.
Wenn Sie sich erst mal einen Überblick verschaffen wollen, können Sie ebenfalls das Inhaltsverzeichnis durchlesen, das Buch zunächst durchblättern oder mit Kapitel 1 beginnen, das Ihnen einen ersten Gesamteindruck verschafft. Vielleicht entdecken Sie beim Stöbern auch neue Aspekte, die Sie bisher noch nicht bedacht hatten und die Ihnen bei Ihrer gemeinsamen Reise durch die Pubertät weiterhelfen.
Teil I
IN DIESEM TEIL …
Spätestens wenn zum ersten Mal die Kinderzimmertür zuknallt, wird es offensichtlich – aus dem niedlichen Kind wird ein launischer Teenager. Jetzt ändert sich vieles. Nicht nur Ihr Kind tritt in eine neue Lebensphase ein, auch Sie müssen sich in einer neuen Rolle zurechtfinden. Teil I dieses Buches fasst zusammen, worauf Sie sich in den nächsten Jahren einstellen sollten. Dabei sind Jugendliche natürlich ganz verschieden. Während der eine Teenie jedes Risiko mitnimmt, hockt der nächste gern in seinem Zimmer und muss zu jeder Aktivität motiviert werden. Sie bekommen in diesem Teil erste Tipps für eine gelungene Kommunikation, eine gesunde Streitkultur und Anregungen dazu, die eigenen Einstellungen immer mal wieder zu hinterfragen.
Kapitel 1
IN DIESEM KAPITEL
Daran erkennen Sie, dass es losgehtSo verläuft die PubertätTypische Konflikte – ein ÜberblickDie ersten typischen Anzeichen der Pubertät können überraschend kommen. Plötzlich verhält sich ein Kind anders als die Eltern es von ihm gewohnt sind. Nach anfänglicher Verwirrung wird den meisten Müttern und Vätern schnell klar, dass hier Hormone im Spiel sein müssen.
In diesem Kapitel erhalten Sie einen ersten Überblick über das, was mit der Pubertät Ihres Kindes auf Sie zukommen kann. Hier werden typische Konfliktfelder erklärt. Vertiefendes dazu finden Sie in den jeweiligen Kapiteln dazu.
Ihr Kind auf dem Weg zum Erwachsenenalter zu begleiten, kann anstrengend und sicherlich in Phasen auch frustrierend sein. Trotzdem ist es ein spannender Weg, auf dem Sie Ihr Kind noch einmal ganz neu kennenlernen dürfen.
Nicht nur den Eltern, auch den meisten Kindern ist gegen Ende der vierjährigen Grundschulzeit bewusst, dass eine Veränderung bevorsteht. In den meisten Bundesländern werden sie bald die Schule wechseln und zu den Älteren gehören, den Teenagern.
Das ruft bei vielen Kindern gemischte Gefühle hervor. Den vertrauten Zustand der Kindheit loszulassen und so zu werden wie die Großen, deren Verhalten ihnen immer ein wenig rätselhaft war, ist nicht einfach.
Die elfjährige Leonie ist morgens immer gut aus dem Bett gekommen. Frühes Aufstehen hat ihr nie Probleme gemacht. Doch in letzter Zeit will ihr das einfach nicht mehr gelingen. Wenn ihre Mutter morgens in ihr Zimmer kommt und freundlich »Guten Morgen« sagt, meckert sie sie immer häufiger an. »Kannst du nicht einfach still sein? Ich kann deine Stimme nicht ertragen!«, hat sie zuletzt gesagt.
Wenn das Verhalten der Kinder sich plötzlich ändert, bemerken das nicht nur die Eltern. Auch sie selbst beobachten sich und stehen der Entwicklung nicht selten hilflos gegenüber. Der Start in die Pubertät ist also sowohl für Eltern als auch Kinder eine Herausforderung. Durch das hohe Konfliktpotenzial, das sich nun ergibt, ist eine gegenseitige Unterstützung aber gar nicht immer so einfach.
Das alles ist trotzdem kein Grund zur Verzweiflung! Konflikte, Streit und zeitweise Verständnislosigkeit sind normal und ein Teil des Ablösungsprozesses, der für Kinder und Eltern wichtig ist. Da müssen alle durch!
In diesem Buch erhalten Sie Tipps, wie Sie diese herausfordernde Zeit mit mehr Gelassenheit meistern können.
Der Zeitraum, in dem Sie erste Anzeichen für die beginnende Pubertät erkennen können, liegt in der Regel bei Jungen im Alter zwischen zehn und zwölf und bei Mädchen zwischen durchschnittlich acht und zehn Jahren. In dieser Altersspanne spricht man auch von »Vorpubertät«.
Typische Merkmale sind beispielsweise:
Stimmungsschwankungen
hohe Reizbarkeit
starke Emotionalität
zeitweises Ablehnen von Körperkontakt
häufiger Rückzug ins Kinderzimmer
neue und andere Interessen
Scham – besonders Eltern werden plötzlich peinlich
körperliche Veränderungen – zu Beginn vor allem ein starkes Längenwachstum
Je nach Charakter und Genen der Kinder können einige dieser Merkmale stark ausgeprägt und andere möglicherweise kaum zu bemerken sein.
Kommt Ihr Kind in die Pubertät, wird sich Ihr Familiengefüge in den nächsten Jahren erheblich verändern. Das liegt daran, dass es nun selbstständiger werden will und auch werden muss! Freunde spielen eine immer größere Rolle in seinem Leben und helfen beim Abnabelungsprozess von den Eltern.
Auch seine Interessen verändern sich. Sich auf gemeinsame Familienaktivitäten an Wochenenden und im Urlaub zu einigen, wird immer schwieriger. Zeitweise scheinen Eltern und Kinder in unterschiedlichen Universen zu leben.
Schwierig kann das für jüngere Geschwister werden, die unter Umständen wichtige Spielpartner verlieren und für manche launische Teenager als Blitzableiter herhalten müssen.
Auch Eltern müssen sich meistens auf häufigeren und veränderten Streit einstellen. Ihr Kind ist auf dem direkten Weg in ein mündiges Erwachsenenleben. Regeln, Verbote und Wertvorstellungen werden von ihm hinterfragt. Daher kommt es in vielen Familien vermehrt zu Diskussionen – oft auch über Themen, mit denen sich die Eltern bisher nie auseinandersetzen mussten.
Hier hilft es Ihnen, wenn Sie die Kommunikation mit Ihrem Kind bewusst gestalten, sich also Gedanken darüber machen, wann Sie Dinge am besten ansprechen, welche Wörter Sie gebrauchen und was genau Ihre Ziele sind. Mehr dazu lesen Sie in Kapitel 3 und, je nach Thema Ihres Streits, auch in den jeweils dazugehörigen Kapiteln.
Eine große Aufgabe der nächsten Jahre wird das Loslassen sein. Sie haben Ihr Kind in seinen ersten Lebensjahren rund um die Uhr begleitet, haben Entscheidungen für es getroffen, Ihren Tagesablauf mit seinem in Einklang gebracht. Jetzt ist es möglicherweise kaum noch zu Hause. Viele Eltern haben das Gefühl, weniger gebraucht, manchmal sogar weniger geliebt zu werden. Auch wenn weder das eine noch das andere stimmt, kann das belastend sein. In Kapitel 3 erfahren Sie, wie Sie gut mit Verlustängsten umgehen können.
Und es gibt auch Vorteile: Je selbstständiger Ihr Kind wird, desto mehr Freiheiten und Auszeiten gewinnen Sie selbst in Ihrem Alltag zurück! Das kann am Anfang ungewohnt und vielleicht sogar beängstigend sein. Wenn Sie sich darauf einlassen, können Sie aber davon profitieren, etwa mit einem neuen Hobby, einer beruflichen Neuorientierung oder einfach mehr Zeit zum Ausspannen.
Bestimmt haben Sie schon davon gehört oder gelesen, dass die Pubertät immer früher einsetzt und auch länger dauert.
Im Schnitt bekommen Mädchen heute bereits mit zwölf Jahren zum ersten Mal ihre Tage. Man vermutet, dass der Körper durch die reichhaltige Ernährung signalisiert bekommt, zur Fortpflanzung bereit zu sein.
Die körperliche Reifung ist im Schnitt bei Männern und Frauen mit etwa 16 bis 17 Jahren abgeschlossen, das Längenwachstum kann sich allerdings auch noch bis zum 21. Lebensjahr fortsetzen.
Die soziale und psychologische Reifung kann sich allerdings noch lange hinziehen. Je nach Charakter und persönlicher Situation bis etwa zum dreißigsten Lebensjahr. Auch eine lange Ausbildung zieht die Jugendzeit in die Länge.
Das Verhältnis zu den Eltern entspannt sich meistens schon deutlich früher wieder. Nach den ersten Jahren der Pubertät geht die Streitlust der meisten Teenies schon wieder etwas zurück.
Krisen kommen in Familien mit pubertierenden Kindern immer wieder vor. Häufig sind
Streit,
Entfremdung,
Vertrauensverlust und
psychische Schwierigkeiten.
Krisen müssen aber kein Dauerzustand sein! Mit der richtigen Kommunikation können Sie viel erreichen – und andersherum ist eine fehlerhafte Kommunikation nicht selten ein Auslöser für eine Krise.
Sie sollten außerdem nicht vergessen, dass Krisen, so nervenaufreibend sie auch sein können, in dieser Phase des Lebens normal sind und die Jugendlichen im besten Fall daran wachsen.
Krisen haben oft etwas mit dem Finden der eigenen Identität zu tun – einem der wichtigsten Themen von Heranwachsenden. Um herauszufinden, wer und wie sie sind, gehen viele Teenager Risiken ein oder tun Dinge, die ihre Eltern nicht nachvollziehen können. Dazu gehören auch der Umgang mit dem eigenen Körper, ihr Essverhalten und die schulischen Leistungen.
Ein weiteres großes Konfliktfeld, das in den letzten Jahren immer extremer geworden ist, findet sich im Bereich der Mediennutzung.
Jugendliche fühlen und verhalten sich oft extrem. Viele kleiden sich auffällig, wechseln immer wieder ihre Frisuren und Haarfarben, wünschen sich Tattoos und Piercings. Sie hungern und treiben viel zu viel Sport, essen nur bestimmte Dinge, um den Planeten zu retten oder experimentieren mit Drogen und Alkohol.
Je nachdem, woran ihre Sprösslinge sich gerade abarbeiten, reagieren die meisten Eltern mit Sorge auf das extreme Verhalten ihrer Kinder.
Sorgen können berechtigt sein – hilfreich sind sie meistens nicht. Oft stehen sie einem planvollen und angemessenen Handeln sogar im Weg. Wenn Sie sich Sorgen machen und mit Ihrem Kind darüber sprechen möchte, sollten Sie sich unbedingt überlegen, wie Sie am besten vorgehen.
Jugendliche fühlen sich schnell unverstanden und entmündigt, wenn Mütter oder Väter ihnen aus Sorge etwas verbieten wollen. Schnell entsteht der Eindruck, dass ihre Eltern sie nicht wirklich wahrnehmen und nur auf ihre eigenen Interessen achten. Jugendliche brauchen Grenzen, aber:
Hinterfragen Sie Ihre Sorgen. Sind sie wirklich berechtigt?
Versuchen Sie, Verständnis für die Aktionen Ihres Kindes aufzubringen.
Halten Sie Konflikte, die daraus entstehen, aus.
Ihr Körper ist für viele Jugendliche ein sensibles Dauerthema. Oft stellen sie ihr Aussehen infrage. Kleine Makel nehmen sie wie durch ein Vergrößerungsglas wahr.
Mode ist vielen Teenies wichtig. Über ihren Kleidungsstil können sie sich ausdrücken. Manche kleiden sich ganz bewusst immer nach der neuesten Mode, um Zugehörigkeit herzustellen, oft auch um ihren Status unter Beweis zu stellen. Kapitel 8 beschäftigt sich mit dem Thema »Modebewusstsein und Modezwang«. Andere grenzen sich durch ihr Outfit eher ab, zum Beispiel um zu zeigen, dass sie beim allgemeinen Konsumverhalten nicht mitmachen.
Sehr zum Missfallen vieler Eltern haben manche Mädchen das Bedürfnis, sich besonders sexy zu kleiden, etwa mit einem tiefen Ausschnitt und sehr kurzen Hosen oder Röcken. Auch das Thema »bauchfrei« dürfte in vielen Familien für Diskussionen sorgen.
In Kapitel 4 finden Sie ausführliche Informationen zu diesem Thema und Tipps, wie Sie damit umgehen können.
Auch die Ernährung kann zu Konflikten führen, wenn Sie beispielsweise befürchten müssen, dass Ihr Kind eine Essstörung entwickelt. In Kapitel 11 erhalten Sie Anregungen zum Umgang mit diesem Problem sowie Informationen, wo Sie Hilfe bekommen.
Aber auch unabhängig von gefährlichen Tendenzen kann das Thema Essen zu Streit führen, etwa wenn Jugendliche dogmatische Vegetarier oder Veganer sind und keine andere Einstellung akzeptieren können. Hiermit beschäftigt sich Kapitel 7.
Und wann kann Sport eigentlich zu viel werden? Über das Thema Fitnesswahn lesen Sie in Kapitel 9.
Der Klassiker unter den Ängsten, die Eltern pubertierender Kinder haben, ist wohl die Sorge vor gefährlichen Dingen, die die Sprösslinge ausprobieren könnten. Dazu zählen zum Beispiel:
Alkohol trinken
Drogen ausprobieren
Rauchen
Diebstahl
gefährliche Aktionen wie das Klettern auf Dächer oder S-Bahn-Surfen
Umgang mit »falschen« Freunden
Beziehungen, in denen sie ausgenutzt oder missbraucht werden
ungeschützter Sex
sich unbedacht in sozialen Medien zu präsentieren und zu viel von sich preiszugeben
sich einer radikalen Ideologie anzuschließen
Manche dieser Dinge tun Jugendliche, um sich den Respekt ihrer Clique zu erobern oder um endlich richtig dazuzugehören. Auch Mutproben werden immer noch in vielen Gruppen veranstaltet.
Dass Teenager Dinge ausprobieren, mit denen Eltern nicht einverstanden sind, ist nicht unnormal. Manches müssen sie einfach selbst erlebt haben, um festzustellen, dass es falsch war.
Jugendliche tun aber auch Dinge, die sie eigentlich gar nicht tun möchten. Das Neinsagen fällt ihnen dann schwer, sie haben Angst, zum Außenseiter zu werden oder als uncool zu gelten. Hier können Eltern helfen, indem sie die Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls ins Zentrum ihrer Erziehung stellen. Sie können Ihr Kind dabei unterstützen, sich selbst zu akzeptieren und Selbstvertrauen aufzubauen.
Weil das Selbstwertgefühl bei jedem Thema dieses Buches eine Rolle spielt, finden Sie immer wieder Tipps dazu.
Während der Pubertät ist vielen Schülerinnen und Schülern alles Mögliche wichtiger als die Schule. Kein Wunder, schließlich ist jetzt viel los bei ihnen: Sie stellen Alltägliches infrage, durchleben Phasen großer Unsicherheit und starke Emotionen. Anders als Erwachsene leben sie noch stärker im Hier und Jetzt – was übrigens sehr gesund ist, sich aber negativ auf das Bestreben auswirken kann, langfristig einen guten Schulabschluss zu erreichen.
Die Leistungen vieler Teenager gehen während der Pubertät zeitweise zurück. Hier ist es wichtig zu unterscheiden, ob es sich um ein vorübergehendes Phänomen handelt, bei dem der Stoff problemlos aufgeholt werden kann, oder ob der Teenie sich in einer tiefen Schulkrise befindet, aus der er allein nicht mehr herauskommt. Wichtige Informationen dazu und Tipps, wie Sie Ihr Kind unterstützen können, finden Sie in Kapitel 12.
Es gibt wohl kaum eine Familie, in der der Medienkonsum von Kindern und Teenagern nicht immer wieder zu Streit und auch Krisen führt. Viele Eltern sind stark verunsichert. Die digitale Welt verändert sich so rasant, dass Erwachsene meistens gar nicht alles kennen können, womit sich ihre Kinder im Netz beschäftigen. Außerdem fehlen ihnen die Erfahrungswerte – die Medien ihrer Kindheit waren ganz anders als die, die ihre Kinder nutzen. Hier hilft der Blick zurück in die eigene Jugendzeit wenig.
Aber Panik ist nicht angebracht! Kinder und Jugendliche wachsen in einer Welt auf, die zu großen Teilen digital organisiert ist. Auch ihr Leben findet teilweise online statt – sei es in der Freizeit oder für die Schule. Medien gehören dazu und sollten auch genutzt werden dürfen! Wichtig ist es, dass Kinder und Jugendliche einen kompetenten Umgang mit ihnen lernen.
Als Eltern sollten Sie Ihren Kindern im Umgang mit Medien ein Vorbild sein. Wenn Sie sich auf diesem Gebiet selbst unsicher fühlen, wäre es vielleicht an der Zeit, sich etwas mehr damit zu beschäftigen. Das gibt Sicherheit und tut Ihnen auch persönlich gut, da man in der heutigen Zeit sonst schnell »abgehängt« wird.
Wie Sie einen gesunden Weg der Mediennutzung finden und ihn durchsetzen können, erfahren Sie in Kapitel 10.
Kapitel 2
IN DIESEM KAPITEL
Die Entwicklung des Gehirns – und was daraus resultiertAls Eltern in eine neue Rolle findenGeschwisterkinder unterstützenDas Zusammenleben organisierenKommt ein Kind in die Pubertät, ändert sich nach und nach für die gesamte Familie sehr viel. Nicht nur der Teenie, auch die Eltern müssen sich in einer neuen Rolle zurechtfinden. Ging es vorher oft um Nähe, Bindung und gemeinsame Quality-Time, müssen sie sich jetzt darauf einstellen, dass ihr Kind viele Freiheiten einfordert und eventuell auch weniger Kontakt haben möchte. Es ist eine ganz schöne Herausforderung, mit diesem Wechsel klarzukommen, manchmal von heute auf morgen.
Und auch für Geschwister kann es herausfordernd werden. Die jüngere Schwester verliert vielleicht eine wichtige Spielpartnerin und der ältere Bruder muss damit zurechtkommen, dass »die Kleine« jetzt ähnliche Bedürfnisse anmeldet wie er selbst.
In der gesamten Familie können die Gefühle jetzt immer wieder hochkochen – am meisten aber bei den Teenagern, deren Hormone jetzt für jede Menge Stimmungsschwankungen sorgen. Jetzt kann jedes Wort plötzlich das eine zu viel sein, das für einen Wutausbruch oder einen Weinkrampf sorgt.
Die Gefühlsschwankungen von Jugendlichen können eine große Hürde für ein harmonisches Familienleben darstellen.
Lillis Vater hat zurzeit das Gefühl, wie auf rohen Eiern durch die Wohnung zu laufen. Alles scheint falsch zu sein – mal meckert seine Tochter ihn an, weil er sie anlächelt, mal ist sie beleidigt, weil er sie angeblich immer ignoriert. Und egal was er sagt – alles kann jederzeit einen Wutausbruch auslösen.
Diese Gefühlsschwankungen können Barrieren zwischen Kindern und Eltern aufbauen. Vielleicht merken Sie als Mutter oder Vater, dass es Ihrem Teenie nicht gut geht, haben aber keine Ahnung, wie Sie ihm helfen sollen, denn er lässt Sie nicht an sich heran. Teenager auf ihre Laune anzusprechen, kann genauso falsch sein wie sie zu ignorieren.
Nehmen Sie solche Gefühlsausbrüche nicht persönlich, selbst wenn Ihr Kind Sie dabei beleidigt. Natürlich müssen Sie Schimpfwörter nicht kommentarlos über sich ergehen lassen! Trotzdem sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass Ihr Kind sehr wahrscheinlich nur hilflos um sich schlägt. Während eines Wutausbruchs macht Reden keinen Sinn. Warten Sie auf bessere Laune und versuchen Sie es dann noch einmal. Möglicherweise weiß Ihr Kind dann schon gar nicht mehr, was eigentlich los war. Trotzdem ist es wichtig, ihm zu sagen, dass Sie nicht so behandelt werden möchten.
Je nachdem, was ein tobender Teenager einem an den Kopf wirft, ist es nicht leicht, das Verhalten nicht persönlich zu nehmen. Als Eltern können Sie keinen rein professionellen Umgang mit Ihrem Kind haben – dazu sind zu viele Gefühle im Spiel. Ihr Kind ist Ihnen nicht egal, deshalb tut seine Beleidigung weh, auch wenn Sie wissen, dass hier hauptsächlich die Hormone aus ihm sprechen.
In solchen Situationen hilft Folgendes:
Machen Sie sich klar, dass die allerwenigsten Probleme auf der Stelle gelöst werden müssen. Kein Streit muss sofort bis zum Ende ausgefochten werden und auch viele Entscheidungen können noch ein wenig aufgeschoben werden.
Halten Sie Ihre Impulse zu schreien, zu schimpfen oder Vorwürfe zu machen unter Kontrolle. Atmen Sie tief durch, zählen Sie bis zehn und überlegen Sie dann noch einmal, was der vernünftigste nächste Schritt wäre.
Vergessen Sie nicht, dass dieses Verhalten nur eine Phase ist. Die Pubertät geht vorbei. Und auch innerhalb der Pubertät wird Ihr Kind nicht ständig ausrasten. Sie werden noch viele schöne Momente miteinander haben!
Das Gehirn Ihres Kindes befindet sich in der Pubertät in der größten Veränderungsphase seines Lebens. Es wird komplett umgebaut. Damit sich die kindlichen Denkprozesse den erwachsenen angleichen, müssen sie schneller und effektiver werden.
Während der Kindheit bilden sich ständig neue neuronale Verbindungen im Gehirn. In der Pubertät werden viele wieder aufgelöst. Es wird nur das behalten, was auch gebraucht wird. Die Verbindungen, die bestehen bleiben, werden dafür verstärkt. Am Ende der »Bauarbeiten« funktioniert das Denken schließlich so wie bei erwachsenen Menschen.
Leider läuft dieser Prozess im Gehirn nicht überall gleichzeitig ab – damit wäre es wohl auch heillos überfordert. Die einzelnen Gehirnareale sind unterschiedlich schnell fertig. Das führt zu dem bekannten irrationalen, emotionalen und extremen Verhalten der Jugendlichen.
Zu Beginn werden die Hirnteile optimiert, die für folgende Bereiche verantwortlich sind:
Bewegungsabläufe
Wahrnehmung
Orientierung
Sprache
In diesen Bereichen machen Teenager daher die ersten massiven Fortschritte im Vergleich zur Kindheit.
Im Gehirn reift am schnellsten das limbische System, das für die Gefühle verantwortlich ist. Dadurch haben die Emotionen der Teenies für eine ganze Weile das Sagen.
Der präfrontale Cortex, der für Vernunft, Vorsicht und Weitsicht zuständig ist, wird als Letztes umgebaut. Kein Wunder also, dass Teenager so oft von ihren Gefühlen überwältigt werden und Eltern zum Beispiel den Eindruck bekommen, sie hätten es gerade mit einer Dreijährigen zu tun.
Folgen dieser späten Reifung sind beispielsweise extreme Reaktionen wie:
Wutausbrüche mit knallenden Türen und Beschimpfungen
irrationale Ängste, zum Beispiel vor dem Versagen
aggressives Verhalten
sich ständig von aller Welt missverstanden fühlen
Dass Jugendliche sich häufig missverstanden fühlen oder das Gefühl haben, andere würden sie nicht mögen, hängt auch damit zusammen, dass ihre Wahrnehmungen von sozialen Interaktionen durch das limbische System gefiltert werden. Eine rationale Bewertung fällt ihnen sehr schwer.
Tun Sie es also nicht ab, wenn Ihr Kind Ihnen vorwirft, kein Verständnis aufzubringen. Es kommt ihm wahrscheinlich gerade tatsächlich so vor.
Im limbischen System werden auch die Hormone gebildet und ausgeschüttet, unter anderem auch Dopamin.
Allerdings verfügen Heranwachsende über weniger Rezeptoren für das Glückshormon. Jugendliche brauchen also stärkere Reize, um Glücksgefühle zu erleben. Das, was ältere Menschen glücklich macht, empfinden sie oft als langweilig. Sie brauchen Abenteuer und leider oft auch eine Portion Risiko.
Forscher vermuten, dass hier auch die Ursache dafür zu finden ist, dass viele Jugendliche mit Alkohol und Drogen experimentieren – Glücksgefühle lassen sich so einfach herstellen.
Alkohol und Drogen können während des komplexen Reifeprozesses im Gehirn Schaden anrichten. Mehr zum Thema Alkohol- und Drogenkonsum sowie Tipps zum Umgang damit finden Sie in Kapitel 11.
Dafür, dass die Pubertät in Gang kommt, sind ebenfalls Hormone verantwortlich. Bei Jungen ist es das Testosteron, das in den Hoden produziert wird. Testosteron ist für sämtliche körperlichen Veränderungen verantwortlich, die von nun an geschehen. Es hat auch einen starken Einfluss auf die Gefühle der Jungen, insbesondere auf Wut und Aggression.