Rain On My Crazy Bärenfellmütze - Klaus Nüchtern - E-Book

Rain On My Crazy Bärenfellmütze E-Book

Klaus Nüchtern

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Beschreibung

Das (Zweit-)Beste aus dem Leben eines Mannes, der alles erlebt hat: Nüchtern betrachtet. Jetzt in gesammelter Form. Das haut nicht nur den kleinen Tapir um! Die Erlebnisse eines Marathonläufers, Vaters einer Tochter, Biertrinkers und Kulturredakteurs einer Wiener Stadtzeitung: Mit ganz und gar normalen Geschichten von der Küchenrollenmafia, Fadgaskonzentrationen, Schnee auf schwarzsamtenen Sakkos oder von Männern und Frauen vor Ketchupregalen gewährt Nüchtern Einblick in sein urbanes Leben.

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Seitenzahl: 132

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Klaus Nüchtern

Rain On My Crazy Bärenfellmütze

Nüchtern betrachtet:

die 76 zweitbesten Kolumnen

mit zahlreichen Vorworten

und vier Bonustracks

Falter Verlag

© 2001 Falter Verlagsgesellschaft m.b.H.

1011 Wien, Marc-Aurel-Straße 9

T: +43/​1/​536 60-0, E: [email protected], W: www.falter.at

Alle Rechte vorbehalten.

Keine unerlaubte Vervielfältigung!

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016

ISBN ePub: 978-3-85439-548-5

ISBN Kindle: 978-3-85439-558-4

ISBN Printausgabe: 978-3-85439-216-6

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Armin Thurnher: Klaus Nüchtern, Werk und Mann

Karl Duffek: Der Nüchtern der Reise

Wolfgang Kralicek: König ohne Reich

Klaus Taschwer: Die ganze Wahrheit

Thomas Vašek: Minima ohne Moral

Tex Rubinowitz: Um Klaus Nüchtern zu verstehen

Klaus Nüchtern: Über Inhalt und Gebrauch

Drogen und Didaktik

Gemüse und Getränke

Ins Nahe und Ferne

Kummer in Kärnten

Sonne und Regen

Damen und Herren

Haushalt und Familie

Hosen und Haare

Traum und Wirklichkeit

Quellen

Fußnoten

Klaus Nüchtern, Werk und Mann.

In den Vorworten zur Kolumnensammlung stellt Nüchtern offenbar gezielt einige Objekte seiner Beschreibung aus; ich bin kein Spielverderber und stelle mich gerne ein, aber kommentieren möchte ich mein Dasein als Objekt nüchterner Betrachtung nicht auch noch. Ich ziehe es vor, mich auf den Unterschied zwischen Literatur und Leben zurückzuziehen – wenngleich mein Verdacht wächst, dass Nüchtern in seinen Kolumnen und in seinem Leben darauf aus ist, genau diesen Unterschied zu erledigen. Literatur als Rache an einem Leben, das uns, wenn wir Glück haben, wenigstens Anlass gibt, über uns selbst zu lachen. Ist das gelebte Literatur? Ist das literarisiertes Leben? Sind wir wirklich so lächerlich? Oder sind wir erst lächerlich, wenn wir uns ernst nehmen? Ist diese Ironie noch freiwillig oder beugt sie sich gekonnt ironisch dem Joch des herrschenden Ironiezwangs, und überhaupt: Beschleicht uns der gefürchtete Ernst des Lebens hier nicht nach einer 360-Grad-Wendung von hinten?

Ich weiß es nicht und wills nicht wissen. Nüchtern, dieser Hinweis sei gestattet, ist Protestant. Als sein Vorgesetzter weiß ich sein daher stammendes Arbeitsethos überaus zu schätzen. Es ist ja bekanntlich der peinlichste Irrtum überhaupt, das literarische Ich mit der Person in eins zu setzen. Deshalb hier weitere Fakten über den Autor: Ich hatte seit der Gründung des Falter einen Menschen gesucht, der lustigere Kolumnen schreiben kann als ich. Als ich Klaus Nüchtern vor etlichen Jahren bei einer Germanistentagung in der Abtei Muri kennen lernte, wo er verständig über „Lautverschiebung und Klassengesellschaft“ extemporierte, war mir klar, das ist mein Mann. Später traf ich ihn einmal zufällig im Lift unseres Verlagshauses. Während wir nach oben fuhren, ich in den elften, er in den siebenten Stock, sagte ich zu ihm: „Sie, ich mach Sie aufmerksam! Mit Ihrem Namen sollten Sie eine Kolumne schreiben.“ In kaum zwei Minuten war die Sache abgemacht. Später unternahmen wir mit der Redaktion einmal einen Wandertag. Etwas lief schief und ein Redakteur nach dem anderen kam uns abhanden. Nur Nüchtern blieb bei der Gruppe, also bei mir, weshalb er mein Stellvertreter wurde. Seither bringen wir Woche für Woche die schönsten Titelblätter und die prächtigsten Kolumnen der Welt zustande, erklären einander täglich den Journalismus neu und unterhalten damit in einem feinen, bereits für ausgestorben gehaltenen Konversationston die jungen Kollegen. (Die verkaufen später draußen in der wirklichen Welt ihre eher passive, aber stets amüsierte und vor allem gut bezahlte Teilnahme an dieser kolossalen Unterhaltung als „Ausbildung“.) Kurz, Nüchtern ist der beste Stellvertreter, den ich mir denken kann. Seine Kolumnen sind übrigens auch nicht schlecht.

Armin Thurnher

Der Nüchtern der Reise

Als ich kürzlich in flüssigem Beton kniete („Nüchtern betrachtet“-Leser kennen die Geschichte), erinnerte ich mich an die Zeit vor zwanzig Jahren, als Nüchtern und ich Jahr für Jahr mit dem Interrailticket Europa durchquerten und sehr bald den Preis „Nüchtern der Reise“ erfanden – für die blödeste Aktion, die einer von uns im Laufe dieses gemeinsam verbrachten Monats lieferte. Seinen Namen erhielt dieser Preis – wie unschwer zu erraten ist –, weil der Gewinner selten wechselte: Nüchtern hatte und hat nicht nur fürs Schreiben, sondern auch dafür ein spezifisches Talent.

Das mag zum Teil mit erratischer Wahrnehmung der Außenwelt zusammenhängen: Einmal wollte er partout ein Pariser Kaufhaus durch geschlossene Glastüren verlassen, ein anderes Mal sollte ein flotter Sprung über eine Absperrung kampierende Mädels in Irland beeindrucken. – Immerhin konnten sie die erstaunlich steile Flugbahn bewundern, die Nüchtern samt unserem zerberstenden Geschirr nahm. Solche Aktionen wurden für den Preis aber nicht einmal in Erwägung gezogen. Auch Socken zunächst in Fanta zu tränken, sie dann außen auf den Rucksack zu binden und so die gar nicht unbeträchtliche schwedische Wespenpopulation auf uns aufmerksam zu machen, kostete die Jury lediglich ein müdes Lächeln. Bessere Chancen hatten da schon die regelmäßigen Krankenhausbesuche wegen verstauchten Knöchels (Federball), Blutvergiftung (ein Stück Holz) oder vermeintlicher Herzattacke – vom Arzt in London mit einem freundlichen „Just disappear!“ quittiert.

Nicht immer lösten Nüchterns Aktionen Lachen oder Mitleid bei seinen Mitreisenden aus. Zu dritt waren wir auf dem Weg zum Campingplatz, als er uns anvertraute, dass das gemeinsame Zelt die Bahnreise nunmehr allein fortsetzen dürfe. Das kam nicht gut – auch nicht in Irland, wo zum Glück das Ende jeder Zugstrecke absehbar ist.

Doch auch diesmal wartet die Geschichte wieder einmal mit einer ihrer typischen Ironien auf: Den „Größten Nüchtern aller Reisen“ wird wohl unser Freund Rotty behalten, der sich am Zugsklo die Scheiße eines anderen in ordentlicher Menge auf die Hose schmierte und erst Hunderte Kilometer weiter – in einem ohnehin bereits stinkenden Hotel in Sevilla – von uns darauf aufmerksam gemacht werden musste.

Schade, dass ich nicht auf Reisen in den Beton gefallen bin. Zumindest für eine Nominierung hätte es wohl gereicht.

Karl Duffek,

alias „Royal Albert Hall“ („R.A.H.“)

König ohne Reich

Gestatten: König Kralicek. Wenn Sie wollen, können Sie aber auch König Kenzo zu mir sagen. Jedenfalls sind das die beiden Namen, mit denen mich Nüchtern in seiner Kolumne geadelt hat. Ich gebe zu, dass es mich stolz macht, in seiner Kolumne hin und wieder eine Rolle spielen zu dürfen, obwohl das eigentlich noch keine besondere Leistung darstellt. Weil Nüchtern eh nur aufschreibt, was er so erlebt hat, muss man sich einfach nur in seiner Nähe herumtreiben – schon ist man drin.

Es ist übrigens gar nicht unangenehm, sich in Nüchterns Gesellschaft aufzuhalten. Der Mann ist gebildet wie Rudolf Steiner, er verfügt über den gepflegten britischen Witz eines Benny Hill, seine chronischen Hautkrankheiten sind nicht ansteckend, und sein aristokratisches Auftreten steht dem des Prinzen von Hannover in nichts nach. Es soll hier nicht verhehlt werden, dass natürlich auch einer wie Nüchtern seine kleinen Schwächen hat. Aber erstens macht ihn das nur menschlich, und zweitens will ich darauf schon deshalb nicht näher eingehen, weil Nüchtern mein unmittelbarer Vorgesetzter ist.

Stattdessen möchte ich mich auf Anekdotisches in eigener Sache beschränken und zu erklären versuchen, wie es zu „König Kenzo“ kam. Der Titel „König“ stammt, glaube ich, von Thurnher, der irgendwann anfing, mich so zu nennen. Ich war mir nicht ganz sicher, ob der Chef mich damit demütigen oder mir auf diese jovial-ironische Art seinen Respekt erweisen wollte, und beschloss, es im Zweifelsfall einfach schmeichelhaft zu finden.

Der Beiname „Kenzo“ geht auf einen Einkaufsbummel in Istanbul zurück. Der Falter Verlag unternahm einen Betriebsausflug an den Bosporus, wobei irrtümlich ein Hotel im Nobelviertel der Stadt gebucht worden war, in dessen Umkreis es von teuren Markenboutiquen wimmelte. In einer davon erwarb ich ein kleidsames (und im Übrigen sauteures) Fischgrätsakko der Firma Kenzo. Später begleitete ich Nüchtern und Thurnher in die nahe gelegene DKNY-Filiale, wo preisreduzierte Anzüge angeboten wurden, die mir aber – anders als meinen beiden gertenschlanken Kollegen – nicht passten. Als es ans Gehen ging, rief Thurnher nach dem „König“ – also nach mir –, worauf die Verkäuferin mich ansah und den Schwindel aufdeckte: „He is not really König, is he?“

Und so geschah es, dass ich in Nüchterns Kolumne König Kenzo heiße.

Wolfgang Kralicek

alias „King Kralicek“, „König Kenzo“, „König Kralicek“

Die ganze Wahrheit

Nicht erst seitdem der Musiker Tony Wegas seine Lebensbeichte unter dem Titel „Nüchtern betrachtet“ abgeliefert hat, stellen Sie sich womöglich eine ernste Frage: „Welche feinen Mittelchen zieht sich Klaus Nüchtern rein, um derartig irrwitzige Kolumnen zu schreiben?“ Grundsätzlich ist der Mann Flüssigkeiten mit C2 H5OH-Beteiligung nicht völlig abgeneigt, wie Sie aus den selbst süchtig machenden Texten wahrscheinlich wissen. Aber ebenso grundsätzlich verfasst er seine Kolumnen absolut unhalluziniert, was ich dank langjähriger teilnehmender Beobachtungen bestätigen kann. Immer, wenn sich gerade die Gelegenheit ergibt, schaue ich ihm beim „Nüchtern-Betrachten“ möglichst unbeteiligt über die mitunter zart schuppenumflorten Schultern (das bleibt jetzt bitte unter uns!), um zu ergründen, wie er sich Formulierungen und Metaphern aus den Fingern saugt, für die sich so mancher deutschsprachige Großschriftsteller ohne weiteres einen abhacken würde. Die banale Wahrheit ist, dass Nüchtern einfach vor seinem Computer sitzt, tippt und dazwischen etwas unorthodox an einem Schälchen Tee nippt (britische Blends mit viel Milch oder grüner Tee aus Stahlkännchen). Ich schwörs: mehr ist da nicht!

Mich persönlich stellen diese Texte immer wieder vor eine ganz andere Frage: Mitfühlende Mitmenschen wollen wissen, warum ich darin „Jammerladen oder so ähnlich“ genannt werde. Zumeist ist das mit dem tröstenden Nachsatz verbunden: „So kenn ich dich gar nicht.“ Ich sage darauf meistens: „Nicht Jammerladen! Dschämälädien!“, und füge der Wahrheit entsprechend hinzu, dass Namenspatron Jamaaladeen Tacuma der funkigste und bestangezogene E-Bassist der Welt ist. Manche sagen dann abermals: „So kenn ich dich gar nicht“ (nun mit einem anerkennenden Unterton), worauf ich errötend den Blick senke. Denn in Wahrheit kenne ich mich so auch nicht: Am Höhepunkt meiner Musikerkarriere wirkte ich als 3. (in Worten: dritter) Kontrabassist im Judenburger Kammerorchester mit. Und das war nun wirklich ein musikalischer Jammerladen. (Aber das bleibt jetzt bitte auch unter uns!)

Klaus „Jamaaladeen“ Taschwer

Minima ohne Moral

Guten Tag, ich bin Slomo. Der aus „Nüchtern betrachtet“. Wann und unter welchen Umständen Nüchtern Slomo erfunden hat, weiß ich nicht mehr genau. Angeblich eine Kurzform von „slow motion“. Ich vermute, Nüchtern meint damit, dass ich eher zum Langsamen als zum Schnellen tendiere. Was nicht ganz falsch ist. Auch nicht ganz richtig. Aber darauf kommt es nicht an. Natürlich freue ich mich, dass Slomo auf der Nüchtern’schen Weltbühne eine Rolle spielen darf. Journalisten freuen sich ganz generell darüber, wenn sie in den Kolumnen anderer Journalisten eine Rolle spielen. Ich freue mich besonders. Glauben Sie es oder nicht, man wird darauf angesprochen. Ach, du bist Slomo? Hab gerade gelesen, was der Nüchtern über dich geschrieben hat. Stimmt das denn auch? Total witzig, hab mich kaputtgelacht. – Kommt gut, kann ich Ihnen sagen. Bei den Frauen zum Beispiel, aber das ist nur ein Nebeneffekt der Eitelkeit.

Gerne kläre ich dann auf, warum Slomo und so. Was wahr ist an den Geschichten. Wer der Jammerladen ist, und wieso Royal Albert Hall. Bestätige auf Anfrage, dass Nüchtern real existiert und der Name kein Witz ist. Und dass der Nüchtern natürlich schon ganz genau so ist, wobei natürlich … Dass es darauf einerseits gar nicht ankommt, andererseits doch. Über sexuelle Dinge spreche ich auch auf Anfrage nicht. Gerne empfehle ich die Nüchtern’schen Kolumnen. Diese erstaunlichen, manchmal absonderlichen, ja gänzlich abwegigen Betrachtungen. Diese Minima ohne Moral. Diesen Mikrokosmos aus Männersocken, alkoholischen Getränken, Haut- und Küchengewächsen.

Nein, man muss den Nüchtern nicht kennen, um die Kolumnen zu verstehen. Obwohl natürlich – es hilft. Geschichten könnte ich Ihnen erzählen. Aber lesen Sie lieber, was Nüchtern schreibt. Da steht alles drin. Die ganze Wahrheit. Und viele kleine Wahrheiten. Über dieses und jenes, über Bockbier und Schuppenshampoos, Geschlechterverhältnisse, das Leben und überhaupt.

Thomas Vašek alias „Slomo“

Um Klaus Nüchtern zu verstehen …

… muss man seine Schrullen sehen. Der Mann ist an und für sich eine honorable Person, gut in Saft, Wuchs und Futter, Teil der Infoelite des Landes, ein DIOK1, ein BoBo2, urban, rural, philanthrop bis zum Abwinken, eingebunden in ein engmaschiges soziales Netz.

Doch dieses glatte Bild weist auch Risse auf, die man auf den ersten Blick nicht sieht. Ich habe ein zweites Mal hingeschaut und möchte den geschätzten Nüchternfans von seinen Ängsten, Schrullen und Launen erzählen.

1. Er ist Frischluftfanatiker, bei ihm herrscht immer Durchzug. Nur so kann man erklären, warum seine Schnapsgläser so schwer sind, sie wiegen ungelogen ein Kilogramm. Sein zweitliebstes Getränk ist Schnaps und es nervt ihn, wenn er davonweht.

2. Sein liebstes Getränk ist Bier. Nicht irgendein Bier, sondern tschechisches. Also extrem schales, abgestandenes, in das alibihalber eine Hand voll Kohlensäurebläschen gestreut wurde. Er bezeichnet sich als Bierkenner!

3. Der Mann kann wie ein Chamäleon seine Haut verändern. Ich musste ihn einmal aus beruflichen Gründen würgen und tat dies während eines Mahls leckerer Krustentiere. Eine Nanosekunde später wurde sein Hals knallrot und quoll zu einer attraktiven Halskrause an. Prophylaxe für ein Peitschenschlagtrauma oder nur ein Taschenspielertrick?

4. Er hört Jazzfunk, das kann man allerdings schon nicht mehr als Schrulle schönreden – das ist eine ernst zu nehmende Krankheit. Ich habe ihn aber schon einmal ansatzweise kurieren können – mit norwegischem Black Metal à la Panzer Division Masrduk. Ich sah ihn selig mit dem Satanistengruß die Honoratioren der Stadt Kassel erschrecken. Am nächsten Tag hörte er wieder verkniffen Steely Dan, so als sei nichts gewesen.

5. Wofür Nüchtern aber sofort ins Krankenhaus eingeliefert gehört, ist seine Liebe zur Vorabendserie „Hör mal, wer da hämmert“. Hauptdarsteller ist ein debiler, grunzender Mann, ungeschickt wie ein Baby (Vorbild Nüchterns?), ein „Weiser“ hinter einem Zaun, widerwärtige Kinder und Al: ein tapsiger Typ, der nur einen einzigen Satz im Repertoire hat: „Das ist richtig, Tim.“ Das ist jetzt Nüchterns Wahlspruch, zu jeder Tages- und Nachtzeit, obs draußen nass ist oder hell.

Tex Rubinowitz

Über Inhalt und Gebrauch

Zum Verfassen von Kolumnen hat mich Armin Thurnher gezwungen. Dafür bin ich ihm heute noch dankbar, denn so ist es mir möglich, eine Kleinstfamilie zu ernähren, und zwar auf durchaus hohem Niveau, sodass am Wochenende schon einmal ein duftiger Brie de Meaux und/​oder eine mürbe Cacciatore auf den Tisch kommen. Den Kolumnentitel „Nüchtern betrachtet“ habe ich von meinem Vater abgekupfert, der ihn vor Jahrzehnten für Betriebszeitungsglossen verwendete, den Titel des Buches, zu dem mich Armin Thurnher gezwungen hat (wofür ich ihm dankbar bin), habe ich von Pink Floyd gestohlen, der Lieblingsband des Kurzzeitjustizministers Michael Krüger (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Leiter des renommierten Hanser Verlages, der als einer der größten Grateful-Dead-Fans der Branche gilt).

„Nüchtern betrachtet“ erscheint seit 1993 wöchentlich im Falter (es sei denn, der Autor macht Urlaub). Insgesamt existieren also über 400 Kolumnen. Die vorliegende Kompilation folgt ebenso strengen Qualitäts- wie streng subjektiven Auswahlkriterien. Andererseits ist es auch nicht klug, gleich das Allerbeste auf den Markt zu werfen. Deswegen habe ich mich für das Zweitbeste entschieden, das für die Leserschaft (für diesmal) gut genug sein muss. (Ein „Worst of“-Sammelband erschien dem Verlag – vorerst – als zu großes Wagnis.)

Die vorliegende Auswahl umfasst – chronologisch wild zusammengewürfelt und willkürlich nach „thematischen Schwerpunkten“ gegliedert – Kolumnen aus den Jahren 1993 bis 1999 sowie von 2001 (des Titels wegen). Für all jene Leserinnen und Leser, die „Nüchtern betrachtet“ regelmäßig lesen und auswendig lernen (wofür ich ihnen sehr dankbar bin), habe ich vier Bonustracks verfasst, damit sie ihr Geld nicht nur für bereits Bekanntes ausgeben. Vor Bekanntem schützt man sich am besten durch Vergessen. Aus diesem Grunde empfehle ich, dieses Buch wie Schnaps zu benutzen: nicht mehr als drei bis vier Stück täglich und dazwischen auch mal den ein oder anderen Tag pausieren.