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So werden Sie die Nr. 1 im Kopf Ihrer Zielgruppe Rasierte Stachelbeeren sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sich von anderen unterscheiden; sie sind einzigartig oder werden als neu wahrgenommen. Genau das ist das Konzept von Branding. Es schafft in den Köpfen der Verbraucher die Wahrnehmung, dass ein Produkt, ein Unternehmen oder eine Dienstleistung unverwechselbar ist. Dieser Wettbewerbsvorteil wird heute immer entscheidender. Auch kleine mittelständische Unternehmen können Branding betreiben. Wer die Grundregeln der Positionierung und die Chancen der Nischenstrategie beachtet, kann erfolgreich eine eigenständige Marke etablieren – und so die Nr. 1 im Kopf seiner Kunden werden. Aus der Praxis heraus gibt dieses Buch Schritt für Schritt eine Anleitung zur Durchführung eines erfolgreichen Branding- Programms. Abgerundet wird es durch praktische Tipps zum Markenschutz und Markenrecht.
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Seitenzahl: 271
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Peter SawtschenkoAndreas Herden
So werden Sie die Nr. 1
im Kopf Ihrer Zielgruppe
Branding – Erfolgreiche Marken-Positionierung
für kleine und mittelständische Unternehmen
Mit einem Geleitwort von Lothar J. Seiwert
4. Auflage
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeInformationen sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
4. Auflage 2010Lektorat und Bearbeitung: Dr. Sonja Klug, Bad HonnefUmschlaggestaltung: + Malsy Kommunikation und Gestaltung, BremenHerstellung: Das Herstellungsbüro, Hamburg
©2014 GABAL Verlag GmbH, OffenbachDas E-Book basiert auf dem 2000 erschienenen Buchtitel „Rasierte Stachelbeeren“ von Peter Sawtschenko und Andreas Herden, ©2000 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.
ISBN Buchausgabe: 978-3-89749-080-2ISBN epub: 978-3-86200-903-9
www.gabal-verlag.de
Geleitwort von Prof. Dr. Lothar J. Seiwert
Einführung
Teil 1: So werden Sie die Nr. 1 im Kopf Ihrer Zielgruppe
von Peter Sawtschenko
1. Was ist Branding?
2. Branding ist die Summe aller Dinge, die ein Unternehmen erfolgreich macht
3. Strategie kontra Kreativität
4. Konzentrieren Sie sich auf den Kern der Marke
5. Jede Marke braucht eine klar definierte Zielgruppe
6. Wie Ihr Verhalten Sie zu einer Marke macht
7. Die Intel-inside-Strategie
8. Besetzen Sie eine Positionierungsnische
9. Vergrößern Sie Ihren Markt durch eine neue Verwendungskategorie
10. Besetzen Sie eine Marktnische mit einem Pionierprodukt
11. Markenaufbau zum Nulltarif?
12. Vier Techniken zur Platzierung einer Marke
13. Wie ein Key-Visual zu einem Markenzeichen wird
14. Stecken Sie Ihren Claim ab
15. Ihr Erscheinungsbild entscheidet, was andere von Ihnen denken
16. Unterscheiden Sie sich durch Farben
17. Geben Sie Ihrem Kind einen Namen – den richtigen Namen
18. Nutzen Sie die Macht der Presse
19. Markenaufbau benötigt Kontinuität und Konsequenz
Teil 2: Wert und Möglichkeiten von Markenschutz
von Andreas F. Herden
1. Warum überhaupt Markenschutz?
2. Wie erhält man eine Marke?
3. Die weiteren Schritte
4. Der Wert einer Marke
5. Ausblick auf die weitere Bedeutung des Markenschutzes
Anhang
Das amtliche Waren- und Dienstleistungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Zielgruppen sichern das Überleben
In Zukunft werden vor allem diejenigen Unternehmen überleben und bestehen, die es am besten verstehen, sich auf die Bedürfnisse, Probleme und Wünsche ihrer Zielgruppen zu konzentrieren und die Beziehungen zu ihren Kunden optimal zu pflegen. Das tradierte Produkt- und Dienstleistungsmarketing wird vom Customer Relationship Marketing (CRM) abgelöst. Wem es gelingt, sich in den Köpfen und Herzen seiner Zielgruppe dauerhaft zu verankern und sich ebenso schnell an veränderte Markt- und Umweltbedingungen wie neue Konsumententrends anzupassen, sichert das unternehmerische Überleben und zukünftige Wachstum.
Wie kleine und mittelständische Unternehmen das auch schaffen und dabei von den internationalen Marketingstrategien der großen profitieren können, zeigen Ihnen Peter Sawtschenko und Andreas F. Herden in ihrer Step-by-step-Anleitung zu Ihrer erfolgreichen Marken-Positionierung. Schon der Titel dieses praktischen Positionierungs-Ratgebers Rasierte Stachelbeeren zeigt, dass Sie bereit sein müssen, unkonventionelle Wege zu gehen, um die erhöhte Aufmerksamkeit und den Zugang zu Ihrer Zielgruppe zu erreichen. Nur das Ungewohnte lässt uns heute noch aufmerken.
Die Positionierung neu überdenken
Ich wünsche Ihnen bei Lektüre und Studium dieses inspirierenden Branding-Strategiebuches viele Aha-Effekte: Stellen Sie alles Bisherige vorbehaltlos in Frage. Erfinden Sie Ihre Produkte, Ihr Unternehmen, Ihr Business völlig neu! »Was würden Sie nicht mehr tun, wenn Sie mit Ihrem Geschäft jetzt noch einmal neu begännen?«, fragte bereits der amerikanische Management-Guru Peter F. Drucker. Überdenken Sie Ihre gegenwärtige und vor allem Ihre zukünftige Positionierung. Besetzen Sie eine Marktnische, bauen Sie Ihre Marke auf und lassen Sie diese rechtlich schützen.
Branding-Prozess selbst durchlebt
Ich arbeite mit Peter Sawtschenko seit vielen Jahren erfolgreich und freundschaftlich zusammen, und wir haben diesen Branding-Prozess gerade für die Seiwert-Institut GmbH durchlebt. Ergebnis: Das »neue Zeitmanagement« heißt jetzt »Life-Leadership®«, und diese erweiterte Positionierung habe ich beim Europäischen Patentamt natürlich als Marke eintragen lassen.
Branding ist das Marketing der Zukunft. Ich freue mich, wenn es auch Ihnen mit diesem Praxis-Handbuch gelingt, sich im Bewußtsein Ihrer Zielgruppe unverwechselbar zu machen und Ihrem Business möglichst uneinholbare Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.
Ihr Lothar J. Seiwert
Heidelberg, Sommer 2000
Seiwert-Institut GmbHTime-Management und Life-Leadership®www.seiwert.de
Als ich mit meiner Familie, meinen Bekannten und Freunden über die Idee redete, das Buch Rasierte Stachelbeeren zu nennen, waren alle von dem ungewöhnlichen Titel begeistert. Nach kurzer Überlegung kam jedoch immer die Frage: Was hat der Titel mit dem Inhalt des Buches zu tun? Daraufhin erzählte ich ihnen die Geschichte von meinem Jugendfreund Charly.
Als Charly eines Tages zu spät zu einer Verabredung eintraf, überraschte er mich mit der Entschuldigung, er sei die ganze Nacht im Polizeigefängnis festgehalten worden. Auf die Frage, warum, antwortete er: »Ich habe in einer Einbahnstraße einem Polizisten rasierte Stachelbeeren als Kirschen verkauft. Als er es später bemerkte, hat er mich gesucht und verhaftet.« Diese Geschichte habe ich nie vergessen.
Die Wahrnehmung ändern, nicht das Produkt
Rasierte Stachelbeeren steht als Synonym dafür, dass man nicht immer das Produkt, sondern nur die Wahrnehmung ändern muss.
Rasierte Stachelbeeren sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sich von anderen unterscheiden, einzigartig sind oder als neues Produkt wahrgenommen werden. Genau das ist das Konzept von Branding!
Branding schafft in den Köpfen der Verbraucher die Wahrnehmung, dass Ihr Produkt, Ihre Dienstleistung oder Ihr Unternehmen unverwechselbar ist. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Strategie, d. h. die Art und Weise, wie Sie die wesentlichen Voraussetzungen schaffen und Ihre Kräfte und Mittel gezielt einsetzen.
Überflieger unter den Unternehmen
Immer wieder hört man von Unternehmen, die regional uneingeschränkte Platzhirsche sind, die wie Raketen in den nationalen oder internationalen Erfolgshimmel schießen oder die in den Medien den Erfolg feiern, während die Börse gespannt auf die Zeichnung wartet. Überflieger – denen die Kunden und Investoren nur so zulaufen. Ist es Glück oder Zufall oder steckt dahinter eine durchdachte Vorgehensweise?
Die Großen fressen die Kleinen! Wirklich?
Besonders für kleine und mittelständische Unternehmen wird es scheinbar immer schwieriger, mit den großen Konkurrenten und ihrem Marketing-Know-how und Media-Budget mitzuhalten. Die Frage, die viele Unternehmen beschäftigt, ist:
Gibt es Möglichkeiten, mit denen ich mich mit bezahlbarem Aufwand erfolgreich vom Wettbewerb absetzen und als Marke meine Wertschöpfung steigern kann?
Die Antwort lautet: Ja.
In die Zukunft statt in die Vergangenheit schauen
Wer heute konkurrenzfähig bleiben will und dabei die wichtigen Grundregeln der Positionierung und die Chancen der Nischenstrategien beachtet, kann sein Produkt, seine Dienstleistung oder sein Unternehmen nicht nur erfolgreich als eigenständige Marke etablieren, sondern auch die Nummer eins im Kopf seiner Zielgruppe werden. Ziel ist es nicht, die Vergangenheit zu verteidigen, sondern die Zukunft zu erschaffen.
Flexible kleine und mittelständische Unternehmen haben für Veränderungen zu jeder Zeit immer bessere Startpositionen als große schwerfällige.
Alle erfolgreichen Unternehmen haben einmal klein und meist in einer Nische angefangen. Kleine Firmen haben einen Vorteil: Sie sind in ihrem Denken dem Markt näher als große. Sie sind innovativer, flexibler und treffen schneller Entscheidungen, was auch der Grund dafür ist, dass sie schneller wachsen. In den vergangenen sechs Jahren gingen die Arbeitsplätze bei Firmen mit 1000 oder mehr Beschäftigten zurück, während im gleichen Zeitraum die Beschäftigten bei Firmen mit unter 100 Arbeitnehmern stiegen.
Es ist immer einfach, ein Unternehmen zu positionieren und als Marke aufzubauen, sofern das Produkt und die Strategie stimmen, eine steigende Nachfrage zur Expansion zwingt, die Vertriebsstrategie den Erfolg sicherstellt, Zielgruppen klar definiert und Werbegelder im Überfluss vorhanden sind. Doch das ist nicht die Realität!
Vom Nachfrage- zum Angebotsmarkt
Nach über 20 Jahren Arbeit im Bereich Dialogmarketing, Re- und Neu-Positionierung von Unternehmen, Dienstleistungen und Produkten, Marktnischen- und Krisenberatung sowie als Experte für den Direktvertrieb habe ich so gut wie nie erlebt, dass alle Voraussetzungen ideal waren. Realität ist, dass viele Unternehmen in einem Nachfragemarkt groß geworden sind, der sich zu einem Anbietermarkt gewandelt hat. Viele Unternehmen überlebten diese Herausforderung nicht, und diejenigen, die überlebt haben und sich gegen andere Wettbewerber ständig im Markt behaupten müssen, wissen häufig nicht, ob sie die nächsten Jahre überleben werden.
Wer noch glaubte, dass die Loyalität der Kunden und die Qualität der Produkte Sicherheit gab, musste bald feststellen, dass der starke Wettbewerb, Preiskampf, neue Mitarbeiter und Entscheider, Liquiditätsprobleme, veränderte Strategien und veränderte Machtverhältnisse zum Krisenmanagement führten. Mangelnde Innovationen machten solche Unternehmen bald austauschbar.
Buchthemen
Dieses Buch beschäftigt sich im ersten Teil übergreifend mit den wichtigsten Themen und Strategien, um sich erfolgreich als Marke zu positionieren. Denn eine Positionierung als Marke ist die Summe aller Dinge, die dem Erfolg vorausgeht. Im zweiten Teil von Patentanwalt Dr. Andreas F. Herden erhalten Sie unter juristischem Aspekt hilfreiche Unterstützung bei der Eintragung Ihrer Marke ins Waren- und Dienstleistungsverzeichnis und Informationen zum Markenschutz.
Selbst wenn Sie glauben, dass Sie in einer Sackgasse gelandet sind, bietet Ihnen dieses Buch eine Fülle von Möglichkeiten, sich dem ruinösen Wettbewerb zu entziehen.
Sie finden hier Anregungen, wie Sie Ihre Anziehungskraft verbessern können oder durch eine neue Positionierung ein neues Fenster im Kopf Ihrer Zielgruppe öffnen und erfolgreich besetzen. Veranschaulicht werden die Themen des Buches mit vielen Beispielen von großen, kleinen und mittelständischen Unternehmen. Daneben finden Sie Fragen, durch deren Beantwortung Sie sich Schritt für Schritt an die Entwicklung Ihrer Marke heranarbeiten können.
Viel Erfolg bei der Entwicklung Ihrer Marke wünscht Ihnen
Peter Sawtschenko
Die lila Kuh – einzig artig und unverwechselbar
Während der Marlboro-Raucher den Rindern mit einem heißen Eisen ein Brandzeichen als Unterscheidungsmerkmal aufs Fell brennt, malt man im modernen Marketing mit lila Farbe eine Kuh an und macht sie unverwechselbar.
Ein erfolgreiches Branding-Programm basiert auf dem Konzept, in den Köpfen der Verbraucher als einzigartig und unverwechselbar wahrgenommen zu werden und eine nachhaltige Präsenz zu schaffen.
Anstieg des Marken- bewusstseins
Die Macht der Marken ist unbestritten. Positiv kommt hinzu, dass das Markenbewusstsein in den letzten Jahren stetig angestiegen ist. Eine Marke hilft dem Verbraucher, über den eigentlichen Nutzen hinaus, sich selbst zu definieren und seine Identität zu beschreiben. Ob privat oder im Beruf, jeder kann sein Bedürfnis, die verschiedenen Seiten seiner Persönlichkeit auszuleben und seinem Wunschbild von sich selbst näher zu kommen, mit einer Marke beschreiben. Dafür ist er auch bereit, einen höheren Preis zu bezahlen.
Kinder – die Opfer der Werbung?
Vor allem bei Jugendlichen breitet sich ein kollektiver Flächenbrand im Markenbewusstsein aus. Wer nicht als Außenseiter gelten will, schmückt sich nach außen mit klar erkennbaren Marken und benutzt sie dazu, sich abzugrenzen und eine Zugehörigkeit zu demonstrieren. Bereits Kleinkinder werden von morgens bis abends mit einer geballten Markenwelt konfrontiert, die sich im Wortschatz, in der Wahl ihrer Spielzeuge und in der Vorliebe für bestimmte Produkte widerspiegelt.
Wenn nicht jemand oder etwas eine Gegenbewegung initiiert, wird die nächste Generation zu Markenfetischisten par excellence und der Selbstwert zu einer oberflächlichen Dekoration im Treibsand der wechselnden Trends. An dieser Stelle kann ich mir nicht verkneifen – obwohl ich manchmal selbst aus Überzeugung für Kindermarken arbeite – auf die Gefahren hinzuweisen, dass Kinder sich den werblichen Einflüssen nicht entziehen können und eine leichte Beute für Marken sind.
Marken erleichtern Kaufentscheidungen
Darüber hinaus helfen Marken, Kaufentscheidungen zu treffen. Supermärkte mit bis zu 30.000 und mehr Artikeln, aber ohne Verkaufspersonal, konfrontieren den Kunden mit der Qual der Wahl. Der Markenname wird immer mehr zu einem stummen Verkäufer, denn es wird nicht mehr verkauft, sondern gekauft. Vor den Regalen finden täglich hochkomplexe Kaufentscheidungen statt. Produkte, die nicht schon im Vorfeld Akzeptanz finden, haben wenig Chancen – höchstens über den Preis. Der Markenname repräsentiert das Produkt.
Der Verkaufsprozess ist bereits mehr oder weniger in der Marke enthalten.
Unternehmen nutzen die Marke, um Kaufentscheidungen in ihrem Sinne zu steuern und ihre Produkte zu einem höheren Preis zu verkaufen. Nicht umsonst werden jährlich viele Milliarden in Werbemaßnahmen investiert – allzu oft leider auch in Flops.
Das Verkaufen ohne Verkäufer schwappt wie eine unaufhaltsame Welle durch alle Branchen. Märkte werden große Supermärkte, ähnlich wie Aldi oder Wal-Mart. Waren werden bergeweise gelagert, zum Zugreifen arrangiert und zu einem guten Preis angeboten – aber immer weniger ver-kauft.
Schnelle Gewinne am Computer?
Was man sich vor wenigen Jahren kaum vorstellen konnte, gehört mittlerweile zum Handelsalltag: der Kauf per Internet. Alle Hemmschwellen des Misstrauens überwindend, bestellen Käufer ihre Autos ohne Probefahrt mit blindem Vertrauen via Website. Während die einen um ihren Job bangen, machen andere kräftige Gewinne mit weniger Aufwand, wie z.B. im Finanzdienstsektor, wo namhafte Unternehmen ihren Kunden den direkten Zugang zu ihren Finanzprodukten zu niedrigen Courtagen und einem Online-Kundendienst anbieten.
Dienstleistungen sind Marken
Wenn man von Marken redet, denkt man als Erstes an Produkte, die irgendwo in Regalen stehen oder auf Bügeln hängen. Doch das ist nur ein Teil der Markenwelt. Ein anderer nicht unwesentlicher Teil sind die vielen Dienstleister wie Handwerker, Serviceunternehmen, Händler, Banken, Versicherungen, selbst Einzelpersonen wie Berater, Politiker, Ärzte, Künstler, ja sogar Non-Profit-Organisationen wie Universitäten, Museen, Kirchengemeinden oder Krankenhäuser. Auch sie müssen sich als Marke sehen und verstehen! Ihr wichtigstes Kapital sind zufriedene Kunden, die zu Empfehlern werden, und neue Kunden, die gerne die Leistungen in Anspruch nehmen wollen.
Während sich die großen Banken, Versicherungen etc. zumindest in ihren Werbeaussagen dieses Anspruchs bewusst sind, verwechseln die meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen Marken immer noch mit Produkten. Wäre es nicht so, würde mancher Servicebetrieb, Handwerker, Arzt etc. öfters im Kopf seiner Zielgruppe »spazieren gehen« und von seinem hohen Ross heruntersteigen. Das Märchen vom König Kunde würde Wirklichkeit werden.
Die Servicewüste hat natürlich auch einen enormen Vorteil: Sie bietet Unternehmen, Freiberuflern und Non-Profit-Organisationen eine schier unerschöpfliche Menge an neuen Service- und Positionierungsnischen.
Verhalten beeinflusst Markenentstehung
Wenn Sie an Ihre Lieblingsmarke im Bereich Bier, Süßigkeiten oder Zigaretten denken, verbinden Sie automatisch und unbewusst eine bestimmte Vorstellung mit diesen Marken. Wenn Sie an Ihren Arzt, Ihren Supermarkt, Ihre Werkstatt oder Ihre Boutique denken, tun Sie es ebenfalls. Wenn Sie jemand fragt, ob Sie einen Malerbetrieb kennen, fallen Ihnen vielleicht drei bis vier ein. Wenn Sie jemand fragt, ob Sie einen Malerbetrieb empfehlen können, werden Sie jemanden empfehlen, mit dem Sie die beste Erfahrung gemacht haben. Und wenn Sie eine ganz besonders gute Erfahrung gemacht haben, möchten Sie diesem Handwerker einen Stein mit Absender in den Garten werfen; Sie werden den Fragenden sogar bitten, dem Handwerker schöne Grüße auszurichten. Sie sind in diesem Fall zu einem dankbaren Empfehler geworden und der Maler zur Nummer eins in Ihrem Kopf.
Ein Maler jedoch, der dem Auftraggeber den ganzen Dreck seiner Arbeit hinterlässt, damit dieser dann einen Tag seiner kostbaren Lebenszeit damit verbringt, die Farbspritzer abzukratzen und alles sauber zu machen, wird automatisch zu einer Vermeider-Marke. Lesen Sie dazu Kapitel 6: »Wie Ihr Verhalten Sie zu einer Marke macht«. Neben dem Verhalten gibt es noch andere wichtige Kriterien und Strategien, um mit einem Produkt oder einer Dienstleistung die Nummer eins im Kopf Ihrer Zielgruppe zu werden.
Während in den meisten Unternehmen die Marketingaktivitäten in verschiedene Funktionsbereiche aufgeteilt sind – wie Werbung und Marketing, Produktentwicklung und Produktdesign, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit etc. – und durch Grabenkämpfe jegliche gemeinsame Zielsetzung aus den Augen verloren haben, konzentrieren sich andere Unternehmen einzig und allein auf den Branding-Prozess.
Beim Branding steht als einziges das Ziel im Vordergrund, einem Markenprodukt im Gedächtnis der Verbraucher eine nachhaltige Präsenz zu verschaffen und damit den langfristigen Erfolg zu sichern.
Vom Direktmarketing zum Dialogmarketing
Die Konzentration auf den Branding-Prozess strahlt auf alle Aktivitäten aus und fokussiert bzw. bündelt alle Marketingaktivitäten wie einen Laserstrahl auf die Kerninhalte. In den 80-er-Jahren haben viele Direktmarketing-Agenturen den Begriff »Direktmarketing« durch »Dialogmarketing« ersetzt. Direktmarketing war für sie eine One-way-, eine Einweg-Definition. Dialogmarketing beinhaltet einen wechselseitigen Kommunikationsprozess. Auch im Marketing ist ein Umdenkungsprozess erforderlich. Der Begriff »Marketing« ist für viele ein weit verzweigter und verzettelter Dschungel von Aktivitäten geworden.
Wenn alle Bereiche eines Unternehmens sich ausschließlich auf den Branding-Prozess fokussieren, entsteht Platz für ein neues zielgerichtetes Denken.
Jede Absatzplanung und Vertriebsstrategie, jede Entwicklung und jeder Service, alle Verkaufsgespräche und Werbeunterlagen spiegeln dann automatisch die Fokussierung auf den Branding-Prozess wider.
Eigennamen sind Markennamen
Zuerst einmal ist jeder Eigenname ein Markenname. Jeder Mensch steht mit seinem Namen und damit, wie er handelt, denkt und reagiert, für etwas – privat wie geschäftlich, ob positiv oder negativ. Wenn Sie im Leben Erfolg haben wollen, sollten Sie sich als unverwechselbares Markenprodukt betrachten und entsprechend verhalten und handeln.
Wird ein Eigenname mit einer besonderen Leistung oder Kompetenz in Verbindung gebracht und erreicht er eine breite Öffentlichkeit, so steigt die Bedeutung des Markennamens. Letztendlich ist jeder Name, gleich ob er sich im Besitz einer Einzelperson, eines Unternehmens oder einer sozialen Gruppe befindet, ein Markenname. Wie stark ein Name jedoch im Gedächtnis der Zielgruppe wird, hängt davon ab, was man daraus macht.
Denn die Stärke einer Marke liegt in ihrer Fähigkeit, Entscheidungen bzw. das Kaufverhalten zu beeinflussen.
Einfaches Wasser – ein Markenprodukt
Sie können sogar aus einer einfachen Kartoffel, einem Brot, einem Grillhähnchen, einem Kugelschreiber oder einem Motivationstrainer eine Marke machen. Selbst aus dem Grundwasser lässt sich ein hochwertiges Markenprodukt entwickeln. Es kommt nur darauf an, dass man etwas richtig und glaubhaft positioniert.
Fast jeder Mensch in Amerika kann auf sauberes, klares und kühles Trinkwasser aus der Leitung zurückgreifen. Es besteht eigentlich keine Notwendigkeit, es für teures Geld im Laden zu kaufen. Trotzdem sind die Trinkwasserregale der Supermärkte oftmals doppelt so lang wie die der Biere. Auch in Europa ist ein allgemeiner Zuwachs an H2O-Produkten zu verzeichnen.
Eines der zugkräftigsten Marken-Trinkwasser in Amerika und mit steigender Tendenz auch in Deutschland ist Evian. Es ist zum Teil teurer als Bier, Milch oder Cola. Sicherlich gibt es unter den Trinkwassern kleine Geschmacksunterschiede. Doch wer kann die schon genau definieren, geschweige denn im Geschmackstest erkennen? Viel wichtiger ist die Frage, warum man bereit ist, für ein Trinkwasser so viel Geld hinzulegen. Woran liegt es, dass Evian oder auch andere »Wässerchen« wie Perrier so erfolgreich sind? Spielt hier vielleicht der virtuelle Qualitätsnutzen die entscheidende Rolle? Das Beispiel zeigt:
Markendenken und der »Branding-Prozess« sollten als übergeordnetes Ziel in jedem Unternehmen vorrangig das Marketing-Denken steuern. Mit anderen Worten: Konzentrieren Sie sich auf den Branding-Prozess und verwandeln Sie Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung in eine wertsteigernde und kostbare Marke.
Marken-Erfolgsfaktoren
Markenbildung erfordert einen klar definierten Markenkern und eine Zielgruppe. Der Aufbau einer Marke ist ein höchst dynamischer und sensibler Prozess und orientiert sich an den Bedürfnissen einer Zielgruppe. Marken sind keine statischen Produkte, sondern haben eine emotionale Ausstrahlung, eine unverwechselbare Identität. Sie müssen leben und sind ein wertsteigerndes Energiesystem. Und ein weiterer, meist vernachlässigter Erfolgsfaktor: Die Markenbildung erfordert Kontinuität und Konsequenz.
Zusammenfassung
• Ein erfolgreiches Branding-Programm schafft in den Köpfen der Verbraucher die Wahrnehmung eines einzigartigen Produkts und unterstützt die Kaufentscheidung.
• Branding lässt sich auch für Dienstleister, Berater, Non-Profit-Organisationen etc. anwenden und bietet selbst kleineren Unternehmen enorme Chancen.
• Durch die Konzentration auf den Branding-Prozess lassen sich alle Marketingaktivitäten bündeln und erhalten eine gemeinsame strategische Ausrichtung.
Große Unternehmen und ihre Zielgruppen
Große Unternehmen, die ihre Markenprodukte über den Handel vertreiben, müssen sich auf die Entwicklung einer starken Eigenmarke mit hoher Qualität und Markenpositionierung konzentrieren, was Investitionen in die Lieferkette und eine partnerschaftliche Lieferantenbeziehung erfordert. Diese sind verantwortlich für das Massenmarketing und die Kommunikation des Markenimages über die Filialen. Daher bemühen sich große Unternehmen um den Aufbau direkter Kundenbeziehungen über den Handel mittels diverser Kundenbindungsprogramme.
Großunternehmen haben zwei Hauptzielgruppen: zum einen den Handel bzw. die Einkaufszentralen der Handelskette und zum anderen die Endkunden, die ihr Produkt kaufen sollen. Zum Endkunden besteht außer wenigen Ausnahmen in der Regel kein direkter Kontakt. Die wichtigste Zielgruppe, um die sie sich kümmern müssen, sind die Einkaufszentralen und Filialisten an der Front.
Probleme der Filialen
Die Filialisten hingegen müssen sich mit ganz anderen Problemen beschäftigen. Neben der Produktpalette, der Kalkulation und der Platzierung, der Werbung und dem Konkurrenzproblem vor Ort müssen sie sich auch darüber Gedanken machen, ob die schlechte Laune der Mitarbeiter die jahrelangen sorgfältigen Bemühungen um Loyalitätsaufbau Kundenbindung, Service und Kundenfreundlichkeit zunichte machen. Verliert eine Filiale Sympathie und Kunden, so verlieren auch die Marken an Umsatz, zumindest in diesem Markt. Welchen Wert jeder einzelne Kunde hat, dürfte wohl jedem klar sein. Einen neuen Kunden zu finden und zu binden ist in der Regel siebenmal teurer, als einen alten Kunden zu binden oder einen unzufriedenen Kunden in einen zufriedenen umzuwandeln.
Überfordert von der täglichen Warenflut im Supermarkt: die Hausfrau
Ein Unternehmen, das seine Produkte über einen eigenen oder freien Vertrieb in den Handel oder an Endkunden vertreibt, kann in einem starken Abhängigkeitsverhältnis stehen und den Markenaufbau erheblich bremsen. Der Vertrieb an der Front repräsentiert durch seine persönliche Beziehung in der Regel sehr stark das Unternehmen nach außen. Je nachdem, wie Vertriebsstruktur und Verträge gestaltet sind, entscheidet der Vertrieb über Erfolg und Misserfolg eines Unternehmens.
Ein Beispiel
Ein mittelständischer Schuhhersteller, der feste Gebiets- und- Provisionsverträge mit seinen eigenen und freien Vertriebsmitarbeitern einging, war auf das Engagement und die Motivation seines Vertriebs angewiesen. Für die unterschiedlichen zielgruppenorientierten Produktgruppen wurden Produktphilosophie und Alleinstellungsmerkmale erarbeitet und jedes Produkt als eigenständige Marke aus bestem Hause positioniert.
Produktphilosophie für den Mülleimer
Zum Schrecken aller stellte man fest, dass manche Vertreter Displays und Werbematerial aus mangelndem Platz in ihrem Auto im Müllcontainer entsorgten. Die teuer erarbeitete Produktphilosophie und Alleinstellungsmerkmale, um das Markenbewusstsein zu fördern, wurden von einigen gar nicht oder nur halbherzig weitergetragen!
Und das, was zurückgerechnet scheinbar den größten Verlust brachte, war das Ausscheiden eines Mitarbeiters. Nachdem er aus gesundheitlichen Gründen aufgehört hatte, musste das Unternehmen allerdings feststellen, dass ein neuer Mann den Umsatz innerhalb eines Jahres verdoppelte, in einem anderen Gebiet sogar verdreifachte. Ein typisches Beispiel dafür, dass mancher Vertriebsmann lieber die Kunden besuchte, bei denen er willkommen war, um dem Stress der Neukundengewinnung aus dem Wege zu gehen. Wie viele Millionen Umsatz dem Unternehmen in den letzen Jahren verloren gegangen waren und den Markenaufbau verzögert hatten, konnte man nur vermuten.
Ein schlecht motivierter Vertrieb kann nicht nur zu erheblichen Umsatzeinbußen führen, sondern auch den Markenaufbau verzögern.
Ein Gewinnspiel ohne Gewinner
Als ein Marktführer für Kopiersysteme vor etwa 18 Jahren, als Schreibmaschinen noch gefragt waren, eine neue vollelektronische Schreibmaschine auf den Markt bringen wollte, entwickelte die Agentur ein umfangreiches Dialogmarketing-Konzept. Durch eine intelligente Response-Anzeigenkampagne mit einem Gewinnspiel bzw. Intelligenztest, der genau die wichtige Zielgruppe der Sekretärinnen ansprach, schaffte man es, eine ungewöhnlich hohe Beteiligung von potenziellen Interessenten zu generieren. Die Adressen wurden sofort an das Unternehmen bzw. den Vertrieb weitergeleitet, und alle hofften auf den großen Verkaufserfolg. Doch der Erfolg blieb aus, und die Agentur bekam massive Vorwürfe. Nachdem man dann alle Vorgänge analysiert hatte, stellte sich heraus, dass der Vertrieb nicht ausreichend über die Aktion informiert worden war und die Gewinnkarten nicht als Türöffner, sondern als lästige Mehrarbeit interpretiert hatte.
Der Start einer neuen Marke kann auch an mangelnder interner Kommunikation scheitern.
Fehlender Dialog
Als massive Beschwerden aus der Bevölkerung über unfreundliche Beamte Zunahmen, sah sich eine deutsche Großstadt gezwungen, diesen Vorwürfen nachzugehen. Man beauftragte ein unabhängiges Institut, die Ursachen zu identifizieren und durch entsprechende Maßnahmen Abhilfe zu schaffen. Nach Testanrufen und Beobachtung derer, die die Anrufe der Bürger entgegennahmen, war die Ursache schnell klar. Die meisten Kontaktpersonen in den Ämtern waren schlechte Zuhörer, verhielten sich gegenüber Hilfe Suchenden arrogant und verstanden ihren Job als Beschwerdeabwehr- strategen. Nachdem man die Beamten gegen solche ausgetauscht hatte, die zuhören konnten und Achtung vor anderen Menschen hatten, veränderte sich das gesamte Stimmungsbild in der Stadt.
Problemerzeuger statt Problemlöser bereiten Verdruss im zwischenmenschlichen Bereich.
Wettlauf mit Hindernissen
Nachdem ein weltweit tätiges Unternehmen endlich ein neues Produkt mit einem Alleinstellungsmerkmal entwickelt und als neue Marke mit viel Aufwand im europäischen Markt eingeführt hatte, konnte der Vertrieb sein Auftragsvolumen innerhalb weniger Monate fast verdoppeln. Als sich die Lieferung der Produkte jedoch um Monate verzögerte und die erste Lieferung noch Mängel aufwies, schlug das anfänglich große Interesse in Unmut und Verärgerung um. Was war geschehen?
Man wusste von Wettbewerbern, dass sie ebenfalls an einer neuen Technologie arbeiteten, und wollte als Erster auf dem Markt sein, obwohl das Mischverhältnis auf Großproduktionsanlagen noch nicht ausgereift war. Zu allem Überfluss wurden die einzelnen Produktionsstätten aufgelöst und im Zuge der Sanierung zentralisiert.
Produktionsverlagerung, Produktmängel und Fehler in der Logistik können schon in der Einführungsphase dem Branding-Prozess großen Schaden zufügen.
Flaute trotz Wettbewerbsvorteil
Ein großes renommiertes deutsches Bauunternehmen mit mehreren Geschäftsbereichen hatte neben einer allgemeinen Flaute einen besonderen Einbruch in einem sonst profitablen Geschäftsbereich zu verzeichnen. Bezeichnend war, dass immer mehr Ausschreibungsangebote von Mitbewerbern gewonnen wurden. Also beschloss die Geschäftsleitung, die Strategie der verantwortlichen Abteilung zu überprüfen. Nach einem zweitägigen internen Workshop mit den Verantwortlichen des Geschäftsbereiches war eine der Hauptursachen schnell analysiert. Von allen verantwortlichen Projekt-Ingenieuren praktizierte tatsächlich nur einer vorbildlich das in dieser Branche so wichtige Beziehungs-Management.
Fehlendes Beziehungs-Management macht Wettbewerbsvorteile zunichte.
Die hier aufgeführten Beispiele geben nur einen Teil der Erfahrung aus jahrelanger Praxis wieder. Sie zeigen vor allen Dingen eines: Es ist oftmals einfacher, eine Marke aufzubauen, als die Probleme, die den Aufbau verhindern könnten, abzubauen.
Der Erfolg eines Unternehmens kann von vielen Faktoren abhängen. Deswegen ist es wichtig, dass alle Erfolgsverhinderungs-Engpässe schon im Vorfeld analysiert und korrigiert werden. Denn Erfolg ist kein Zufall.
Vorteil des Dialog-marketings
In den ersten zehn Jahren meiner Tätigkeit in einigen internationalen Dialogmarketing-Agenturen habe ich für viele große Kunden gearbeitet, zum Beispiel für Shell, Hewlett Packard, American Express, Avis, Colgate, British Airways, AVIS, KKB Bank, Colonia-Versicherungen, Schneekoppe, Lancaster, Eismann etc. Budget war in der Regel reichlich vorhanden und als »Creativer« konnte ich aus dem Vollen schöpfen. Bei Misserfolgen allerdings wechselte der Kunde sehr schnell die Agentur. Also konnten wir uns keine Fehler erlauben. Dementsprechend mussten wir auch richtig denken. Dialogmarketing hat einen Vorteil gegenüber der klassischen Werbung: Der Erfolg ist messbar. Dialogmarketing ist darum eine der härtesten, aber auch erfolgreichsten Arten von Werbung.
Strategisches Marketing nach EKS
Als ich mich dann 1991 mit einer Werbeagentur für Strategisches Dialogmarketing selbstständig machte, war unter anderem einer meiner ersten Kunden die FAZ-Informationsdienste mit der EKS- Strategie. Die Strategie von Wolfgang Mewes gab meinem Werbedenken eine neue Dimension der logischen Zusammenhänge von Erfolgsfaktoren. Begeistert von dieser klaren und durchdachten Unternehmensstrategie, stellte ich bald fest, dass die Zusammenarbeit mit Kunden eine neue unternehmerisch denkende Tiefe bekam. Ich musste aber auch feststellen, dass viele Unternehmen vor lauter Arbeit viel zu wenig Zeit in die Weiterentwicklung ihrer Strategie investierten. Erst wenn der Leidensdruck stieg, bekam das Thema Strategie wieder den gebührenden Stellenwert.
Da meine Klientel überwiegend aus kleinen und mittelständischen Unternehmen bestand und jede Mark für Marketing und Werbung dreimal umdrehte, war nicht nur richtiges Denken, sondern eine sinnvolle Kombination von Strategie und Werbung angesagt. Doch was tun, wenn das Unternehmen sich mit einer Produktvielfalt verzettelt hat, der Wettbewerb scheinbar alle Positionierungsfelder besetzt hat, das Budget große Maßnahmen nicht zulässt und Innovationen zur Mangelware werden? Geht es einem Unternehmen schlecht, so glaubt man oft, kreative Werbung werde schon Erfolg bringen. Da wird mal schnell ein Mailing aus dem Boden gestampft, eine Hausmesse veranstaltet, oder die Erwartungen an den Vertrieb werden erhöht.
Es sind aber nicht Einzelmaßnahmen, sondern es ist die Summe aller Dinge, die ein Unternehmen, ein Produkt oder eine Dienstleistung erfolgreich macht.
Eingeschränkte Wirksamkeit von Werbung
Die Aufgaben der Werbeagenturen werden sich in den nächsten Jahren zwangsläufig erweitern. Denn wer ein Unternehmen verantwortungsvoll beraten will, kann nicht mehr selbstbewusst und siegessicher behaupten, mit einem guten Werbekonzept und ausreichendem Werbebudget lasse sich alles regeln. Demnach müssten alle niederschmetternden Untersuchungen über Werbewirksamkeit eine Lüge sein. Der bekannteste Werber David Ogilvy gab einmal selbst zu, dass die meiste Werbung beschämend unwirksam sei. Die Wissenschaftlerin Dr. Eva Heller stellte in ihrem Standardwerk Wie Werbung wirkt die These auf, dass mindestens drei Viertel der Werbeetats erfolglos eingesetzt werden. Und der Innovations-Report der Handelszeitschrift Lebensmittel-Praxis registrierte bei neuen Produkten, je nach Produktkategorie, im ersten Jahr eine Floprate zwischen 40 und 60 Prozent.
Was ist Strategie?
Unternehmerisches Denken aus Sicht einer professionellen Agentur im Sinne des Unternehmens erfordert zusätzliches Know-how. Es wird sehr oft von Werbe- und Marketingstrategien gesprochen. Was ist eigentlich eine Strategie? Beruht sie auf Erfahrungen mit anderen Kunden oder auf vielen Werbekampagnen, deren Erfolg kaum messbar ist? Das kann es wohl nicht sein. Denn jedes Unternehmen und jede Branche hat ganz einzigartige Stärken und Chancen, individuelle Voraussetzungen und Bedingungen.
Viele große Unternehmen fordern heute von ihren Agenturen, dass sie aus ihrem Elfenbeinturm herauskommen, in das Unternehmen hineingehen und ihren zweiten Arbeitsplatz dort einnehmen, sogar mit dem Vertrieb hinausfahren, um die Front kennen zu lernen. Agenturen sollen also von Anfang an mit in die Marketingüberlegungen einbezogen werden und ihr Wissen schon bei der Planung mit einsetzen. Ich möchte noch einen Schritt weiter gehen.
Notwendiges Know-how
Die Werbeagentur der Zukunft sollte sich vor allem – und nicht nur, wenn sie für kleine und mittelständische Unternehmen arbeitet – sehr intensiv mit der Entwicklung von Strategien auseinander setzen,
• wissen, wie professionelle Vertriebsplanung und Vertriebscontrolling funktionieren,
• wissen, welche internen Voraussetzungen den Erfolg verhindern können, und
• wissen, wie man gezielt mit den Unternehmen nach neuen Marktnischen forscht.
Die Veränderungen im Zukunftsmarkt mit berücksichtigt, kommt hinzu:
• wissen, wie man ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein Unternehmen professionell positioniert, als Marke aufbaut und im Kopf der Zielgruppe die Nr. 1 wird;
• vor allem aber wissen, was von den geplanten Maßnahmen Sinn macht oder nicht und was und wie man Erfolg haben kann.
Eine verantwortungsvolle Werbeagentur sollte nicht versuchen, die Menge der Jobs durch zusätzliche Ideen zu erweitern, wenn dies nur dazu dient, den eigenen Umsatz zu erhöhen.
Am folgenden Praxisbeispiel möchte ich Ihnen gerne die weit reichende Bedeutung von internen Engpässen verdeutlichen und zeigen, warum die Analyse der Unternehmensstrategie und das Wissen über Machbarkeit immer an erster Stelle stehen.
Ein Mailing als Retter in der Not?
Eines Tages rief die Marketingleiterin eines Unternehmens aus der Rapid-Prototyping-Branche bei uns an und fragte, ob wir ein Mailing schreiben würden. Ich lehnte anfangs ab, da wir sehr viel zu tun hatten. Nach einer Woche rief sie wieder an und bat uns, ihr doch zu helfen. Wir vereinbarten einen Termin, und drei Tage später saß ich dann fast fünf Stunden im Konferenzsaal und vor einem typischen Vertriebsdilemma. Die Vorgabe der Konzernmutter aus den USA war: innerhalb von 6 Monaten 60 Maschinen zu je 150 000 DM einer neuen Technologie europaweit zu verkaufen.
Also musste ein Mailing her in der Hoffnung, damit das Ziel zu erreichen. Doch statt in ein Briefinggespräch einzusteigen, überzeugte ich die Marketingleiterin erst einmal zu analysieren, unter welchen Bedingungen das Ziel überhaupt erreichbar war und welche Voraussetzungen der Vertrieb und die Kooperationspartner vor Ort erfüllen müssten.
Ein unerreichbares Ziel
Nach kurzer Zeit war klar, dass das Ziel unter den gegebenen Bedingungen nicht erreichbar war. Für den Vertrieb war das neue Produkt mit den geringen Provisionen nur lästig. Mit den Kooperationspartnern aus der Softwarebranche, die vor Ort die technisch aufwendige Installation vornehmen mussten, gab es keinerlei Vereinbarung, geschweige denn eine Provisionsregelung; die meisten wussten noch nicht einmal, dass sie als Partner überhaupt vorgesehen waren. Für die eventuellen Anfragen gab es noch keine Informationsbroschüre. Zielgruppenadressen mussten erst noch gekauft werden. Vorhandene Datenbanken über die Zielgruppen, die zum größten Teil deckungsgleich mit dem Vertrieb der großen Maschinen waren, konnten nicht genutzt werden, da jeder Vertriebsmann sein eigenes System hatte und wie eine heilige Kuh beschützte.
Das Gespräch mit dem Ein-Mann-Vertriebsbeauftragten zeigte sehr schnell, dass er nur aus dem Bauch und mit der Hoffnung plante. Die ABC-Kunden-Selektion und die verschiedenen Entscheidungszeiträume bis hin zum Aufwand bis zur Kaufentscheidung wurden einfach ignoriert. Die Marketingleiterin war verzweifelt, bat mich aber dennoch, die Aktion durchzuführen. Erstens, weil man sich für eine Mailingaktion entschieden hatte. Zweitens, um der Geschäftsleitung zu beweisen, dass Anfragen vom Vertrieb nicht weiterverfolgt wurden. Drittens, um der Mutter in den USA und dem Vertrieb zu beweisen, dass die Neukundengewinnung nicht am Marketing scheiterte. Und viertens, um das Feindbild des Vertriebs gegenüber dieser Abteilung ins rechte Licht zu rücken. Trotz der Warnung, dass man unter diesen Bedingungen alle potenziellen Kunden verärgern würde und die Einführung dieser neuen zukunftsweisenden Maschinentechnologie dem Image der Marke schaden könnte, sollte die Aktion durchgeführt werden.
Erfolgloser Erfolg