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Auch Romanfiguren haben mal Hunger! Ob Scarlett O'Haras Südstaatenküche in Vom Winde verweht, Pfannkuchen aus dem Mumintal, Blaubeermarmelade von Tom Sawyers Tante Polly, italienische Köstlichkeiten bei Commissario Brunetti oder das Lieblingskonfekt von Vianne Rocher in Chocolat – diese Leckereien und viele weitere aus den beliebtesten Romanen der deutschen und der internationalen Literatur kann man nun ganz einfach nachkochen. Die mehr als 50 Rezepte in diesem Kochbuch inspirieren alle Buchbegeisterten, es ihren Romanhelden gleichzutun und reich aufzutischen. Ein Buch zum Nachkochen und Schmökern und das ideale Geschenk für alle Gourmets und Büchermenschen!
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Seitenzahl: 125
Christiane Leesker | Vanessa Jansen
Read & Eat
DAS KOCHBUCH
Christiane Leesker | Vanessa Jansen
Read & Eat
DAS KOCHBUCH
Über 50 Rezepte aus Lieblings romanen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.
Für Fragen und Anregungen
Wichtiger Hinweis
Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.
Originalausgabe
1. Auflage 2022
© 2022 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Türkenstraße 89
80799 München
Tel.: 089 651285-0
Fax: 089 652096
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Redaktion: Ulrike Reinen
Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch
Abbildungen: Fotos: Vanessa Jansen, Hintergründe: Radiocat/Shutterstock.com,
Illustrationen: VectorMine/Shutterstock.com
Layout und Satz: Christiane Leesker
eBook: ePUBoo.com
ISBN Print 978-3-7423-1899-2
ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-1615-5
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-1616-2
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.rivaverlag.de
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Dieses Buch gehört
Vorwort
Frühstück
Blueberry Jam – Blaubeerkonfitüre (Twain: Die Abenteuer des Tom Sawyer)
Mark Twain – Tom Sawyer (Auszug)
Johannisbeerkonfitüre aus dem Garten (Kaminer: Mein Leben im Schrebergarten)
Dührkopps Flederbeern – Holunderbeergelee (Hansen: Altes Land)
Porridge – Haferbrei (Dickens: Oliver Twist)
Charles Dickens – Oliver Twist (Auszug)
Kascha à la russe – Buchweizenbrei mit Apfel (Tolstoi: Anna Karenina)
Rühreier mit Krabben (London: Nordlandgeschichten)
Omelette englische Art (Collins: Die Frau in Weiß)
Suppen
Soupe de tomates à la gasconne (Harris: Chocolat)
Klare Gemüsesuppe mit Sago (Gavalda: Zusammen ist man weniger allein)
Russischer Borschtsch – Rote-Bete-Eintopf (Simmel: Es muss nicht immer Kaviar sein)
Schtschi – Russische Kohlsuppe (Tolstoi: Anna Karenina)
Jaroslav Hašek – Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk (Auszug)
Hühnersuppe mit Nudeln (Hašek: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk)
Printanière – Schwarzwurzelsuppe (Tolstoi: Anna Karenina)
Salate
Insalata caprese – Tomaten-Mozzarella-Salat (Leon: Venezianische Scharade)
Rapunzelsalat mit saurer Sahne (Grimm: Kinder- und Hausmärchen)
Jacob und Wilhelm Grimm – Rapunzel (Auszug)
Wildkräutersalat mit Knusperkernen (Swift: Gullivers Reisen)
Kartoffelsalat mit Apfel und Kirschtomaten (Zeh: Unterleuten)
Knackiger Salat aus roten und weißen Rüben (Zola: Der Bauch von Paris)
Fisch
Gegrillter Fisch mit Kräutern (Twain: Huckleberry Finn)
Moules Marinières – Miesmuscheln in Weißwein (Zola: Der Bauch von Paris)
Kurt Tucholsky – Schloss Gripsholm (Auszug)
Marinerde sild – Eingelegter Hering (Tucholsky: Schloss Gripsholm)
Pasta al tonno fresco – Spaghetti mit frischem Thunfisch (Leon: Venezianische Scharade)
Tartelettes méridionales – Zwiebel-Tartelettes mit Sardellen (Harris: Chocolat)
Blinis Demidoff – Buchweizen-Blinis mit Kaviar (Blixen: Babettes Fest)
Sir Arthur Conan Doyle – Im Zeichen der Vier (Auszug)
Überbackene Austern mit Kräuterkruste (Doyle: Im Zeichen der Vier)
Fleisch
Poulet à l’estragon – Estragon-Hähnchen (Tolstoi: Anna Karenina)
Deutsches Beefsteak mit Spiegelei (Mann: Mephisto)
Klaus Mann – Mephisto (Auszug)
Gebratenes Schweinefleisch mit roter Tomaten-Chili-Salsa (Allende: Das Geisterhaus)
Soğan Kebabı – Türkisches Zwiebel-Kebab (Sewell: Pawlowa)
Creole Chicken – Kreolisches Hähnchen (Mitchell: Vom Winde verweht)
Kohlrouladen Hausfrauenart (Ury: Jugend voraus!)
Else Ury – Jugend voraus! (Auszug)
Rouladen – Der Klassiker (Fallada: Kleiner Mann – was nun?)
Nudeln mit Rindfleisch (Kästner: Das doppelte Lottchen)
Gemüse
Indisches Gemüse-Curry mit Reis (Kipling: Kim)
Rudyard Kipling – Kim (Auszug)
Gemüse-Bananen-Topf – Mexikanische Art (Márquez: Chronik eines angekündigten Todes)
Fried Squash – Gebackene Kürbisspalten (Mitchell: Vom Winde verweht)
Succotash – Indianisches Mais-Bohnen-Gericht (Cooper: Der letzte Mohikaner)
James Fenimore Cooper – Der letzte Mohikaner (Auszug)
Waldpilzpfanne mit Schnittlauch (Wiechert: Das einfache Leben)
Kartoffelklöße – Sächsische Art (May: Weihnacht!)
Rotkohl mit Apfel (Fallada: Ein Mann will nach oben)
Gebäck
Financiers – Goldbarrenküchlein (Barbery: Die Eleganz des Igels)
Tarte à la crème – Französische Cremetarte (Sewell: Pawlowa)
Napfkuchen zur Verlobung (Spoerl: Die Feuerzangenbowle)
Sockerkaka – Schwedischer Zuckerkuchen (Lindgren: Wir Kinder aus Bullerbü)
Jerome Klapka Jerome – Drei Mannin einem Boot (Auszug)
Stachelbeertorte mit Baiser (Jerome: Drei Mann in einem Boot)
Apfelkuchen mit Streuseln (May: Weihnacht!)
Butterkuchen vom Blech (Hansen: Altes Land)
Richard von Volkmann-Leander – Träumereien an französischen Kaminen (Auszug)
Mandelküchlein mit Mascarpone (Volkmann-Leander: Träumereien an französischen Kaminen)
Süßspeisen
Mendiants – Schokoladenkonfekt (Harris: Chocolat)
Flambierte Crêpes mit Orangenlikör (Gavalda: Zusammen ist man weniger allein)
Grießpudding mit Himbeersauce (Spoerl: Die Feuerzangenbowle)
Kutja – Weizen mit Rosinen, Honig und Nüssen (Dostojewski: Schuld und Sühne)
Richard von Volkmann-Leander – Von Himmel und Hölle (Auszug)
Rote Grütze mit Vanilleeis (Volkmann-Leander: Von Himmel und Hölle)
Himbeerdessert mit Joghurt (Ury: Nesthäkchens erstes Schuljahr)
Pannkakor – Schwedische Pfannkuchen (Jansson: Komet im Mumintal)
Bratäpfel mit Vanillesauce (Preußler: Die kleine Hexe)
Quellen
Danke
Wenn Sie dieses Buch in Händen halten, sind Sie bestimmt ein Büchermensch – so wie ich. Quellen auch bei Ihnen die Regale über? Stapeln sich Bücher in allen Ecken? Müssen Sie regelmäßig Kisten für den Bücherflohmarkt packen, um Platz für neuen Lesestoff zu schaffen? Dann geht es Ihnen wie mir.
Von Kindheit an begleiten mich Geschichten. Die kleine Hexe, Urmel, Pünktchen und Anton, Ronja Räubertochter, Tom Sawyer, Krabat, Momo und Harry Potter sind alte Freunde, denen ich noch heute unerschütterlich die Treue halte. Später arbeitete ich mich durch das Bücherregal meiner Eltern, half in einer Bibliothek aus, jobbte in einer Buchhandlung und arbeitete in einem Verlag: Immer an der Quelle! Zum Geburtstag und zu Weihnachten freue ich mich am meisten über neuen Lesestoff. Dabei bin ich gar nicht auf ein Genre festgelegt. Ich liebe Krimis ebenso wie Reise- und Liebesabenteuer, historische Themen ebenso wie zeitgenössische, je nach Stimmung anspruchsvolle Literatur oder leichte Unterhaltung, und ich mache auch vor Kinderbüchern nicht halt. Hauptsache, die Geschichte fesselt mich! Ich möchte abtauchen in unbekannte Welten und dabei Zeit und Raum vergessen. Ich möchte mit den Heldinnen und Helden mitfiebern, mich mit ihnen freuen und mit ihnen leiden. Kennen Sie das auch, dass Sie es hinauszögern, ein Buch zu Ende zu lesen, damit Sie sich nicht schon von den liebgewonnenen Protagonisten verabschieden müssen?
Was Sie und mich vermutlich ebenso verbindet, ist unsere Liebe zum Kochen. So weit, wie man meinen möchte, liegen diese beiden Tätigkeiten, das Lesen und das Kochen, gar nicht auseinander. Auch beim Zubereiten exotischer oder heimischer Speisen tauchen wir in Welten ein. Abenteuerlust wird geweckt, Sehnsüchte geschürt, Kindheitserinnerungen heraufbeschworen. Gerüche und Geschmäcker, die unsere Nase oder unseren Gaumen kitzeln, lösen intensive Gefühle aus und regen unsere Fantasie an – ebenso, wie ein packender Roman es tut. Was, meinen Sie, verspricht nun größeren Genuss: gemütlich ein fesselndes Buch zu lesen oder ein leckeres Gericht zu zaubern und zu verspeisen? Aber Sie müssen sich gar nicht entscheiden: Hier kommen beide Leidenschaften auf ihre Kosten.
Sie ahnen ja nicht, wie oft in Büchern vom Essen die Rede ist – aber natürlich müssen auch Romanheldinnen und -helden von irgendetwas leben! Je nach Ort und Zeit ist da die Rede von schlichten Mahlzeiten oder feinsten Köstlichkeiten. Auf der Suche nach der Erwähnung von Gerichten (oft kannte ich nicht einmal den Namen: Was ist Kascha à la russe? Oder Succotash?) habe ich die unterschiedlichsten Romane durchforstet, bekannte und unbekannte, alte und neue. Sie spielen im Orient und in Alaska, im russischen Zarenreich und im kolonialisierten Britisch-Indien, in Paris und in London, am Bosporus und am Mississippi. Die entsprechenden Stellen habe ich zitiert, gesammelt, sortiert und möglichst originalgetreue Rezepte dazu gesucht. Die wurden dann von mir nachgekocht und von Vanessa Jansen fotografiert. Alles, was Sie in diesem Buch finden, haben wir also selbst zubereitet, probiert und für gut befunden!
Besonderes Vergnügen hat es uns bereitet, für die Rezeptfotos eine Atmosphäre zu schaffen, die zur entsprechenden Geschichte passt. Wo befinden wir uns? Im Venedig der Neuzeit? Im Russland des 19. Jahrhunderts? In der Stadt oder auf dem Land? Bei armen Leuten oder bei reichen? Das alles hatte Einfluss darauf, welche Requisiten wir verwendet und welche Farbund Lichtstimmung wir gewählt haben. Ich hoffe, Sie freuen sich genau wie wir an unseren kleinen Inszenierungen.
Zwischen den Rezepten werden Sie hin und wieder Ausschnitte aus Romanen finden. Vielleicht kennen Sie die ein oder andere Geschichte und freuen sich über ein Wiedersehen. Oder Sie kennen sie nicht und nehmen dies als Anregung, den entsprechenden Roman in voller Länge zu »verschlingen«. Das wäre mir eine Freude!
Bleibt nur, Ihnen viel Vergnügen beim Blättern, Schmökern, Kochen und Genießen zu wünschen. Guten Appetit!
Christiane Leesker
»Da haben wir ihn ja! Ich hätte aber auch gleich daran denken können. Was hast du da drinnen getan?«
»Nichts!« »Nichts? Schau bloß deine Hände und deinen Mund an! Was ist das?«
»Ich weiß es nicht, Tante!«
»Aber ich weiß es, Marmelade ist es! Wie oft habe ich dir schon gesagt: Wenn du die Marmelade nicht in Ruhe lässt, dann gerbe ich dir das Fell. Reiche mir mal die Rute!«
(Mark Twain: Die Abenteuer des Tom Sawyer)
Für 2–3 Gläser
500 g Blaubeeren
500 g Gelierzucker 1:1
Saft und Abrieb von ½ Bio-Zitrone
1 Prise Muskatnuss, frisch gerieben
1 Prise Zimt
Die Blaubeeren waschen, verlesen und in einem großen Topf mit dem Gelierzucker mischen. Zitronensaft und -abrieb, Muskat und Zimt zugeben. Alles mit einem Holzlöffel lange und kräftig durchrühren, dabei die Früchte zerdrücken. Bei Bedarf zusätzlich mit einem Kartoffelstampfer stampfen.
Das Fruchtmus zum Kochen bringen und unter Rühren 4 Minuten sprudelnd kochen lassen. Dann vorsichtig in mit kochendem Wasser ausgespülte Twist-off-Gläser füllen. Den Deckel jeweils fest zuschrauben und das Glas für einige Minuten auf den Kopf stellen. Die Konfitüre hält sich, kühl und dunkel gelagert, mindestens 1 Jahr.
Tipp:
Damit keine Keime eindringen und die Konfitüre möglicherweise schimmelt, muss der Rand der Gläser beim Abfüllen unbedingt sauber bleiben. Dabei kann ein Marmeladentrichter helfen. Oder die Konfitüre erst in einen Krug oder Messbecher mit Ausguss schöpfen und daraus in das Glas füllen.
»Tom!«
Keine Antwort.
»Tom!«
Tiefes Schweigen.
»Wo der Junge nun wieder steckt, möcht’ ich wissen. Du – Tom!«
Die alte Dame zog ihre Brille gegen die Nasenspitze herunter und starrte drüber weg im Zimmer herum, dann schob sie sie rasch wieder empor und spähte drunterher nach allen Seiten aus. Nun und nimmer würde sie dieselbe so entweiht haben, dass sie durch die geheiligten Gläser hindurch nach solchem geringfügigen Gegenstand geschaut hätte, wie ein kleiner Junge einer ist. War es doch ihre Staatsbrille, der Stolz ihres Herzens, welche sie sich nur der Zierde und Würde halber zugelegt, keineswegs zur Benutzung, – ebenso gut hätte sie durch ein paar Kochherdringe sehen können. Einen Moment lang schien sie verblüfft, da sie nichts entdecken konnte, dann ertönte wiederum ihre Stimme, nicht gerade ärgerlich, aber doch laut genug, um von der Umgebung, dem Zimmergerät nämlich, gehört zu werden: »Wart, wenn ich dich kriege, ich –«
Sie beendete den Satz nicht, denn sie war inzwischen ans Bett herangetreten, unter welchem sie energisch mit dem Besen herumstöberte, was ihre ganze Kraft, all ihren Atem in Anspruch nahm. Trotz der Anstrengung förderte sie jedoch nichts zutage als die alte Katze, die ob der Störung sehr entrüstet schien.
»So was wie den Jungen gibt’s nicht wieder!«
Sie trat unter die offene Haustüre und ließ den Blick über die Tomaten und Kartoffeln schweifen, welche den Garten vorstellten. Kein Tom zu sehen! Jetzt erhob sich ihre Stimme zu einem Schall, der für eine ziemlich beträchtliche Entfernung berechnet war:
»Holla – du – To – om!«
Ein schwaches Geräusch hinter ihr veranlasste sie, sich umzudrehen, und zwar eben noch zu rechter Zeit, um einen kleinen, schmächtigen Jungen mit raschem Griff am Zipfel seiner Jacke zu erwischen und eine offenbar geplante Flucht zu verhindern.
»Na, natürlich! An die Speisekammer hätte ich denken müssen! Was hast du drinnen wieder angestellt?«
»Nichts.«
»Nichts? Na, seh’ mal einer! Betracht’ mal deine Hände, he, und was klebt denn da um deinen Mund?«
»Das weiß ich doch nicht, Tante!«
»So, aber ich weiß es. Marmelade ist’s, du Schlingel, und gar nichts anderes. Hab’ ich dir nicht schon hundertmal gesagt, wenn du mir die nicht in Ruhe ließest, wollt’ ich dich ordentlich gerben? Was? Hast du’s vergessen? Reich’ mir mal das Stöckchen da!«
Schon schwebte die Gerte in der Luft, die Gefahr war dringend.
»Himmel, sieh doch mal hinter dich, Tante!«
Die alte Dame fuhr herum, wie von der Tarantel gestochen und packte instinktiv ihre Röcke, um sie in Sicherheit zu bringen. Gleichzeitig war der Junge mit einem Satz aus ihrem Bereich, kletterte wie ein Eichkätzchen über den hohen Bretterzaun und war im nächsten Moment verschwunden. Tante Polly sah ihm einen Augenblick verdutzt, wortlos nach, dann brach sie in ein leises Lachen aus.
»Hol’ den Jungen der und jener! Kann ich denn nie gescheit werden? Hat er mir nicht schon Streiche genug gespielt, dass ich mich endlich einmal vor ihm in Acht nehmen könnte! Aber, wahr ist’s, alte Narren sind die schlimmsten, die’s gibt, und ein alter Pudel lernt keine neuen Kunststückchen mehr, heißt’s schon im Sprichwort. Wie soll man aber auch wissen, was der Junge im Schild führt, wenn’s jeden Tag was andres ist! Aber ich muss meine Pflicht tun an dem Jungen, wenigstens einigermaßen, ich muss, sonst bin ich sein Verderben!«
(Auszug aus dem 1. Kapitel)
Tagsüber sammelten wir die Beeren, abends verarbeitete meine Frau die Beute zu Johannisbeerkonfitüre, die wir angeblich »für die langen Winterabende« brauchten, wie Olga mir erklärte. Ich fühlte mich etwas bedroht von dieser Konfitüre. Ich hatte bis jetzt, wenn überhaupt, nur ab und zu Orangenkonfitüre gegessen.
Die großen und kleinen Gläser mit hausgemachter Johannisbeerkonfitüre beanspruchten immer mehr Platz in der Küche. Der Küchenschrank war schnell voll, bald fand ich die Gefäße in meinem Arbeitszimmer unterm Tisch, im Bücherregal und auf dem Balkon. Die ganze Wohnung versank langsam, aber unaufhaltsam in Johannisbeerkonfitüre – wie die Titanic im Nordatlantik. (Wladimir Kaminer: Mein Leben im Schrebergarten)
Für 4–6 Gläser
1 kg Johannisbeeren
Saft von 1 Zitrone
1 kg Gelierzucker 1:1
Die Johannisbeeren waschen, verlesen und von den Rispen streifen. Die Beeren in einen Topf geben und einige Minuten garen. Dann durch ein Sieb streichen oder durch die feine Scheibe der Flotten Lotte (Passiergerät) drehen, um die Kerne zu entfernen. Das entstandene Mus in einem großen Topf mit dem Zitronensaft und dem Gelierzucker mischen und gut durchrühren.
Das Fruchtmus zum Kochen bringen und unter Rühren 4 Minuten sprudelnd kochen lassen. Dann vorsichtig in mit kochendem Wasser ausgespülte Twist-off-Gläser füllen. Den Deckel jeweils fest zuschrauben und das Glas für einige Minuten auf den Kopf stellen. Die Konfitüre hält sich, kühl und dunkel gelagert, mindestens 1 Jahr.
Sie konnten dann hinterher ein Apfeldiplom bei ihm machen und Butterkuchen essen in seinem Hofcafé, und bevor sie wieder in die Busse oder Wohnmobile stiegen, gingen sie noch durch den Hofladen und kauften Obstbrand und Kirschmarmelade und Fliederbeergelee, das machte alles seine Frau. Schon klar, Susi Dührkopp stellte sich ganz bestimmt hinter den Entsafter und kochte tonnenweise Fliederbeeren! Gelee gab es bei Rewe. Etikett, ab, Stück Karostoff um den Deckel, handgeschriebener Aufkleber drauf, zack, zwei Euro Gewinn pro Glas. Die plattdeutschen Etiketten brachten wahrscheinlich noch zwanzig Cent mehr. Dührkopps Flederbeern.
Warum regte ihn das eigentlich so auf? Die Touristen schmierten sich zu Hause fröhlich Dührkopps Flederbeern aufs Brötchen, das schmeckte ihnen wie bei Oma, hundert Pro. (Dörte Hansen: Altes Land)