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Fachbuch aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Didaktik für das Fach Deutsch - Deutsch als Fremdsprache, DaF, , Sprache: Deutsch, Abstract: Sprache und Kultur, sprachliche und kulturelle Entwicklung sind untrennbar miteinander verbunden. Eine globalisierte Welt erfordert kommunikative, interkulturelle Kompetenz. Um in der Fremdsprache erfolgreich kommunizieren zu können, ist es nötig, eine zunächst fremde Kultur in ihren vielen, auch nichtsprachlichen Facetten zu kennen. Der in der Schule organisierte Unterricht kann dazu beitragen, wenn er versucht, mit Hlfe der sprachlichen wie aussersprachlichen Gemeinsamkeiten wie aus den Verschiedenheiten von Sprachen und Kulturen für das "Fremde" zu sensibilisieren und es so auf längere Sicht weniger "fremd" aussehen zu lassen. Dies gilt auch für den Bereich "Deutsch als Zweitsprache". Im ersten Kapitel wird ein Bogen geschlagen von Platon über Herder und W.v.Humboldt bis zu neuesten Theorien zu den Bereichen "Ursprung der Sprache/Sprachentstehung" und den Definitionsproblemen, was Sprache eigentlich ist. Im 2. Kapitel geht es um Redewendungen. Es wird dargelegt, wie sie definiert werden. Es werden Lernziele für ihre Behandlung im Fremdsprachenunterricht bestimmt. Es wird gezeigt, dass Redewendungen zur Vermittlung der "vier Fertigkeiten" ( Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben in der Fremdsprache) wie auch bei der Förderung des Interkulturellen Lernens eingesetzt werden können. Das 3. Kapitel widmet sich dem Landeskunde- bzw. Kulturkundeunterricht. Nach einem kurzen historischen Überblick werden die neuesten Entwicklungen behandelt: Die Rolle der Landeskunde heute im Konzept des Interkulturellen Lernens als (z.B.) "sprachbezogene Landeskunde".Im 4. Kapitel geht um Wortschatzarbeit, genauer, wie diese der Vermittlung interkultureller Kompetenzen dienlich sein kann. Am Ende der Arbeit werden 3 Unterrichtsstunden mit Lernzielen und ausgearbeiteten Ablaufskizzen vorgestellt. Ein ausführliches Literaturverzeichnis auch mit Internetquellen soll es erleichtern, Unterrichtsmaterialien zu dem gesamten Themenbereich aufzufinden.
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Veröffentlichungsjahr: 2011
Impressum:
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Theoretischer Teil
1. Zum Begriff „Sprache“
1.1 Die Entstehung der Sprache
1.2 Zur Definition von „Sprache“
1.3 Sprache und Gesellschaft
1.4 Das Wort als lexikalische Einheit
2. Redewendungen als Bestandteil der Sprache
2.1. Definition fester Wortverbindungen
2.2. Einteilung von Redewendungen
2.3. Lernziele bei der Vermittlung landeskundlicher Themen in Verbindung mit Phraseologismen
2.4. Probleme bei der Arbeit mit Phraseologismen
2.5. Methodisch-didaktische Umsetzungsmöglichkeiten von Redewendungen im FSU
3. Zum Begriff „Landeskunde“
3.1 Definition der Landeskunde und der Kulturkunde
3.2 Landeskunde im FSU
3.3 Landeskundliche Kompetenz im FSU
4. Zum Begriff „lexikalische Kompetenz“
4.1. Definition der Sprachkompetenz
4.2. Lexikalische Kompetenz
4.3. Die Rolle der lexikalischen Kompetenz beim Fremdsprachen-lernen
4.4 Wortschatzarbeit und Bedeutungsvermittlung im FSU
II. Praktischer Teil
1. Die erste Unterrichtsstunde
2.1. Didaktisch-methodische Vorüberlegungen
2.2 Ablaufskizze zur ersten Stunde
3. Die zweite Unterrichtsstunde
4. Die dritte Unterrichtsstunde
Verwendete Abkürzungen
Bibliographie
Sprache und Kultur, sprachliche und kulturelle Entwicklung sind untrennbar miteinander verbunden. Eine globalisierte Welt erfordert kommunikative, interkulturelle Kompetenz. Um in der Fremdsprache erfolgreich kommunizieren zu können, ist es nötig, eine zunächst fremde Kultur in ihren vielen, auch nichtsprachlichen Facetten zu kennen. Der in der Schule organisierte Fremdsprachenunterricht kann einen guten Teil hierzu beitragen, wenn er versucht, mit Hilfe der sprachlichen wie außersprachlichen Gemeinsamkeiten, Parallelen wie aus den Besonderheiten, den Verschiedenheiten von Sprache und Kultur für das „Fremde” zu sensibilisieren und es so auf längere Sicht weniger „fremd” aussehen zu lassen. Dies gilt in gewissem Sinn auch für den Bereich „Deutsch als Zweitsprache“, also den Deutschunterricht für Menschen mit „Migrationshintergrund“ auf jeder Altersstufe.
Im ersten Kapitel wird ein Bogen geschlagen von Platon über Johann Gottfried Herder und Wilhelm von Humboldt bis zu neuesten Annahmen über die Entstehung und die Rolle der Sprache in der menschlichen Entwicklung. Die moderne Sprachforschung beginnt in Deutschland mit Johann Gottfried Herder und Wilhelm von Humboldt, dessen Einfluss bis zu den neueren (Noam Chomsky) und neuesten Theorien fortdauert. Dabei wird ausgegangen von der Frage nach der Entstehung von Sprache und ihrer gesellschaftlichen Funktion. Dass eine „Ursprache” rekonstruiert werden kann, wird dabei von den heutigen Sprachforschern größtenteils verneint.
Menschliche Sprache, auch dies ist festzuhalten, unterscheidet sich von tierischer Kommunikation unter anderem durch ihr kulturelles, kreatives Potential. Das wird an verschiedenen Beispielen von Versuchen zur Definition von „Sprache” gezeigt.
Im 2. Kapitel geht es um Redewendungen und in geringerem Umfang um Sprichwörter. Zunächst wird die Schwierigkeit, die „Redewendung” genau zu definieren, gezeigt. Es wird dargelegt, nach welchen Kriterien Redewendungen beschrieben und eingeteilt werden können und versucht, Lernziele bei der Behandlung von Phraseologismen zu bestimmen. Dabei stellt sich heraus, dass Redewendungen zu behandeln nicht nur zur Vermittlung der traditionellen vier Fertigkeiten (im Fremdsprachenunterricht), also Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben geeignet sind, sondern auch in einem weiteren Sinn zur Förderung (inter-) kultureller Lernziele dienen können.
Dies wird im 3. und 4. Kapitel genauer darzustellen versucht.
Das 3. Kapitel ist dem Thema Landeskunde gewidmet. Nach einem kurzen Überblick über bestimmte historische Entwicklungen und Überlegungen, was Landeskunde eigentlich ist und wozu sie im Fremdsprachenunterricht nützlich sein kann, werden dargestellt neue und neueste Überlegungen zur kommunikativen und interkulturellen Kompetenz und aufgezeigt, wie in diesen Konzepten die Rolle der Landeskunde im Fremdsprachenunterricht gesehen wird. Fremdsprachliche Kompetenz bedeutet dabei immer auch kulturelle Kompetenz in Bezug auf eine adäquate Kommunikation in der Fremdsprache.
Das 4. Kapitel geht näher auf diesen Punkt ein und fasst die wesentlichen Überlegungen des Vorangegangenen teilweise zusammen und versucht, im Bereich der Wortschatzarbeit neuere methodisch-didaktische Vorstellungen darzustellen. Dabei scheint sich herauszustellen, dass z.B. neue neurowissenschaftliche Erkenntnisse noch zu keinen systematischen Überlegungen im Bereich Methodik-Didaktik der Wortschatzarbeit geführt haben. Alle bisherigen methodisch-didaktischen Reflexionen bieten jedoch durchaus Möglichkeiten an, Wortschatzarbeit mit der Vermittlung
(inter-) kultureller Kompetenzen zu verbinden.
„Über die Entstehung der Sprache wissen wir - streng genommen - nichts” (G. F. Meier, B. Meier, 1979: 17).
Im Jahre 2009 scheint das Problem zwar nicht gelöst, aber verschoben.
Florian Hildebrand (2009: 5) sagt: „Die Sprachwissenschaft: abgehängt. Die geisteswissenschaftliche Sprachwissenschaft hat sich aus der Suche nach dem Ursprung der Sprache heute dezent zurückgezogen. Was die Naturwissenschaften inzwischen - bei aller Vorläufigkeit - leisten, übersteigt alles, was die literarische Sprachforschung dazu beitragen könnte. Mehr als theoretische Ansätze, wie Sprache entstanden sein könnte, haben die Linguisten nicht. Beweise bleiben sie schuldig”.
Dabei gibt es eine solche Forschung seit mindestens zweieinhalb Jahrtausenden. Die Frage nach der „Ursprache” wurde nach Herodot schon von einem ägyptischen König gestellt und experimentell erforscht (vgl. Herodot, 1911: 2).Den wahrscheinlich ersten europäischen Beleg für eine wissenschaftliche Behandlung dessen, was Sprache ist oder bewerkstelligen soll – und in gewisser Weise auch wie sie entstanden ist – findet sich in dem „Kratylos“-Dialog Platons. Er trägt sozusagen als Inhaltsangabe den Untertitel: ‚oder: Von der Richtigkeit der Benennungen‘. Die Gesprächspartner Kratylos und Hermogenes entwickeln unterschiedliche Auffassungen über „Benennungen“: Gibt es Benennungen von Natur aus oder gibt es sie durch Übereinkunft? Sokrates wird als eine Art philosophischer Schiedsrichter hinzugezogen. Hermogenes stellt die Ausgangsfrage: „Kratylos hier, oSokrates, behauptet, jegliches Ding habe seine von Natur ihm zukommende richtige Benennung (Wort, Name), und nicht das sei ein Name (Benennung, Wort), wie einige unter sich ausgemacht haben etwas zu nennen, indem sie es mit einem Teil ihrer besonderen Sprache anrufen; sondern es gebe eine natürliche Richtigkeit der Wörter (Worte), für Hellenen (Griechen, v. K.) und Barbaren (Ausländer) insgesamt die nämliche.“ Platon, Phaidon, Das Gastmahl, Kratylos, (griechisch-deutsch, Übersetzung Friedrich Schleiermacher), Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1990, (‚Kratylos‘ S. 395 – 440, hier S. 397). Kratylos behauptet also, dass jedes Ding von Natur aus seinen richtigen Namen hat. Hermogenes dagegen meint, die Bezeichnung eines Begriffs komme durch gesellschaftliche Übereinkunft zustande und sei dadurch richtig: Hermogenes: „Ich … kann mich nicht überzeugen, daß es eine andere Richtigkeit der Worte gibt, als die sich auf Vertrag und Übereinkunft gründet. … Denn kein Name eines Dinges gehört ihm von Natur, sondern durch Anordnung und Gewohnheit derer, welche die Wörter zur Gewohnheit machen und gebrauchen.“ (399, 401) Kratylos, der erst spät zu Worte kommt, argumentiert, Wörter oder ganze Sätze könnten wahr oder falsch sein, ihre richtige Bedeutung erkenne man an der Wahrheit einer Formulierung, einer Aussage. Sokrates entwickelt gegenüber seinen beiden Gesprächsteilnehmern folgenden Standpunkt: Man muss die Wirklichkeit bereits kennen, bevor man die Richtigkeit einer Aussage in Bezug auf sie behaupten kann. Begriffe können nur bezeichnen, was bekannt ist. Sprachliche Erscheinungen (Töne, Buchstaben, Laute) sind ohne diese Bedingung sinnlos. Aber auch gesellschaftliche Konventionen – die „vertraglichen Übereinkünfte“ des Hermogenes sind nicht zufällig zustande gekommen. Auch sie können eine zeichenhafte Entsprechung haben, die die „Namensgebung“ für sie beeinflusst haben könnte. Allerdings zeigt Sokrates (Platon) einen Ausweg aus diesem „Dilemma“: Nicht der Name, sondern das Wesen der Dinge (aletheia, eidos) ist Grundlage der richtigen Erkenntnis. (Schleiermacher übersetzt „Wesen der Dinge“ – eidos - , im Original steht „aletheia“ – „Wirklichkeit, Wahrheit“).
Die hier aufgezeigte Problemstellung hat im 20. Jahrhundert die Sprachwissenschaft erneut beschäftigt..Ferdinand de Saussure vertritt, wenn man so will, die These des Hermogenes: Sprachliche Zeichen beruhen auf Konventionen der - einer – Gesellschaft, sie sind arbiträr. Dabei kann das Bezeichnende („signifiant“, de Saussure) durchaus Ähnlichkeit mit dem Bezeichneten („signifie“) haben („Cours de linguistique générale“ 1916). Aber auch in unterschiedlichen Sprachen kann das Gemeinsame erscheinen: Der bulgarische Hund sagt „bao, bao“, der deutsche „wau, wau“, und die Kühe „muuuhen“ auch in beiden Sprachen. Auch „ikonographische“ Ähnlichkeiten finden sich im Bereich der Morphologie (Wort- und Satzstrukturen). Auch die Metapher kann als „ikonographisch“ bezeichnet werden, die Ikonizität (der Metapher) zeigt, nach Roland Barthes (Mythen des Alltags, Suhrkamp Frankfurt am Main 1963) hinter ihrem Oberflächen-Sinn ihre eigentliche, natürliche Herkunft. Das tatsächliche Verhalten oder Ereignis, das der Metapher irgendwann einmal zugrunde gelegen haben mag, verwandelt sich in das „Bild“, in dem es verändert, aber erkennbar, erscheint. Diese Mutation des natürlichen in das metaphorische gibt aber nicht „die Wahrheit“ wieder, sondern eine solche, die auf gesellschaftlicher Übereinkunft, eben der Arbitrizität beruht.
Der heutigen Situation und Fragestellung ist – nach Herder und Goethe - näher gekommen Wilhelm v. Humboldt, auf den sich neuere Sprachforscher wie z.B. Noam Chomsky beziehen.
Johann Gottfried Herder beantwortet die Frage nach dem Ursprung der Sprache doppelt im Sinne der Aufklärung: Woher hat der Mensch als Gattung die Sprache? Wie erwirbt der Einzelne (seine) Sprache?
Im Gegensatz zur damaligen christlichen Auffassung (‘die Sprache kommt von Gott') behauptet Johann Gottfried Herder (1985: 736) ihre menschliche Herkunft: „(...) der Mensch erfand sich selbst Sprache! - aus Tönen lebender Natur! - zu Merkmalen seines herrschenden Verstandes! – (...) Bau, und Grundriß, ja selbst der erste Grundstein dieses Pallasts verrät Menschheit!” Herder formuliert metaphorisch: Die Sprache als Bau, als Palast. „Sprache“ wird als Gebäude gesehen. Ein Gebäude ist allmählich entstanden, wird im Lauf der Zeit verändert. Mancher sah im 19. Jahrhundert die Sprache als lebendigen Organismus, der entsteht, wächst und wieder abstirbt. Herder ist es wichtiger, den Unterschied von menschlicher zu tierischer „Sprache“ herauszuarbeiten. Denn vordergründig haben diese etwas gemeinsam: die Stimme und das Geräusch, das mit Hilfe bestimmter Organe (Sprechwerkzeuge) produziert wird. Es ist aber nicht das „Sprechen“, das den Unterschied von Mensch und Tier bestimmt; hinter menschlicher Sprache liegt der „Geist“, das Bewusstsein, das die Dinge auf den Begriff bringt, sie benennt, begreift und somit Kategorien, übergeordnete Begriffe schafft. Darin ist der Unterschied des Menschen zum Tier zu sehen. Allerdings ist der Mensch auch noch ein Tier: „Schon als Thier, hat der Mensch Sprache.“ (Herder, 697). Tiere kommunizieren über Töne, aber diese Naturtöne sind nicht dasselbe wie die Sprache der Menschen. „Sie sind nicht die eigentlichen Wurzeln, aber die Säfte, die die Wurzeln der Sprache beleben“ (701). Was den Menschen in Wirklichkeit vom Tier unterscheidet, ist eine besondere Eigenschaft, die nur der Mensch, nicht das Tier, kennt. Herder nennt diese Eigenschaft „Besonnenheit“, die Fähigkeit zur Reflexion, zur Kategorienbildung, die Möglichkeit verschiedener Perspektiven auf denselben Gegenstand. Er schreibt:
„Der Mensch in den Zustand von Besonnenheit gesetzt, der ihm eigen ist, und diese Besonnenheit (Reflexion) zum erstenmal frei würkend, hat Sprache erfunden. Denn was ist Reflexion? Was ist Sprache?
Diese Besonnenheit ist ihm charakteristisch eigen, und seiner Gattung wesentlich: so auch Sprache und eigne Erfindung der Sprache.
Erfindung der Sprache ist ihm also so natürlich, als er ein Mensch ist!
Der Mensch beweiset Reflexion (…), wenn er nicht bloß alle Eigenschaften, lebhaft oder klar erkennen; sondern eine oder mehrere als unterscheidende Eigenschaften bei sich anerkennen kann: der erste Aktus dieser Anerkenntnis giebt deutlichen Begriff; es ist das Erste Urteil der Seele – und –
Wodurch geschahe die Anerkennung? Durch ein Merkmal, was er absondern mußte, und was, als Merkmal der Besinnung, deutlich in ihn fiel. (…) Dies Erste Merkmal der Besinnung war Wort der Seele! Mit ihm ist die menschliche Sprache erfunden.“ ( Herder, Johann Gottfried, Abhandlung über den Ursprung der Sprache, 1772, in: Frühe Schriften 1764 – 1772, Deutscher Klassiker Verlag Frankfurt am Main 1985: 722 773)
Herder zeigt an verschiedenen Beispielen, wie der Mensch aus der Betrachtung der Tierwelt lernt zu kategorisieren, mit Hilfe der Reflexion Begriffe bildet. Aus vielen Schafen wird so das Schaf, indem der Mensch die gemeinsamen Merkmale aller Schafe (Herder wählt als Beispiel das „Blöcken“ des Schafes, genauer den Schall) herausstellt. „Er erkannte das Schaf am Blöcken; es war gefaßtes Zeichen, bei welchem sich die Seele an eine Idee deutlich besann – Was ist das anders als Wort? Und was ist die ganze menschliche Sprache, als eine Sammlung solcher Worte?“ ( Herder, 724) In Herders Beispiel vom blökenden Schaf wird dies sichtbar: des Menschen „Seele hat gleichsam in ihrem Inwendigen geblöckt, da sie diesen Schall zum Erinnerungszeichen wählte, und wiedergeblöckt, da sie ihn daran erkannte – die Sprache ist erfunden! eben so natürlich und dem Menschen notwendig erfunden, als der Mensch ein Mensch war.“ (724) Und weiter: „Ich kann nicht den ersten menschlichen Gedanken denken, nicht das erste besonnene Urteil reihen, ohne daß ich in meiner Seele dialogiere, oder zu dialogieren strebe; der erste menschliche Gedanke bereitet also seinem Wesen nach, mit anderen dialogieren zu können! Das erste Merkmal, was ich erfasse, ist Merkwort für mich, und Mitteilungswort für andre!"
Herder sieht den wesentlichen Unterschied zwischen Mensch und Tier darin, dass der Mensch nicht mehr wie das Tier instinktgebunden ist. Primat hat für den Menschen die „denkende Kraft“. Diese unterscheidet er von „Sinnlichkeit und Trieben“ (718). Er verwendet den neuen Begriff der „Besonnenheit das ist die Mäßigung aller seiner Kräfte auf diese Hauptrichtung“ (720). „Es ist ‚die Einzige positive Kraft des Denkens, die mit einer gewissen Organisation des Körpers verbunden bei den Menschen so Vernunft heißt, wie sie bei den Tieren Kunstfähigkeit wird: die bei ihm Freiheit heißt, und bei den Tieren Instinkt wird.‘“ (717). Der Mensch ist – anders als die Tiere – von der Natur eben nicht mit einer instinktgebundenen „Sprache“ ausgestattet. Dem Menschen fehlt es geradezu an Instinkt, - zumindest ist das Instinktive im Menschen fast ganz zurückgedrängt, und hier ist der Mensch dem Tier unterlegen. Dagegen aber hat der Mensch an „Vernunft“ gewonnen. Herder verwendet außerdem die Begriffe Verstand, Besinnung, und kommt im Fortgang seiner Überlegungen schließlich wie gesagt zum Begriff der „Besonnenheit“ (719). „Wenn der Mensch kein instinktmäßiges Tier sein sollte, er vermöge der freierwürkenden positiven Kraft seiner Seele ein besonnenes Geschöpf sein mußte. - - - (…) Ist nemlich die Vernunft keine abgeteilte, einzelnwürkende Kraft, sondern seiner Gattung eigne Richtung aller Kräfte: so muß der Mensch sie im ersten Zustande haben, da er Mensch ist. Im ersten Gedanken des Kindes muß sich diese Besonnenheit zeigen, wie bei dem Insekt, daß es Insekt war.“ (719) Der Mensch kann also gar nicht partiell vernünftig oder unvernünftig sein: die Vernunft ist die zugrunde liegende Eigenschaft des Menschen, sie ist - weitgehend - an die Stelle der Instinkte getreten, das aber bedeutet die (Möglichkeit zur) Freiheit und zugleich die Notwendigkeit, Sprache zu entwickeln.