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Du bist reich wie Buddha, wenn - du Reichtum nicht mit Besitz verwechselst - du dich mit lieben Menschen umgibst - du in Alltagsmomenten dein Glück erkennst - du Begegnungen wertschätzt - du auch in stressiger Zeit die wirklich wichtigen Dinge nicht aus den Augen verlierst. Es gibt viele Momente in unserem Leben - so zeigt es uns Bestseller-Autor Bernhard Moestl, in den rund dreißig Kapiteln dieses Lebenshilfe-Ratgebers mit buddhistischen Weisheiten -, in denen ganz alltägliche Erlebnisse uns den Blick für den wahren Reichtum in unserem Leben öffnen können: Ein Wiedersehen mit Freunden zum Beispiel, bei dem ihr Sushi essen geht und der Reiswein fließt. Ein Abend, an dem die Stimmung angesichts der Alltagslage angespannt ist und das Herz dennoch leicht sein darf, weil du beim Abschied erkennst, wie wertvoll die Begegnung war. Mit seinen Texten eröffnet er einen niedrigschwelligen Zugang zur Welt des Buddhismus. Der gefeierte Bestseller-Autor und erfahrene Business-Coach Bernhard Moestl bereichert uns in seinem neuen Buch mit lebenspraktischen Einsichten in die asiatische Philosophie und den Zen-Buddhismus. Denn wir erkennen, dass wir gewinnen, wenn wir loslassen. Dass wir mehr besitzen, je weniger wir aufs Materielle achten. Und dass wir mit unserem Blick auf die Dinge mehr verändern, als durch unsere Handlungen. "Auch du kannst der Buddha sein und ein richtig gutes Leben führen." Bernhard Moestl Bernhard Moestl, geboren 1970 in Wien, ist bekannt für leicht umsetzbare Lebenshilfe-Ratgeber mit buddhistischen Weisheiten. Seine Bücher eignen sich zum Selbst-Coaching, sind aber auch liebevoll ausgestattet als Geschenk. Vortragsredner und Business-Coach Bernhard Moestl bereichert mit den Schwerpunkten Bewusstsein und Führung. Er ist Autor erfolgreicher Sachbücher, in denen er die Erfahrungen zugänglich macht, die er bei Aufenthalten in Asien gesammelt hat, wo er u.a. im Shaolin-Kloster die Kampfkunst der Mönche erlernt hat. Diese Erkenntnisse nutzt er für seine Bücher und Seminare.
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Seitenzahl: 134
Bernhard Moestl
Was ein gutes Leben wirklich braucht
Knaur eBooks
Du bist reich wie Buddha, wenn du dir Zeit nimmst für kostbare Gedanken
Es sind die einfachen Momente, in denen ganz alltägliche Begebenheiten den Blick für den wahren Reichtum in unserem Leben eröffnen.
Ein Gespräch mit Freunden etwa: Alles dreht sich um Probleme, doch dann wird der Austausch intensiver. Du erkennst, wie wertvoll die Freundschaft ist, und dein Herz wird leicht.
Mit seinen Texten eröffnet Bestseller-Autor Bernhard Moestl anhand von persönlichen Erfahrungen und Reiseerlebnissen aus Shaolin, Indien und anderen asiatischen Ländern einen einfachen und konkreten Zugang zur Welt des Buddhismus und des Zen.
»Auch du kannst zum Buddha werden und ein richtig gutes Leben führen.« Bernhard Moestl
www.bernhardmoestl.com
Weitere Informationen finden Sie unter: www.droemer-knaur.de
Widmung
Motto
Du bist reich wie Buddha …
… wenn du Reichtum nicht mit Besitz verwechselst
… wenn du sorgenfrei den Moment lebst
… wenn dein Vertrauen größer ist als deine Angst
… wenn du mit gutem Gewissen Nein sagen kannst
… wenn du den Wert höher schätzt als den Preis
… wenn du die Kraft des Verzeihens erkennst
… wenn dein Reichtum aus deinem Inneren kommt
… wenn du das Wunder in den kleinen Dingen siehst
… wenn du selbst definierst, wie reich du bist
… wenn du nicht ständig etwas Sinnvolles tun musst
… wenn du glücklich bist mit dem, was du hast
… wenn du Vergangenheit und Gegenwart trennen kannst
… wenn du akzeptierst, dass die Dinge sind, wie sie sind
… wenn du jeden Augenblick als den kostbarsten erkennst
… wenn du verstehst, warum weniger manchmal mehr ist
… wenn du nicht immer alles verstehen musst
… wenn du sein willst, wo du gerade bist
… wenn Verzicht dir wie Gewinn vorkommt
… wenn du es versuchst, auch wenn es unmöglich scheint
… wenn du erkennst, dass Überfluss dich arm macht
… wenn dir das genügt, was war
… wenn du den wahren Wert der Zeit verstehst
… wenn du nicht ständig mehr willst
… wenn du deiner Bestimmung folgst
… wenn du den Frieden in dir selbst findest
… wenn du selbst zum Buddha wirst
[Zwischenblatt]
Wem ich Danke sagen möchte
Für Marianne
Das Glück liegt in uns, nicht in den Dingen.
(Buddha)
धन
Manchmal kommen Fragen derart unerwartet, dass sie selbst schlagfertige Menschen wie mich für einen kurzen Moment völlig aus dem Tritt bringen. So geschehen vor einiger Zeit in einem Gespräch mit einer guten Freundin. Wir plauderten über ein vollkommen anderes Thema, als sie plötzlich ihren Redefluss unterbrach und mich erwartungsvoll ansah. Um dann aus dem Nichts heraus zu fragen: »Warum bist du eigentlich kein Millionär?«
Warum bin ich nicht was? Total perplex stotterte ich erst einmal etwas drauflos, dass es mir finanziell doch durchaus gut gehe. Dass sie wisse, dass ich mir eigentlich alles leisten könne, was ich mir wünsche. Und dass ich deswegen doch nicht unbedingt Millionär zu sein brauchte! Besagte Freundin, nennen wir sie Maria, schaute mich belustigt an und wechselte das Thema.
Doch in meinem Kopf arbeitete es weiter. Was um alles in der Welt hatte mich an ihrer Frage derart irritiert, dass mir nicht einmal eingefallen war, sie nach ihren eigenen Millionen zu fragen?
Es dauerte eine Zeit, bis ich verstand, worin das Problem lag. Maria hatte einen Punkt berührt, den ich in Gesprächen normalerweise erfolgreich umschiffe. Nur dass es diesmal kein Entkommen gab. Es ist jetzt nicht so, dass ich grundsätzlich ein Problem mit Geld habe oder es gar generell ablehne. Aber ich werde oft gefragt: Wie kann man denn vermögend sein, wenn man nicht deutlich mehr besitzt als die meisten anderen Menschen?
Nun halte ich mich aber auch ohne Millionen auf dem Konto für zumindest genauso reich wie jene, die vor lauter Geld nicht mehr wissen, wohin damit. Ich führe ein Leben, das mir in jedem Augenblick Freude macht, liebe, was ich beruflich tue, kann sein, wo immer ich gerade möchte, habe wunderbare Freunde und auch finanziell ein gutes Auskommen. Warum aber brachte mich Marias Frage dann aus dem Gleichgewicht? Weil ich mich für einen kurzen Moment ungenügend fühlte. Wer war ich, so schien sie mich zu fragen, dass ich glaubte, selbst darüber bestimmen zu können, wie sich Reichtum definiert?
Ich weiß noch, dass ich einen Augenblick überlegte, ob ich mein Leben ändern sollte. Einfach, damit mir niemand mehr diese Frage stellte. Doch ich verwarf den Gedanken so schnell wieder, wie er aufgetaucht war. Hatte ich nicht im Laufe der Jahre immer wieder gesehen, dass gerade finanzieller Besitz oft wahren Reichtum verhindert? War ich nicht wieder und wieder Menschen begegnet, die zwar finanziell vermögend, aber dennoch nicht glücklich waren?
Vor meinem geistigen Auge tauchte ein Mann auf, der mich seit bald vierzig Jahren durch das Leben begleitet: Siddharta Gautama, auch bekannt als Buddha. Als Spross einer königlichen Familie war ihm der materielle Reichtum bereits in die Wiege gelegt. Sein Vater, der ihn unbedingt als Nachfolger sehen wollte, hatte von einem Weisen eine alarmierende Vorhersage erhalten: Sollte sein Kind jemals mit dem Leiden der Welt in Berührung kommen, würde es sich zu einem großen Mann entwickeln, der die Welt verändern sollte. Der König tat alles in seiner Macht Stehende, damit es dem Sohn an nichts fehlte. Doch die Mühe war vergeblich, denn kein Vermögen schien Siddharta glücklich zu machen. Er war gerade achtundzwanzig geworden, als er seine Familie und die Annehmlichkeiten des königlichen Hofes verließ. Ohne jedweden Besitz wollte er als Bettler durch die Lande ziehen, um eine Antwort auf jene Frage zu finden, die ihn seit seinem ersten Kontakt mit der Außenwelt beschäftigte: Warum leiden selbst Menschen, denen es nach außen hin an nichts fehlt?
In den darauffolgenden Jahren der Suche übte er derart strengen Verzicht, dass er sich dabei körperlich fast zugrunde richtete. Doch die Antwort ließ auf sich warten. Es war kurz nach seinem zweiunddreißigsten Geburtstag, als Siddharta eines Abends unter einem Baum Platz nahm. Er schwor sich, diesen Ort so lange nicht mehr zu verlassen, bis er die Antwort gefunden hatte. Und tatsächlich erkannte er in genau dieser Vollmondnacht, dass wir Menschen immer genau das wollen, was wir gerade nicht haben. Die Ursache für unser Leid, so begann er zu verstehen, ist unsere ständige Gier nach mehr. Wir wollen mehr Anerkennung, mehr Besitztum, mehr Geld. Je mehr wir bereits haben, desto mehr versuchen wir zu bekommen.
Wie aber könnte ein Mensch zufrieden sein, wenn ihn ständig dieses Gefühl verfolgt, noch immer zu wenig zu haben? Obwohl wir tief in unserem Inneren erkennen, dass dieser Weg uns nicht glücklich macht, gehen wir ihn dennoch mit erstaunlicher Beharrlichkeit weiter.
Um Maria eine Antwort zu geben, mit der sie auch zufrieden gewesen wäre, hätte ich ihr wohl das alles und noch viel mehr erklären müssen. Ich hätte ihr davon erzählen müssen, wie wir meiner Vorstellung nach eines Tages auf unser Leben zurückschauen werden. Wie werden wir auf die Frage antworten: War ich reich?
Ich bin mir sicher, dass uns in diesem Moment alles andere in den Sinn kommen wird als die Überlegung, ob wir irgendwann die Summe X auf dem Konto hatten. Vielmehr bin ich davon überzeugt, dass wir uns an glückliche Momente erinnern werden, an gute Gespräche und an Menschen, in deren Anwesenheit wir uns wohl und geborgen gefühlt haben. Vielleicht werde ich Maria eines Tages eine ausführliche Antwort geben. Bis dahin genügt es, wenn sie weiß, dass wir reich sind wie Buddha, sobald wir Reichtum nicht mit Besitz verwechseln.
पल
Auf seine Art, so denke ich manchmal, ist das Leben schon eigenartig. Obwohl ich nämlich seit meiner Jugend davon träume, am Meer zu wohnen, habe ich bereits vor vielen Jahren meinen Lebensmittelpunkt in eine kleine Stadt in den Bergen verlegt. Ungeachtet der Tatsache, dass das Städtchen zu den touristischen Höhepunkten des Landes zählt, ist der nächstgelegene Flughafen nur über eine meist einspurige und daher oft verstopfte Landstraße verbunden. Anders gesagt, beginnt für mich das Abenteuer jeder Reise bereits auf dem Weg dorthin. Die Reisedauer, die selbst unter guten Bedingungen bei knapp drei Stunden liegt, kann sich im Falle eines kleinen Unfalls mit Blechschaden durchaus einmal verdoppeln. Wer diese Möglichkeit nicht bei seiner Zeitplanung berücksichtigt, winkt im schlimmsten Fall dem Flieger von unten hinterher.
Nun sind Auto und Bus nicht die einzigen Möglichkeiten, um zum Airport zu gelangen. Nicht sehr regelmäßig, aber dennoch verkehrt auch ein Zug, für den ich mich, wann immer möglich, entscheide.
Abgesehen davon, dass diese Variante bequemer ist, verkürzt sie vor allem die Fahrzeit. Dafür birgt sie aber eine andere Herausforderung. Es gibt nämlich keine direkte Verbindung zwischen meinem Wohnort und dem Flughafen, sodass ich, einmal in der Hauptstadt angekommen, noch in einen zweiten Zug umsteigen muss. Da dieser ein recht großzügiges Intervall von vierzig Minuten hat, empfiehlt es sich dringend, ihn nicht zu versäumen. Wenngleich ich aber für die Anreise immer einen mehr als ausreichenden Zeitpuffer einplane, drohte mir vor einiger Zeit genau das zu passieren.
Das Problem nahm seinen Anfang, als der Zug Richtung Hauptstadt den Bahnhof erst mit reichlicher Verspätung verließ. Nun ist das in diesem Land nicht etwas unbedingt Ungewöhnliches, weshalb ich mir anfangs noch keine Sorgen machte. Mit Sicherheit würden wir die Verspätung unterwegs aufholen und ich den Anschlusszug locker erreichen.
Doch im Gegensatz zu sonst schien es ausgerechnet dieses Mal nicht der Fall zu sein. Ganz im Gegenteil wurde die Verzögerung immer größer. Mit jeder Station, die wir verspätet erreichten, wuchs meine Nervosität. Unruhig dachte ich daran, dass die Umsteigezeit zwischen den Zügen knapp zwanzig Minuten betrug. Genügend Zeit, um den Bahnsteig zu wechseln, wären wir nicht bereits mehr als das Doppelte zu spät dran gewesen. In meinem Kopf begann es zu arbeiten. Was, wenn ich den Anschlusszug nicht erreichte? Ich ging meine Optionen durch. Die sicherste war, vom Bahnhof ein Taxi zum Flughafen zu nehmen. Aber dann hätte ich doch gleich einen privaten Transfer nehmen können! Hatte ich mich nicht bewusst auch deshalb gegen diesen und für die Bahn entschieden, weil ich so etwas billiger reiste? Wenn nun zu dem Zugticket eine völlig unnötige Taxifahrt hinzukam, dann wäre die ganze Ersparnis dahin.
Ich versuchte, mich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass ich für das Taxi in etwa so viel bezahlen würde wie woanders für drei Kugeln Speiseeis. Aber meine Emotionen hatten mich voll im Griff. Konnte dieser dämliche Zug nicht einfach pünktlich sein? Beinahe minütlich schaute ich auf die Uhr und begann, mir Vorwürfe zu machen, dass ich mich gegen den Transfer per Taxi entschieden hatte.
Ich war derart in meinen Ärger über die Bahnbetreiber vertieft, dass ich nicht einmal bemerkte, dass der Fahrer die Verspätung langsam, aber stetig aufholte. Am Bahnhof angekommen, wollte ich gerade resigniert zum Taxistand gehen, als ich am Nebengleis den Flughafenzug stehen sah. Mit dem Koffer in der einen und dem Rucksack in der anderen Hand rannte ich zum anderen Bahnsteig.
Nachdem ich keuchend Platz genommen hatte, spürte ich, dass mein Unmut sich wieder gegen mich wandte. Hatte ich tatsächlich gerade fast drei Stunden meines Lebens damit vertan, mich über etwas zu empören, das am Ende nicht einmal eingetreten war? Wie viel Ärger hätte ich mir erspart, hätte ich die ohnehin unveränderlichen Dinge einfach laufen lassen und nicht an das bisschen Geld gedacht, dass mich zur Not ein Taxi gekostet hätte?
Ich atmete tief durch. Sollte ich nicht viel lieber für die Tatsache dankbar sein, dass ich es mir im schlimmsten Fall auch hätte leisten können, anders zum Flughafen zu kommen? Was eigentlich, so ging es mir durch den Kopf, ist der wirkliche Zweck von Reichtum? Was streben wir tatsächlich an, wenn wir versuchen, ihn zu erlangen? Geld als solches, so wurde mir klar, kann es nämlich nicht sein. In diesem Fall würde uns nämlich das Wissen genügen, dass auf irgendeinem Konto irgendwo auf der Welt eine bestimmte Summe geparkt ist. Aber was ist es dann?
Geht es uns nicht in Wirklichkeit am Ende viel mehr darum, uns einfach gut zu fühlen?
Hat unser ständiges Streben nach finanziellem Reichtum am Ende seine Ursache nicht in der angenehmen Illusion, uns alles leisten zu können? Dabei bleibt doch selbst der Wert jener Dinge, die wir praktisch besitzen, am Ende rein theoretischer Natur. Tatsächlich freuen wir uns nämlich allein über die Idee, dass uns etwas ständig zur Verfügung steht, sobald es erst in unserem Besitz ist. Niemand benutzt nämlich seine Jacht, das neue Auto oder die schicke Handtasche vierundzwanzig Stunden am Tag. Das gute Gefühl entsteht am Ende allein durch die Tatsache, dass wir es könnten, wenn wir denn wollten.
Wenn nun das Ziel von Reichtum am Ende nichts anderes ist als ein Wohlgefühl, warum bringen wir uns so mutwillig selbst darum? Nicht nur lassen wir nämlich zu, dass Dinge, die außerhalb unseres Einflusses liegen, uns kontrollieren und uns unserer Freude berauben. Vielmehr geben wir dann genau jenem Geld den Vorrang, das doch angeblich nur ein Weg zu unserem wahren Glück ist. So laufen wir oft an unserem Glück vorbei, weil wir in der Hektik übersehen, dass wir doch schon lange angekommen sind!
Nachdem ich drei Stunden meines Lebens einem völlig sinnlosen Gram geopfert hatte, überlegte ich mir, wie viel Lebenszeit jemand verliert, der sich täglich nur eine einzige Stunde ärgert. Das Ergebnis war ernüchternd. Wer das siebzig Jahre lang tut, verliert drei davon an seinen Zorn.
Als ich am Ende pünktlich den Flughafen erreichte, hielt ich dankbar inne. Nicht nur weil wieder einmal alles gut gegangen war, sondern weil ich durch die ganze Sache etwas Wichtiges verstanden hatte. Wahrer Reichtum hat nichts mit Geld zu tun. Reich wie Buddha ist vielmehr, wer jeden Augenblick als einen Schatz erkennt, der kostbarer ist als alles Geld der Welt.
विश्वास
Wer mich näher kennt, der weiß, dass sich mein Leben in einer Art selbst gewähltem Grenzbereich abspielt. So habe ich bereits vor vielen Jahren die Zelte in meiner alten Heimat abgebrochen, um mir eine neue Existenz im Ausland aufzubauen. Ich verdiene meinen Unterhalt als Selbstständiger in mehreren herausfordernden Branchen und liebe bis heute das oftmals anstrengende Leben unterwegs. Das wäre vielleicht gar nicht weiter erwähnenswert, käme ich nicht aus einer Familie, in der Planbarkeit und Gewissheit stets an oberster Stelle standen.
So wurde mir seit meiner Kindheit eingetrichtert, dass Sicherheit immer wichtiger ist als Lebensfreude. Besser ein sicherer Job, der dir keine Freude macht, als eine Arbeit, die dich zwar erfüllt, dich aber nicht ernähren kann. Die Idee, dass man auch mit einer erfüllenden Tätigkeit Geld verdienen kann, kam in den Köpfen meiner Familie irgendwie nicht vor.
Nun war ich zwar bereits als Jugendlicher durchaus unangepasst, doch die jahrelange Gehirnwäsche ging auch an mir nicht wirkungslos vorüber. Das bedeutet nicht, dass ich deswegen tat, was jemand anderer wollte. Aber ich musste mich immer gegen die nervende Stimme in meinem Kopf durchsetzen, die ständig fragte: »Was machst du, wenn etwas schiefgeht?«
Bis ich eines Sommers eine Entscheidung traf, die sogar mir etwas gewagt zu sein schien. Ich wollte mit meiner damaligen Freundin in die Türkei reisen, wo ich zuvor als Pressefotograf gearbeitet hatte. Wir beschlossen, uns mit dem Auto auf den Weg zu machen, das ich kurz zuvor eigens für diesen Zweck angeschafft hatte. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren konnte schließlich jeder.
Ich erinnere mich noch daran, wie aufgeregt ich war, als ich dem rumänischen Zöllner Reisepass und Fahrzeugschein aushändigte und auf die Frage nach unserem Reiseziel stolz mit »Istanbul« antwortete. Dummerweise endete die Fahrt bereits knapp zweihundert Kilometer später. Ein überholendes Fahrzeug war mir ins Heck gekracht und hatte mein Auto direkt vor einen Baum geschleudert.