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Gerstäckers zweite große Reise dokumentiert: Friedrich Gerstäcker führte auf seinen Reisen sogenannte 'copy books' mit sich, in denen sich die Abschriften seiner Reiseberichte fanden. Durch ein besonderes Verfahren schrieb man dabei noch vor der Erfindung des Kohlepapiers durch und hatte auf diese Weise Kopien der Texte - erstmalig hier abgeschrieben und vorgelegt - einfach lesenswert! Dazu Briefe und zahlreiche Hinweise auf Land und Leute, die aus heutiger Zeit verblüffen müssen.
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Seitenzahl: 393
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Friedrich Gerstäcker
Reiseberichte für verschiedene Zeitschriften
1867/68
Manuskriptabschriften seiner Copy-Books
Friedrich-Gerstäcker-Gesellschaft e.V.
Hinweis: Die im 19. Jahrhundert verfassten Texte Friedrich Gerstäckers enthalten Bezeichnungen, die heute nicht mehr in dieser Form verwendet werden. Wir haben sie wortgetreu für diese Manuskriptabschriften seiner Reiseberichte übernommen.
Es handelt sich dabei um das Archiv-Material im Stadtarchiv Braunschweig, Findbuch G IX 23, Reiseberichte/Tagebücher, Nr. 26: Eigenhändige Copy-books, h – i, in den Auszügen, die den Reiseabschnitt von New Orleans bis St. Thomas behandeln.
Gemeinschaftsausgabe Friedrich-Gerstäcker-Gesellschaft e.V. und Edition Corsar, Braunschweig, 2022
Geschäftsstelle: Am Uhlenbusch 17, 38108 Braunschweig
Alle Rechte vorbehalten! © 2016 / © 2022
Vorwort des Herausgebers
Friedrich Gerstäcker führte während zahlreicher Reisen sogenannte copy books englischer Herkunft, die ihm eine seitenverkehrte Durchschrift ermöglichten. Aufgrund des sehr dünnen Papieres lassen sich die handschriftlichen Texte trotzdem lesen. Der Weltreisende hatte auf diese Weise nicht nur Kopien seiner unterwegs verfassten Reiseberichte zur Kontrolle, sondern auch von der geführten Korrespondenz.
Hier liegen seine Berichte vor, die die Grundlage seines späteren Reiseberichtes bilden, veröffentlicht 1868 in drei Bänden im Verlag H. Costenoble, Jena, unter dem Sammeltitel Neue Reisen durch die vereinigten Staaten, Mexiko, Ecuador, Westindien und Venezuela. Band 1: Nord-Amerika, Band 2: Mexiko, der Isthmus u. Westindien, Band 3: Venezuela.
In diesen Berichten wird die ablehnende Haltung Friedrich Gerstäckers gegenüber der schwarzen Bevölkerung in den bereisten Ländern überdeutlich. Zwar lehnt er die Sklaverei als unmenschlich ab und begrüßt das Ende, zugleich äußert er sich aber in einer Weise über diese Menschen, die den heutigen Leser abstößt und verwundert. Das soll hier nicht entschuldigt, sondern nur erklärt werden.
Friedrich Gerstäcker war ein ‚Kind seiner Zeit‘, geprägt durch die Umstände und Verhältnisse, die ihn zu dieser einseitigen Haltung brachte. Erstaunlich ist es auch, dass viele seiner abwertenden Aussagen in den Zeitschriften- wie den Buchveröffentlichungen nicht gestrichen wurden. Offenbar hatte man zu seiner Zeit Verständnis für derartige Abwertungen.
Dagegen wurden seine Bemerkungen über die Geistlichkeit in Mexiko allerdings häufig gestrichen oder zumindest gekürzt – hier waren wohl andere Rücksichten zu nehmen als die, die Menschen anderer Hautfarbe betreffen.
Wir verdanken die Abschriften seiner trotzdem noch immer lesenswerten Reiseberichte unserem verstorbenen Ehrenmitglied Karl-Heinz Poetsch, dessen Andenken wir diese Ausgabe widmen. Leider gab es teilweise Fehlstellen oder sogar fehlende Seiten, die wir, wo das möglich war, durch die gedruckte Form ergänzt haben.
Braunschweig, November 2022
Thomas Ostwald
Inhalt
An die Redaktion der New Yorker Staatszeitung 5
An die Redaktion der Kölnischen Zeitung - An Bord der Daphne 25/11.67 -
Ein Rückblick auf die Union. 9
An die Redaktion der New Yorker Staatszeitung. An Bord der Schooner
Brigg Daphne 24/11. 67 15
Bayou Sarah & Point Coupe in ihrem jetzigem Zustand 21
Von New Orleans nach Vera Cruz 34
Vera Cruz 40
An die Redaktion der Kölnischen Zeitung Mexico d. 22sten Dec. 67
Von Vera Cruz nach Puebla 45
Puebla 55
Ein Stiergefecht in Puebla 67
Die Mageh Pflanze (Agave) und der Pulke 71
Das Räuberwesen in Mexiko 75 Von Puebla nach Mexiko 80
Die Hauptstadt Mexiko 85 Der Weihnachtsmarkt in Mexiko 106
Die jetzigen Zustände Mexikos! 109
Von Mexiko nach Cuernavaca 116
Von Cuernavaca zum stillen Meer 122
Acapulco 139
An die Redaktion der New Yorker Staatszeitung Mexico 26sten Dec. 67 142
Ein Rückblick auf Mexiko 148
Von Acapulco nach Panama 156
Panama & Aspinwall 159
Ein Abstecher nach Ecuador 169
Tumaco 189
An die Redaktion der New Yorker Staats-Zeitung 192
Brief an Herrn Gerstenberg 194
Die Deutschen in St.Thomas 196
An die Redaktion der Kölnischen Zeitung 198
An die Redaktion der New Yorker Staatszeitung1
Noch bin ich in den Vereinigten Staaten, und kann Ihnen deshalb Nichts senden was sie nicht auch vielleicht von anderer Seite erhalten möchten. Dennoch drängt es mich Ihnen ein paar Worte über ein Land zu sagen, daß im Osten und Norden den nur denkbar schlimmsten Namen - meiner Meinung nach aber mit vollem Unrecht hat. Ich meine Arkansas.
Als ich in New York schon die Absicht aussprach Arkansas zu besuchen, wurde mir von allen Seiten entgegengerufen, das nicht zu thun, da dieses Land, authentischen Nachrichten zu Folge von Räubern und Strauchdieben wimmele - in der That nichts weiter als eine Colonie von Bushwhackern.
Dieselbe Ansicht machte sich in den nördlichen & selbst westlichen Staaten geltend und besonders war es der "Arkansas Nachwuchs" dem man solche Eigenschaften zur Last legte. Ich möchte solche Verdächtigung eines ganzen Landes hier wiederlegen wozu ich halte es sogar für meine Pflicht eine Lanze für die Bewohner des Far West in Arkansas sowohl als in Mississippi/Missouri einzulegen.
Ich habe die rauhsten der beiden Plätze betreten, das gesunkene Land am Missouri, die Sümpfe und wilden Backwoods am Arkansas und habe das Volk wohl verarmt und durch den entsetzlichen Krieg gebrochen, aber wahrlich nicht so demoralisirt gefunden, wie man es im Osten zu glauben scheint.
Gott weiß es, es giebt auch jetzt noch genug Gesindel in den Vereinigten Staaten, Schurken die einen anderen Menschen mit Vergnügen eines einzigen Dollars wegen todtschlagen würden, wenn sie hoffen dürften unentdeckt zu bleiben. Diese braucht man aber nicht in Arkansas & Missouri zu suchen, sondern man findet sie mit größter Bequemlichkeit, sobald man nur die beiden Union Pacific Eisenbahnen befährt und zu den Grenzpunkten der bis jetzt fertigen Tracks kommt. Dort hausen, elegant gekleidet, mit sorgfältig gewichsten Stiefeln und geölten Haaren, die falschen Spieler und Strolche, Pickpockets & Pferdediebe, dort hat sich der Bodensatz des ganzen Amerikanischen Volkes niedergelaßen, und so sicher wie ich mich in Arkansas in jeder, auch der ärmsten Hütte niederlegen kann, so gefährdet ist jeder ehrliche Mensch dort, sobald er sich zwischen jene Bande wagt.
In Missouri, im gesunkenen Land, und vollkommen in der Wiidniß, von jeder Verbindung mit einer Straße oder dem Strom abgeschnitten, habe ich eine Weile, und zwar unter schwierigen Verhältnißen zwischen diesen Leuten herumgetrieben, und nicht einmal, daß sie auch nur rauh und unfreundlich mit dem Fremden gewesen wären. Das dort lebt sind entweder Jäger-, Arbeiter- oder Händler, also wahrlich keiner hochcivilisirten Klaße angehörend, und steigt ihnen einmal der Whiskey in den Kopf, so kann es nichts schaden, wenn man ihm für kurze Zeit aus dem Wege geht, aber es sind dabei brave, tüchtige Menschen, rauh in ihrem Benehmen, aber mit Kopf & Herz auf der richtigen Stelle, und wenn ich die Wahl habe, so will ich immer lieber einen Abend in ihrer Gesellschaft zubringen, als in einem aesthetischen Thee der haute volée.
Daß sich in diesen Ländern, und als auch in Arkansas nach dem letzten Krieg nichtsnutzige Subjekte herumtreiben, läßt sich denken. Hie & da werden noch immer Pferde gestohlen, aber man kennt die; Burschen auch, und wo ihnen die Hinterwäldler auf die Spur kommen, sind sie jedesmal verloren.
In dem letzten Krieg war das sogenannte Bushwhacker System - das man aber in Arkansas Jayhawking nennt, gerade dort sehr ausgebreitet, aber diese Jayhawker fochten weniger als Guerillos gegen die Unions Regierung, sondern bestanden aus dem nämlichen Gesindel, das schon Fenimore Cooper in seinem Roman the spy, erwähnt, und die in dem damaligen Befreiungskrieg cowboys genannt wurden. Sie hielten sich sowohl vor den Truppen der Süd- wie Nordstaaten versteckt, und überfielen und plünderten nur die wehrlosen Bewohner einzelner Hütten im Walde. Erst dann als wieder eine regelmäßige und strenge Regierung die Zügel in die Hand nahm, wurde ihnen der Boden unter den Füßen zu heiß, und jetzt durften sie auch nicht einmal wagen in Arkansas zu bleiben, denn sie fürchteten nicht mit Unrecht die Rache der Geschädigten, deren Söhne indeßen aus dem Krieg heimgekehrt waren. Die Meisten von ihnen flohen nach Texas und dort mag sich dann auch wohl eine ganz hübsche und anständige Gesellschaft angesammelt haben. Daß am Red River selber verschiedene Raubbanden bestehen scheint gewiß und ein Bursche besonders soll eine besondere Malice auf Neger und - Yankees haben, die er rettungslos umbringt, während er alle Uebrigen unbehindert paßiren läßt.
Soviel bleibt sicher: Im Ganzen ist Arkansas gründlich von dem Gesindel gereinigt, und ein Reisender mag den ganzen Staat nach Nord & Süd und Ost und West so unbesorgt & ungeschädigt durchwandern, wie Pensylvanien und Ohio. Er hat Nichts für seine Sicherheit zu fürchten.
Ich hatte übrigens nicht geglaubt so viele der Union treu gesinnte Bürger in Arkansas zu finden, als es wirklich der Fall zu sein scheint, und Tausende von jungen Leuten flohen damals nach den nördlichen Staaten, um nicht gezwungen zu werden in die Armee des Südens zu dienen. Wenn sie aber daraus schließen wollten, daß jetzt die Stimmung dieser Anhänger der Union und selbst der Republikaner dem Norden freundlich gesinnt ist, so würden sie sehr irren. Es war ein großer Fehler den Schwarzen das Stimmrecht zu geben während es noch vielen, früher bei der Rebellion Betheiligten Weißen entzogen bleibt, und hat unsagbar böses Blut gemacht. Ich habe, einige Beamte abgerechnet, selbst unter den Deutschen in Arkansas auch nicht Einen gefunden, der sich nicht entrüstet darüber ausgesprochen hätte, und daß die Neger den verkehrtesten Gebrauch davon machen werden, bleibt außer aller Frage. Anstatt jetzt anzufangen sich ihr Brod selber zu verdienen, da sie nun auf ihre eigene Hände & Arbeit angewiesen sind, besuchen sie nur fortwährend von Weißen abgehaltene Versammlungen und haben außerdem auch schon eine Clique unter sich gebildet, in welcher sie sich an geheimen Zeichen erkennen.
In diesem Müßiggang bestärkt sie auch noch etwas Anderes, und zwar das unselige Gesetz, das 2 1/2 Cent Taxe auf das Pfund Baumwolle legte, und wahrscheinlich beabsichtigt nur dem südlichen & rebellischen Pflanzer eine schwere Steuer aufzuerlegen, in Wirklichkeit aber gerade den kleinen und armen Farmer und also auch den eben erst beginnenden Neger, weit schwerer trifft, denn wo wäre er im Stande bei den jetzt so fabelhaft niederen Baumwollenpreisen und selber ohne Mittel, die Taxe zu erschwingen & die Folge davon war daß nach zuverläßigen Nachrichten, ganze Baumwollenerndten in den Feldern verfaulen, weil das Produkt selber-, nach einfacher Berechnung, die Arbeit der Erndte gar nicht einmal bezahlt. Man thut jetzt Alles in den Nordstaaten um dem Neger aufzuhelfen, bindet ihm aber gerade an einer Stelle die Hände, wo er sich selber helfen könnte und macht in den unvernünftigsten Taxen und Steuern weiter, damit nur die Summen endlich aufkommen, die aufgebracht werden müßen und jetzt von einem Schwärm schurkischer Beamter einfach gestohlen werden. Das aber ist ein Wespennest, in das keiner hinein zu stören wagt, weil fast Alle mehr oder weniger dabei betheiligt sind, und danach hört man es überall ganz offen und unverhohlen aussprechen, daß Onkel Sam seine Schulden: lange abbezahlt hätte, wenn er nicht aber eine Prämie auf den Diebstahl setzte.
Aber ich möchte mich nicht weiter in ihre inneren Verhältniße mischen, und dennoch "ist was faul im Staate Dänemark" und ich fürchte fast daß die Union - wenn die Corruption so fort überhand nimmt - einer schweren Zeit entgegengeht .
Um noch einmal auf Arkansas zurückzukommen, so ist der Staat durch den Krieg fast ruiniert und in manchen Landestheilen fast verwüstet worden. Man findet Farmer, die nicht eine einzige Kuh mehr haben und jahrelang werden schwer arbeiten müßen, um nur das wieder zu erwerben, was sie vor dem Krieg wirklich besaßen. Das Einzige was ihm wieder aufhelfen kann, ist eine frische Einwanderung, mit der nicht allein neuer Verkehr, nein auch neues Vertrauen bei ihnen einkehren würde, und wahrlich es giebt kaum ein schöneres, fruchtbareres und auch gesunderes Land, als die westlichen und nordwestlichen Theile dieses Staates. Eine Einwanderung kann sich aber nicht dorthin wenden, so lange man dem armen Lande, völlig unverdienter Weise, einen schlechten Namen giebt.
Mögen die Leute, die sich vorzugsweise in einem nicht zu kalten Landstrich niederlaßen wollen, erst einmal einen Abstecher nach Washington County und der Nachbarschaft von Fort Smith wie dem Fuß der Ozarkgebirge machen, um dann selber urtheilen zu können, und ich bin überzeugt daß sie Alles bestätigen werden was ich hier gesagt. Weder Akansas noch die wilden Theile von Missouri verdienen den bösen Namen den man ihnen giebt. Das Volk ist rauh aber gut, und die faulen Auswüchse, die der Krieg erzeugt sind auch mit die Ursache die sie hervorrief wieder verschwunden. Arkansas ist - wie ein Ansiedler von dort ganz richtig zu mir sagte, wieder ein Territorium geworden, daß erst noch einmal von vorn an explorirt werden muß - aber es wird die Arbeit lohnen und mich gereuen die Tage wahrlich nicht, die ich darin neuerdings verlebt
Friedr. Gerstäcker
An die Redaktion der Kölnischen Zeitung - An Bord der Daphne 25/11.672
Ein Rückblick auf die Union.
An Bord der kleinen Schuner Brigg Daphne in der Mündung des Mississippi und auf meinem Weg nach Vera Cruz habe ich volle Muße einen Blick auf die jetzt durchwanderten Staaten der Union zurückzuwerfen. Aber ich sah soviel so mannigfaltiges in der kurzen Zeit meines Aufenthaltes, dass es mir oft, wenn ich mit meiner Erinnerung zurückschweife, so vorkommt, als ob ich vor den runden Gläsern eines Meß-Panoramas stünde und nun nur in ein oder das andere derselben hineinzuschauen brauche um bald die Oelsprudelnden Pumpen Pensylvanniens, bald die Council lodge am North Platte, bald die wilden Wälder von Arkansas, bald die friedlichen Weinberge von (unleserlich) , bald die zerstörten Plantagen am Mississippi, mit abwechselnden Städte- und Landschaftssbildern zu sehen. Wenn ich zuweilen Morgens aufwache weiß ich auch wahrlich nicht gleich wo ich mich befinde im Schlafcoupée einer Eisenbahn, an Bord eines Dampfers oder Segelschiffs, am Lagerfeuer-, oder im Hotel, und wenn ich überhaupt Nerven hätte, so wäre dieser stete Wechsel wohl im Stande mich nervös zu machen.
So ist wie es ist, laße ich die Sache ruhig an mich kommen, und mit einer fröhlichen Schunerfahrt durch den schönen Golf vor mir, bin ich vollkommen bereit auch gleich wieder in ein neues von dem bisher geführten völlig verschiedenem Leben einzutauchen. - Aber die kurze Zwischenpause will ich wenigstens benutzen, und es ist überhaupt eine anerkannte Thatsache, daß man erst zu einem Abschluß gelangt sich ein wirkliches Urtheil über das Erlebte bilden kann. Ob es freilich ein richtiges ist, wage ich nicht zu behaupten, so viel aber kann ich zu meiner Rechtfertigung sagen, daß ich das schöne Land der Vereinigten Staaten völlig vorurtheilsfrei betreten und durchwandert habe, und auch mit bestem Willen ehrlich zu schildern suche was ich gesehen.
Will ich aufrichtig sein, so muß ich gestehen daß ich in Deutschland geglaubt die Spuren des Amerikanischen Bürgerkrieges würden sich, unter diesem thatkräftigen Volk jetzt, nach vier Jahren so vollständig verwischt haben, um auch kaum ein Zeichen der furchtbaren und gewaltsamen Umwälzung zurückzulaßen. So lange ich im Norden reiste, fand ich diese Meinung auch nirgend wiederlegt, ja überall verrieth wachsender Wohlstand und das rasende Wachsthum der verschiedenen Städte den Reichthum und die enormen Hülfsmittel dieser mächtigen Republik. Prachtvolle Neubauten überraschten mich wohin ich kam, riesige Unternehmungen: wie die Pacific Eisenbahnen, der Tunnel des Huron-Sees bei Chicago, die Brücke von Cincinnati zeugten von dem ungebrochenen Unternehmungsgeist des Volkes, und neue Pläne tauchten überall empor.
Anders - weit anders wurde das freilich als ich den Süden betrat, und zwar plötzlich und wie mit einem Schlag schieden sich die Verhältniße so zu Ungunsten des Letzteren, daß man es kaum mehr für ein einziges Land hätte halten sollen.
Missouri - früher auch ein Sclavenstaat, konnte indeßen kaum zum Süden gezählt werden, sein Klima drängte es auch schon früher meist dem Norden zu und dadurch daß es von den nördlichen Heeren gleich anfangs besetzt und von jeder Feindseligkeit abgehalten wurde, entging es dem traurigen Schicksal der Schwester Staaten. Dagegen stellte sich schon der Unterschied in Tenessee und Arkansas auf das Entschiedenste heraus. Die Neger wurden durch freid mens ̂Bureaux gewaltsam beschützt, Soldatentrupps lagen überall, in Teneßee besonders traf ich an vielen Stellen aufgeschlagene Zeltlager, die Pferde daneben angebunden als ob sie zu augenblicklichem Dienst bereit gehalten würden und dazu ein aufrührerischer trotziger:- Geist in der Bevölkerung, der sich gar nicht selten in höhnischen Spottliedern aus der Kriegszeit und gegen die verhaßten "Yankees" gerichtet, Luft machte.
Mehr noch als in Arkansas, Mississippi und Louisiana fand ich diesen Geist in Teneßee, und schwer hat auch gerade dieß Land durch den Krieg gelitten, obgleich man gerade hier glauben sollte, daß bei einem sehr gemäßigten Klima ein Ausgleich mit dem Norden und ein Ersatz Weißer für Sclavenarbeit noch am Leichtesten wäre.
Und was thut die Regierung jetzt um diesen Geist zu beschwichtigen und eine Versöhnung zwischen den beiden feindlichen Bruder Ländern herbeizuführen? Sie drückt besonders den Süden, der schon jetzt an der Concurrenz anderer Welttheile fühlbar zu leiden hat, mit der ungerechtesten aller Taxen, der auf ein Rohprodukt, der Baumwolle, und wirf ihn außerdem durch das den Negern plötzlich bewilligte und bedingungslose Stimmrecht, unter die Majorität der verachtetsten aller Racen.
Ich selber würde Nichts gegen das Stimmrecht der Neger einzuwenden haben die, wenn sie einmal Bürger der Vereinigten Staaten werden sollen, auch in ihre Rechte eintreten müßen, aber vollkommen ungerecht ist es dem in völliger Unwißenheit aufgezogenem Volk so ganz plötzlich mehr Rechte, als sie selbst dem freien und gebildeten Einwanderer bewilligt werden. Von diesem verlangt man daß er fünf Jahre im Lande sei, ehe er Bürger werden und sich an den Wahlen betheiligen kann - dem Plantagenneger, der bis jetzt wie ein Zugstier aufgewachsen, wirft man es in den Schooß und reizt dabei nicht allein die Südländer, zum äußersten noch möglichen Widerstand, sondern beleidigt und verletzt damit auch den freien Einwanderer auf das Gröblichste.
Den jetzigen Gesetzen nach sieht sich der Neger auch plötzlich weit höher und begünstigter gestellt, als alle Einwanderer, ja selbst hier im Land erzogene - nur nicht geborene Fremde, denn er als Landeskind kann zum Praesidenten gewählt werden, was bei nicht hier geborenen Fremden, der Constitution nach, unmöglich ist. Das Stimmrecht mußte nun einmal in späterer Zeit dem Neger werden, aber konnte das nicht auf vernünftige und gemäßigte Weise geschehen, so daß die Schwarzen einem Census unterworfen wurden der zugleich eine geistige Befähigung wie ein gewißes Vermögen zur unerläßlichen Bedingung des Stimmens macht. Man hätte dadurch einen doppelten Erfolg erzielt und zwar erstens erreicht daß nur Leute zur Wahlurne treten konnten, die wirklich begriffen welches Recht, welche Pflicht die damit ausübten, und dann auch den Neger auf eine verständige und kluge Weise gezwungen nach einer unabhängigen oder doch sorgenfreien Stellung zu streben - also zu arbeiten.
Was ist jetzt der Erfolg dieser gewaltsamen Maasregel? Die Neger werden durch ehrgeizige oder noch mehr gewinnsüchtige Agenten und Stellenjäger zur Wahlurne getrieben und betrachten den Ackt des Stimmens dabei nicht etwa als ein ehrenvolles Zugeständniß ihrer Menschenrechte, nein nur als eine trotzige Demonstration gegen die Weißen. Sie brauchten sich das aber nicht selber zu erwerben, sondern es wurde ihnen geschenkt, die freed mens Bureaux unterstützen dabei ihre alten Leute und Waisen und jetzt bleibt ihnen völlig Raum um in den Städten auf der faulen Haut und vor den Schanklokalen herumzuliegen und dem lieben Gott die Tage abzustehlen. Sorge um die Zukunft haben sie nie gekannt, ja wißen nicht einmal was es ist, denn früher waren ihre Herren verpflichtet die für sie zu übernehmen, sollen sie jetzt damit anfangen, wo ihnen nicht das geringste Ziel im Leben gesteckt ist, als eben nur das, ihren Magen zu füllen? Sie denken garnicht daran, und die Folge davon ist daß Viele, wenn sie wirklich in Noth gerathen, den Diebstahl der Arbeit vorziehen und Vagabunden werden. Man kann ihnen das auch kaum übelnehmen, denn sie haben nie den Begriff von Eigenthum gekannt - nicht einmal sie selber gehörten sich an, weder ihre Frauen noch Kinder und während man einen Preis darauf setzen könnte sie den Werth deßelben schätzen zu lernen, versäumte man - absichtlich oder gedankenlos diese Gelegenheit und nahm ihnen damit - mehr als man ihnen gab - jedes höhere Streben wirkliche Menschen zu werden.
Und kann man es dem Neger verdenken wenn er stiehlt? - So dumm ist er nicht daß er nicht sehen sollte was um ihn her vorgeht und wäre, selbst einer - der fleißigsten Neger - wohl im Stande mit der Frist eines ganzen Jahres auch nur drei Beamte in New Orleans, New York , oder wie die großen Städte alle heissen, aufzutreiben die nicht stehlen?
Die Demoralisation ist in den Vereinigten Staaten zu einem Grad gediehen, der kaum mehr übertreffen werden kann, und sie wird nur durch die Frechheit überboten, mit der man jede Art von Schurkereien und öffentlichen Betrügereien betreibt.
Die Ursache ist allbekannt und liegt in dem Republikanischen Wechselsystem, das den Beamten und glücklichen Stellenjägern nur vier- Jahre Frist verstattet um reiche Leute zu werden - eine fast zu kurze Zeit, wenn man sie nicht unverschämt benutzen will. Aber weshalb auch nicht, es hat sich ja Keinem vor dem Anderen zu schämen, und so greift man eben einfach zu.
Die beßer Gesinnten sehen das freilich ein und sehen oft ist der Vorschlag gemacht worden - ja Jefferson Davis hatte ihn im Süden selber in Aussicht gestellt, die gewählten Beamten für Lebenszeit einzusetzen, und damit ihre Zukunft zu sichern. Dadurch würde der Boden den Stellenjägern nicht allein unter den Füßen weggezogen worden, nein auch die Beamten selber würden sich, wie das in Monarchien der Fall ist, doch wohl zweimal besinnen, ob sie um den Gewinn einiger lausend durch Bestechung, ihre ganze Lebensstellung in Frage stellen wollten. Aber die Maasregel findet zu vielen Widerstand, denn der Reiz, in wenigen Jahren ein reicher Mann zu werden, ist nur zu groß und es giebt außerdem in Amerika der Hülfsmittel zu viele "sein Leben zu machen!" Und was ist davon die Folge? - Daß man in der größten und freiesten Republik der Welt schon die Frage zu erörtern anfängt ob - eine Monarchie nicht doch vorzuziehen wäre - natürlich "auf allerbreitester demokratischer Grundlage" wie wir in Deutschland sagen würden.
Es ist eine wunderliche Thatsache, aber nichts desto weniger vollkommen wahr, daß der Süden eine Monarchie mit Jubel begrüßen und am Liebsten sehen würde daß irgend ein fremder Potentat - vor allem Frankreich - die Zügel in die Hand nehmen möchte - die Leute werden nun einmal nicht klug. Aber auch selbst im Norden fangen solche Stimmen an laut zu werden und wo man früher einen Jeden, der eine solche Frage in Anregung gebracht, einfach zu Boden geschlagen hätte, discutirt man jetzt die Verhältniße und erwägt das für und wider.
Ich schildere ihnen die Verhältniße nur, wie ich sie selber gefunden habe, gestehe ihnen aber offen, daß ich nicht der erste König oder Kaiser in den jetzigen Vereinigten Staaten sein möchte, und wenn man mir den Ertrag sämtlicher Californischer Minen garantirte.
So groß aber auch der Unterschied sein mag, der zwischen dem Norden und Süden herrscht, so weit es den Fortschritt in den letzten Jahren betrifft, so gleich. sind sich beide Hälften, soweit es die jetzigen Geschäfte betrifft die gleichviel im Norden wie im Süden darnieder liegen. Die Baumwolle hat jetzt einen so niedrigen Preis, daß man es in einigen Theilen des Westens nicht einmal für die Mühe Werth hält die Erndte zu pflücken, weil sie die Arbeit nicht bezahlen würde, und doch hoffen noch New Orleanser Geschäftshäuser auf einen niedrigeren Stand, und zahlreiche Schiffe liegen an den Warften, umsonst auf eine endliche Ladung harrend.
Im Norden klagt man dagegen ebenso, denn nicht allein im Lande, sondern auch nach Außen fehlt das Vertrauen zu den hiesigen Verhältnißen. Wie lange das dauern mag kann natürlich Niemand sagen, aber man erinnert sich nicht je einen so trüben Herbst verlebt zu haben. Die Läden in der Stadt stehen fast leer, die zahlreichen an der ganzen Levee hin zerstreuten Baumwollenpreßen arbeiten nicht - mit Ausnahme von einigen wenigen, selbst die Schleppdampfer klagen darüber, daß sie keine Beschäftigung haben und nur die Bierhäuser & Schenkstände floriren, denn solche sind in den sohletesten Zeiten auch am aller Stärksten besucht.
Wer kann sagen wie lange dieser Zustand dauern wird, für jetzt scheint aber wenig Aussicht für eine Aenderung vorhanden und besonders sollten es sich junge Kaufleute, ehe sie hierher auswandern, zweimal überlegen, da es gegenwärtig für sie besonders schwer ist, eine Stellung zu erlangen. Aber die eger floriren und es ist wirklich komisch die Würde zu betrachten, mit der besonders alte dicke Negerweiber in den Straßen umherrauschen, und einander mit der größten Hochachtung behandeln. Man hört auch jetzt wirklich nie mehr die frühere Anrede untereinander: "Boys" und nur "Gentleman, Ladies, Miss Lucy wie befinden sie sich - wie geht es ihnen Mister Jefferson." in die gesellschaftliche Gleichberechtigung sind sie ebenfalls aufgenommen oder haben sich doch hineingedrängt, wo es nicht gut vermieden werden konnte, der zerlumpteste, niedrigste Neger-, mit einer Ausdünstung, die eine Nachbarschaft verpesten könnte, sitzt für seine 5 Gent in den Streetcars (oder Pferdeeisenbahnen der Stadt) neben der geputztesten & feinsten Dame, und selbst zu Zeitungsjungen - unter denen sie früher nie geduldet wären - hat sich die Jugend aufgeschwungen. Im Ganzen weicht man ihnen aber doch aus. Auf den Eisenbahnen kommen sie, nach stillschweigendem Uebereinkommen, in den ersten Wagen, in die Cajüten der Dampfboote werden sie - trotz ihrem Stimmrecht - nicht geduldet und selbst die weißen Feuerleute und Deckhands an Bord der Mississippi Dampfen sichern sich zu Mittag ihren eigenen Baumwollenballen, an dem sie ihre Mahlzeit halten.
Im Ganzen muß man übrigens den Negern nachsagen, daß sie sich, den Weißen gegenüber, noch in einer sehr bescheidenen Stellung halten. Es giebt allerdings Ausnahmen, so wollten sich auf einem Dampfboot ein paar colored ladies den Zutritt in die Cajüte erzwingen und wurden, als sie der Capitain zurückwieß, klagbar - jedoch abgewiesen, da der Richter entschied, daß es einem jedem Bürger freistehe einem Anderen denn Zutritt in sein Haus oder sein Boot zu verweigern. Das Nämliche geschah in New Orleans in einem Kaffeehaus. Das sind aber doch nur einzelne Fälle und die Neger haben fast überall ihre eigenen Lokale, die sie besuchen.
Die südlichen Staaten stehen jetzt noch unter militärischer Bewachung, die man sich aber nicht wie bei uns in Europa denken darf, wo das Land bei solchen Gelegenheiten mit Militair überschwemmt wird (was eine Strafe - Bayern nennt). Nur hie und da liegen kleine Trupps in den verschiedenen Stationen oder auch unter Zelten, und jede unnöthige Demonstration ist dabei absichtlich vermieden. Wozu dient auch eine solche? Das Volk weiß doch das Onkel Sam die Macht hat, und es ihnen wenig helfen würde sich seinen Befehlen zu widersetzen. An einen neuen Krieg denkt aber der Süden nicht, denn er fühlt gut genug seine Kraft vollständig gebrochen, seine Mittel erschöpft, und das Hoffnungslose eines solchen Unternehmens. Er hofft allerdings daß die Zeit der Rache kommen wird, denn er beugt seinen Nacken jetzt nur gezwungen der Gewalt, aber er glaubt selber den Zeitpunkt nicht so nahe.
Sonderbar ist es dabei, daß sich Manche der befreiten Neger wieder in das alte Joch zurücksehnen, weil, sie eben nicht gewohnt sind selbständig für sich zu handeln und zu arbeiten. Gedankenloses Volk giebt es ja aber überall, weshalb nicht auch unter den bis jetzt nur wie Vieh behandelten und betrachteten Schwarzen, und es wäre unnatürlich wenn man von ihnen verlangen wollte sich so rasch zu wirklichen Menschen emporzuarbeiten, daß ihnen das Gesetz aber, oder die Militaergewalt dennoch das Recht gewährt zu stimmen und öffentliche Ämter zu bekleiden, zeigt aber wie wenig der Norden den Süden kennt und kann gar nicht ohne schlimme Folgen für das Land bleiben.
An die Redaktion der New Yorker Staatszeitung. An Bord der Schooner Brigg Daphne
24/11. 67
Mein Streifzug durch die Vereinigten Staaten liegt hinter mir, ich bin auf meinem Weg nach Mexico und kann meinen Aufenthalt in der Union als abgeschloßen betrachten. Erlauben Sie mir Ihnen mit wenigen Worten den Eindruck zu schildern den der Zustand des Südens auf mich gemacht hat, und wenn mein Urtheil in manchen Stücken hart klingt, so bedenken Sie daß es nur das Urtheil eines Einzelnen, also nicht maaßgebend ist. Was ich Ihnen aber schreibe ist ehrlich gemeint, und verdient vielleicht deshalb gerade wenigstens einige Beachtung.
Ich hatte schon auf meinem Weg nach Arkansas, wo ich häufig mit Südlichen Pflanzern zusammentraf, und mit ihnen über die Verhältniße des Südens sprach, viel, sehr viel über den Ruin gehört, dem der Süden entgegenging, das Meiste aber davon für übertrieben gehalten. Es waren, wie ich dachte, Schwarzseher, die eine augenblickliche Niederlage entmuthigt hatte, daß die Meisten von Nichts weiter sprachen als einer Auswanderung nach British Honduras, um dem Druck der "Yankees", deren Regiment ihnen unerträglich wurde, zu entgehen. - Ich will Ihnen sagen wie ich Arkansas & Louisiana gefunden habe, und Sie mögen dann selber urtheilen.
Ich habe in Arkansas die größte Zeit der Jahre von 1838 - 1842 verbracht. Es war damals ein ziemlich wildes Land, mit ungeregelten Verhältnißen - es ist jetzt eine Wildniß - ein zerstörter Staat. Wo schon vor 24 Jahren Farmen standen und die Backwoodsman in einem gewißen Wohlstand lebten, sieht man jetzt niedergebrannte Hütten, fenzlose Felder und selbst den Wald, der sonst das herrlichste Gras zeigte, zu einem fast undurchdringlichem Dickicht aufgewachsen.
"Weshalb habt Ihr das Laub nicht im Frühjahr verbrannt, damit das Unterholz niedergehalten wurde?" frug ich die Leute - "Großer Gott" erwiderten sie mir- "die Büsche wären uns so noch nicht einmal dicht genug, um uns vor den Räuberbanden der Jayhawkers zu sichern, die unsere Heimat zerstörten & die Bewohner mishandelten oder gar ermordeten."
Und das war noch nicht Alles. Von den Federal troops wurden sie am offenen Tag gebrandschatzt, und Nachts kamen dann diese Banden und vollendeten was jene begonnen und weshalb? - Am - Fourche la fave z.B. waren fast sämtliche Ansiedler der Union treu gesinnt, aber man redete ihnen vor die Absicht des Nordens sei, ihren Staat zu überfallen, und homegardes sollten nur gebildet werden um die Grenzen zu sichern. Hatte man diese Homegards aber erst einmal in Reih und Glied, so wurden sie in die anderen Staaten hinübergesandt. Was nicht gutwillig mitgehn wollte, wurde eingetrieben, oder mußte nach dem Norden flüchten, und die, von den jungen Leuten entblößten Plätze waren dann ein leichtes Opfer für die Buschklepper & Räuber.
Louisiana hat von diesen Raubbanden, die aber allerdings keiner Parthei angehörten, viel weniger gelitten, aber ist deshalb nicht beßer wegkommen. Es fällt mir dabei nicht ein hier auch nur ein Wort über die gewaltsame Emancipation der Neger zu sagen. Meiner Meinung nach hat sie sich der Süden selber zuzuschreiben. Die Sclaven sind frei und ich danke Gott dafür. Ich will hier nur schildern welche Folgen das in diesem Augenblick für das Land gehabt.
Pointe Coupee, eine alte französische Ansiedlung war früher das Paradies des Mississippi. Was ist es jetzt? - eine Wüste. Die Levees sind zerstört, die Fenzen niedergebrannt. Die Pflanzerwohnungen verlaßen, die Negerhütten verfallen. In den Feldern wachsen Kletten und das Cocogras - der grimmigste Feind der Baumwollenstaude frißt sich langsam aber sicher in das urbar gemachte Land und kann nie wieder ausgerottet werden.
Und sind die Neger dadurch gebeßert? - Viele ja, das läßt sich nicht leugnen. Sie sind frei geworden und können jetzt für sich selber schaffen, und wer von ihnen nur die geringste Energie besitzt, bringt sich und die Seinen durch, und wird mit der Zeit auch zu einem gewißen Wohlstand gelangen, aber Tausende gehen auch freilich dabei zu Grunde, und schon in Little Rock - wo keine Epidemie herrschte - hörte ich, daß die Sterblichkeit unter den Negern auf eine ganz erschreckende: Weise zugenommen hat.
Auf Taylors Plantage, Bayou Sarah gegenüber - sonst eine Musterwirtschaft - jetzt mit niedergebranntem Zuckerhaus und völlig zerstörten Feldern - sprach ich einen alten Neger, der noch mit etwa 20 seiner Race in den verfallenen Negerhütten hauste. Ich frug ihn was sie da jetzt trieben, denn die Herrschaft war fortgegangen.
"Ja treiben" sagte er - wir wißens selber nicht. Die Plantage ist verkauft, und der neue Besitzer hat uns erklärt daß wir hier fortmüßten, weil er seine eigenen Arbeiter mitbringen würde. Wir wißen aber jetzt freilich nicht wohin wir sollen, denn wir haben auch viele alte Leute hier zwschen uns."
Auf leider sehr vielen Plantagen herrscht das nämliche Verhältnis jetzt, und was thun die darauf zurückgelaßenen Schwarzen indeßen? Sie schlagen, was sie an Holz finden in der Nachbarschaft und verkaufen es an die Dampfboote, sie fällen sämtliche Pocannuß Bäume, und auf leichte und rasche Art die dießjährige Erndte zu bekommen. Was liegt ihnen daran, daß der Baum nun nie wieder Früchte trägt, daß das Holz in der ganzen Nachbarschaft weggeschlagen wird - machen es doch die eigenen Herren nicht beßer. Zahlreiche Pflanzer, denen die früheren riesigen Einkommen abgeschnitten wurde, denken nicht daran sich einzuschränken und auf eine Vernünftige Art ihre Einnahmen wieder zu vermehren. Nein, sie ebenfalls fangen an ihr Holz wegzuschlagen und nach New Orleans zu werfen, wo sie es oft um einen Spottpreis zu verschleudern, nur um rasch wieder baar Geld in die Hand zu bekommen und ihr alt gewohntes Leben noch eine Weile fortsetzen zu können. Daß sie dabei von ihrem Capital, anstatt von ihren Zinsen, zehren, kümmert sie nicht. Sie haben nie gerechnet, und denken nicht daran jetzt anzufangen, sie haben andere Dinge im Kopf.
So geht der Süden mit Gewalt seinem Ruin entgegen und meiner Meinung nach wäre es die Pflicht der Regierung das Land wenigstens, das ebenso gut zur Union gehört als Maine und Vermont, zu retten, und eine Versöhnung zwischen beiden Partheien herbeizuführen. Aber was thut sie dagegen? Sie braucht Geld, belastet das Land mit Taxen, und setzt Schurken und Spitzbuben zu ihren Beamten ein. Glauben sie nicht, daß ich hier, wie es viele Amerikanische Zeitungen thun, nur auf billige Weise schimpfe und verdächtige. Fragen Sie das ganze Land, Republikaner und Demokraten, Abolotionisten und Southernes, und sie Alle, werden und müßen Ihnen bestätigen, was ich Ihnen sage. Nie im Leben habe ich es für möglich gehalten, daß ein Land so demoralisirt werden könnte, wie es die Union gegenwärtig ist, und keine, selbst die despotischste Regierung der Welt vermag solche Schandflecken aufzuweisen, als sie in diesem "Muster aller Republiken" täglich von den vereideten Beamten der Regierung verübt werden.
Stehende Betrügereien der Beamten, von denen aus Tausenden 990 bestechlich sind, werden dabei mit einer Frechheit ausgeführt, die unglaublich wäre, wenn man sie nicht täglich mit Thatsachen beweisen könnte. Die Steuerbeamten senden Privatleuten, die Güter zu verzollen haben, dieselben in das Haus und laßen ihnen dabei sagen wie viel sie für ihre Mühe bekommen. Baumwollen permits wurden, als die Taxe aufkam, fast offen herumgetragen, und den Händlern für einen "mäßigen Preis" angeboten.
In New Orleans bestehen gegenwärtig 12 - 15 Brennereien, von denen jede circa 150 Barrels oder Fäßer á 40 Gallonen liefert. Das sind etwa 6000 Gallonen täglich, von denen die Regierung a 2 Dollar die Gallone eine Einnahme von 12 000 Dollar täglich haben müßte. Sie bekommt aber keinen Cent. In allen Verwaltungskreisen herrscht ein ähnlicher Unfug und die Beamten scheuen sich sogar nicht mehr ganz offen zu sagen daß sie die kurze Frist ihrer Zeit benutzen müßten, da sie nicht wißen was später käme.
Die Bewohner des Südens sind von den schweren Taxen, besonders der der Baumwolle gedrückt, aber sie würden es vielleicht vollkommen geduldig tragen, wenn sie nicht unter ihren Augen diese frechen Betrügereien täglich und stündlich verübt sähen und sich nun sagen müßen, daß sie nicht dafür arbeiten die Schulden der Union abzutragen, sondern nur um die Taschen von Schurken & Dieben zu füllen, und das natürlich kann nicht dazu dienen sie versöhnlicher gegen die Union zu stimmen.
Das wahnsinnige Gesetz das den Negern bedingungslos das Stimmrecht sichert, gab dann der Sache den Rest, und ich weiß wahrlich nicht ob die Regierung Recht gethan den Bruch mit dem besiegten Feind auf solche Weise unheilbar zu machen. Sobald der Neger ein freier Mann wurde, war es allerdings selbstverständlich, daß er nach und nach auch in die Rechte und Pflichten eines Bürgers eintreten mußte, und ich wäre der Letzte der da leugnen wollte, daß es auch unter der farbigen Bevölkerung intelligente Köpfe giebt, die mit der Zeit im Stande wären ihre neue Stellung zu begreifen und auszufüllen. Aber ich wünsche wirklich die Vertheidiger dieses unbedingten Stimmrechtes hätten mit mir in Vicksburg sein können, als die polls für die colored gentleman geöffnet wurden um die Bande zu sehen, die sich dort zum Stimmen drängte.
Wir hatten allein auf unserem Boot etwa 40 Schwarze zur Arbeit, Menschen, denen die thierische Rohheit in Frakturbuchstaben auf dem Gesicht geschrieben stand, und deren drittes Wort nur immer ein gemeiner, gotteslästerlicher Fluch war, aber es kam mir wirklich wie ein Spott auf die Republik vor, als dieß Gesindel Nachmittags plötzlich erkläte: sie müßten jetzt in die Stadt hinauf, um zu stimmen. Das dieses Volk nicht begriff um was es sich handelte, versteht sich von selbst, ja selbst ihre eigenen, von ihnen vorher beim Einregistriren angegebenen Namen hatten sie eine Menge vergessen, und als sie ihre Stimme abgaben, konnten die neuerfundenen nirgends in den Registern entdeckt werden.
Halb im Scherz halb im Ernst wird außerdem davon gesprochen daß man zur nächsten Vahl einen "colored" Vicepraesidenten haben müße. Was aber wäre die Folge wenn der wirkliche Praesident sterben sollte? Die furchtbarste Revolution welche dieser Boden je gesehen, und dann nicht etwa des Südens gegen den Norden, sondern in jedem Staat, Bruder gegen Bruder, Vater gegen Sohn.
Das Stimmrecht der Neger hatte eine Berechtigung wenn es durch einen Consul, der Bildung und Vermögen umfaßte, regulirt worden wäre, und würde dann die farbige Be-völkerung angeeifert haben auch die nöthigen Eigenschaften zu erringen. Jetzt hat man nur damit einem Kinde ein zweischneidiges Schwert in die Hand gegeben mit dem es Anderen - und sich selber gefährlich werden kann.
Unter allen solchen den Süden besonders drückenden Verhältnißen, rüsten sich viele der Südlichen Pflanzer zur Auswanderung, zu der sie sich theils British Honduras theils Brasilien ersehen haben, und häufig hörte ich von ihnen den Ausspruch: "der Süden ist doch ruinirt - was sollen wir noch länger hier." Für diese Herren sehe ich aber auch kaum Beßerung in der Auswanderung, denn sie werden sich überall für ruinirt halten, wo sie nicht ihr früheres Praßerleben fortsetzen und andere Leute zwingen können für sie zu arbeiten.
Man nannte sie früher in Deutschland die "südlichen oder Baumwollen Baron“ und dieser Titel hat sich durch die Verhältniße zu sehr bewahrheitet, denn ebenso wenig wie ein einmal ruinirter deutscher Reichsfreiherr, der weiter Nichts gelernt hat als die Renten seiner Rittergüter einzunehmen und zu verzehren, wenn plötzlich verarmt, je im Stande ist sich selber wieder emporzuarbeiten, so ist es auch für diese Baumwollen Barone ein Ding der Unmöglichkeit, ihr altes Leben so völlig zu vergeßen & ein neues zu beginnen. Ja ein anderes Hinderniß steht ihnen dabei noch außerdem im Weg, und zwar sonderbarer Weise das nämliche, daß den Indianer vor der Arbeit zurückschrecken läßt. Er hält dieselbe nämlich bis jetzt für eine Schande – für ein Erbtheil der Aethiopischen Race, und betrachtete jeden Weißen der sich dazu hergab, mit Verachtung, ja würde unter keiner Bedingung mit ihm freundschaftlich verkehrt haben.
Die Söhne wurden in diesen Ansichten erzogen und wuchsen heran - ein Familienleben kannten sie dabei nicht, sie sahen wie sich der Vater unter den Sclavinnen seinen Harem hielt und folgten seinem Beispiel und wo sich weiße Ansiedler unter ihnen niederlassen wollten wurden sie, wenn sie nicht selber Sclavenhalter waren, entweder durch Intriguen ja selbst durch offene Gewalt vertrieben - wofür sich genug Beispiele bringen ließen. Und sollten solche Leute alle ihre alten Gewohnheiten abschütteln und selber zu Arbeiterin werden - es ist nicht wahrscheinlich. Der Süden ist aber damit nicht ruinirt, sondern die südlichen Barone selber sind es und - eine neu Generation wird unter neuen Verhältnißen heranwachsen müßen, denn derartige Herren vergeßen nie und lernen nie etwas.
Jetzt freilich liegen die Plantagen oberhalb New Orleans wüste und leer, ebenso tausende in Teneßee, Mississippi und Georgia, und wären jetzt wahrIich billig genug zu kaufen. Eine nördliche Bevölkerung muß sich aber hineinwerfen und sie in Angriff nehmen, wenn sie nicht gänzlich verwildern sollen, und dann erst kann sich der Süden wieder, wenn auch nicht zu dem ersten Baumwollen-Land der Erde, doch zu der Bedeutung heben, die er mit seinem prachtvollen Land und üppigen Vegetation im allerreichsten Maaße wohl verdient .
Wir laufen jetzt, südlich von New Orleans, der Mündung des Mississippi entgegen und die Ufer hier zeigen allerdings keine Spur des Krieges oder der Verwüstung. Ueberall sind die Zuckerhäuser in Thätigkeit, und meilenweite Flächen stehen mit dem hellgrünem Zuckerrohr üppig bestellt aber - wir sind in der letzten Woche des November. Daß das Rohr noch überall im Felde steht zeigt nur zu deutlich den Arbeitermangel, denn nur im Fall eines sehr späten Winters wird es möglich sein, diese ungeheuren Flächen noch zu schneiden und das Rohr zu preßen oder einzugraben. Sollte ein früher und starker Frost eintreten, so sind große Verluste unvermeidlich. - Auch die Neger leben in einem Uebergangsstadium. Sie sind plötzlich freigeworden und leben diese ersten Jahre noch wie in einem Taumel dahin. Schon der ihnen angeborene Nachäffungstrieb und die Putzsucht der Frauen wird ihnen größere Bedürfniße aufnöthigen und sie zu größeren Anstrengungen zwingen, und wenn man auch nicht hoffen darf je wieder die Arbeit aus ihnen heraus zu preßen, die früher die Peitsche des nigger-drivers erzwang, so kann der .jetzige Zustand doch unmöglich lange dauern.
Bayou Sarah & Point Coupe in ihrem jetzigem Zustand.
Skizze von Friedr. Gerstäcker
Man braucht wirklich, nur den Fuß hier an Land zu setzen und man hat - wenn man die früheren Verhältniße dieser Gegend kennt, ein treues Bild der ganzen gegenwärtigen Zustände des Südens, und noch dazu in den nöthgen grellen Farben.
Pointe coupée, jene alte französische Ansiedlung, in einem der fruchtbarsten und begünstigtem Landstriche gelegen, war früher ein wirklich zaubrisch schöner Platz, und das kleine ihm gegenüber liegende Städtchen Bayou Sarah unterhielt einen so lebhaften Verkehr mit den zahlreichen, am anderen Ufer liegenden Plantagen, daß eine Dampffähre ununterbrochen herüber und hinüber lief.
Wir landeten mitten in der Nacht, aber bei vollem Mondenschein an der kleinen Stadt, die ich noch so treu im Gedächtniß hielt, als ob ich sie vor acht Tagen kaum verlaßen, - aber ich kannte sie nicht wieder. Nur einzelne zerstreute Häuser standen an der Stelle und wenn auch eine Bayou dicht darüber einmündete, die der Bayou Sarah glich, glaubte ich doch nicht daß das der Platz sein könne.
"Daß ist doch nicht Bayou Sarah?" sagte ich zu dem neben mir stehenden Steuermann, "hier will ich ja gar nicht an Land."
"Das ist Bayou Sarah" erwiderte er aber trocken - "so weit wenigstens, als sie es wieder aufgebaut haben. Das ganze Nest ist ja im Kriege niedergebrannt."
"Angezündet?"
"Nein - angaeschoßen. Sie haben hier bös gewirthschaftet. Na, Sie werdens schon selber sehen."
Es war keine Zeit mehr zur Unterhaltung, denn das Boot lief an ein kleines Warftboot an, von dem aus uns aber eine Stimme warnte, nicht zu nahe zu kommen, weil ein altes Wrack dort unten läge, und jetzt, bei dem niedrigem Waßerstand größeren Booten gefährlich werden konnte. So legte denn unser Dampfer gar nicht an, eine schmale Planke wurde ausgeschoben, und wir mußten sehen wie wir wenigen hier bleibenden Paßagiere, bei steter Bewegung auf das Warftboot gelangen konnten. Das brachten wir nun allerdings fertig, aber oben zwischen den fremden, neu gebauten Häusern und alten Ruinen einzelner eingestürzter Backsteingebäude kannte ich mich allerdings nicht mehr aus, und mußte nur erst vor allen Dingen ein Hotel erfragen, wo ich ein Unterkommen für die Nacht finden konnte. - Das zeigte sich denn auch endlich ein Henrietta Hotel - eine kleine von einer colored lady gehaltenen Holzbude, wo ich wenigstens trotz der späten Stunde, noch ein leidliches Bett bekam.
Am nächsten Morgen trat ich meine Wanderung an, um womöglich noch, vor Allem Anderen, ein paar alte Bekannte von Früher her aufzufinden, und von ihnen Näheres über die jetzigen Zustände zu erfragen - das Letztere aber zeigte sich kaum nöthig denn die jetzigen Zustände prägten sich ziemlich deutlich überall aus, wohin man blickte, sah man Weiße emßig mit irgend einer Arbeit oder hinter ihrem Ladentisch beschäftigt, während vor den Branntweinläden und an den Straßenecken die Colored gentleman im dolce far niente ihren Beruf zu suchen & zu finden schienen!
Das ganze Städtchen sah wüst und oede aus und machten einen traurigen Eindruck und das Wenige aus der alten Zeit, die ich wirklich noch vorfand, glichen den sie umgebenden Ruinen auf das Vollständigste. Amerika - wie hatte ich mich darauf gefreut dieses Land, nach so langer, langer Abwesenheit wieder einmal zu besuchen und mit alten Freunden in alten Freuden in alten Erinnerungen zu schwelgen - und jetzt? - Im Norden ja, da war es mir wirklich gelungen; dort waren sie auch vorgeschritten mit der Zeit und jahrelange schwere Arbeit blieb da nicht unbelohnt. Ihre Zustände verbeßerten sich und sie konnten mit Befriedigung auf die zurückgelegte Laufbahn blicken. Das aber war nicht im Süden der Fall, und Bayou Sarah wirklich der traurigste Ort, den ich von allen Uebrigen noch gefunden. Ich fühlte mich dort denn auch schon nach einigen Stunden unbehaglich und ging nach St. Francisville hinauf, wo noch andere Bekannte lebten.
Wenigstens Einer war dort, der sich wirklich freute mich wieder zu sehen, wenn auch die Jahre nicht spurlos über seinen Scheitel gegangen. Er war Friedensrichter in St. Francisville und wir hatten früher, zusammen in Pointe Coupee gelebt.
Und wo waren all die alten Freunde dort oben geblieben? - todt und begraben - gestorben, entweder friedlich am gelben Fieber, oder auch verdorben, wahnsinnig geworden, erschoßen - was weiß ich. Selbst das Haus wo ich dort oben gelebt, stand nicht mehr und war der Erde gleich gemacht.
Jetzt drängte es mich nach Pointe coupée hinüber, um die Stätte zu besuchen wo ich so viele, viele glückliche Tage verlebt. Das Wohnhaus war freilieh, wie ich schon gehört, niedergehrannt - aber der Garten stand doch noch wenigstens, und der alte Baum in dem ich in meiner Hängematte, so manche wundervolle Nacht verträumt.
Bayou Sarah gegenüber landete ich mit dem skiff, da die Dampffähre jetzt nur ein oder zwei Mal des Tags und zu unregelmäßigen Zeiten, aber nie für einen einzigen Paßagier lief. Es war das an der früheren Taylorschen Plantage - eine der best gehaltensten am ganzen Mississippi mit ungeheuren Zucker & Baumwollen Feldern und pracktisch eingerichteten großen aus Backstein aufgeführten Zuckerhäusern.
Der Platz war eine Wüste.
Das Wohnhaus sah zerfallen, dar Garten vernachläßigt und überwachsen aus. Die Zuckergebäude lagen in Trümmern - Die Truppen der Federalen hatten sie niedergebrannt, wie mir der junge Bootsmann sagte. - Die Negerhütten - früher weiß angestrichen und jede mit einem kleinen Garten, schienen kaum noch zur Hälfte bewohnbar und selber schon zum Theil angegriffen um trockenes Holz zum Feuern für die Uebrigen zu liefern. Ein paar entsetzlich schmutzige Neger und Negerinnen mit Kindern von allen Farben lungerten noch um ihre alten Wohnungen herum, aber Einer von ihnen sagte mir, daß ihnen der neue Besitzer den Platz gekündigt habe, weil er seine Arbeiter mitbringen wolle, und sie blieben jetzt nur noch hier, bis sie einen anderen Platz gefunden hätten. - Fast alle Neger waren auf dieser Stelle geboren worden. - "Und ist denn die ganze Plantage dieses Jahr gar nicht bebaut worden?" "Bebaut?" lachte ein alter Neger "keine zehn Fenzriegel liegen mehr um den ganzen Platz, und sie werden auch nicht gebraucht, denn die Kletten, die jetzt allein darauf wachsen, fraßen die Schweine und Kühe doch nicht.“
"Keine Fenz mehr?"
"Nicht die Spur - die ist schon im Krieg zu Feuerholz verbraucht worden, und was damals nicht verbrannte hat nachher die Fluth weggeschwemmt, als die Unions Truppen oben die Dämme durchbrachen, und den Mississippi über uns losließen. Das war eine schwere Zeit, und wir glaubten damals daß wir Alle weggeschwemmt würden.“
Ich schritt an den brachliegenden wüsten Feldern hinauf, auf der Levee hin der Stelle zu, wo früher das Ferry-Hotel gestanden. Der alte Mann hatte Recht gehabt, die Fenzen die sonst üppig stehende Zucker und Baumwollenfelder umschloßen, waren verschwunden und in den Feldern selber wuchsen Kletten und das Cocogras, der ärgste Feind der Cultur, fraß sich weiter und weiter in sie hinein. Die ganze Plantage bot einen entsetzlich traurigen Anblick, und ich war froh als ich endlich die hohen Büsche erkannte die, wie ich von alten Zeiten her wußte, den Garten und das Grundstück des Ferryhotels einschloßen - ich hätte mir die Freude recht gut ersparen können.