Ren gegen die Götter, Band 1: Nachtkönigin (Rick Riordan Presents). Die Fortsetzung des Bestsellers Zane gegen die Götter! - J. C. Cervantes - E-Book

Ren gegen die Götter, Band 1: Nachtkönigin (Rick Riordan Presents). Die Fortsetzung des Bestsellers Zane gegen die Götter! E-Book

J. C. Cervantes

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Beschreibung

Wer mit den Göttern verwandt ist, braucht echt keine anderen Feinde … Zugegeben: Ren hätte wissen müssen, dass bei einer angeblichen Alien-Sichtung die Götter ihre Hand im Spiel haben. Doch dass sie in einer so üblen Situation landen würde, konnte sie wirklich nicht ahnen! Plötzlich planen abtrünnige Gottgeborene, die Macht zu übernehmen, und alte aztekische Fürsten wollen Ren (warum auch immer?!) zu ihrer Königin krönen. Immerhin hat Ren Todesgott Ah-Puch an ihrer Seite. Sonst wäre diese Nur-mal-kurz-die-Welt-retten-Sache echt ätzend ... Persönlich empfohlen von "Percy Jackson"-Autor Rick Riordan! Entdecke alle mythologischen Abenteuer aus der Reihe "Rick Riordan Presents": "Zane gegen die Götter" von J. C. Cervantes Band 1: Sturmläufer Band 2: Feuerhüter Band 3: Schattenspringer "Ren gegen die Götter" von J. C. Cervantes Band 1: Nachtkönigin Band 2: Jaguarmagie "Sikander gegen die Götter" von Sarwat Chadda Band 1: Das Schwert des Schicksals Band 2: Der Zorn der Drachengöttin "Aru gegen die Götter" von Roshani Chokshi Band 1: Die Wächter des Himmelspalasts Band 2: Im Reich des Meeresfürsten Band 3: Das Geheimnis des Wunschbaums Band 4: Die Magie der goldenen Stadt Band 5: Der Trank der Unsterblichkeit "Tristan gegen die Götter" von Kwame Mbalia Band 1: Mythenweber

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In der Reihe »Rick Riordan Presents« sind erschienen:

Zane gegen die Götter

Sturmläufer

Feuerhüter

Schattenspringer

Ren gegen die Götter

Nachtkönigin

Band 2 erscheint im Herbst 2024

Aru gegen die Götter

Die Wächter des Himmelspalasts

Im Reich des Meeresfürsten

Das Geheimnis des Wunschbaums

Die Magie der goldenen Stadt

Sikander gegen die Götter

Das Schwert des Schicksals

Der Zorn der Drachengöttin

Tristan gegen die Götter

Band 1 erscheint im Sommer 2024

Weitere Bände sind in Vorbereitung

Als Ravensburger E-Book erschienen 2023 Die Print-Ausgabe erscheint im Ravensburger Verlag © 2023 Ravensburger Verlag Die Originalausgabe erschien 2022 unter dem Titel »The Lords of Night« bei Disney • Hyperion, einem Imprint von Buena Vista Books, Inc. Copyright © 2022 by Jennifer Cervantes Published in agreement with the author, c/o BAROR INTERNATIONAL, INC., Armonk, New York, U.S.A. Übersetzung: Katharina Orgaß Covergestaltung: Miriam Wasmus unter Verwendung einer Illustration von Jann Kerntke und eines Bildes von AdobeStock/Анна Богатырева Alle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Verlag GmbH, Postfach 2460, D-88194 Ravensburg.

ISBN 978-3-473-51192-1

ravensburger.com

Im Glossar findest du viele nützliche Erklärungen zu Begriffen, die in diesem Buch vorkommen, sowie Hinweise zu deren Aussprache.

Für alle Mädchen, die »Nein« zu hören bekommen

1

Der Anfang (irgendwie) Sieben Monate davor

Es war einmal ein Mädchen, das wusste nicht, wer sie eigentlich war. Sie konnte nicht richtig mit ihrer Schattenmagie umgehen und wusste nicht, woher diese Magie stammte. Sie wusste nur, dass die Magie aus ihrem tiefsten Inneren kam.

Doch um das alles zu verstehen, müssen wir von vorn anfangen – irgendwie.

So ging es nämlich los:

Es war Abend. Sie hatte sich unter die Bettdecke gekuschelt und las ein Buch über Mayagötter und Magie und Flüche und einen ziemlich schrägen Jungen namens Zane Obispo. Das Buch war superspannend, aber leider rückte das Ende unaufhaltsam näher. Alles hat irgendwann ein Ende.

Ren wollte das Buch eben zuklappen, da leuchtete der letzte Satz auf der letzten Seite plötzlich grünlich-golden auf. Sie blinzelte ein paarmal kräftig. Spielten ihre Augen ihr einen Streich? Hoffentlich. Aber nein – das Leuchten war keine Einbildung.

Irgendwann, wenn du am allerwenigsten damit rechnest, vernimmst auch du den Ruf der Magie.

Als Nächstes spürte sie den unwiderstehlichen Drang, den Satz laut nachzusprechen: »… vernimmst auch du den Ruf der Magie …«

Erst geschah gar nichts. Doch dann, vier Minuten und fünfzehn tiefe Atemzüge später, hörte sie, wie drüben in der Küche eine Bratsche eine wohlbekannte Melodie spielte. Die Klänge fluteten durch die Diele und unter ihrer geschlossenen Zimmertür hindurch.

Ren schlug das Herz bis zum Hals. Das war nicht irgendeine Melodie – es war das Lieblingslied ihres Vaters, das er extra für sie geschrieben hatte. Aber das war ausgeschlossen! Er war vor sechs Jahren gestorben und mit seinem geliebten Instrument begraben worden.

Draußen zuckten Blitze über den Himmel. Anscheinend war ein Gewitter im Anzug. Das kam in Galveston, Texas, öfter vor.

Etwas braute sich zusammen.

Die Melodie wurde schneller, lauter, drängender. Ren war jetzt ganz sicher, dass es die Bratsche ihres Vaters war. Das Instrument hatte beim Spielen immer ein bisschen gequietscht.

Sie bekam einen Schreck. Konnte sie die Worte zurücknehmen? Vielleicht, indem sie den Satz rückwärts aufsagte? Schon flackerte ein weiterer grellweißer Blitz über den Nachthimmel.

Als Nächstes scharrte es auf dem Dach über ihrem Zimmer. Unwillkürlich sah sie eine Leiche vor sich, die versuchte, aus ihrem Sarg auszubrechen. Nicht dass sie so etwas schon mal erlebt hatte, aber dummerweise hatte sie mit ihren dreizehn Jahren schon zu viele Zombiefilme gesehen.

Ren wusste, was sie zu tun hatte. Sie hatte diesen Augenblick schon oft durchgespielt. Sie schlug die Decke zurück, schwang die Beine aus dem Bett und zog ihre roten Cowboystiefel an.

Als sie aus dem Zimmer trat, erschien ihr abuelo in der Diele. Die plustrigen grauen Haare umwogten seinen Kopf wie eine Gewitterwolke. »Jetzt erfüllt es sich,« sagte er gedämpft.

Von seinem Ton überlief es Ren kalt.

Eines Tages wird sich deine Schattenmagie offenbaren, hatte er Ren prophezeit. Dann musst du von hier weg. Du musst fliehen und dich verstecken.

Ihr wurde flau im Magen. War es jetzt so weit, weil sie den Satz nachgesprochen hatte? AberesistdochbloßeinBuch! Ein Buch, das sie noch in der Hand hatte.

Es schnürte ihr die Kehle zu. »Hörst du Papá auch? Er spielt mein Lied!«

Ihr Großvater schüttelte den Kopf und schaute an die Decke. »Mira«, sagte er im Flüsterton, »wir steigen jetzt ganz leise ins Auto, so wie wir es geübt haben. ¿Me escuchas? Und dann folgen wir der Musik. Deinem Lied.«

Für Fragen und Einwände war keine Zeit mehr. Ren konnte nicht mal mehr ihren Laptop mit den Blogbeiträgen über Außerirdische einpacken. Sie schaffte es gerade noch, eine Kapuzenjacke über ihr graues NASA-Schlafshirt und die mit Raumschiffen gemusterte Schlafanzughose zu ziehen, dann scheuchte ihr Großvater sie auch schon in die Garage und ins Auto.

Die Bratschenklänge wurden noch lauter.

Statt mit der Fernbedienung öffnete ihr abuelo das Garagentor ganz langsam von Hand. Jeder Zentimeter schien eine Ewigkeit zu dauern.

Der nächste Blitz. Ein unheilvolles Grollen erfüllte die Nachtluft.

Als Rens Großvater ins Auto stieg, fing es an zu regnen. Er lenkte den kleinen Honda aus der Garage und schaute alle zwei Sekunden in die Seitenspiegel.

»Abuelo …«

»Pssst!«

Es war mitten in der Nacht. Kein Verkehr, keine Menschen, nirgends rührte sich etwas.

Inzwischen schüttete es und die Blitze waren so gleißend, dass sogar die Sonne geblendet gewesen wäre.

»Du musst mir sagen, wo dich die Musik hinführen will.« Rens Großvater wischte sich den Schweiß von der Stirn.

Sie zögerte. Was würde passieren, wenn sie sich irrte? Doch ihr Dad hätte sie niemals im Stich gelassen, wenn es um ihr Leben ging. Sie atmete tief durch und spitzte die Ohren. »Fahr nach rechts.«

Ihr Großvater überfuhr die rote Ampel und bog scharf nach rechts ab. »Ich weiß, dass du deine Schatten noch nicht richtig im Griff hast.« Er holte zittrig Luft. »Aber das lernst du schon noch. Deine Macht wird wachsen.«

»Aber wo soll ich mich denn verstecken? Und wie lange?« Ren fand diese Fragen durchaus angebracht. Wenn sie das Ganze durchgegangen waren, hatten sie diese Punkte nie angesprochen.

Rums! Glänzende schwarze Flügel verdeckten die Windschutzscheibe.

Ren schrie auf.

Ihr abuelo trat auf die Bremse. Der Honda drehte sich schlitternd um 180 Grad und das Flügelwesen wurde durch die Luft geschleudert.

Was war das? Ein Riesenvogel? Oder eine Riesenfledermaus? Ren klammerte sich an ihren Sitz.

»Du musst ruhig bleiben«, sagte ihr Großvater.

Ruhig? Wie denn?! Doch sie wussten beide, dass Ren jetzt nicht durchdrehen durfte. Stress löste ihre Anfälle aus, ihre Absenzen, und das Bewusstsein zu verlieren war das Letzte, was sie in dieser Situation gebrauchen konnte.

»Jetzt nach links«, sagte sie.

Ihr Großvater gab wieder Gas.

Ein schauriges Knurren hallte durch die Nacht.

Nicht hinsehen. Nicht hinsehen. Nicht hinsehen.

Die mondbeschienene Bucht kam in Sicht. »Papá will, dass wir ans Meer kommen!« Ein ungutes Gefühl beschlich Ren.

»Das war eigentlich klar«, sagte ihr abuelo wie im Selbstgespräch. Dann: »Kannst du deine Schatten beschwören? Um diese … Viecher aufzuhalten?«

¿Enserio?IchkriegejakaumLuft! Doch sie kämpfte ihre Panik nieder, denn was blieb ihr anderes übrig? Sie schloss die Augen und konzentrierte sich so krampfhaft, dass ihr beinahe eine Schläfenader platzte. Es nützte nichts.

Im nächsten Augenblick waren beide aus dem Auto gesprungen und rannten den Kai entlang. Inzwischen nieselte es nur noch leicht, aber die schwarzen Flügelwesen … Ren spürte, dass sie näher kamen. Die Musik schwoll immer mehr an.

Dann verstummten die Klänge jäh und Ren blieb stehen. Im Wasser schaukelte ein Ruderboot. Ihr war sofort klar, was das zu bedeuten hatte. Das geht gar nicht als Fluchtfahrzeug! Kann ich nicht eine Yacht nehmen?

»¿Eso es todo?«, fragte ihr Großvater mit skeptischer Miene.

Ren nickte. Ihr kamen die Tränen. »Da sind ja nicht mal Ruder drin!« Auch keine Decke oder Proviant. Oder etwas zu trinken. Sie verdrängte den Gedanken daran, was sonst noch alles passieren konnte. Es gab Schlimmeres, als nichts zu essen zu haben. Riesenhaie mit Riesenzähnen und einem Riesenhunger zum Beispiel. Warum habe ich bloß immer so viele Haifilme geguckt?

»Die Magie wird dich leiten.« Die Stimme ihres abuelo schwankte. »Und wo auch immer das Boot dich hinbringt, denk daran –«

»Dass ich von den mächtigsten Schattenbrujos aller Zeiten abstamme«, beendete Ren den Satz. Leider war sie selbst keineswegs überzeugt, dass ihr das helfen würde.

»Du musst los, Renata.«

Sie gab sich einen Ruck und kletterte in das Boot. Sie würde es schaffen. Musste es schaffen.

Wieder das dumpfe Knurren. Es klang hungrig. Dann fiel wie aus dem Nichts ein Wirbel aus Krallen, Flügeln und glühenden schwarzen Augen über sie her.

Instinktiv schützte sie den Kopf mit den Armen.

Und auf einmal waren die Schatten zur Stelle. Wie ein engmaschiges Netz senkten sie sich auf die kreischenden Ungeheuer herab und fingen sie im Flug ein. Rens Fingerspitzen kribbelten, als stünden sie unter Strom.

Die Flügelwesen heulten zornig und wehrten sich vergeblich gegen das Netz.

»Nicht schlecht.« Rens Großvater rang sich ein stolzes Lächeln ab.

»Ich will dich aber nicht allein lassen, Abuelo!«

Trotzdem verabschiedeten sie sich hastig. Eine letzte tränenreiche Umarmung und die Versicherung, dass sie einander ganz bestimmt wiedersehen würden.

Das Boot trieb vom Kai weg und aufs offene Meer hinaus wie von unsichtbaren Händen gesteuert. Eine Schattendecke legte sich darüber, sodass Ren nicht mehr zu sehen war. Sie setzte die Kapuze auf und zog die Knie an, um das Buch und sich selbst zu schützen. Nicht an Haie denken! Sie bekam Herzklopfen. Und auch nicht an die abscheulichen Flügelmonster. Ihr Herz schlug noch schneller. Und schon gar nicht daran, wo mich das Boot hinbringt. Ihr Puls raste.

Nicht aufregen. Nicht jetzt!

Ich muss bei Bewusstsein bleiben. Ich muss –

Ihr wurde schwarz vor Augen.

Das Boot glitt durchs Wasser, Renata Santiagos Bestimmung entgegen. Und obwohl sie auf der Ruderbank saß, ging ihr Geist eigene Wege. Er flüchtete sich an einen wunderschönen Ort, wo der Himmel rosa, violett und silbern gestreift war. Wo auf einem seidenen Kissen eine Krone aus Jade lag. Doch es war kein Traum, sondern eine tief verschüttete Erinnerung.

Eine Erinnerung, die ihr erst über ein Jahr später wieder in den Sinn kommen würde.

2

Sieben Monate danach Xiuhtecuhtli

Der Nordwind toste, als wären zehntausend Götter losgelassen. Die Bäume schwankten und bogen sich. Ja, der Himmel selbst erzitterte vor Furcht. Feuer loderten aus dem Nichts auf und versengten die Erde von Kansas. Jemand raunte: »Es ist so weit.«

Und dann erschien der erste Fürst der Nacht, der Fürst des Feuers. Er erhob sich in den Flammen, die von seinem Zorn angefacht wurden, und öffnete die Augen.

Er hatte lange, lange geschlummert.

3

DU SPINNST TOTAL!

Als Ren das E-Mail-Postfach zu ihrem Blog öffnete und die oberste Betreffzeile las, futterte sie gerade ein Stück Pizza. Der Blog hieß Himmelsbeobachterin und beschäftigte sich mit Sichtungen von Außerirdischen und dergleichen.

Ren blinzelte ungläubig. Überflog die Zeile noch einmal, als hätte sie sich vielleicht verlesen. Nein. Die drei Wörter waren unmissverständlich. Ihr Blick fiel auf den Betreff der nächsten Mail und sie schnappte nach Luft. Der angeknabberte Pizzarand fiel auf den Tisch.

DUBISTEINEHOCHSTAPLERIN!

Okay, sie war den ganzen Sommer weg gewesen und hatte nichts gepostet und sich auch nicht mit ihren Followern ausgetauscht, aber hallo? Zufällig hatten sie und ihre Freunde die Welt gerettet! Ihre Wangen glühten, als ihr Blick auf den nächsten Betreff fiel.

HASTDUSONSTKEINLEBEN?

Dann: WIRWOLLENBEWEISE, CHICA! Das kam von jemandem, der sich Chewbaccabro nannte. Rens Kehle schnürte sich zu.

Ihr war zumute, als würde ihr Herz implodieren – nicht einmal, nicht zweimal, sondern immer und immer wieder.

Und so gemein die Mails auch waren, sie konnte nicht wegschauen. Und auch nicht aufhören zu zittern. Als sie in Gedanken eine Entgegnung formulierte, wurde ihr ganz heiß. Beweise? Du willst Beweise, Mr Chewbaccabro? Wie wär’s mit einem Ausflug in die Maya-Unterwelt? Außerdem ist Chewbacca ein viel zu cooler Name für dich.

Ehe sie sich’s versah, quoll ein Schatten aus dem Fußboden und nahm den Umriss einer Löwenpranke an. Eine Kralle drückte die einzige Taste auf ihrem Laptop, die infrage kam.

Löschen.

Löschen.

Löschen.

Tränen brannten ihr in den Augen, als sie den Schatten mittels Gedankenkraft dazu brachte, nacheinander sämtliche beleidigenden Mails zu löschen. Dabei hatte sie schon Erfahrung mit Mobbern, vor allem mit solchen, die sich hinter ihren Computern versteckten. Die Typen waren keinen zerkauten Pizzarand wert! Sie wollten bloß provozieren, Ren fertigmachen. Doch diese Genugtuung gönnte sie ihnen nicht. Auch wenn die Versuchung groß war, zurückzuschreiben: Bist du immer so ein Arsch?

Sie wischte sich die Tränen ab, ließ den Schatten verschwinden, holte tief Luft und schloss die Augen. Sie würde meditieren. Sich in eine friedliche Zen-Welt versetzen, wie sie es immer machte, wenn sie sich aufregte, unter Stress stand oder Angst bekam. Doch nachdem sie zehn Sekunden lang ruhig und gleichmäßig geatmet hatte, machte ihr Laptop Ping. Beinahe hätte sie den FaceTime-Anruf ignoriert, doch als sie kurz ein Auge aufmachte, sah sie, von wem er kam.

Rasch riss sie sich zusammen. »Hey, Marco.«

Aber statt dem Gesicht ihres Freundes sah sie nur den Fußboden seines Zimmers. Der Boden war mit fallen gelassenen Klamotten übersät, zerknüllten Papierbögen und insgesamt drei Paar schlammverschmierten Footballschuhen.

»Hallo«, hörte sie Marco sagen. »Du bist zu schnell rangegangen. Leg wieder auf.«

»Warum soll ich dich nicht sehen?«

Er ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen und drehte den Monitor so, dass sie sein Gesicht und die schuhcremeschwarzen Streifen unter seinen Augen erkennen konnte. Über den Kopf hatte er ein Handtuch gelegt, wie ein Boxer, der in der Ringecke kurz verschnaufte. »Ich hab mich grade umgezogen. Und frisch gemacht.«

»So siehst du gar nicht aus.«

»Du kriegst ja nicht mit, wie gut ich rieche.« Er riss mit den Zähnen einen Proteinriegel auf und biss davon ab. Marcos Vater war der Kriegsgott der Mayas. Normalerweise schlug er erst zu und stellte hinterher Fragen. »Ich hab dir haufenweise Nachrichten geschickt«, sagte er. »Warum ghostest du mich?«

»Mein Handy war runtergefallen und das Display ist gesprungen. Ich musste mir ein neues Telefon besorgen und habe es noch nicht eingerichtet.«

Das Handtuch über seinem Kopf rutschte herunter und enthüllte frisch blondierte Haare mit blauen Streifen.

»Was sollen denn die Streifen?«, fragte Ren erstaunt.

Als Marco antwortete, spuckte er Krümel über den Tisch. »Die haben wir jetzt alle.« Er trank einen Schluck aus einer Edelstahlflasche. »Teamgeist und so.«

»Haare färben fördert den Teamgeist?«

Marco verzog ärgerlich das Gesicht.

»Okay, okay, mit Football kenne ich mich nicht aus«, sagte Ren rasch, »aber findest du den Look wirklich cool? Mich erinnert er eher an einen Clown …« Gedämpft setzte sie hinzu: »Du setzt aber bei euren Spielen nicht deine göttlichen Kräfte ein, oder?«

Marco besaß übermenschliche Körperkräfte und konnte außerdem jede beliebige Person täuschend ähnlich nachahmen – Stimme, Bewegungen, alles. Während ihrer Ausbildung an der SCHAFOMA, der Schamanenschule für Fortgeschrittene Magie, hatte er diese Fähigkeit noch vervollkommnet. Er hätte sich jederzeit in einen NFL-Profispieler verwandeln können.

»Ich bin auch ohne Superkräfte der weltbeste Quarterback«, erwiderte er. »Aber egal. Hast du dir mal das bescheuerte Aufsatzthema angesehen, das ich dir geschickt habe?«

»Du meinst den Aufsatz, den ich für dich schreiben soll?«

»Ich mein’s ernst, Ren!«

»Noch nicht. Ich … ich hatte mit meinem Blog zu tun.« Und mit einer Horde Hater.

»Du weißt doch, dass ich aus dem Team fliege, wenn meine Noten zu schlecht sind. Und ich habe echt keine Zeit, mir irgendwas über tote Präsidenten aus den Fingern zu saugen. Außerdem habt ihr es nur mir zu verdanken, dass ihr alle in die Gegenwart zurückkehren konntet. Da habe ich ja wohl noch was gut.«

Wie oft wollte er sich noch auf seine Heldentat berufen? Ja, als Ren und die anderen ins Jahr 1987 zurückgekehrt waren, um die Mayagötter zu befreien, hatte Marco das goldene Seil gehalten, das die Zeitreisenden in der Gegenwart verankert hatte. Aber es war Rens Freund Hondo gewesen, Zanes jugendlicher Onkel, der unter unaussprechlichen Qualen das andere Ende festgehalten hatte.

»Ist was?«, fragte Marco. »Du siehst aus, als ob … Geht’s dir nicht gut?«

Hätte Ren ihm von den Hatern erzählt, hätte er einen nach dem anderen aufgespürt, kopfüber in eine Mülltonne gestopft und den Deckel mit Zement verschlossen. Mindestens. Wenn Marco beschrieb, was er mit seinen Feinden anstellen würde, gab es immer eine noch brutalere Alternative. Peinlicherweise war Ren trotzdem kurz in Versuchung, sich bei ihm auszuheulen, doch ihre innere Stimme warnte: Schlechtes Karma.

»Wie geht es dir denn?«, fragte sie stattdessen zurück. »Ist es dir nicht schwergefallen, ohne uns nach Hause zurückzukehren, wieder auf eine normale Schule zu gehen und –«

»So zu tun, als wäre ich normal, meinst du?« Mit finsterer Miene rieb sich Marco die tiefe Narbe am Kinn. »Du meinst, dass ich nicht über meine übernatürlichen Fähigkeiten reden darf? Darüber, wer ich in Wahrheit bin?«

Richtig.

Nicht, dass Ren irgendetwas bereut hätte. Sie hatte es nie bedauert, dass sie in jener schicksalhaften Nacht vor sieben Monaten ihrer Bestimmung gefolgt war und auf der Insel Holbox Zane Obispo kennengelernt hatte, den Sohn von Hurakan, dem Mayagott des Gewitters. Wäre sie damals nicht in das Boot gestiegen, hätte sie nie erfahren, dass ihre Mutter Pazifik war, die Mayagöttin der Zeit. Und Ah-Puch, der Mayagott des Todes, der Finsternis und der Zerstörung, wäre jetzt nicht ihr bester Freund.

Klar hörte es sich aufregend an, sein normales Leben mit Schule und Hausaufgaben und so weiter hinter sich zu lassen, um sich nach Xi’balb’a zu begeben, in die Unterwelt der Mayas, dort mit einem skrupellosen Kalender zu verhandeln und einen fiesen Fledermausgott sowie eine gesichtslose Göttin zu besiegen. Aber es war auch supergruselig gewesen.

Und manchmal, wenn Ren allein war, machten ihr die Folgen zu schaffen. Es belastete sie, die mächtigste Gottgeborene von allen zu sein, weil sie außerdem noch eine Schattenhexe war, die inzwischen auch das Zeitseil ihrer Mutter besaß.

Doch meistens gelang es ihr, das Ganze zu verdrängen. So zu tun, als wäre sie wie alle anderen. Auch wenn sie immer wieder spürte, dass die Zukunft an ihr zog, ihr eine Richtung vorgeben wollte, für die sie noch nicht bereit war.

Unwillkürlich tastete sie nach dem Zeitseil, das sie in eine Goldkette verwandelt um den Hals trug.

Da ploppte auf ihrem Laptop wieder eine E-Mail auf. Der Absender nannte sich Sir Switchblade und der Betreff lautete: ACHTUNG – AUSSERIRDISCHEGESICHTET! HILFE!!!!

Ren überflog den Text. Anscheinend hatte der Absender in einem Maisfeld in Kansas etwas Ungewöhnliches beobachtet: Blitze, die keinen natürlichen Ursprung zu haben schienen, sondern einer »Monster-Lightshow« glichen, wie sich Sir Switchblade ausdrückte. Dazu sechs Gestalten. Eine hatte blaue Haut, glühende Augen und Furcht einflößende Zähne gehabt, von denen gelber Sabber tropfte.

Das hörte sich eher nach einem Dämon an als nach einem Außerirdischen. Hielt vielleicht Ixtab, die Göttin der Unterwelt, außerhalb von Xi’balb’a Truppenübungen oder so was ab?

Dann las Ren die letzten Sätze:

Außer dem blauen Typen waren noch fünf Jugendliche da. Ein Mädchen hat sich vor meinen Augen in eine Schlange verwandelt. In eine rote Riesenschlange, länger als der Müsli-Gang im Supermarkt!

»REN!«, rief Marco schallend.

Sie riss sich zusammen und blickte wieder in die Laptop-Kamera. »Brüll nicht immer so!«

»ICHBRÜLLENICHT!«

Nein, gar nicht.

»Wie es aussieht, haben wir ganz andere Probleme als dein Footballteam und deine Lautstärke«, sagte Ren.

Sie las Marco den Hilferuf vor.

»Und was schließen wir daraus?«, sagte Marco grinsend.

»Dass die Gottgeborenen dahinterstecken, die sich nach Montana abgesetzt haben.«

»Ist das nicht ein bisschen weit hergeholt?«

»Wer außer Serena kann Riesenschlangen erscheinen lassen?« Ren drückte auf Senden. »Und mit ihr waren es fünf Abtrünnige.«

Ren würde niemals den schrecklichen Abend vergessen, als Zane auf einen Tisch geklettert war und die anderen Gottgeborenen aufgefordert hatte, sich der Befreiungsaktion für die Mayagötter anzuschließen. Alles hatte gut ausgesehen, bis Serena (die Tochter der Mondgöttin Ixchel) und ihre Freunde verkündet hatten, dass jetzt die Gelegenheit für einen Aufstand gekommen war. Serena hatte sich zunutze machen wollen, dass die Mayagötter im Jahr 1987 festsaßen. Sie und die vier anderen wollten die Macht an sich reißen.

Marco nickte. »Ja, ich erinnere mich. So was brauch ich echt nicht noch mal.«

»Es war, als würde eine Banane im Zeitraffer verfaulen.«

»Das ist eine bescheuerte Metapher.«

»Das ist keine Metapher, sondern ein Gleichnis.«

Marco verdrehte die Augen. »Und was wollen diese Loser in Kansas?«

Das hätte Ren auch gern gewusst, aber ihr fiel keine Erklärung ein. Bis sich wieder die leise Stimme in ihrem Hinterkopf meldete.

Sie wollen zu Ende bringen, was sie angefangen haben.

4

»Vielleicht gibt es dort ja eine Pforte.« Ren tippte hektisch auf ihrem neuen Handy herum, um es einzurichten.

»Eine Pforte wohin?«, entgegnete Marco. »Zum Loserhead Stadium der Chiefs?«

»Welche Chiefs?«

»Das Football-Team von Kansas City? Nie gehört?« Dann: »Außerdem sind es …« Sie sah, wie er tippte. »… zweitausendfünfhundert Kilometer von Montana nach Kansas. Wie sind die fünf dort hingekommen?«

»Dass sich die cinco abgesetzt haben, ist ja schon ein paar Monate her. Vielleicht haben sie irgendwo einen Pfortenplan aufgetrieben. Vielleicht haben sie irgendwas Heimtückisches vor. Vielleicht –«

»Hör auf mit deinem ewigen Vielleicht. Das nervt.« Marco beugte sich so weit vor, dass Ren in seine Nasenlöcher spähen konnte. »Bestimmt haben sich die Feiglinge irgendwo versteckt.«

»Wir müssen nach Xi’balb’a und Ixtab verständigen«, sagte Ren.

»Wir?« Marco lehnte sich zurück, sodass Ren wieder sein ganzes Gesicht sah. »Ich hab morgen Abend ein wichtiges Spiel.«

»Du kannst rechtzeitig wieder da sein. Die Abtrünnigen führen nichts Gutes im Schilde, das spüre ich.« Als ihr Freund keine Miene verzog, setzte Ren hinzu: »Sie haben einen Dämon dabei. Das ist nicht normal.« Wobei es so etwas wie »normal« in der Mayawelt nicht gab. Aber wenigstens hatte Ren in dieser Welt das Gefühl, dazuzugehören.

»Vergiss es. Ich gehe nicht mehr in dieses Leichenhaus zurück. Ich habe keinen Bock mehr auf Dämonen und Eiterflüsse und den ganzen Kram. Und was können fünf kümmerliche Gottgeborene schon anrichten? Den Göttern können sie sowieso nichts tun.«

»Dein Spiel ist dir wichtiger, als herauszufinden, was die Abtrünnigen vorhaben?«

Marco antwortete nicht sofort, sondern fuhr sich durch die albernen blau gestreiften Haare. Doch als Ren schon glaubte, sie hätte ihn endlich überzeugt, rollte er mit seinem Stuhl ein Stück zurück und erwiderte: »Du hast es erfasst. Das Spiel ist mir wichtiger. Hier in Waco dreht sich alles um Football.«

»Marco!«

»Es geht um meine Zukunft, Alter. Wenn ich später in einem Collegeteam spielen will, darf ich jetzt keine Gelegenheit verpassen, dass mich ein Scout entdeckt.«

»Aber du bist doch erst in der achten Klasse.«

»Eben. Und ich will es nächstes Jahr in die Juniorenmannschaft schaffen. Da muss ich mich jetzt reinhängen.«

»Also gut.« Ren strich sich den zu langen Pony aus den Augen. »Dann rufe ich Zane an.«

»Hast du nicht mitgekriegt, dass er momentan nicht zu erreichen ist?«

»Wieso das denn?«

»Weil er und Hurakan untergetaucht sind. Sie wollen rausfinden, warum so viele Götter nach der verunglückten Zeitreise immer noch nicht wieder erwachsen sind.«

»Das kann nicht sein. Zane hätte sich auf jeden Fall von mir verabschiedet. Bist du sicher?« Vielleicht hatte Marco ja etwas missverstanden.

Als Marco sich die Augen rieb, verschmierte er die schwarze Farbe über sein Gesicht. »Alle anderen wissen Bescheid. Bestimmt hat Zane dir auf deinem kaputten Handy eine Nachricht hinterlassen.«

Rens neues Telefon lud noch. Sie ließ das Display nicht aus den Augen.

»Vielleicht solltest du nicht so viel Zeit mit deinem komischen Blog verplempern«, schob Marco nach.

»Mein Blog ist nicht komisch«, erwiderte Ren ärgerlich. »Aber okay, dann rufe ich eben Brooks an.«

»Die ist auf einer Undercover-Mission.«

»Dann eben Adrian und Alana.«

»Die sind auf Weltreise.«

»Dann Louie.« Der ängstliche Sohn des Regengottes würde ihr bestimmt helfen.

»Der arbeitet an einem wichtigen Forschungsprojekt.«

»Bist du jetzt die Chefsekretärin der anderen und verwaltest ihre Termine, oder was?«

»Haha. Ich kann nichts dafür, dass sie mich auf dem Laufenden halten. Wetten, du hast nicht mal gewusst, dass Hondo und Quinn den Kilimandscharo ersteigen? Wobei sie wahrscheinlich fliegt und ihn zu Fuß laufen lässt.«

Ren fühlte sich plötzlich ausgeschlossen. Alle hatten etwas vor, nur sie nicht.

Sie hörte, wie Marcos Mutter ihn zum Abendessen rief. »Komme!« Zu Ren sagte er: »Wetten, diese Kansas-Sache ist bloß Zufall?«

»Ich glaube nicht an Zufälle.«

»Du kannst die Nachricht doch auch einfach an Ixtab weiterleiten und gut ist.«

»Die Göttin der Unterwelt hat bestimmt keine Mailadresse.«

»Wie du meinst.« Marco stand auf.

»Dann gehe ich eben allein.«

»Von mir aus, aber kannst du vorher noch meinen Aufsatz schreiben?«

Auf Rens Bildschirm erschien eine neue Mail von Sir Switchblade.

Hab noch was vergessen. In das Maisfeld ist ein riesengroßes Symbol eingebrannt.

Ein Symbol? Endlich ein Beweis! Wenn Ren sich ein Foto davon beschaffen konnte und es authentisch aussah, konnte sie es in ihrem Blog posten und die Hater würde die Klappe halten. Dann wäre ihr Ruf als ernst zu nehmende Außerirdischen-Beobachterin wiederhergestellt.

»Hör dir das mal an«, wandte sie sich an Marco. Doch als sie ihm die Nachricht vorlas, wirkte er nicht besonders beeindruckt. Ren griff zu einem letzten Mittel. »Wie wär’s mit einer Abmachung?«

»Abmachungen sind blöd.«

»Vergiss Xi’balb’a. Wenn du mich nach Kansas begleitest, schreibe ich dir das ganze Schuljahr alle Aufsätze.«

Marcos Kopf ruckte nach hinten, als müsste er einem Kinnhaken ausweichen. »Alle?!« Er setzte sich wieder hin.

Ren nickte. Hoffentlich schluckte er den Köder. Klar war es eigentlich nicht in Ordnung, wenn sie seine Hausaufgaben übernahm, aber vielleicht konnte sie es ja als eine Art Nachhilfe aufziehen, sodass er irgendwann allein zurechtkam. Aber damit konnte sie sich später noch befassen.

Marco breitete die Arme mit nach oben gewandten Handflächen aus, als würde er in jeder Hand ein Stück Obst abwiegen. »Mal überlegen … Soll ich mich ins Revier der Chiefs begeben oder lieber schlechte Aufsätze schreiben?« Er hob und senkte die Hände abwechselnd. Dann: »Wenn du zwei Jahre lang meine Aufsätze schreibst und wir noch heute losziehen und ich rechtzeitig zu meinem Spiel wieder da bin – dann meinetwegen.«

Ren stieß einen Jubelschrei aus und streckte ihrem Monitor die Hand hin, als könnte Marco einschlagen. »Abgemacht!«

»Aber du musst mich abholen kommen.«

»Wieso?«

»Weil ich meinen Pfortenplan sozusagen geschrottet habe.«

Jeder, der an der Befreiung der Götter mitgewirkt hatte, hatte so einen Plan bekommen. Ein tolles Geschenk, weil man durch die magischen Pforten praktisch überall hingelangen konnte.

»Wie schrottet man denn einen Pfortenplan?«

»Ist doch egal.« Marco wurde lauter. »Er ist im Arsch, okay?«

»Jetzt werd doch nicht gleich sauer! Du musst dich echt besser in den Griff kriegen.«

»Ich bin der Sohn des Kriegsgottes, Rena-a-a-ta«, erwiderte er und zog das A in die Länge wie jedes Mal, wenn er sie ärgern wollte.

»Komm endlich, Marco!«, rief seine Mutter. »Das Essen wird kalt!«

»Augenblick noch, Ma!« Marco deutete auf Rens goldene Armbanduhr. »Echt blöd, dass du damit nicht mehr die Zeit anhalten kannst.«

Alle Gottgeborenen hatten auf ihrer Anerkennungsfeier ein Geschenk von ihrem göttlichen Elternteil bekommen. Die Geschenke waren alle verschieden und hatten magische Eigenschaften. Nur Marcos Vater, der Kriegsgott Nakon, hatte seinem Sprössling nichts geschenkt. Ren fand das total daneben, aber Marco hatte sich nie beschwert.

Leider hatte Rens Uhr die Eigenschaft eingebüßt, die Zeit anhalten zu können, weil Ren bereits sämtliche magischen Zeitstränge verbraucht hatte. »Die Uhr geht immer noch auf die Sekunde genau«, gab sie verschmitzt zurück. »Und sie ist jetzt ein Pfortenplan.«

»Hä? Wie das denn?«

Ren hob den Arm und sprach in die Uhr hinein: »Wo ist die nächste Pforte nach Waco, Texas?« Im Nu zeigte das Display an, wo sich die nächstgelegene Pforte befand, wann sie aktiv war und wo man in Waco herauskam.

»Bei euch in Waco gibt es ein Dr.-Pepper-Museum?«, fragte Ren ungläubig. »Ein Museum für Softdrinks?!«

»Waco hat einiges zu bieten. Aber ich kapier das nicht. Wieso hab ich bloß einen ollen Papierwisch gekriegt und du so was Cooles?«

»Weil ich meinen Plan im Technogie-Kurs an der SCHAFOMA angefertigt habe, an dem du nicht teilnehmen wolltest.«

»Ich fand die Kombi aus Technik und Magie öde. Ich wollte lieber lernen, wie man Schlachten gewinnt und der beste Kämpfer aller Zeiten wird.«

»Vielleicht kann man ja auch kämpfen, ohne die Fäuste einzusetzen.«

Marco verzog das Gesicht. »Wie denn?«

»Indem du nach Kansas mitkommst.«

»Also gut. Das Museum ist am anderen Ende der Stadt. Wie viel Zeit gibst du mir?«

»Eine halbe Stunde.«

»Gut, dann packe ich mir was zu essen ein. Aber denk dran, ich komme nur mit, um mich mit diesem Sir Switchblade, oder wie der Typ heißt, zu unterhalten. Und egal, was er zu berichten hat, ich bin rechtzeitig wieder hier. Keine Missionen oder Verfolgungsjagden oder irgendein anderer Scheiß. Klar?«

»Klar.«

Ren behielt für sich, was sie dachte. Logisch ist das eine Mission. Sie hat schon begonnen, als ich die Nachricht bekommen habe.

5

Sobald Rens neues Handy aufgeladen war, wählte sie Sir Switchblades Nummer. Doch als das Telefon dreimal summte, brach sie wieder ab. Sie hatte drei noch nicht abgehörte Voicemails.

»Hi, Ren!« Das war Zane. »Sitzt du gut? Ich muss dir was erzählen.« Er machte eine Kunstpause, in der man Wind brausen hörte. Anscheinend ließ er sich von Brooks durch die Lüfte tragen. Aber warum rief er Ren von unterwegs an? Doch da sagte er schon aufgeregt: »Du glaubst nicht, was ich entdeckt habe!«

Er macht es wieder mal spannend.

Die nächste Sprachnachricht lautete folgendermaßen:

»Ren! Warum gehst du nicht ran? Ich habe auf der Isla Pájaros etwas gefunden. Du wirst ausflippen! Ich sage nur: Außerirdische! Vielleicht bist du doch nicht so loca, wie ich immer dachte. Ruf mich zurück!«

Mit klopfendem Herzen hörte sie die dritte und letzte Nachricht ab:

»Verstehe. Du kannst oder willst nicht zurückrufen. Egal. Ich habe einen Holzkasten entdeckt. Ich wollte ihn für dich fotografieren, aber dann sind ein paar Dämonen aufgetaucht und ich musste abhauen. Der Kasten sah antik aus und der Deckel war bemalt. Mit einem Dämonenpaar, das vor einem Feuer steht und sich an der Hand hält. Der weibliche Dämon hatte einen Blumenkranz auf dem Kopf.«

»Erzähl ihr von der Höhle des Verderbens«, rief Brooks dazwischen.

Höhle des Verderbens?

»Das ist doch unwichtig«, sagte Zane ärgerlich.

»Dort war ein Monster, das wie Zane aussah«, fuhr Brooks unbeirrt fort. »Oder sein Aussehen angenommen hatte. Bloß gruseliger.«

»Und wir haben Ixtab gefragt, ob …«, ergriff Zane wieder das Wort, verstummte dann aber. Entweder wollte er es doch nicht erzählen oder Brooks hatte ihm einen Rippenstoß verpasst, denn er sog scharf die Luft durch die Zähne und wechselte das Thema. »Die Szene auf dem Kästchen – da waren überall Blumen, wie auf einem Fest oder so.«

»Und ein Wesen, das eindeutig kein Dämon war!« Das kam wieder von Brooks.

»Ey, lass mich erzählen!« Das war Zane.

Dann komm endlich zum Punkt!

Zane seufzte hörbar. »Das Wesen hatte Augen, die –«

Weil die Verbindung auf einmal rauschte und knackte, bekam Ren den Rest nicht mit. Als sie wieder etwas verstehen konnte, hörte sie nur noch: »… Schuppen. Voll krass. Aber egal, ich schicke dir Bilder von der komischen Muschel, die in dem Kasten war. Schau dir die Fotos an und ruf mich zurück. Wenn ich nicht rangehe, dann bloß, weil es dort, wo wir hinwollen, kein Netz gibt. Bis dann, amiga.«

Mit fliegenden Fingern öffnete Ren ihre Textnachrichten. Beinahe wäre ihr das Telefon aus der verschwitzten Hand gerutscht.

Hier sind die Fotos. Was ist das? Du weißt es bestimmt. Schließlich bist du Dr. Alien.

Dr. Alien? Ren verdrehte die Augen. Aber dann musste sie unwillkürlich lächeln, weil es sich eigentlich ganz cool anhörte. Leider dauerte der Download der Bilder ewig. Warum wollte ihr Zane unbedingt eine Muschel zeigen?

Während sie wartete, ging sie noch einmal durch, was Zane und Brooks über den antiken Holzkasten und die Darstellung eines Dämonenfestes gesagt hatten.

Ein Wesen, das eindeutig kein Dämon war …

Danach hatte sie nur noch »Augen« und »Schuppen« verstanden.

Waren Brooks und Zane auf die frühe Darstellung eines Außerirdischen gestoßen? Das wäre nicht so ungewöhnlich. Überall auf der Welt hatte man unerklärliche Darstellungen von Außerirdischen entdeckt. Vom Iran bis Afrika.

Schnell wählte sie Zanes Nummer, wurde aber sofort an seine Mailbox weitergeleitet. Nachdem sie draufgesprochen hatte, dass er zurückrufen sollte, versuchte sie es bei Brooks, hatte aber genauso wenig Glück.

Bevor Ren aufbrach, schickte sie ihrem abuelo, der wie jeden Donnerstag auf seinem Mahjong-Spieleabend war, eine kurze Nachricht.

Muss eine Sichtung checken. Bin bald wieder da.

Sie hängte noch ein paar Smileys an.

Als Ren aus der Pforte auf die Fifth Street in Waco hinaustrat, wurde es schon dunkel. Die Luft war warm und drückend. Das Dr.-Pepper-Museum war nicht schwer zu finden. Marco stapfte schon mit saurer Miene davor auf und ab.

»Wieso hast du so lange gebraucht?«

»Ich bin doch pünktlich.«

»Das habe ich nicht gefragt.«

»Wenn du deinen Pfortenplan nicht geschrottet hättest –«

Sein Blick fiel auf ihr Sweatshirt. »Was ist das denn?«

»Gut, oder? Ich habe welche für meinen Blog bedrucken lassen. Als Werbung und so.« Aber vielleicht war es albern zu glauben, dass sich irgendwer dafür interessierte, was sie über das Universum und Außerirdische zu sagen hatte. Vielleicht sollte sie den Blog einfach aufgeben.

»Alien-Augen … echt jetzt?!«

Ren fand die T-Shirts und Sweatshirts super. Sie hatte sie selbst entworfen. Die Idee war ihr gekommen, als sie zum ersten Mal ihre SCHAFOMA-Uniform gesehen hatte.

»Die Augen leuchten im Dunkeln«, sagte sie. »Soll ich dir auch eins schicken?«

»Nein danke.«

Ren musterte ihn. »Und du trägst ein Football-Trikot.«

»Ich bin Quarterback! Wie oft muss ich dir das noch –«

»Ich habe dich bloß noch nie in was anderem als in deiner Lederjacke oder in SCHAFOMA-Klamotten gesehen.«

»Dann gewöhn dich dran. Das ist mein wahres Ich. Also, wo wollen wir hin?«

»Äh … Ich habe ganz vergessen anzurufen und nachzufragen.«

»Du hast keine Adresse oder so?«

»Augenblick.«

Ren griff zum Handy und wählte. Sir Switchblade entpuppte sich als zwölfjähriger Junge. Er redete, als würde er bei jedem Wort die Lautstärke hochdrehen.

»Glaubst du, das Monster kommt mich holen«, fragte er.

Meinte er die Riesenschlange oder den Dämon? Eigentlich egal. Eins war so unheimlich wie das andere.

»Davon gehe ich nicht aus«, erwiderte Ren beruhigend. »Und du hast die Gruppe nur dieses eine Mal gesehen?«

»Glaubst du, sie sind noch da?« Seine Stimme schwankte.

»Gib mir doch einfach deine Adresse. Dann komme ich vorbei und sehe mich mal um.«

»Ich darf Fremden nicht sagen, wo ich wohne«, entgegnete der Junge. »Ich kenne dich doch gar nicht. Vielleicht bist du ja eine Erwachsene.«

»Bestimmt nicht«, versicherte ihm Ren. Marco, der mithörte, verdrehte die Augen und stapfte wieder auf und ab. »Ich bin zwar erst vierzehn, aber ich kann dir trotzdem helfen. Ich kenne mich mit so was aus.« IchbinschonindieUnterwelthinabgestiegen,habeeinenTodeszaubererbesuchtundinKnochenstaubgebadet.IchhabesogareinegesichtsloseGöttinineinerZeitschleifeeingefangen! »Du brauchst nicht mal lange mit mir zu reden. Ich möchte bloß wissen, wo du die Gruppe gesehen hast. Und einen Blick auf das Symbol werfen.«

Schweigen. »Niemand glaubt mir«, sagte der Junge dann resigniert.

Das kenne ich nur zu gut. »Ich glaube dir. Lass mich dir helfen.«

Sir Switchblade zögerte. Sie hörte ihn atmen. »Hatte ich schon gesagt, dass der Blitz eingeschlagen ist? Dort, wo dann plötzlich das komische Spiralsymbol war?«

Ren wurde ganz hibbelig. »Ich bin in Kansas. Ich kann gleich bei dir sein.«

»Du bist auch aus Kansas?«

»Nein … Ich … Ich will hier eine andere Sichtung von Außerirdischen checken.« Ren log ungern, aber wie sollte sie sonst erklären, dass sie in übernatürlicher Geschwindigkeit bei Sir Switchblade sein konnte?

»Na gut, ich schicke dir meine Adresse. Aber wenn du mich reinlegen oder mir was tun willst – ich habe einen Hund, der dich in Stücke reißt.« Er legte auf.

»Scheint eine kleine Drama-Queen zu sein«, sagte Marco.

Als die Nachricht eintraf, tippte Ren aufs Display ihrer Uhr und sprach die Adresse hinein.

WACOSUSPENSIONBRIDGE 16 MINUTEN, verkündete das Display.

»Hey, wir haben Glück. Nur eine einzige Pforte. Weißt du zufällig, wo das ist?«

»Komm mit«, erwiderte Marco knapp.

Nachdem sie ein Stück schweigend gegangen waren, erkundigte sich Ren: »Warum bist du so still?«

»Weil ich in Gedanken schon mal die Taktik durchgehe.«

»Gute Idee. Besser, wir sind vorbereitet, falls –«

»Ich rede von meinem Spiel.«

Sie bogen in eine belebte Straße mit vielen Läden und Restaurants ein. Grüppchen von Leuten gingen lachend und redend vorbei.

Während sie an Bäumen, geparkten Autos und Straßenlaternen vorbeiliefen, erzählte Ren ihrem Freund von Zanes Nachrichten. »Was hältst du davon?«

»Zane übertreibt gern.«

»Hast du schon mal von einer Höhle des Verderbens gehört? Blöd, dass ich die Fotos nicht runterladen kann. Vielleicht hat er ja etwas total Tolles entdeckt. Glaubst du –«

»Hey, mal langsam!« Marco hob abwehrend die Hände. »Woher soll ich das wissen? Und nicht jede Entdeckung ist ein Rätsel, das man unbedingt lösen muss.«

Ren hatte so damit zu tun gehabt, mit Marcos langen Schritten mitzuhalten, dass sie die Brücke über den dunklen Fluss erst jetzt sah. Der Aufgang war von angestrahlten Bronzefiguren flankiert: eine Herde lebensgroßer Longhorn-Rinder sowie mehrere berittene Cowboys.

»Und jetzt?« Marco sah sich misstrauisch um.

Eine Meditation zum Runterkommen oder eine Stunde in einem Floating-Tank würde ihm echt guttun. Ren sah auf ihre Uhr. »Noch zehn Sekunden.«

Auf die Sekunde pünktlich fing die Luft über einem der Bronzerinder rosafarben, golden und grün zu flimmern an. Die paar Passanten in der Nähe bekamen das magische Farbenspiel nicht mit. Aber wenn sie ihre Augen, ihren Geist und ihre Herzen geöffnet hätten, hätten sie bestimmt einen Blick darauf erhascht, dachte Ren. Oder auch nicht.

Marco schaute zu der Pforte empor. »Die schwebt drei Meter über dem Boden. Wie sollen wir da hochkommen?«

Ren breitete die Hände aus. Aus ihren Fingerspitzen quollen Schatten und verdichteten sich zu einer schmalen Rampe.

Doch Marco wich zurück und schüttelte den Kopf. »Ich soll über einen Schattensteg laufen?«

»Er trägt dich, versprochen. Aber er hält nicht lange, also beeil dich.«

»Deine Versprechungen kannst du dir sonst wohin stecken.«

Ren verdrehte ungeduldig die Augen und lenkte die Schattenrampe unter Marcos Füße. Bevor er protestieren konnte, wurde er emporgetragen. Er schwankte und ruderte mit den Armen. Doch jedes Mal, wenn er abzustürzen drohte, wurde die Rampe breiter und fing ihn auf.

»Na also.« Ren verkniff sich das Grinsen. »Ich hab’s dir ja gesagt.«

»Das ist nicht lustig, RenatAAAA! Lass mich runter!«

»Jetzt entspann dich doch mal.« Ren erklomm ihrerseits die Schattenrampe. »Wenn du so rumhampelst, machst du es bloß schlimmer.« Sie wollte Marco festhalten, aber er riss sich los und verlor dabei das Gleichgewicht.

»Schlimmer?!«, brüllte er.

Mit dem Kopf voran stürzte er durch die Pforte. »Ich zeig dir gleich, was schlimmer ist!«, hörte sie ihn rufen.

Doch als sie eben hinterherspringen wollte, sah sie, dass sich zwischen den Bäumen unter ihnen etwas bewegte.

Nein, nicht etwas.

Jemand.

Eine durchscheinende Mädchengestalt, die flimmerte, als würde sie sich verfestigen wollen. Ren kannte das Mädchen nicht. Ihre blonden Haare waren zu einem kinnlangen, glatten Bob geschnitten und sie bewegte die Lippen, als wollte sie Ren etwas zurufen. Ren hielt unschlüssig inne. Da flackerte die Pforte auf – einmal, zweimal.

Und saugte Ren ein.

6

Als Ren sich durch ein loses Brett in der Scheunenwand zwängte, warf sie ein Holzschild um, das drinnen auf dem Boden stand. DERBLITZSCHLÄGTNIEMALSZWEIMALEIN, stand in Großbuchstaben darauf.

Sie sah sich um. Marco stand ein Stück weiter weg mit dem Rücken zu ihr und ließ den Blick über die gegenüberliegende Wand gleiten. Wahrscheinlich sah er sich nach einer Heugabel um und wollte Ren aufspießen, weil sie ihn so unsanft durch die Pforte befördert hatte. Aber warum hatte er nicht reagiert, als sie mit lautem Gepolter durch die Bretterwand geschlüpft war? Vielleicht überlegte er noch, wie er sich am besten an ihr rächen konnte, oder aber er war so wütend, dass er nichts um sich herum mitbekam.

»Hey!« Als Ren zu ihm ging, knirschte Stroh unter ihren Sneakern. »Alles in Ordnung? Bist du noch sauer auf mich? Wenn ja, dann sag’s einfach. Es tut mir echt leid, aber –«

»Kannst du bitte mal kurz still sein?«, entgegnete er, ohne sich umzudrehen.

Ren blieb neben ihm stehen, hielt aber vorsichtshalber Abstand. Jetzt sah sie, was ihn so fesselte. Die Wand war mit gerahmten Schnappschüssen irgendeines Footballspielers gepflastert. Auf einem Foto hechtete er hinter einem Ball her, auf einem zweiten riss er in der Endzone die Arme hoch, auf einem dritten strahlte er übers ganze Gesicht, während ihn seine Teamkameraden triumphierend hochhoben. Es waren mindestens zehn, zwölf Bilder.

»Weißt du, wer das ist?« Marco deutete mit dem Kinn auf die Fotos.

»Irgendein Quarterback?«, riet Ren, denn auf dem Trikot des Typen prangte wie bei Marco die Nummer 16.

»Das ist Len Dawson. Er ist der Größte. Eine Legende. Hall of Fame und so.«

»Hast du nicht gesagt, die Chiefs sind Loser?«

Marco riss sich von dem Football-Schrein los. »Ey, beleidige ihn nicht!«

»Ist ja gut. Anscheinend wohnt hier einer seiner Fans.«

Marco schüttelte den Kopf und zeigte auf ein Schild über dem Eingang der Scheune. DAWSON stand darauf.

Oh. OH! »Du glaubst, er wohnt selber hier?«

»Hände hoch und langsam umdrehen«, ertönte es da hinter ihnen.

Ren tat wie geheißen und blickte in den Lauf einer Schusswaffe. Hoffentlich war es nur eine Luftpistole. Aber hatten Luftpistolen orangefarbene Mündungen? Der Junge, der auf sie und Marco zielte, hatte rote Haare, Sommersprossen und einen entschlossenen Gesichtsausdruck.

Marco fasste sich als Erster. »Ist die Knarre echt?«

»Ich stelle hier die Fragen«, gab der Junge ungerührt zurück.

Ren mischte sich ein. »Bist du Sir Switchblade? Ich bin Ren vom Blog Himmelsbeobachterin.«

»Was macht ihr in unserer Scheune?«

Die magische Pforte hat uns hier ausgeworfen. Laut erwiderte Ren: »Wir dachten, du willst vielleicht nicht, dass uns deine Eltern oder sonst wer sehen.«

Der Junge drehte sich zu Marco um. »Und wer bist du?«

»Er ist mein Assistent«, sagte Ren rasch. Dabei sah sie Marco nicht an. Garantiert warf er ihr gerade einen seiner giftigen Warte, bis wir wieder unter uns sind!-Blicke zu.

»Ich habe aber kein Auto gesehen«, fuhr der fremde Junge fort.

»Das Taxi hat uns unten an der Straße abgesetzt«, sagte Marco. »Und deine Knarre ist eine Paintball-Pistole.« An Ren gewandt, ergänzte er: »Soll heißen, er kann uns nicht abknallen.«

Schmollend ließ der Junge die Waffe sinken. »Die Farbkugeln sind gefroren. Wenn man getroffen wird, tut das ganz schön weh. Wollt ihr’s mal ausprobieren?«

»Nein!«, rief Ren. Etwas ruhiger setzte sie hinzu: »Aber wir glauben dir natürlich. Zeigst du uns jetzt bitte, wo –«

»Warte mal.« Marco deutete auf die Fotowand. »Ist das dein Opa?«

Wasspieltdasjetztfüreine