Zane gegen die Götter, Band 3: Schattenspringer (Rick Riordan Presents) - J. C. Cervantes - E-Book

Zane gegen die Götter, Band 3: Schattenspringer (Rick Riordan Presents) E-Book

J. C. Cervantes

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Beschreibung

Wer mit den Göttern verwandt ist, braucht echt keine anderen Feinde … Wenn du mir vor einem Jahr erzählt hättest, dass ich irgendwann mal mit einer 2.000 Jahre alten Dämonin um die Häuser ziehen würde, hätte ich dich glatt für verrückt erklärt. Tja, und nun ertrage ich Iktans fauligen Dämonenatem schon seit über drei Monaten, während wir andere Gottgeborene aufspüren, bevor ihnen ein durchgeknallter Fledermausgott den Kopf abreißen kann. Und das Schlimmste: Mom sagt, ich muss trotzdem meine Hausaufgaben machen! Als hätte ich nicht jede Menge andere Probleme … Persönlich empfohlen von "Percy Jackson"-Autor Rick Riordan! Entdecke alle Abenteuer aus der Reihe "Rick Riordan Presents": "Zane gegen die Götter" von J. C. Cervantes Band 1: Sturmläufer Band 2: Feuerhüter Band 3: Schattenspringer "Ren gegen die Götter" von J. C. Cervantes Band 1: Nachtkönigin Band 2: Jaguarmagie "Sikander gegen die Götter" von Sarwat Chadda Band 1: Das Schwert des Schicksals Band 2: Der Zorn der Drachengöttin "Aru gegen die Götter" von Roshani Chokshi Band 1: Die Wächter des Himmelspalasts Band 2: Im Reich des Meeresfürsten Band 3: Das Geheimnis des Wunschbaums Band 4: Die Magie der goldenen Stadt Band 5: Der Trank der Unsterblichkeit "Tristan gegen die Götter" von Kwame Mbalia Band 1: Mythenweber

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Als Ravensburger E-Book erschienen 2021

Die Print-Ausgabe erscheint im Ravensburger Verlag

© 2021 Ravensburger Verlag

Die Originalausgabe erschien 2020 unter dem Titel »The Shadow Crosser« bei Disney • Hyperion, einem Imprint der Disney Book Group.

Copyright © 2020 by Jennifer Cervantes

Published in arrangement with the author, c/o BAROR INTERNATIONAL, INC., Armonk, New York, U.S.A.

Übersetzung: Katharina Orgaß

Umschlaggestaltung: Miriam Wasmus unter Verwendung einer Illustration von Jann Kerntke

Alle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Verlag GmbH, Postfach 2460, D-88194 Ravensburg.

ISBN 978-3-473-51098-6

www.ravensburger.de

Für Alex – weil die Welt einen zweiten Batman braucht.

Liebe Leser,

bestimmt erwartet ihr hier eine Nachricht von Zane Obispo, unserem jungen Helden und begabten Nachwuchsschriftsteller, aber dieses Buch ist anders als die beiden vorigen. Diesmal konnte Zane die Einleitung nicht selbst verfassen, und das hat einen Grund. Ob euch dieser Grund gefallen wird, hängt davon ab, was für eine Art Geschichten ihr gern lest.

Für meinen Geschmack enthält diese Geschichte zu viel Tragik, Grauen und Dunkelheit. Wie die anderen Mayagötter wurde auch ich aus meinem Alltag herausgerissen und in diese Erzählung hineingezogen. Bedauerlicherweise hat keiner von uns das Ende vorhergesehen. Auch euch wird das wohl nicht gelingen.

Trotzdem muss auch diese Geschichte wie alle anderen aufgezeichnet und bewahrt werden. Indem ihr sie lest, erfüllt ihr sie mit Leben und tragt auf diese Weise zur Magie aller Erzähler dieser Welt bei. Dafür möchte ich euch danken, wobei ihr mir jetzt schon leidtut. Ihr könnt ja nicht ahnen, was euch bevorsteht.

Es grüßt,

Itzamna

1

Seit ich eines Abends zusammen mit einer zweitausend Jahre alten Dämonin von zu Hause losgezogen war, konnte ich mein Leben vergessen. Ich war total am Arsch.

Wobei … das hört sich irgendwie endgültig an, und ganz so war es auch wieder nicht. Eher, als würde sich mein Leben nach und nach aufribbeln wie ein alter Pullover, der nicht mehr zu retten ist. Man kann nur noch zuschauen, wie das blöde Loch immer größer wird.

Dabei hatte es genug Warnzeichen gegeben. Zu meiner Verteidigung kann ich nur sagen, dass ich zu beschäftigt gewesen war, um auf sie zu achten. Dir wäre es genauso gegangen, wenn du die letzten drei Monate plus zwei Tage und sechzehn Stunden in ranzigen Motels verbracht, dich von pappigen Burgern und matschigen Pommes ernährt und Iktans fauligen Dämonenatem ertragen hättest. Dämonen putzen ihr mörderisches Gebiss nämlich nicht, und zweitausend Jahre ohne Colgate sind eine lange Zeit!

Und als wäre das nicht alles schon schlimm genug, hatte mir meine Mutter auch noch verkündet, ich hätte trotzdem Hausaufgaben zu machen, Gottgeborener hin oder her. Also hockte ich außerdem noch stundenlang über meinem iPad (ich bekam ja inzwischen Online-Unterricht). Dabei drehte ich mich öfter um, als ich gern zugebe. Ich rechnete jederzeit damit, dass sich Camazotz (alias Mister Fledermausgott) aus einer schwarzen Nebelsäule materialisieren und mir mit seinen Furcht einflößenden Krallen den Kopf abreißen würde. Wetten, er dachte seit der Schlacht auf dem Schrottplatz an nichts anderes mehr?

Soll heißen, ich wollte nur noch nach Hause. Auf die Insel Holbox, wo es Meer, Sonne und Sicherheit gab. Zum Glück stand meine Rückkehr kurz bevor, ich war praktisch schon dort. Heute Nacht hatte Iktan nämlich den allerletzten Gottgeborenen aufgespürt, Nummer 64.

So hatte die Nacht angefangen:

Ich war mit dem Kopf voran in einer dunklen Gasse aufgeschlagen. Überall lagen leere Dosen und Fast-Food-Verpackungen, ein altes Sofa würgte seine Polsterung aus.

»Herrgott noch mal«, hatte ich Ik angeschnauzt, »können wir nicht einmal eine Pforte nehmen, die mich nicht durch die Luft wirbelt und die nicht nach Tod und Verwesung stinkt?«

Heute Nacht hatte sich die Dämonin für die Gestalt eines elf Jahre alten Menschenmädchens mit zahnlückigem Grinsen und rotbraunen Zöpfen entschieden. Sie trug einen Jeansoverall und darunter eine Bluse mit kleinen roten Herzen drauf. Mich konnte sie damit allerdings nicht täuschen.

Das grüne Neonschild an der Mauer über uns tauchte das Mädchen in fahles Licht. Wenn ich genau hinschaute, sah ich unter der falschen Menschenhaut die blaue Dämonenhaut schimmern. Iktan wechselte ihre Erscheinungsform so mühelos wie andere Leute eine Maske, immer auf der Suche nach einer Tarnung, bei der es sie nicht überall juckte wie verrückt. Was von vornherein zum Scheitern verurteilt war, weil sie gegen Menschenfleisch allergisch war. Der Vorteil daran? Sie fraß keine Menschen.

»Verwesungsgeruch ist harmlos«, sagte sie und kratzte sich das Grübchenkinn. »Aber Menschenhaut juckt wie giftiger Efeu. Bescheuerte Erfindung.«

»Meinst du Menschenhaut oder giftiger Efeu?« Genau genommen war weder das eine noch das andere eine Erfindung, aber ich hatte gerade keine Lust, mich mit ihr zu streiten.

»Beides!«, knurrte sie.

Egal. Ich würde mir die Laune nicht verderben lassen. Wenn alles glatt lief, war ich Kratze-Ik und ihre müffelnden Strudelpforten in wenigen Stunden ein für alle Mal los. Ich zog mich an Fuego, meinem Stock/Speer, hoch und kam auf die Füße. Weil ich mit einem zu kurzen Bein zur Welt gekommen bin, hinke ich, aber wenn ich mal rennen muss, hilft mir mein Stock dabei. Zum Beispiel, wenn ich von einem blutrünstigen Monster verfolgt werde oder so. Und wenn ich mich gegen besagtes Monster verteidigen muss, verwandelt sich Fuego praktischerweise in einen Speer. Er ist ein Geschenk von meinem Vater, dem Mayagott Hurakan.

»Wo sind wir hier überhaupt?«, fragte ich.

»In Hell’s Kitchen. Obwohl es natürlich kein Vergleich mit einer echten Höllenküche ist.« Ik schnaubte verächtlich. »In New York, wenn du’s genau wissen willst.«

»Das soll New York sein?« Ich pikte meinen Stock in eine Styroporverpackung. Diese dunkle, schäbige Sackgasse sah so gar nicht nach der prächtigen Stadt aus, die ich von Abbildungen kannte.

Iktan trat mit dem Fuß eine leere Limodose unter das Sofa. »Ganz deiner Meinung. Wie kann so ein hübsches Sträßchen die Murderer’s Row sein? Ich bin echt enttäuscht.«

»Wir müssen ja gleich weiter«, gab ich zurück.

Ik zog an ihrem Zopf. »Gibt’s hier was zu essen? Ich verhungere.«

»Wir haben doch erst vor zehn Minuten gegessen.«

»Du hast gut reden – du hast keinen Dämonenappetit! Und Chicken Nuggets zählen nicht. Kein Blut, keine Knochen …« Sie verzog angewidert das Gesicht. »Wenn es wenigstens Hühnerfüße gewesen wären! Die sind schön knusprig …«

Plötzlich fuhr ihr Kopf herum. Ihre Augen glühten rot, und sie fletschte knurrend die Zähne. Mist! Ich kannte diesen Gesichtsausdruck – der Jagdtrieb hatte sie gepackt.

Eine weiße Katze sprang von einer rostigen Mülltonne und huschte die Gasse entlang. Ich wollte die Dämonin am Arm festhalten, war aber nicht schnell genug.

Ik fegte wie ein Tornado hinter der Katze her.

»Stopp!«, rief ich und rannte los.

Am anderen Ende der Gasse, wo es nicht mehr weiterging, holte ich die Dämonin ein. Sie beugte sich vor und drehte mir den Rücken zu. Als ich sie knurren und schnaufen hörte, schüttelte es mich. Ich wollte gar nicht sehen, wie ihr Katzenfellbüschel zwischen den Zähnen hingen. Wie supereklig das aussah, wusste ich aus Erfahrung, doch als sie sich umdrehte, waren ihre Hände leer.

Glück gehabt! Kein Blut!, war mein erster Gedanke.

»Sie ist weg«, schnaufte sie. Ihre Pupillen waren so groß, dass ihre Augen schwarz wirkten. Warum musste sie eigentlich wie ein Kind aussehen? So wirkte sie noch gruseliger als sowieso schon.

Ich schaute mich um. Wo war die Katze hin?

Iktan strich sich den Pony aus der breiten Stirn. »Anscheinend ist das Vieh durch eine Pforte geplumpst.«

»Katzen plumpsen nicht einfach durch Pforten«, widersprach ich. Nichts und niemand fiel aus Versehen durch die magischen Portale, die für Götter und Übernatürliche gedacht sind.

»So was ist schon vorgekommen«, konterte sie.

Es fiel mir schwer, ihr zu glauben. Bestimmt erfand sie das nur, weil es ihr peinlich war, dass sie ein mageres gatito hatte entwischen lassen.

»Ich habe die Pforten schließlich nicht erschaffen. Sie sind überall.« Sie lachte künstlich. »Ach, richtig – du kannst sie ja nicht sehen, weil du nicht so mächtig bist wie ich.«

Ich überhörte ihre hundertdreiundachtzigste Stichelei, und weil Dämonen es meiner Erfahrung nach nicht abkönnen, wenn sie selber geärgert werden, fragte ich unschuldig: »Echt? Können Pforten Menschen und Tiere einfach verschlucken?«

»Es kommt selten vor, aber es passiert.« Sie verdrehte die Augen, als würde sie versuchen, sich etwas ins Gedächtnis zu rufen. »Es muss aber alles stimmen. Da geht es um die richtigen Winkel, den Stand von Planeten, ungeputzte Zähne und so weiter. Ich habe mich nie damit beschäftigt, denn ihr Menschen seid mir ziemlich egal. Deprimierend genug, dass ich mich mit dir abgeben muss.«

»Jetzt verstehe ich endlich, wie du uns immer so schnell irgendwo hinbringen kannst.« Ich hatte mich schon die ganze Zeit gewundert, wieso Iktan – anders als meine Freundin Brooks und ich – nie einen Pfortenplan benutzte.

Sie verzog das Gesicht. »Wie oft muss ich dir noch erklären, dass wir Dämonen euch Gottgeborenen haushoch überlegen sind?«

Okay, okay. Weil ich bald wieder zu Hause sein würde, hatte ich gute Laune, und die ließ ich mir von einer arroganten, allergiegeplagten Dämonin nicht verderben. Trotzdem – irgendwie war Iktan heute anders drauf als sonst. »Dann komm«, sagte ich. »Lass uns den letzten Gottgeborenen suchen.«

»Mir ist immer noch schleierhaft, warum wir wegen ein paar jämmerlicher Halbblüter so einen Aufriss machen«, erwiderte sie mürrisch, setzte sich aber in Bewegung. »Und bitte erzähl mir jetzt nicht wieder, dass du es Ixtab versprochen hast.«

Ich hatte der Königin der Unterwelt mein Wort geben müssen, dass ich sämtliche anderen Gottgeborenen suchen und über ihre Herkunft aufklären würde.

»Ist ja auch egal. Bringen wir’s hinter uns«, fuhr Ik fort. Sie mochte wie ein kleines Mädchen aussehen, hatte aber einen Befehlston drauf wie ein Feldwebel. »Du kennst ja den Ablauf. Zielperson orten, Lage checken, und dann …«

»Dann übernehme ich.«

»Leider. Ich würde ja lieber kurzen Prozess machen.«

»Weiß ich. Verkneif’s dir, okay?«

»Spielverderber! Spürst du denn was?«

»Ja. Mir ist immer noch schlecht von deiner Pforte.«

»Konzentrier dich! Ich brauche nie so lange. Aber ich bin dir ja auch haushoch überlegen.«

Dabei bestand ihre Aufgabe lediglich darin, die Gottgeborenen aufzuspüren. Für alles andere war ich zuständig.

Ich und mein Blut.

Ich hatte Ik nämlich eine Probe davon abliefern müssen (genau genommen einen Viertelliter), weil sie üben wollte, den »Gestank« von Gottgeborenen zu identifizieren. Inzwischen witterte sie unsereinen kilometerweit gegen den Wind. Wobei Dämonen eigentlich keinen besonders ausgeprägten Geruchssinn besitzen (außer sie haben die Beute direkt vor der Nase, so wie vorhin die Katze). Stattdessen können sie aus ihrem Hals Riechfühler sprießen lassen (das sieht voll eklig aus). Iktan konnte die Spur eines Gottgeborenen auch noch Tage später aufnehmen, sogar wenn sich der Betreffende durch eine riesige Menschenmenge gedrängelt hatte.

Weil Ixtab aber gern auf Nummer sicher ging, hatte sie eine zusätzliche Vorsichtsmaßnahme eingebaut. Die Dämonin konnte sich den Gottgeborenen nur auf einen knappen Kilometer nähern, dann verlor sie die Spur. Für das letzte Stück musste ich mein spezielles GPS einsetzen, wie ich es nannte – mein Gottgeborenen-Positionsbestimmungs-System. Wenn meinesgleichen in der Nähe war, spürte ich ein kaltes Ziehen im Magen. Das erste Mal war es mir so gegangen, als meine bruja-Freundin Ren am Strand von Holbox angeschwemmt worden war. Je länger ich mit Ik unterwegs war, desto besser wurde ich. Die »Feineinstellung« nannte Ixtab das.

»Wir müssen hier lang«, verkündete ich und bog um die Ecke. Die Gegend, in der wir uns befanden, wirkte um diese späte Stunde nicht sehr vertrauenerweckend. Aus den Kneipen torkelten Betrunkene, ein paar Touristen mit Rollkoffern irrten umher, und vor den heruntergelassenen Rollgittern der Läden hockten Obdachlose.

Ik schaute sich um. »Und wo ist jetzt das kleine Miststück?«

Ich drehte mich langsam einmal um mich selbst und horchte in mich hinein, aber es war, als würde etwas den Empfang stören.

Etwas – oder jemand.

2

»Und?«, blaffte Ik ungeduldig.

»Kannst du bitte mal still sein? Ich muss mich konzentrieren.« Das Signal war schwach, trotzdem wandte ich mich nach rechts und lief die West 46th Street entlang. Nach einigen Metern drehte ich mich wieder um mich selbst. »Bist du ganz sicher, dass wir hier richtig sind?«

Ik kniff die Lippen zusammen, als läge ihr ein derber Fluch auf der Zunge. »Jetzt pass mal auf, Feuerjunge! Wir Dämonen sind die überragendsten Fährtenleser des ganzen Universums, und ihr Gottgeborenen stinkt alle gleich.« Gleichzeitig wuchsen ihr fingerlange blaue Stacheln aus dem Hals, die wie Würmer am Angelhaken zappelten. »Ich wittere nichts mehr. Wir müssen schon ganz dicht dran sein.«

»Kannst du deine ekligen Fühler bitte in der Öffentlichkeit bei dir behalten?« Unwillkürlich überlief es mich kalt.

»Bist wohl neidisch, wasss?«, fauchte sie zischend.

»Klar. Es ist ja erst das dreiundsechzigste Mal«, konterte ich und schaute mich wieder um.

»Dann zeig gefälligst, was du kannst, und finde den Idioten.«

Lange Schatten lagen auf dem Asphalt, ein Taxi rollte gemächlich vorbei. In den Wohnungen über uns wurde das Licht gelöscht.

Ich spürte Hitze in mir aufsteigen. »Hier stimmt etwas nicht.«

»Ich habe eine Idee«, sagte Ik gespielt munter. »Wenn wir noch mal durchgehen, was du gleich sagen musst, wirst du vielleicht lockerer.«

»Danke, kein Bedarf.« Ich ging weiter.

»Quatschst du die Gottgeborenen einfach an und sagst: ›Hallo, du stammst von einem Mayagott ab, komm mal mit, sonst …‹?«

»Nicht direkt.«

Bis jetzt hatte ich es immer vermeiden können, dass Ik dabei war. Mit ihrer göttlichen Herkunft konfrontiert zu werden, war für die Betroffenen erst mal ein Schock. Da wollte ich nicht auch noch erklären müssen, dass ich mit einer getarnten Dämonin unterwegs war. Außerdem hätten sich die Gottgeborenen vielleicht bedroht gefühlt, wenn wir zu zweit auftraten.

Inzwischen wurde das Signal mit jedem Schritt stärker. »Vom Weltenbaum erzähle ich ihnen auch. Davon, dass sie dort ihre Fähigkeiten kennenlernen und erfahren können, wie sie sie am besten einsetzen.«

»Verstehe. Und zum Schluss kommst du damit an, dass Camazotz ihnen das Herz rausreißen und es an die Mexicagötter verfüttern will?«

»Nicht so laut!« Ganz kurz erwog ich, ihr mit einer Stichflamme aus meinem Zeigefinger die Augenbrauen wegzusengen, aber ich riss mich zusammen und entgegnete gedämpft: »Wenn du’s unbedingt wissen willst – nein, ich verschweige ihnen nicht, dass Zotz uns Gottgeborene dazu benutzen wollte, die Mexicagötter wieder auferstehen zu lassen, dass sein Plan aber gescheitert ist. Sie haben ein Recht auf die Wahrheit.«

Ik wurde knallrot, und ich fürchtete schon, gleich würde ihr Rauch aus den Ohren quellen. Was war denn jetzt wieder los? Sie atmete ein paarmal tief durch. »Wie edelmütig von dir.«

Tatsächlich war es oft das Beste, sofort mit der Wahrheit rauszurücken. Wenn die Jugendlichen erfuhren, dass sie einen göttlichen Elternteil besaßen, der ihnen höchstwahrscheinlich außergewöhnliche Kräfte vererbt hatte, waren die meisten total begeistert, vor allem, wenn ich ihnen dann noch meine Feuerkünste vorführte. Das mit dem Herzrausreißen sparte ich mir bewusst immer bis ganz zum Schluss auf. Da war ihnen alles andere schon egal.

Wobei … ehrlicherweise muss ich hinzufügen, dass manche das Ganze auch nicht so cool gefunden hatten. Einige hatten sich übergeben oder waren in Ohnmacht gefallen. Das Schlimmste war immer, wenn sie wegrannten. Sie einfangen zu müssen, fand ich schrecklich. Zu guter Letzt jedoch hatte bei allen die Neugier gesiegt – jedenfalls bis jetzt.

Ihre menschlichen Elternteile reagierten anders, aber dazu kommen wir später.

Mein Blut erhitzte sich immer mehr. Was war bloß los? Ich versuchte, es zu ignorieren, aber es klappte nicht.

Wir wurden beobachtet. Oder bildete ich mir das nur ein? Eigentlich konnte uns niemand gefolgt sein. Ik setzte jedes Mal ihren magischen Nebel oder was auch immer ein, um unsere Spuren zu verwischen. Selbst wenn uns jemand überfallen und in eine unterirdische Höhle sperren würde, würden Xi’balb’as fähigste Spürdämonen und Höllenhunde unsere Überreste niemals finden.

»Hm …« Ich spähte über die Schulter den leeren, dunklen Gehweg entlang. »Irgendwas ist hier faul, merkst du das auch?«

»Du bist wohl so einer, was?«

»So einer?«

»Einer von diesen Typen im Horrorfilm, auf den die anderen besser gehört hätten, bevor sie abgemurkst werden.« Sie rieb sich den Bauch. »Beeil dich. Ich hab immer noch Hunger.«

Ausgerechnet da klingelte mein Handy. Das hatte mir Mom gekauft. Sie wollte mich erreichen können, wenn ich mit Dämonen unterwegs war.

»Ich wette tausend Dollar, dass es nicht dieses Mädchen ist.« Ik beugte sich vor, nebelte mich mit ihrem Mundgeruch ein und spähte aufs Display. »Ha! Sag ich doch. Geh nicht ran.«

Seit drei Monaten zählte mir die Dämonin sämtliche Gründe dafür auf, warum Brooks mich nicht anrief. Du bist ihr egal. Sie findet dich langweilig. Sie steht einfach nicht auf dich. Aber meine beste Freundin, die großartige Gestaltwandlerin, die mich schon so oft gerettet hatte, hätte niemals den Kontakt zu mir abgebrochen. Auch dann nicht, falls sie inzwischen mein erstes Buch mit dem ganzen sentimentalen Zeug über sie gelesen hatte. Ixtab hatte mich damals gezwungen, meine Geschichte aufzuschreiben, und das ausgerechnet auf Wahrheitspapier!

Nein, ich vermutete, dass Brooks sich einer Geheimmission ihrer Schwester Quinn angeschlossen hatte und sich deswegen nicht melden durfte.

Ich nahm den Videoanruf an. »Hi, Hondo.«

Auf dem Display erschien das breite Grinsen meines Onkels. Im Hintergrund sah ich Rens eisblaue Augen leuchten. »Komm her, dann kannst du auch mit ihm reden«, sagte Hondo über die Schulter.

»Dann mach dich nicht so breit!«, schimpfte die Gottgeborene.

»Hallo, Leute?!«, warf ich ein. »Ich hab zu tun. Was gibt’s?«

Als Ren Hondo das Telefon aus der Hand riss, hörte ich meine Hündin Rosie winseln. »Mein Mobile Tracker zeigt mir an, dass du in New York bist?« Das mit der Ortungs-App war Rens Idee gewesen. Für alle Fälle.

Ik klopfte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden. »Sag ihnen, dass du jetzt nicht reden kannst. Wissen die beiden denn nicht, was wir hier machen?«

»Hast du Nummer vierundsechzig schon gefunden?«, rief Hondo aus dem Off.

»Bin gerade dabei.«

»Toll!« Ren freute sich sichtlich. »Dann kommst du vielleicht schon heute Abend?« Sie schwenkte eine Karte. »Wir haben noch eine Einladung gekriegt. Mit dem gleichen Text wie die erste: kein Gepäck mitbringen, keine Handys, bla, bla, bla.«

»Aber diese SCHAFOMA-Uniform ziehe ich nicht an!«, rief Hondo dazwischen.

Die SCHAFOMA war die Schamanenschule für Fortgeschrittene Magie, die ihren Sitz im Weltenbaum hatte. Dort sollten sich alle Gottgeborenen nächste Woche für das Sommersemester einfinden. Obwohl mein Onkel durch und durch ein Mensch war, durfte er Fächer wie Kampfkunst und Meditation unterrichten.

»Und warum haben sie uns noch mal angeschrieben?«

Ik verdrehte angeödet die Augen und sagte gedämpft: »Wen kümmert’s?«

Ren zuckte die Achseln. »Weil es jetzt früher losgehen soll.«

Iktans Fühler kamen wieder zum Vorschein. »Früher?«, fragte sie flüsternd.

»Schon übermorgen um acht«, sagte Hondo. »Wehe, die Typen haben die Ausrüstung für meinen Unterricht noch nicht angeschafft!«

»Warum wurde der Termin denn vorverlegt?«, hakte ich nach, und Ik nickte nachdrücklich. Wieso interessierte sie sich auf einmal so für den SCHAFOMA-Lehrplan? Sie wollte sich ja wohl nicht selber dort anmelden, oder?

»Das erfahren wir bestimmt vor Ort«, entgegnete Ren.

Bei mir läuteten sämtliche Alarmglocken. Die Götter taten nichts ohne Grund (und ihre Gründe waren meistens egoistisch).

Ik nahm mir das Handy weg und stellte es aus. Aus ihren Augen kräuselten sich schwarze Rauchfäden.

»Ey!«, protestierte ich.

Sie warf mir das Telefon wieder zu und sagte ärgerlich: »Du lässt dich andauernd ablenken. Und jetzt schalte gefälligst dein Hirn wieder ein, damit wir hier endlich verschwinden können. Du bist nicht der Einzige, der noch andere Termine hat.«

Ich legte ein bisschen Abstand zwischen uns und konzentrierte mich wieder auf den letzten Gottgeborenen. Jetzt war das Signal, das ich empfing, deutlich stärker. Ich lief schneller … und blieb wie angewurzelt stehen. »Das kann nicht stimmen.«

Ik schaute sich um. »Ich sehe niemanden.«

Ich zeigte auf ein Antiquitätengeschäft auf der gegenüberliegenden Straßenseite. »Der Gottgeborene ist da drin.«

»In dem Laden mit dem GESCHLOSSEN-Schild im Fenster?«

Richtig. Aber was hatte ein Gottgeborener an einem Mittwoch um halb elf Uhr abends in einem dunklen, geschlossenen Antiquitätengeschäft zu suchen? Vielleicht gehörte der Laden ja seinen Eltern oder so.

»Bist du sicher?«, fragte Iktan. Sie sabberte schon vor Gier.

»Hundertprozentig. Brauchst du ein Taschentuch?«

Ich überquerte die Straße, huschte zwischen den parkenden Autos hindurch und zu dem Schaufenster hinüber. Ik war mir dicht auf den Fersen.

»Habe ich dir eigentlich schon mal erzählt, warum die Freiheitsstatue blau ist?«, raunte sie.

»Das ist jetzt unwichtig, und außerdem ist die Freiheitsstatue grün.«

Ich duckte mich unter das Fenster. Drinnen im Laden erkannte ich zwei Gestalten. Beide trugen Kapuzenjacken.

Welcher davon war der Gesuchte? Normalerweise hätte mein GPS längst eindeutig reagiert, aber diesmal war es, als ob …

Moment mal!

Beide waren Gottgeborene?!

Ich hätte gern gefragt, wieso Ik das mit ihrem »überragenden« Fährtengespür nicht erkannt hatte, aber sie war immer noch beim Thema Freiheitsstatue.

»Weil der Bildhauer nämlich ein Dämon war«, verkündete sie. »Er wollte unsereinem ein Denkmal setzen.«

Ich musterte den Größeren, Breitschultrigeren der beiden. Er betrachtete einen kleinen Gegenstand auf seiner flachen Hand, und der andere kam näher, um es sich ebenfalls anzuschauen. Jetzt glomm der Gegenstand rot auf. Was zum Teufel war da los?

»Und weißt du auch, was der Künstler mit dem Denkmal ausdrücken wollte?«, fuhr Ik in bedeutungsvollem Ton fort.

Warum ritt sie immer noch darauf herum? Ich ging nicht darauf ein, sondern spähte angestrengt durch das Schaufenster. »Ich glaube, die beiden klauen was«, sagte ich leise. »Etwas, das rot leuchtet.«

»Dass wir Dämonen die wahren Weltherrscher und allen anderen überlegen sind.«

Der Größere wandte den Kopf. Unsere Blicke trafen sich.

Weil ich mich so auf das konzentrierte, was hinter der Scheibe war, nahm ich das, was sich in der Scheibe spiegelte, zu spät wahr.

Funkelnde schwarze Augen, ein verzerrtes Grinsen und mordlustig gezückte Krallen.

Als ich zurückfuhr, schlitzte mir Iktan die Wange auf, und ich schrie auf. Es tat säuisch weh, weil das Gift so brannte.

»Dummer, dummer Junge«, sagte Ik kopfschüttelnd. »Trau nie einer Dämonin.«

Vor lauter Schmerzen ließ ich Fuego los, dann klappte ich zusammen und schlug mit dem Kopf auf dem Asphalt auf. Alles drehte sich, ich hörte Glas splittern.

»Schau nicht hin, Zane«, raunte mir Ik ins Ohr. »Der Fledermausgott kommt dich holen.«

Das Letzte, was ich sah, bevor mir die Augen zufielen, war ein Flimmern in der Luft und zwei wohlbekannte, dunkle Schwingen.

3

Erst hörte ich es knurren und jemanden wegrennen, dann schrillte eine Alarmanlage los.

Kurz darauf wurde ich emporgetragen – höher und höher. Ich nahm alle Kraft zusammen und öffnete mühsam die Augen.

Brooks!

Hätte ich mich bewegen können, hätte ich triumphierend die Faust gereckt, aber ich war so schlapp wie ein halb voller Müllsack, und als Brooks mich auf einem Flachdach absetzte, lag ich da wie ein Häufchen Elend. Scheiß-Dämonen. Scheiß-Gift.

Brooks kniete sich neben mich. Ihre Miene war konzentriert und angespannt. Angstvoll.

Mann, war ich froh, sie zu sehen! Wenn es um Leben und Tod geht, brauchte man jemanden wie sie. Jetzt drückte sie das Gift aus der Wunde. Es tat brutal weh, aber ich habe auch nie behauptet, dass sie besonders behutsam ist.

Wahrscheinlich habe ich geschrien. Das Gift fraß sich wie Säure durch meine Adern, und mein Brustkorb wurde so eng, als hätte eine Eisenfaust mein Herz gepackt und würde immer fester zudrücken.

»Es klappt nicht, Zane!«, rief Brooks verzweifelt. »Du musst das Gift ausbrennen!«

Ich konnte nur lallen: »Ik … Verräterin … Gottgebor–« Als ich mich umdrehen wollte, gehorchten mir meine Arme und Beine nicht. Ich bekam nicht mal richtig Luft, und vor meinen Augen tanzten schwarze Punkte.

Brooks packte mich am Kinn, sodass ich ihr in die bernsteinfarbenen Augen blicken musste, und schüttelte mich. »Du musst das Gift mit Feuer aus dir herausbrennen! Anders geht es nicht!«

Hör auf die Nawal.

Es dauerte einen Augenblick, bis ich begriff, dass der Glitzergott Itzamna zu mir sprach. War er etwa auch hier?

Tu, was sie dir sagt, Zane!

Ich beschwor die Hitze in meinem Inneren, die Flammen, die genauso zu mir gehörten wie meine Organe. Doch das Gift fegte durch mich hindurch und verätzte meine Eingeweide.

Feuer. Feuer. Na los!

Zu spüren, wie einen die Lebenskraft verlässt, ist echt gruselig. Bei meinem Zweikampf mit dem Todesgott Ah-Puch war es mir ähnlich ergangen, wobei ich damals gebrüllt und um mich geschlagen hatte. Diesmal war es ein innerer Kampf gegen einen stummen, unsichtbaren Gegner. Das war längst nicht so filmreif. Und wer will schon auf einem blöden Flachdach in Hell’s Kitchen sterben?

Ich konzentrierte mich auf den Bruchteil meines Hirns, der noch normal arbeitete, doch das Gift war übermächtig. Als ich gerade aufgeben wollte, hörte ich Itzamna wieder: Wenn du nicht willst, dass die Geschichte hier zu Ende ist, Sturmläufer, musst du jetzt endlich ein Feuer entfachen. Oder soll ich auch noch das Streichholz für dich anreißen?

Mit letzter Kraft konzentrierte ich mich auf mein Sturmläuferbein. Ich spürte ein Flackern, und dann …

»ZANE!«, rief Brooks drängend.

»Weg da!«, stieß ich hervor. Brooks wich zurück, und im selben Augenblick wurde mein Bein sengend heiß. Die Hitze fegte wie ein Blitz durch mein Blut und verfolgte das tückische Dämonengift.

Sobald blaue Stichflammen aus meinem Körper schossen, ging es mir schlagartig besser. Vorsichtshalber wartete ich noch kurz ab, ehe ich das Feuer zurückrief. Dann rappelte ich mich schwer atmend hoch und sah mich um.

Brooks hielt mir Fuego hin. Als ich ihr den Stock abnahm, umarmte sie mich plötzlich so fest, dass mir die Luft wegblieb. Es fühlte sich gut an. Nein – es fühlte sich absolut genial an! Doch sie ließ mich gleich wieder los und boxte mich gegen die Brust. »Du hättest sterben können!«

»Hast du Itzamna gesehen?«

Als sie mich ungläubig ansah, glänzten ihre Augen feucht. »Hä? Nein! Hörst du mir überhaupt zu? Du hättest sterben können!«

»Weinst du etwa?«, fragte ich.

Sie hatte eindeutig Tränen in den Augen, und das konnte nur eines bedeuten: Sie wollte nicht, dass ich starb. Ich hatte ihr gefehlt!

Brooks wischte sich die Augen und umarmte mich noch einmal, schubste mich aber gleich wieder weg. »Anscheinend hat dir das Feuer das Hirn verschmort.« Sie musterte mich von oben bis unten. »Und du bist gewachsen.«

Mir war, als müsste ich unter ihrem sengenden Falkenblick schmelzen.

Um mich wieder einzukriegen, blinzelte ich ein paarmal. »Ich glaube, die haben die Giftformel verbessert«, sagte ich.

»Wieso?«

»Verglichen damit war das Zeug, das ich letztes Jahr im Vulkan abgekriegt habe, echt harmlos.« Bevor mich Brooks mit irgendwelchen Theorien bombardieren konnte, schob ich rasch nach: »Warte. Wo ist Ik … und wie kommst du überhaupt hierher?«

»Quinn verfolgt die Dämonin. Und ich … ich konnte doch nicht zulassen, dass du dein Leben im Rinnstein aushauchst!« Unter uns auf der Straße ertönten jetzt Polizeisirenen.

»Die Gottgeborenen! Die Polizei darf sie nicht festnehmen!«

»Und Quinn auch nicht!« Brooks drehte sich rasch um und kommandierte: »Halte dich an meinen Schultern fest.«

Dafür brauchte ich beide Hände. Fuego machte Puff! und verschwand. In seiner ebenfalls verbesserten Version verwandelte er sich in solchen Fällen nicht mehr in einen albernen Brieföffner (Ixtabs Idee), sondern in ein münzgroßes Tattoo auf meinem Handrücken, das einen schwarzen, goldäugigen Jaguarkopf im Profil darstellte (Dads Idee).

Sobald ich Brooks’ Schultern gepackt hatte, wurde sie zum Riesenfalken. Mit einer Gestaltwandlerin befreundet zu sein, ist an sich schon cool, aber wenn diese Gestaltwandlerin auch noch fliegen und einen dabei auf den Rücken nehmen kann, ist das noch hundertmal cooler.

Wir segelten über die Dachkante. Unter uns flackerten Blaulichter. Das Schaufenster des Antiquitätenladens war eingeschlagen, der Gehweg mit Scherben übersät, aber weder Ik noch Quinn oder die beiden Gottgeborenen waren zu sehen. Dann schraubte sich Brooks höher, und ich konnte nichts mehr erkennen.

Wenn wir einander berührten, konnten wir uns telepathisch verständigen, darum sagte ich jetzt auf diese Weise: Flieg bitte an der nächsten Straßenecke nach rechts. Mein GPS signalisierte mir, dass die Gottgeborenen noch in der Nähe waren, aber wir mussten dranbleiben, sonst konnte ich sie nicht mehr orten. Komischerweise hat mein GPS vorhin gestreikt. Hast du eine Idee, woran das liegen könnte?

Das tut mir leid, antwortete Brooks. Wahrscheinlich waren zu viele Übernatürliche um euch herum. Ihre Magie hat den Empfang gestört. Sie flog schneller und bog nach links ab. Quinn muss auch irgendwo da unten sein, das spüre ich. Vielleicht hat sie die Gottgeborenen inzwischen eingeholt.

Und wenn Iktan die beiden zuerst einholt? Bei diesem Gedanken lief es mir eiskalt über den Rücken. Offenbar arbeitet sie für Zotz, aber warum? Das ist doch total unlogisch.

Stimmt. Ihr ganzes Verhalten ist nicht logisch. Wir beschatten sie schon eine ganze Weile.

Und warum habt ihr mir nichts davon gesagt?

Weil wir undercover ermitteln. Außerdem wollten wir erst ganz sicher sein. Aber hast du eben ›die‹ Gottgeborenen gesagt? Ik hat nur einen gemeldet.

Es sind aber zwei. Und was meinst du mit ›gemeldet‹?

Iktan erstattet regelmäßig jemandem Bericht. Allerdings wissen wir nicht, wem. Und wir haben auch nicht gewusst, dass sie über dich herfallen würde.

Ihr habt mich in eine Falle laufen lassen!

Nein, ehrlich nicht! Wir hatten keine Ahnung, was sie vorhatte, deswegen sind wir euch ja gefolgt. Iktan hat seit über einer Woche keine Meldung mehr abgesetzt. Da ist irgendwas gewaltig faul, Zane!

Ich war froh, dass ich anscheinend doch nicht das Versuchskaninchen der Schwestern gewesen war. »Da unten«, sagte ich laut und zeigte auf einen spärlich beleuchteten Parkplatz mit Maschendrahtzaun. »Die Gottgeborenen sind hinten in der Ecke.« Brooks überhörte meinen Hinweis (Überraschung!) und flog ans entgegensetzte Ende. »Falsche Richtung! Sie sind da drüben!«

Aber hier ist Quinn. Ich will erst von ihr hören, was los war.

In den letzten drei Monaten war offenbar alles beim Alten geblieben. Brooks war immer noch eine Superstrategin.

Im nächsten Augenblick landeten wir neben ihrer Schwester. Quinn hatte sich in eine weiße Katze verwandelt, die mir ausgesprochen bekannt vorkam. Sie hockte auf der Kühlerhaube eines goldfarbenen Hondas und putzte sich in aller Seelenruhe. Ha! Kein Wunder, dass es Ik nicht gelungen war, sie zu fangen und zu verspeisen. Bestimmt war Quinn in letzter Sekunde zum Floh geworden.

Beide Schwestern nahmen wieder Menschengestalt an. Quinn trug eine kunstvoll zerrissene weiße Jeans und ein graues Sweatshirt, Brooks wie fast immer schwarze Leggings und ein schlichtes T-Shirt. Außerdem hatte sie ein weißes Sweatshirt um die Taille geknotet.

Quinn legte den Finger auf die Lippen, zog mich zwischen die parkenden Wagen und teilte mir telepathisch mit, dass Ik ihr entwischt war. Ich bin dann stattdessen den beiden Gottgeborenen gefolgt. Sie verstecken sich da drüben in einem Auto.

Die beiden hatten ein Auto entdeckt, das nicht abgeschlossen war? Wir müssen mit ihnen reden, bevor sie ihre Flucht fortsetzen!

Ich habe das Tor manipuliert. Sie können hier nicht weg. Außerdem haben sie die Dämonin gesehen und garantiert viel zu viel Schiss, um sich aus dem Auto rauszutrauen. Trotzdem müssen wir uns beeilen. Iktan holt bestimmt Verstärkung.

Brooks zog den Pfortenplan aus ihrem Stiefel und studierte ihn.

Ich klärte die beiden auf, dass Ik die Gottgeborenen ohne mich nicht finden würde, weil sie sie aus der Nähe nicht wittern konnte. Zum x-ten Mal war ich froh, dass Ixtab so übervorsichtig war und sich diesen genialen Trick hatte einfallen lassen.

»Aber Quinn und mich kann sie wittern«, sagte Brooks, den Blick immer noch auf den Plan geheftet. »Vielleicht verschwindest du besser von hier, Zane.«

»Ich habe Ixtab versprochen, alle Gottgeborenen zu finden, und das sind die beiden letzten«, hielt ich dagegen. Und Brooks und Quinn würde ich auch nicht im Stich lassen. »Wir beeilen uns einfach.«

»Gibt’s hier in der Nähe irgendwelche aktiven Pforten, die uns nach Holbox bringen?«, wandte sich Quinn an ihre Schwester.

»Du meinst, wir sollen die Gottgeborenen nach Hause mitnehmen?«, fragte ich erstaunt.

»Na ja«, entgegnete Quinn, »immerhin ist die Insel durch Ixtabs Schemenmagie geschützt. Dort können wir uns in Ruhe überlegen, wie wir weiter vorgehen.« Sie sah wieder Brooks an. »Und?«

»Augenblick noch. Ich hab’s gleich.«

Quinn nutzte den kurzen Leerlauf, um mir ein bisschen über ihre und Brooks’ Spionagetätigkeit in den letzten Monaten zu erzählen. Als ich ihnen im Gegenzug von meinen Erlebnissen berichten wollte, nickten die Schwestern nur, als wüssten sie längst Bescheid. »Habt ihr … habt ihr mich etwa auch die ganze Zeit beschattet?« Kein Wunder, dass mich Brooks nie angerufen hatte. Sie war damit beschäftigt gewesen, mich zu bespitzeln!

Brooks wurde rot. »Wir haben Iktan beschattet.«

Bei unserer letzten Begegnung in Xi’balb’a hatte Quinn mir nicht erzählen dürfen, worin genau ihr Auftrag bestand. Wie ich jetzt erfuhr, hatte es einen anonymen Hinweis gegeben, dass Ixtab selbst mit Camazotz im Bunde war. Das konnte ich nicht glauben. Es gab zu viele andere Verdächtige, denen so etwas eher zuzutrauen war. Schließlich war der Fledermausgott früher in der Unterwelt zu Hause gewesen und hatte dort bestimmt noch alte Freunde. Gerade wollte ich Ixtab in Schutz nehmen, da ergänzte Quinn, dass sich der Hinweis als falsch erwiesen hatte. Ich atmete auf.

Ja, die jetzige Königin der Unterwelt war von allen Göttern und Göttinnen vermutlich die verlogenste und scheinheiligste, aber mir lag etwas an ihr.

Ixtab hatte mir – und Rosie – nicht nur einmal das Leben gerettet. Außerdem hatte sie den Rat der Götter wieder vereint und die öffentliche Hinrichtung meines Vaters verhindert. Damit hatte sie bei mir echt gepunktet.

»Wie sich herausgestellt hat, gehörten die wahren Verräter Ixtabs Dämonenheer an«, sagte Quinn.

»Aber Iktan war nicht darunter«, warf Brooks ein und drehte den Plan auf den Kopf.

»Iktan war auf einmal da, wie aus dem Nichts.« Quinn verzog den Mund, als sei ihr eben eine Idee gekommen. »Deswegen sind wir euch beiden ja gefolgt. Um herauszufinden, was sie im Schilde führt.«

»Trotzdem kapiere ich nicht, was Ik oder der Fledermausgott von den beiden Gottgeborenen wollen«, sagte ich. »Unser Blut besitzt doch gar nicht die Macht, die Mexicagötter wiederzuerwecken.«

»Ich weiß es auch nicht«, erwiderte Quinn. »Offenbar sind die beiden etwas Besonderes.«

Brooks hielt ihrer Schwester den Pfortenplan hin und tippte darauf. »Die nächste Pforte nach Holbox ist in einem Waschsalon ein paar Straßen weiter. Er macht in sechsundzwanzig Minuten zu.« Sie faltete den Plan zusammen und verstaute ihn wieder in ihrem Stiefel.

Laut Ik waren überall um uns herum unsichtbare Pforten. Wie viele davon mochten sich direkt vor unserer Nase befinden?

Ich drehte mich zu Brooks um. »Ich hätte da noch eine Frage. Arbeitest du jetzt auch für die Weiße Funkenschlägerin und ihre Kriegerinnen?« Quinn hatte sich diesem Spionagenetzwerk seinerzeit angeschlossen, um der Heirat mit Jordan, dem einen der widerwärtigen Heldenzwillinge, zu entgehen. Vielleicht hatte sie ihre Schwester ja angeworben.

Ein Klirren ließ uns aufhorchen. Die beiden Gottgeborenen waren dabei, über den Drahtzaun zu klettern.

»Los geht’s!«, sagte Quinn zu mir und machte eine ausholende Geste, als wollte sie anfügen: Dein Auftritt!

Doch als ich mich in Bewegung setzen wollte, hielt Brooks mich zurück.

»Was ist denn?«

Sie band ihr Sweatshirt los, knüllte es zusammen und machte Anstalten, mir das Gesicht damit abzutupfen, überlegte es sich aber anders und drückte es mir in die Hand. »Du blutest.«

»Oooh, der Ärmste!« Quinn grinste anzüglich, und ich spürte, wie ich rot wurde.

Brooks warf ihrer Schwester einen bösen Blick zu. »So kann er doch nicht zu den beiden hingehen! Manche Leute erschrecken sich zu Tode, wenn sie Blut sehen, klar?«

»Klar.« Quinns Mundwinkel zuckten immer noch verdächtig. »Ich warte dann mal hinter dem Zaun, falls die beiden doch noch drüberklettern.« Sie verwandelte sich wieder in die weiße Katze und huschte davon.

Ich wischte mir das Gesicht ab, warf das blutverschmierte Sweatshirt unter ein Auto und versprach Brooks, es ihr zu ersetzen. Doch sie hatte sich schon in die Luft geschwungen.

Ich überlegte fieberhaft. In dem Ganzen fehlte immer noch ein entscheidendes Puzzleteil – etwas, worauf noch keiner von uns gekommen war. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass es mit dem Antiquitätenladen zu tun hatte und mit dem, was die beiden Gottgeborenen dort gestohlen hatten.

Ich blickte auf das Jaguartattoo auf meiner Hand und wünschte mir Fuego herbei.

Dann lief ich zu den beiden Dieben.

4

Dank Fuego hatte ich den Parkplatz in drei Sekunden überquert. Mit seiner verbesserten Version war ich im Ernstfall schneller als jeder Dämon. Okay – blöde Wortwahl. Ich war einfach schnell. Sehr schnell.

Obwohl der Zaun über drei Meter hoch war, waren die beiden schon halb oben. Jetzt kam es drauf an, wie ich sie ansprach. Ruhig, aber nicht lahm. Deutlich, aber nicht so, dass sie sich bedroht fühlten. Diese beiden machten den Eindruck, als ob bei ihnen weniger mehr wäre. Darum holte ich tief Luft und versuchte es mit: »Hallo.«

Sie klammerten sich fest und spähten zu mir herunter. Unter den Kapuzen waren ihre Gesichter nicht richtig zu erkennen.

»Hau ab!«, sagte der Größere barsch, aber mit einem panischen Unterton.

»Ich will bloß mit euch reden.« Ich kam mir vor wie ein Polizist, der mit einem Geiselnehmer verhandelt und jedes Wort auf die Goldwaage legen muss.

Quinn tauchte hinter dem Zaun auf, aber nicht mehr als weiße Katze. Sondern als riesige Schäferhündin, deren kehliges Knurren die laue Luft vibrieren ließ. Tolle Wahl!

Die Gottgeborenen saßen in der Falle.

»Krieg dich wieder ein!«, zischte ich Quinn ärgerlich zu, dann rief ich zu den Gottgeborenen hoch: »Ihr fragt euch bestimmt, was das vorhin mit der Dämonin war. Man bekommt erst mal einen Schreck, ich weiß. Aber ich kann euch alles erklären, und außerdem bin ich viel netter als die Schäferhündin.«

Brooks kreiste über uns und landete dann als normal großer Falke oben auf dem Zaun. Schon mal besser als ein Riesenvogel, der die Typen noch mehr in Panik versetzt hätte. Aber musste sie die beiden unbedingt mit glühenden Augen fixieren?

Ich war bei so was wirklich lieber allein.

»Ich heiße Zane«, wandte ich mich wieder an die Gottgeborenen, »und ich bin einer von euch.«

Verständnislose Blicke.

Ich ließ mich nicht beirren. »Als ich meinen ersten Dämon gesehen habe, habe ich mir vor Angst fast in die Hose gemacht. Er ist mit einem Privatflugzeug gekommen und direkt über dem Vulkan in meinem Hinterhof abgestürzt, und dann …« Immer noch verständnislose Blicke. »Ich will euch doch nur helfen. Versprochen. Wenn ihr runterkommen würdet, könnten wir uns viel besser unterhalten.«

Sie schauten erst zu Brooks rauf, dann zu Quinn runter, und dann einander an. Anscheinend kamen sie zu dem Schluss, dass ich das kleinste Übel war, denn sie sprangen geschmeidig wie zwei Ninjas auf den Boden. Ich wusste nicht, ob ich mich darüber freuen oder beleidigt sein sollte.

Obwohl sie jetzt direkt vor mir standen, konnte ich unter den Kapuzen immer noch nichts erkennen.

Der Kleinere nahm die Kapuze ab. Zu meinem Erstaunen stand ein Mädchen vor mir. Dunkle Locken mit leuchtend roten Spitzen fielen ihr über die Schultern. »Wir brauchen deine Hilfe nicht«, sagte sie.

Quinn fletschte knurrend das imposante Gebiss.

Ich schielte zu dem Killerhund hinüber und sah dann wieder die beiden an. »Äh … ich glaube doch.«

Jetzt schüttelte auch der Größere seine Kapuze ab, und zum Vorschein kamen kurze schwarze Haare. Beide waren wie alle Gottgeborenen ungefähr in meinem Alter. Der Junge war zwar ein paar Zentimeter kleiner als ich, dafür aber deutlich muskulöser, und als die beiden so nebeneinander standen, stellte ich fest, dass sie die gleichen braunen Augen hatten, die gleiche dunkle Haut und das gleiche markante Kinn. Sie waren Zwillinge.

Eigentlich habe ich kein Problem mit Zwillingen – bloß mit Jordan und Bird, dem skrupellosen, magischen Mafia-Duo, das mich gern bei lebendigem Leib aufschlitzen und meine Innereien auf die Wäscheleine hängen will. Darum ist es ja wohl verständlich, dass mein erster Gedanke war: BITTE lass diese beiden hier anders drauf sein!

Auf jeden Fall musste ich ihr Vertrauen gewinnen. Ich trat einen Schritt vor, damit Licht auf mein superfreundliches Gesicht fiel.

»Bleib, wo du bist!«, sagte der Junge daraufhin warnend. Sein Blick huschte über den Parkplatz, als würde er sich schon nach dem besten Fluchtweg umschauen.

Ich hielt beschwichtigend die Hand hoch. Dass sie Angst hatten, konnte ich gut verstehen. Erst hatten sie mit ansehen müssen, wie eine Dämonin total ausrastete, dann tauchte ein seltsamer Fremder mit zwei Tieren im Schlepptau auf und tat nett und freundlich. »Hört zu«, sagte ich. »Die ganze Sache ist ziemlich irre, ich weiß, aber ich muss euch was erzählen und wir haben nicht viel Zeit.«

»Wir wissen, was du willst«, entgegnete das Mädchen. Ihre Stimme schwankte ein bisschen, doch sie wirkte wie jemand, der Auseinandersetzungen zwar lieber vermied, aber im Ernstfall eine nicht zu unterschätzende Gegnerin war.

»Und wir geben es dir nicht«, ergänzte ihr Bruder finster.

Was meint er?

»Also verzieh dich«, schob er nach und hielt mir die Faust unter die Nase. Also ehrlich! Dabei wirkte es nicht mal einschüchternd, sondern eher so, als hätte er sich einen Abend lang YouTube-Videos reingezogen, um sich abzugucken, wie man jemandem droht.

Die Geschwister wechselten einen Blick, und es sah beinahe aus, als würden sie sich telepathisch verständigen. Als Gottgeborene waren sie dazu natürlich in der Lage, aber nur, wenn sie Körperkontakt hatten. Doch sie standen mindestens einen Meter auseinander.

Flügelschläge waren zu hören, die Luft flimmerte. Das entlockte dem Mädchen ein »Wow!« und dem Jungen ein paar unterdrückte Flüche. Offenbar hatte Brooks beschlossen, sich einzumischen – obwohl ich die Situation selbstverständlich total im Griff hatte.

Sie landete in Menschengestalt neben mir, wischte sich die Hände an den Leggings ab und strahlte die beiden übertrieben an. »Hi, ich bin Brooks. Ich bin eine Nawal, also eine Gestaltwandlerin. Die Schäferhündin hinter dem Zaun ist meine Schwester Quinn, und das hier ist Zane. Sein Vater ist Hurakan, der Mayagott des Windes, des Gewitters und des Feuers. Die Dämonin von vorhin ist hinter euch beiden her. Wahrscheinlich will sie euch das Herz rausreißen, aber wir drei sind hier, um euch zu retten.« Sie musste Luft holen, dann lächelte sie wieder strahlend. »Wenn wir aber noch länger hier rumstehen und reden, vergeuden wir wertvolle Zeit. Kommt ihr mit?«

Die entsetzten Blicke der Zwillinge huschten von Brooks wieder zu mir, als versuchten sie herauszufinden, wer von uns beiden das Sagen hatte – oder wer der Langsamere war, wenn sie wegrannten.

»Nawal«, wiederholte das Mädchen halblaut. »Gott. Dämonin.« Sie zählte die Wörter an den Fingern ab und sah ihren Bruder dabei verstohlen an.

Nach ein paar Sekunden (oder einem kurzen telepathischen Austausch) atmete er hörbar auf. »Sie sind es nicht, Alana.«

Was sollte das jetzt wieder heißen? Hatten die beiden mit jemand anderem gerechnet? Und hatten ihre Augen eben bläulich geleuchtet? Doch als ich noch einmal hinsah, waren ihre ojos wieder braun.

Auch Quinn nahm jetzt Menschengestalt an und lehnte sich an den Zaun. »Dauert das hier noch lange? Wenn ich richtig mitgerechnet habe, haben wir nämlich nur noch zweiundzwanzig Minuten Zeit, bis sich unsere Pforte schließt. Und noch weniger, bis Ik hier auftaucht und sich ihre Beute holen will.«

Der Junge wich zurück und stellte sich vor seine Schwester. »Haltet ihr uns für blöd?«

War das eine Fangfrage? »Keine Ahnung. Wir kennen uns ja noch gar nicht richtig.« Außerdem seid ihr vorhin in einen Antiquitätenladen eingebrochen und habt den Alarm ausgelöst. Aber vielleicht hatten die beiden ja keine Übung im Einbrechen. »Auf jeden Fall müssen wir jetzt weiter.«

»Wir sind nämlich nicht blöd!« Das Mädchen funkelte Brooks trotzig an, aber ihr Selbstbewusstsein wirkte nicht echt. »Jeder weiß, dass Dämonen auf Blut und Knochen stehen. Herzen sind ihnen viel zu zäh.«

Oha! »Wo habt ihr das denn her?«, fragte ich überrascht. Wieso wussten diese beiden über die Ernährungsvorlieben von Dämonen Bescheid? Nicht einmal ich kannte mich damit aus. Ich wusste nur, dass Dämonen hinter allem her waren, das auf zwei oder vier Beinen lief.

»Vielleicht bist du ja selber ein Dämon!«, ergriff der Junge wieder das Wort und wich noch weiter zurück. Als er aber wieder Anstalten machte, mit der Faust rumzufuchteln, warf ihm seine Schwester einen Blick zu, der besagte: Lass gut sein, das hatten wir schon.

»Da ist was dran«, sagte Brooks.

Ich musste mich schwer beherrschen, erwiderte aber ruhig: »Nein, ich bin kein Dämon. Ich bin ein Gottgeborener – genau wie ihr. Ist euch noch nie aufgefallen, dass ihr anders seid?«

Ehe die Geschwister antworten konnten, verwandelte sich Quinn in ein Adlerweibchen und flatterte über den Zaun. Sie landete neben Brooks und wurde zum Menschen, kaum dass ihre Zehen den Boden berührten. Ein echter Hingucker.

»Jetzt passt mal auf, ihr beiden.« Man hörte, dass sie kurz vorm Platzen war. »Es ist ganz einfach: Entweder eure Mommy oder euer Daddy ist eine Mayagottheit. Das bedeutet, dass ihr besondere Kräfte besitzt. Ihr seid aber nicht die Einzigen. Es gibt noch mehr Gottgeborene, zum Beispiel Zane. Das überrascht euch jetzt erst mal, klar, aber im Leben kommt es manchmal anders, als man denkt. Und, ach ja – ihr könnt nicht mehr nach Hause, jedenfalls nicht gleich. Das wäre zu gefährlich. Von diesem Parkplatz müssen wir aber auch verschwinden. Ich habe nämlich keine Lust, mich mit der Dämonin und ihrer Verstärkung herumzuschlagen. Entweder kommt ihr freiwillig mit, oder wir müssen Gewalt anwenden. Aber mitkommen müsst ihr.«

»Ich hab’s dir doch gesagt!«, raunte der Junge seiner Schwester zu.

»Was hast du ihr gesagt?«, hakte ich nach. Das mit dem göttlichen Elternteil? Oder mit den besonderen Fähigkeiten? Oder dass es im Leben manchmal anders kam, als man es gern gehabt hätte?

Brooks verzog ärgerlich das Gesicht. »Übrigens könntet ihr euch ruhig dafür bedanken, dass wir euch vorhin bei eurem Einbruch zur Flucht verholfen haben.«

»Wir haben euch nicht drum gebeten«, gab das Mädchen patzig zurück.

Ihr Bruder legte mit aufgerissenen Augen den Kopf in den Nacken. »Da!« Er zeigte zum Himmel.

Als Brooks, Quinn und ich ebenfalls nach oben spähten, flitzten die Zwillinge los. Auch das noch!

»Stehen bleiben!« Ich wollte hinterherrennen, aber Quinn hielt mich fest. »Brooks und ich schnappen sie. Du wartest hier.«

Die Schwestern verwandelten sich blitzschnell in Riesenvögel, und im nächsten Augenblick stieß Quinn auf das Mädchen herab, packte es bei den Schultern und riss es in die Luft.

»Adrik!«, kreischte die Gottgeborene strampelnd.

»Lass sie los!«, brüllte ihr Bruder und hüpfte mit ausgestrecktem Arm hoch, als käme er so an das Adlerweibchen heran. Quinn flog höher, aber Adrik rannte trotzdem zwischen den Autos hinter ihr her, sodass ihn Brooks nicht zu fassen bekam. »Alana!«

Die Gottgeborenen einzufangen, war mein Job, darum lief ich entgegen Quinns Anweisung hinter Adrik her.

Das Adlerweibchen kreischte warnend, doch dank Fuego hatte ich den Gottgeborenen schon fast eingeholt. Auch Brooks war direkt über ihm – aber plötzlich war er weg. Hatte er sich unter ein Auto fallen lassen? Dann war er tatsächlich ein Ninja und tat mir drei Sekunden lang sogar leid. Doch in der vierten Sekunde stieg mir ein vertrauter Geruch in die Nase – Iktans Verwesungsgestank.

Die Dämonin war zurückgekommen.

5

Aber wo zum Teufel steckte sie?

Ich drehte mich mehrmals um mich selbst und suchte alles ab, jede Motorhaube und jedes Autodach. Doch auf einmal erlosch die Beleuchtung, und es wurde stockfinster.

Anscheinend war Ik entfallen, dass ich kein Licht brauchte, weil ich im Dunkeln außergewöhnlich gut sehen kann. Ich lief zu dem Sedan hinüber, wo der männliche Zwilling zuletzt gewesen war.

»Adrik!«, zischte ich. »Wo bist du?«

Quinn kreiste mit dem Mädchen über mir, Brooks flog neben ihr her. Zum Glück war Alana so klug, ihr Geschrei einzustellen.

Meine Augen durchbohrten die Dunkelheit.

Da!

Oben auf dem Zaun hockten fünf Dämonen mit gelb glühenden Augen. Ik war in der Mitte. Ihr silberweißer Zopf peitschte hin und her wie der Stachelschwanz eines Skorpions. Sofort duckte ich mich zwischen die Autos. Hatten sie mich entdeckt?

Ffflpp – ffflpp – ffflpp.

Ich lugte über die Kühlerhaube des Sedan. Die Dämonen drückten lange, schmale Röhren an die Lippen. Die Mündungen waren auf den Himmel gerichtet.

Mist!

Die Blaspfeile schossen wie weiße Gewehrkugeln auf Brooks zu. Um ihnen auszuweichen, flog sie im Zickzack.

Ich schleuderte Fuego nach den Dämonen, aber der Speer konnte natürlich nur einen von ihnen aufspießen. Er bohrte sich in den Bauch des größten Monsters, das daraufhin in einer schwarzen Rauchwolke verpuffte.

Sämtliche anderen Dämonen wandten den Kopf nach mir.

Gut so. Konzentriert euch ruhig auf mich.

»Hier bin ich! Fangt mich doch!«, brüllte ich, riss beide Hände hoch und ließ blaue Stichflammen aus meinen Fingern lodern. Sofort sprangen die vier verbliebenen Dämonen vom Zaun und stürmten mit gefletschten Zähnen los. Fuego kehrte zu mir zurück, und die Feuerkugeln, die ich aus den Augen abschoss, versengten zwei Dämonen die Schultern, Arme und Beine. Sie heulten auf. Gelber Schleim (ihr »Blut«) tropfte zischend auf den Asphalt, und sie wanden sich am Boden. Ik würdigte sie keines Blickes, sondern kam tückisch grinsend auf mich zu.

Da sauste Brooks wie eine Feuerwerksrakete mit gezückten Krallen heran. Kiie-aaa!, gellte es über den Parkplatz.

»Nicht, Brooks!«, schrie ich.

Als der dritte, noch unverletzte Dämon sein Blasrohr auf sie richtete, schleuderte ich Fuego, und der Speer traf das Monster in die Brust. Der Dämon verpuffte aufkreischend, und Brooks schraubte sich wieder in die Höhe.

Iktan war nirgends zu sehen.

Ich spähte keuchend in die Dunkelheit. Wo war Ik geblieben? Und wo steckte Adrik?

»Ich weiß, dass der Gottgeborene hier ist.« Iks körperlose Stimme schien von überallher zu kommen. »Liefere ihn mir aus, oder du bist tot.«

»Vergiss es.« Zum Glück ging sie anscheinend nur von einem Gottgeborenen aus. So viel zum Thema: Wir Dämonen sind allen anderen überlegen.

»Ich bin stärker als du, Feuerjunge«, fuhr Ik fort und setzte hinzu: »Was glaubst du – wie viele müssen heute Nacht noch sterben, hm?«

Ich hielt Fuego abwehrbereit gepackt. »Ein Dämon noch, wenn ich richtig mitgerechnet habe.«

»Wirklich nur einer?« Sie materialisierte sich zusammen mit zwei weiteren Dämonen ein paar Meter vor mir. Die silberweißen Zöpfe reichten ihnen fast bis auf die Füße, und ihre Haare waren so straff zurückgebunden, als würden ihre Gesichter reißen, wenn sie auch nur mit den Nasenflügeln zuckten.

Doch als ich Fuego nach ihnen warf, sauste er nur durch schwarzen Nebel. Die drei waren ein Trugbild.

Ein identisches Trio tauchte auf einem Autodach auf. Ein weiteres auf dem Zaun. Es wurden immer mehr, und ich hatte keine Ahnung, welche die echten drei waren.

Obwohl ich den Luftzug von Brooks’ Schwingen spürte, konnte ich sie trotz meiner guten Nachtsicht nicht entdecken. Dann sprang ein Motor an, und ein roter Sportwagen brauste mit quietschenden Reifen auf die Dämonen vor mir zu.

Das Auto krachte gegen die Ungeheuer – oder eher durch sie hindurch, denn sie verpufften sofort. Der Wagen kam schlitternd zum Stehen.

Am Steuer saß Adrik.

Er sprang heraus. »Wo sind sie?«, keuchte er.

Mordlustiges Knurren war die Antwort.

Eine Sekunde verging. Zwei. Drei.

Ich umklammerte Fuego so fest, dass mir die Finger wehtaten.

Plötzlich fiel mich wie aus dem Nichts ein Dämon an, warf mich zu Boden und grub mir die Giftzähne in den Hals. Doch diesmal war ich vorbereitet und beschwor sofort mein inneres Feuer. Ich wurde zum tödlichen Inferno, und der Dämon verpuffte unter Schmerzensschreien.

Als ich mich hochgerappelt hatte, sah ich mich nach Adrik um. Ein Dämon hatte ihn im Schwitzkasten, und sein wildes Gestrampel half ihm nichts.

»Eine falsche Bewegung, und ich schlitze ihm die Kehle auf«, knurrte das Monster.

»Wenn ich nicht vorher an deinem Gestank ersticke!«, schnaufte Adrik.

Hinter dem Dämon erschien Brooks. Sie war immer noch ein Falke, doch ihr Gefieder war nicht mehr braun und weiß, sondern pechschwarz, sodass sie sich kaum von der Dunkelheit abhob.

Noch während ich darüber staunte, kam Ik hinter einem Auto hervor. Sie stürzte sich ebenfalls auf Adrik, aber Brooks hieb mit den Krallen auf den Rücken des Dämons ein, der den Gottgeborenen festhielt. Der Dämon brach in die Knie, Brooks entriss ihm Adrik und flog mit ihm davon.

Als Ik ihr Blasrohr auf das Falkenweibchen richtete, ließ ich die Waffe in Flammen aufgehen. Im selben Augenblick sprang mich der nächste Dämon an. Ich duckte mich weg und kletterte auf ein Auto, wo sich sofort zwei seiner Artgenossen auf mich stürzten. Ich konnte ihnen zwar entkommen, indem ich mit Fuegos Hilfe von Autodach zu Autodach sprang, aber sie waren mir dicht auf den Fersen.

Brooks kehrte zurück, wobei ich vor dem schwarzen Nachthimmel nur Adrik erkannte, der in ihren Zehen baumelte. »Schnapp dir das andere Bein!«, rief er mir zu.

Ich benutzte das letzte Autodach als Sprungbrett, und packte, nun ohne Fuego, mit beiden Händen Brooks’ freien Fuß.

Pfeile sausten an uns vorbei und verfehlten uns nur um Haaresbreite. Ich tarnte uns rasch mit einer dicken schwarzen Rauchwolke.

Der Pfeilhagel versiegte trotzdem nicht, und Adrik sah mich mit aufgerissenen Augen an. »Diese verdammten A–«, hörte ich ihn rufen, dann entfesselte ich eine Feuerwalze.

Brooks stieß ein markerschütterndes Kreischen aus. Sie war getroffen worden.

Wir stürzten in die Tiefe.

Der Boden raste uns entgegen.

»Brooks!«, brüllte ich verzweifelt.

Mein Flügel!, antwortete sie telepathisch.

Mein Herz klopfte so wild, dass mir die Luft wegblieb.

Brooks schlug aus Leibeskräften mit dem unverletzten Flügel, um uns in Sicherheit zu bringen.

Adriks Gesicht war zur Angstgrimasse verzerrt. »Wir stürzen ab!«

Brooks verfiel in einen beschwörenden Singsang: Wir stürzen nicht ab, wir stürzen nicht ab, ich schaffe das … Doch die Schwerkraft war stärker. Plötzlich gab sie auf, ihr Körper erschlaffte.

Noch zehn Sekunden, und unsere Schädel würden beim Aufprall zerplatzen wie reife Melonen.

Abwärts.

Abwärts.

Abwärts.

Dann ein jäher Ruck. Als ich hochblickte, sah ich, dass Quinn Brooks im Genick gepackt hatte.

»Adrik!«, rief Alana vom Rücken des Adlerweibchens.

»Wir müssen zur Pforte, Quinn!«, übertönte ich sie.

Unser vereintes Gewicht machte Quinn sichtlich zu schaffen. Ihre Flügelschläge waren schwerfällig, die Gebäude unter uns glitten im Schneckentempo vorbei.

Ich wusste zwar nicht, wie schwer Brooks verletzt war, aber mit so einem Dämonenpfeil war bestimmt nicht zu spaßen. Doch wenn wir erst wieder zu Hause waren, konnte Rosies Spezialspeichel sie bestimmt heilen. Umso dringender war es, dass wir die Pforte rechtzeitig erreichten.

»Kann sich der Adler nicht in einen Drachen oder etwas anderes richtig Großes verwandeln?«, fragte Adrik.

Leider nicht. Von Hurakan wusste ich, dass nur Itzamna Drachengestalt annehmen konnte. »Keine Sorge, Quinn schafft das schon.«

Quinn kreischte gellend und pflügte durch die Luft, so schnell sie konnte, doch als ich wieder nach unten blickte, wurde mir ganz anders. Ik und ein weiterer Dämon rannten uns nach und spähten dabei nach oben, um uns nicht aus den Augen zu verlieren. Ein paar Autos waren noch unterwegs, aber zum Glück keine Fußgänger mehr, die von den Dämonen umgenietet werden konnten.

»Wir haben Gesellschaft«, rief ich zu Quinn hoch.

»Ich glaub’s nicht!«, entfuhr es Adrik. »Die Monster sind nicht totzukriegen – wie Kakerlaken!«

Ich beschwor Fuego herbei, und der Speer sauste schneller, als das menschliche Auge folgen konnte, auf Ik zu. Doch in letzter Sekunde verwandelte sich die Verräterin in eine silbrig-violette Nebelsäule, und Fuego traf stattdessen den Dämon hinter ihr. Ein grausiger Schrei hallte durch die Nacht.

Hatten wir Zeit gewonnen? Nein, da war Ik wieder! In ihrer ursprünglichen Gestalt sprintete sie die Straße entlang.

Unser Vorsprung betrug bestenfalls fünfzehn Sekunden.

Als wir vor dem Waschsalon landeten, wurde Brooks erst wieder ein Mensch und dann ohnmächtig.

Ich konnte sie gerade noch auffangen. »Sie ist total heiß!« Bitte lass es kein Gift sein – bitte!

»Es ist zu!« Quinn hämmerte an die Tür. »Und die Pforte verschwindet schon!«

Als ich durchs Fenster spähte, sah ich es in einem riesigen Trockner flackern – silbergolden mit blauen Sprenkeln.

»Wir müssen die Tür aufbrechen!«

Quinn war sichtlich hin- und hergerissen. Sie hätte sich lieber um ihre verletzte Schwester gekümmert, aber als ausgebildete Kriegerin musste sie sich auf das konzentrieren, was am Dringendsten war. Ich machte mich schon drauf gefasst, dass sie sich in ein riesiges Ungeheuer mit gewaltigen Hörnern oder so verwandeln würde, da schoben Alana und Adrik sie von der Tür weg. Die Zwillinge standen so dicht nebeneinander, dass ich nicht erkennen konnte, was sie machten, aber …

Klick.

Die Tür schwang auf. Ich hatte mich geirrt. Die beiden waren offenbar doch geübte Einbrecher.

Gleich war es geschafft!

Da entdeckte ich wieder Iks Spiegelbild in der Fensterscheibe. Die Dämonin war höchstens noch zehn Meter weit weg.

Adrik schrie auf. Seine Schwester schubste ihn durch die Tür, während ich mir Brooks über die Schulter warf, Fuego wieder herbeiwünschte und quer durch den Waschsalon zu dem Trockner mit der Pforte rannte. Das Stampfen der Dämonin war schon ganz nah.

Ganz kurz erwog ich, ihr Fuego in die widerliche Visage zu schleudern, aber dafür hätte ich stehen bleiben müssen, und ich hatte auch keine Hand frei, um die Dämonin einfach abzufackeln. »BEEILUNG!«, brüllte ich.

Die Pforte flackerte schon schwächer.

Drei Meter.

Anderthalb.

Einer.

Quinn riss die Trocknertür für Alana und Adrik auf und sprang selbst hinterher. Ich folgte kopfüber beim letzten matten Flackern. Zu schade, dass ich Iks dummes Gesicht nicht mehr sah, als die Pforte vor ihrer Nase zuknallte.

6

Mit magischen Pforten verhält es sich ähnlich wie mit Autos. Manche sind einfach ein Traum, andere totaler Schrott. Wir hatten eine von der zweiten Sorte erwischt.