Romana Weekend Band 23 - Heidi Rice - E-Book

Romana Weekend Band 23 E-Book

Heidi Rice

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Beschreibung

HEISSE RHYTHMEN, FEURIGE KÜSSE von HEIDI RICE Breite Schultern, schmale Hüften und ein spöttisches Funkeln in den Augen: Callum Westmores herausforderndes Auftreten raubt Ruby den Atem. Dabei ist der Anwalt überhaupt nicht ihr Typ! Ob sie im Salsa-Club seinen erotischen Zauber brechen kann? JENSEITS ALLER VERNUNFT von ALLY BLAKE Stararchitekt Ryder Fitzgerald ist entsetzt, als er für eine Hochzeit Tanzstunden nehmen muss. Bis er Nadia sieht, seine sündhaft erotische Tanzlehrerin. Doch kaum öffnet der überzeugte Single ihr sein Herz, tanzt Nadia davon - ins zigtausend Meilen entfernte Las Vegas ... TANZE MIT MIR IN DEN MORGEN von KATE HARDY Nach einem Unfall erwartet Liam in der TV-Tanzshow des Jahres ein grandioses Comeback. Doch seine prominente Tanzpartnerin, Moderatorin Polly Adams, bringt Liam völlig aus dem Konzept. Ist nicht nur der Sieg in Gefahr, sondern auch sein Herz?

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Seitenzahl: 601

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Heidi Rice, Ally Blake, Kate Hardy

ROMANA WEEKEND BAND 23

IMPRESSUM

ROMANA WEEKEND erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/82 651-370 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Neuauflage 2025 in der Reihe ROMANA WEEKEND, Band 23

© 2011 by Heidi Rice Originaltitel: „Cupcakes and Killer Heels“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Juliane Zaubitzer Deutsche Erstausgabe 2011 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 242011

© 2014 by Ally Blake Originaltitel: „The Dance Off“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: SAS Deutsche Erstausgabe 2014 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 152014

© 2013 by Pamela Brooks Originaltitel: „Ballroom to Bride and Groom“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Michaela Koch Deutsche Erstausgabe 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 222016

Abbildungen: mauritius images / JOHN KELLERMAN / Alamy / Alamy Stock Photos, SHansche / Getty Images, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 02/2025 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751533201

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Jegliche nicht autorisierte Verwendung dieser Publikation zum Training generativer Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) ist ausdrücklich verboten. Die Rechte des Autors und des Verlags bleiben davon unberührt. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, HISTORICAL, TIFFANY

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Heidi Rice

Heiße Rhythmen, feurige Küsse

1. KAPITEL

Immer mit der Ruhe, Freundchen. Immerhin handelt es sich um einen Notfall.

Ruby Delisantro blickte mit geschürzten Lippen in den Rückspiegel und ignorierte das Gehupe hinter sich. Stattdessen konzentrierte sie sich darauf, ihren Lippenstift aufzutragen.

Seit über einem Jahr versuchte sie schon, die exklusive Brasserie „Cumberland“ in Hampstead als Kunden zu gewinnen. Es hatte Monate gedauert, diesen Termin beim Küchenchef zu bekommen, und sie wollte sich noch schnell frisch machen, ehe die nervenaufreibende Suche nach einem Parkplatz begann.

Das markerschütternde Quietschen der Bremsen und der darauf folgende Aufprall waren nicht ganz so leicht zu ignorieren, denn durch den Ruck verschmierte sie sich mit dem vierzig Pfund teuren Lippenstift die Nase.

„Verdammt!“ Vorsichtig entfernte sie den Lippenstift von ihrer Nasenspitze und behob den Schaden, bevor sie aus dem Auto sprang. Dass ihr irgend so ein Idiot hinten drauffuhr, war kein gutes Omen für diesen wichtigen Tag. Außerdem hatte sie Scarlett gerade erst für zweihundertzwanzig Pfund durch den TÜV gebracht. Wenn ihr geliebter Käfer beschädigt war, würde es Tote geben.

„Hey, Sie Sonntagsfahrer. Was ist Ihr Problem? Wissen Sie nicht, wo die Bremse ist?“, keifte sie den Mann hinter der Windschutzscheibe des schicken italienischen Cabrios an, das an ihrer Stoßstange klebte.

Typisch Hampstead. Irgend so ein neureicher Bubi im teuren Sportwagen seiner Mutter.

Mit einem Griff an die Windschutzscheibe sprang der Bubi athletisch aus seinem Wagen. Ruby stockte der Atem und sie wünschte sich sofort, sie wäre die sechs Pfund zu viel, mit denen sie seit fast zehn Jahren kämpfte, längst losgeworden.

Es war kein Bubi. Es war definitiv ein Mann.

Ein großer, starker, atemberaubend attraktiver Mann mit kurzem dunklem Haar, breiten Schultern und schmalen Hüften in ausgewaschenen Jeans. Seine Augen waren hinter einer teuren Sonnenbrille verborgen, aber das männliche Grübchen in seinem Kinn und die markanten Wangenknochen raubten Ruby den Atem, vor allem als er dann auch noch den Kopf neigte.

Hatte er etwa ein Auge auf sie geworfen?

„Was mein Problem ist?“ Er rang die Hände, sodass sich das T-Shirt über seinem muskulösen Oberkörper spannte. „Es müsste wohl eher heißen, was ist Ihr Problem, Lady. Sie parken mitten auf der Straße.“

Ruby sog scharf die Luft ein, damit ihre Lungen wieder zu arbeiten begannen, und ließ sich mit der Antwort Zeit.

Ruby Delisantro flirtete gern. Sie genoss das Knistern, die aufreizende Spannung des verbalen Vorspiels. Und schließlich bot sich nicht oft die Gelegenheit, mit jemandem zu flirten, der so unverschämt gut aussah. Außerdem verwandelte das figurbetonte Kleid, das sie letzte Woche auf dem Camden Market erstanden hatte, ihre überflüssigen Pfunde auf wundersame Weise in weibliche Kurven.

Bedauerlicherweise schien Mr. Atemberaubend ihr fantastisches Kleid nicht einmal zu bemerken.

Reiß dich zusammen, Ruby.

Widerstrebend löste sie den Blick von seinen Brustmuskeln. Was dachte sie sich eigentlich? Sie hatte keine Zeit, mit diesem Mann zu flirten, egal wie atemberaubend er aussah.

„Es war genug Platz, um zu überholen“, erwiderte sie von oben herab und bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. „Außerdem war es ein Notfall.“ Mehr oder weniger.

Sein Blick wanderte zu ihrem Mund, als sie sich mit der Zungenspitze über die plötzlich trockenen Lippen fuhr.

Hör auf zu flirten, Ruby.

Sein Lachen war ein ungläubiges Schnauben. „Seit wann ist Lippenstift auftragen ein Notfall?“

„Mein Standlicht war an“, fuhr sie fort, ohne seinem Spott Beachtung zu schenken. Es hatte keinen Sinn, einem Mann erklären zu wollen, wie wichtig Lippenstift war. „Und Sie sind mir hinten draufgefahren.“ Selbstbewusst ging sie ein paar Schritte auf ihn zu – froh, dass ihre zehn Zentimeter hohen Absätze den Größenunterschied zumindest etwas ausglichen.

„Und wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, die Straßenverkehrsordnung zu lesen“, fügte sie hinzu, „wüssten Sie, dass Sie im Unrecht sind. Egal, wie viel Testosteron Sie produzieren.“

Zur Betonung warf sie einen verächtlichen Blick auf seinen Schritt – und stutzte angesichts der stattlichen Wölbung unter der weiten Jeans. Zu ihrem eigenen Erstaunen spürte sie, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg.

Als er plötzlich auf sie zutrat, wurde ihr erst bewusst, wie groß er tatsächlich war.

„Das sind Warnblinker.“ Seine tiefe, männliche Stimme klang amüsiert. „Kein Standlicht.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust, sodass sich die Muskeln unter den kurzen Ärmeln seines T-Shirts spannten, und Ruby vergaß sofort, was sie hatte sagen wollen.

„Und wenn Sie die Straßenverkehrsordnung gelesen hätten, wüssten Sie das“, fuhr er fort. „Egal, wie viel Östrogen Sie produzieren.“

Wieder neigte er den Kopf, und auch die Augustsonne, die sich in den dunklen Gläsern seiner Sonnenbrille spiegelte, konnte nicht verbergen, dass er direkt auf ihren Ausschnitt starrte.

„Und obwohl das allem Anschein nach ziemlich viel ist“, fuhr er fort, ein überlegenes Lächeln auf den sinnlichen Lippen, „ist das keine Entschuldigung dafür, sich nicht an die Verkehrsregeln zu halten.“

Rubys Brustspitzen richteten sich auf, und es pulsierte heiß zwischen ihren Schenkeln.

Okay, hier lief ganz entschieden etwas falsch, wenn es sie erregte, dass er sie heruntermachte. Sie flirtete zwar gern, aber sie war noch lange keine Masochistin.

Mit hoch erhobenem Kopf stemmte sie eine Hand in die Hüfte. „Ich halte nichts von Regeln“, erklärte sie und tippte mit einem korallenroten Fingernagel an seine Brust. Ein Muskel an seinem Kinn zuckte, und Ruby fühlte sich plötzlich berauscht von ihrer Macht. „Sie machen das Leben so langweilig, finden Sie nicht?“

Zufrieden über diesen Sieg wollte sie sich gerade umdrehen, als er ihr Handgelenk packte. Er nahm die Sonnenbrille ab, und Ruby schauderte unwillkürlich, als sie in das tiefe Grün seiner Augen blickte.

„Ihnen fehlt offenbar mehr als nur ein paar Fahrstunden“, murmelte er, sein smaragdgrüner Blick so bohrend, dass sie weiche Knie bekam.

In der Hoffnung, dass er ihren galoppierenden Puls unter seinem Daumen nicht spürte, befreite sie ihre Hand. „Und wie alle Männer halten Sie sich für Manns genug, mir Manieren beizubringen“, spöttelte sie, wissend, dass sie mit dem Feuer spielte. Doch das Funkeln in seinen Augen brachte ihr Blut so sehr in Wallung, dass sie alle Vorsicht vergaß.

Er lachte grimmig auf. „Ich bin nicht wie andere Männer“, widersprach er, sie mit seinem Schlafzimmerblick fixierend.

Ruby rieb sich das Handgelenk. „Das sagen sie alle.“

„Zweifellos“, bestätigte er ungerührt. „Aber ich kann es beweisen. Die Frage ist, sind Sie Frau genug, es mich beweisen zu lassen?“

Blinzelnd wich Ruby einen Schritt zurück.

Hoppla, Ruby. Immer langsam.

Ohne dass sie es gemerkt hatte, war die Situation außer Kontrolle geraten.

Zwar flirtete sie gern, doch selbst sie ging nicht mit einem Mann aus, den sie erst seit zehn Sekunden kannte.

Außerdem war er überhaupt nicht ihr Typ. Unter den appetitlichen Muskeln und dem lässigen Selbstbewusstsein spürte Ruby eine verbissene Selbstbeherrschung, die ihr nicht behagte.

Sie warf die langen, kastanienbraunen Locken zurück. „Welch verlockendes Angebot“, erwiderte sie mit einer gehörigen Portion Sarkasmus. „Aber ich habe heute Nachmittag schon etwas vor. Und ich halte nichts von flotten Dreiern.“

Der tiefe, volle Klang seines Lachens jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Sie schwang die Hüften, als sie zu ihrem Wagen zurückstolzierte, um zu demonstrieren, dass ihr Rückzug keinesfalls eine Kapitulation darstellte.

„Schade“, rief er ihr nach. „Und ich dachte schon, Sie sind ein böses Mädchen.“

Als sie die Tür öffnete, blickte sie sich noch einmal zu ihm um. „Wieder falsch“, korrigierte sie ihn mit einem Anflug von Reue. Musste er denn so verdammt gut aussehen, wie er da an seinem Sportwagen lehnte, während die Sonne sein dunkles Haar in glänzendes Ebenholz verwandelte, das herausfordernde Funkeln in seinen Augen nahezu unwiderstehlich?

„Ich bin kein Mädchen. Ich bin eine Frau.“

Callum Westmore lachte, als die bildhübsche junge Frau wieder in ihren feuerwehrroten Wagen stieg. „Allerdings“, murmelte er anerkennend.

Frech, auffällig und formschön – das Auto steht ihr, dachte er, als es stotternd ansprang. Beim Knirschen der Kupplung verzog er das Gesicht. Und widerspenstig wie seine Besitzerin.

Als sie an ihm vorbeifuhr, winkte sie lässig. Schmunzelnd erwiderte er den Gruß mit der gleichen Lässigkeit, was ihm angesichts des heißen Prickelns in seinen Lenden nicht ganz leichtfiel.

Was fand er nur an diesem Hitzkopf? Zumal sie ihm ohne triftigen Grund einen Korb gegeben hatte. Denn er hätte seinen Monatslohn verwettet, dass ihre Verabredung nicht existierte.

Sein Lächeln erstarb, als ihr Auto am Ende der begrünten Londoner Seitenstraße hielt und er das kaputte Bremslicht und den losen Auspuff bemerkte. Der Wagen bog in die Hampstead High Road, und er las die glitzernde rosarote Schrift auf der Tür: „Zuckersüß & Co.: Cupcakes auf Bestellung“, eine Internetadresse und eine Telefonnummer.

Während sie im Verkehr verschwand, wandte er sich seinem eigenen Wagen zu. Zu seiner Überraschung war er so abgelenkt gewesen, dass er vergessen hatte zu prüfen, ob sein geliebter Sportwagen etwas abbekommen hatte.

Zum Glück entdeckte er nur einen kleinen Kratzer an der Stoßstange. Mit dem Daumen rieb er darüber, dann stieg er wieder ein und nahm sein Handy aus dem Handschuhfach.

Obwohl er es genossen hatte, mit dem Mädchen zu streiten, war der Blechschaden hauptsächlich seine Schuld. Zwar hatte sie in zweiter Reihe geparkt, doch er war zu schnell um die Ecke gebogen und in sie hineingefahren. Und wie sie ganz richtig bemerkt hatte, war die Straßenverkehrsordnung in so einem Fall ziemlich eindeutig. Er tippte ihre Nummer in sein Handy.

Callum hielt sich stets an die Regeln. Nicht nur beruflich war er dem Gesetz verpflichtet, auch in seinem Privatleben sorgte er für Recht und Ordnung. Deshalb musste er dieses Mädchen ausfindig machen und den Schaden begleichen.

Er blinzelte in die Sonne, und während er die Sonnenbrille wieder aufsetzte, kehrte sein Lächeln zurück.

Die Vorstellung, sie wiederzusehen, war alles andere als unangenehm. Eigentlich ging er lieber mit Frauen aus, die unkompliziert waren und keine Ansprüche stellten. Weshalb ihn sein Interesse an diesem temperamentvollen Hitzkopf ein wenig irritierte.

Seit Gemma ihr lockeres Verhältnis vor einem Monat beendet hatte – nur weil er sich weigerte, sie bei sich einziehen zu lassen –, war er nicht mehr ausgegangen. Er brauchte seine Privatsphäre, seine Ruhe, was war daran so schwer zu verstehen? Und wegen der zwei prominenten Fälle im nächsten Monat hatte er sich vorgenommen, diesen Sommer enthaltsam zu leben.

Doch jetzt packte ihn das Jagdfieber – und das nächste Wochenende hatte er schließlich frei.

Callum trommelte mit dem Daumen ans Lenkrad, als ihm die zarte Haut am Handgelenk des Mädchens einfiel, ihr rasender Puls und das warme Braun ihrer Augen, das an geschmolzene Schokolade erinnerte. Das Interesse beruhte auf Gegenseitigkeit. Da war er sicher.

Callums Lächeln wurde breiter, als er den Wagen anließ. Das zertrümmerte Bremslicht und der beschädigte Auspuff waren ein perfekter Vorwand. Nächstes Mal würde er sich nicht so leicht abwimmeln lassen.

„Wie ist es gelaufen?“

Ruby blickte in Ellas gespanntes Gesicht, während sie ihre Tasche und den schweren Ordner mit Fotos auf das nagelneue Sofa im frisch gestrichenen Eingangsbereich von Zuckersüß & Co. warf.

Sie streifte die hochhackigen Schuhe von den Füßen und ließ sich aufs Sofa sinken. „Frag nicht“, stöhnte sie und legte ihre schmerzenden Füße auf den Couchtisch aus Ahornholz, den sie sich vor einer Woche zusammen mit dem Sofa und dem frischen Anstrich gegönnt hatte, in der Überzeugung, dass sie heute den Cumberland-Auftrag klarmachen würde.

Ella setzte sich neben sie, die übliche Schicht aus Mehl und Puderzucker auf Nase und Wangen. „Aber ich dachte, es wäre schon alles unter Dach und Fach.“

„Wäre es auch gewesen, wenn Scarletts Auspuff nicht abgefallen und ich deshalb zwanzig Minuten zu spät gekommen wäre.“ Ruby ließ den Kopf gegen das Sofakissen sinken und stieß einen tiefen Seufzer aus. „Bedauerlicherweise sind Köche mit Michelinsternen nicht für Geduld und Verständnis bekannt. Gregor Mallini hat sich geweigert, mich zu empfangen, und sein Souschef hat mir einen zehnminütigen Vortrag darüber gehalten, wie kostbar die Zeit des großen Mallini sei, und mir mitgeteilt, dass er grundsätzlich keine Geschäfte mit Leuten macht, die unpünktlich sind.“

„Oh, nein.“ Ellas Miene verfinsterte sich. „Aber war Scarlett nicht gerade vor einer Woche in der Werkstatt?“

„Ja … Aber das war, bevor ihr ein scharfer italienischer Sportwagen hinten draufgefahren ist.“

Und bevor dessen ebenso scharfer Besitzer mir den Kopf verdreht hat.

Hätte sie nicht nur Augen für ihn gehabt, wäre ihr der Blechschaden aufgefallen … Oder ihr wäre wenigstens genug Zeit geblieben, es rechtzeitig zu ihrem Termin zu schaffen.

Ihre Zehen schmerzten, nachdem sie auf ihren hochhackigen Schuhen, die sie extra für diesen Anlass gekauft hatte, durch halb Camden gelaufen war.

„Du hattest einen Unfall!“, keuchte Ella. „Geht es dir gut?“

„Kein Grund zur Sorge“, beruhigte Ruby, deren schlechtes Gewissen sich meldete. Ella war nicht nur Teilhaberin von Zuckersüß & Co., sondern auch seit dem Kindergarten ihre beste Freundin. Sie verdiente etwas Besseres. „Mir geht es gut.“

Wann würde sie endlich lernen, sich wie eine Erwachsene zu benehmen und sich nicht von jedem attraktiven Mann, der ihr über den Weg lief, den Kopf verdrehen zu lassen? In letzter Zeit war sie so brav gewesen. Warum musste sie ausgerechnet heute rückfällig werden?

Wahrscheinlich war ihr der Fahrer des Sportwagens überhaupt nur so attraktiv vorgekommen, weil sie wegen des Auffahr-Unfalls unter Schock stand.

Ruby runzelte die Stirn.

Mist.

Dieser Typ, dessen Namen sie nicht einmal kannte und der bestimmt nicht halb so attraktiv war, wie sie ihn in Erinnerung hatte, ging ihr einfach nicht aus dem Kopf.

„Bist du sicher, dass es dir gut geht? Du wirkst irgendwie verstört“, meinte Ella.

Ruby lächelte gequält. „Ich ärgere mich nur über mich selbst“, seufzte sie. „Ich habe dich enttäuscht, El. Ich habe uns beide enttäuscht. Wenn unsere Cupcakes im Cumberland auf der Karte gestanden hätten, wären wir mit einem Schlag berühmt geworden und hätten uns vor Aufträgen nicht retten können.“ Seufzend nahm sie Abschied von diesem Traum.

Verdammt und zugenäht.

„Wir wären die Königinnen der Cupcakes gewesen“, fügte sie hinzu, bemüht, nicht den Humor zu verlieren. „Der Nobelpreis für Backwerke war zum Greifen nah.“

Wie erhofft, huschte ein Lächeln über Ellas rundes, hübsches Gesicht. „Hauptsache, du hörst nicht auf zu träumen, Rubes.“

Ruby setzte sich auf.

Ella hatte recht, es würden sich andere Gelegenheiten bieten. Solange sie nicht aufhörten zu träumen – und die besten Cupcakes der Welt zu backen. Sich zu ärgern brachte nichts.

Nächstes Mal würde sie es besser machen.

Ella stand auf und bot Ruby ihre Hand an. „Komm mit“, sagte sie und zog Ruby vom Sofa hoch. „Du musst etwas probieren. Ich glaube, ich habe die perfekte Buttercremehaube für deinen neuen Mango-Maracuja-Teig gefunden.“

Ruby spürte das vertraute Prickeln der Vorfreude auf die jüngste kulinarische Kreation, als sie Ella folgte. Neue Cupcake-Sorten auszuprobieren war eindeutig befriedigender als ihr derzeitiges Liebesleben. Wenn man von Cupcakes einen Orgasmus bekommen könnte, wäre ihr Leben perfekt gewesen. Entschlossen verscheuchte sie jeden Gedanken an den namenlosen Unbekannten.

Wie immer schwellte Stolz ihre Brust, als sie die Küche betrat, für die sie und Ella sich vor zwei Jahren total verschuldet hatten.

Hier fühlte sie sich zu Hause. Hier war der Mittelpunkt ihres Lebens. Obwohl sie nach dem Rausch der ersten Verliebtheit geradezu süchtig war, hatte sie zu ihrem Leidwesen erfahren, dass dieses Gefühl nie lange anhielt. Die Liebe war launisch. Jedenfalls nicht so beständig und dauerhaft befriedigend wie ihre Backstube.

Die helle großzügige Küche mit den Oberflächen aus rostfreiem Stahl, den offenen Regalen voller Back-Utensilien, den beiden Öfen der Luxusklasse und dem begehbaren Kühlschrank in einer kleinen Seitenstraße von Hampstead war sicher nicht jedermanns Sache. Doch für Ruby war ein Traum wahr geworden. Denn sie und Ella hatten sich das alles selbst aufgebaut. Und sie waren ihre eigenen Chefs.

Solange sie ihre eigene kleine Firma hatte, konnte sie auf ihren Mr. Right verzichten. Wenigstens vorerst. Vielleicht war sie eines Tages bereit, sich auf die Suche nach ihm zu machen, doch sie war noch nie gut darin gewesen, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun – meinte jedenfalls Johnny, ihr letzter Mr. Right, als sie sich vor sechs Monaten getrennt hatten. Deshalb hatte sie sich vorgenommen, sich vorläufig nicht auf eine neue Beziehung einzulassen. Und bisher funktionierte es ganz gut – abgesehen von gelegentlichen Ausrutschern wie heute Nachmittag.

Ella eilte voraus zu der großen Rührschüssel und spachtelte blassgelbe Buttercreme auf die Teigproben, die Ruby am selben Morgen gebacken hatte, bevor sie zu ihrem Termin aufbrach.

„Probier mal und sag mir, was du denkst.“ Ellas Stimme klang andächtig, ihre Augen leuchteten.

Der Geschmack explodierte auf Rubys Zunge, würzig und zitronig und herrlich frisch.

Sie summte vor Wonne. „Es mag abgedroschen klingen, aber das ist wirklich besser als Sex.“

Ella lachte und klatschte in die Hände. „Schmeckt gut, nicht?“

„Nicht gut, Ell. Perfekt. Wie ein Orgasmus. Ich schmecke Orange und Zitrone und vielleicht einen Hauch Zimt. Aber da ist noch etwas anderes. Was ist das?“

Ella legte einen Finger an die Nase und lächelte wissend. „Das verrate ich nicht, aber ich habe zwei Stunden probiert, ehe die Mischung stimmte.“

„Nun, das war es wert. Wir setzen die neue Sorte sofort auf die Karte. Das perfekte Sommerdessert, ideal für Angelique Devereauxs Hochzeit.“ Rubys Gedanken rasten.

„Apropos Orgasmus“, unterbrach Ella ihren Gedankenfluss. „Vor einer Stunde hatte ich ein sehr nettes Gespräch mit dem neuen Mann in deinem Leben.“ Sie lächelte vielsagend. „Warum hast du mir nichts davon erzählt? Wenn er auch nur halb so gut aussieht, wie er klingt, hast du diesmal das große Los gezogen.“

„Welcher neue Mann?“ Das Gedankenkarussell in Rubys Kopf kam zum Stehen.

„Callum Westmore natürlich“, erwiderte Ella leichthin, offenbar immer noch überzeugt, dass Ruby Geheimnisse vor ihr hatte.

Ruby überlegte krampfhaft, ob sie den Namen kannte. In den letzten sechs Monaten war sie mit einigen Männern ausgegangen, nur um nicht aus der Übung zu kommen. Doch mit keinem hatte sie sich auf ein zweites Treffen eingelassen. „Ich kenne niemanden namens Callum.“

Ella runzelte die Stirn. „Bist du sicher?“

„Natürlich bin ich sicher. Ich mag ja flatterhaft sein, aber ich frage einen Mann immer nach seinem Namen, bevor ich mit ihm ausgehe“, erklärte sie trocken.

Ella legte den Finger an die Lippen. „Hoppla.“

„Wieso hoppla?“, wollte Ruby wissen. Ihr gefiel der schuldbewusste Ausdruck auf Ellas Gesicht ganz und gar nicht.

„Ich dachte, du bist mit ihm zusammen. Er klang so überzeugend und … Na ja, er hatte diese tolle Stimme. Vornehm, aber nicht herablassend, und so selbstbewusst. Und er sagte, er muss dich sehen. Es sei dringend. Deshalb habe ich ihm gesagt, dass wir um halb sechs Schluss machen.“

„Du hast ihm die Adresse der Backstube gegeben?“ Jetzt war es Ruby, die die Stirn runzelte. Es gab eine Regel, die Ella sehr wohl kannte: Nie persönliche Informationen an flüchtige Bekanntschaften herauszugeben. „Oh, Ella, das darf doch nicht wahr sein.“

Wer war dieser Typ überhaupt? Selbstverständlich war er nicht der Erste, der versuchte, Informationen über sie aus Ella herauszubekommen. Doch keinem war es bisher gelungen. Ella war normalerweise unerbittlich, wenn es darum ging, Rubys Privatsphäre zu schützen, weil sie wusste, wie ernst es Ruby damit war, jeder Versuchung zu widerstehen, vor allem seit der schmutzigen Trennung von Johnny.

Wie also hatte dieser Callum Westmore es geschafft, Ella so mühelos zu bezirzen?

Das Bild des Sportwagenfahrers, der ihr trotz aller Bemühungen schon den ganzen Tag nicht aus dem Kopf ging, tauchte vor ihr auf. Wer sollte es sonst sein? Wer sonst wäre unverschämt genug, einfach hier anzurufen und sich das Vertrauen ihrer besten Freundin zu erschleichen?

„Was genau hat dieser Callum Westmore denn gesagt?“, wollte Ruby wissen.

„Nur, dass er dich sehen muss“, begann Ella vorsichtig. „Man könnte sagen, er hat nach dir verlangt“, fügte sie hinzu, als wäre ihr der Gedanke gerade erst gekommen. „Aber ehrlich gestanden ist es mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen, ihn abzuwimmeln. Er klang so überzeugend.“

Das kann ich mir vorstellen.

Ruby unterdrückte einen Fluch.

Tja, wenigstens kannte sie jetzt seinen Namen. Callum Westmore. Klang nach einem schottischen Kriegsherrn aus dem zwölften Jahrhundert, der sich einfach nahm, was ihm gefiel, und irgendwie passte der Name zu der unverschämt selbstbewussten Männlichkeit, die er ausstrahlte.

Eigentlich hätte sein penetrantes Gehabe sie abstoßen müssen, stattdessen pochte ihr Herz bei der Aussicht auf ein baldiges Wiedersehen.

Als es an der Tür klingelte, fuhren beide Frauen zusammen.

Ruby warf einen Blick auf ihre Uhr. Genau halb sechs.

„Das ist er“, murmelte sie. Auf die Minute pünktlich. Noch ein Grund, den Mann nicht zu mögen. Pünktlichkeit war eine Tugend, die sie selbst nie gemeistert hatte, wie das Fiasko mit Gregor Mallini am heutigen Nachmittag bewies, und die sie bei anderen Leuten misstrauisch machte.

„Soll ich sagen, dass du nicht hier bist?“, flüsterte Ella, als könnte ihr ungeladener Gast sie durch die Wand hören.

Ruby überlegte etwa eine Sekunde.

„Nein. Wahrscheinlich hat er mein Auto gesehen.“ Und selbst wenn nicht, wusste sie irgendwie, dass Callum Westmore die Lüge durchschauen würde. Ella mit ihrem offenen, unkomplizierten Wesen und großen, gutgläubigen Augen war eine miserable Lügnerin – und Callum Westmore nicht der Typ, der sich abwimmeln ließ.

„Keine Sorge. Mit dem werde ich schon fertig“, rief sie über die Schulter, als sie an die Tür ging.

Mochte er auch den Namen und die ungeschliffene Männlichkeit eines schottischen Feldherrn aus dem zwölften Jahrhundert besitzen, sie war schließlich keine naive Jungfer.

Als sie Westmores hochgewachsene Gestalt hinter der Milchglasscheibe erkannte, richteten sich ihre Nackenhaare auf. Sie holte tief Luft und drehte den Türknauf, unbeirrbar in dem Glauben, dass es keinen Mann gab, mit dem Ruby Delisantro nicht fertig wurde.

2. KAPITEL

„Mr. Westmore, nehme ich an“, begrüßte Ruby den Mann im maßgeschneiderten dunkelblauen Anzug, der ihr den breiten Rücken zuwandte.

Sie schluckte, als er sich umdrehte und sie mit seinen lasziven smaragdgrünen Augen ansah.

Verdammt.

Sie hätte sich die Zeit nehmen sollen, ihre Schuhe wieder anzuziehen. Ohne die zehn Zentimeter hohen Absätze befanden sich ihre Augen auf Höhe seiner Brust, die selbst in einem weißen Hemd mit königsblauer Krawatte noch ziemlich stattlich wirkte. Als sie den Blick wieder seinem Gesicht zuwandte, lag ein wissendes Lächeln auf seinen Lippen, mit zwei Grübchen auf den jetzt glatt rasierten Wangen.

„Miss Delisantro, nehme ich an“, murmelte er, und seine raue Stimme beschleunigte ihren Puls.

Er war noch attraktiver, als sie ihn in Erinnerung hatte. Selbst im Anzug. Und das sagte einiges. Normalerweise stand sie nicht auf glatte Anzugträger. Einmal war sie mit einem Steuerberater ausgegangen, und das hatte ihr gereicht. Schon nach einer Woche konnte sie seine zwanghafte Pünktlichkeit und Erbsenzählerei nicht mehr ertragen.

Ruby konzentrierte sich darauf, gleichmäßig zu atmen. Irgendetwas sagte ihr, dass Callum Westmore trotz der scharfen Bügelfalte in seiner Hose kein kleinkarierter Erbsenzähler war.

„Da wir uns nun vorgestellt haben“, stieß sie hervor, „bin ich gespannt zu erfahren, was Sie hier wollen.“ Sie zögerte, auf der Suche nach der richtigen Formulierung. „Und warum Sie es für angebracht hielten, meiner Geschäftspartnerin persönliche Informationen über mich zu entlocken.“

„Ich würde sagen, es liegt auf der Hand, warum ich hier bin“, erklärte er und ließ seinen Blick so quälend langsam über ihren Körper gleiten, dass sie sich geradezu nackt vorkam. Als er ihr wieder ins Gesicht blickte, lag Belustigung in seinen durchdringenden, grünen Augen.

Angesichts dieser zweideutigen Bemerkung wurde Ruby ganz anders, doch sie weigerte sich, auf seine Masche hereinzufallen. Für wie naiv hielt er sie eigentlich?

Den Kopf zur Seite geneigt, musterte sie ihn fragend und freute sich heimlich, als sein Blick an ihren Lippen hängen blieb. „Ganz so offensichtlich ist es wohl doch nicht, denn mir fällt kein einziger Grund ein.“

Sein Lachen war entwaffnend. „Dann verrate ich es Ihnen, Miss Delisantro“, sagte er und schien jede Silbe ihres Namens auszukosten. „Damit Sie sich nicht länger Ihren hübschen Kopf zerbrechen müssen.“

„Ich zerbreche mir nicht den Kopf“, betonte sie. „Ich bin nur ein bisschen neugierig.“

Er zog eine Augenbraue hoch. „Nur ein bisschen?“

„Ganz genau“, log sie.

„Ich verstehe.“ Sein selbstbewusstes Lächeln verriet, dass er ihr nicht glaubte. „Nun, es ist mir ein Vergnügen, Ihre Neugier zu befriedigen.“ Wie er das Wort „befriedigen“ betonte, jagte ihr einen heißen Schauer durch den Körper.

„Was wollen Sie, Mr. Westmore?“

„Ich möchte Sie besser kennenlernen.“ Seine Augen funkelten triumphierend. „Viel besser.“

Damit hatte sie gerechnet. War darauf vorbreitet, ihm einen Korb zu geben, ihn in seine Schranken zu weisen. Doch die Worte wollten ihr nicht über die Lippen kommen.

„Deshalb haben Sie sich also die ganze Mühe gemacht“, erwiderte sie und versuchte, so gleichgültig wie möglich zu klingen. „Um mit mir auszugehen?“ Sie klimperte mit den Wimpern. „Da sollte ich mich wohl geschmeichelt fühlen.“

„Ehrlich gesagt, ist das nicht der eigentliche Grund, warum ich angerufen habe“, gestand er ungerührt.

„Sondern?“

Sein Lächeln war gefährlich. „Ich bin gekommen, um den Schaden an Ihrem Wagen zu bezahlen.“

Sie war so überrascht, dass es ihr kurzzeitig die Sprache verschlug. „Soll das ein Witz sein?“

„Ich habe den Schaden verursacht, also zahle ich auch. Das sind die Regeln.“

„Brechen Sie nie die Regeln?“

„Nie.“

„So ein Glück“, murmelte sie und fand es zu ihrer eigenen Überraschung irgendwie sexy.

Sie selbst hielt nicht besonders viel von Regeln und Vorschriften. Was war so schlimm daran, sie zu umgehen, solange man niemandem schadete? Und sie hatte sich stets zu Männern mit einer ähnlich lockeren Einstellung hingezogen gefühlt.

Seit ein Junge, für den sie schwärmte, sie im zarten Alter von zwölf zum Ladendiebstahl angestiftet hatte, war sie allerdings ein gesetzestreuer Bürger. Tagelang hatte das schlechte Gewissen sie zermürbt, bis sie die Tat schließlich ihrem Vater gestand. Er schleppte sie zu dem fraglichen Ladenbesitzer und bestand darauf, dass sie sich entschuldigte und die entwendete Bonbonkette bezahlte. Das war ihr so peinlich, dass sie sich schwor, nie wieder das Gesetz zu brechen.

Doch noch immer stellte sie Gegebenheiten infrage. Wenn sie an Grenzen stieß, empfand sie es als ihre moralische Pflicht, diese zu übertreten. Sie vermutete, dass Callum Westmore anders gestrickt war.

Seit wann stand sie auf Spießer?

„Ganz und gar nicht.“ Seine grünen Augen blitzten auf. „Das sind gute Manieren.“

Komisch, das Funkeln in seinen Augen war alles andere als manierlich.

Sein Blick fiel auf ihre Füße. „Ziehen Sie sich Schuhe an, dann besprechen wir bei einem gemütlichen Abendessen, wie viel ich Ihnen schulde.“

Sein herrischer Tonfall gefiel ihr nicht. Der Mann war es offenbar gewohnt, Frauen herumzukommandieren. Doch sie beschloss, nicht zu widersprechen. Jedenfalls vorerst nicht. Die Aussicht, den Abend mit ihm zu verbringen, war zu verlockend. Vor allem, weil sie ja wusste, dass es bei diesem einen Abend bleiben würde. Er war einfach nicht ihr Typ. Und ein gemeinsamer Abend würde das bestätigen.

„Unter einer Bedingung“, erwiderte sie. „Ich suche das Restaurant aus.“

In der Bar ihres Freundes Sol Cuban auf dem Camden Lock Market war freitags immer Salsa-Nacht, ein beliebter Treffpunkt für ihren großen Freundeskreis.

In diesem feurigen Ambiente würde sich Callum Westmore mit Anzug und Krawatte zweifellos unbehaglich fühlen und sich – bei aller Arroganz – nicht auf die Tanzfläche wagen. Fast tat er ihr leid. Aber sie hoffte, auf diese Weise den sonderbaren Zauber zu brechen, dem sie erlegen war. Und am Ende des Abends würde sie den Mann ohne Bedauern in die Wüste schicken.

Außerdem hatte ihr Mechaniker Dave bereits zweihundert Pfund für die Reparaturen an Scarlett berechnet, und sie konnte es sich nicht leisten, Westmores Angebot auszuschlagen.

Nichts ahnend nickte er. „Solange das Essen genießbar ist und ich die Rechnung bezahlen darf, habe ich damit kein Problem.“

Während Ruby ihre Schuhe holte und ihr Make-up auffrischte, verspürte sie den Anflug eines schlechten Gewissens. Normalerweise bestand sie darauf, die Rechnung beim ersten Date zu teilen, und den armen Mann für seine Schmach auch noch bezahlen zu lassen kam ihr ein bisschen gemein vor. Doch als sie in die Abendsonne trat und Callum Westmore lässig an sein teures italienisches Cabrio gelehnt sah, wich das schlechte Gewissen prickelnder Erwartung. Es konnte nicht schaden, wenn dieser Macho einen kleinen Dämpfer bekam.

Am Ende der Nacht würde der unwiderstehliche Callum Westmore begriffen haben, dass nicht jede Frau ihm automatisch zu Füßen lag.

Kaum hatten sie die betriebsame Bar am Kanal des Camden Market betreten, begriff Cal, welches Spiel Ruby spielte.

Sie winkte dem Barmann zu und ging in ihrem figurbetonten Kleid im Stil der Fünfzigerjahre voraus, lasziv die Hüften schwingend. Ein dunkelhäutiger junger Mann eilte herbei, warf Callum einen abschätzenden Blick zu und führte sie zu einem ruhigen Tisch am anderen Ende der Tanzfläche.

Callum legte seine Handfläche auf die nackte Haut von Rubys Rücken, um sie durch die voll besetzen Tische zu dirigieren, und spürte, wie sie leicht zusammenzuckte. Ein Lächeln glitt über sein Gesicht, als er den Blick des Kellners auffing.

Das Publikum war jung und schick, die Musik der Band laut und mitreißend, und der Geruch von frischem Schweiß und exotischen Gewürzen nahezu überwältigend. Auf der Terrasse am Kanal tanzten anmutige Pärchen leichtfüßig die komplizierten Salsa-Schrittfolgen, wobei ihre schlanken, jungen Körper sich im Beat der Bongos aneinanderrieben. Um nicht einmal sechs Uhr war der Laden schon brechend voll.

Eine der Kellnerinnen, die ein Tablett mit Tapas und mexikanischem Bier balancierte, blieb stehen, um Ruby mit einem flüchtigen Kuss zu begrüßen. Dann lächelte sie vielsagend und flüsterte ihr etwas ins Ohr, während sie Callum gründlich musterte. Bevor sie bei ihrem Tisch ankamen, waren sie ein Dutzend Mal angehalten worden, und jedes Mal hatte Ruby ihn über den Lärm der Musik und der Stimmen hinweg vorgestellt. Ihr Gesicht strahlte.

Nachdem Callum sein Jackett ausgezogen hatte, hängte er es über den Stuhl. Dann nahm er seine Krawatte ab, steckte sie in die Tasche und knöpfte die obersten Knöpfe seines Hemdes auf.

Mit der Wahl des Restaurants wollte Ruby ihn bloßstellen, so viel hatte er begriffen. Zweifellos hielt sie ihn für einen langweiligen Anzugträger, der sich zu fein für eine ehrliche Bar war. Er musste lächeln.

Leider hatte Ruby sich verrechnet. So leicht ließ er sich nicht ins Bockshorn jagen. Er war weder der Snob, für den sie ihn fälschlicherweise hielt, noch ein Spielverderber. Und zufällig tanzte er gern, vor allem mit einer schönen Frau, nach der er sich schon den ganzen Tag verzehrte.

Lateinamerikanische Tänze konnten eine sehr befriedigende Form des Vorspiels sein, vor allem, wenn man die Schritte kannte – und er hatte das bestimmte Gefühl, dass Ruby diesen Tanz sehr gut beherrschte. Was sie nicht ahnte, war, dass er ihn ebenfalls perfekt tanzte.

Er machte es sich auf seinem Stuhl bequem und wartete, bis sie ihr Gespräch mit einem weiteren Freund beendet hatte, der an den Tisch gekommen war, um sie zu begrüßen. Als der junge Mann sie um die Taille fasste und ihr einen flüchtigen Kuss gab, versteifte Callum sich unwillkürlich und musste sich zwingen, locker zu bleiben. Vermutlich gab Ruby sich extra seinetwegen so aufgekratzt und leutselig, also lehnte er sich zurück und genoss die Show.

Sie befreite sich aus den Armen des Mannes und tätschelte ihm freundlich die Wange. Ihre ganze Körpersprache verriet, dass sie die Aufmerksamkeit zwar genoss, die Freundschaft jedoch rein platonisch war. Der Mann nickte ihm kurz zu, als Ruby ihn vorstellte, dann verschwand er wieder in der Menge, offenbar gewohnt, einen Korb zu bekommen.

Was das Flirten anging, war sie wirklich ein Naturtalent. Sie besaß die Gabe, mit den Männern zu spielen, ohne ihnen falsche Hoffnungen zu machen.

Wahrscheinlich ging Ruby Delisantro nur mit Männern aus, die sie die Führung übernehmen ließen. Und sicher gab es keinen Mangel an willigen Kandidaten, die von ihren sinnlichen Kurven, ihrem bildschönen Gesicht und ihrem Temperament fasziniert waren.

Doch das war, bevor sie ihn kennengelernt hatte.

Er streckte die Beine aus und freute sich auf den bevorstehenden Abend.

Wann hatte er sich zuletzt anstrengen müssen, um eine Frau zu verführen?

Gemma und fast alle ihre Vorgängerinnen hatte er vor allem deshalb ausgewählt, weil sie bereit waren, sich seinen Wünschen zu fügen. Er war immer den Weg des geringsten Widerstands gegangen. Erst heute Abend ging ihm auf, dass sein Liebesleben dadurch ziemlich langweilig geworden war.

Möglicherweise war Ruby mit ihrer impulsiven, koketten Art, ihrem losen Mundwerk und ihrem Führungsanspruch ziemlich anstrengend, aber genau diese Eigenschaften machten sie auch unwiderstehlich sexy. Und angesichts der Erregung, die ihn beim Anblick ihres Dekolletés durchflutete, war es das Risiko wert.

Den Arm auf ihrer Stuhllehne, beugte er sich vor und strich ihr die wilden Locken hinters Ohr. „Netter Laden“, murmelte er und bemerkte, wie sie erbebte, als sein Atem über ihr Ohrläppchen strich. „Warum bestellen Sie nicht für uns beide? Sie scheinen hier gute Beziehungen zu haben, und ich bin am Verhungern.“ Wahrscheinlich kannte sie die Speisekarte auswendig. „Und dann können wir die Kalorien abtanzen, bevor wir über die Schadensregulierung reden.“

Ihre großen braunen Augen weiteten sich. „Sie können Salsa tanzen?“

„Lassen Sie sich überraschen.“ Er strich mit dem Daumen über ihren Nacken. „Sie werden sehen, ich habe noch ganz andere Talente.“

Nur mit Mühe konnte er sich beherrschen, nicht laut loszulachen, als er Verwunderung in ihren Augen aufblitzen sah – und dahinter dunkel schimmerndes Verlangen.

Eins zu null für mich.

Um Himmels willen.

Der Mann schien sich nicht im Geringsten unwohl zu fühlen. Im Gegenteil!

Als er mit dem Daumen ganz leicht über ihren Nacken strich, durchlief sie ein wohliger Schauer der Erregung. Um der süßen Qual zu entrinnen, bevor sie noch auf dumme Gedanken kam, gab Ruby Sols Frau Chantelle ein Zeichen und bestellte eine Auswahl von Tapas und für sich eine Margarita. Westmore bestellte ein Bier – in fließendem Spanisch.

Chantelle wechselte ein paar Worte mit ihm, wovon Ruby kaum mehr als zwei verstand. Lachend beugte die Kellnerin sich vor, um die leeren Teller und Gläser abzuräumen, die noch auf ihrem Tisch standen.

„Heißer Typ, querida“, flüsterte sie in Rubys Ohr. „Verbrenn dir nicht die Finger!“

Nachdem Chantelle, das Tablett lässig balancierend, verschwunden war, musterte Ruby den Mann an ihrem Tisch. Und musste widerwillig zugeben, dass ihr erster Eindruck sie getäuscht hatte.

Er hatte die Ärmel hochgekrempelt, und ihr Blick wurde magisch von den Muskeln seiner Unterarme angezogen, während er zum Rhythmus der Musik auf den Tisch trommelte.

Er war tatsächlich heiß. Aber die Finger würde sie sich bestimmt nicht an ihm verbrennen.

„Wo haben Sie so gut Spanisch gelernt?“, fragte sie in der Hoffnung, die Situation mit höflichem Smalltalk zu entschärfen.

„Nach dem Jurastudium habe ich einige Jahre in Barcelona gelebt.“

„Sie sind Anwalt?“ Das erklärte natürlich seine Verbundenheit mit dem Rechtsstaat – nicht aber seine unwiderstehliche Anziehungskraft auf sie.

„Ich arbeite vor allem als Verteidiger“, fügte er wie nebenbei hinzu.

Irgendwie konnte sie sich gut vorstellen, wie er in Robe und mit weißer Perücke vor Gericht sein Plädoyer hielt.

„Und Sie verdienen Ihren Lebensunterhalt mit Cupcakes?“, konterte er.

„So ist es.“ In Erwartung einer abfälligen Bemerkung straffte sie die Schultern. Viele Leute fanden ihren Job albern und belanglos. Sie konnte sich schon vorstellen, was ein studierter Jurist von ihrer kleinen Bäckerei hielt.

„Und laut Standard sind es die besten Cupcakes der Stadt.“

„Sie lesen Ed Moulders Artikel?“ Der Restaurantkritiker hatte von Zuckersüß & Co. geschwärmt, und Ruby war wahnsinnig stolz darauf, doch die Bewunderung in Callums Stimme überraschte sie.

„Der Mann kam ja aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus“, fügte er hinzu. „Und er ist bekanntermaßen schwer zufriedenzustellen.“

„Meine Cupcakes können sehr verlockend sein“, sagte sie mit verführerischer Stimme.

„Das kann ich mir lebhaft vorstellen.“ Seine Augen verdunkelten sich, als er ihre Hand vom Tisch nahm und die Handfläche nach oben drehte. Das Stimmengewirr, der wilde Rhythmus der Musik schienen immer mehr zu verblassen, bis sie nur noch ihren eigenen Herzschlag hörte und das leise Murmeln seiner Stimme. „Aber die Frage ist doch, schmecken sie auch so gut wie du?“

Wie hypnotisiert sah sie zu, als er ihre Hand an seinen Mund hob und zärtlich daran knabberte. Hitze schoss in ihre Brüste, die schmerzend gegen ihren Push-up drängten.

Ihr stockte der Atem.

Der Spruch war kitschig, ja abgedroschen – und sein spöttisches Lächeln verriet, dass er es wusste. Aber es hatte ihr die Sprache verschlagen.

Als Chantelles Rückkehr den Zauber brach, kehrte der Lärm der Bar zurück. Ihre Freundin stellte Speisen und Getränke ab und zwinkerte Ruby zu.

Die aufsteigende Röte in ihren Wangen geflissentlich ignorierend, trank sie hastig einen Schluck von ihrer Margarita, während ihre Freundin wieder verschwand. Das erfrischend süße Aroma von Zitrus und Tequila schmeckte wie Nektar, als es durch ihre Kehle rann.

Callum prostete ihr mit der Bierflasche zu, ehe er sie an die Lippen setzte. Ihr Blick fiel auf seine Kehle, während er schluckte, und plötzlich fühlte sie sich benommen.

Heiliger Strohsack. Jetzt verbrannte sie sich doch die Finger.

Schon der Anblick seiner schlanken Finger am Flaschenhals und der Schweißschimmer auf seinem Adamsapfel versetzten sie in eine Erregung, die sie seit Monaten nicht mehr gespürt hatte. So vorsichtig, so zurückhaltend war sie in letzter Zeit gewesen. Doch während der hämmernde Salsa-Rhythmus durch ihre Adern pulsierte und sie Callum begierig trinken sah, fühlte Ruby ihre guten Vorsätze in die schwüle Sommernacht davonschweben.

Wen kümmerte es? Was sprach dagegen, ein bisschen Spaß zu haben? Es war so lange her, dass sie ihrem Drang zu flirten nachgegeben hatte. Und Callum Westmore war so appetitlich, dass es eine Schande wäre, sich nicht an ihm die Finger zu verbrennen.

3. KAPITEL

„Ruby, versuchst du schon wieder zu führen?“, neckte Callum, sein Atem prickelnd an ihrem Ohrläppchen. „Ich muss dir wohl zeigen, wer hier der Boss ist.“

„Versuch’s doch“, scherzte Ruby und hielt sich lachend an ihm fest, als er sie herumwirbelte und für eine quälende Sekunde über seinen Arm neigte.

„Siehst du?“

Sie atmete das würzige Aroma seines Rasierwassers ein und gab sich ganz dem lasziven Rhythmus der Musik hin. Sein Arm lag so fest um ihre Taille, dass sie jeden Zentimeter seines durchtrainierten, schlanken Körpers spürte.

Er war ein guter Tänzer. Ein außergewöhnlich guter Tänzer. Er kannte nicht nur die Schrittfolgen, sondern bewegte sich auch mit fließender, natürlicher Anmut und gebieterischer Selbstverständlichkeit.

Nach zwei Margaritas, nur wenigen Bissen der scharfen Tapas und einer Stunde hemmungslosen Flirtens fiel es Ruby dagegen schwer, sich aufs Tanzen zu konzentrieren. Jede Faser ihres Körpers schien vor Leidenschaft zu pulsieren.

Das Verlangen, seine Hände auf ihrem nackten Körper zu spüren, das salzige Aroma seiner Haut zu schmecken, war schier überwältigend, und das Gefühl der Berauschtheit hatte nichts mit den exotischen Cocktails zu tun.

Eine leise Stimme in ihrem Kopf sagte ihr, dass er genau das geplant hatte. Den ganzen Abend gab er ihr mit seinen langen, heißen Blicken das Gefühl, die einzige Frau in der Bar zu sein.

Jedes Mal, wenn sie sich mit der Zunge über die trockenen Lippen fuhr, wanderte sein Blick zu ihrem Mund. Und jetzt besiegelte er seine Eroberung, indem er sie fest an sich presste und zu einem sinnlichen Rhythmus zwischen Verführung und Verheißung über die Tanzfläche dirigierte.

Doch je tiefer sie seinen betörenden Duft einatmete, je länger seine raue Stimme ihr die Sinne raubte, je intensiver der Körperkontakt, desto leiser wurde die mahnende Stimme in ihrem Kopf.

Auf einen One-Night-Stand hatte sie sich bisher nie eingelassen. Die Vorstellung hatte ihr nicht behagt. Warum sollte sie einen Mann, den sie nicht kannte – und der sie nicht kannte –, so nahe an sich heranlassen? Doch mit einem Mal erschien ihr die Anonymität einer einzigen leidenschaftlichen Nacht überaus reizvoll.

Zwar hatte sie Beziehungen einstweilen abgeschworen, aber eine einzige Nacht zählte doch wohl nicht.

Und wenn schon ein One-Night-Stand, dann wenigstens mit einem Mann, der die erotische Ausstrahlung eines Casanovas besaß – und ungefähr halb so viel Tiefgang.

Einem Callum Westmore konnte man nicht wehtun, selbst wenn man wollte.

Die Musik verstummte.

Callum ließ seine Hand zu ihrer Hüfte hinunterwandern und presste ein Bein zwischen ihre Schenkel. Ihre Augen blieben an seinen Lippen hängen, und sie bemerkte den Schatten seines Bartwuchses auf seinen Wangen.

Er fluchte leise, dann nahm er ihren Kopf in seine Hände und verschloss ihre Lippen mit einem Kuss.

Die Berührung war elektrisierend, sein Mund fest und warm. Das drängende Pulsieren zwischen ihren Schenkeln explodierte, als er den Kuss vertiefte und sie sich seinem Verlangen ergab.

„Lass uns gehen“, stieß er atemlos hervor. „Ich betreibe Sex nicht als Zuschauersport.“

Ja, bitte.

In Gedanken schrie sie die Worte, doch sie konnte nur nicken, stumm vor Begehren, während ihre Lippen noch von seinem leidenschaftlichen Kuss brannten.

Callum hielt Rubys Hand ganz fest, als er sie hinter sich her durch die Bar zog, wild entschlossen, sie nicht auch nur eine Sekunde loszulassen. Was am Anfang Spaß gewesen war, das aufreizende Vorspiel aus Flirt und Gegenflirt, hatte sich in quälendes Verlangen verwandelt, das ihn in den Wahnsinn zu treiben drohte, wenn er sie nicht ganz schnell ins Bett bekam.

Er zog sein Jackett vom Stuhl, nahm sein Portemonnaie und warf ein Bündel Zwanzig-Pfund-Noten auf den Tisch.

„Das ist zu viel!“, versuchte Ruby ihn aufzuhalten, als er erneut ihre Hand fasste und sie durch die Menge zum Ausgang dirigierte.

Mit einem Blick über die Schulter sah er ihr gerötetes Gesicht, die Lippen vom leidenschaftlichen Kuss auf der Tanzfläche geschwollen. „Willst du auf das Wechselgeld warten?“

Sie dachte kurz nach, bevor ihre vollen Lippen sich zu einem Lächeln verzogen. „Da hat Chantelle heute aber Glück.“

Sein Lachen klang angespannt. „Ich hoffe doch sehr, nicht nur sie.“

Die laue Abendluft trug nicht dazu bei, die Atmosphäre abzukühlen, als er Ruby zu seinem Wagen geleitete. „Wo wohnst du?“, wollte er wissen, als er eilig die Beifahrertür öffnete.

„Tufnell Park.“

Er schlug die Tür zu, umrundete den Wagen und sprang auf den Fahrersitz, startete den Motor und legte den Gang ein. „Ich wohne im Süden von Hampstead Heath.“ Mit ungeduldig aufheulendem Motor fuhr er los, musste jedoch an einer Ampel in der Camden High Road gleich wieder anhalten. Während er mit den Fingern das Lenkrad umklammerte, blickte er zu seiner Beifahrerin. „Meine Wohnung liegt näher.“

Ihr Lächelnd wurde breiter. „Ausgezeichnet.“

Er beugte sich vor, fuhr mit den Fingern in ihr Haar und zog sie an sich, unfähig, auch nur einen Moment länger zu warten, sie erneut zu schmecken.

Das Hupen hinter ihnen zwang ihn, von ihr abzulassen, während sein ganzes Blut in Richtung seiner Lenden zu fließen schien. „Dann also zu mir.“

Sie nickte, ihr Blick so benommen, wie er sich fühlte.

Er trat das Gaspedal durch und fuhr mit quietschenden Reifen davon.

Reiß dich zusammen, Westmore. Es geht um Sex. Nicht um Leben und Tod.

Zischend stieß er die Luft aus und zwang sich, das Tempolimit einzuhalten, während er den Wagen durch die Seitenstraßen nach Hampstead Heath lenkte.

Als sie das viktorianische Villenviertel erreichten, ging sein Atem wieder einigermaßen normal. Er stieg aus dem Wagen und zupfte an seiner Hose, um den Druck zu lindern. Ruby stieg ebenfalls aus. Ihre Brüste drängten an den dünnen Stoff ihres Kleides. Er streckte die Hand aus, doch statt sie zu ergreifen, hielt sie ihre Tasche vor den Bauch, und ein Schatten huschte über ihr Gesicht.

„Stimmt etwas nicht?“, fragte er, schroffer als beabsichtigt.

Wenn sie es sich jetzt anders überlegte, würde er wahrscheinlich bleibende Schäden davontragen.

Sie räusperte sich. „Zwei Sachen.“ Sie presste die Tasche noch fester an sich. „Erstens habe ich keine Kondome dabei. Auf so etwas war ich nicht vorbereitet.“

Die Erleichterung war ihm anzusehen. „Ich habe Kondome.“ Obwohl er immer Kondome benutzte, war er beeindruckt, dass sie einen kühlen Kopf behielt – zumal er wusste, dass das Verlangen in ihr ebenso heiß brannte wie in ihm. „Und was noch?“

„Es ist alles so überstürzt“, sagte sie mit bebender Stimme. „Ich brauche Zeit.“

„Wie bitte?“ Offenbar hatte sein Gehirn schon jetzt Schaden genommen, denn Callum hatte keine Ahnung, wovon Ruby redete.

Zischend stieß sie die Luft aus. „Offenbar fühlen wir uns sehr zueinander hingezogen.“

Also, wo ist das Problem?

„Stimmt“, sagte er mit gepresster Stimme, bemüht, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Was auch immer das Problem war, er musste sie ausreden lassen. Auf keinen Fall durfte er sie verschrecken.

„Aber ich habe das noch nie gemacht.“

Dieses freimütige Geständnis, das sie offenbar große Überwindung kostete, machte ihn nur noch ratloser.

„Was genau meinst du damit?“, fragte er vorsichtig. Wollte sie damit etwa andeuten, dass sie noch Jungfrau war?

„Einen One-Night-Stand. Normalerweise gehe ich nicht gleich am ersten Abend mit einem Mann ins Bett.“

Eine Welle der Erleichterung durchströmte ihn. Erleichterung und noch etwas anderes, das er lieber nicht genauer analysierte. Sie sprang also nicht gleich mit jedem ins Bett. Na und? Warum sollte ihn das interessieren?

„Wo ist das Problem?“, wollte er wissen und wünschte, sie würde endlich zum Punkt kommen.

„Das Problem ist …“, begann sie und senkte den Blick.

Endlich.

„Ich gehöre nicht zu den Frauen, die spontan einen Orgasmus bekommen.“ Die Worte sprudelten aus ihr hervor. Dann begegnete sie seinem Blick, die Lippen zusammengepresst, die Wangen gerötet. „Deshalb würde ich es begrüßen, wenn du dir etwas mehr Zeit lässt“, erklärte sie.

Seine Lippen zuckten, als er den Trotz in ihrer Stimme wahrnahm.

Sie meinte es tatsächlich ernst. Die Männer, mit denen sie ausging, mussten allesamt Idioten sein.

Er bemühte sich, das Lachen, das in seiner Brust aufstieg, zu unterdrücken. Bemühte sich wirklich sehr.

Vielleicht lag es an der extremen erotischen Spannung, dass er sich nicht beherrschen konnte, oder an ihrem entzückenden Schmollmund. Was auch der Grund war, er war machtlos.

„Was ist so lustig?“ Ihre Stimme klang gereizt.

Er packte ihre Handgelenke und zog Ruby in seine Arme. „Lass mich nur machen“, lachte er weiter, als sie sich wehrte.

„Siehst du, genau das ist das Problem“, sagte sie, kein bisschen beschwichtigt. Ihre Augen funkelten. „Du kennst mich überhaupt nicht, aber du gehst sofort davon aus …“

Mit einem Kuss brachte er sie zum Schweigen. Schnell war ihr Verlangen größer als ihr Unmut, und sie hörte auf, sich zu wehren. Und er ließ sich Zeit. Hörte, wie sie scharf die Luft einsog, als er mit der Zungenspitze ihre Lippen nachzeichnete. Genoss ihr leises Stöhnen, als er an ihrer sinnlichen Unterlippe knabberte. Atmete ihren Duft, eine köstliche Mischung aus Zitrone und Vanille, ein ebenso süßer wie berauschender Cocktail aus Aromen. Sein Verlangen wuchs ins Unermessliche, als sie sich, die Finger in seinem Haar, an ihn presste.

Die Stirn an ihre gelehnt, nahm er ihr Gesicht in seine Hände und lauschte ihrem abgehackten Atem.

„Ich dränge dich nicht“, murmelte er, inzwischen ganz ernst. „Den ganzen Tag habe ich auf diesen Moment gewartet, und du kannst mir glauben, dass ich vorhabe, jede einzelne Sekunde zu genießen.“

Seine Lippen zuckten, als er den Kopf hob und ihre geweiteten Pupillen sah – und die kleine Sorgenfalte auf ihrer Stirn.

„Ich weiß, was ich tue“, fügte er hinzu.

„Ja, aber du weißt nicht …“

„Und ich brauche keine Anweisungen“, unterbrach er sie lächelnd. Verdammt, sie war aber auch hartnäckig. „Ich finde, das verdirbt den Spaß.“

Sie befreite sich aus seinen Armen und stemmte die Hände in die Hüften. Die Sorgenfalte auf ihrer Stirn erinnerte jetzt an den Grand Canyon. „Ich hätte mir denken können, dass es dir nicht passt, wenn …“

„Genug geredet.“

„Wie bitte?“

Mit einem Schritt nach vorn nahm er ihr die Tasche aus der Hand.

„Hey, gib die zurück.“

Ohne auf ihren Protest zu achten, packte er mit der anderen Hand ihr Handgelenk, beugte sich vor und hievte sie auf seine Schulter.

„Was tust du?“, kreischte sie, obwohl ziemlich offensichtlich war, dass er auf seine Haustür zusteuerte.

„Ich rede gern“, sagte er im Plauderton, während er seinen Sicherheitscode eingab. „Im Grunde verdiene ich sogar mein Geld damit.“ Er stieß die Tür auf. „Doch selbst ich habe meine Grenzen.“

„Lass mich runter!“, verlangte sie, nachdem sie wieder zu Atem gekommen war. „Das ist doch absurd!“

Mit dem Ellbogen schaltete er das Licht an.

„Und wahrscheinlich illegal“, keuchte sie, weil sein Schulterblatt in ihr Zwerchfell drückte. „Ich werde dich verklagen.“

Adrenalin pumpte durch seinen Körper, als er die Stufen hochstieg, zwei auf einmal nehmend.

„Nur zu.“ Er stellte sie auf ihre Füße und lachte über ihr trotziges Gesicht, die vor Erregung geröteten Wangen. „Kein Richter würde mich für schuldig befinden.“

Rebellisch reckte sie das Kinn. „Wenn es eine Frau wäre, ganz sicher.“

„Wollen wir wetten?“ Er nahm seinen Schlüssel aus der Tasche und steckte ihn ins Schloss. Als die Tür offen war, nahm er ihre Hand und zog sie hinein.

„Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du ziemlich arrogant bist?“, bemerkte sie, als er seine Hände über ihrem Kopf an die Wand legte, sodass sie gefangen war.

„Ja. Du.“ Er verbarg sein Gesicht an ihrem Hals. „Und zwar mehr als einmal.“

Ihr beschleunigter Atem strich über seine Wange. Den Mund an ihrem Puls, hörte er, wie sie leise seufzend kapitulierte. Er hob den Kopf, fuhr mit den Fingern über ihr Schlüsselbein, strich mit den Händen an den Seiten ihrer Brüste entlang. Ihr Körper erbebte, als er mit den Daumen die aufgerichteten Brustwarzen unter dem Kleid umkreiste.

„Und du bist ziemlich widerborstig“, murmelte er, während er ihre Hüfte umfasste. Warum fand er das nur so unglaublich sexy?

Ihre großen braunen Augen weiteten sich, als er sich an sie presste.

„Womit wir quitt wären.“ Und damit fasste er sie am Handgelenk und zog sie in sein Schlafzimmer.

Ihre Absätze hallten auf dem glänzenden Holzfußboden wider, als sie versuchte, mit ihm Schritt zu halten. Doch zu seiner Genugtuung verkniff sie sich eine Retourkutsche.

In ihrem ganzen Leben war Ruby noch nicht so grob behandelt worden. Allerdings hatte sie auch noch nie ein so intensives Verlangen empfunden.

Hatte Callum sie wirklich die Stufen hochgetragen? Wie Rhett Butler seine Scarlett O’Hara?

Natürlich fand sie sein dominantes Auftreten alles andere als romantisch, doch sie konnte nicht bestreiten, dass es sie unglaublich anmachte.

Außerdem fühlte es sich so gut an, wie er sich an sie presste, als er ihr den größten Knutschfleck ihres Lebens verpasste. Sie war so erregt, dass ihr Puls nicht nur raste – er tanzte Samba. Und ihre Brustspitzen waren so hart, dass sie fast schmerzten.

Während er sie ins Schlafzimmer zog, bewunderte sie die Flügeltüren, die auf einen Balkon mit Blick auf Hampstead Heath führten. Doch ihr blieb kaum Zeit, sich daran zu ergötzen, wie die untergehende Sonne die Bäume auf dem Parliament Hill in leuchtendes Orange tauchte, da hörte sie, wie sich ein Reißverschluss öffnete, und drehte sich erschrocken um.

Sie presste das lose Oberteil ihres Kleides an die Brust. „Augenblick mal!“

Ungerührt legte er ihr einen Finger auf die Schulter und versetzte ihr einen leichten Schubs, sodass ihre Kniekehlen an das Bett stießen, und sie kippte kurzerhand auf die hellblaue Bettdecke. Als sie sich aufrappelte, löste sich das Oberteil ihres Kleides und entblößte einen roten Spitzen-BH.

„Ich sagte doch, ich lasse mich nicht drängen“, protestierte sie, als er sich auf das Bett kniete, ein verführerisches Funkeln in den Augen.

Eine starke Hand legte sich um ihren Knöchel.

„Wer hat etwas von drängen gesagt?“ Seine heisere Stimme ließ ihre Nervenenden vibrieren.

Er streifte einen Schuh von ihrem Fuß und warf ihn über die Schulter. Dann drückte er den Daumen in ihre Fußsohle, und sie bog sich stöhnend zurück, als Hitze in ihre Wade strömte und ihre verspannten Muskeln erbeben ließ. Er massierte sie mit starken Fingern, bis ihre Muskeln sich warm und geschmeidig anfühlten, dann wandte er seine Aufmerksamkeit dem anderen Fuß zu.

Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als er ihren Fuß an seine Lippen hob und daran knabberte, während er mit seinen smaragdgrünen Augen ihren Blick gefangen hielt.

Erstaunt, dass er erogene Zonen entdeckte, von denen sie keine Ahnung hatte, schnappte sie nach Luft. Dann ließ er seine Hände an ihren Beinen hinaufwandern, gefolgt von einer Spur aus Küssen, und hakte die Finger unter den Bund ihres Höschens.

Bereitwillig hob sie den Po an, als er das rote Spitzenhöschen abstreifte, genoss die leichte Brise vom Balkon, als er den Saum ihres Kleides anhob, sodass sich der Rock um ihre Taille bauschte. Mit einem Blick nach unten begriff sie zu ihrer Bestürzung, dass sie ganz seinen Blicken ausgeliefert war.

„Was tust du?“, fragte sie atemlos. Ihre Lungen fühlten sich an, als wollten sie explodieren.

Er blickte auf, die tiefgrünen Augen voller Bewunderung. „Ich nehme mir Zeit, schon vergessen?“

„Aber du kannst nicht … Ich bin nicht …“ Ihr Protest blieb ihr in der Kehle stecken, als er seine Zunge über die Innenseite ihres Oberschenkels tanzen ließ. Sie erkannte ihre Stimme nicht wieder, als sich ein tiefer, sehnsüchtiger Laut ihrer Kehle entrang. Ihr Kopf fiel zurück auf das Kissen, und sie überließ sich der süßen Qual seiner Liebkosungen.

„Braves Mädchen.“ Sein zufriedenes Lachen hätte sie aufregen sollen, doch sie konnte keinen klaren Gedanken fassen, geschweige denn protestieren, als er sich mit seiner Zunge in quälend langsamen Kreisen dem Zentrum ihrer Lust näherte.

Er ergriff ihre Hüften, während ihr Körper unter seinen Lippen, seiner Zunge, seinen Zähnen erbebte, der Ekstase nahe und bereit für ihn.

„Bitte …“, flehte sie, Verzweiflung in der Stimme, und es war ihr inzwischen ganz egal, wer die Kontrolle hatte, wer das Tempo bestimmte, solange er nur nicht aufhörte.

Dann berührten seine Lippen sie dort, wo ihr Verlangen am heißesten brannte, und ihr lustvolles Stöhnen durchschnitt die schwüle Stille, die Erfüllung so nah und doch so unerreichbar.

„Kannst du …?“, begann sie, verstummte jedoch sofort wieder, als er mit einem Finger in sie eindrang, während sein Mund sie weiter liebkoste.

Ihre Leidenschaft entlud sich in einem gewaltigen Feuersturm, der ihren ganzen Körper erfasste. Ruby schrie auf, als der Orgasmus sie in heißen Wellen durchflutete.

„Du bist ganz schön laut beim Sex.“

Blinzelnd blickte Ruby zu Callum auf, als er sich neben ihr auf den Ellbogen stützte.

„Gut zu wissen“, lächelte er selbstzufrieden, doch sie war noch viel zu benommen, um darauf zu reagieren.

Was hatte er mit ihr getan?

„Ich bin eben eine leidenschaftliche Frau“, murmelte sie, weil sie es für klüger hielt, ihm nicht auf die Nase zu binden, dass sie noch nie einen so intensiven Orgasmus gehabt hatte. Sein Selbstbewusstsein war auch so schon groß genug.

„Das ist mir nicht entgangen“, bemerkte er und hauchte ihr einen Kuss auf die Nase.

Er ließ seinen Blick über ihren Körper gleiten, und sie unterdrückte tapfer den Drang, sich etwas überzuziehen, konnte jedoch nicht verhindern, dass sie errötete.

Halb nackt ausgestreckt auf seinem Bett, noch ganz benommen von dem phänomenalsten Orgasmus ihres Lebens, fühlte sie sich vollkommen ausgeliefert.

Mit dem Daumen fuhr er unter den dünnen Träger ihres BHs, und sofort versteiften sich ihre Brustspitzen. Sein Blick wanderte zurück zu ihrem Gesicht.

„Ich will dich nackt sehen“, murmelte er.

Sie hörte es klicken, als er mit einer Hand ihren BH öffnete, sein verführerisches Lächeln wie ein Versprechen.

„Du bist wunderschön.“ Er wog ihre Brüste in den Händen und fuhr mit der Zunge über eine Brustwarze.

Sie fasste mit den Fingern in sein kurzes Haar, als zu ihrer Überraschung erneut Verlangen in ihr aufflammte und sie einen seltsamen Stich in der Herzgegend verspürte.

„Ich will dich auch nackt sehen“, hauchte sie.

Lächelnd hob er den Kopf. „Dein Wunsch ist mir Befehl.“

Mit unverhüllter Hast zog er sein Hemd über den Kopf, sodass die Knöpfe absprangen.

Während er mit seinem Gürtel beschäftigt war, nutzte Ruby die Gelegenheit, um sich aus ihrem Kleid zu schälen.

Nachdenken konnte sie später – über ihre unvorhergesehene Reaktion, die nicht zuletzt seinen unbestreitbaren Qualitäten als Liebhaber zu verdanken war. Er hatte nicht zu viel versprochen.

Doch da spürte sie schon, wie die Matratze nachgab, als er sich neben ihr aufs Bett kniete, und sie nahm den Anblick seines wie gemeißelt wirkenden Oberkörpers in sich auf. Mit seinen wohlgeformten Brustmuskeln und dem stattlichen Sixpack sah er nackt fast noch besser aus. Offenbar trainierte er viel. Als ihr Blick weiter nach unten wanderte, verschlug es ihr fast den Atem.

Du meine Güte.

„Wow“, sagte sie, ohne nachzudenken.

Als sie sein tiefes Lachen hörte, begriff sie, dass sie sich erneut eine Blöße gegeben hatte.

Er umfasste ihre Taille. „Schön, dass ich dir gefalle.“

Als sie die Hände an seine Brust legte, spürte sie das Beben seiner Muskeln. „Bild dir nur nichts ein“, neckte sie ihn, um ein bisschen Boden wettzumachen. „Es kommt nicht auf die Größe an.“

Lachend strich er ihr das Haar aus dem Gesicht, dann begann er an ihrem Ohrläppchen zu knabbern und sandte ein heißes Beben durch ihren Körper. „Dann ist es ja ein Glück für uns beide“, flüsterte er, „dass ich auch noch weiß, was ich tue.“

Gegen ihren Willen musste sie lachen, während es zwischen ihren Beinen erwartungsvoll pulsierte.

Mit den Fingern strich sie über seine muskulösen Schulterblätter und verschränkte die Hände in seinem Nacken.

„Du hast eine ganz schön große Klappe, Westmore“, stichelte sie und zog ihn an sich. „Aber ich will Beweise sehen.“

Er ließ sich nicht zweimal bitten.

Mit einer einzigen, kräftigen Bewegung drang er in sie.

Stöhnend schlang sie die Beine um seinen Körper, hielt sich an den schweißbedeckten Schultern fest und folgte seinem Rhythmus. Während sie seinen heißen Atem an ihrem Ohr spürte, spülten immer heißere Wellen der Wollust durch ihren Körper, so intensiv, dass sie versuchte, dagegen anzukämpfen, getrieben von dem Wunsch, dass er den Gipfel zuerst erreichte.

Plötzlich verlagerte er sein Gewicht und fand mit suchenden Fingern ihre empfindlichste Stelle.

„Nein, nicht“, flehte sie. Doch es war zu spät. Ein wilder Schrei entrang sich ihrer Kehle, als er mit geschickten Liebkosungen einen weiteren überwältigenden Orgasmus auslöste, der sie mit der Kraft eines Fausthiebs traf.

Seinen rauen Aufschrei, als er wenige Sekunden später über dieselbe Klippe in den Abgrund stürzte, hörte sie kaum.

Callum stützte sich auf seine vor Erschöpfung zitternden Arme. Als Ruby ihn freigab, drehte er sich auf den Rücken, erleichtert, dass er nicht auf ihr zusammengeklappt war.

Das war unglaublich gewesen. Er unterdrückte einen Fluch. Nicht unglaublich, geradezu bewusstseinsverändernd.

Er drehte den Kopf und blickte die Frau neben sich an. Sie erwiderte seinen Blick, die schokoladenbraunen Augen verschleiert, als stünde sie unter Schock.

Er wusste, wie sie sich fühlte. Seine Haut spannte, sein Kopf war benebelt, seine Lenden schmerzten noch von der Intensität seines Orgasmus.

Er war ein großer Fan von spektakulärem Sex. Aber das war für seinen Geschmack ein bisschen zu spektakulär gewesen. Nie zuvor hatte er etwas Vergleichbares erlebt.

Leise stieß sie die Luft aus, die Andeutung eines Lächelns auf den Lippen. „Damit wäre es wohl bewiesen“, sagte sie.

„Was?“

„Dass du weißt, was du tust.“

Sein Lachen brach das Eis. „Danke. Es war mir ein Vergnügen.“

Er verdrängte sein Unbehagen. Wo war das Problem? Ja, der Orgasmus war intensiv gewesen, aber das war nach einer Phase der Enthaltsamkeit nur normal.

Doch als er ihr zärtlich eine Strähne hinters Ohr streichen wollte, wich sie vor seiner Berührung zurück. Diese Frau steckte tatsächlich voller Widersprüche, unerschrocken und zaghaft zugleich, erfahren und doch seltsam unberührt.

„Ich sollte lieber gehen“, erklärte sie.