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Königsfamilie in tödlicher Gefahr
Die 18-jährige Evan hat sich beinahe an die schlechte Presse über sie gewöhnt. Immerhin ist gerade erst bekannt geworden, dass sie die uneheliche Tochter des britischen Königs ist - da sind reißerische Schlagzeilen erst der Anfang. Doch das ist nicht ihr einziges Problem: Während immer mehr Informationen über sie an die Öffentlichkeit durchsickern, erhält Evan mysteriöse Drohungen. Und als es zu einem Mordanschlag auf sie und ihre Familie kommt, eskaliert die Lage vollends. Verdächtige gibt es offiziell keine, doch Evan ist sicher, dass die verantwortliche Person nicht irgendwer ist - und dass sie sich mit ihr zusammen im Palast befindet ...
Band 2 der aufregenden Reihe mit glamourösem Setting in der Welt der Royals
Übersetzt von Svantje Volkens
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 584
Königsfamilie in tödlicher Gefahr
Die 18-jährige Evan hat sich beinahe an die schlechte Presse über sie gewöhnt. Immerhin ist gerade erst bekannt geworden, dass sie die uneheliche Tochter des britischen Königs ist – da sind reißerische Schlagzeilen erst der Anfang. Doch das ist nicht ihr einziges Problem: Während immer mehr Informationen über sie an die Öffentlichkeit durchsickern, erhält Evan mysteriöse Drohungen. Und als es zu einem Mordanschlag auf sie und ihre Familie kommt, eskaliert die Lage vollends. Verdächtige gibt es offiziell keine, doch Evan ist sicher, dass die verantwortliche Person nicht irgendwer ist – und dass sie sich mit ihr zusammen im Palast befindet …
Aimée Carter ist preisgekrönte Autorin von mehr als einem Dutzend Büchern. Mit der Kinderbuchreihe ANIMOX eroberte sie die Bestsellerlisten im Sturm. ROYAL BLOOD ist der Auftakt einer königlichen YA-Reihe, die in deutscher Übersetzung bei ONE erscheint.
Vollständige eBook-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Titel der amerikanischen Originalausgabe:
»Royal Scandal«
Für die Originalausgabe:
Copyright © 2024 by Aimée Carter
Published by arrangement with Aimée Carter
Dieses Werk wurde vermittelt durch die
Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH,
30161 Hannover.
Für die deutschsprachige Ausgabe:
Copyright © 2024 by Bastei Lübbe AG,
Schanzenstraße 6–20, 51063 Köln
Vervielfältigungen dieses Werkes für das
Text- und Data-Mining bleiben vorbehalten.
Textredaktion: Beate de Salve
Umschlaggestaltung: Kristin Pang
Umschlagmotiv: © Levskaia Kseniia/shutterstock;
NikhomTreeVector/AdobeStock; Vector DSGNR/AdobeStock
eBook-Produktion: Dörlemann Satz, Lemförde
ISBN 978-3-7517-6163-5
one-verlag.de
luebbe.de
lesejury.de
Liebe Leser:innen,
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte.Dazu findet ihr hier genauere Angaben.
ACHTUNG:Sie enthalten Spoiler für das gesamte Buch.
Wir wünschen uns für euch alledas bestmögliche Leseerlebnis.
Euer Team vom ONE-Verlag.
Wir vom Regal Record hoffen, dass ihr dieses Jahr brav wart, denn es sieht so aus, als hätte sich der Weihnachtsmann diesmal für uns extra beeilt.
Trotz der Gerüchte, denen zufolge es wegen eines überraschenden Schneesturms auf der anderen Seite des Atlantiks abgesagt werden müsse, gibt die notorisch ungezogene britische Königsfamilie heute Abend ein Staatsbankett für die Präsidentin der Vereinigten Staaten, Hope Park – und es verspricht jetzt schon, das absolute Chaos zu werden.
Unter normalen Umständen wäre dieser Staatsbesuch bemerkenswert, weil Präsidentin Park sowohl das erste weibliche als auch das erste asiatisch-amerikanische Staatsoberhaupt der USA ist. Aber genau wie alle anderen wichtigen Ereignisse in letzter Zeit wurde auch diese historische Errungenschaft von der jüngsten Aufnahme in den königlichen Stammbaum der Familie Windsor überschattet.
Ihr habt richtig gelesen: Evangeline Bright, die uneheliche, US-amerikanische Tochter des Königs, nimmt heute Abend an dem Bankett teil. Und angesichts ihrer bisherigen Heldentaten gehen wir stark davon aus, dass sie sich irgendetwas furchtbar Ungeschicktes einfallen lassen wird, um denjenigen, die sich ihren Platz am königlichen Tisch tatsächlich verdient haben, die Schau – und die Schlagzeilen – zu stehlen.
Fünfeinhalb Monate sind nun seit dem geschmacklosen und geradezu explosiven Interview bei BBC One vergangen, in dem E über ihr eigenes unanständiges Benehmen sprach, das zum Tod von Jasper Cunningham führte (für den sie, dank einer internen Absprache zwischen Scotland Yard und dem persönlichen Anwaltsteam des Königs, freigesprochen wurde), und seither hält der Palast es für angebracht, sie bei jeder Gelegenheit dem britischen Volk aufzuzwingen. Krankenhauseröffnungen, Wohltätigkeitsveranstaltungen, selbst Ausflüge, die normalerweise der königlichen Familie vorbehalten sind – Evangeline hat sich fröhlich allem angeschlossen, was wiederum zu einer langen Liste von Fehltritten und Patzern geführt hat. Doch trotz der Anstrengungen des Palastes, sie uns schmackhaft zu machen, wird es immer deutlicher, dass auch noch so viel Unterricht über Etikette und den Umgang mit den Medien diesen amerikanischen Frosch nie zu einer Prinzessin machen wird.
Wie viel länger kann der bereits angeschlagene Ruf der Königsfamilie der Bright-Pest noch standhalten? Während wir auf die Folgen des heutigen Staatsbanketts und von Evangelines unvermeidlichen Indiskretionen warten, können wir vom Regal Record uns nur abermals entschuldigen: Dadurch, dass wir vergangenen Sommer Evangelines Identität enthüllt haben, haben wir eine Lawine aus Chaos und Ärgernissen nicht nur für das gesamte Land, sondern auch für die ganze Welt losgetreten. Man muss zu seinen Fehlern stehen, und so bereuen wir zutiefst unseren Anteil an diesem königlichen Fiasko.
Hoffen wir, dass heute Abend nicht noch mehr Menschen ums Leben kommen.
The Regal Record, 18. Dezember 2023
»Ich bin mir bewusst, dass rechtzeitig zu kommen für dich keine Priorität hat«, knurrt Tibby, die aussieht, als wäre sie drauf und dran, ihr Handy nach meiner Tiara zu werfen. »Aber könntest du wenigstens so tun, als würde es dich interessieren, dass ich meinen verdammten Job verlieren könnte?«
Ich stehe an die Wand der langen Empore im Schloss Windsor gelehnt und versuche, den Kopf gerade zu halten, während ich an dem Riemen eines meiner Stilettos herumfummele. Mein Kleid macht das nicht gerade einfacher, und als ich den Fuß wieder abstelle, bleibt der Absatz daran hängen. Beinahe wäre der schimmernde weinrote Stoff eingerissen.
»Es liegt an meinem Schuh«, murmele ich und löse den Saum des Kleides vom Absatz. »Einer von den Riemen ist lose.«
Tibby zieht eine Augenbraue hoch, als ich vorsichtig auftrete.
Trotz eines unendlich langen Tages, der mit belanglosen Terminen und Last-Minute-Anproben gefüllt war, sitzt die Kurzhaarfrisur von Lady Tabitha Finch-Parker-Covington-Boyle immer noch perfekt, und auf ihrem maßgeschneiderten grauen Kleid ist keine Fluse zu sehen. Zu unserer beider Leidwesen hat diese Superkraft in den sechs Monaten, die sie bereits meine persönliche Sekretärin/Babysitterin ist, noch nicht auf mich abgefärbt, und niemanden kränkt die Tatsache, dass ich nicht über Nacht eine komplett neue Persönlichkeit entwickelt habe, mehr als Tibby.
»Ist mir egal, ob die Hacke abgebrochen ist und du auf Zehenspitzen laufen musst«, zischt sie. »Wir können nicht zu spät kommen, Evan.«
»Wir kommen nicht zu spät.« Als ich meinen Marsch den Korridor entlang fortsetze, jetzt mit einem merklich unebenen Gang, werfe ich einen Blick durch das nächstgelegene Fenster auf den dunklen Innenhof. Eine Schlange aus Luxusautos zieht sich bis zum gegenüberliegenden Flügel von Schloss Windsor, und königliche Bedienstete halten Regenschirme hoch, als die Abendgäste aus ihren Fahrzeugen in den Dezemberregen steigen. »Okay, wir sind ein bisschen zu spät dran, aber …«
»Ein ›bisschen‹ zu spät gibt es nicht«, unterbricht mich Tibby. »Wenn Seine Majestät bemerkt, dass du fehlst, steht mein Kopf auf dem Spiel, nicht deiner.«
»Er ist viel zu beschäftigt mit der Präsidentin, um das zu bemerken. Und außerdem werde ich für die Fotos gar nicht gebraucht, ich eskortiere niemanden in den Palast.«
»Ein unverzeihliches Versäumnis«, schnauft Tibby genervt, als wäre das auch irgendwie meine Schuld. »Du bist die Tochter Seiner Majestät, und du bist Amerikanerin. Du solltest an der Prozession teilnehmen, vorzugsweise am Arm eines Familienmitglieds der Präsidentin. Deine Abwesenheit wird nur eine neue Welle von Gerüchten in der Presse auslösen.«
»Ich löse schon Gerüchte aus, wenn ich nur atme«, wende ich ein. »Außerdem wäre es eine Beleidigung, mich jemand Wichtigem zur Seite zu stellen.«
Tibby rümpft die Nase. »Unehelich hin oder her, du hast trotzdem königliches Blut.«
»Was der einzige Grund ist, weshalb ich überhaupt Teil dieser Veranstaltung bin«, sage ich. »Das und die Tatsache, dass das Universum einen absolut schrecklichen Sinn für Humor hat.«
Als wir um die Ecke biegen und an den Privatgemächern der königlichen Familie vorbeikommen, brennt mir die Kopfhaut. Ich will die Königin-Florence-Tiara zurechtrücken, die an meiner geflochtenen Hochsteckfrisur befestigt ist, aber bevor meine Finger den glitzernden Kopfschmuck auch nur streifen können, gibt Tibby mir einen Klaps auf die Hand.
»Wag es ja nicht«, ermahnt sie mich, nachdrücklicher als sonst. »Kannst du dir die Schlagzeilen vorstellen, wenn dir vor der Royal Rota die Tiara vom Kopf fällt? Allein schon die Metapher …«
»Die Haarklammern piksen«, jammere ich. »Ich glaube, meine Kopfhaut blutet.«
»Ignorier sie. Das Bankett dauert nicht länger als drei oder vier Stunden.«
»Drei oder vier …« Ich starre sie ungläubig an. »Habt ihr hier denn noch nie von den Genfer Konventionen gehört?«
»Du bist Mitglied der Königsfamilie, Darling«, sagt sie in dem abschätzigen Tonfall, den sie immer benutzt, wenn ich mich beschwere. »Für die gelten die Genfer Konventionen nicht.«
Ich will protestieren, aber bevor ich auch nur eine Silbe herausbekomme, wirbelt Tibby zu mir herum, und ich bleibe stolpernd stehen.
»Ich weiß, dass es unangenehm ist, Evan.« Ihre Stimme ist leise, und sie spricht sehr hastig. »Ich weiß, dass du lieber nicht stundenlang herumsitzen würdest, um dabei zuzuhören, wie Politikerinnen und Politiker sich voreinander aufplustern. Aber das ist der Preis, den du dafür bezahlst, dass du ein Mitglied der Königsfamilie bist. Das ist der Preis, den du dafür bezahlst, dass du in einem Schloss mit Hunderten von Bediensteten lebst, die dir jeden Wunsch erfüllen. Du hast alles, was du jemals brauchen könntest, jede Möglichkeit, die du dir erträumst, und du bist einer der berühmtesten Menschen der Welt. Du bist auf eine Art privilegiert, die nur verdammt wenigen zuteilwird, und wenn du mir noch einmal vorjammerst, wie unbequem deine Designerschuhe und dein maßgeschneidertes Kleid und deine unbezahlbare Tiara sind, dann erwürge ich dich.«
Einen langen Moment starren wir uns schweigend an. Sie hat recht, natürlich hat sie das, und ich hasse es, dass ich mich noch vor sechs Monaten selbst erwürgt hätte, wenn ich mich so benommen hätte.
»Sorry«, murmele ich, und Hitze schießt mir in die Wangen. »Ich glaube, ich verbringe zu viel Zeit mit Maisie.«
»Die Fehler Ihrer Majestät sind keine Entschuldigung für deine eigenen«, gibt Tibby hochnäsig zurück, aber sie tritt endlich einen Schritt zur Seite, und wir gehen weiter den Flur entlang zu den Prunkgemächern. »Die Leute beobachten dich, Evan, und sie verdienen mehr als eine zweite undankbare Göre. Besonders, da du ihnen Hoffnung gibst, dass ihr Leben auch ein Märchen werden könnte.«
Ich schnaube. »Eines Mordes beschuldigt zu werden und dabei zuzusehen, wie all meine Geheimnisse vor der ganzen Welt preisgegeben werden, gilt jetzt als Märchen?«
»Hast du nicht die Gebrüder Grimm gelesen?«, fragt Tibby. »Mord gehört praktisch zu einer guten Geschichte dazu. Wenn wir auch nur den Hauch einer Chance haben wollen, noch rechtzeitig zu kommen, müssen wir hier entlang.«
Sie führt mich in die Privatkapelle der Königsfamilie. Das ist bestimmt ein Sakrileg, aber offenbar ist die einzige Sünde, um die Tibby sich gerade sorgt, das Zuspätkommen. Sie läuft jetzt so schnell, dass ich gezwungen bin, ein bisschen zu hüpfen, um mit ihr mitzuhalten. Doch als wir endlich auf der Schwelle von St. George’s Hall ankommen, bleibe ich wie angewurzelt stehen – und Tibby ebenfalls.
Normalerweise ist der gigantische Saal bis auf die allgegenwärtigen Gemälde, Marmorstatuen und Rüstungen leer, aber jetzt erstreckt sich ein Tisch, an dem mindestens zweihundert Personen Platz haben, von einem Ende zum anderen. Unter unzähligen Blumenarrangements und mehr Tellern und Besteck, als ich je gesehen habe, ist die Tischplatte kaum zu erkennen. Und weil mein Leben, obwohl so märchenhaft, nie fair sein kann, sind die heutigen Gäste bereits fast vollzählig, und eine Armee von Bediensteten geleitet sie zu ihren Plätzen.
Tibby flucht. »Halte den Kopf hoch, aber geh schnell«, flüstert sie, und diesmal beschwere ich mich nicht, als wir auf den nächstgelegenen Ausgang zueilen.
Wir haben noch keine zehn Meter der Strecke zurückgelegt, als eine Frau am Ende des Tisches aufkeucht.
»Evangeline?«, fragt sie – zum Glück leise –, und einige ihrer Begleiter drehen sich ebenfalls zu mir um.
Lächelnd halte ich einen Finger an die Lippen, und ihr schockierter Gesichtsausdruck weicht einem verschwörerischen Lächeln. Obwohl ich keine Prinzessin bin – und noch nicht einmal ein offizielles Mitglied der königlichen Familie –, macht sie vor mir einen Knicks.
Das Murmeln hinter Tibby und mir wird lauter, und ich versuche, trotz meines unkooperativen Schuhs möglichst anmutig zu gehen. Die vielen Blicke, die auf uns ruhen, lassen meine Haut kribbeln. Es ist einzig und allein meinem Glück zu verdanken, dass ich nicht stolpere und flach auf den Boden falle, und als wir endlich am nächstgelegenen Ausgang ankommen, zerrt Tibby mich geradezu durch die Tür …
… und direkt hinein in ein explosionsartiges Blitzlichtgewitter.
»Ah, Evangeline«, sagt eine tiefe Stimme, als die Tür sich hinter uns schließt. »Wie schön, dass du kommen konntest.«
Seine Majestät König Alexander II., Herrscher des Vereinigten Königreichs und des Commonwealth, steht ein paar Meter entfernt im opulenten Großen Empfangszimmer, und der Blick aus seinen blauen Augen ist direkt auf mich gerichtet. Sein langsam kahl werdender Kopf ist unbedeckt, aber seine Anzugjacke strotzt geradezu vor Schleifen und Medaillen, die er nicht selbst verdient hat. Obwohl er nicht besonders groß oder gebieterisch ist, scheint sich alles im Raum um ihn zu drehen. Es ist beinahe, als übe nur er allein eine Schwerkraft aus.
Neben ihm steht eine Frau mit prägnantem Kinn, die ich sofort als Präsidentin Park erkenne. Sie posieren für eine Herde Fotografen sowie die Royal Rota – die Gruppe von Journalistinnen und Journalisten, deren einzige Aufgabe es ist, über die Königsfamilie zu berichten – und lächeln beide immer noch breit, obwohl jetzt jede einzelne Kamera auf mich gerichtet ist.
Na super.
Ich forme mit dem Mund das Wort Sorry, während ich tiefrot anlaufe. Ich weiß, ich sollte einen Knicks machen oder wenigstens respektvoll den Kopf neigen, aber sehr zu Tibbys Leidwesen halte ich mich nicht gerne an Regeln. Und solange ich die doppelte Staatsbürgerschaft habe, weigere ich mich, mich vor irgendwem zu verneigen – auch nicht vor meinem unendlich geduldigen Vater.
Ihn scheint das allerdings nicht zu stören, und als er mir zuzwinkert, bevor er sich wieder Präsidentin Park zuwendet, weiß ich, dass mir mein unerwarteter Auftritt verziehen ist. Zumindest, was ihn betrifft. Tibby ist da eine ganz andere Geschichte. Sie drückt mir zwar ermutigend den Arm, aber ich bin mir sicher, dass sie das nur tut, um zu messen, wie viel Säure sie brauchen wird, um meine Leiche darin aufzulösen, nachdem sie mich hierfür umgebracht hat.
Als die Fotografen sich widerwillig wieder der Hauptattraktion zuwenden, schleiche ich in eine Ecke und versuche mich so klein wie möglich zu machen. Irgendwie schaffe ich es, mehr Selbstbeherrschung aufzubringen als bei meinem ganzen bisherigen Aufenthalt in England, und greife nicht nach meiner Tiara, um sicherzustellen, dass sie noch an Ort und Stelle ist. Angesichts der Anzahl von Haarnadeln, die sich derzeit in meine Kopfhaut bohren, ist sie unzweifelhaft noch dort, wo ich sie gelassen habe, aber Tibbys Witz über Schlagzeilen und fallende Kronen lässt mich nicht los.
»Und jetzt unsere Familien«, verkündet Alexander und gestikuliert zum anderen Ende des Raumes, wo sich eine kleine Menschengruppe versammelt hat. In dem Meer aus Anzügen und Kleidern entdecke ich zwei Tiaras, und endlich erscheint Königin Helene mit Prinzessin Mary.
Zugegeben, es braucht meist nicht viel, damit ich mich wie eine Hochstaplerin fühle, aber ein Blick auf die beiden genügt, und ich ziehe mich noch tiefer in den metaphorischen Schatten zurück. Mit ihrer makellosen Porzellanhaut, den glänzenden Haaren und dem blendend weißen Lächeln sehen sie beide umwerfend aus. Es ist die Art von Schönheit, die man nur mit Geld kaufen kann. Meine statuenhafte Stiefmutter hat ein fließendes elfenbeinfarbenes Kleid an, und ihr blondes Haar ist um den Ansatz ihres glitzernden Kopfschmucks geschlungen. Es ist offensichtlich, warum sie von mehreren Zeitschriften zur schönsten Frau der Welt gekürt wurde. Die Blicke aller Anwesenden ruhen auf ihr – nur die meines Vaters nicht.
Maisie, meine ebenso elegante Halbschwester, hat ein saphirblaues Kleid an, das über und über mit Kristallen bestickt ist, aber trotzdem nicht mit der filigranen Tiara mithalten kann, die auf ihren rotblonden Locken sitzt. Doch irgendetwas an ihrem Gesichtsausdruck ist nicht ganz richtig. Er ist irgendwie kalt und ein bisschen steif, allerdings nicht so sehr, dass es für alle offensichtlich wäre. Das könnte an allem Möglichen liegen, von der Demütigung, eine Farbe tragen zu müssen, die sie nicht mag, bis zu einem tatsächlichen Problem, das sie ein paar Stunden lang ignorieren muss, um zu Ihrer Königlichen Hoheit Prinzessin Mary, Thronerbin und zukünftiges Oberhaupt des Vereinigten Königreichs, zu werden. Ich mache mir eine mentale Notiz, sie nachher zu fragen, ob alles in Ordnung ist.
Sie schreiten durch den Raum, zusammen mit einem glatt rasierten Mann, den ich als Präsidentin Parks’ Ehemann erkenne, und einem Jungen im Teenageralter, der mir nicht bekannt vorkommt. Trotzdem weiß ich genau, wer er ist, weil er das prägnante Kinn der Präsidentin und den schlanken Körperbau ihres Ehemannes hat.
Als seine Mutter vor drei Jahren ins Amt gewählt wurde, war Thaddeus Park still, ungeschickt und vor allem für seine Star Wars-Leidenschaft bekannt, doch mit achtzehn ist er mittlerweile definitiv in sein markantes Kinn hineingewachsen. Und in seine Wangenknochen. Und seine Schultern.
Ich erlaube mir, ihn fünf Sekunden lang anzustarren, bis ich den Blick von ihm losreiße und mich daran erinnere, dass ich bereits einen stillen, liebenswürdig-ungeschickten Freund habe. Vor weniger als einer halben Stunde hat er Tibby eine Nachricht geschickt, in der er mir für heute Abend viel Glück gewünscht hat, gefolgt von einem einzelnen X, das er offenbar bei niemandem außer mir benutzt.
Tibby pfeift leise, während sie ebenfalls die Aussicht genießt, und ich stoße ihr einen Ellbogen in die Seite.
»Er ist so alt wie ich«, zische ich. »Viel zu jung für dich.«
»Was glaubst du denn, wie alt ich bin?«, antwortet Tibby entsetzt.
Ich zucke mit den Schultern. »Alt genug, um meine Babysitterin zu sein.«
»Ich bin nicht deine Babysitterin«, schnaubt sie verärgert. »Ich bin deine Privatsek…«
»Miss Bright.«
Ein älterer Herr mit einem ergrauenden Bart tritt aus der Menge hervor. Er steht steif und formell da, aber in seinen Augen liegt ein amüsiertes Funkeln.
»Mr Jenkins«, entgegne ich und unterdrücke ein Grinsen.
Obwohl ich Jenkins länger kenne als fast jeden anderen Menschen, habe ich ihn noch nie in einem Frack gesehen. Auch er trägt eine beeindruckende Anzahl von Medaillen, darunter den Stern der Knight Commanders des Royal Victorian Order. Ich werde nie das Wissen aufholen, das Leuten wie Tibby und meiner Halbschwester quasi seit der Geburt eingeflößt wurde, aber ich bin stolz, dass ich zumindest das erkannt habe.
»Tut mir leid, dass wir zu spät sind. Es war nicht Tibbys Schuld …«
»Mach dir keine Gedanken«, sagt er in dem ihm eigenen sanften, verständnisvollen Tonfall. »Seine Majestät bittet darum, dass du für diese Fotos zu ihm und der Familie Park hinzukommst.«
Ich blinzele. Aber tatsächlich, als ich über Jenkins’ Schulter blicke, lacht mein Vater gerade über etwas, das Mr. Park gesagt hat, aber dann begegnet er meinem Blick und neigt den Kopf zu den anderen.
»Wirklich?«, frage ich leise, obwohl ich die Antwort bereits kenne. »Bist du sicher, dass das nicht die Fotos ruinieren wird? Oder die Familie der Präsidentin beleidigt?«
»Sehr sicher«, antwortet Jenkins und hält mir seinen Arm hin. »Wenn ich bitten darf …«
Tibby pikst mich in den Rücken, bis ich mich bei Jenkins unterhake. Ich tue mein Bestes, um nicht zu hinken. Vielleicht wäre es gar keine schlechte Idee, meinen kaputten Schuh auszuziehen, auch wenn ich dann mindestens zehn Zentimeter kleiner wäre. Doch bevor ich über die Vor- und Nachteile nachdenken kann, gibt Jenkins mich an Alexander weiter, und es ist zu spät.
»Du siehst reizend aus«, murmelt mein Vater und küsst mich auf die Wange. »Warum stellst du und Maisie euch nicht zu Thaddeus?«
Ich habe erwartet, dass er und die Präsidentin im Vordergrund stehen würden, aber sie treten beide einen Schritt zur Seite und stellen uns in die Mitte. Thaddeus Park überragt mich und meine Halbschwester um Längen, und als er auf mich herabsieht, könnte ich schwören, dass er grinst.
»Nett, dich kennenzulernen«, sagt er mit einem amerikanischen Akzent, der zu meinem passt. Ich bin mittlerweile so an die scheinbar unendlich vielen verschiedenen Akzente des Vereinigten Königreichs gewöhnt, dass er sich im ersten Moment total fremd anhört. »Ich hatte gehofft, dass du hier sein würdest.«
»Wirklich?«, frage ich überrascht. »Warum?«
Er gluckst. Es ist die Art von Lachen, die die meisten Leute vermutlich beruhigen würde, aber mir sträuben sich dabei die Nackenhaare. »Ist das nicht offensichtlich?«
»Nicht wirklich«, entgegne ich, doch bevor er es erklären kann – oder ihm eine schlagfertige Erwiderung einfällt, was eher sein Stil zu sein scheint –, räuspert sich der offizielle Palastfotograf, und wir sieben schauen alle nach vorne. Ich lächele und hoffe inständig, dass sich meine Angst nicht in meinem Gesicht zeigt.
»Ein bisschen näher, bitte, Eure Majestäten«, sagt der Fotograf, und obwohl die Aussage ganz offensichtlich auf meinen Vater und Helene gemünzt ist, zwischen die ein halber Kontinent passen würde, kommt Thaddeus auch ein Stück näher zu mir.
Es ist nur eine kleine Bewegung, nicht mehr als ein paar Zentimeter, aber ich rücke instinktiv von ihm ab – und das gibt meinem Schuh den Rest. Der Riemen reißt, und ein stechender Schmerz fährt mir durch den Knöchel. Ich falle und bin kurz davor, die Präsidentin mit mir zu Boden zu reißen.
Aber dann, als wäre es ein choreografierter Tanz, den wir zusammen eingeübt haben, fängt Thaddeus mich mühelos auf und legt seine starken Arme sicher um meinen Körper. Ich keuche auf, und als ich langsam verdaue, was gerade passiert ist, wird mir klar, dass ich direkt in seine dunklen Augen starre.
Klick.
Jemand drückt auf den Auslöser seiner Kamera, und dann noch jemand und noch jemand, bis ich nur noch das Echo von Auslösern und Handykameras höre, als so ziemlich jeder einzelne Fotograf und jedes Mitglied der Royal Rota Fotos von uns schießt.
Mit einem selbstzufriedenen Grinsen hilft Thaddeus mir wieder auf die Füße, wobei er seine Hand viel länger auf meinem nackten Arm liegen lässt, als es notwendig gewesen wäre. Und wenn es vorher noch unsicher war, welches Foto die Presse morgen für die Schlagzeilen benutzen würde, dann ist es das jetzt definitiv nicht mehr.
Na toll.
@TheDailySunUK: Hat Evangeline mit Christopher Abbott-Montgomery, Earl of Clarence und Neffe von Königin Helene, Schluss gemacht? Unsere Preview auf das Staatsbankett heute Abend – mit der Königsfamilie, der amerikanischen Präsidentin und dem Moment zwischen Evangeline und Thaddeus Park, bei dem wir alle fast in Ohnmacht gefallen sind.
(21:53 – 18. Dezember 2023)
@dutchessdame172: @TheDailySunUK die Schlampe hat einfach zu viel Glück
(21:57 – 18. Dezember 2023)
– Twitter-Austausch zwischen der Daily Sunund User @dutchessdame172, 18. Dezember 2023
Kit lacht so laut auf, dass ich Tibbys Handy ein Stück von meinem Ohr weghalten muss.
»Nur du, Evan«, bringt er unter Lachen hervor, und ich sehe förmlich vor mir, wie er den Kopf schüttelt. Sein dunkles, gewelltes Haar geht ihm mittlerweile fast bis zum Kinn, obwohl Helene ihn unzählige Male angefleht hat, es sich schneiden zu lassen. »Nur du schaffst es, eins dieser spießigen Bankette in einen Betrugsskandal zu verwandeln. Ich bin beeindruckt.«
»Das ist nicht witzig«, protestiere ich und rutsche auf dem gepolsterten Fenstersitz in einer der riesigen Bibliotheken im Schloss Windsor hin und her. Der Raum liegt fast vollkommen im Dunkeln, und die deckenhohen Bücherregale ragen um mich herum bedrohlich auf. Aber ich kann ein bisschen Grusel aushalten, solange ich dabei meine Privatsphäre habe. »Alle sagen, dass wir uns getrennt haben …«
»Haben wir das?«, fragt er, immer noch glucksend. »Hast du heute Abend die Liebe deines Lebens kennengelernt und mich angerufen, um mir zu sagen, dass du mit mir durch bist?«
Seine Stimme klingt jetzt leicht gedämpft, und ich schneide eine Grimasse. »Natürlich nicht. Du googelst gerade die Fotos, oder?«
»Selbstverständlich«, antwortet er, und eine Sekunde später bricht er wieder in Gelächter aus. »Er hat dich und Maisie zum Bankett eskortiert? Wessen Idee war das denn?«
»Seine.« Ich stöhne. »Alexander fand es galant von ihm. Hör auf – ich habe doch gesagt, dass es schlimm ist.«
»Im Gegenteil, das hier ist das Highlight meiner Woche«, sagt Kit, und ich kann hören, dass er grinst. »Das Foto, auf dem man sieht, wie er dich auffängt, ist umwerfend. Wenn ich derjenige wäre, den du so verliebt anschaust, hätte ich es einrahmen lassen.«
Meine Tiara stößt gegen die Wand, und ich zucke zusammen. Endlich ist es mit meiner Selbstbeherrschung vorbei, und ich durchkämme mit den Fingern mein Haar nach den piksenden Nadeln. »Du bist schrecklich zu mir.«
»Ja, das bin ich. Dann werde ich es wohl an Weihnachten wiedergutmachen müssen, oder?«
Ich richte mich auf und vergesse vorübergehend die Haarnadeln. »Du kommst nach Sandringham? Aber ich dachte …«
»Meine Eltern haben sich für einen Urlaub auf den Malediven entschieden«, erklärt Kit. »Sie haben angeboten, mir auch ein Flugzeug zu schicken, aber mir fällt kaum eine Foltermethode ein, die grausamer wäre, als zwei ganze Wochen mit ihnen zu verbringen. Und weit weg von dir.«
Als ich das höre, schmelze ich ein wenig dahin. Aber Kit hat seine Eltern in den letzten Jahren kaum gesehen, also mischt sich dazu auch eine ordentliche Portion Schuldgefühle. »Freut deine Mutter sich nicht darauf, die Feiertage mit dir zu verbringen?«
»Kann sein. Aber sie und mein Vater haben zu zweit noch allerhand, an dem sie arbeiten müssen, und dabei wäre ich nur im Weg. Außerdem haben wir seit dem Ende des Semesters nichts anderes getan, als peinliche Gespräche zu führen und lang gezogenes Schweigen auszuhalten. Ich glaube, mittlerweile haben wir alle genug davon, umeinander herumzuschleichen«, gibt er zu. »Ich besuche meine Mutter im Februar wieder, zu ihrem Geburtstag.«
»Okay.« Ich bin mir nicht sicher, ob es mir für sie leidtun soll oder ob ich erleichtert bin, dass ich doch Weihnachten mit ihm verbringen werde. »Maisie redet immer nur davon, wie sehr sie Sandringham hasst, aber ich finde, es klingt zauberhaft, einen Weihnachtsbaum zu haben und mit der Familie zu feiern.«
»Das ist es auch«, bestätigt Kit. An der plötzlichen Sanftheit in seiner Stimme erkenne ich, dass wir beide dasselbe denken.
Seit meine Großmutter gestorben ist, als ich elf war, habe ich Weihnachten in verschiedenen Internaten verbracht, umgeben von vereinzelten Lehrkräften und Klassenkameradinnen, deren Eltern sie nicht in ihre glamourösen Weihnachtsurlaube mitnehmen wollten. Zweimal war ich, abgesehen von der Schulleiterin, die einzige Person, die nicht das Internat verlassen hat. Alles, woran ich mich aus diesen Wochen erinnere, ist die Einsamkeit – und wie dringend ich meine Mom sehen wollte.
Dieses Jahr wird anders, verspreche ich mir selbst. Dieses Jahr liegt zwischen meiner Mutter in Virginia und mir auf einem abgelegenen englischen Anwesen zwar ein ganzer Ozean, aber immerhin habe ich Alexander, Maisie und Kit, um die Enttäuschung ein bisschen zu mildern. Und ich werde Spaß haben.
»Wann kommst du an?«, frage ich. »Maisie und ich werden am Samstag hingefahren …«
»Ist hier noch frei?«
Ich zucke zusammen und lasse beinahe Tibbys Handy fallen, als eine tiefe Stimme aus der Dunkelheit an meine Ohren dringt. Im Türrahmen, durch das Licht aus dem Salon hinter ihm scharf umrissen, steht Thaddeus Park. Er hat einen Teller und zwei Gläser in der Hand, in denen vermutlich Sekt ist.
»Was machst du denn hier?«, platzt es aus mir heraus. Es ist mir egal, wie unhöflich ich klinge. »Hat die Security dich nicht im Vorzimmer aufgehalten?«
»Meinst du den Raum mit den ganzen Waffen und Vitrinen?« Er geht langsam auf mich zu, um seine Schmuggelware nicht zu verschütten. »Ja, hat sie, aber ich habe mich trotzdem irgendwie hierhin durchgeschlagen. Das Schloss ist echt ein Labyrinth, oder? Schlimmer als das Weiße Haus.«
»Man gewöhnt sich daran«, sage ich. In dem Moment höre ich Kits Stimme, die jetzt weit weg und ein wenig blechern klingt, weil ich das Handy neben mein Knie halte. Hastig führe ich es wieder ans Ohr. »Sorry, was hast du gesagt?«
»Ist er das?«, fragt Kit. »Legst du jetzt gleich auf, damit du dich ganz dem heimlichen Rendezvous mit deinem neuen Liebhaber widmen kannst?«
Ich verziehe das Gesicht. »Aus welchem Jahrhundert kommst du eigentlich?«, murmele ich. Ich hoffe sehr, dass Thaddeus Kits Kommentar nicht gehört hat.
Kit lacht. »Ruf mich später an. Oder das nächste Mal, wenn Tibby sich von ihrem Handy trennen kann. Und mach dir keine Sorgen um die Fotos, okay? Die sind bald Schnee von gestern.«
Ich bin mir da nicht so sicher, aber ich verabschiede mich von ihm und strecke die Beine aus, damit Thaddeus keinen Platz auf dem Fenstersitz hat. Er setzt sich stattdessen auf einen Stuhl, der in der Nähe steht, und stellt den Teller mit Keksen auf einen kleinen Beistelltisch zwischen uns.
»Tut mir leid«, sagt er, aber an seinem Grinsen lese ich ab, dass es ihm überhaupt nicht leidtut. »War das dein Freund?«
»Also weißt du doch, dass es ihn gibt«, erwidere ich trocken. Trotz meiner Genervtheit nehme ich mir einen Keks vom Teller. Das Sektglas daneben rühre ich allerdings nicht an, aber das scheint Thaddeus nicht zu stören, als er an seinem eigenen Glas nippt. »Solltest du nicht auf der Party sein?«
»Du meinst das selbstbeweihräuchernde politische Networking-Event, das sich als vornehmer Ball ausgibt? Nein danke.« Er steckt sich einen Keks in den Mund und kaut nachdenklich. »Es ist nicht einfach, oder? Zwei Menschen gleichzeitig sein zu müssen.«
Ich war kurz davor, von meinem Keks abzubeißen, aber jetzt halte ich inne und runzele die Stirn. »Wovon redest du?«
Er wirft mir einen wissenden Blick zu. »Als meine Mom für Pennsylvania im Senat saß, konnte ich ich selbst sein. Aber als sie dann Präsidentschaftskandidatin wurde, war da plötzlich dieser ganze Druck, eben nicht … ich zu sein. Jederzeit vorzeigbar zu sein. Aufzuhören, über die Dinge zu reden, die mich interessant gemacht haben. Alles, was mir an mir selbst gefallen hat, war auf einmal zu spezifisch, zu peinlich, zu kontrovers …«
»Die neuste Star Wars-Trilogie hat das Fandom echt gespalten, oder?«, werfe ich ein, und er kichert.
»Aber Spaß beiseite, bei dir habe ich es auch bemerkt«, sagt er. »Aus der Entfernung, meine ich. Nicht auf eine Stalker-Art, aber … Es ist schwer, deiner Geschichte nicht zu folgen, so oft, wie du in den Schlagzeilen auftauchst. Und als du der Königsfamilie beigetreten bist, kamst du mir vor wie eine … eine unglaubliche, wilde, unabhängige Person, der niemand vorschreiben konnte, wer sie zu sein oder was sie zu tun hat. Und selbst als alle dachten, du hättest diesen widerlichen Perversling umgebracht, der dich vergewaltigen wollte, und die Medien Storys über die psychische Erkrankung deiner Mutter herausgebracht haben – und darüber, was sie dir angetan hat …«
»Darüber reden wir garantiert nicht«, unterbreche ich ihn kalt, und er hält sofort entschuldigend die Hände hoch.
»Nein … natürlich nicht«, versichert er hastig. »Ich meine nur … Das ganze Theater schien dir nichts auszumachen. Du warst immer noch du. Aber sobald du in die Öffentlichkeit getreten bist und das Interview gegeben hast, wurdest du … geschliffen. Vorhersehbar. Du hast das getan, was von dir erwartet wird, genau wie ich. Und ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich vermisse die Person, die ich mal war.«
Das klingt furchtbar verletzlich, wenn man bedenkt, dass wir uns gerade erst kennengelernt haben. Plötzlich habe ich einen Kloß im Hals. Ich fühle mich nicht anders. Ich mag immer noch die gleiche Musik. Ich lese immer noch die gleichen Bücher. Ich verbringe immer noch viel zu viel der wenigen Freizeit, die ich jetzt habe, damit, mir Serien auf Netflix anzuschauen. Und ich lerne sogar, Gitarre zu spielen – zugegebenermaßen bin ich nicht besonders gut, aber es ist nur für mich, für niemanden sonst.
Trotzdem weiß ich genau, wovon Thaddeus redet, und ein unerwartet heftiges Gefühl durchfährt mich. Vielleicht Wehmut. Oder eine Art Nostalgie, von der ich nicht wusste, dass sie da ist. Weil es stimmt, dass ich jetzt zwei Menschen bin. Genauso wie Maisie Prinzessin Mary sein muss, die würdevolle und allseits beliebte Thronerbin, muss ich Evangeline sein, die uneheliche Tochter des Königs, die einfach dankbar ist, mit dabei zu sein. Auch wenn Evan die Person ist, die ich in Wirklichkeit bin – die Person, die ich schon immer war –, kann ich nicht mehr Evan sein. Zumindest nicht da, wo mich unter Umständen fremde Leute sehen könnten. Und trotz seiner verstörenden Offenheit und der übermäßigen Vertrautheit ist Thaddeus Park auf jeden Fall ein Fremder.
»Ich glaube nicht, dass ich mich wirklich verändert habe«, sage ich schließlich in einem milden Tonfall. Ich weiche seinem Blick aus und tue stattdessen so, als wäre ich ganz fasziniert von meinem Armband. Daran hängen nur zwei Anhänger: eine Musiknote, die mir eine ehemalige Mitschülerin geschenkt hat, und eine winzige Tiara, die ich von Kit zum Geburtstag bekommen habe. Letztere drehe ich jetzt zwischen den Fingern hin und her. »Ich bin immer noch ich.«
»Und ich bin immer noch ich, unter all der Politik und dem Muskeltraining und der sorgfältig zusammengestellten Kleidung«, entgegnet Thaddeus. »Aber das können wir nicht an die Öffentlichkeit gelangen lassen, nicht wahr, Ihre Königliche Hoheit?«
Nein, das können wir nicht. Ich lasse den Tiaraanhänger los. Dass jemand, den ich erst vor fünf Minuten kennengelernt habe, einen Teil meines Lebens besser versteht als ich, hat mich mehr aus dem Gleichgewicht gebracht, als ich zugeben will.
»Ich bin keine Prinzessin.« Ich kralle mich an dem Punkt fest, um nicht zu sehr über den Rest seiner Aussage nachdenken zu müssen. »Hat dein Betreuer dir das nicht gesagt?«
»Aber du bist die Tochter des Königs«, entgegnet er, als würde das die tausend Jahre alte Geschichte und die ebenso alten königlichen Verhaltensregeln nichtig machen.
»Uneheliche Tochter«, präzisiere ich. »Ich bin ein Straßenköter in einer Familie voller reinrassiger Hunde, und einen Adelstitel habe ich definitiv nicht.«
Thaddeus blinzelt. »Ganz schön unverschämt eigentlich.«
Ich lache leise auf, weil das noch niemand gesagt hat, obwohl es vermutlich stimmt. Der Adelstitel ist mir im Prinzip egal, aber ich kann nicht so tun, als wären mir auch der Respekt und die Legitimität egal, die damit einhergehen würden. Doch das ist kein Gespräch, das ich mit irgendwem führen möchte, und schon gar nicht mit Thaddeus Park.
»Weißt du«, sagt er langsam. »Prinzessin oder nicht, du und ich könnten das Internet komplett verrückt machen, wenn wir wollten.«
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. »Ich glaube, das haben wir schon.«
Er zuckt mit den Schultern. »Das Foto ist zu formell, um echte Aufmerksamkeit zu erregen. Aber wenn ich ein Selfie von uns poste, eins, wo du mich auf die Wange küsst, vielleicht …«
Er lehnt sich zu mir hin, und obwohl er es vermutlich nur unschuldig meint, ziehe ich ruckartig den Kopf zurück. Meine Haut kribbelt unangenehm, und jeder Muskel in meinem Körper ist angespannt, bereit zur Flucht.
Meine Panik muss sich auf meinem Gesicht abgezeichnet haben, denn Thaddeus richtet sich sofort wieder auf. Seine Augen sind weit aufgerissen, und ihm steht der Mund offen.
»Shit. Ich … Das war widerlich, tut mir leid«, stammelt er, und zu seiner Verteidigung muss ich hinzufügen, dass er klingt, als würde er es wirklich bereuen. »Ich meinte nur, du weißt schon … ein süßes Foto. Wir können mit den Fingern Herzen machen oder Grimassen schneiden, so was in der Art. Nichts Anzügliches oder … Ich weiß, dass du einen Freund hast, so habe ich das nicht gemeint …«
»Ich glaube, Evangeline hat für heute Abend genug von Fotos«, höre ich in dem Moment eine Stimme von der Tür her.
Erleichterung durchflutet mich, als ich aufsehe und Tibby erblicke, die mit den Händen auf den Hüften und einem mörderischen Gesichtsausdruck im Türrahmen steht.
»Stimmt«, sagt Thaddeus verlegen. Ich bin schon auf den Füßen, bevor er auch nur das Gewicht verlagern kann. »Es tut mir wirklich leid.«
»Alles okay«, antworte ich, obwohl es das nicht ist. Aber das ist nicht nur seine Schuld. Jasper Cunningham ist der wahre Grund für meinen rasenden Puls – und dafür, dass ich mich nie wieder in der Gegenwart eines Jungen sicher fühlen werde, dem ich nicht vollständig vertraue. »Wir dürfen in der königlichen Residenz eh keine Fotos machen. Irgendeine Sicherheitsvorschrift.«
»Oh.« Er sieht enttäuscht aus und kommt erst auf die Füße, als ich schon halb bei Tibby bin. »Es war mir wirklich eine Ehre, dich kennenzulernen, Evangeline. Wenn du jemals in den USA bist und die Bibliothek im Weißen Haus sehen willst …«
»Dann sage ich dir Bescheid«, vervollständige ich seinen Satz, obwohl ich nichts dergleichen vorhabe. Aber als ich bei Tibby ankomme, spüre ich ein Ziehen in mir – ein tief verwurzeltes, irrationales Verlangen, sicherzugehen, dass er – ein Fremder, den ich vermutlich nie wiedersehen werde – sich nach unserem Gespräch nicht schlecht fühlt. Oder vielleicht ist die Verbindung zwischen uns doch stärker, als ich dachte. Obwohl ich allen Grund dazu habe, ohne Verabschiedung aus der Bibliothek zu marschieren, werfe ich also noch einen Blick über die Schulter und füge hinzu: »Vielleicht können wir da ein Selfie machen.«
Das Grinsen schleicht sich zurück auf sein Gesicht, und Tibby hakt sich bei mir unter, als wir in dem Labyrinth namens Schloss Windsor verschwinden.
@thaddeusapark Feiern wie Könige, heute Abend auf Schloss Windsor. Ein riesiges Dankeschön an Ihre Majestäten König Alexander und Königin Helene, an Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Mary und an meine ganz besondere neue Expat-Freundin … 😉
– Instagram-User @thaddeusapark, unter einem Selfie von Thaddeus Park in einem Frack. Der Hintergrund ist dunkel und unscharf, und mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand hat er ein Herz geformt. 18. Dezember 2023
»Thaddeus benutzt dich, das weißt du schon?«, fragt Tibby, als wir gerade durch ein leeres Prunkzimmer mit roten, stoffbehängten Wänden kommen. Es ist zwar nicht staubig, trotzdem sieht es aus, als wäre es jahrelang nicht benutzt worden, und auf dem dünnen Teppich klingen unsere Schritte hohl.
»Das habe ich mir schon gedacht«, antworte ich, während sie an dem Rahmen eines riesigen, reich geschmückten Spiegels zieht, der aufschwingt und den Blick auf ein weiteres Prunkzimmer freigibt. Dieses hier hat grüne Wände, die Möbel sind vergoldet, und überall hängen gigantische Porträts in Goldrahmen. »Danke, dass du mich gerettet hast. Ich war mir nicht sicher, was er vorhatte.«
»Er hätte nichts versucht«, sagt sie, obwohl sie das überhaupt nicht wissen kann. »Er ist der Sohn der amerikanischen Präsidentin, also hat ihm garantiert irgendjemand Manieren beigebracht. Aber du hast zehnmal so viele Follower wie er, und ganz offensichtlich wollte er ein Foto von euch, um seine eigene Beliebtheit zu steigern. Kann ich jetzt bitte mein Handy wiederhaben?«
Ich händige es ihr aus, auch wenn ich immer noch Hoffnungen hege, dass Kit ein zweites Mal anrufen könnte. »Ist es ab jetzt immer so? Dass jeder, den ich treffe, etwas von mir will?«
»Ja«, antwortet Tibby, und das Wort sinkt durch mich hindurch wie ein Backstein. »Manchmal hast du vielleicht Glück und triffst tatsächlich jemanden, der an dir selbst interessiert ist oder der glaubt, du kannst ihm nichts bieten, was er nicht schon selbst hat. Aber die meisten Menschen werden etwas von dir wollen. Du musst einfach vorsichtig sein, wem du vertraust.«
Ich seufze innerlich. Noch vor einem Jahr wusste niemand, wer ich war, und nur eine Handvoll Klassenkameradinnen hat sich überhaupt die Mühe gemacht, ab und zu mit mir zu reden. Jetzt folgen Millionen von Menschen einem Instagram-Account, den ich noch nicht einmal selbst benutze. Und dem endlosen Ozean an Kommentaren nach zu urteilen, den ich das eine Mal gesehen habe, als ich mich mit den Ergebnissen von Tibbys Arbeit beschäftigt habe, glauben beunruhigend viele von ihnen, dass sie genau wissen, wer ich bin. Bei dem Gedanken an die vielen fremden Menschen, die eine klare Meinung zu mir haben, bricht mir immer noch der kalte Angstschweiß aus.
Jetzt kommen wir in einen Bereich des Schlosses, den ich erkenne: den Vorraum zum Thronzimmer. Aus der Waterloo Chamber auf der anderen Seite dringt leises Stimmengewirr zu uns herüber, und ich bleibe neben einer Büste von einem der Georges stehen. »Muss ich wieder auf die Party zurück? Ich habe Kopfschmerzen, und meine Schuhe habe ich schon vor Stunden verloren.«
»Deine Schuhe sind auf dem Weg zum königlichen Schuster, der sie entweder reparieren oder zu Asche verbrennen wird. Ich habe mich noch nicht entschieden. Aber für heute hast du deine Zeit abgesessen«, fügt Tibby hinzu. Sie kehrt dem überfüllten Ballsaal den Rücken zu und zieht mich stattdessen zu dem Geheimgang, der ins Thronzimmer führt. »Solange du lange genug stillsitzt, damit ich ein Foto machen kann, während der Juwelier dir die Tiara abnimmt, können wir jetzt gleich zu deinem Apartment zurückkehren.«
Im Thronzimmer halten sich noch ein paar Gäste auf, aber ich muss nur lächeln und ein paar Worte sagen, bevor wir in den Großen Empfangssaal und von dort in den Bereich von Schloss Windsor entfliehen, der für Besucher nicht zugänglich ist. Es ist eine Erleichterung, nicht mehr in Reichweite all der neugierigen Blicke zu sein, und ich entspanne meine schmerzenden Schultern, als wir uns auf den Weg zu den Privatgemächern machen.
»Kommst du über Weihnachten nach Sandringham?«, frage ich und hebe mein Kleid an, damit der Saum nicht über den Boden schleift. Meine nackten Füße sind eiskalt, aber ich bin zu erschöpft, um mich darum zu kümmern.
»Sandringham?«, wiederholt Tibby. »Warum in aller Welt sollte ich Weihnachten dort verbringen?«
»Königin Victoria war eine Vorfahrin von dir, oder? Heißt das nicht, dass du zur Familie gehörst?«
»Wenn Personen, die entfernter verwandt sind als Cousins und Cousinen, noch als Familie zählten, dann würde die Hälfte aller aristokratischen Ehen in England nicht existieren«, entgegnet sie. »Ich werde Weihnachten in unserem Landhaus in Kent verbringen, und über Neujahr fliege ich auf die Seychellen.«
»Oh.« Natürlich erwarte ich nicht, dass sie über die Feiertage arbeitet, aber die Vorstellung, dass Tibby ganze drei Wochen lang meinen Kalender nicht mit Unterricht, Anproben und Auftritten vollstopfen wird, ist gleichzeitig beängstigend und aufregend. »Ich werde dich vermissen.«
Sie wirft mir einen seltsamen Blick zu, aber darin liegt auch eine Weichheit, die in ihrem scharfen Gesicht fast fehl am Platz wirkt. »Ehe du dich versiehst, bin ich auch schon wieder da. Und in der Zwischenzeit wirst du lernen, wie man jagt und Ski fährt, und du wirst jede Menge Zeit haben, um sie mit Maisie zu verbringen.«
»Nichts von dem, was du gerade gesagt hast, klingt verlockend«, sage ich, als wir bei meinem Apartment ankommen. »Aber Kit kommt mit.«
»Ach ja? Soll ich deinem Gepäck dann ein paar notwendige Artikel hinzufügen lassen?«
Erst nach einigen Sekunden wird mir klar, was sie damit meint, und sofort werden meine Wangen heiß.
»Nein«, sage ich entschieden. »Wir haben nicht … nein.«
»Vorsicht ist besser als Nachsicht«, flötet sie und öffnet die Tür.
Mein Gesicht brennt immer noch vor Röte, aber die Tatsache, dass Tibby mich nicht so behandelt, als sei ich zerbrechlich – besonders, weil alle anderen Menschen in meinem Leben, Kit eingeschlossen, dem Thema komplett aus dem Weg gehen –, macht ihre demütigende Verletzung meiner Privatsphäre fast wieder wett. Fast.
Der königliche Juwelier steht in Rekordzeit vor der Tür, um die Königin-Florence-Tiara wieder in Gewahrsam zu nehmen, aber Tibby lässt ihn gut zehn Minuten warten, während sie den perfekten Winkel für einen Instagram-Schnappschuss ermittelt. Obwohl die Tiara technisch gesehen mir gehört – Königin Florence, meine Urgroßmutter, hat sie mir hinterlassen, als ich noch ein Baby war –, wird sie irgendwo in einem Tresor aufbewahrt. Vielleicht im Tower of London, wo die Kronjuwelen ausgestellt sind. So oder so werde ich sie bis zum nächsten Staatsbankett nicht wiedersehen, oder bis zu dem nächsten Event, an dem ich eine Tiara tragen muss. Trotz meiner wunden Kopfhaut bedaure ich das ein wenig.
Tibby bleibt noch einen Moment, um sicherzustellen, dass mein Kleid ordentlich aufgehängt ist. Sobald sie gegangen ist, wickele ich mich in eine weiche Decke, lasse mich auf das altmodische Sofa fallen und öffne meinen Laptop. Statt britische Nachrichtenseiten – und vermutlich mittlerweile auch CNN – sowie verschiedene Promi-Blogs nach Kommentaren zu meinem angeblichen Flirt mit Thaddeus Park zu durchforsten, öffne ich VidChat und klicke auf das Profilbild meiner Mutter.
Zweimal hallt das Klingeln in meinem Wohnzimmer wider, das heute Abend dank dem Feuer, das in dem reich geschmückten Kamin prasselt, überraschend gemütlich ist, dann erscheint das lächelnde Gesicht meiner Mutter auf dem Bildschirm. Ihre kastanienbraunen Locken sind offen, was ein sicheres Zeichen dafür ist, dass sie sich zur Abwechslung einmal nicht in ihrem Studio aufhält. Hinter ihr ist ein großes, abstraktes Landschaftsgemälde zu sehen, von dem ich weiß, dass es in ihrem Esszimmer hängt.
»Evie! Wie ist es gelaufen?«, fragt sie. Manchmal ist sie abgelenkt und aufgewühlt, besonders, wenn ihr Ärzteteam gerade ihre Medikamente anpasst, aber heute Abend sind ihre Augen klar und nur auf mich fokussiert. »Ich habe im Internet die Fotos gesehen. Du sahst umwerfend aus.«
»Es war ganz in Ordnung.« Ich verziehe das Gesicht. »Wenn du die Fotos gesehen hast, dann weißt du ja schon, was passiert ist.«
»Meinst du, dass der Sohn der Präsidentin dich aufgefangen hat?«, fragt sie. »Wie ist es dazu gekommen?«
Ich erzähle ihr alles, von meinem kaputten Schuh über den Umstand, dass Tibby und ich zu spät waren, bis zu meiner Begegnung mit Thaddeus in der Bibliothek.
Als ich zu Ende geredet habe, seufzt meine Mutter.
»Fehler passieren, Evie«, sagt sie. »Besonders, wenn du so häufig in der Öffentlichkeit auftrittst. Aber mit dir ist alles in Ordnung, oder? Deinem Fuß geht es gut, und er hat nicht …?«
Ich schüttele den Kopf. »Er hat mich nicht angefasst, außer um sicherzugehen, dass ich nicht auf die Nase falle. Mein Fußgelenk tut ein bisschen weh, aber das wird schon wieder. Es ist nur …« Es ist nicht einfach, oder? Zwei Menschen gleichzeitig sein zu müssen. »Ich bin nicht gut darin, immer perfekt zu sein.«
»Das ist niemand, Süße«, erwidert sie. »Und du hattest noch nicht wirklich Gelegenheit, es zu üben. Die Einzelheiten werden dir mit der Zeit leichterfallen.«
Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich das will. Aber obwohl meine Mutter sich von Alexander, der Liebe ihres Lebens, getrennt hat, um nicht Königin werden zu müssen, scheint es sie furchtbar stolz und glücklich zu machen, mir dabei zuzuschauen, wie ich meinen Platz als seine Tochter einnehme. Egal, wie schlecht ich darin bin.
»Du hast nicht gesehen, dass sich irgendwer beim Haus herumgedrückt hat, oder?«, frage ich nach einer kurzen Pause. Ich will dringend das Thema wechseln. »Alexander hat gesagt, dass der Palast immer noch täglich Fragen zu dir bekommt. Du weißt schon, von diesem Reporter.«
»Der, der eine Biografie von mir schreibt?«, fragt sie. »Nein, die Security hat nichts Verdächtiges gesehen, und ich auch nicht. Aber eine Freundin meinte, sie habe einen komischen Anruf von jemandem erhalten, der sich nach unserer Familie erkundigt hat, also ist es vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis er mich findet.«
Mein Gesicht verfinstert sich. »Wenn irgendetwas passiert …«
»Dann sage ich sofort deinem Vater Bescheid«, verspricht sie. »Aber wenn ich ehrlich bin, Evie, dann frage ich mich manchmal, ob es nicht besser für mich wäre, wenn ich mit ihm zusammenarbeiten würde … Wie heißt er noch mal?«
»Ryan«, sage ich verbittert. »Ryan Crewes.«
»Ryan Crewes«, wiederholt sie. »Wenn er schon meine Geschichte aufschreibt, dann kann ich doch wenigstens ein Mitspracherecht haben.«
Sie hat zwar nicht ganz unrecht, aber die Vorfälle aus meiner Kindheit lassen sie nicht gerade in einem guten Licht dastehen. Ich selbst erinnere mich nicht daran, aber meine Mutter wurde verhaftet, weil sie versucht hat, mich in einer Badewanne zu ertränken, als ich vier war. Sie steckte mitten in einer Psychose, die durch ihre damals noch nicht diagnostizierte paranoide Schizophrenie hervorgerufen wurde. Die Krankheit redete ihr ein, sie müsse mich vor meiner Stiefmutter Helene beschützen, die mich, soweit ich weiß, nie bedroht hatte. Aber die psychische Erkrankung meiner Mutter hat sie ständig angelogen. Das tut sie an schlechten Tagen immer noch, trotz Medikamenten und Therapie.
Mir ist zwar klar, dass die Leute ihre eigenen Schlüsse ziehen werden, ob sie nun die wahre Geschichte kennen oder nicht, aber ich will nicht dabei zusehen, wie ihre Worte zu etwas Ungeheuerlichem verdreht werden, um damit mehr Bücher zu verkaufen. Und Ryan Crewes und den anderen sogenannten königlichen Biografen, die uns schon seit Monaten umkreisen, würde ich alles zutrauen.
»Vielleicht kannst du mit jemandem zusammenarbeiten, den du selbst ausgesucht hast«, schlage ich vor. In ein paar Jahren, wenn die sensationsheischenden Schlagzeilen, die im Sommer wochenlang gedruckt wurden, aus dem Gedächtnis der Öffentlichkeit getilgt sind. »Aber im Moment …«
Das laute Klopfen von Fingerknöcheln auf Holz hallt durch mein Wohnzimmer. Ich zucke zusammen und drehe mich um, um der Zimmertür einen bösen Blick zuzuwerfen. Meine Mutter lehnt sich zur Kamera vor und legt die Stirn in noch tiefere Falten.
»Musst du aufmachen?«, fragt sie, und ich schüttele den Kopf.
»Wer auch immer es ist, wird schon wieder verschw…«
Das dringende Klopfen wird zu einem fordernden Hämmern, und durch das Holz hindurch höre ich eine gedämpfte Stimme.
»Evan, wehe dir, wenn du nicht da drin bist, verdammt noch mal. Ich muss mit dir reden.«
Ich stöhne innerlich. »Mom, es ist Maisie«, erkläre ich. Von all den Menschen, die heute Abend auf Schloss Windsor sind, ist sie eine der wenigen, die ich nicht ignorieren kann. »Kann ich …«
»Natürlich, Liebling. Ich muss eh mit dem Kochen anfangen«, sagt sie. »Ruf mich zurück, wenn du Zeit hast.«
Ich schließe meinen Laptop und murmele ein paar nicht besonders nette Dinge über meine Halbschwester, während ich meine Decke abwerfe und aufstehe. Das Feuer prasselt munter vor sich hin und kämpft mit seiner Hitze tapfer gegen die Kälte des Schlosses an.
Ich reiße die Tür auf, die in den Flur hinausführt. »Ist mir egal, worum es geht, aber wehe, es ist nicht …«
»Der Leiter der Palast-Security hat Daddy nach dem Abendessen abgefangen«, sagt meine Schwester, während sie in mein Zimmer rauscht. Ihr saphirblaues Ballkleid bauscht sich hinter ihr auf. »Einer der Sicherheitsoffiziere von dem Reservat in Kenia hat angerufen. Benedict ist verschwunden.«
Erst nach einer Sekunde wird mir die volle Tragweite dessen klar, was sie gesagt hat. Ich starre sie fassungslos an. »Moment … was?«
Maisie verdreht die Augen. »Benedict«, sagt sie langsam. »Unser verräterisches Schwein von einem Cousin ist weg. Er wird vermisst, ist vom Winde verweht. Verschollen …«
»Ich weiß, was ›verschwunden‹ heißt«, presse ich hervor. »Wie hat er sich an den Sicherheitsoffizieren vorbeigeschlichen? War nicht der ganze Grund, aus dem Alexander ihn auf das Reservat geschickt hat, dass er dort unter ständiger Beobachtung stehen würde?«
Und dass es ihn von Maisie und mir fernhalten würde. Aber fünf Monate und Tausende von Kilometern waren nicht genug, um meine Erinnerung an Bens Gesichtsausdruck auszulöschen, als ihm klar wurde, dass er entlarvt war. Ein Schauder durchfährt mich.
Ich werde dich zerstören.
Seine Königliche Hoheit Prinz Benedict of York war das erste Mitglied der Königsfamilie, das mich nach meiner Ankunft in London anständig behandelt hat. Aber er war auch derjenige, der ein Video von mir hochgeladen hat, in dem ich Jasper Cunningham von einem Balkon stoße, nachdem das perverse Arschloch versucht hatte, mich zu vergewaltigen.
Das Video war natürlich bearbeitet – Jasper und Ben hatten mein Getränk mit Betäubungsmitteln versetzt, und ich konnte kaum geradeaus gehen, geschweige denn einen sportlichen Neunzehnjährigen so heftig schubsen, dass er zu Tode stürzt. Aber Ben ließ die ganze Welt glauben, dass ich Jasper umgebracht hätte, und selbst nachdem wir die Wahrheit ans Licht gebracht hatten, war ich mir immer noch nicht sicher, warum.
»Onkel Nicholas versucht ihn aufzuspüren«, erklärt Maisie, die mittlerweile mit der Energie eines nervösen Huhns auf und ab läuft. »Aber Benedict hat jede Menge Freunde … er könnte mittlerweile überall sein.«
»Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert. Irgendwer muss doch wissen, wo er ist«, werfe ich ein und widerstehe dem Drang, ebenfalls auf und ab zu laufen.
»Ich habe bereits alle möglichen Klatschseiten und Social-Media-Konten abgesucht«, sagt Maisie. »Keine Spur von ihm.«
Ein stechender Schmerz breitet sich auf meinen Händen aus, und leicht verwirrt stelle ich fest, dass ich die Fingernägel in meine Handflächen gegraben habe, sodass sich auf meiner blassen Haut acht dunkelrote Halbkreise gebildet haben. Die Farbe gleicht fast der Tinte, mit der Ben die Karte geschrieben hat, die ich von ihm bekommen habe, kurz nachdem er auf das Reservat geschickt wurde. Obwohl ich sie schon seit Monaten nicht mehr angesehen habe, erinnere ich mich noch an jedes Wort.
Egal, wo ich bin, ich kenne immer noch all deine Geheimnisse. Genieß die Ruhe, solange du kannst.
»Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass er einfach verschwindet und uns in Ruhe lässt?«, frage ich und reibe meine Handflächen aneinander, um den Schmerz zu vertreiben.
»Außerordentlich gering, es sei denn, wir haben Glück und er wurde von einem Löwen gefressen«, antwortet Maisie. »Benedict war noch nie jemand, der Kränkungen stillschweigend hingenommen hat, und ich garantiere dir, dass er nicht so einfach aufgeben wird.«
Wenn irgendwer anders als Maisie diese dramatische Ankündigung gemacht hätte, hätte ich daran gezweifelt, aber sie kennt Ben besser als irgendjemand sonst. Und auch wenn sie einen Hang zum Theatralischen hat (was vermutlich etwas damit zu tun hat, dass sie eine Prinzessin ist) –, ich habe den Sommer über genug von Bens dunkler Seite gesehen, um ihr zu glauben.
»Meinst du, er hat vor, allen zu erzählen, was wirklich passiert ist?«, frage ich. Ich habe fast Angst, es auszusprechen. Ich will das Universum nicht auf dumme Gedanken bringen.
Für den Bruchteil einer Sekunde sehe ich in Maisies Augen echte Angst aufflackern. Mir kann Ben zwar nichts mehr antun, was er nicht schon versucht hat, aber er könnte immer noch mit erschreckender Leichtigkeit Maisies Leben zerstören. Denn in Wahrheit war sie diejenige, die Jasper geschubst hat. Es ist egal, dass es ein Versehen war oder dass sie aus Notwehr gehandelt hat. Wenn die Wahrheit ans Licht kommt – wenn Ben mit dem, was an dem Abend wirklich passiert ist, und allem, was wir getan haben, um es zu vertuschen, an die Öffentlichkeit geht, dann können wir nicht vorhersagen, welche Folgen das haben wird. Aber ohne jeden Zweifel wären sie verheerend, nicht nur für mich und Maisie, sondern auch für die gesamte Königsfamilie und die Monarchie selbst.
»Das tut er nicht«, sagt sie schließlich, als könnte sie es durch pure Sturheit garantieren. »Jetzt, wo wir das Video gelöscht haben, kann er es nicht mehr beweisen.«
»Aber er ist Dritter in der Thronfolge«, erinnere ich sie, obwohl wir uns beide dieser unangenehmen kleinen Tatsache bewusst sind. »Er ist glaubwürdig, und selbst wenn der Palast die Anschuldigungen abstreitet, würden einige Menschen ihm trotzdem glauben.«
»Dann lass sie«, antwortet sie kalt. »Manche Leute glauben, dass ich bei der Geburt gestorben und durch ein anderes Baby ersetzt wurde, weißt du? Aber ihre Verschwörungstheorien sind trotzdem nicht mehr als das.«
Das ist mir neu. Ich blinzele. »Aber das hier stimmt wirklich, Maisie. Und wenn er es irgendwie geschafft hat, das Video zu kopieren …«
Aus ihrer Handtasche ertönt ein Nachrichtenton, und sie wartet nicht darauf, dass ich zu Ende spreche, bevor sie ihr Handy hervorholt. Ihr Gesichtsausdruck wird bei dem Anblick dessen, was auf ihrem Display zu sehen ist, noch angespannter, und sie dreht sich zur Tür.
»Ich kann nicht hierbleiben«, sagt sie in meine Richtung. »Ich wollte dich nur warnen.«
»Danke«, sage ich trocken. »Bei der Vorstellung von Ben, wie er mir durch meine Fenster nachspioniert, kann ich heute Nacht bestimmt gut schlafen.«
Maisie wirft mir einen vernichtenden Blick zu, der allerdings dadurch abgemildert wird, dass sie ängstlich an ihren rotblonden Locken zieht. »Sei nicht albern. Du hast Vorhänge.«
»Das war nicht …«, setze ich an, aber es hat keinen Sinn. Ich mustere sie. »Ist alles in Ordnung?«
»Was glaubst du denn?«, gibt sie giftig zurück und lässt ihre Hand sinken. »Nicht nur, dass Benedict seinem Käfig entflohen ist, er hat außerdem einen Rachefeldzug gegen uns beide geplant, und wir haben keine Ahnung, was er als Nächstes versuchen wird. In welcher Welt ist bitte alles …«
»Ich meine nicht wegen Ben«, unterbreche ich sie mit einem Blick auf ihr Handy. »Hast du von Gia gehört, seit sie aus Spanien wiedergekommen ist?«
Augenblicklich wird die schwache Wärme zwischen uns zu Eis.
»Ich muss gehen«, sagt Maisie. »Wenn Benedict heute Nacht an deinem Fenster auftaucht, bestell ihm bitte, dass es mir egal ist, dass in unseren Adern dasselbe Blut fließt. Wenn er auch nur einen Sekundenbruchteil aus der Reihe tanzt, werde ich den Tower wieder zu einem Gefängnis umfunktionieren.«
»Auch ein sehr beruhigender Gedanke«, murmele ich, aber wenn Maisie mich hört, dann reagiert sie nicht. Stattdessen reißt sie die Tür auf und verschwindet im Flur.
Ich bleibe allein zurück, während der Gedanke an alles Schreckliche, was Ben uns antun könnte, und das Wissen, dass er sich an dem Gemetzel erfreuen wird, wie ein Damoklesschwert über mir hängt.
»Henrietta, haben Sie in den zwanzig Jahren, die Sie bereits über die Königsfamilie Bericht erstatten, jemals so ein Staatsbankett gesehen?«
»Man wird sich sicherlich noch jahrelang daran erinnern, aber ich will betonen, dass die Presse nicht zum eigentlichen Bankett eingeladen ist, und auch nicht zum anschließenden Ball. Wir sind nur für die Fotosession und eventuell noch kurze Interviews vor den Hauptfeierlichkeiten dort. Der Rest ist ein streng gehütetes Geheimnis.«
»Trotz all der Aufregung über Präsidentin Parks ersten Besuch im Vereinigten Königreich kann ich mir kaum vorstellen, dass irgendetwas, das hinter verschlossenen Türen passiert ist, Evangelines Fauxpas während des Familienfotos gestern hätte toppen können.«
»Sie hat wirklich ein Händchen dafür, Aufmerksamkeit zu erregen, nicht wahr? Zu ihrer Verteidigung scheint es an ihrem Outfit gelegen zu haben, nicht an dem Bedürfnis, im Rampenlicht zu stehen. Direkt nach den Fotos hat sie nämlich ihre Schuhe ausgezogen.«
»Sie haben sich in letzter Zeit viel mit dem Thema Evangeline beschäftigt, nicht wahr?«
»Ja, das habe ich. Ihr bisheriges Leben ist faszinierend, vor allem für jemanden, der erst achtzehn Jahre alt ist, und es war eine große Bereicherung, während der Recherche für mein neues Buch, Royal Rebel, mehr über sie zu erfahren. Das Buch kommt am Donnerstag heraus, gerade rechtzeitig als Last-Minute-Weihnachtsgeschenk für die Adels-Fans in Ihrem Leben.«
»Auf meiner Wunschliste steht es auf jeden Fall. Was, würden Sie sagen, hat Sie bei Ihrer Recherche am meisten überrascht?«
»Da gab es mehrere Sachen. Evangeline mag zwar jetzt – nur sechs Monate, nachdem sie der Königsfamilie beigetreten ist – berühmt sein, aber wir wissen nur sehr wenig über ihr vorheriges Leben. Wie Sie schon meinten, hat sie ein Händchen dafür, auf ziemlich skandalöse Weise Aufmerksamkeit zu erregen. Aber das, was mich am meisten überrascht hat, ist ihr Mitgefühl.«
»Ihr Mitgefühl?«
»Natürlich steht sie in dem Ruf, Schwierigkeiten zu verursachen, nachdem sie in sieben Jahren von neun Internaten verwiesen wurde. Aber die Handlungen, die zu diesen Verweisen geführt haben, scheinen nie auf Böswilligkeit oder zerstörerische Tendenzen zurückzuführen zu sein.«
»Selbst der berüchtigte Brandstiftungsvorfall, der sie zur Flucht nach England veranlasst hat?«
»Besonders der. Ihr ehemaliger Mathematiklehrer glaubt, dass Evangeline das Feuer gelegt hat, um den einzigen Nachweis der schlechten Noten zu vernichten, die ihre Mitbewohnerin erzielt hatte und die, seinen Angaben zufolge, ihre Aufnahme in einer Ivy-League-Universität gefährdet hätten.«
»Die Noten ihrer Mitbewohnerin? Nicht ihre eigenen?«
»Nein, nicht ihre eigenen. Das ist der Kern der vielen Beispiele, die Evangeline zu so einem faszinierenden Neuzugang der königlichen Familie machen – und, wie ich glaube, zu einem Gewinn für das ganze Land. Sie ist wirklich außergewöhnlich, und trotz der gelegentlichen Schnitzer bin ich mir sehr sicher, dass wir uns, wenn sie einmal die Chance bekommt, sich zu beweisen, alle einig sein werden, dass sie genauso ein königliches Juwel ist wie Prinzessin Mary.«
– Interview von ITV News mit Adelsexpertin Henrietta Smythe, 19. Dezember 2023
Die Fahrt von Schloss Windsor zum Sandringham House, dem Privatlandsitz der Königsfamilie nahe der Ostküste von England, dauert fast drei elende Stunden.
Maisie und ich verbringen den Großteil davon schweigend. Ich lese einen Fantasyroman, und sie scrollt auf ihrem Handy herum und reagiert hastig auf jeden Nachrichtenton, der auf dem Rücksitz des Range Rovers ertönt. Ich hätte sie liebend gerne gefragt, ob sie irgendwelche Neuigkeiten zu Ben hat, aber ein Blick auf ihr Gesicht, das so düster ist wie eine Gewitterwolke, verrät mir, dass es das Risiko nicht wert ist. Ich habe in meinem Leben zwar schon einige fragwürdige Entscheidungen getroffen, aber selbst mir ist klar, dass ich sie jetzt gerade nicht reizen sollte.