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Erlebtes, Erfahrenes und Erfundenes
So beeindruckend offen und suggestiv wie in keinem anderen literarischen Text erzählt Fallada von den Zwängen eines Morphinisten: Die Euphorie des Rausches und das Desaster danach kannte er aus eigener Erfahrung. – Mehr oder weniger direkt entlieh er die Motive aller acht Geschichten in diesem Buch der eigenen Biographie: seiner Zeit in Haft und vor allem den Erlebnissen mit den eigenen Kindern.
„Alles in meinem Leben endet in einem Buch.“ Hans Fallada
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Seitenzahl: 215
Hans Fallada
Sachlicher Bericht über das Glück, ein Morphinist zu sein
Geschichten
Herausgegeben von Günter Caspar
ISBN E-Pub 978-3-8412-0261-1
ISBN PDF 978-8412-2261-9
ISBN Printausgabe 978-3-7466-5327-4
Aufbau Digital,
veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, Januar 2012
© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin
Die Erstausgabe erschien 1997 unter dem Titel
»Drei Jahre kein Mensch. Erlebtes, Erfahrenes. Erfundenes«
bei Aufbau, einer Marke der Aufbau Verlag GmbH & Co. KG
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unter Verwendung eines Fotos von Kurt Hutton / getty-images
Konvertierung Koch, Neff & Volckmar GmbH,
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www.aufbau-verlag.de
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Innentitel
Inhaltsübersicht
Informationen zum Buch
Informationen zum Autor
Impressum
Sachlicher Bericht über das Glück, ein Morphinist zu sein
Drei Jahre kein Mensch
Unterprima Totleben
Der kleine Jü-Jü und der große Jü-Jü
Die Geschichte von der großen und von der kleinen Mücke
Der Kindernarr
Swenda, ein Traumtorso oder Meine Sorgen
Ich suche den Vater
Anhang
Zu den Texten
1
Das war in jener schlimmen Berliner Zeit, als ich ganz im Morphium verkam.
Ein paar Wochen war es gut gegangen, ich hatte einen großen Posten Benzin, wie wir das Gift unter uns nannten, erwischen können und war der schlimmsten Sorge des Morphinisten, der Sorge um den Stoff, überhoben gewesen. Dann, je mehr sich der Vorrat dem Ende zu neigte, war mein Konsum stärker und stärker geworden, ich wollte noch einmal gründlich satt werden, und dann – nichts mehr von dieser Sorte. Einmal mußte doch ein anderes Leben begonnen werden, mit Energie war die plötzliche Entwöhnung durchzuführen, es gab solche Heilungen.
Aber als ich an jenem Morgen erwachte, da ich dem Nichts gegenüberstand, wußte ich, ich mußte Morphium bekommen, um jeden Preis. Mein ganzer Körper war von einer peinigenden Unruhe erfüllt, meine Hände zitterten, ein toller Durst quälte mich, ein Durst, der nicht nur in der Mundhöhle, sondern in jeder einzelnen Zelle meines Körpers lokalisiert schien.
Ich nahm den Hörer ab und rief Wolf an. Ich ließ ihm keine Zeit, mit ersterbender Stimme hauchte ich: »Hast du Benzin? Komme sofort! Ich vergehe!«
Und legte mich aufatmend in die Kissen zurück. Eine tiefe feierliche Erlösung, Vorgefühl des kommenden Genusses, machte den gequälten Körper sanft: Wolf würde mit dem Auto kommen, ich würde die Spritze einstechen – ich fühle das Eindringen der Kanüle, und nun ist das ganze Leben schön.
|6|Das Telefon schrillte, Wolf meldete sich und: »Warum hängst du gleich ab? Ich kann dir kein Benzin bringen, habe selbst nichts mehr. Muß heute auf die Jagd gehen.«
»Eine Spritze, eine einzige Spritze, ich sterbe sonst, Wolf.«
»Wenn ich doch nichts habe.«
»Du hast. Ich weiß bestimmt, du hast.«
»Aber mein Ehrenwort.«
»Ich höre ja an deiner Stimme, daß du eben noch gespritzt hast. Du bist ganz satt.«
»Heute nacht um eins das letzte Mal.«
»Und ich schon seit elf nicht mehr. Wolf, komme rasch.«
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