Sandor Not macht erfinderisch - Dorothea Flechsig - E-Book

Sandor Not macht erfinderisch E-Book

Dorothea Flechsig

5,0

Beschreibung

Die sprechende Fledermaus Sandor reist mit dem Jungen Jendrik im Flugzeug von Rumänien zurück nach Deutschland. Dabei sorgt nicht nur Sandor für Turbulenzen! Auch nach der Landung geht es aufregend weiter. Zu allem Übel ist in der Schule ein neuer Lehrer und Jendriks Eltern stellen ihren Sohn vor eine schwierige Wahl. Zum Glück hat Jendrik seinen treuen Freund Sandor, die kluge Fledermaus, die ihm hilft, eine gute Entscheidung zu treffen und weiß, dass auch erwachsene Menschen bei wichtigen Lebensentscheidungen manchmal Nachhilfe brauchen.

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© 2015 Glückschuh Verlag Alle Rechte vorbehalten Cover: Christian Puille, Illustrationen: Katrin Inzinger Satz und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck

Buch ISBN 978-3-943030-33-4 E-Book ISBN 978-3-943030-38-9

Wir fördern den Fledermausschutz! Mehr Infos: www.glueckschuh-verlag.de

Inhalt

Titel

Impressum

Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel – Haustiere machen glücklich

2. Kapitel – Gefälschte Papiere

3. Kapitel – Abschied nehmen fällt schwer

4. Kapitel – Stoppt das Flugzeug!

5. Kapitel – Familiennachwuchs

6. Kapitel – Wo ist Frau Schmidt?

7. Kapitel – Es ist alles nicht so einfach

8. Kapitel – Geheimagent Sandor

9. Kapitel – Ein Neuanfang

10. Kapitel – Verborgene Talente

11. Kapitel – Großes Finale

Wissenswertes über Kinderpsychologen

1. Kapitel

Haustiere machen glücklich

„Tss, tss. Klick-klick! In Siebenbürgen kennen echte Abenteurer keine Furcht!“

Die Fledermaus Sandor hängt oben an der Hauswand vor dem geöffneten Fenster. Er schlägt langsam den linken Flügel auf seine rechte Schulter und dann den rechten Flügel auf die linke. Er reißt die Augen weit auf, holt tief Luft und verstellt seine Stimme.

„Hier klappern die Knochen der Toten in der Nacht. Die beißende Kälte kriecht wie eine Schlange vom großen Zeh bis zum Scheitel. Der eisige Winterwind flüstert deinen Namen im Mondlicht, wenn er über die transsilvanischen Alpen und die Weite der Walachei hinwegweht. Wolfs­rudel huschen wie Schatten durchs Dickicht. Lautes Knacken im Unterholz ist zu hören und der Boden bebt, wenn der Bär auf dich zukommt.“

In ungewohnt tiefem Ton fährt Sandor fort: „Hu-ha, Feiglinge haben hier keine Chance!“

„Ja, ja, Sandor, hör auf zu flunkern!“ Jendrik schmunzelt. „Außerdem haben wir gerade Sommer!“

Die sprechende Fledermaus Sandor ist in Rumänien geboren und kennt sich bestens in ihrer alten Heimat aus. Doch Jendrik weiß auch, dass Sandor gern übertreibt und das, was er erlebt hat, mit Vorliebe phantasie­voll ausschmückt.

„Na und? Flunkergeschichten haben bunte Flügel, und sie tragen uns schwungvoll durch öde Tage“, behauptet Sandor und erteilt sich so selbst die Erlaubnis, manchmal zu schwindeln.

Jedes Mal, wenn Jendrik mit Sandor zusammen ist, hat die Fledermaus neue Ideen, was sie am kommenden Tag unbedingt ansehen müssen.

Nach ihrer abwechslungsreichen Rundreise durch das Land, sind nun alle wieder in der vertrauten Pension Helga ange­kommen.

Bisher war der Urlaub in Rumänien wunderschön. Sie haben in einem alten Kloster übernachtet, wo sie bunte Decken- und Wandmalereien bestaunten und Mönchen bei ihrer Arbeit und beim Beten zusahen. Sie sind durch tiefe, dunkle Höhlengänge gekrochen, haben in Bergseen gebadet und in kleinen Bauerndörfern gewohnt. ­Jendrik und Tom durften alleine eine Pferde­kutsche fahren. Stets war auch Toms kleiner Hund Lupo mit dabei. Tom hatte ihn in dem ­kleinen Dorf Biertan am Straßenrand gefunden.

Den Namen Lupo findet Tom sehr passend, da Lupo übersetzt Wolf heißt. In Rumäniens Wäldern gibt es tatsächlich Wölfe und sein Welpe ist auch wild und ungehorsam.

Tom will den kleinen Hund für immer behalten. Seine Mutter Freyja ist damit nicht einverstanden. Sie ist sich nur noch nicht klar, wie sie das ihrem kleinen Sohn beibringen soll. Insgeheim hofft sie darauf, dass ihr das jemand abnimmt. Es gibt aber nur eine Person, die das könnte, der Kinderpsychologe Hans Belz, der mit ihnen verreist ist. Doch der macht seit Tagen keine Anstalten, sie dabei zu unterstützen. Deshalb wird sie von Tag zu Tag gereizter.

„Schade, dass wir nicht noch viel länger hierbleiben können.“ Sandor hängt neben Jendrik im Fensterrahmen und schaukelt hin und her. Jendrik sitzt im zweiten Stock oben auf dem Fenstersims, lässt die Beine baumeln, schneidet einen Apfel in Stücke und betrachtet die gewaltige dunkle Kulisse der rumänischen Burg Tartlau.

„Ich finde die Idee nicht gut, dass ich mit euch in ein stinkendes Flugzeug einsteigen soll“, schimpft Sandor. „Lieber lasse ich mich vom eisigen Wind über die Alpen tragen.“

„Komm schon!“, sagt Jendrik. „Wenn alle Menschen die Treppe ins Flugzeug hochsteigen, lenke ich die Stewardess ab, und du fliegst im Sauseflug als blinder Passagier unbemerkt hinein!“

„Wieso blind?“

„Ein blinder Passagier ist jemand, der sich ohne Ticket an Bord schmuggelt!“

Sandor hält inne und sagt: „Ich bin kein Schmuggler, sondern ein Weltmeister der Lüfte, ein Akrobat, ein Kunstflieger, ein Wind- und Himmelsexperte, ein …!“

„Ja, ja! Ich weiß, aber im Flugzeug bist du sicherer, und wir sind schneller gemeinsam zu Hause!“

Da kommen Jendriks Mutter Freyja und Hans in den Garten. Hans lässt sich auf die Gartenbank fallen. Er streckt mit geschlossenen Augen sein Gesicht in die Sonne und genießt die Wärme. Freyja nimmt eine vorwurfsvolle Haltung ein. Mit verschränkten Armen baut sie sich vor ihm auf. Sandor ist derweil noch immer mit dem Rückflug beschäftigt.

„Ich kann Flugzeuge nicht ausstehen!“

„Pssst, sei mal still!“, befiehlt Jendrik, der hören will, was die beiden Erwachsenen im Garten zu bereden haben. Den Jungen und die kleine Fledermaus oben am Fenster bemerken sie nicht.

„Es muss jetzt mal raus. Ich bin sehr wütend auf dich, und als Kinderpsychologe halte ich dich für nicht sehr kompetent“, sagt Freyja laut.

Hans öffnet die Augen, beugt sich nach vorne, sieht Freyja an und antwortet ruhig: „Entschuldige, ich wollte dir nicht in den Rücken fallen, aber deinen beiden Kindern tut der Welpe sehr gut. Zahlreiche Studien weltweit belegen, dass der Umgang mit ­Tieren den Alltag bereichert.“

„Aber nicht in einer kleinen Wohnung! Da bedeutet so ein Haustier nur Stress!“

„Jeder, der mit Tieren lebt, weiß, wie sehr sie beruhigen und trösten können. Haustiere haben einen günstigen Einfluss auf Kinder. Sie sind glücklicher, fröhlicher, aufgeweckter, spielen öfter draußen, bleiben ohne Angst allein zu Hause, sind selbstsicherer, erfüllen ihre täglichen Pflichten pünktlicher.“

Jendrik flüstert Sandor belustigt ins Ohr: „Da kannst du mal hören, wozu du alles gut bist!“

Sandor weitet stolz seinen Brustkorb und antwortet: „Phh, ich bin doch kein Haustier!“

Hans macht mit dem Arm eine ausladende, schwungvolle Bewegung, so als würde er ein Orchester zum langen Schlusston auffordern und redet dann langsam weiter: „Wenn der Hund bei euch bleibt, wird Jendrik bestimmt auch seinen imaginären Freund, diese sprechende Fledermaus, nicht mehr brauchen!“

Sandor gefällt dieser Satz überhaupt nicht. „Tss, tss! Phh!“ Er rückt gleich näher an Jendrik heran.

Freyja schüttelt genervt den Kopf. „Ach, was du so alles weißt, du Hellseher! Und wer kümmert sich um den Hund, wenn die beiden in der Schule sind? In meinem Mietvertrag steht: Keine Haustiere! Und wie sollen wir bitte den Hund nach Deutschland mitnehmen? Wir fliegen morgen zurück und haben keine Papiere für den Hund.“

„Dann müssen wir diese Papiere eben noch rasch besorgen!“

„Meine Güte, Herr Doktor, dafür ist es schon zu spät!“ Freyja stampft mit schweren Schritten zurück zum Haus.

„Aber du hast es Tom erlaubt. Zumindest hat er das so verstanden, und nun ist die Bindung zwischen ihm und Lupo sehr eng geworden“, ruft Hans ihr nach. „Dann hättest du von Anfang an konsequent sein und den Hund am Straßenrand zurück­lassen müssen!“

„Ihr habt mich doch alle unter Druck gesetzt. Vor allem du!“, schreit Freyja so laut zurück, dass Helga, die Pensionswirtin, in den Garten gelaufen kommt und fragt, ob sie helfen könne. Aber Freyja schüttelt im Vorbeigehen nur den Kopf: „Ich gehe spazieren!“

„Hoffentlich vertragen die sich bald wieder! Das Erwachsene immer so viel streiten müssen!“, sagt Jendrik.

Sandor flattert zu ihm auf die Schulter und kuschelt sich an sein Ohr: „Das wird schon Jendrik! Aber um die Papiere für Toms hechelnden Vierbeiner sollten wir uns dringend kümmern!“

2. Kapitel

Gefälschte Papiere

„Schnell! Wir müssen zum Tierarzt!“, drängt Jendrik. Er zerrt an Toms Arm, der mit Lupo auf dem Boden spielt. „Mama ist gerade weg. Helga hat zu Hans gesagt, dass wir eine Hunde-Aus­reisegenehmigung benötigen. Ohne die Papiere können wir Lupo nicht mitnehmen!“

„Was? Dann fahren wir jetzt sofort zu einem Hundearzt und holen die!“ Tom nimmt Lupo auf seine Arme und marschiert schnurstracks zum Auto.

Hans, der schon im Auto wartet, tippt die Adresse von der Tierarztpraxis, die ihm Helga auf einen Zettel geschrieben hat, ins Navigationsgerät. Sie hat den Arzt bereits angerufen und den Besuch angekündigt.

Jendrik sitzt schon auf der Rückbank. Schützend hält er seine Hand vor seine Jackentasche, in der Sandor es sich bequem gemacht hat.

Lupo schnüffelt die ganze Zeit wie be­sessen an Jendriks Jacke herum.

„Hey, nimm bitte mal deinen Hund weg!“, herrscht Jendrik Tom an. Der zieht Lupo am Halsband zu sich auf seine Seite, aber Lupo lässt sich das nicht gefallen. Widerspenstig senkt er den Kopf, schlüpft aus dem Halsband, schnüffelt erneut an der Jacke und beginnt, den armen Sandor laut anzubellen.