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Dieses Trauerspiel in 5 Akten ist die antike Geschichte einer unerwiderten Liebe, die den Leser von Anfang bis Ende fesselt und mitfühlen lässt.Die berühmte Dichterin Sappho kehrt von den Olympischen Spielen zurück zu ihrer Heimatinsel Lesbos und wird von den Bewohnern gefeiert. Zu Hause stellt sie den jungen Phaon vor, in den sie sich verliebt hat. Doch als Sapphos Geliebter auf ihre Dienerin Melitta trifft, überschlagen sich die Ereignisse und der Dichterin wird bewusst, was Phaons wahre Beweggründe sind.-
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Seitenzahl: 86
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Franz Grillparzer
Trauerspiel in fünf Aufzügen
Saga
Sappho
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 1818, 2021 SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726997286
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.
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Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com
Dem Herrn Carl
August West
widmet diesen seinen zweiten dramatischen Versuch, als Zeichen der Dankbarkeit und Freundschaft,
der Verfasser.
Freie Gegend. Im Hintergrunde das Meer, dessen flaches Ufer sich gegen die linke Seite zu in felsichten Abstufungen emporhebt. Hart am Ufer ein Altar der Aphrodite. Rechts im Vorgrunde der Eingang einer Grotte mit Gesträuch und Eppich umwachsen; weiter zurück das Ende eines Säulenganges mit Stufen, zu Sapphos Wohnung führend. Auf der linken Seite des Vorgrundes ein hohes Rosengebüsch mit einer Rasenbank davor.
Zimbeln und Flöten und verworrener Volkszuruf in der Ferne. Rhamnes stürzt herein.
Rhamnes.
Auf, auf vom weichen Schlaf! Sie kommt, sie naht!
O daß doch nur die Wünsche Flügel haben
Und träg der Fuß, indes das Herz lebendig.
Heraus ihr faulen Mädchen! Zögert ihr?
Der trifft euch nicht, der Jugend vorschnell nennt.
(Eucharis, Melitta und Dienerinnen aus dem Säulengange.)
Melitta.
Was schiltst du uns, da sind wir ja!
Rhamnes.
Sie naht.
Melitta.
Wer? – Götter!
Rhamnes.
Sappho naht!
Geschrei(von innen).
Heil, Sappho, Heil!
Rhamnes.
Jawohl, Heil, Sappho, Heil! Du braves Volk!
Melitta.
Doch was bedeutet –
Rhamnes.
Nun bei allen Göttern
Was frägt das Mädchen auch so wunderlich.
Sie kehret von Olympia, hat den Kranz,
Den Kranz des Sieges hat sie sich errungen;
Im Angesicht des ganzen Griechenlands,
Als Zeugen edlen Wettkampfs dort versammelt,
Ward ihr der Dichtkunst, des Gesanges Preis.
Drum eilt das Volk ihr jauchzend nun entgegen,
Schickt auf des Jubels breiten Fittichen
Den Namen der Beglückten zu den Wolken.
Und diese Hand war's, ach, und dieser Mund,
Der sie zuerst der Leier Sprach' entlocken
Und des Gesanges regellose Freiheit
Mit süßem Band des Wohllauts binden lehrte.
Volk(von innen).
Heil Sappho, Sappho Heil!
Rhamnes(zu den Mädchen).
So freut euch doch!
Seht ihr den Kranz?
Melitta.
Ich sehe Sappho nur!
Wir wollen ihr entgegen!
Rhamnes.
Bleibt nur, bleibt!
Was soll ihr eurer Freude schlechter Zoll?
Sie ist an andern Beifall nun gewohnt!
Bereitet lieber alles drin im Hause,
Nur dienend ehrt der Diener seinen Herrn.
Melitta.
Siehst du an ihrer Seite –
Rhamnes.
Was?
Melitta.
Siehst du?
Hoch eine andre, glänzende Gestalt,
Wie man der Leier und des Bogens Gott
Zu bilden pflegt!
Rhamnes.
Ich sehe! Doch ihr geht!
Melitta.
Und erst nur riefst du uns!
Rhamnes.
Ich rief euch, ja!
Ihr solltet wissen, daß die Herrin naht,
Ihr solltet wissen, daß euch Freude Pflicht,
Doch freuen mögt ihr euch nur drin im Haus.
Der Mann mag das Geliebte laut begrüßen,
Geschäftig für sein Wohl liebt still das Weib.
Melitta.
So laß uns nur –
Rhamnes.
Nicht doch! Nur fort, nur fort!
(Er treibt die Mädchen fort.)
Nun mag sie kommen, nun wird Albernheit
Ihr vorlaut nicht die schöne Feier stören.
Sappho, köstlich gekleidet, auf einem mit weißen Pferden bespannten Wagen, eine goldne Leier in der Hand, auf dem Haupte den Siegeskranz. Ihr zur Seite steht Phaon in einfacher Kleidung. Volk umgibt laut jubelnd den Zug.
Volk(auftretend).
Heil Sappho, Heil!
Rhamnes(sich unter sie mischend).
Heil Sappho, teure Frau!
Sappho.
Dank Freunde, Landsgenossen Dank.
Um euretwillen freut mich dieser Kranz
Der nur den Bürger ziert, den Dichter drückt,
In eurer Mitte nenn ich ihn erst mein.
Hier, wo der Jugend träumende Entwürfe,
Wo des Beginnens schwankendes Bestreben,
Wo des Vollbringens wahnsinnglühnde Lust
Mit eins vor meine trunkne Seele treten,
Hier, wo Zypressen von der Eltern Grab
Mir leisen Geistergruß herüberlispeln,
Hier, wo so mancher Frühverblichne ruht
Der meines Strebens, meines Wirkens sich erfreut,
In eurem Kreis, in meiner Lieben Mitte,
Hier dünkt mir dieser Kranz erst kein Verbrechen,
Hier wird die frevle Zier mir erst zum Schmuck.
Einer aus dem Volke.
Wohl uns, daß wir dich, Hohe, unser nennen!
Habt die bescheidne Rede ihr vernommen,
Mehr als ganz Griechenland hat sie ihr Wort geschmückt!
Rhamnes(sich hinzudrängend).
Sei mir gegrüßt, gegrüßt, du Herrliche!
Sappho(vom Wagen herabsteigend und die Umstehenden freundlich grüßend).
Mein treuer Rhamnes sei gegrüßt! – Artander,
Du auch hier, trotzend deines Alters Schwäche?
Kallisto – Rhodope – Ihr weinet Liebe! –
Das Auge zahlt so richtig als das Herz
Für Tränen Tränen, seht! – O schonet mein!
Einer aus dem Volke.
Willkommen auf der Heimat altem Boden,
Willkommen in der Deinen frohem Kreis!
Sappho.
Umsonst sollt ihr die Bürgerin nicht grüßen,
Sie führt zum Dank euch einen Bürger zu.
Hier Phaon. Von den Besten stammet er
Und mag auch kühn sich stellen zu den Besten!
Obschon die Jahre ihn noch Jüngling nennen,
Hat ihn als Mann so Wort als Tat erwiesen.
Wo ihr des Kriegers Schwert bedürft,
Des Redners Lippe und des Dichters Mund,
Des Freundes Rat, des Helfers starken Arm,
Dann ruft nach ihm und suchet länger nicht.
Phaon.
Du spottest Sappho eines armen Jünglings!
Wodurch hätt' ich so reiches Lob verdient?
Wer glaubt so Hohes von dem Unversuchten?
Sappho.
Wer sieht, daß du errötest, da ich's sage.
Phaon.
Ich kann beschämt nur staunen und verstummen.
Sappho.
Du sicherst dir was du von dir entfernst,
Geschwister sind ja Schweigen und Verdienst.
Ja meine Freunde, mögt ihr's immer wissen,
Ich liebe ihn, auf ihn fiel meine Wahl.
Er war bestimmt, in seiner Gaben Fülle,
Mich von der Dichtkunst wolkennahen Gipfeln
In dieses Lebens heitre Blütentäler
Mit sanft bezwingender Gewalt herabzuziehn.
An seiner Seite werd ich unter euch
Ein einfach stilles Hirtenleben führen;
Den Lorbeer mit der Myrte gern vertauschend
Zum Preise nur von häuslich stillen Freuden
Die Töne wecken dieses Saitenspiels.
Die ihr bisher bewundert und verehrt,
Ihr sollt sie lieben lernen, lieben Freunde.
Volk.
Preis dir du Herrliche! Heil Sappho, Heil!
Sappho.
Es ist genug! Ich dank euch, meine Freunde!
Folgt meinem Diener, er wird euch geleiten,
Daß ihr bei Speis' und Trank und frohen Tänzen
Die Feier unsers Wiedersehns vollendet,
Der Wiederkehr der Schwester zu den Ihren!
(Zu den Landleuten die sie begrüßen.)
Lebt wohl – auch du – und du – ihr alle – alle!
(Rhamnes mit den Landleuten ab.)
Sappho. Phaon.
Sappho.
Siehst du, mein Freund, so lebt nun deine Sappho!
Für Wohltat Dank, für Liebe – Freundlichkeit,
So ward mir's stets im Wechseltausch des Lebens;
Ich war zufrieden, und bin hoch beglückt,
Gibst du auch halb nur wieder das Empfangne,
Wenn du dich nicht für übervorteilt hältst.
Ich hab gelernt verlieren und entbehren;
Die beiden Eltern sanken früh ins Grab
Und die Geschwister, nach so mancher Wunde,
Die sie dem treuen Schwesterherzen schlugen,
Teils Schicksals Laune, und teils eigne Schuld
Stieß früh sie schon zum Acheron hinunter.
Ich weiß wie Undank brennt, wie Falschheit martert,
Der Freundschaft und der – Liebe Täuschungen
Hab ich in diesem Busen schon empfunden,
Ich hab gelernt verlieren und entbehren!
Nur eins verlieren könnt' ich wahrlich nicht,
Dich Phaon, deine Freundschaft, deine Liebe!
Drum mein Geliebter, prüfe dich!
Du kennst noch nicht die Unermeßlichkeit
Die auf und nieder wogt in dieser Brust.
O laß mich's nie, Geliebter nie erfahren,
Daß ich den vollen Busen legte an den deinen
Und fänd' ihn leer!
Phaon.
Erhabne Frau!
Sappho.
Nicht so!
Sagt dir dein Herz denn keinen süßern Namen?
Phaon.
Weiß ich doch kaum was ich beginne, was ich sage.
Aus meines Lebens stiller Niedrigkeit
Hervorgezogen – an den Strahl des Lichts,
Auf einen luftigen Gipfel hingestellt
Nach dem der Besten Wünsche fruchtlos zielen,
Erliege ich der unverhofften Wonne,
Kann ich mich selbst in all dem Glück nicht finden.
Die Wälder und die Ufer seh ich fliehn,
Die blauer Höhn, die niedern Hütten schwinden,
Und kaum vermag ich's mich zu überzeugen,
Daß alles feststeht und nur ich es bin,
Der auf des Glückes Wogen taumelnd wird getragen.
Sappho.
Du schmeichelst süß, doch, Lieber, schmeichelst du!
Phaon.
Und bist du wirklich denn die hohe Frau,
Die von der Pelops-Insel fernstem Strand
Bis dahin wo des rauhen Thrakers Berge
Sich an die lebensfrohe Hellas knüpfen
Auf jedem Punkt, den land- und menschenfern
Ins Griechenmeer Kronions Hand geschleudert,
An Asiens reicher, sonnenheller Küste,
Allüberall, wo nur ein griech'scher Mund
Die heitre Göttersprache singend spricht,
Der Ruf mit Jubel zu den Sternen hebt?
Und bist du wirklich jene hohe Frau,
Wie fiel dein Auge denn auf einen Jüngling,
Der dunkel, ohne Namen, ohne Ruf,
Sich höhern Werts nicht rühmt als – diese Leier
Die man verehrt weil du sie hast berührt.
Sappho.
Pfui doch, der argen, schlechtgestimmten Leier!
Tönt sie, berührt, der eignen Herrin Lob?
Phaon.
O seit ich denke, seit die schwache Hand
Der Leier Saiten selber schwankend prüfte,
Stand auch dein hohes Götterbild vor mir!
Wenn ich in der Geschwister frohem Kreise
An meiner Eltern niederm Herde saß
Und nun Theano, meine gute Schwester,
Die Rolle von dem schwarzen Simse holte
Ein Lied von dir, von Sappho uns zu sagen,
Wie schwiegen da die lauten Jünglinge,
Wie rückten da die Mädchen knapp zusammen
Um ja kein Korn des Goldes zu verlieren;
Und wenn sie nun begann, vom schönen Jüngling,
Der Liebesgöttin liebeglühnden Sang,
Die Klage einsam hingewachter Nacht,
Von Andromedens und von Atthis' Spielen,
Wie lauschte jedes, seinen Atemzug
Der lusterfüllt den Busen höher schwellte
Ob allzulauter Störung still verklagend.
Dann legte wohl die sinnige Theano
Das Haupt zurück an ihres Stuhles Lehne
Und in der Hütte räumig Dunkel blickend
Sprach sie, wie mag sie aussehn wohl, die Hohe?
Mir dünkt ich sehe sie! Bei allen Göttern,
Aus tausend Frauen wollt' ich sie erkennen.
Da war der Zunge Fessel schnell gelöst
Und jedes quälte seine Phantasie
Mit einem neuen Reize dich zu schmücken,
Der gab dir Pallas' Aug', der Heres Arm,
Der Aphroditens reizdurchwirkten Gürtel;
Nur ich stand schweigend auf, und ging hinaus
Ins einsam stille Reich der heiligen Nacht.
Dort an den Pulsen der süß schlummernden Natur,
In ihres Zaubers magisch-mächt'gen Kreisen,
Da breitet' ich die Arme nach dir aus;
Und wenn mir dann der Wolken Flockenschnee,
Des Zephyrs lauer Hauch, der Berge Duft,
Des bleichen Mondes silberweißes Licht