Save Me Not - Alina A.E. Maurer - E-Book
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Save Me Not E-Book

Alina A. E. Maurer

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Beschreibung

Sie späht hinter der Kamera hervor, sieht ihn an. Und zum ersten Mal leuchtet die Welt ohne die Linse. Neben ihren drei Jobs und ihren Geschwistern bleibt Maddie keine Zeit mehr für das, was sie liebt: Die Fotografie. Wenn sie die Band ihrer Freunde ablichtet, fühlt sie sich am freisten. Hinter der Kamera ist sie ganz sie selbst, ohne die Verantwortung, die sie sonst tragen muss. Doch Maddie hat sich damit abgefunden, dass sie von ihrem Hobby niemals leben könnte. Bis Theo in ihr Leben tritt. Theo, der Fotograf ist und sie zum ersten Mal in ihrem Leben glauben lässt, dass sie mehr kann als Kellnern. Theo, der mehr Geheimnisse als sie hat und nur Spaß fürs Bett sein sollte. Theo, der ihr Herz höher schlagen lässt ...

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ALINA A.E. MAURER

Save Me Not

INHALT

Die Autorin

Playlist

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

Epilog

Danksagung

Inhaltswarnung

Forget Me Not (Band 1)

Love Me Not (Band 2)

DAS BUCH

Neben ihren drei Jobs und ihren Geschwistern bleibt Maddie keine Zeit mehr für das, was sie liebt: Die Fotografie. Wenn sie die Band ihrer Freunde ablichtet, fühlt sie sich am freisten. Hinter der Kamera ist sie ganz sie selbst, ohne die Verantwortung, die sie sonst tragen muss. Doch Maddie hat sich damit abgefunden, dass sie von ihrem Hobby niemals leben könnte. Bis Theo in ihr Leben tritt. Theo, der Fotograf ist und sie zum ersten Mal in ihrem Leben glauben lässt, dass sie mehr kann als Kellnern. Theo, der mehr Geheimnisse als sie hat und nur Spaß fürs Bett sein sollte. Theo, der ihr Herz höher schlagen lässt ...

DIE AUTORIN

Alina A.E. Maurer wurde 1999 geboren und lebt und atmet Bücher seit ihrer Kindheit. Wenn sie nicht schreibt, ist sie mit ihrem Hund draußen in der Natur. Ihre Leidenschaft für England hat sie für ein Semester nach Birmingham gebracht, wo sie Kreatives Schreiben studiert hat. Sie lebt mit all ihren Büchern im schönen Mainz am Rhein. Auf Instagram tauscht sie sich unter @alina.a.e.maurer mit anderen Bücherliebhaber:innen aus.

Mehr Informationen auf www.alinaaemaurer.de

© / Copyright: 2023 Alina Anneliese Elisabeth Maurer

Originalausgabe 2023

Umschlaggestaltung, Illustration: Alina Maurer

Buchsatz: Alina Maurer

Herstellung und Verlag: Bookmundo, Mijnbestseller Rotterdam

Autorinnenfoto: Nadja Jobst

Alina Maurer

c/o autorenglück.de, Franz-Mehring-Str. 15, 01237 Dresden

[email protected]

ISBN Taschenbuch: 978-9-403-68414-7

Dieses Buch ist auch als eBook verfügbar

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Liebe Leser:innen,

In Save Me Not verarbeite ich sensible Themen, die potenziell triggern können. Eine vollständige Inhaltswarnung findet ihr am Ende des Buches. Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch.

Ich wünsche mir für euch nur das bestmögliche Leseerlebnis. Passt auf euch auf und sorgt für euch!

Eure Alina

Für Paps, weil du mir Träume in die Hand gibst. Und für Moml, weil du die Träume immer mit mir siehst.

PLAYLIST

Alone Together – Fall Out Boy

Notion – The Rare Occasions

Kill Your Heroes – AWOLNATION

Use Somebody – Kings of Leon

Born For Greatness – Papa Roach

Little Lion Man – Mumford & Sons

Inner Cinema – KYTES

Forget Tomorrow – Mighty Oaks

Numb – Linkin Park

New Estate – Giant Rooks

Nobody Move, Nobody Get Hurt – We are Scientists

I Don’t Want To Be Here Anymore – Rise Against

Dice – Leoniden

Could Have Been Me – The Struts

Read My Mind – The Killers

Empire – Of Monsters and Men

My Body – Young the Giant

Stay – Thirty Seconds to Mars

Stubborn Love – The Lumineers

1. KAPITEL

Theo

»The best pictures are uninvited. They are suddenly there in front of you.« – Jane Bown, britische Fotografin (1925 - 2014)

Seine Kameras sind sein Leben. Ohne würde er in tausende Stücke zerspringen, kleine Pixel ohne Rahmen. Ohne Halt und ohne Grund. Mit der Kamera in der Hand ist er sicher, fest vertäut mit der Erde. Ein stiller Beobachter der Wunder um ihn herum. Der kleinen Momente, die andere oft übersehen. Die für ihn jedoch der größte Schatz sind.

Vorsichtig hebt er die Nikon aus ihrem kleinen, wasserdichten Koffer. Legt sie auf seinem Schreibtisch ab und greift nach dem 50mm Objektiv. Beides verstaut er fein säuberlich in der Schultertasche, deren abgewetztes Leder zeigt, wie lange er sie schon hat. Sie ist extra für Kameraequipment gemacht, ihre kleinen Taschen sind gut gepolstert, dass den teuren Geräten nichts passiert. Mit einem Blick auf die Uhr, das Einzige, was neben seinem Computer und einer kleinen Aloe Vera Pflanze auf seinem Schreibtisch Platz findet, schließt er die Schnallen und schultert die Tasche.

Er ist für das Konzert heute Abend zu früh dran, aber wer weiß, was ihn auf dem Weg noch aufhalten könnte. Als hätte er mit dem Gedanken Unheil heraufbeschworen, klingelt sein Handy. Vermutlich ist es Saoirse, die ihm erklärt, dass sie zu spät sein würde und er sich in ihrem Namen bei dem Manager entschuldigen solle. Beim Namen auf dem Display rutscht ihm jedoch das Herz in die Hose.

Schlucken, tief durchatmen, annehmen. Es kann nicht so schlimm werden, wie er es sich gerade ausmalt.

»Theo.« Kein nettes Hallo, kein Wie geht es dir heute Abend, nichts. Sie fällt mit der Tür direkt ins Haus, wie immer. »Kannst du Ezra schon heute Abend abholen?«

»Hallo, Valerie«, begrüßt er sie, bemüht freundlich. Bei der Elfenstimme seiner Exfrau dreht es ihm selbst nach zwei Jahren noch den Magen um.

»Also?«, will sie wissen.

Er kneift sich in die Nasenwurzel, also könnte das das Stechen seines Herzens übertünchen. Bei dem, was er als Nächstes sagen muss, schmerzt es sowieso viel zu sehr. »Ich bin auf dem Weg zur Arbeit. Wieso?«

»Ich muss heute Abend weg. Kannst du Ezra nicht mitnehmen?«

»Es ist ein Konzert.« Was er stattdessen sagen will: Wieso nimmst du ihn nicht mit? Wieso willst du ihn wieder zu mir abschieben, weil dein eigenes Leben immer vorgeht, immer so viel wichtiger ist als unser Sohn? Aber er sagt es nicht. Es hätte keinen Sinn, mit ihr zu streiten. Wenn das jemand weiß, dann er. »Und es wird sehr spät. Kannst du nicht Katie fragen?«

Val schnaubt abfällig. »Die hat keine Zeit. Meint, sie hätte Prüfungen. Ich meine, wo ist die Babysitterin, wenn man sie mal braucht?« Die Babysitterin. Nicht Katie, die Ezra schon kennt und liebt, seitdem er ein Baby ist. Die immer kommt, egal wie spät es ist. Die nie Ausreden benutzt. Es ist Ende des Semesters, natürlich hat sie Prüfungen. Die vor allem im Master einiges zählen müssen.

»Es tut mir leid, aber ich bin auf dem Weg zu Arbeit. Ich hole Ezra morgen früh, wie abgesprochen.«

»Also willst du nicht.«

Seine Hand fliegt zum Mikrofon des Handys, deckt es ab, im verzweifelten Versuch, sein Keuchen vor ihr zu verstecken. Ihre Worte sind ein Messer in die Magengrube. Um wollen geht es hier nicht. Natürlich will er Ezra abholen. Ezra ist alles für ihn. Aber er kann nicht. Nicht nach allem, was sie getan hat, damit er seinen Sohn nur alle zwei Wochen für zwei Tage sieht. Nicht, nachdem sie vor Gericht deutlich gemacht hat, wo Ezra besser aufgehoben sei: bei ihr. Und welches Gericht hätte das Kind nicht zur Mutter gepackt?

»Ich arbeite, Val«, würgt er hervor. Bereut es sofort, dass er den alten Spitznamen benutzt hat. »Du kannst ihn doch genauso mitnehmen.«

»Das geht nicht.« Das ist ihr finales Wort dazu, er hört es genau an der Bestimmtheit in ihrer Stimme. Bildlich kann er sich vorstellen, wie sie dabei ihre schmalen Lippen aufeinanderpresst, den festen Zug ihres Kiefers. Und wenn Val ihr letztes Wort gesprochen hat, gibt es keine Widerrede.

»Und bei mir geht es auch nicht.« Er rauft sich die dunkelblonden Wellen. Sie sind ihm viel zu lang, fallen ihm in die Stirn. Er sollte sie mal wieder schneiden lassen. Vielleicht hätte Saoirse mal Zeit dafür.

»Kann nicht Saoirse das Konzert übernehmen?«, fragt Val. So endgültig ihre Worte sind, seine sind es nie. Sie können immer seziert, entblößt und mit einem Gegenargument unschädlich gemacht werden.

»Nein, kann sie nicht.« Er spart es sich, ihr zu erklären, dass Saoirse nur heute Abend mit da ist, da sich das Management der Band einen kleinen Film vom Konzert wünscht. Saoirse ist keine Fotografin. Doch den Unterschied hatte er Val schon oft genug versucht zu erklären. Sie kommt dann immer nur mit dem Argument, dass sie doch beide Fotografie im Bachelor gemacht hätten und Saoirse das doch auch könne. Dass diese dafür einen Master in Filmografie gemacht hat, übergeht Val geflissentlich. »Ich werde dafür bezahlt. Das Management der Band erwartet, dass ich komme. Die Zeitung erwartet meine Bilder.«

»Nun gut.« Noch bevor der den Gedanken zu Ende denken kann, dass das zu einfach war, spricht sie bereits weiter. Mit dieser verstellten höheren Stimme, die sie immer nur einer Person gegenüber benutzt. »Es tut mir leid, Schatz, Daddy will dich nicht heute Abend schon holen.«

Nein. Verdammte Scheiße, nein. Das kann sie nicht machen. Sie kann Ezra da nicht mit reinziehen. Ihm damit ein schlechtes Gewissen machen, bis sie doch ihren Willen kriegt. Ihm wird speiübel.

»Ist Ezra da?«

»Natürlich ist er da.«

Sein Blick huscht wieder zur Uhr. Kurz vor acht. Schon längst Ezras Zeit, ins Bett zu gehen. Val schickt ihn immer früher ins Bett, obwohl er schon sechs ist und seit einem Jahr in die Schule geht.

»Kannst du ihn mir geben?« Theo kann die Verzweiflung nicht aus seiner Stimme heraushalten.

Ein Rascheln ertönt, dann die ruhige Stimme, die er mehr als alles andere auf der Welt liebt. Kindlich. Hell. Unschuldig. »Hallo, Dad.«

»Hey, Buddy.« Der Kloß in seinem Hals droht ihn zu ersticken. Er greift unter seinen Rollkragenpullover, zupft daran. Als würde er damit wieder atmen können und nicht in seiner Wohnung drohen zu ertrinken. »Es tut mir so, so leid, dass ich dich nicht schon früher abholen kann. Ich bin auf dem Weg zu einem Job.«

»Alles okay, Dad.«

Die Resignation sind tausend kleine Messerstiche ins Herz. Die Enttäuschung. Verzweifelt sucht er nach etwas, das er seinem Sohn sagen kann. Etwas, das es besser macht. Ezra war schon mit ihm auf Konzerten. Mit dicken Kopfhörern über den Ohren und einem Glänzen in den Augen. Ezra liebt es, mit ihm zu kommen. Aber wenn er ihn holt, dann würde Val das nächste Mal wieder fragen, ob er Ezra nehmen kann. Und wieder. Und wieder. Bis sie ihm wieder vor Gericht Ezra wegnimmt, argumentiert, dass das Kind zur Mutter gehöre und Theo ihn nur alle zwei Wochen zu Gesicht kriegen soll. Alles andere würde doch das arme Kind nur verwirren, wenn es bei beiden gleich viel Zeit verbringen würde. Dann würde sich keine richtige Bezugsperson aufbauen. Er hätte damals am liebsten angefangen, hysterisch zu lachen, als er das von ihr gehört hat. Doch ihre Anwältin stand auf ihrer Seite. Das Gericht stand auf ihrer Seite. Und so sehr es ihn bricht, er muss daran festhalten. Alle zwei Wochen das Wochenende. Das war das Urteil.

»Ich hole dich morgen um neun ab, wie immer.« Er blinzelt und sieht hoch an die Decke. Hofft, dass Ezra nicht die Tränen aus seiner Stimme heraushört.

»Okay.«

»Ich freue mich auf dich, Bud.«

Ezra schweigt kurz. »Ich mich auch auf dich, Dad.«

Es raschelt. »Ich hab dich lieb«, schiebt Theo hinterher. Doch sein Sohn scheint ihn nicht mehr gehört zu haben. Val ist wieder am Handy.

Absätze klackern, vermutlich tigert sie gerade durch die Wohnung. Die Wohnung in Mayfair, die ihren Eltern gehört, in die sie damals nach dem Bachelor zusammengezogen sind. Damals, als sie noch so verliebt waren und dachten, sie würden ihr Leben dort verbringen. Sie, er und ihr gemeinsames Wunder unter ihrem Herzen.

»Wenn du ihn wirklich lieben würdest, würdest du ihn öfter sehen«, sagt Val.

»Du hast es auf zwei Wochenenden im Monat beschränkt, Valerie.« Seine Stimme ist ohne sein Zutun laut geworden. »Nicht ich.«

»Meine Güte, wie starr du daran festhältst. Das ist doch nur auf Papier.«

»Ich werde nicht springen, nur weil es dir gerade in den Kram passt!«

»Das kannst du das nächste Mal dann Ezra erklären.«

Sein Blick huscht hektisch über seine deckenhohen Bücherregale, den Computer, die Fensterfront, hinter der die Lichter Londons funkeln, und bleibt an der großen Schwarz-Weiß-Fotografie an der Wand hinter seinem Sofa hängen. Der indische Strand, die umgedrehten hölzernen Kähne, das Kind im Sprung vor dem Ozean und dem Horizont. Es beruhigt ihn. Wie es ihn immer beruhigt.

»Ich habe keine Energie, mit dir zu streiten.« Seine Schultern sacken herunter. Es hat keinen Sinn. Hat es nie bei ihr. »Ich muss los. Bis Morgen, Val.«

Der Spitzname schon wieder. Er muss es sich wirklich abgewöhnen, ihn zu benutzen. Die alte Gewohnheit zerrt jedes Mal wieder an ihm.

Er schiebt den Riemen der Tasche auf seiner Schulter höher und steckt das Handy entschieden weg. Zieht sich den dicken Wintermantel an, den Wollschal und eine Mütze. London ist in der Februarkälte gefangen und es würde eine Weile brauchen, bis der Frühling den trostlosen Winter ablöst. Mit der Hand auf der Kameratasche schließt er seine Wohnungstür.

Die Kamera ist sein Leben. Doch Ezra, Ezra ist sein Herz. Und in Momenten wie diesen zerreißt es ihn.

Der Backstage-Bereich ist heute ein Hinterraum der Bar. Die Band Open Sea, deren Konzert er heute einfängt, ist noch neu in der Londoner Szene. Der Auftritt in der Lighthouse Bar im beliebten Shoreditch muss etwas Besonderes für die Mädels und Jungs aus Devon sein. Zumindest die Leadsängerin fummelt unsicher an ihren Festivalbändchen am Handgelenk herum, während sie mit ihren Bandmitgliedern die kleine Bühne aufbaut.

Theo beobachtet die Geschäftigkeit in der Bar mit geschultem Blick, überlegt sich schon beim Durchgehen zum Hinterzimmer genau, wo er stehen kann, um den besten Shot aufzunehmen. Kurz sieht er hoch, schätzt die Lichtsituation ein. Es ist nicht zu dämmrig, mit einigen Spots, er bräuchte eine hohe ISO-Einstellung wie immer, damit die Fotos nicht zu dunkel werden. Vielleicht um die 2.000 rum, nicht zu viel, sonst bekommen sie eine zu starke Körnung. So dunkel ist es nun auch wieder nicht, dass es höher nötig wäre.

Der Manager der Band ist ein Typ Mitte vierzig. Als er Theo am Telefon angefragt hat, wirkte er bereits freundlich und der feste Händedruck täuscht nicht. Er ist schon lange in der Szene, weiß, was seine Band kann, und hat eine genaue Vorstellung, wie er sie größer rausbringt. Kurz reden sie darüber, was der Manager sich vorstellt, an welche Magazine Theo die Bilder danach am besten verkauft, er hätte auch gern eigene für den Social Media Auftritt. Alles Dinge, die sie bereits am Telefon besprochen haben, aber Theo sieht dem anderen Mann an, dass er die Versicherung braucht. Dann entlässt der Manager ihn in den Hinterraum, damit er in Ruhe seine Kamera einstellen, seine Tasche ablegen und noch mal vor dem Konzert alles durchgehen kann.

Kaum hat er sich vom Manager abgewandt, spürt er, wie das Lächeln auf seinem Gesicht erstirbt. Nach dem Telefonat mit Val ist er vollkommen ausgelaugt. Selbst seine Lieblingsplaylist auf dem Weg hierher hat nicht die leise, geschlagene Stimme von Ezra aus seinem Kopf verbannen können. Er drückt die Tür zum Hinterzimmer auf, ein Raum vollgestellt mit Bierkisten und einigen alten Schließfächern. Seine Kamera würde ihn ablenken. Morgen würde er Ezra sehen und es würde wie immer werden. Es wäre alles gut.

»Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?«, fragt Saoirse. Sie ist dabei, sich ihre fast hüftlangen, orangenen Haare zu einem geflochtenen Zopf zu binden. Mit einem Finger schiebt sie sich das zierliche, goldene Brillengestell auf der Nase hoch. »Nein, lass mich raten. Valerie.«

Mit einem Seufzen stellt er seine Tasche neben ihre. »Bingo.«

»Was wollte sie diesmal?«

Nach und nach schält er sich aus den Schichten an Winterklamotten. »Ezra schon heute Abend zu mir bringen.«

Saoirses dünne Augenbrauen schießen in die Höhe. »Schon wieder?«

Er zuckt versucht gleichgültig mit den Schultern. Wieso er sich überhaupt die Mühe macht, weiß er nicht. Saoirse kennt ihn seit Jahren, sieht hinter jede seiner Masken. Seit dieser Einweihungsparty an der UCL, der University of Central London, als sie ihm beruhigend den Rücken tätschelte, während er den ganzen Gin auskotzte, wich sie ihm nicht von der Seite. Dass sie zusammen gebucht werden, passiert selten. Eigentlich genießt er es, mit ihr zusammenzuarbeiten. Aber heute Abend hätte es ihn nicht gestört, allein zu sein und dieses scheiß Telefonat nicht noch einmal durchkauen zu müssen.

»Weißt du, was dir helfen würde?« Sie wirft sich den Zopf über die Schulter und zieht sich das etwas zu kleine schwarze T-Shirt herunter, das ihr über den Bauchnabel gerutscht ist.

Schwarzes Shirt, schwarze Hose. Er trägt das gleiche. Sie sollen nicht auffallen. Sind Schatten in der Menge, um nicht von der Musik und der Show vorne abzulenken. Er liebt es, so unterzutauchen. Nichts mehr zu sein und einfach nur zu sehen und zu fühlen.

»Sex.«

Er schnaubt, eine Mischung aus amüsiertem Lachen und genervtem Ausatmen. »Das sagst du mir seit Ewigkeiten.«

»Weil es stimmt.« Leichtfertig zieht sie ihre Sony Alpha aus ihrem hellrosa Rucksack und schwenkt sie in der Hand herum. Bei dem sorglosen Umgang mit ihrer Kamera zuckt er leicht zusammen. »Lass dir doch nicht alles von dieser Zicke kaputtmachen.«

Saoirse hat Val noch nie ausstehen können. Nicht seit dieser Einweihungsparty, als er sich Hals über Kopf in Val verliebt hat. Damals, vor neun Jahren. Als die Welt noch eine andere war. Als er Saoirse ignorierte, die ihm schon damals sagte, dass Val eine manipulative Kuh ist. Und er es erst beim Trümmerhaufen seiner Scheidung selbst gemerkt hat.

»Sex ist nicht für alles eine Lösung, Saoirse.« Sein Rollkragenpullover findet ordentlich zusammengelegt neben seiner Jacke Platz. Es würde noch ziemlich warm werden in der Bar und er ignoriert die Gänsehaut, die seine von kleinen Leberflecken gesprenkelte Haut überzieht. Ob von der Kühle im Zimmer oder seinen wirbelnden Gedanken kann er nicht sagen.

»Pah, was für eine Lüge. Also, bevor ich losmusste, haben Lana und ich uns gestritten, aber der heiße wütende Versöhnungssex danach …«

»Ich will’s gar nicht wissen«, unterbricht er sie, bevor sie in viel zu viele Details über das Sexleben mit ihrer Freundin abschweifen kann.

»Langweiler.« Sie sieht konzentriert auf ihre Kamera hinab und kaut dabei auf ihrer Unterlippe herum. Für einen kurzen Moment denkt er, er sei vom Haken gelassen. »Ich dachte echt, mit Silvester hätte es bei dir Klick gemacht«, fährt sie jedoch fort. Bei der Erwähnung von Silvester spürt er, wie seine Wangen heiß werden. »Du bist wirklich untervögelt, Theo. Ich sag’s dir, du würdest das alles viel leichter wegstecken, wenn du regelmäßig flachgelegt wirst. Es gibt sogar Studien dazu. Wer regelmäßig Sex hat, ist glücklicher.«

Er wendet sich von ihr ab und zieht vorsichtig seine Nikon aus der Tasche. Nestelt an dem Band. Stellt die Belichtungszeit ein.

»Das war eine einmalige Sache an Silvester«, nuschelt er.

Eine einmalige Sache, die ihn seitdem nicht loslässt. An die er ständig denkt. Vor dem Einschlafen. Wenn er es sich selbst macht. Plötzlich in der U-Bahn, wenn er einen wilden, dunklen Lockenschopf sieht. Während er eigentlich Fotos bearbeiten will. Sie schleicht sich einfach so in seine Gedanken. Diese Frau mit den großen braunen Augen, die ihn in dieser einen Nacht völlig um den Verstand gebracht hat.

Saoirse schnalzt mit der Zunge. »Das war laut dir der beste Sex deines Lebens.«

Diesen Zuspruch hätte sie nie aus ihm herauskitzeln dürfen. Sie war es, die ihn bequatscht hatte, bei der Silvesterparty von Ada einfach mal auf alles zu scheißen und einen One-Night-Stand zu haben. Obwohl sie ihm damit seit zwei Jahren erfolglos in den Ohren lag. Das sei er nicht, behauptet er immer. So sinnloser Sex. Dann hat sie ihn angesprochen. An der Bar, mit einem Margerita in der Hand. Er erinnert sich noch genau an ihren süßen Geruch, an das Funkeln in ihren Augen. Wie sie ihn so schnell um den Finger gewickelt hat, wie er an ihren Lippen hing. Gott, ihre Lippen … Hitze schießt durch seinen Körper, als er daran denkt, was sie mit ihren Lippen alles kann.

Bestimmt schüttelt er den Kopf. »Das war so eine Übersprungshandlung. Weil Silvester war. Ich habe nicht mal ihre Nummer.«

Nur ihren Namen. Maddie. Er klingelt in seinen Ohren, eine Sinfonie. Vermischt sich mit dem Stöhnen, das er ihr entlockt hatte, dem Keuchen seines Namens. Heiße Haut, dunkler Raum, Verlangen in seinen Adern.

Unter Saoirses Blick reißt er sich aus der Erinnerung los. Es ist ihr Ernsthaft jetzt, Theo? Das willst du mir so verkaufen? - Blick. Dieser Blick, dass sie seinen Bullshit schon längst durchschaut hat. »Das war auch wirklich das Dümmste, was du machen konntest. Ehrlich, wieso hast du diese Sexgöttin nicht nach ihrer Nummer gefragt?«

Weil er nicht daran gedacht hat, so einfach ist das. Bevor er überhaupt damit klargekommen war, was da gerade passiert ist, von seinem Orgasmus mal ganz zu schweigen, war sie bereits wieder angezogen. Stand an der Tür. Bedankte sich mit einem verwegenen Lächeln für den Sex. Und dann war sie nicht mehr allein, verbrachte den Rest des Abends mit ihrer Gruppe.

»Hat sich nicht mehr ergeben.« Er hängt seine Kamera um. Das vertraute Gewicht drückt in seinen Nacken. Er ist zu Hause. Eine tiefe Ruhe legt sich über ihn.

»Du könntest Ada nach ihr fragen. Sie hat doch was mit dieser Band zu tun, die Ada unbedingt unter Vertrag kriegen will, oder?«

Ihm bleibt eine Antwort erspart, als der Manager den Kopf durch die Tür steckt. »Seid ihr so weit?«, fragt er an sie gewandt.

»So bereit wie noch nie«, sagt Saoirse und schenkt Theo ein amüsiertes Lächeln. Das Thema war fürs Erste wieder durch. Bis sie ihm wieder wegen Maddie in den Ohren liegen würde. So geht das seit einem Monat schon.

Erst als die Töne der Band erklingen und er seine Kamera zückt, in der Musik und dem Moment versinkt, merkt er, was Saoirse gemacht hat: Ihn von Ezra und dem Stechen in seinem Herzen abgelenkt.

»Ach komm schon, T«, bettelt Saoirse und setzt ihren Welpenblick auf. Mit den grünblauen Augen in ihrem schmalen, sommersprossigen Gesicht funktioniert der überraschend gut.

»Ein Spitzname für einen Spitznamen?«, fragt er, um abzulenken. Die Luft ist schneidend kalt und er wickelt sich den Schal etwas fester um. Nach der heißen Bar und dem energiegeladenen Konzert wirkt es noch kälter draußen. Open Sea haben den Laden ordentlich eingeheizt und er hat einige gute Fotos geschossen. Übers Wochenende würde Theo die Besten aussuchen, bearbeiten und verschicken. Am besten das Erste für den Artikel noch heute Nacht.

»Lenk nicht ab.« Der Wind reißt an ihrer grünen Winterjacke. Vintage, vermutlich von irgendeinem Londoner Flohmarkt. »Ein Drink.«

»Ich muss morgen früh raus.«

»Es ist erst elf«, sagt sie empört. Als wären acht Stunden Schlaf nicht heilig.

»Und wir sind keine zwanzig mehr.«

Saoirse schnaubt. »Gott, erinnere mich nicht daran. Ich meine, wer ist denn schon gerne siebenundzwanzig?«

Sein Alter war ihm immer relativ egal. Bis die Kommentare kamen, wie man mit einundzwanzig schon heiraten könne. Wie man da schon ein Kind kriegen könne. Er sei ja noch nicht einmal mit dem Master fertig. Den er dann auch nie gemacht hat, die anderen hatten Recht. Er ist mit Ezra zu Hause geblieben, während Val ihren Master in Business Management absolvierte. Es war okay für ihn gewesen, mehr als okay. Bis es für sie alles nicht mehr gereicht hat. Jetzt fragt er sich manchmal, wie man mit siebenundzwanzig schon geschieden sein kann. Als wäre er einfach schon ausgebrannt, hat die Schritte des Lebens – heiraten, Kinder kriegen, Job – durchlaufen und beendet. Der Gedanke ist deprimierend.

»Ein Drink, ja?«

»Ein Drink«, sagt sie mit eifrigem Nicken. »Ich weiß doch, dass du morgen Ezra hast.«

Er sieht sie kurz schweigend an, dann seufzt er. Saoirse weiß sofort, dass sie gewonnen hat. Theatralisch reckt sie ihre Faust in die Luft. »Yes, der Herr hat zugestimmt.« Sie packt ihn am Arm und zieht ihn die Straße hinunter.

»Du bist verrückt«, lacht er, lässt sich von ihr aber durch Shoreditch führen, als wisse sie schon genau, wo sie ihren einen Drink trinken würden. Vermutlich hat sie das von Anfang an schon geplant, die kleine Hexe.

»Ach, dafür hast du mich doch lieb.« Sie hakt sich bei ihm ein.

Nicht nur, würde er am liebsten sagen. Aber es ist jetzt nicht die Zeit, gefühlsduselig zu werden. Saoirse ist seine beste Freundin. Neben Ezra und ist sie der wichtigste Mensch in seinem Leben. Sie hat er als erstes angerufen, als Val ihm die Scheidungspapiere auf den Tisch gelegt hat. In ihren Armen hat er sich ausgeheult, als das Urteil kam, dass er Ezra nur alle zwei Wochen sehen darf. Sie kennt ihn in- und auswendig. Genau wie er sie kennt.

»Willst du drüber reden, was mit Lana war?«, fragt er vorsichtig und sieht sie prüfend von der Seite an.

Sie streitet sich in letzter Zeit häufiger mit ihrer festen Freundin und er macht sich etwas Sorgen. Sie sind seit einigen Jahren zusammen. Haben eine gemeinsame Wohnung in Bethnal Green. Und streiten sich nie. Sie sind das harmonischste Pärchen, das er kennt. Nicht so wie er und Val, die sich schon in ihren guten Zeiten ständig in den Haaren hatten.

Saoirse strafft ihre Schultern, er spürt es über ihre verschränkten Arme, und sieht starr geradeaus die Hauptstraße hinunter zur bogenförmigen Brücke der Shoreditch High Street Station. »Nicht heute Abend, okay?«

»Okay.« Damit lässt er das Thema fallen. Sie unterhalten sich über das Konzert eben, die Band, ihre nächsten Termine und ob sie wieder einen überschneidenden haben, was nicht der Fall ist. Doch er merkt, dass sie nicht mehr ganz bei der Sache ist. Als sie in die Brick Lane einbiegen, rückt sie mit der Sprache raus.

»Lana will zurück zu ihren Eltern nach Glasgow ziehen.« Sie knabbert an ihrer Unterlippe.

»Würdest du denn umziehen wollen?« Er versucht, die Angst aus seiner Stimme herauszuhalten. Ohne Saoirse wäre er ganz allein in London. Mit niemandem hat er so engen Kontakt wie mit ihr.

»Nein.« Sie lacht freudlos auf. »Ich liebe London, ich dachte Lana tut es auch. Es ist nur … sie spricht es immer wieder an. Ich merke, dass es ihr wichtig ist.«

»Gibt es denn einen Grund, dass sie zu ihren Eltern will?«

Saoirse löst ihre Arme voneinander, um sich mit der Hand übers Gesicht zu wischen. »Ihrem Dad geht es nicht mehr so gut. Und sie meint, es wäre gut, in der Nähe von einer unserer Familien zu leben, wenn wir eine Familie gründen wollen.«

Ihm fällt die Kinnlade herunter. Saoirse ist super im Umgang mit Ezra, er liebt sie abgöttisch und wie verrückt sie manchmal mit ihm spielt. Sie ist für ihn wie eine Tante. Aber dass sie eigene Kinder möchte, ist Theo neu. »Denkt ihr denn darüber nach?«

»Keine Ahnung. Irgendwann ist das doch das Ziel, oder? Heiraten. Kinder. Familie gründen und so.« Und dann, flüsternd: »Wir sind ja auch nicht mehr die Jüngsten.«

»Das kannst du sagen, wenn wir vierzig sind«, gibt er zurück. Vor noch keinen zehn Minuten hat er sie darauf hingewiesen, dass sie keine partysüchtigen Studierenden mehr seien. Jetzt erinnert er sie daran, dass sie doch noch jung sind. Jung genug, um sich über so was eigentlich noch keine Gedanken machen zu müssen. Bei ihm lief es definitiv zu schnell. Zu überstürzt.

»Wie auch immer.« Sie streicht sich eine orangene Strähne aus dem Gesicht. Vor einem Pub bleibt sie stehen. »Heute sind wir noch keine vierzig und lassen es uns gut gehen.«

Er kann gerade noch die goldenen Lettern auf dem dunkelblauen Holz lesen, Blue Monkey, da hat sie bereits die Tür geöffnet und ihn in den warmen Innenraum geschoben. Die Holztische im Pub sind allesamt besetzt. Es läuft ein Lied von Queen, die Einrichtung hat diesen leicht altmodischen Touch, der gerade so hip ist, mit bequemen Sitznischen, einer hölzernen Bar, nackten Glühbirnen und Backsteinwänden, die mit Fotografien behängt sind. Er bleibt sofort daran hängen, mustert die verschiedenen Landschaften und Leute. Er merkt sofort, dass über die meisten nur ein schwarz-weiß Filter geklatscht wurde, damit sie einheitlich sind. Die Kontraste sehen nicht gut aus. Doch einige stechen heraus, es sind alles Fotos einer Band aus drei Männern. Bass, Schlagzeug, Gitarre. Er tritt einen Schritt näher, um eines von ihnen genauer zu betrachten, die Emotionen auf dem Gesicht des Leadsängers zu studieren, die so perfekt eingefangen sind.

Saoirse zupft an seinem Mantel. »Jetzt komm, du Streber. Arbeit ist vorbei. Da hinten ist ein Tisch frei geworden.«

Nur widerwillig reißt er sich von dem Foto los. Es fasziniert ihn, zupft an seinem Inneren, lässt ihn seine Kamera aus der Tasche holen wollen, um genau so etwas auch aufzunehmen.

Doch er lässt sich von Saoirse durch den vollen Pub zu einem hohen Tisch direkt am Fenster ziehen. Benutzte Gläser stehen noch darauf, er ist wirklich gerade erst frei geworden. Sie schälen sich aus ihren Jacken, werfen sie über die schwarzen Metallstühle und schieben sich dann an den Tisch. Saoirse nimmt bereits die Karte in Beschlag und überlegt laut, was sie bestellen könnte.

»Oh, wie fändest du zwei ›Slippery Nipples‹?«, liest sie entzückt vor. »Das letzte Mal hatte ich einen ›Orgasm‹, der war auch gut.«

Er verdreht die Augen. »Keine Shots, Saoirse.« Er sieht sich in dem Pub um. In einer Ecke ist eine kleine Bühne, vermutlich für die Band auf den Fotos. »Woher kennst du den Pub eigentlich?«

»Ich war vor ein paar Wochen mit einer Kollegin hier. Nach einem Gig in der Nähe.«

»Ich glaube, Ada ist öfter hier. Der Name kommt mir irgendwie bekannt vor.«

Bei den vielen Pubs in der Hauptstadt kann er es aber auch verwechseln. Er arbeitet am meisten mit Ada zusammen. Sie bucht ihn für jedes Konzert ihrer Bands. Erst über sie ist er überhaupt in die Szene gekommen, sie war damals die Managerin der ersten Band, die er je bei einem Konzert geshootet hat. Doch ihre Freundschaft ist nie über Kollegialität hinausgegangen.

»Kann sein«, sagt Saoirse mit einem Achselzucken. Sie schiebt ihm die Karte hinüber. »Ich glaube, ich nehme einfach ein Lager.«

»Doch so langweilig?«, zieht er sie auf.

Bevor sie darauf etwas erwidern kann, kommt eine Bedienung an ihren Tisch.

»Sorry, dass ich jetzt erst bei euch bin. Wir sind unterbesetzt«, sagt sie entschuldigend. Die Stimme kommt ihm erschreckend bekannt vor. Weich wie Karamell, so wie sie nach der süßen Zuckermasse gerochen hat. »Ich nehme euch mal die Gläser ab.«

Er blickt von seiner Karte auf. Direkt in ihr Gesicht. In diese großen braunen Augen, die ihm seit einem Monat oft nachts den Schlaf geraubt haben. Diese wilden, engen Locken, die sich dunkel auf ihre Schultern ergießen. Das runde Gesicht aus flüssiger Bronze mit den vollen, weichen Lippen, die er sich immer noch schemenhaft auf seinen vorstellen kann.

»Maddie.«

Sie wirft ein Glas um, das zum Glück leer ist. Sieht ihn an. In ihrem Gesicht spiegelt sich das gleiche, an was er denkt: Silvester. Ihre gemeinsame Nacht. Das Verlangen. Die Hitze.

Ihr Mund teilt sich. »Theo.«

2. KAPITEL

Maddie

»You can’t make a great musician or a great photographer if the magic isn’t there.« – Eve Arnold, amerikanische Fotografin (1912 - 2012)

Der Tag ist für die Tonne. Absolute Vollkatastrophe. Es hat schon angefangen, als Charlie um sechs Uhr morgens ihre grauenhafte Hip-Hop Musik durch die komplette WG hat schallen lassen. Ihr entschuldigendes Lächeln, als Maddie sich kurz danach völlig verschlafen und böse grummelnd in die Küche geschoben hat, um sich einen Kaffee zu machen, hat ihre schlechte Laune nicht anheben können. In ihrer Schicht im Bosco’s ist der neuen Aushilfe direkt erst mal eine Flasche Sirup heruntergefallen und der gesamte Boden hinter der Theke war für die restliche Schicht eine klebrige Hölle. Da Maddie so unmöglich an ihre Kollegin übergeben konnte, hat sie überzogen und noch den Boden geschrubbt. Während des Ansturms am Nachmittag war das vielleicht nicht ihre beste Idee. Wo ihre Kollegin ihr auf die Finger getreten ist, spürt sie immer noch ein dumpfes Pochen.

Dann war sie auch noch zu spät für die Nachmittagsbetreuung an Max’ Grundschule, bei der sie für ein bisschen Geld aushilft. Als ihr kleiner Halbbruder angekündigt hat, dass ihre Stiefmutter sie zum Familienessen morgen Abend erwarten würde, hätte ihren Tag nur noch ein viel zu langes Bad retten können. Bis die Nachricht im Blue Monkey-Chat kam, dass Anna spontan krank ist und jemand doch bitte ihre Schicht übernehmen soll. An einem Freitagabend. An dem schon Paul abgesagt hat, weil sein Partner im Krankenhaus liegt. Und wer hat sich gemeldet? Natürlich, niemand. Bis Maddie so ein schlechtes Gewissen hatte, dass sie den Plan mit dem Bad direkt wieder verwarf. Stattdessen suchte sie unter Charlies amüsiertem Blick fieberhaft nach ihrem letzten schwarzen T-Shirt, hetzte zurück zur Bushaltestelle und stolpert nun, sowieso schon völlig gestresst, in den rappelvollen Pub.

Mit einem schnellen Blick schätzt sie die Situation ein. Jeder Tisch ist besetzt, Omar ist der Einzige, der heute neben ihr im Service ist. Sie sieht direkt mehrere Tische mit leeren Gläsern, deren Gäste sich ungeduldig im Raum umsehen, offensichtlich bemüht, Omar abzufangen und eine nächste Runde zu bestellen. An der Bar sind nur Ren und Tim, die genauso gestresst wirken. Keiner, der spontan im Service hätte einspringen können. Sie bindet noch schnell ihre Schürze, der schwere Geldbeutel am Gürtel ist ein vertrautes Gewicht, und nimmt von Ren das erste Tablett mit Gläsern entgegen. An die feuchte Oberfläche sind die Belege geklebt, denen sie die Tischnummern und genauen Bestellungen entnehmen kann. Das Tablett geschickt balancierend steuert sie durch die Menge.

»Danke fürs Einspringen, Mads!«, erklingt noch Rens Stimme hinter ihr. Doch sie ist bereits in ihrem Tunnelmodus.

Sie arbeitet seit Jahren im Blue Monkey und liebt den Pub über alles. Die gemütliche Atmosphäre, die Playlist aus Rock, Indie und Alternative, die von Mike eigens zusammengestellt ist und seinen vorzüglichen Musikgeschmack zeigt, ihre Kolleginnen und Kollegen. Es ist ein zweites zu Hause, ein Zufluchtsort vor ihrem Alltagsstress. Anders als das Bosco’s. Wenn sie ehrlich mit sich ist, arbeitet sie dort nur für die leckeren Kuchen und Cupcakes von Hope, die sie oft nach ihrer Schicht mitnehmen darf. Und weil Hope mehr als gut bezahlt und das Arbeitsklima entspannt ist. Die Nachmittagsbetreuung, bei der sie mittlerweile jeden Tag unter der Woche ist, ist mehr eine Verpflichtung Max gegenüber. Etwas, in das sie unfreiwillig reingerutscht ist, weil sie beim Abholen ihres kleinen Bruders mitbekommen hat, wie unterbesetzt sie in der Grundschule sind. Das Spielen und Malen mit den Kids machen ihr Spaß, keine Frage. Aber es laugt sie auch unglaublich aus. Selbst eine stressige Schicht im Blue Monkey wie heute ist Balsam für ihre Seele. Es ist ein völliges Abschalten ihrer Gedanken, die sich immerzu überschlagen, rasen und überall sein wollen. Das Einzige, was ihre Gedanken noch so verstummen lassen, ist die Fotografie. Und Sex. Beides Hobbys, die gerade viel zu kurz kommen.

Sie scherzt mit einem ihrer Tische. Bemerkt sofort, wenn an einem die Gläser leer werden, geht hin und fragt nach der nächsten Runde. Sieht, wenn jemand aufsteht und eine neue Gruppe sich setzt. Übernimmt auch manchmal eine Bestellung von einem von Omars Tischen, wenn ihr zugewunken wird. Als um zehn die Küche schließt, wird es wenigstens etwas ruhiger, weil Omar ihr mehr mit der Bar unter die Arme greifen kann. Dass sie seit über drei Stunden schon wieder auf den Beinen und kaum eine Minute ruhig stehen geblieben ist, merkt sie nicht einmal.

»Hey, Maddie«, beginnt Tim, als sie an der Kasse steht und ihre Bestellungen eintippt. Mit den dunklen Locken in den Augen schüttelt er einen Shaker, das Klappern des Eises und Schwappen des Cocktails übertönt den Trubel des Pubs. »Kommst du morgen Abend zum Auftritt, um Fotos zu machen?«

»Ah, ihr tretet mal wieder auf?«

Früher haben die Jungs jeden Samstag ihre Songs gespielt. Bis sie letztes Jahr um die Zeit angefangen haben, ihre Songs zu veröffentlichen. Plötzlich wurde ihnen bei den Auftritten samstags noch mehr als sonst die Bude eingerannt. Sie wurden im Sommer für einige kleine Festivals in ganz England gebucht. So haben sie Ada auf sich aufmerksam gemacht, die Managerin eines Labels. Seit dem Sommer versucht sie, die Jungs unter Vertrag zu bekommen. Maddie weiß von Mike, wie schwer es ihm fällt, seinen Pub dafür etwas gehen lassen zu müssen. Denn Ada plant ein neues Album, eine eigene Tour. Viel Arbeit, viel unterwegs sein.

»Ja, es fehlt uns«, gibt er zu und kratzt sich im Nacken. Er trägt heute ein dunkles AC/DC T-Shirt, was eigentlich gegen die Richtlinien der einfarbigen, schwarzen Arbeitskleidung verstößt. Garantiert hat er mal wieder aufgeschoben zu waschen, der kleine Faulpelz. »Und Blaze kommt morgen.«

Unweigerlich lächelt sie. Sie mag Tims Freundin. Blaze ist ihr in den anderthalb Jahren ans Herz gewachsen und sie ist erleichtert, dass es kein böses Blut zwischen ihnen gibt. Immerhin hat Maddie vorher rein platonisch mit Tim geschlafen, zwei Jahre lang. Sonst beschränkt sie sich eher auf One-Night-Stands, um mal abzuschalten. Längere Beziehungen wie Freundschaft Plus macht sie eher selten. Einfach, weil ihr die Typen nach einer Weile auf den Sack gehen. Oder sie sich nicht genug für sie interessiert. Oder der Sex langweilig wird. Hin und wieder macht sie es, klar, es ist einfacher, als sich immer wieder jemand Neuen suchen zu müssen. Allein beim Gedanken an den heißen Sex, den sie mit Tim über die Jahre so hatte, fängt sie an, an ihrem Jeansbund zu zupfen. Es ist schon wieder viel zu lange her bei ihr. Einen Monat. Sie müsste mal wieder ihr Hirn abschalten, loslassen, sich in jemandem verlieren. Sex macht ihr einfach Spaß. Die Stimme, die ihr sagt, wieso sie das in letzter Zeit nicht kann, ignoriert sie gekonnt.

»Ich kann leider nicht. Familienessen«, sagt sie.

Neugierig beäugt Tim sie von der Seite. Sie redet nie über ihre Familie. Das ist privat. Bei ihren Freunden ist sie nicht unbedingt dafür bekannt, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Aber ihre Familie geht niemanden etwas an. Sie muss es anderen nicht auf die Nase binden, wie verkorkst sie ist.

»Schade.«

»Aber ich komme gern noch mit, falls ihr danach weggeht?«

Sie dreht sich wieder der Bar zu, auf der ein volles Tablett auf sie wartet. Tim greift nach einigen Flaschen Hochprozentigem und gießt sie gekonnt in Shotgläser. Die einzelnen Gläschen quetscht er noch neben die anderen auf das Tablett.

»Da sagen wir nicht Nein.« Er grinst. Egal wie froh er ist, dass es mit Blaze kein Drama gibt, noch dankbarer ist sie, wie gut sie mit Tim noch befreundet ist. Ja, manchmal denkt sie an den Sex mit ihm zurück und wird etwas nostalgisch. Immerhin hat sie ihm das verdammt gut beigebracht. Aber er ist ihr als Freund unglaublich wichtig. Genauso wie Mike und Ren.

»Abgemacht«, sagt sie mit einem breiten Lächeln und verschwindet zurück in der Menge.

Sich mit der Aussicht auf einen Abend lauter Musik, Alkohol und hoffentlich einem netten Typen durch das Familienessen zu boxen, würde es hoffentlich einfacher machen. Dann könnte sie die kalten Blicke ihrer Stiefmutter ignorieren. Die viel zu perfekten Ausschweifungen ihres älteren Stiefbruders. Wie klein Max immer an dem Tisch aussieht, obwohl er doch sonst die Persönlichkeit eines Elefanten hat. Der Gedanke, ob Marv, ihr anderer Stiefbruder, auch da sein würde, schießt ihr durch den Kopf. Sie verdrängt ihn ganz schnell wieder. Weg mit der Familie. Die hat hier nichts zu suchen. Und weg mit dem Gedanken, dass sie seit Silvester noch ein paar Mal nachts mit den Jungs weg war und nicht einen One-Night-Stand hatte. Im Verdrängen ist sie wirklich eine Meisterin. Es ist wie eine Box in der hintersten Ecke ihres Kopfes. Alles, woran sie nicht denken will, wird darin eingeschlossen. Mit einem Panzerschloss verriegelt. Und dann wird der Schlüssel weggeworfen.

Omars Raucherpause zieht sich schon viel zu lang und sie huscht wieder hektisch von Tisch zu Tisch. Gerade kassiert sie einen ab und will mit einem leeren Tablett wiederkommen, um die Gläser abzuräumen, als erneut mehrere Tische auf einmal ihre Aufmerksamkeit suchen. Das nächste Mal, als ihr Blick auf den Tisch fällt, sitzen bereits neue Gäste daran.

Sie geht zu dem Tisch mit den Neuankömmlingen. »Sorry, dass ich jetzt erst bei euch bin. Wir sind unterbesetzt«, sagt sie und lächelt entschuldigend. Das ist ihr erster Satz an jedem neuen Tisch heute Abend. Sie will, dass die Gäste sofort Bescheid wissen und nicht denken, dass sie sich keine Zeit nehmen würde. Sie hat sie einfach heute Abend nicht. »Ich nehme euch mal die Gläser ab.«

Sie greift nach den leeren Biergläsern auf dem Tisch. Geht im Kopf bereits durch, wie lange sie hier schon sitzen könnten, dass die Karte bereits von den Händen der Frau in die des Mannes gewandert ist, dass sie vermutlich bereit wären, zu bestellen. Es ist laut Einteilung Omars Tisch, aber naja. Wenn er nicht da ist, lässt sie die Gäste nicht einfach sitzen.

»Maddie.«

Ein Wort. Ihr Name. Mit so viel Überraschung darin, die sie genauso beim Erkennen der Stimme durchzuckt. Schon in dieser Rooftopbar hat sie sie aus irgendeinem Grund an raschelnde Blätter im Wind erinnert. Wie eine warme Sommerbrise, die träge die Bäume tanzen lässt.

Das Bierglas, nach dem sie gerade gegriffen hat, kippt ihr um. Zum Glück ist es leer, sonst wäre das unangenehm geworden. Ihr Blick zuckt nach oben. In ein vertrautes Gesicht. Dunkelblonde Wellen, die ihm in einem Mittelscheitel in die Stirn fallen. Länger als an Silvester noch, als hätte er sie seitdem nicht geschnitten. Helle, mit Leberflecken überzogene Haut. Ein schmales, aber markantes Gesicht, mit spitzem Kinn. Die Stupsnase, die ihn jünger aussehen lässt. Buschige Augenbrauen. Dunkle, dichte Wimpern, die diese bunten Augen rahmen. Nicht braun, nicht grün. Irgendetwas dazwischen, was schillernd die Farbe wechselt, je nachdem, wie das Licht einfällt. Das ist ihr schon an Silvester aufgefallen. Dass sie im Licht der Bar in einem Flaschengrün geleuchtet haben. Nur um im Dunkel des Nebenzimmers Braun zu glühen.

Hitze steigt in ihre Wangen, kribbelt durch ihren gesamten Körper. Seit über einem Monat versucht sie die Nacht zu verdrängen, so zu tun, als wäre es einfach ein One-Night-Stand gewesen wie jeder andere. Obwohl ihr Körper dem solche Lügen straft. Und plötzlich sitzt er vor ihr. Mit den gleichen heißen Erinnerungen, die sich in seinem Gesicht widerspiegeln.

»Theo.«

Gott, wie absolut lächerlich. Sie kann seinen Namen nur krächzen. Räuspert sich. Greift nach dem umgekippten Glas und stellt es auf ihr Tablett. Hoffentlich sieht er nicht, wie ihre Finger zittern. Lächerlich, lächerlich, lächerlich. Sie reißt sich zusammen, strafft die Schultern. Er ist nur ein Gast wie jeder andere auch.

»Was für eine Überraschung«, erkennt sie den Zufall an, dass sie sich ausgerechnet hier wiedertreffen. Ausgerechnet heute. Wo sie nicht einmal eingeteilt war. An einem Tisch, der nicht ihrer ist. »Kann ich euch zwei schon was bringen?«

Sie blickt zu seiner Begleitung hinüber. Eine hübsche Frau mit orangenem Haar, das ihr über einen gemusterten Strickpulli fällt. Hinter der Brille kann sie das amüsierte Funkeln ihrer Augen nicht verstecken. Ihre schmalen Lippen sind verzogen, als bemühe sie sich, nicht laut loszulachen. Also keine feste Freundin oder Date, sonst hätte vielleicht eher Eifersucht in ihrer Reaktion gelegen. Denn wie lächerlich angespannt Theo und Maddie aufeinander reagiert haben, kann keiner leugnen.

»Ein Lager, bitte«, sagt sie.

Maddie wartet für ein, zwei Sekunden. Fleht in Gedanken, dass er doch bitte einfach bestellen soll.

»Und für dich?« Sie sieht ihn wieder an. Versucht sich nicht von seinen Augen ablenken zu lassen.

Er blinzelt, als würde er sich aus einer Trance reißen. »Das gleiche.«

Sie nickt, nimmt sich nicht mal die Zeit, eine neue Seite auf ihrem Block anzufangen, um einen eigenen Überblick über diesen Tisch zu haben. Sondern nimmt das Tablett und geht zur Bar zurück. Mechanisch gibt sie die benutzten Gläser durch die quadratische Öffnung in die Küche, wo sie in den Geschirrspüler kommen. Erinnerungen, die sie seit Neujahr vergraben hat, rauschen vor ihrem inneren Auge vorbei: Zu einem Lächeln verzogene Lippen. Wie sie sich auf ihren angefühlt haben, erst zögerlich, dann so viel bestimmter. Der Tanz von Zungen. Keuchen, Stöhnen, was sich vermischt, heiße Körper. Kein Anfang und kein Ende, eine Intensität, die sie mitreißt, in der sie ertrinkt. Explodierende Sterne.

»Alles gut bei dir?«, fragt Ren. Sie zuckt zusammen.

»Ja, klar.« Selbst in ihren eigenen Ohren klingt ihre Stimme unnatürlich hoch. Ren runzelt die Augenbrauen. Sie kennen sich lange genug, dass sie die Skepsis in seinen schmalen Augen sieht. Er erkennt die Lüge in ihren Worten. Sie zupft an einer ihrer engen Locken. Am Wochenende würde sie sie wieder waschen und sie freut sich jetzt schon darauf. Die lange Routine aus Waschen und Stylen, damit ihre natürlich krausen Haare in so schönen Locken fallen, ist ihr heiliger Gral der ganzen Woche. Ihre zwei Stunden Selbstliebe, wo sie keiner stört, wo sie nicht arbeitet, wo sie nicht von Sorgen um ihre Brüder zerfressen wird.

»Lange Schicht einfach«, weicht sie aus. Sie greift nach dem Tablett und flüchtet vor Rens allwissendem Blick.

Bevor sie das Lager an den Tisch von Theo bringt, ermahnt sie sich selbst, dass er auch nur ein Typ ist. Ein gutaussehender Typ, okay, aber nur ein Typ. Ein Typ, mit dem sie atemberaubenden Sex hatte, aber auch nur Sex. Alles ganz entspannt. An Silvester hat sie doch noch ganz einfach und locker mit ihm geflirtet. Bevor du seinen Wunderpenis in dir drin hattest, schießen ihr Charlies Worte wieder durch den Kopf. Ihr Sexleben zu analysieren, macht ihrer Mitbewohnerin und ältesten Freundin auch viel zu viel Spaß. Ihr letzter One-Night-Stand ist dabei ein wiederholendes Thema in ihrer WG. Während sie so auf Theo zuläuft, sollte sie nun wirklich nicht über besagten Wunderpenis nachdenken. Ihr ist viel zu warm. Wann war es so warm geworden im Pub? Schwitzt sie? Stinkt sie vielleicht schon? Sie hatte nur kurz Zeit zum Duschen zu Hause, bevor sie hergekommen ist. Ihre Gedanken kreisen noch immer unaufhörlich, als sie beim Tisch angekommen ist. Viel zu früh. Sie hat noch keinen Schlachtplan. Normalerweise braucht sie keinen Schlachtplan. Sie hat das Gefühl, sie braucht dieses Mal einen Schlachtplan.

»Hier, eure Lager«, sagt sie nur und stellt die Getränke vor den beiden ab. Beide bedanken sich höflich.

»Ziemlich voll heute Abend«, kommentiert die Freundin.

»Normalerweise sind wir am Wochenende zu dritt«, gibt Maddie zu. Ihre Stimme klingt überraschend fest. »Zwei haben spontan abgesagt, ich bin spontan eingesprungen.«

»Ach, du hättest heute eigentlich gar nicht gearbeitet?«

Maddie schüttelt den Kopf und bringt ein Lachen zu Stande. Sie ist unglaublich dankbar für ihre Kellner-Persönlichkeit, die einfach überhandnimmt, wenn sie im Pub oder Café arbeitet. Immer höflich, immer nett, immer nahbar. Immer abrufbar. »Ihr kommt hier in einen ganz besonderen Genuss heute Abend.«

Sein Lachen jagt ihr einen Schauer über den Rücken. Es ist etwas zittrig. Unsicher.

»Danke euch für euer Verständnis, wenn es mal etwas länger braucht«, sagt sie und widmet sich wieder ihren anderen Tischen. Siehst du, wir brauchen keinen Schlachtplan, weist sie die Nervenbündel-Stimme in ihrem Kopf zurecht. Alles ganz entspannt. Sie arbeitet in ihrem Tunnelmodus weiter, bis Tim sie beim Abholen von neuen Getränken an der Bar herausreißt.

»Ist das nicht der Fotografentyp von Silvester, mit dem du heißen Sex hattest?«, fragt er verschmitzt und deutet mit seinem Kinn in die Menge. Sie muss ihm nicht folgen, um zu wissen, dass er den Tisch von Theo und dessen Begleiterin am Fenster meint.

»Ha«, ruft da plötzlich Ren. »Ich wusste doch, das Gesicht kommt mir bekannt vor. Und du verhältst dich ganz komisch, seitdem du an dem Tisch warst.«

Tim wackelt mit den Augenbrauen. »Komisch, ja?« Der anzügliche Unterton spricht Bände.

»Ach, haltet die Klappe«, faucht sie und schnappt ihr Tablett. Die Wut wabert als undurchdringliche Wolke um sie. Wut auf sich selbst, dass sie so auseinanderfällt. Wut auf die Jungs, dass sie sie damit aufziehen. Wut auf Theo, dass er einfach in ihr Pub stolpert. Alles völlig bescheuert. Das hier ist eine freie Stadt, er kann in jeden Pub gehen, das ihm beliebt. Wieso zur Hölle wirft sie dann seine Anwesenheit so aus der Bahn?

Obwohl sie so schnell wie möglich wieder zwischen den Tischen verschwinden will, hört sie Tims letzte Worte noch: »Na, wir wissen jetzt, wer nicht allein nach Hause geht.« Ren kichert.

Plötzlich klickt es. Das an Silvester war nichts Besonderes. Und wie wird es nichts Besonderes? Wenn man es wiederholt. So einfach ist das. Da hat sie ihren Schlachtplan. Ihre eigene Logik, die Charlie noch nie verstanden hat, egal wie oft Maddie es ihr erklärt hat. Je öfter sie mit einem Typen schläft, desto gelangweilter wird sie. Irgendetwas findet sie immer, was sie an ihnen stört, und dann ist es ganz einfach, loszulassen und den Nächsten zu suchen. Als die Getränke langsam leerer werden, geht sie an Theos Tisch zurück. Mit genau diesem Gedanken im Kopf.

»Wie geht’s euch? Kann ich euch noch was Gutes tun?« Sie sieht erst die Begleitung an, dann ihn. Sie lächelt und versucht bewusst, eine Zweideutigkeit in die letzte Frage zu legen. Sein Adamsapfel hüpft. Ihr Blick wird wie hypnotisierend davon angezogen.

»Ich glaube wir würden …«, beginnt die andere Frau. Doch Theo unterbricht sie bereits: »Wir nehmen gerne noch mal eine Runde.«

»Kommt sofort.«

Sie trinken langsam, wodurch Maddie nicht oft an den Tisch geht. Doch sie spürt seine brennenden Blicke im Rücken. Als sie die beiden um halb eins auf die letzte Runde hinweist, bestellen sie die Rechnung. Doch als Maddie ihn fixiert und sagt, dass ihre Schicht dann vorbei sei und ob er auf sie warten wolle, schallt sein eines Wort ohrenbetäubend laut in ihren Ohren wider: »Gern.«

Er wartet allein vor dem Pub, die Hände in seinem braunen Wintermantel vergraben und mit dem Fuß unruhig tippend. Er trägt Stiefel, das gleiche Modell, in dem auch ihre Füße stecken. Über seiner Schulter hängt eine Ledertasche. Die Tür fällt hinter ihr ins Schloss und er dreht sich zu ihr um.

»Hey«, sagt sie und vergräbt genauso ihre Hände in den Taschen ihrer dicken Jacke, als sie auf ihn zuläuft.

»Hey.« Ein Lächeln zupft an seinen Lippen und verwandelt sich in ein schiefes Grinsen. Ein Grübchen zeigt sich. An Silvester ist ihr schon aufgefallen, dass er eins hat. Aber nur links.

Für einige Atemzüge stehen sie einfach nur unentschlossen voreinander. Sie muss den Kopf in den Nacken legen, um in sein Gesicht aufzublicken. Was war er auch so groß? Bestimmt eins neunzig.

»Also«, beginnt sie.

Gleichzeitig sagt er: »Wollen wir …?«

Sie brechen ab, lachen leise, etwas unsicher. Trotzdem viel zu laut. Obwohl es nach ein Uhr ist, ist die Brick Lane noch lange nicht ausgestorben. Feierwütige wandern von Bar zu Bar, betrunkenes Grölen hallt von den Backsteinwänden der Häuser wider, das Autodröhnen der Hauptstraße dringt zu ihnen durch. Doch zwischen ihnen ist es still. Zu still.

»Hast du deine Kamera dabei?«, fragt er plötzlich.

Nur einmal kurz haben sie an Silvester darüber geredet, dass sie auch fotografiert. Als er meinte, er sei Fotograf und würde für Ada immer die Konzerte einfangen, kam sie nicht umhin, neugierig nachzufragen. Wie er zu dem Job gekommen ist. Was für ein Beruf das so ist. Welche Kamera genau er dafür verwendet. Zu neugierig, weil er sie daraufhin fragte, ob sie auch fotografieren würde. Sie hatte das Thema schnell davon weggelenkt. Ja, sie fotografiert die Jungs bei ihren Auftritten gern. Ja, sie liebt ihre Kamera über alles. Aber sie kann dem nicht mehr Zeit geben. Sie weiß, dass es nur in Schmerz und Einsamkeit enden würde.

»Nein?« Unbewusst lässt sie es wie eine Frage klingen. Sie hat ihre Canon nur selten dabei. Ihre drei Jobs beschäftigen sie zu sehr, um für so etwas noch Zeit zu haben. Auf die Arbeit nimmt sie sie nur mit, wenn sie die Jungs ablichtet. Was in letzter Zeit nicht mehr oft vorgekommen ist. Sie kann sich nicht einmal mehr daran erinnern, wann sie einfach mal nur mit der Kamera in der Hand durch London spaziert ist und die Stadt auf sich wirken lassen hat. Dafür hat sie keine Zeit.

»Macht nichts. Ich habe meine«, sagt er, klopft auf seine Tasche und dreht sich um. »Kommst du?«

Verwirrt folgt sie ihm. Gehen sie jetzt zu ihm nach Hause? Wieso dann die Frage mit der Kamera? Zu ihr gehen sie wohl nicht, ihre Bushaltestelle liegt in der anderen Richtung. Dann würde er auch nicht die Führung übernehmen.

»Ich wusste nicht, dass du in einem Pub arbeitest«, beginnt er ein Gespräch.

»Du weißt so gut wie nichts über mich.« Außer wie ich klinge, wenn ich den Orgasmus meines Lebens habe, schießt es ihr durch den Kopf. Sie beißt sich auf die Unterlippe. Ihr Einwand kam bissiger heraus, als sie wollte.

»Touché«, sagt er jedoch nur. Er klingt nicht so, als hätte sie ihn mit ihren Worten vor den Kopf gestoßen. Ihr Schweigen zieht sich dennoch über ein paar Sekunden – ein paar zu viel.

»Ich arbeite seit fast vier Jahren im Blue Monkey«, plappert sie drauf los. »Mike hat es damals erst vor ein paar Monaten eröffnet. Der Pub, wo ich vorher war, hat mir nicht so gut gefallen. Und seitdem bin ich bei Mike. Ich verstehe mich auch mit meinen Kollegen viel besser. Ich meine, Mike, Ren und Tim gehören zu meinen besten Freunden. Das war im alten Pub auch nicht so.« Sie stoppt ihren Wortschwall.

»Inwiefern hat dir der vorherige Pub nicht gefallen?«, fragt er ehrlich interessiert. Sie merkt es an dem offenen Seitenblick, den er ihr zuwirft.

»Die sexistische Arbeitsaufteilung zum Beispiel. Also die Frauen im Service, die Männer hinter der Bar. Der Chef war ein Creep, hat uns Kellnerinnen ständig begrapscht. Die Bezahlung war unterirdisch. Und das Essen echt eklig.«

»Das ist im Gastrobereich ein großes Problem, oder? Die Sexualisierung und Diskriminierung von Frauen.«

Für einen Moment kann sie ihn nur mit offenem Mund anstarren. Mit klarem Blick sieht er zurück. Er meint das ernst, nicht als Scherz, um sie aufzuziehen.

Sein Arm schießt vor, weil sie fast auf die Straße gelaufen wäre. Selbst durch die Schichten Klamotten schießt ein heißer Stromstoß durch ihren Körper. Ein Auto rast hupend an ihnen vorbei. Nachts sind die schneller als sonst, als würden nach Sonnenuntergang alle Regeln außer Kraft gesetzt werden. Anscheinend auch ihre eigenen. Sie erwidert nichts Schlagfertiges, ist einfach nur baff, als wäre es das achtzehnte Jahrhundert und er hätte gerade etwas unglaublich Revolutionäres gesagt.

»Saoirse hat mal gekellnert, damals im Studium«, erklärt er. Sicher überqueren sie die Straße. »Sie hat mir Ähnliches erzählt.«

»Saoirse?«, fragt sie. Den Namen hat sie noch nie gehört. Sie wüsste nicht einmal, wie man ihn schreibt. Sur-sha, wie man ihn spricht, vielleicht? Sie biegen in eine kleine Seitengasse ab und gehen eine schmale Treppe nach oben, um die Bahngleise zu überqueren.

»Die Freundin, mit der ich da war.«

Dann ist der Name vielleicht irisch, überlegt sie. Das würde zum Aussehen der Frau passen. Ist aber auch eigentlich egal.

Als könne er ihre Gedanken lesen, grinst er: »Das wird S-a-o-i-r-s-e geschrieben. Kommt aus dem Irischen.«

Ihr wird warm unter dem dicken Schal. »Ich habe nicht gefragt«, nuschelt sie in den Stoff.

»Ich habe deine Fragezeichen bis hierher gehört.«

»Gar nicht wahr.« Sie ist versucht, ihn in die Seite zu knuffen, hält sich aber zurück.

Er bleibt stehen. Sie dreht sich um, auf der Suche nach dem, wieso er angehalten hat. Sie stehen in einer kleinen Nebenstraße, die Treppe und die Bahngleise hinter sich, keine Bushaltestelle in der Nähe. Keine Bar oder sonst irgendein Lokal, wo er sie noch mit hätte hinnehmen können. Sie hat sich fast um ihre eigene Achse gedreht, da zeigt er auf ein unscheinbares Schild zwischen mit Graffiti besprühten Wänden.

»Willkommen in den Nomadic Community Gardens.«

Skeptisch betrachtet sie den von der Straßenlaterne nur spärlich beleuchteten gelb-grünen Schriftzug. Er hängt über einem Eingang, der einen Weg über Steinplatten in die Dunkelheit zeigt.

»Bist du ein Serienmörder oder so?«, fragt sie mit zusammengekniffenen Augen.

»Wenn ich einer wäre, würde ich es dir wohl nicht sagen, oder?«

Er geht bereits unter den Metallbeschlägen hindurch auf das Grundstück.

»Touché«, murmelt sie diesmal, geht in rasenden Gedanken durch, was er wohl mit ihr auf einem vermutlich verlassenen, dunklen Grundstück mitten in der Nacht will und gibt sich dann einen Ruck. Technisch gesehen ist er ja kein Fremder mehr. Und sie hat immer Pfefferspray im Jutebeutel. Vorsichtshalber kramt sie es hervor und packt es in ihre Jackentasche. Sicher ist sicher. Dann folgt sie ihm in die Dunkelheit.

Ehe sie sich versieht, sind sie zurück im Hellen. Und abermals fällt ihr die Kinnlade herunter. Staunend sieht sie sich auf dem Platz um. Sie weiß überhaupt nicht, wo sie zuerst hingucken soll. Ob zu den Wänden, die allesamt mit kunstvollem Graffiti besprüht sind, eines schöner als das andere. Ob zu den vielen Pflanzen, die in Kübeln stehen und an den Wellblechhäuschen hängen, die selbst im Winter noch grün sind. Ob zu den vielen Palettenbänken, Sonnenstühlen, Holzstufen zum Sitzen. Ob zu dem in einer Tonne langsam sterbenden Lagerfeuer, als hätte jemand noch vor Kurzem vor ihm gesessen und sich gewärmt. Über allem hängen dicke Lichterketten, die sich von einem Holzpfahl zum Nächsten hangeln.

Sie hört den Auslöser einer Kamera und dreht den Kopf. Theo lässt seine Nikon sinken, einen entschuldigenden Ausdruck im Gesicht.

»Ich konnte nicht widerstehen.« Sein Grübchen wieder. Ihr Herz stolpert komisch. Sie ermahnt es, sofort damit aufzuhören.

Sie bläst ihre Backen auf und stößt die Luft wieder aus, die als weißer Nebel in der Winterluft tanzt. »Und ich kann mich nicht mal revanchieren und heimlich Bilder von dir machen, weil ich meine Kamera nicht dabeihabe.«

Sein Blick huscht von seiner Nikon, zu ihr, wieder zu seiner Nikon. Er schluckt. Dann streckt er sie ihr entgegen. Den ängstlichen Ausdruck, der in seinen Augen liegt, versucht er zu verstecken, aber sie sieht ihn sofort. Kennt ihn viel zu gut, wenn Max ihr eines seiner für ihn heiligen Schleichtiere überreicht, diese Mischung aus Skepsis, Angst und Vertrauen.

»Sicher?«

»Ja.«

Sie nimmt die Kamera entgegen. Sie liegt schwer in ihrer Hand. Vorsichtig hängt sie sie sich um den Hals. Theo beobachtet jede ihrer Bewegungen genau, als würde er befürchten, dass sie die Kamera einfach fallen lassen würde. Sie hebt sie an. Sieht durch den Sucher und beobachtet durch den kleinen Ausschnitt die Szene vor ihr. Es juckt ihr in den Fingern, über das Gelände zu gehen, kleine versteckte Ecken zu finden, ein Motiv, das es sich lohnt zu fotografieren.

Ohne Plan läuft sie los, lässt sich treiben, geht einige Pfade hinunter, nur um sie wieder zurückzugehen. Er folgt ihr geduldig, lässt sie in Ruhe das richtige Motiv finden. Sie ist schon immer sehr genau mit ihren Aufnahmen gewesen, knipst nicht einfach drauf los, sondern wartet auf genau den richtigen Ausschnitt. Vor allem jetzt, wo die Kamera nicht von ihr ist. Als müsste das Foto perfekt sein, sonst würde sie sich vor ihm blamieren, wenn er später auf die Speicherkarte sieht.

Schließlich bleibt sie stehen, bückt sich und nimmt ein kleines Graffiti ins Visier. Es ist von einem blauen Monster, das sich mit den Armen gegen ein bröckelndes Fensterbrett stemmt, als würde er es anheben. Sie liebt es, wie das Gemalte mit dem Echten vermischt wird. Nur das dumpfe Licht der Lichterketten erhellt die Szene, taucht die grünen Gräser, die aus dem Asphalt sprießen, in flüssiges Gold. Sie überprüft die ISO-Einstellung und macht ein erstes Probefoto. Die Einstellung passt nahezu perfekt. Wie schnell Theo sie gefunden haben muss, als er das Foto von ihr gemacht hat, so als hätte er die perfekte Intuition dafür. Sie dreht etwas am Regler, es ist noch etwas dunkler hier als vorhin auf dem großen Platz, ein bisschen höher muss die ISO sein. Sie bewegt sich etwas hin und her, positioniert sich richtig, dass der Aufbau des Fotos stimmt. Dann drückt sie auf den Auslöser.

»Mhm«, summt es an ihrem Ohr. Sie reißt den Kopf herum, nur um mit seinem fast aneinanderzuprallen. Sie verliert das Gleichgewicht und fällt auf den Hintern.

»Sorry.« Er hält ihr die Hand hin und hilft ihr wieder hoch. »Das war ein gutes Foto.«

Sie steht viel zu nah bei ihm. Schnell geht sie einen Schritt zurück und zieht ihre Hand weg.

»Naja.« Sie nimmt die Kamera von ihrem Hals und gibt sie ihm zurück. Langsam verstaut er sie wieder in seiner Tasche. »Danke fürs Ausleihen.« Sie steckt ihre kalten Finger in ihre Jackentasche und sieht sich um. »Ich kann einfach nicht glauben, dass ich hier noch nie war. Immerhin ist es direkt um die Ecke vom Pub.«

Er zuckt mit den Schultern. »Die meisten laufen hier dran vorbei.«

»Woher wusstest du, dass es hier so schön ist?«

»Ich suche nach so Orten. Den geheimen Ecken. Keine Ahnung, es fasziniert mich, was London alles zu bieten hat, wenn man mal etwas abseits schaut.«