10,99 €
Ihr Gesicht kennt die ganze Welt, auf jedem roten Teppich sind sie zu Gast. Umso schwieriger ist es für echte Promis, die wahre Liebe zu finden. Wird die Beziehung halten, wenn das Rampenlicht erlischt? IM STURMWIND DER GEFÜHLE von CAITLIN CREWS ZWEITE CHANCE FÜR DIE LIEBE? von MICHELLE CONDER HERZÖGE KÜSSEN BESSER von SHARON KENDRICK IST DAS ALLES NUR GESPIELT? von CAITLIN CREWS DIE SÜSSE RACHE DES MILLIARDÄRS von LYNN RAYE HARRIS HEISSE LIEBESNÄCHTE IN NEW YORK von CAROLE MORTIMER
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 1107
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Titel
Inhalt
Im Sturmwind der Gefühle
Cover
Titel
Impressum
1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
11. KAPITEL
12. KAPITEL
Zweite Chance für die Liebe?
Cover
Titel
Impressum
1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
11. KAPITEL
12. KAPITEL
Herzöge küssen besser
Cover
Titel
Impressum
1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
11. KAPITEL
12. KAPITEL
EPILOG
Ist das alles nur gespielt?
Cover
Titel
Impressum
1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
11. KAPITEL
12. KAPITEL
Die süße Rache des Milliardärs
Cover
Titel
Impressum
1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
11. KAPITEL
12. KAPITEL
13. KAPITEL
14. KAPITEL
15. KAPITEL
16. KAPITEL
Heiße Liebesnächte in New York
Cover
Titel
Impressum
1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
11. KAPITEL
12. KAPITEL
Start Reading
Contents
epub-cover-image-container
d15409e18
d15409e27
epub-cover-image-container
d15409e18
d15409e27
epub-cover-image-container
d15516e18
d15516e27
epub-cover-image-container
d15881e18
d15881e27
Caitlin Crews
Im Sturmwind der Gefühle
IMPRESSUM
Im Sturmwind der Gefühle erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2011 by Caitlin Crews Originaltitel: „Heiress Behind the Headlines“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA Band 2066 – 2013 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Rita Koppers
Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A., Getty Images_imagesguru
Veröffentlicht im ePub Format in 10/2024 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck
ISBN 9783751536011
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Jegliche nicht autorisierte Verwendung dieser Publikation zum Training generativer Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) ist ausdrücklich verboten. Die Rechte des Autors und des Verlags bleiben davon unberührt. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag: BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de
Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook .
Larissa Whitneys kurzes Glück verflog, als die schwere Tür mit lautem Knall zufiel.
Sie wandte den Blick vom Fenster ab, hinter dem sich weit unten der Atlantische Ozean mit seinen sturmgepeitschten Wellen erstreckte, die gegen die felsige Küste der abgelegenen Insel vor der Küste von Maine schlugen. Kurz sah sie zur Tür des kleinen Restaurants, das sich in dem einzigen Gasthof befand, den es auf dieser verlassenen Insel gab. Weit weg von allem – und genau deshalb war sie hergekommen. Um allein zu sein, wie schon in den vergangenen paar Tagen.
Bis er hereinkam.
Ihr sank das Herz, als sie den Mann an der Tür erkannte. Hastig blinzelte sie, als wäre er nichts als eine Erscheinung, die sie auf diese Weise in die Tiefen ihrer Erinnerung verbannen könnte. Aber nein! Jack Endicott Sutton war wirklich hereingekommen, schüttelte den Regen von seiner Jacke und hängte sie an den Garderobenhaken.
„Ausgerechnet Jack Sutton“, flüsterte Larissa in sich hinein. Fest umklammerte sie den Becher mit Kaffee, an dem sie gedankenverloren genippt hatte, während sie über ihr chaotisches Leben nachdachte. „Bitte nicht …“ Aber niemand hörte ihr zu, überdies war es sowieso sinnlos.
Er war es. Jemand anders konnte es wohl kaum sein.
Sie erkannte ihn sofort, so wie jeder andere Mensch es ihrer Meinung nach tun würde, der zwei gesunde Augen im Kopf hatte. Dieses ausgesprochen markante Gesicht. Seine Züge waren ihr genauso vertraut wie die der großen Filmstars, deren Fotos man in jedem Hochglanzmagazin fand. Wahrscheinlich war er ihr noch vertrauter, weil sie ihn persönlich kannte. Diesen großen, schlanken, athletischen Körper, von dem sich so viele schöne Frauen angezogen fühlten.
An diesem Abend – oder war es erst Nachmittag, schwer zu sagen so weit oben im Norden – trug er ein schlichtes schwarzes T-Shirt, dazu verwaschene Jeans, die seine schmalen Hüften und die muskulösen Beine perfekt betonten. Seine Füße steckten in Arbeitsstiefeln. Er sah aus, als hätte er sich verkleidet, weil er sonst nur Designerkleidung trug. Eigentlich hätte er hier unter den Einheimischen, die genauso angezogen waren wie er, nicht auffallen dürfen.
Aber Jack Sutton würde immer hervorstechen und sich von allen anderen abheben, daran zweifelte sie keinen Moment. Ein Gedanke, der ihr Herz schneller schlagen ließ.
Mit seinem dichten dunklen Haar und den schokoladenbraunen Augen war er nicht nur ein umwerfend gut aussehender Mann. Überdies floss in ihm das blaue Blut von Generationen erfolgreicher Vorfahren, die maßgeblich das Vergoldete Zeitalter Manhattans mitgeprägt hatten. Großindustrielle, Visionäre, Wohltäter, und er war jeder Zoll ihr Erbe. Ein Erbe mit Macht und Einfluss, das er jedoch mit einer lässigen Selbstverständlichkeit trug.
Sie wusste, wer er war und woher er kam. Denn sie entstammte der gleichen privilegierten Gesellschaftsschicht. Aber sie sah ihn auch noch in einem anderen Licht. Er war ihr schrecklichster Albtraum. Und er versperrte ihr den einzig möglichen Fluchtweg.
Na toll, dachte Larissa, die zwischen Verzweiflung und Verbitterung schwankte. Selbst am Ende der Welt schaffst du es nicht einmal unterzutauchen.
Aber es machte jetzt keinen Sinn, hysterisch zu werden. Sie ließ sich auf ihren Stuhl fallen und zog den Kapuzenpullover enger um sich, als könnte sie sich hinter der dicken grauen Wolle verstecken. Als könnte sie darin verschwinden, so wie sie vom Erdboden verschwinden wollte – oder zumindest von all dem, was sie kannte. Was ihr Leben ausgemacht hatte.
Sie zwang sich, den Blick von dem unwiderstehlichsten und begehrtesten Junggesellen Manhattans abzuwenden und sah wieder hinaus zu den hohen Wellen, die erbarmungslos gegen die Felsen krachten. Wahrscheinlich erkennt er mich nicht einmal, redete sie sich selbst ein. Schon vor Monaten hatte sie New York verlassen und niemandem gesagt, wohin sie gehen würde. Zudem hätte wohl kaum jemand sie in Jeans und Pullover an diesem gottverlassenen Ort vermutet, der Tausende Meilen vom nächsten Wellnessparadies entfernt lag. Außerdem hatte sie vor ihrer Abreise ihre langen blonden Locken abgeschnitten, einst ihr Markenzeichen, und die Haare dunkel gefärbt. Weil sie eben nicht erkannt werden wollte, vor allem nicht von Menschen aus ihrem früheren Leben, einem Leben, das reichlich chaotisch gewesen war.
Wobei sie das unangenehme Gefühl beschlich, das Jack Sutton sich nicht so leicht hinters Licht führen ließ. Selbst nicht von Larissa, die es so gut verstand, anderen etwas vorzumachen. Fühlte sie sich deshalb plötzlich so angespannt, so verletzlich?
Sie befahl sich, ruhig zu atmen, so wie die Ärzte in New York es ihr vor Monaten geraten haben. Atme. Er würde sie nicht einmal bemerken, und wenn doch, würde ihm sicher nicht bewusst werden, wer sie war …
„Larissa Whitney.“
Seine Stimme, kühl und tief, war wie eine Berührung, die sie bis ins Innerste erzittern ließ, auch wenn sie völlig reglos dasaß.
Atme.
Er wartete nicht einmal darauf, dass sie ihn bat, Platz zu nehmen, sondern ließ sich auf den Stuhl ihr gegenüber fallen. Sie fürchtete sich davor, in seinen Augen etwas aufleuchten zu sehen, das sie kannte – sollte sie endlich den Mut aufbringen, seinem Blick zu begegnen. Er streckte seine langen Beine unter dem kleinen Tisch aus, sodass sie ihre Beine unweigerlich zurückzog. Sie hasste sich für diese Schwäche, die zeigte, wie sehr er ihr immer noch unter die Haut ging. Zur Hölle mit ihm.
Warum musste von all den Menschen, die sie kannte, ausgerechnet Jack Sutton hier auftauchen? Was hatte er überhaupt hier zu suchen? Er war der Einzige, den sie nie hatte täuschen können. Warum musste ausgerechnet er hier sein? Es hatte Monate gedauert, bis überhaupt jemand von ihrem Namen erfuhr, und jetzt saß sie mit einem Mann auf dieser unwirtlichen Insel gefangen, der zu viel wusste. So war es schon immer gewesen. Aber nicht nur deshalb war er so gefährlich für sie.
Sie könnte so tun, als wäre sie eine andere und würde ihn nicht kennen. Ich habe keine Ahnung, wer Larissa Whitney ist, könnte sie sagen. Und das wäre nicht einmal gelogen, oder? Sie könnte ihre eigene Existenz schlicht leugnen und so ihrem früheren Leben vielleicht entfliehen, das so schwer auf ihr lastete. Ein Teil von ihr wollte es sogar, mit so einer Heftigkeit, die sie eigentlich nicht hätte schockieren sollen.
Doch sein Blick verriet ihr, dass er sie ohne jeden Zweifel erkannt hatte.
Also schenkte sie ihm ein oberflächliches Lächeln, in dem sie schon seit ihrer Kindheit geübt war. Ein Lächeln, das nie ihre Augen erreichte.
„Schuldig im Sinne der Anklage“, sagte sie betont gelassen und gab sich unbeeindruckt von diesem Mann, in dessen Nähe ihr ein Schauer über den Rücken lief – dieser Mann, der so stark und männlich war, so lebendig. Sie rutschte auf ihrem Stuhl hin und her, behielt jedoch eine gelassene Miene bei. Einen leeren Blick, so wie er es wohl erwartete. Weil sie tatsächlich auch nichts als Leere zu bieten hatte, wie sie befürchtete.
„Nun, ich höre.“ Herausfordernd sah er sie an, ein Grinsen auf den Lippen. Oder war es ein Zeichen kühler Verachtung? „Ich habe hier weder eine Horde von Paparazzi entdecken können, noch Jachten an der Küste, die im Novembersturm hin und her geschaukelt werden. Keine Clubs für die Reichen und rettungslos Gelangweilten. Hast du die Küste von Maine vielleicht mit der von Südfrankreich verwechselt?“
„Ich freue mich auch, dich zu sehen“, murmelte sie, als würde sein anklagender Tonfall ihr nichts anhaben. Warum auch? Inzwischen sollte sie sich doch daran gewöhnt haben, hatte sie doch ihr ganzes Leben lang nichts anderes als Vorhaltungen gemacht bekommen. „Wie lange ist das jetzt her? Fünf Jahre? Oder sechs?“
„Was machst du hier, Larissa.“ Er klang weder freundlich noch höflich. Und das bei einem Mann, der jeden Menschen bezaubern konnte, wenn es ihm gefiel – schon sein ganzes privilegiertes Leben lang. Sie hatte selbst erlebt, wie außerordentlich charmant er sein konnte.
„Kann man als Frau nicht mal Urlaub machen?“, fragte sie in lässig-scherzhaftem Ton, obwohl sie nicht so empfand. Aber sie würde ihm sicher nicht zeigen, wie es wirklich in ihr aussah.
„Nicht hier.“ Mit leicht zusammengekniffenen Augen musterte er sie, während sie sich einzureden versuchte, dass sie nicht auf ihn reagierte. „Hier gibt es doch nichts für dich von Interesse. Ein Geschäft, diesen Gasthof, und nicht mal fünfzig Häuser. Das ist alles. Die Fähren zum Festland fahren nur zwei Mal pro Woche, und das auch nur, wenn das Wetter mitspielt.“ Sein perfekt geformter Mund verzog sich zu einem grimmigen Strich. „Ich sehe absolut keinen Grund, warum es einen Menschen wie dich hierher verschlagen sollte.“
„Wegen der Gastfreundschaft“, sagte sie trocken und nickte ihm zu, als hätte er sie mit offenen Armen empfangen.
Sie lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Warum sie gerade jetzt einen Knoten im Magen verspürte und sich plötzlich schwach fühlte, wusste sie selbst nicht. Schließlich kannte sie Jack schon ihr ganzes Leben lang. Sie entstammten den gleichen Kreisen von New Yorks Superreichen, einer Glitzerwelt voller Luxus und Langeweile. Sie hatten die gleichen teuren Privatschulen und später die gleiche Eliteuniversität besucht. Waren auf den gleichen Partys gewesen, in Aspen, den Hamptons, Miami oder Martha’s Vineyard.
Larissa erinnerte sich, Jack auf irgendeiner wahnsinnig schicken Sommerparty als Teenager über den Weg gelaufen zu sein, damals war er in seinen Zwanzigern. Deutlich stand sein Bild noch vor ihr, wie er an einem Privatstrand in den Hamptons mit seinem blendenden Aussehen selbst die Sonne in den Schatten zu stellen schien. Geschmeidig und lässig, mit diesem unwiderstehlichen Lächeln, gepaart mit scharfem Intellekt. Alle Mädchen, die sie damals kannte, hatten sich unsterblich in ihn verliebt. Dieses Bild erstand immer vor ihrem geistigen Auge, wenn sie an Jack Sutton dachte.
Doch jetzt konnte sie nichts von diesem jungen Mann in ihm wiederfinden. Es gab auch andere Erinnerungen an ihn, die sie nicht ausgraben wollte. Zum Beispiel an dieses eine Wochenende, das sie lieber verdrängte. Oder an Begegnungen, als er schon ein bisschen älter war und sie viel zu sehr durcheinandergebracht hatte. Diese Begegnungen hatten ihr deutlich gemacht, dass er für sie gefährlich war. Mit seiner Hitze, dem Feuer. Und diesen schokoladenbraunen Augen, die zu viel sahen und viel zu tief in sie hineinblickten.
Sie war fasziniert gewesen von diesem Mann, und gleichzeitig hatte er ihr große Angst eingejagt. Sie hatte geglaubt, über all das hinweg zu sein, musste sich jetzt jedoch eingestehen, dass Jack Suttons Ankunft hier einem Bombeneinschlag glich. Er war hemmungslos, unerträglich, und das waren noch zwei seiner besseren Eigenschaften. Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und spielte die Lässige, Sorglose, eine Rolle, die sie perfekt beherrschte. Die unbekümmerte Larissa Whitney, wie er sie kannte und wie er sie sicher auch sehen wollte. Oh ja, sie war so gut darin, die Erwartungen anderer zu erfüllen, dass sie manchmal glaubte, dies sei ihre einzig wahre Begabung.
„Hast du dich verkleidet?“, fuhr er in seinem gefährlich weichen Singsang fort, bei dem sich ihr die Nackenhaare aufstellten. Kühl schweifte sein dunkler Blick über ihre Gestalt, sodass sie fast zusammengezuckt wäre. Stattdessen gab sie sich gelangweilt. „Oder bist du auf der Flucht? Wobei ich mich frage, ob ich tatsächlich wissen will, welches Spielchen du hier treibst.“
„Warum interessiert dich das überhaupt?“ Larissa stieß ein unbekümmertes Lachen aus. „Hast du vielleicht Angst, dass du in diesem Spiel nicht vorkommst?“
„Ganz im Gegenteil“, gab er knapp zurück und sah sie mit hartem Blick an. Als hätte sie ihn beleidigt. Verblüfft zuckte sie zusammen. Natürlich wäre das möglich. Jack Sutton war ein Mensch, der nichts vergaß. Verdrängen, das ja. Aber vergessen? Niemals.
„Ich habe gehört, dass es hier auf der Insel zu dieser Jahreszeit sehr schön sein soll“, erwiderte sie, um jeder weiteren Gemeinheit zuvorzukommen. Denn sie war nicht sicher, wie viel sie von ihm noch ertragen könnte. Allein bei seinem Anblick drehte sich ihr schon der Magen um. „Wie hätte ich da widerstehen können?“
Sie deutete mit dem Kopf zum Fenster, als Einladung für ihn, es ihr gleichzutun. Der Himmel verdunkelte sich immer mehr, Regen schlug gegen die Scheibe, während die Felsen tief unten dem wütenden Donnern der Wellen widerstanden. Sie fühlte sich wie diese Felsen, misshandelt und belagert, und dennoch standhaft, trotz ihrer eigenen dramatischen Vergangenheit.
„Du hast ja bereits ein aufsehenerregendes Jahr hinter dir, wie ich hörte“, sagte Jack auf seine wissende Art.
Seine Worte gaben ihr ein Gefühl von Verletzlichkeit, des Ausgeliefertseins, obwohl sie gerade das um jeden Preis vermeiden wollte, besonders in seiner Nähe und nach all dem, was vor fünf Jahren zwischen ihnen geschehen war. Das Schlimmste jedoch war, dass sie ihm nicht einmal die Wahrheit sagen konnte. Sie konnte sich nicht verteidigen. Stattdessen musste sie akzeptieren, dass jeder ihre erfundene Geschichte für die Wahrheit hielt. Warum nur tat es diesmal so weh? Schließlich unterschied ihr letzter Auftritt sich in nichts von all den anderen Skandalen. Mit dem Unterschied, dass ihr Zusammenbruch vor Monaten diesmal echt gewesen war.
„Oh ja“, stimmte Larissa zu. Sie hasste ihn, aber mehr noch sich selbst. „Ein erzwungener Aufenthalt in der Entziehungsanstalt, eine dumme kleine Verlobung, die aufgelöst wurde. Danke, dass du mich daran erinnert hast.“ Was könnte sie dazu schon sagen? Das war ich nicht. Ich lag im Koma, während eine andere Frau sich an meinen Verlobten herangemacht hat … Wohl kaum. Ihr Leben glich ohnehin schon viel zu sehr einer Seifenoper, auch ohne all diese peinlichen, unglaubhaften Details.
Außerdem wussten alle, dass Larissa Whitney, bekannt als feierwütiges Partygirl und daher ständiges Ärgernis für ihre angesehene Familie, vor acht Monaten nachts vor einem exklusiven Club in Manhattan zusammengebrochen war. Dank der Presse und ihrer Familie, die sich so meisterhaft darauf verstand, Berichte zu manipulieren, war veröffentlicht worden, dass Larissa in eine private Suchtklinik eingewiesen worden war, wo sie eine ganze Weile verbleiben musste, während ihr Verlobter den Leidenden spielte. Nach diesem Aufenthalt musste sie sich am Arm ihres Verlobten Theo, dem Geschäftsführer des Familienunternehmens, in Manhattan zeigen. Bis Theo sie verlassen und seine Ambitionen, die Whitney Media betreffend, ebenfalls aufgegeben hatte, was noch schockierender gewesen war. Jeder gab der treulosen, herzlosen Larissa die Schuld daran. Und wie auch nicht, hatte sie Theo doch immer wieder in der Öffentlichkeit bloßgestellt.
Tatsächlich war sie nie in der Suchtklinik gewesen, sondern für zwei Monate im Haus der Familie in einem Krankenbett weggesperrt worden, während ihr Vater auf ihren Tod wartete.
Aber Jack würde ihr das sowieso nicht glauben. Niemand würde das. Und daran konnte sie, wie sonst auch, keinem anderen die Schuld geben als sich selbst.
„Hast du nicht schon genug Probleme gemacht?“, fragte Jack, als hätte er ihre Gedanken erraten. Wenn überhaupt jemand wissen konnte, wie es in ihr aussah, dann Jack, ein Gedanke, der ihr erneut einen Schauer über den Rücken jagte. Er schüttelte leicht den Kopf. „Glaubst du etwa, ich würde mich da mit hineinziehen lassen? Falls du dich erinnerst, mache ich deine Spielchen schon lange nicht mehr mit.“
„Wenn du meinst.“ Sie gab sich gelangweilt. Dabei wäre sie am liebsten aufgesprungen und zur Tür gerannt, um seinem vernichtenden Blick zu entkommen – diesen Augen, die bis in ihr Innerstes sahen, wo ihre dunkelsten Geheimnisse verborgen lagen. Ihre Schande.
Oh Gott, sie hasste ihn.
Doch lieber wäre sie gestorben, als ihm zu zeigen, dass er sie verletzt hatte. Ganz sicher würde sie ihm nicht verraten, warum sie sich hier versteckt hatte. Sie konnte ihm nicht sagen, dass sie seit Monaten versuchte, sich so unsichtbar zu machen wie sie sich fühlte und sich schließlich auf der Fähre wiedergefunden hatte, die sie zu dieser verlassenen Landzunge brachte. Sie wusste ja nicht einmal, wie sie ihm all dies überhaupt sagen sollte. Oder wie sie erklären könnte, dass sie auf wundersame Weise eine zweite Chance bekommen hatte, obwohl sie ihr Leben zuvor gleichsam mit Füßen getreten hatte. Jack würde sie all das ganz sicher nicht erzählen. Denn trotz seines harten, verächtlichen Blicks war er für sie immer noch ein strahlendes Licht, ein unberührbarer Held.
Sie hatte sich versprochen, sich selbst nicht anzulügen, nie wieder. Und dieses Versprechen wollte sie halten. Aber das hieß nicht, dass sie ihm das Gleiche schuldete. Denn würde sie ihm das Wenige, was von ihrem Selbst noch übrig geblieben war, offenbaren, würde er sie gänzlich zerstören.
Also gab sie ihm, was er wollte, das, was er ohnehin nur in ihr sah. Ihr geheimnisvolles Lächeln, das sie schon vor langer Zeit für die Presse eingeübt hatte. Ein Lächeln, das Männer verrückt machte, das Sex verhieß. Jeder konnte seine Fantasien hineinprojizieren, seine Träume und Wünsche, während sie nichts war als eine leere Hülle.
Auch darin war sie sehr gut.
Sie legte den Kopf schräg und begegnete ungerührt seinem Blick, als wären seine Worte an ihr abgeprallt, hätten keine Bedeutung. Als wäre dies nur ein Flirt, eine Art Vorspiel, an dem sie beide beteiligt waren. Sie hob die Brauen, öffnete leicht den Mund und gab ihrer Stimme einen tiefen, verführerischen Klang.
„Erzähl mir doch mehr, Jack“, gurrte sie. „Welches Spiel würdest du denn gerne treiben?“
Sie sah so zerbrechlich aus. Er hatte sie an ihren zarten, perfekt geformten Wangenknochen erkannt, diesem Blick aus geheimnisvollen grünen Augen, der immer traurig wirkte und eine Tiefe vorgab, die sie nie besitzen würde. Er konnte sich nicht vorstellen, was ein Geschöpf wie sie auf dieser verlassenen Insel zu suchen hatte. Eine Frau, die sonst in der Glitzerwelt von Manhattan zu finden war, umgeben von Menschen, die ihr schöntaten, von bekannten Größen des Gesellschaftslebens, nutzlose, gelangweilte Gestalten.
Nichts als eine große Lüge, mit Namen Larissa Whitney, dachte er voller Abscheu – ein Abscheu, der sich beinahe stärker gegen ihn selbst richtete, weil er für diese Lüge so empfänglich war.
Denn immer noch spürte er diese verrückte Spannung, die ihn erfasste, obwohl er oft genug versucht hatte zu leugnen, dass sie je existiert hatte. Auch wenn er es nicht wollte, hatte er es auch jetzt verspürt, als er sie eben am Fenster entdeckt hatte, seltsam verlassen.
Und als sie nun mit ihm flirtete und mit dem Finger über ihre Unterlippe strich, spürte er es wieder. Sie versuchte ihn zu reizen. Weckte Erinnerungen in ihm an ihre perfekt geformten Beine, die sich um seine Hüften schlangen. Wie er von ihrem Mund gekostet hatte. Aber er war nicht mehr der Mann, der gedankenlos seinen Gelüsten nachgab, besonders dann nicht, wenn sie so selbstzerstörerisch waren wie dieses Verlangen. Und vor allem nicht bei einer Frau wie Larissa, die einem Mann in seiner Position nichts zu bieten hatte, zumal er es inzwischen vorzog, auf seinen Ruf zu achten, statt sich dem Vergnügen hinzugeben.
„Netter Versuch“, sagte er verächtlich. „Aber eine Kostprobe von dir reicht vollauf.“
Er glaubte, ein Aufflackern in ihren grünen Augen zu sehen, doch es war nur ein winziger Moment, dann lächelte sie ihn wieder an. Ein geheimnisvolles, gefährliches Lächeln, das ihn in Versuchung führte, alles zu vergessen, was er über sie wusste. Das ihn dazu reizte sich vorzubeugen, ihren verführerischen kleinen Körper an sich zu reißen und von ihrem Mund zu kosten.
„Ach, Jack.“ Ihre Stimme klang eher wie ein Schnurren, das direkt in seine Lenden schoss und Hitze in ihm aufsteigen ließ. „Das sagen zuerst alle.“
Er wünschte, sie würde diese Rolle nicht so gut beherrschen. Und er nicht so anfällig für sie sein. Warum konnte er bei ihrem Anblick nicht das sehen, was ihre Persönlichkeit tatsächlich ausmachte. Stattdessen sah er nichts als den eleganten Schwung ihres Halses, die zarten Wangenknochen, die in ihm den Wunsch weckten, sie zu trösten, auch wenn das völlig verrückt war. Widerwillig musste er sich eingestehen, dass die kurzen schwarzen Haare ihr sehr gut standen. Sie gaben ihr etwas Ernsthaftes, Bedeutsameres.
Dabei wusste er doch, wie sie wirklich war. Was sie getan hatte. Jedes schmutzige kleine Detail war ihm bekannt, all das, was er über sie wissen musste, egal, wie klein und hilflos sie nach außen hin wirken mochte. Doch hinter der Fassade war sie kalt, seelenlos, wie diese Welt, die er hinter sich gelassen hatte. So wie er selbst früher gewesen war, ehe er erwachsen wurde.
Wenn er sie ansah, glaubte er, in einen Spiegel zu schauen, den er absichtlich vor fünf Jahren zerschlagen hatte. Und was er sah, gefiel ihm nicht. Daran würde sich auch nie etwas ändern. Sie war die Erste gewesen, die ihm diesen Spiegel vorgehalten hatte. Wie könnte er das je vergessen?
„Freitagmorgen geht eine Fähre zum Festland“, sagte er plötzlich kalt. „Ich will, dass du sie nimmst.“
Sie lachte. Ein silberheller, zauberhafter Klang, der Wünsche in ihm weckte, an deren Erfüllung er nicht glauben durfte und für die er ihr die Schuld gab.
„Willst du mir befehlen, von dieser Insel zu verschwinden?“ Statt von ihm eingeschüchtert zu sein, wirkte sie amüsiert. „Wie diktatorisch. Da könnte ich ja beinahe schwach werden.“
Jack musterte sie schweigend. Dies war sein Zufluchtsort, an den er sich in den dunklen, unwirtlichen Wintertagen flüchtete, wenn keine Touristen und superreiche Sommergäste da waren, die glaubten, die Sonne hier würde nur für sie allein scheinen. In den dunklen Monaten hier musste er einmal nicht Jack Endicott Sutton sein, der Erbe von zwei bedeutenden amerikanischen Kapitalgesellschaften, und trotzdem immer noch der Dorn im Auge seines Großvaters. Auf dieser Insel musste er nicht an seine Pflicht denken. Hier konnte er endlich frei atmen, lebte Seite an Seite mit den Hummerfängern und Fischern, die nur das Meer respektierten. Allein an diesem Ort gelang es ihm ab und zu, einfach nur Jack zu sein.
Er durfte nicht zulassen, dass Larissa Whitney diesen Zufluchtsort beschmutzte und wer weiß welche Spielchen trieb. Das war einfach undenkbar. Wobei er eine Vermutung hatte, was eine verwöhnte Frau wie Larissa an diesem Ort wollte. Obwohl es hier keine Presse gab, keine kreischenden Fans, die ihr an jeder Ecke auflauerten, all die Oberflächlichkeiten, die sie zum Überleben brauchte. Ja, er ahnte, was sie hierher verschlagen hatte, und das gefiel ihm gar nicht.
„Du fragst ja nicht einmal, was ich hier mache“, entgegnete er und musterte ihr wunderschönes Gesicht, das jedoch nichts als glatte Fassade war. So war es immer schon gewesen, und es ärgerte ihn, dass er trotzdem nach einem Anzeichen von etwas anderem suchte. „Weil du nur auf dich selbst bezogen bist. Oder hattest du erwartet, mich hier anzutreffen, als du hergekommen bist?“
„Es wäre doch zu schade, diesen romantischen Augenblick durch so banale Dinge wie deine Reisepläne oder meinen Terminkalender zu zerstören“, meinte sie leichthin.
„Ich glaube, ich weiß, warum du hier bist“, sagte er, ohne auf ihren schnippischen Kommentar einzugehen. Früher mochte sie mit ihren Spielchen Erfolg bei ihm gehabt haben, aber diese Zeiten waren vorbei. „Hast du wirklich geglaubt, das funktioniert, Larissa?“, fragte er mit tiefer Stimme. „Du scheinst wohl vergessen zu haben, dass ich deine Vorgehensweise kenne.“
Ihr Blinzeln weckte in ihm für einen Moment den Eindruck, dass sie wirklich nicht wusste, was er meinte. Bis er sich wieder in Erinnerung rief, dass sie genau darin am besten war. Anderen etwas vorzumachen.
Nein, musste Jack sich selbst korrigieren, als sie sich zu ihm vorbeugte und die Hand auf seine Hüfte legte. Darin war sie am besten. In der Kunst der Verführung. Es reichte, ihn zu berühren, ihre Nähe zu spüren. Sie war unwiderstehlich, und das wusste sie. Eine tödliche Gefahr.
Ihr einzigartiger Duft nach Vanille stieg ihm zu Kopf. Es gefiel ihm überhaupt nicht, dass er sich gerade jetzt an die wilde Leidenschaft erinnerte, auch wenn er schon vor langer Zeit entschieden hatte, all das sei nur eine Einbildung gewesen, die er in seiner Erinnerung in den schönsten Farben ausgemalt hatte. Doch das hier war keine Einbildung. Die Hitze, die von ihrer Hand ausging. Das Feuer, das sich durch seine Jeans in seine Haut einbrannte und ihn nur zu deutlich daran erinnerte, wie sehr er sie gewollt hatte – und immer noch wollte. Was nicht hieß, dass er dem nachgeben würde. Ja, nicht einmal, dass es ihm gefiel. Dass sie ihm gefiel.
Er stand auf und sah, dass ihre Hand herabfiel. Ein Teil von ihm wollte danach greifen, ihre Rundungen wieder erspüren, ihren Lustschrei hören. Sich in ihr verlieren.
Aber dieser Mann war er nicht mehr. Die Spielchen, die Larissa vor fünf Jahren mit ihm getrieben hatte, lagen hinter ihm und er würde nie wieder darauf eingehen.
„Freitag“, sagte er im Befehlston und war sicher, dass sie gehorchen würde. „Die Fähre, morgens um halb sechs. Das ist keine Bitte.“
„Ich weiß es zu schätzen, dass du mich bezüglich des Fahrplans auf den neuesten Stand bringst“, sagte sie gleichmütig. Wieder flackerte etwas in ihren grünen Augen auf, das er nicht verstand. Dabei sollte sie doch ein offenes Buch für ihn sein, mit nichts als leeren Seiten. „Aber ich tue, was ich will, Jack. Nicht das, was du mir sagst.“
„Nicht auf dieser Insel“, gab er zurück und spürte, dass ihm dieser Wortwechsel mit einem Mal viel zu sehr gefiel.
Sie hob die elegant geschwungenen Brauen. „Dies ist und bleibt ein freies Land.“
„Das gilt nicht für diese Insel“, sagte er. Sein Lächeln wurde breiter, wirkte überheblich und stolz. „Sie gehört mir.“
Wie dumm sie doch war.
Endicott Island, natürlich, dachte Larissa, als sie in ihrem kleinen Dachzimmer oben in dem Gasthof in der alten Badewanne mit den Klauenfüßen saß, die sicher noch aus dem achtzehnten Jahrhundert stammte. Sie hätte es wissen müssen. Der Name sagte doch alles.
Obwohl sie viele Menschen kannte, deren Familienname Straßen, Städte, Gebäude oder Brücken zierte. Wie ihr eigener zum Beispiel. Was nicht notwendigerweise hieß, dass diese Menschen sich dort auch aufhielten. Niemand erwartete, den Mitgliedern der Carnegie-Familie über den Weg zu laufen, wenn man sich in der Carnegie Hall in New York City eine Show ansah, oder den Kennedys am JFK Airport in New York.
Trotzdem hätte sie besser eins und eins zusammenzählen sollen, statt sich von der überwältigenden Reaktion, die er auf sie ausübte, mitreißen zu lassen. Schon vor fünf Jahren hätte ich seiner gefährlichen Anziehungskraft widerstehen sollen, dachte sie, stand auf und sah ihr grimmiges Gesicht in dem gesprungenen Spiegel, der über der Wanne hing. Sie hätte vieles tun sollen. Dieses Wort sollen zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben, erkannte sie und schlang sich ein Badetuch um.
Sie war gerade in eine Yogahose und ein T-Shirt geschlüpft, als sie ein forderndes Klopfen an der Tür hörte. Larissa erstarrte, und ihr Herz schlug wild in der Brust. Es gab nur einen Menschen, der hinter der Tür stehen konnte. Und diesen Menschen würde sie sicher nicht hereinlassen. Selbst als Rotkäppchen allein im Wald mit hungrigen Wölfen wäre sie sicherer.
Und trotzdem wurde sie wie durch Zauberhand zur Tür gezogen, als könnte er ihr durch seine schiere Präsenz draußen vor der Tür Befehle erteilen. Sie spürte die Holzdielen unter ihren nackten Füßen, ihre Brüste unter dem weichen T-Shirt. Plötzlich war ihr so warm wie in der Wanne eben, nein noch wärmer. Heiß. Als hätte sie allein sein Klopfen in Flammen gesetzt.
Larissa spürte ihn auf der anderen Seite der Holztür. Sie konnte ihn förmlich sehen, seinen dunklen, aufwühlenden Blick. Den aufregenden Mund. Die markanten Wangenknochen und die gerade, ausgeprägte Nase, das unverkennbare Wahrzeichen seiner Vorfahren. Und sein blendend scharfer Intellekt, der es ihm ermöglicht hatte, mit Leichtigkeit vom schwarzen Schaf zum Vorsitzenden der Familienstiftung aufzusteigen. Eine rasante Entwicklung, die ihm noch mehr Bewunderer eingebracht hatte. Ja, er war schön, aber weit davon entfernt, ein Schönling zu sein. Das war er nie gewesen, selbst in seinen ausschweifenden Jahren nicht. Auch deshalb war er der gefährlichste Mann, den sie je kennengelernt hatte.
Obwohl sie vor fünf Jahren in einem desolaten Zustand gewesen war, hatte sie diese Gefahr erkannt und ihn deshalb verlassen. Warum nur tat sie gerade jetzt, wo sie sich selbst noch mehr verlieren konnte, genau das Gegenteil von dem, was sie eigentlich tun sollte?
Sie wusste, dass es mehr als dumm von ihr war, und trotzdem öffnete sie die Tür. Als könnte sie nicht anders. Als wollte sie es nicht einmal.
Er stand auf der Schwelle, mit dunklem, forderndem Blick. Seine Muskeln spannten sich an, als er die Hände gegen die Tür stemmte. Ihr stockte der Atem, als sie seinem bittersüßen Blick begegnete.
Du selbst bist zu schwach und er ist viel zu gefährlich, sagte sie sich wieder und wieder, während ihr Herz viel zu schnell schlug. Sie war ihm gegenüber immer hilflos gewesen, ganz egal, was sie sich einzureden versuchte.
Jack trat über die Schwelle, sodass Larissa gezwungen war, zurückzuweichen. Sie verfluchte sich selbst, als sie den Anflug eines Lächelns auf seinen atemberaubenden Lippen sah. Jack verstand sich meisterhaft auf Machtspiele, das wusste sie. Sonst hätte er sich kaum an der Spitze der Endicott Foundation halten und sich in den erlesenen Kreisen der Gesellschaft behaupten können. Abrupt wandte sie den Blick von seinem verstörenden Mund ab.
„Du übertreibst es mit deinem Besitzanspruch auf diese Insel“, sagte sie in dem Wissen, dass Angriff die beste Verteidigung war. Obwohl sie T-Shirt und Hose trug, fühlte sie sich nackt und musste sich zurückhalten, um nicht die Arme vor der Brust zu verschränken. Was er mit Sicherheit sofort als Schutzmechanismus entschlüsselt hätte und zweifellos gegen sie verwenden würde.
„Ich übertreibe nie“, entgegnete er, den Blick auf ihren Mund gerichtet, als überlegte er, sie zu küssen. „Das habe ich nicht nötig.“
„Deiner Familie hat diese Insel einmal gehört“, gab sie scharf zurück, da sie inzwischen über ihr Smartphone Erkundigungen über die Eigentumsverhältnisse eingezogen hatte. „Aber dein Großvater hat den größten Teil vor dreißig Jahren an den Main Coast Heritage Trust übergeben und davor noch einen Teil dem Bundesstaat Maine. Und du sitzt jetzt wie ein Patriarch, der du nie gewesen bist, auf deinem großen alten Anwesen und blickst auf das Land, das deines hätte sein können.“ Sie zwang sich zu einem verhaltenen Lächeln. „Wie traurig.“
Er machte einen weiteren Schritt ins Zimmer. Larissa wich nicht zur Seite, hatte aber das Gefühl, in der Falle zu sitzen, weil der ohnehin kleine Raum durch seine Präsenz in sich zusammenzuschrumpfen schien. „Hast du dir diese Informationen jetzt erst besorgt, oder wusstest du all das bereits, als du hier angekommen bist?“
„Das soll wohl eine Fangfrage sein“, gab sie zurück, ohne sich von der Stelle zu bewegen, obwohl er näher kam. „Ich kenne dich seit meiner Kindheit, und es gibt nur wenig, was ich nicht von dir weiß.“ Sie machte eine wegwerfende Handbewegung, als würde nichts von all dem sie überhaupt interessieren. „Außer deinen geheimsten Gedanken, natürlich – falls du überhaupt welche hast.“ Sie grinste spöttisch. „Was bei Männern wie dir, die so selbstgefällig sind, nur selten der Fall ist.“
„Ich glaube, du verwechselst uns beide“, meinte Jack. Seine Augen flackerten, als könnte er sich nicht entscheiden, ob er Larissa amüsant oder verwirrend finden sollte. „Schließlich haftet nicht mir der Ruf an, die oberflächlichste Person von ganz Manhattan, vielleicht sogar des ganzen Landes, zu sein. Alle Achtung, Larissa. Du musst wirklich sehr stolz auf dich sein.“
Schmerz durchzuckte sie, der sich anfühlte wie Scham, doch sie verdrängte ihn. Die Presse hatte sich seit ihrer Teenagerzeit wieder und wieder darüber ausgelassen, wobei oberflächlich noch geschmeichelt war im Vergleich zu dem, was noch alles in den Blättern über sie stand. Was spielte es da für eine Rolle, dass er sich in diesen Kreis einreihte? Dass er ihr ins Gesicht sagte, was er von ihr dachte und es auch noch zu glauben schien?
„Ach ja?“ Sie schnalzte mit der Zunge. „Ich kenne dich schon seit einer Ewigkeit. Schon bevor du dir ein neues Image verpasst hast und zum langweiligsten Mann überhaupt geworden bist. Davor hat man nämlich Spaß mit dir haben können.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Falls ich mich recht erinnere, wurdest du damals in deinen Zwanzigern als der zügelloseste Playboy von ganz New York City bezeichnet.“
Und mein Verhängnis war, dass ich ihm am Ende dieser Periode über den Weg gelaufen bin, dachte sie. Als er nach dem Tod seiner geliebten Mutter dabei war, sich in einen respektablen Menschen zu verwandeln. Soweit sie wusste, war ihre kleine Wochenendaffäre der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Noch eine Schandtat mehr auf ihrer Liste, die so lang war, dass sie aufgehört hatte zu zählen.
„Hasst du mich deshalb so sehr, obwohl du eigentlich wenig Grund dazu hast?“, fragte sie und entdeckte etwas in seinem Blick, das sie nicht deuten konnte. „Es scheint mir doch unfair, denn fast ganz Manhattan wusste davon.“
„Ich hasse dich nicht, Larissa.“ Seine raue Stimme klang wie eine Liebkosung. „Ich kenne dich.“
Er streckte die Hand aus und strich einen Wassertropfen von ihrem Hals, der noch vom Baden übrig geblieben war. Seine Berührung fühlte sich heiß an, beängstigend. Sein Blick hielt sie gefangen. Hitze lag darin, Wut. Aber auch noch etwas anderes, Dunkles, dem sie aus Angst nicht weiter nachgehen wollte.
Weil es eine ganz bestimmte Sehnsucht in ihr weckte.
„Was machst du da?“ Sie hasste sich selbst dafür, dass sie so atemlos klang, so schwach. Sie war ihm schon einmal entkommen, wusste aber nicht, ob sie wieder so viel Glück haben würde.
Trotzdem rührte sie sich nicht von der Stelle.
Dass er den Mund zu einem triumphierenden Lächeln verzog, gefiel ihr noch viel weniger.
„Mir ist eingefallen, dass auf Endicott Island wenig los ist“, sagte er und fuhr mit dem Finger an ihrem V-Ausschnitt entlang, obwohl in seinem Blick immer noch diese berechnende Kälte lag. Als wollte er sie nicht nur reizen, sondern auch austesten. „Und wir wollen doch nicht, dass du dich langweilst. Ich habe ja gesehen, was passiert, wenn dir langweilig ist.“ Er stieß ein Lachen aus. „Vermutlich hat die ganze Welt das mitbekommen.“
„Ich bin schnell gelangweilt“, stimmte sie zu, darum bemüht, nichts von dem Schmerz zu zeigen, den sie nicht verspüren sollte. „So wie jetzt auch.“
Er lächelte. „Dann sollten wir uns vielleicht in Erinnerung rufen“, meinte er, während seine Finger ihren Puls schneller schlagen ließen, „was uns beiden die Langeweile vertreiben kann, meinst du nicht?“
Sie wollte sich dumm stellen, als wüsste sie nicht, wovon er sprach, aber das Funkeln in seinen Augen hielt sie zurück. Denn sie hatte Angst, er würde es ihr zeigen. Wie sollte sie das überleben? Er glaubte, dass sie noch die Gleiche war wie vor acht Monaten, wie vor fünf Jahren. Laut, aber unsicher. Mit der Fähigkeit, allem standzuhalten, ohne sich wirklich von etwas berühren zu lassen. Abgestumpft. Er würde sie so behandeln, wie er sie von früher kannte, als sie nur ein Schatten ihrer selbst gewesen war. Auf diese Weise würde er ihr jetziges Selbst zerstören, das weicher, stiller war und ganz sicher nicht zu einem Mann wie ihm passte.
Und das durfte und wollte sie nicht zulassen.
Aber sie konnte ihm auch nicht zeigen, dass sie sich verändert hatte, denn dann würde sie noch mehr verlieren. Sicher würde er glauben, es wäre nur ein Trick, ein Spiel, würde ihr Hintergedanken unterstellen. Sich zu verteidigen, dazu fehlte ihr noch die Kraft, war sie doch immer noch dabei herauszufinden, wer sie tatsächlich war.
Und sie hatte entsetzliche Angst vor der Antwort.
„Ich dachte, du hättest gesagt, eine Kostprobe von mir sei mehr als genug“, gab sie leichthin zurück, überrascht, dass die Worte immer noch schmerzten. Dabei sollte es ihr egal sein, ob noch ein Mensch mehr oder weniger schlecht von ihr dachte. Sie schenkte ihm ihr typisch geheimnisvolles Lächeln, das ihr wie eine undurchdringliche Rüstung diente. „Aber keine Sorge. Männer wie du wissen einfach nicht, wie sie mit mir umgehen sollen.“
Sein Lächeln hatte etwas Ungezügeltes, das sie wie ein Schlag in die Magengrube traf. Dann verdunkelte sich sein Blick.
Ihr stockte der Atem.
„Sieh mich an“, sagte er mit rauer Stimme.
Dann lagen seine Hände auf ihren Schultern, warm und sicher. Und sie war verloren.
Er zog sie an sich und eroberte ihren Mund mit einem sengenden, berauschenden Kuss.
Es war schlimmer, als sie in Erinnerung hatte – falls sie sich überhaupt erlaubt hatte, an ihn zu denken. Und es war besser.
Sehr viel besser.
Hitze durchflutete sie, ließ sie erzittern, von wilder Leidenschaft davongetragen. Ihre Hände ertasteten seine harten Rückenmuskeln, als sie gegen ihren Willen die Arme um seine Hüften legte. Sie spürte seine Körperwärme durch das T-Shirt und sehnte sich danach, ihre Hand darunterzuschieben.
Sie spürte ihn, überall.
Wieder und wieder küsste er sie, als wäre er genauso berauscht von diesem Feuer wie sie selbst. Als wollte er nie wieder aufhören. Sie schloss die Augen und bog sich ihm entgegen, um seine Hitze noch besser zu spüren. Sie schmolz dahin, stand in Flammen.
Und geriet dadurch in größte Schwierigkeiten.
Denn diesmal war sie nicht betrunken, so wie damals nach einer langen Nacht auf einer chaotischen Party. Wo sie sorglos und wagemutig gewesen war. Abgestumpft und innerlich halb tot. Jetzt gab es nichts, womit sie seine ungeheure Anziehungskraft und ihr eigenes hilfloses Verlangen entschuldigen könnte. Hatte sie ihn schon vorher für gefährlich gehalten, war ihr jetzt bewusst, dass sie die Macht, die er über sie ausübte, viel zu sehr unterschätzt hatte.
Wie dumm sie doch war.
Und trotzdem erwiderte sie seinen Kuss, schmiegte sich in seine Arme, presste sich an seine muskulöse Brust. Ihr war, als könnte sie nicht anders, als wäre er nur für sie geschaffen worden, um sie langsam um den Verstand zu bringen.
Aber sie war nicht mehr die naive junge Frau, die er kannte – dieser Gedanke drang langsam durch den Nebel, der ihren Verstand umgab. Sie wusste, was sie tat, mit ihm – und was sie dabei riskierte. Er hingegen trieb immer noch seine alten Spielchen. Also durfte es keine Bedeutung für sie haben, dass sein Kuss so unglaublich war und sie so perfekt zueinanderpassten.
Hatte sie sich nicht geschworen, sich selbst nichts mehr vorzumachen? Sie konnte nicht länger leugnen, dass er sie zerstören würde.
Abrupt löste sie sich von seinem Mund und wich zurück, wie sie es von Anfang an hätte tun sollen. Besser zu spät als nie, dachte sie. Ein schaler Trost.
„Na schön“, meinte sie leichthin, als hätte sie seine Berührung längst abgeschüttelt. „Offensichtlich bist du dir meiner sehr sicher. Aber ich denke, ich werde ablehnen müssen.“
„Warum?“ Das Wort klang beinahe wie ein Lachen, arrogant und selbstsicher, sein Blick eine einzige Versuchung.
Ja, warum?
Aber sie war nicht mehr die alte Larissa, die sich kopflos nur dem Vergnügen des Augenblicks hingab. Sie konnte mit diesem Mann nicht spielen und glauben, unversehrt davonzukommen. Wobei sie Angst hatte, dass schon zu viel von ihr zerstört worden war.
Sie zuckte die Schultern und zog sich wieder hinter die Rüstung der alten Larissa Whitney zurück, die Probleme immer mit einem sorglosen Flirt abgetan hatte. Denn sie wagte es nicht, diesem Mann einen tieferen Einblick zu gewähren. Ihm irgendetwas von sich zu zeigen, das er kaputt machen könnte.
„Weil du es zu sehr willst“, meinte sie wegwerfend.
Er hätte sie nicht berühren, geschweige denn küssen dürfen. Jack hatte die Leidenschaft in ihren grünen Augen erkannt. Er wollte sie glühen sehen. Wollte wieder von ihren Lippen kosten, die noch leicht geschwollen waren von seinen Küssen. Sie war wie eine Droge. Und immer noch trieb sie ihre verdammten Spielchen.
Warum überraschte ihn das überhaupt? Dieser Frage sollte er nachgehen, aber stattdessen beobachtete er sie.
„Mir war gar nicht bewusst, dass ich dich so erschreckt habe“, meinte er gedehnt, ein Anflug von Spott in der Stimme, um ihr eine Reaktion zu entlocken, auch wenn er nicht wusste, warum er das wollte. „Ich dachte, du hast vor nichts Angst.“
„Doch, vor Fledermäusen“, gab sie zurück. „Und vor Skorpionen.“ Spöttisch zuckte sie die Achseln. „Aber vor dir? Nein, Jack. Und ich weiß, wie enttäuschend das für dich sein muss.“
„Ich weiß, warum du hier bist.“ Er klang wütender als beabsichtigt. „Hör auf mit deinen Spielchen und gib es einfach zu.“
Noch rosig vom Bad, das er sich in allen Details nur zu gut ausmalen konnte, stand sie vor dem Kamin, die kurzen dunklen Haare verführerisch zerzaust. Ihre Augen erinnerten ihn an das Meer. An seinen geliebten, sturmgepeitschten Atlantik, die felsige Küste mit den hohen Kiefern. Ein Schatten legte sich auf ihre geheimnisvollen Augen, dann verschwand er wieder, sodass er glaubte, es sei vielleicht nur Einbildung gewesen.
„Warum sagst du mir nicht, weshalb ich hier bin?“, schlug sie vor, ehe sie sich wieder zum Kamin umdrehte.
Ihr amüsierter Ton passte für ihn nicht so recht zu dieser Frau, weil ihr seiner Meinung nach dafür die nötige Selbsterkenntnis fehlte. Könnte er doch nur ihr Gesicht sehen, um von ihrer Miene abzulesen. Sein Blick wanderte über ihren Körper, den er gegen seinen Willen bewunderte. Wie auch nicht? Sie war eine der größten Schönheiten, zumindest behauptete das die Presse immer wieder. Und seine Erfahrung stimmte dem zu. Er kannte die sanft gerundeten Hüften, den entzückenden Po. In der einfachen schwarzen Hose und dem T-Shirt fand er sie sehr viel erotischer und anziehender als in aufwendiger Robe. Vielleicht passte sie doch besser hierher, als er zunächst gedacht hatte. Was er einer Frau wie Larissa aber nie sagen würde. Denn sie würde dieses Wissen irgendwann gegen ihn verwenden. Das wusste er besser als jeder andere.
Sie schien ihm wie eine Hexe. In den letzten Jahren hatte er immer wieder versucht herauszufinden, warum er ihrem Bann erlegen war. Weshalb sie ihm nicht mehr aus dem Kopf ging, im Gegensatz zu vielen anderen Frauen, die nicht den geringsten Eindruck auf ihn gemacht hatten. Theorien hatte er genügend, aber keine einzige Antwort.
Sie wandte sich zu ihm um, das Gesicht gerötet vom Kaminfeuer, die Augen dunkler als sonst. Nur das Lächeln war das Gleiche wie immer – verführerisch und gleichzeitig geheimnisvoll. Und das faszinierte ihn verdammt noch mal, und es drängte ihn, mehr zu erfahren – gegen besseres Wissen.
„Es besteht keinerlei Notwendigkeit für dieses Gespräch.“ Sie verzog den Mund. „Du kannst also jederzeit gehen, wenn du willst.“
„Der Vorstand von Whitney Media trifft sich nächsten Monat“, sagte er. Die Worte waren schon heraus, da wurde ihm erst bewusst, dass er gesprochen hatte. Er sah, dass sie leicht zusammenzuckte. Vermutlich hatte er einen Treffer gelandet. Denn sie wirkte, als würde sie sich dazu zwingen müssen, wieder desinteressierte Substanzlosigkeit auszustrahlen. Und er spürte, dass er in gewisser Weise darauf reagierte. Er bezeichnete es als Zynismus. Vorsicht. Schließlich hatte er ihr kleines Spiel doch eben aufgedeckt, oder nicht?
„Du hast dich ja zu einem wahrhaft langweiligen Mann entwickelt“, sagte sie ruhig. „Whitney Media ist nun wirklich das Letzte, über das ich sprechen möchte.“
„Mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen.“ Mit leicht zusammengekniffenen Augen verfolgte er, wie sie sich in einen Sessel neben den Kamin setzte und die Füße unterschlug. „Jeder weiß davon.“
„In Manhattan kursieren mehr als genug Gerüchte“, meinte sie in lässigem Ton. „Die Menschen lieben es, im Schmutz zu wühlen, wobei der Wahrheitsgehalt dabei keine Rolle spielt.“
„Du musst an diesem Meeting teilnehmen, nicht wahr?“, erklärte er. „Es war sehr clever von dir, der Presse in den vergangenen Monaten aus dem Weg zu gehen. Aber jetzt musst du deinem Vater und seinen Spießgesellen beweisen, dass du wirklich respektabel bist, sonst erklären sie dich für unfähig und setzen einen Zeichnungsbevollmächtigten ein, der über deine Anteile bestimmt.“
Er sagte das Gleiche wie jeder Geschäftsmann, der sich seine Meinung aus der Lektüre des Wall Street Journals gebildet hatte.
„Aus deinem Mund klingt das so, als befände ich mich seit meinem achtzehnten Geburtstag in einer offenen Feldschlacht um die Kontrolle des Unternehmens, wie die verzweifelte Heldin in einer Seifenoper“, bemerkte sie trocken. Ihre schmale Hand ging zum Nacken, was er bei jeder anderen Frau als Nervosität interpretiert hätte. Aber nicht bei Larissa. „Ich bringe dich ja nur ungern von deinen melodramatischen Anmerkungen ab, aber ich habe einen Zeichnungsbevollmächtigten, seit ich denken kann.“ Sie verzog das Gesicht. „Ich kann mir wirklich nichts Langweiligeres vorstellen als eine Vorstandssitzung.“ Ihre perfekt geschwungenen Brauen gingen nach oben. „Und wie du weißt, hasse ich Langeweile.“
„Dein Vater und dein Exverlobter haben sich um deine Anteile gekümmert“, sagte Jack gnadenlos, ohne auf ihr gespieltes Desinteresse einzugehen. Warum sonst sollte sie hier sein, wenn nicht aus Eigennutz? „Dein Verlobter, den du auf deiner Seite geglaubt hast, ist allerdings verschwunden, und jeder weiß, dass du nicht der Liebling deines Vaters bist. Das Meeting könnte deine einzige Chance sein, die Kontrolle über dein Erbe zu sichern.“
Das ist die schmutzige kleine Wahrheit, dachte er. Er glaubte, einen leichten Hauch von Rot auf ihren Wangen zu sehen, der jedoch genauso gut von dem prasselnden Feuer im Kamin rühren konnte.
Er wollte, dass sie es zugab. Dass sie nur deswegen hier aufgetaucht war und er nur Mittel zum Zweck sein sollte. Denn eine Verbindung zu ihm oder gar eine Heirat würde ihrem Ruf sehr zugutekommen und ihre Aussichten sehr verbessern. Er sollte mehr Mitgefühl für ihre Notlage aufbringen. Denn schließlich stand er unter ähnlichem Druck, weil sein Großvater ihn so gut und schnell wie möglich verheiratet sehen wollte. War er nicht deshalb auf die Insel gekommen, um über sein unausweichliches Schicksal nachzudenken?
Doch als Larissa gekünstelt aufseufzte, war jegliches Mitgefühl, das er vielleicht verspürt haben mochte, verflogen. Nein, sie hatten nichts gemein. Jack tat tagein, tagaus seine Pflicht, um sich als würdiger Nachfolger des Familienerbes zu erweisen. Larissa hingegen wollte ungehinderten Zugang zum Geld der Familie, um es wieder verprassen zu können.
„Ich habe andere Einnahmequellen“, sagte sie, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Was in ihren Kreisen tatsächlich oft der Fall war.
Mit wenigen Schritten hatte er den Raum durchquert. Er beugte sich zu ihr hinunter und stützte die Hände auf den Sessellehnen ab, sodass sie in der Falle saß.
„Lass mich dir sagen, was ich denke.“ Zufrieden stellte er fest, dass ihre Miene einen Anflug von Wachsamkeit zeigte. Zumindest eine Reaktion, die nicht gespielt war. „Ich glaube, du bist bei diesem entsetzlichen Herbststurm auf die Insel gekommen, um mich in diesen kleinen Kampf mit hineinzuziehen, der dir angeblich egal ist.“ Ihr Duft erregte ihn, obwohl er sie nicht einmal berührte. Es gab viele Formen von Rache, und nicht immer ging Selbstverrat damit einher. „Wie du ja immer wieder betonst, habe ich mich zu einem sehr langweiligen Menschen entwickelt. Zu einem absolut anständigen Menschen. Wäre ich nicht der perfekte Verbündete, Larissa? Ich würde dich in einem ganz neuen Licht erstrahlen lassen. Dein Vater würde dir aus der Hand fressen, wenn du mich ihm auf dem Silbertablett präsentierst, nicht wahr?“
Ein fantastischer Plan, dachte Larissa und suchte seinen dunklen, fordernden Blick. Nichts begeisterte ihren Vater mehr als ein Stammbaum, der zu seinem passte oder diesen sogar noch übertraf. Für Bradford Whitney zählte nur, das Erbe der Whitneys zu sichern und zu mehren. Auf diesem Gebiet war Larissa schon seit Langem eine große Enttäuschung für ihn.
An Theo Markou Garcia hatte sie am meisten interessiert, dass er aus dem Nichts kam – ein Vergehen, das Bradford sicher niemals vergessen würde. Aber sie hatte Theo unterschätzt. Er hatte nicht nur das Unternehmen geleitet, sondern war Bradford im Laufe der Zeit auch zu dem Sohn geworden, den er nicht hatte. Dass Theo sie schließlich verlassen hatte, würde Bradford ihr niemals vergeben, das wusste Larissa. Und auch nicht, dass mit dessen Verschwinden ein sehr fähiger Geschäftsführer für Whitney Media wegfiel.
Jack Endicott Sutton hingegen wäre Balsam für Bradfords geschundenes Ego und sein leicht geschrumpftes Portfolio. Bradford wäre außer sich vor Begeisterung.
Doch all das entsprach nicht ihrer Absicht. Schließlich war sie nicht vor der Hektik und den Verpflichtungen davongelaufen, kaum war sie aus dem Koma erwacht, um jetzt wieder nach New York zurückzukehren, geschweige denn zu Whitney Media. Überdies hatte sie ganz sicher nicht vor, sich durch Jack Sutton den Anschein von Respektabilität zu verschaffen.
Jack wäre der Letzte, den sie sich aussuchen würde. In seiner Nähe traute sie sich selbst nicht über den Weg. Aber das konnte sie ihm nicht sagen, weil zu viel für sie auf dem Spiel stand. Und warum auch? Sie wusste ja, wie gering er von ihr dachte.
„So schweigsam?“, fragte er und holte sie damit in die bedrückende, gefährliche Gegenwart zurück. In der er ihr viel zu nahe war, seine Augen zu viel sahen, und in der das Feuer, das er in ihr entfacht hatte, bereits lichterloh brannte. „Glaubst du wirklich, dass du mich zum Narren halten kannst, indem du vorgibst, nur zufällig auf dieser unwirtlichen Insel zu sein? Es gibt wirklich keinen Grund, warum du zu dieser Jahreszeit ausgerechnet hierher kommen solltest. Außer einem.“
„Wie eingebildet du bist“, brachte sie heraus, darum bemüht, sich ihr verräterisches Zittern in der Stimme nicht anmerken zu lassen.
„Du bist eine lausige Schauspielerin“, gab er leichthin zurück.
Breitbeinig ging er vor ihr in die Hocke, die Hände immer noch auf den Lehnen. Sie wagte nicht, sich zu rühren, weil er ihr viel zu nahe war. Er war so groß, so gefährlich und gleichzeitig unwiderstehlich. Sie wollte aufspringen, schreiend davonlaufen, diesen Gasthof, die Insel verlassen. Aber noch stärker drängte es sie, sich vorzubeugen und ihn zu berühren. Das eine war genauso erschreckend wie das andere.
„Warum erzählst du mir nicht einfach, warum du hier bist?“ Spott lag in seiner Stimme.
Larissa holte tief Luft. Sie wusste, dass er ihr nicht glauben würde, weil er nur das sah, was er sehen wollte – ihre Maske, um die sie so hart gekämpft hatte und die sie seit Jahren aufsetzte, um nicht das preiszugeben, was darunterlag.
„Ich hatte keine Ahnung, dass du hier bist“, sagte sie wahrheitsgemäß, während er sie ungläubig ansah. „Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass auf der Endicott Insel ein Endicott wohnt. Warum auch, zu dieser Jahreszeit? Ich habe nur einfach die Fähre zur abgelegensten Insel genommen, das ist alles. Ohne Hintergedanken oder mit der Absicht, meinem Vater irgendetwas zu beweisen.“
Sein Mund wurde zu einem Strich, als wäre er von ihr enttäuscht – wieder einmal. Sie kannte diesen Ausdruck viel zu gut. Dass sie auch nur für einen Moment geglaubt hatte, er könne anders reagieren, war dumm von ihr gewesen.
„Aber natürlich“, gab er spöttisch zurück. „Weil dir plötzlich eingefallen ist, wie gerne du wanderst.“
Er glaubte ihr nicht, das war ihm deutlich anzusehen. Daher hatte sie nichts zu befürchten, wenn sie ihm Wahrheiten offenbarte, die sie nicht einmal anschneiden würde, sollte sie auch nur die geringste Vermutung haben, er könnte ihr glauben.
„Vielleicht versuche ich ja, mir ein neues Image zu geben.“ Bewusst setzte sie dabei ein schiefes Lächeln auf, um sicherzugehen, dass er ihren Worten kein Gewicht beimaß. Sie zuckte die Schultern. „Was wäre besser dafür geeignet als eine verlassene Insel im verregneten Spätherbst.“
Kopfschüttelnd ließ er die Lehnen los, fuhr stattdessen mit einer Hand ihr Bein hoch und setzte sie erneut in Flammen. Als er dann plötzlich ihre Hände in seine nahm, hämmerte ihr Herz so heftig in der Brust, dass ihr der Atem stockte.
„Du bist sehr hübsch, wenn du lügst.“ Dass seine Stimme beinahe zärtlich klang, verlieh seinen Worten noch mehr Grausamkeit. „Vermutlich solltest du stolz darauf sein, weil du diese Rolle so perfekt beherrschst.“
Warum fühlte sie sich so elend, so zerrissen? Schließlich hatte sie es doch bewusst darauf angelegt, dass er so reagierte. Was hatte sie denn erwartet? Dass Jack hinter all ihrer Abwehr und dem verwirrenden Verhalten ihr wahres Ich entdecken würde? Sie wollte es doch gar nicht, hatte es noch nie gewollt. Warum schmerzte es dann so sehr, dass er es nicht tat?
Sie kannte den Grund, schon seit Langem. Da war etwas zwischen ihnen, das sie jedes Mal verspürte, wenn er sie berührte oder auf eine ganz gewisse Weise ansah. Es weckte in ihr den Wunsch, dass die Dinge anders liegen würden. Dass sie selbst anders sein könnte. Vor fünf Jahren war es ihr nicht gelungen. Sie hatte zerstört, was immer er in ihr gesehen haben mochte. Wie sie alles zerstörte, was sie berührte. So war sie nun einmal.
Warum sollte Jack also plötzlich ein anderer sein?
„Verstehe.“ Sie sah auf ihrer beider Hände, die nun ineinander verschränkt waren, eine innige Geste, die Gefühle in ihr weckte, die sie sich nicht erlauben durfte. Aber sie rührte sich nicht, sondern sah ihn an. „Dir ist es also erlaubt, eine anrüchige Vergangenheit zu haben und dein Leben zu ändern, wenn es dir gerade passt. Aber mir nicht. Und das nur, weil du ein Mann bist?“
„Weil du Larissa Whitney bist“, entgegnete er, ein Lachen im Blick, das ihr einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Sie wollte sich nicht mehr verstellen, aber sie wusste nicht, ob sie den Mut aufbringen würde, sie selbst zu sein.
Weil sie immer nur schwach gewesen war und den leichten Weg gewählt hatte, der ihr die Sicherheit gab, ihr Selbst verstecken zu können.
„Na schön.“ Sie erwiderte sein Lächeln, als würde sie seine Einschätzung über sie teilen. Vielleicht war es tatsächlich dumm von ihr gewesen zu glauben, sie könne sich ändern.
„Lass uns zusammen zu Abend essen.“ Jacks tiefe, dunkle Stimme weckte Sehnsucht in ihr nach etwas, das sie nicht haben konnte, das er ihr nie bieten würde. Er war die fleischgewordene Versuchung, und das Schlimmste war, dass er eigentlich nicht sie wollte, sondern das, was er in ihr sah. Obwohl sie all das wusste, wollte sie ihn so, wie er war. Als müsste sie sterben, wenn sie nicht noch einmal von ihm kosten könnte.
„Sagte die Spinne zu der Fliege“, erwiderte sie mit einem zynischen Lächeln.
„Wir wissen doch beide, dass du hier diejenige bist, die ihr Netz spinnt“, sagte Jack in einem Ton, als wäre es ihm egal. Sein kühler Blick verriet jedoch, dass er sie durchschaute. Er stand auf und zog Larissa mühelos mit sich hoch, eine Demonstration seiner körperlichen Stärke. „Und wer weiß? Vielleicht kannst du mich ja doch überzeugen, bei deiner kleinen Verschwörung mitzumachen? Warum versuchst du es nicht einfach?“
In seiner Arroganz war er sich so sicher, dass er sie durchschaute. Ihre Spielchen und ihre Pläne, ihr kleines, oberflächliches Selbst. Sie wusste nicht, ob sie ihn schlagen oder in Tränen ausbrechen sollte, entschied jedoch klug, nichts von beidem zu tun, weil er weder mit dem einen noch mit dem anderen würde umgehen können.
„Warum sollte ich?“, fragte sie leichthin, obwohl sie Mühe hatte, weiter in ihrer Rolle zu bleiben. „Offenbar hast du dir doch schon deine Meinung gebildet.“
„Überzeug mich.“ In seinen dunklen Augen glomm Feuer. Gleichzeitig lag eine Klugheit darin, die ihr deutlich machte, wie verletzlich sie sich ihm gegenüber fühlte. Dumm. Verloren. Als er dann lächelte, machte er alles nur noch schlimmer. „Trau dich.“
Das Haus der Endicotts beherrschte die südliche Hälfte der Insel und sprach deutlich von der Größe und Macht der Vorfahren. Der Privatgrund erstreckte sich bis hinunter zu der zerklüfteten Küste und bot an klaren Sommertagen zweifellos einen atemberaubenden Blick bis zum Festland. Der Weg hinauf führte durch den undurchdringlichen, stillen Wald. Kiefern erhoben sich überall wie stumme Wächter in den dunklen, sternenlosen Himmel.
Larissa waren derartig weitläufige Anwesen nicht fremd, da sie ihr Leben lang ähnlich gewohnt hatte. Trotzdem spürte sie, dass ihr Herz ein wenig schneller schlug, als sie die letzte Kurve nahm und das Gebäude entdeckte, dass Jack in typischem Understatement der Oberklasse als Sommerhaus bezeichnet hatte. Auch dieses Anwesen trug einen Namen, wie es in blaublütigen Kreisen Usus war: Scatteree Pines.
Das ist auch deine Welt, rief Larissa sich entschieden in Erinnerung. Warum also fühlte sie sich wie eine Fremde, die dieser Welt der Reichen nie angehört hatte?
Regen trommelte auf das Dach und gegen die Windschutzscheibe, gegen den selbst die Scheibenwischer machtlos waren. Trotzdem wusste sie nicht, welcher Sturm gefährlicher für sie war: der draußen mit heftigem Regen oder der Sturm in ihr, mit seiner zerstörerischen Kraft.
Aber sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken, sondern starrte aus dem Fenster, auf das Haus, das sich in dieser dunklen regnerischen Nacht so stolz vor ihr erhob.
Weder war dieses Anwesen mit den zwei Flügeln ein kleines „Landhaus“, noch Jack ein einfacher Mann, so wie er sich heute gegeben hatte. Das sollte sie sich in Erinnerung rufen. Vielleicht hatte sie sich von der abgetragenen Jeans und dem lässigen T-Shirt hinters Licht führen lassen und darüber vergessen, dass Jack einer der reichsten Männer der Welt war. Er entstammte altem Geldadel, der bis in die Anfänge der Kolonien zurückreichte, der Erbe jahrhundertealter Macht, derer er sich auch ohne Zögern bedienen würde.
So wie ihr Vater. Und wie all die anderen wahrhaft boshaften Menschen, die sie kannte und denen sie vor acht Monaten davongelaufen war. Und trotzdem war sie durch den strömenden Regen gefahren, um mit Jack zu Abend zu essen, nur weil er sie darum gebeten hatte. Wobei es für sie wie ein Befehl geklungen hatte.
Wie eine Motte, die zum Licht flog, auch wenn sie wusste, dass sie darin verbrennen würde. Eine vernünftige Erklärung gab es dafür nicht.
Ehe er gegangen war, hatte er sie noch einmal geküsst, hart und besitzergreifend, um ihr seinen Stempel aufzudrücken und seinen Anspruch auf sie geltend zu machen, wie ihr mit einer Mischung aus Panik und schwindelndem Verlangen bewusst wurde. Danach war er leise fluchend in den Regen hinausgegangen und ließ sie zutiefst erschüttert zurück.
Zum Teufel mit ihm.