Schätze von nebenan - Angelika Dietrich - E-Book

Schätze von nebenan E-Book

Angelika Dietrich

0,0
14,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Künstlervillen, Musentempel und Bauernhäuser: Das Münchner Umland birgt viele künstlerische und kulturelle Schätze – von Höhlenbären und Mammuts aus der Urzeit zu Franz Marc und Lothar-Günther Buchheim. 24 Abstecher in eine Museumslandschaft, die es sich zu erkunden lohnt! Auf spannenden Ausflügen rund um München nimmt dieses Buch Sie mit auf eine Reise und gibt wissenswerte Hintergrundinformationen zu Museen, die sich sehen lassen können!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 164

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Schätze vonnebenan

AUSFLÜGE ZU BESONDEREN MUSEENRUND UM MÜNCHEN

ANGELIKA DIETRICH

Inhalt

Von Jägern und Sammlern

Münchner Westen

1Kutschenmuseum

Wo man zum Reisen nur ein oder zwei PS braucht

2Hammerschmiedemuseum

Einst wurden hier große Gerätschaften hergestellt

3Historisches Schuhmuseum Pflanz

Schuh-Schätze aus acht Jahrhunderten

Außerdem sehenswert: Herkomer Museum

4Nähmaschinenmuseum

Bruder Aurelians geschichtenreiche Sammlung

5Pfefferminzmuseum Eichenau

Für ihr Kraut war die Gemeinde europaweit bekannt

Münchner Norden

6Furthmühle Egenhofen

In diesem Baudenkmal scheint die Zeit stehengeblieben

7Bronzezeit Bayern Museum

Fundstücke aus einer versunkenen Stadt

8Schafhof – Europäisches Künstlerhaus Oberbayern

Begegnungsstätte für Künstler und Raum für Kunst

9Flugwerft Schleißheim

Zweigstelle des Deutschen Museums

10Kallmann-Museum Ismaning

Ein glücklicher Maler und seine unvergessenen Werke

Münchner Osten

11Urzeitmuseum – Sammlung Kapustin

Eine Reise durch die Jahrtausende

12Bajuwarenhof Kirchheim

Archäologie zum Anfassen – für Besucher und Fachleute

13EFA Mobile Zeiten

Eine Reise durch die deutsche Automobilgeschichte

Außerdem sehenswert: Bauernhausmuseum Amerang

Münchner Süden

14Museum Penzberg – Sammlung Campendonk

Der unbekannteste Maler des Blauen Reiters

15Historische Fraunhofer-Glashütte

Eine fast vergessene Wirkstätte

16Kaiserin Elisabeth Museum

Ein Förderverein hält die Erinnerung an Sisi wach

17Buchheim Museum

Exzentrisch wie sein Gründer: das »Museum der Phantasie«

18Kupfermuseum Fischen

Rotgoldener Glanz: Kupferkunst aus drei Jahrhunderten

19STOA169

Eine Säulenhalle für die ganze Welt

20Schloßmuseum Murnau

Ödön von Horváth, Gabriele Münter und der Blaue Reiter

Außerdem sehenswert: Münter-Haus

21Bergbaumuseum Peißenberg

Die Heilige Barbara und die Pechkohle

Noch mehr Museen

Register

Impressum

Die Museen rund um München

Münchner Westen

1 Kutschenmuseum

2 Hammerschmiedemuseum

3 Historisches Schuhmuseum Pflanz

4 Nähmaschinenmuseum

5 Pfefferminzmuseum Eichenau

* Außerdem sehenswert: Herkomer Museum

Münchner Norden

6 Furthmühle Egenhofen

7 Bronzezeit Bayern Museum

8 Schafhof – Europäisches Künstlerhaus Oberbayern

9 Flugwerft Schleißheim

10 Kallmann-Museum Ismaning

Münchner Osten

11 Urzeitmuseum – Sammlung Kapustin

12 Bajuwarenhof Kirchheim

13 EFA Mobile Zeiten

* Außerdem sehenswert: Bauernhausmuseum Amerang

Münchner Süden

14 Museum Penzberg – Sammlung Campendonk

15 Historische Fraunhofer-Glashütte

16 Kaiserin Elisabeth Museum

17 Buchheim Museum

18 Kupfermuseum Fischen

19 STOA169

20 Schloßmuseum Murnau

21 Bergbaumuseum Peißenberg

* Außerdem sehenswert: Münter-Haus

Im Lauf des Lebens sammelt sich manches an – wie hier im Buchheim Museum (S. 118ff.).

Von Jägern und Sammlern

Ohne die leidenschaftlichen Sammler wäre die Museen-Landschaft rund um München um einige Schätze ärmer. Mal war es ein Geschenk, das die Sammelleidenschaft entfacht hat, mal der Wunsch, Altes zu bewahren. Manchmal war es das Gebäude, das zu einem Museum wurde, manchmal war die Privatsammlung so groß geworden, dass die Sammler für ihre Objekte Ausstellungsräume suchten.

Das Ziel aber ist stets das Gleiche: Allen Sammlern und Stiftungen geht es darum, ihre Schätze vor dem Vergessenwerden zu retten und der Nachwelt ihre Geschichte zu erzählen. Sie haben viel Geld, Herzblut und unzählige Arbeitsstunden in ihre Museen gesteckt, unterstützt von Freiwilligen und Fördervereinen.

Interessanterweise waren es fast durchweg Männer, die zu Jägern und Sammlern wurden. Die Sammler, viele heute bereits in ihren Siebzigern und Achtzigern, kennen Herkunft und Historie von jedem Stück und haben ein beachtliches Expertenwissen zu ihrem Steckenpferd erworben. Sie sind auf Jagd gegangen, als es noch kein Internet und keine Online-Auktionen gab.

Es wurde in diesem Buch darauf geachtet, eine möglichst große Vielfalt an Museen und Sammlungen vorzustellen: von Automobilen bis zu Schuhen, von der Urzeit bis zum Expressionismus. Lassen Sie sich auf die Schätze ein, und entdecken Sie überraschende Zusammenhänge: So werden Sie beispielsweise im Nähmaschinenmuseum genauso auf die Firma Opel stoßen wie im Automuseum. Der Kohleabbau wird Sie nicht nur im Bergbaumuseum begleiten, sondern auch bei dem Maler Heinrich Campendonk eine Rolle spielen.

Manche Museen können nur nach vorheriger Anmeldung besucht werden – persönliche Führung samt Anekdoten inklusive. Informieren Sie sich bitte vor Ihrem Besuch im Internet oder telefonisch über Öffnungszeiten, Eintrittspreise und aktuelle Regelungen.

Viel Freude bei der Schatzsuche wünscht

Angelika Dietrich

Münchner Westen

Viel Herzblut steckt in den Sammlungen im Münchner Westen: ob Nähmaschinen oder Kutschen, eine ganze Schmiede, Schuhe oder die Pfefferminze – dass ihre Leidenschaft mal zu einem Museum führen würde, hat keiner der Sammler geahnt.

Etwa 800 Nähmaschinen umfasst die Sammlung im Kloster St. Ottilien (ab S. 26).

1

Kutschenmuseum

WO MAN ZUM REISEN NUR EIN ODER ZWEI PS BRAUCHT

Nähen, Polstern, Drechseln, Lackieren, Glasschleifen – all das hat sich der Schwabsoiener Johann Hartmann beigebracht, um seine Kutschen so originalgetreu wie möglich restaurieren zu können. Früher bauten Handwerker aus sieben verschiedenen Zünften an einem einzigen Fahrzeug.

Dass der Kauf einer Pferdestute mal den Bau eines Museums nach sich ziehen würde, hätte Johann Hartmann nicht gedacht. Das Trabervollblut war sein neues Hobby, als sich 1980 die Tanzkapelle auflöste, in der Hartmann jahrelang Gitarre gespielt und gesungen hatte. Hätte er eine Kutsche für sein Pferd, dachte sich der damals 30-Jährige, könnte er mit ihr auch Ausfahrten unternehmen. So kaufte er ein kleines Gäuwagerl und restaurierte es. Es wurde Winter, und statt der Kutsche brauchte er jetzt einen Schlitten, vor den er seine Stute spannen könnte. Es fand sich ein renovierungsbedürftiger Schlitten, »anderes hätte ich mir gar nicht leisten können«, sagt Hartmann. Auch den richtete er her.

Irgendwann kam die Anfrage, ob er nicht auch bei einer Hochzeit fahren könne – aber für Hochzeiten brauchte es eine größere Kutsche mit Dach. Also erwarb Hartmann eine Viktoria-Kutsche – renovierungsbedürftig, klar. Hartmanns Jagdinstinkt und Sammlertrieb waren erwacht, und so kam eine Kutsche zur nächsten. Man schaut sich um auf dem Markt, und mit der Zeit schärft man den Blick für das, was fehlt, für Raritäten und Kuriositäten.

Und manchmal muss man einfach zuschlagen, so wie damals, in Berlin. Als Hartmann zusammen mit seinem Sohn einen Jagdwagen abholen wollte, stellte er fest, dass die Adresse das Gelände des Filmstudios Babelsberg war. Nicht nur eine Kutsche war dort zu verkaufen, sondern das ganze Depot wurde aufgelöst, 50 Kutschen standen zum Verkauf. »Sehr gute Hersteller, doch in teilweise sehr desolatem Zustand«, sagt Hartmann. Statt einer Kutsche erstand er also fünf. Mietete einen 7,5-Tonner mit Anhänger und schaffte die Raritäten nach Schwabsoien.

Der Kauf eines Pferdes hatte Folgen: Seither sammelt Johann Hartmann Kutschen.

60 Fahrzeuge zählt die Sammlung jetzt – Hartmann hat ihnen ein eigenes Museum gebaut.

In der dunkelblauen Glasberline, einer steifgedeckten Reise- und Präsentierkutsche von ungefähr 1850, wie man sie als Droschken aus Filmen kennt, wartete eine Überraschung auf ihn: Als er bei der Renovierung den hellen Stoff der Polsterung abtrennte, kam darunter eine dunkellila Originalpolsterung zum Vorschein, mit kostbaren Borten – einst eine Kutsche für einen Kirchenfürsten. Doch für Filmaufnahmen war die Innenausstattung wohl zu dunkel gewesen, deshalb waren die lila Sitze mit hellem Stoff verkleidet worden.

Jede Kutsche nimmt Hartmann in seiner Werkstatt auseinander: Vermisst und prüft, was er erneuern muss, weil der Holzwurm es zerfressen hat, was er erhalten kann. Ersetzt es mit dem gleichen Holz, meist Buche oder Esche. Bezieht die Polster neu. Wochen oder Monate dauert es, ein Gefährt zu restaurieren, manchmal Jahre: Tausend Stunden Arbeit steckte Hartmann allein in den Pferdeomnibus von 1898 mit Platz für sechs Fahrgäste innen und drei auf dem Dach sowie den Kutscher und einen Beifahrer. Mit Polstern zum Rausknöpfen, mit dünnen Stoffrollos vor den Schiebefenstern, die verdunkeln oder vor der Sonne schützen. Hartmann rekonstruierte das Dach, bezog die Polster mit dunkelgrünem Tuch neu, lackierte den Unterwagen gelb mit schwarzer Dreifachlinierung. So wie es auch im Original war.

In früheren Zeiten waren bis zu sieben Gewerke beschäftigt, um eine Kutsche zu bauen: Stellmacher oder Wagner, Schmied, Schlosser, Schreiner, Lackierer, Sattler und Feinblechner oder Gürtler. Hartmann, pensionierter Bahnbeamter, macht alles allein: Das Sägen, Bohren, Drechseln, Nähen, Polstern und Lackieren brachte er sich selbst bei. Auch das Schleifen und das Biegen des Glases für die Laternen und das »Linieren«, also das Zeichnen der feinen Striche auf den Holzbau sowie auf Eisenteile.

Er besorgte sich eine Ledernähmaschine, ein Nassbandschleifgerät und einen Brennofen, in dem er die Gläser für die Lampen biegen kann. Eine Biegemaschine mit drei Walzen, um Blech zu runden, Hobelmaschine und Drehbank. »Es ist eine Genugtuung, wenn man ein Fahrzeug, das Schrott ist, wieder in den Urzustand versetzen kann und es der Nachwelt erhalten bleibt«, sagt Hartmann.

Etwa 60 Kutschen hat er über die Jahre renoviert, die älteste von 1850, die jüngste von 1920, und ihnen ein Museum gebaut: Auf drei Stockwerken zeigt er seit 2004 etwa 30 Kutschen und Schlitten. Immer wieder wechselt er durch, holt neue aus dem Depot, lagert andere ein.

Wer es sich leisten konnte, hatte seinerzeit auch mehrere Kutschen in der Remise stehen: für die Jagd, für weite Reisen oder für die Fahrt in die Stadt. Auch die Frauen bekamen ihren eigenen Fuhrpark – für die morgendlichen Ausfahrten in den Park nutzte man andere Fahrzeuge als für die Fahrt in die Oper. In den besseren Kreisen zeigten kleine Kronen auf den Wagenkästen den Stand an: Eine fünfzackige Krone bedeutete »adelig«, sieben Zacken »Freiherr«, neun »Graf«. Die prunkvollste gebührte dem Kaiser. Natürlich hat Hartmann auch so einen Adelswagen in seiner Sammlung. Und noch ein paar besondere Stücke mehr: eine Kinderkutsche von 1900, in die man aber kein Pony einspannte, sondern eine Ziege, einen Hund oder ein Schaf. Eine Feuerwehrkutsche von 1882, mit Saugdruckpumpe, die 20–25 Meter weit spritzt. Die Kutsche für die letzte Fahrt: Schwarz mit elfenbeinfarbigen Linien verziert ist der Säulenleichenwagen, mit Samtvorhängen an der Seite und Haken am Dachsims für die Trauerkränze; bis ins Jahr 1964 war dieser Leichenwagen noch im Einsatz, in Opfenbach, im Landkreis Lindau – die Pferde waren mit einem schwarzen Trauerbehang geschmückt, auch diesen besitzt Hartmann.

Die Feldküche der Schweizer Armee von 1910: eine Kutsche in Oliv, mit zwei großen 110-Liter-Behältern hinten dran – Gulasch oder Eintopf in dem einen, Wasser, Tee oder Kaffee in dem anderen; im Aufbau der Kutsche finden Kochgeschirr, Vorratsdosen, Fleischwolf und Kaffeemühle Platz, das Sitzkissen auf dem Kutschbock ist mit Hafer gefüllt: Notration für die Pferde.

Und dann ist da noch die Postkutsche, die jahrelang vor einem Wirtshaus in Wildsteig stand, als Deko-Objekt: hinten mit einem Aufbau für die Pakete, vorn unter dem Kutschbock ein kleineres Fach für die Briefe. Bis etwa 1950 wurde damit die Post von Rottenbuch nach Wildsteig transportiert. Gefahren hat diese Kutsche 24 Jahre lang der Wildsteiger Max Bertl. Dessen Witwe verriet Johann Hartmann, was ihr Mann zusätzlich zu den Briefen in dem Fach unter dem Kutschbock transportierte: einen Maßkrug mit Zinndeckel, damit er an der Dorfschenke ein Bier holen konnte.

Zu jeder Kutsche gibt es eine Tafel, die über die Anspannung informiert (einspännig oder zweispännig), über das Baujahr, den Kutschenbauer, die Zahl der Sitzplätze, Herkunftsort und Besonderheiten. Es sind die Details, die das Früher lebendig machen. Etwa die Erklärung für das Gefährt mit dem Namen »Schlesische Barmherzigkeit«: Die Kutsche aus der Zeit um 1900 hatte ein festes Verdeck, das dankenswerterweise auch über den Kutschbock reichte und den Kutscher vor Regen, Wind und Schnee schützte. Oder das »Schweizer Krappbreak«, eine Kutsche mit klappbaren Sitzbänken – waren sie eingeklappt und hinter dem Kutschbock nur eine ebene Fläche zu sehen, signalisierte dies: Keine Mitfahrer erwünscht. Oder die Kutsche mit den herausnehmbaren Lehnen: Saßen die Lakaien hinten und der Herr lenkte das Gespann, waren die Lehnen ausgebaut.

Ausgefahren werden die Kutschen nur noch selten: Ab und an schirrt Hartmann zusammen mit seinem Sohn ein, etwa wenn im nahen Burggen der Rosstag ansteht oder ein Festumzug in der Region. Und statt einem Traber stehen jetzt zwei Warmblüter im Stall.

Hartmann restauriert auch die Lampen der Kutschen: Er rundet das Blech, biegt das Glas.

Auf einen Blick

ANFAHRT

Bus & Bahn: Mit der Regionalbahn nach Weilheim, dort in den Zug nach Schongau und ab Schongau mit Bus 9821 nach Schwabsoien bis Haltestelle Post

Auto: A 96 bis Ausfahrt 24/Landsberg a. L.-West, dann B 17 bis Altenstadt und nach Schwabsoien. Oder B 2 bis Weilheim und dann B 472 nach Peißenberg, Schongau und Schwabsoien

ZUM WEITERWANDERN

Auf knapp 3 km (ca. 1 Std.) führt der Mühlenweg Schwabsoien entlang der Schönach an alten Mühlen vorbei: Start ist am Maibaum in der Dorfmitte, dann den Schildern »Mühlenweg« folgen. Die erste, die Pröbstlmühle, eine ehemalige Getreidemühle, hat einen kleinen Mühlenladen. Weiter geht es zur Kellermühle (historische Mahlmühle), am Tuffsteinhügel vorbei zum Quellgebiet Ursprung und zum Hammerschmiedemuseum (vgl. S. 14), dann zum Pumpenhaus (ehemalige Weißhammer- oder Waffenschmiede). Auf dem Rückweg passiert man das Kutschenmuseum.

INFORMATION

Kutschenmuseum, Am Elder 2, 86987 Schwabsoien, Tel. 08868/813, www.schwabsoien.de/gemeinde/museum

ÖFFNUNGSZEITEN

Ganzjährig nach telefonischer Vereinbarung geöffnet

2

Hammerschmiedemuseum

EINST WURDEN HIER GROSSE GERÄTSCHAFTEN HERGESTELLT

An der Schönach standen früher mehrere Hammerschmieden. Peter Götz kaufte die letzte und restaurierte sie. Heute ist sie ein bedeutendes technikgeschichtliches Denkmal aus vorindustrieller Zeit – und wohl die älteste noch existierende Hammerschmiede Deutschlands.

Bei manchen beginnt es ganz klein, wenn sie etwas vor dem Vergessen retten wollen. Peter Götz ist gleich groß eingestiegen: mit nicht weniger als einer Hammerschmiede. Es war in den 1980er-Jahren, die Schmiede in dem 1300 Einwohner zählenden Schwabsoien sollte stillgelegt werden, ein Nachfolger war nicht in Sicht. Peter Götz, der neben der Schmiede aufwuchs und seine Ferien oft in dem Werkstattgebäude verbrachte, erwarb das Bauwerk samt Mühlweiher und Kohlenstadel. Ist doch schade, dachte er, wenn das abgerissen oder zweckentfremdet würde: »Die Schmiede ist mir seit meiner Kindheit ans Herz gewachsen, und ich wollte sie samt ihrem Umfeld vor unschönen Veränderungen bewahren.« Sein Urgroßvater Ludwig Möhrle hatte die Schmiede im Jahr 1886 gekauft, später arbeitete dort auch sein Großvater.

In einer Hammerschmiede bearbeitet nicht der Schmied mit seinem Hammer das Eisen, sondern ein mächtiges Hammerwerk: Drei meterlange Hämmer, sogenannte Schwanzhämmer, die nebeneinander in einem Holzgerüst gelagert sind, werden von den Nocken der Hammerwelle bewegt. Angetrieben wird die Hammerwelle vom Mühlrad, mit dem Wasser der Schönach. Bis in die Mitte der 1950er-Jahre entstanden hier Wagenachsen, Glockenschwengel, Bänder für Tore und Türen, Äxte, Beile, Schaufeln, Spaten und Stemmeisen. Viele dieser Geräte zeigt Peter Götz in seinem Museum.

Beim Deutschen Mühlentag brennt Feuer in den Essen und Schmiede zeigen ihre Kunst.

Die Schönach fließt mit starkem Gefälle durch Schwabsoien und treibt die Mühlräder an.

Vier solche Schmieden standen früher in Schwabsoien, sodass Peter Götz vom »Dorf der Hammerschmieden« spricht. Schließlich ist der Ort prädestiniert für Mühlen: Die Schönach fließt mit einem starken Gefälle vorbei und liefert übers Jahr hinweg gleichmäßig Wasser – ideal für das kontinuierliche Laufen der Mühlräder. Zudem gab und gibt es ringsum große Waldgebiete – wichtig zur Gewinnung von Holzkohle, um die Schmiedefeuer zu betreiben. Als Götz die Schmiede kaufte, war vom ursprünglichen Zustand nicht mehr viel übrig. Sie war über die Zeit modernisiert worden und verharrte jetzt im Stil der 1960er-Jahre. Das Hammerwerk war ausgebaut worden, auch die Wasserräder hatte man abmontiert. Peter Götz besorgte ein neues Wasserrad, baute die beiden Kamine und die zwei Essen wieder auf, ließ Antriebswelle, Gerüst des Hammerwerks und die Schwanzhämmer erneuern. Er rekonstruierte auch das Schleifwerk, an dem Eisenwaren den finalen Schliff erhielten: Vom Original war nur noch der Schleifstein erhalten. Zu sehen sind auch eine historische Drehbank und alte Bohrmaschinen, über den Essen hängen dutzende Schmiedezangen. Ein Treppengeländer zieren mehrere Eiszangen: Mit diesen zog man früher Eisblöcke aus zugefrorenen Teichen, um sie als Kühleis zu verwenden.

1998 konnte Peter Götz sein Museum fertigstellen: finanziert mit Eigenmitteln und Fördergeldern vom Amt für Ländliche Entwicklung, vom Bezirk Oberbayern und von der Gemeinde Schwabsoien. Heute ist die Hammerschmiede ein bedeutendes technikgeschichtliches Denkmal aus vorindustrieller Zeit – und vermutlich die älteste noch existierende Hammerschmiede in Deutschland. Der Gymnasiallehrer Peter Götz hat nämlich auch zur Historie der Schmiede geforscht: Im Jahr 1415 wurde sie in einer Chronik das erste Mal erwähnt. Sie gehörte einst dem Kloster Sankt Mang in Füssen, das die Schmiede verpachtete und dafür im Gegenzug jedes Jahr drei Zentner Eisen erhielt.

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein hat man in dem Gebäude nicht nur geschmiedet, sondern auch Eisen verhüttet, also Eisen hergestellt. Dazu wurde Eisenerz auf sogenannten Zerrennherden geschmolzen und schließlich zu Stabeisen, also zu langen Eisenstäben ausgeschmiedet. Erst dann wurde das Eisen weiterverarbeitet. Wie hier früher gearbeitet wurde, kann man einmal im Jahr live erleben: Jedes Jahr am Pfingstmontag, dem Deutschen Mühlentag, zeigen Schmiede ihr Handwerk.

Auf einen Blick

ANFAHRT

Bus & Bahn: Mit der Regionalbahn nach Weilheim, weiter mit dem Zug nach Schongau und von dort mit Bus 9821 nach Schwabsoien bis Haltestelle Post

Auto: A 96 bis Ausfahrt 24/Landsberg a. L.-West, dann B 17 bis Altenstadt und nach Schwabsoien. Oder B 2 bis Weilheim und dann B 472 nach Peißenberg, Schongau und Schwabsoien

ZUM WEITERSAGEN

Jedes Jahr findet am Pfingstmontag der Deutsche Mühlentag statt: Von der Deutschen Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung ins Leben gerufen, öffnen dann in ganz Deutschland über 1000 historische Mühlen ihre Pforten. Nicht alle werden von Wasserrädern angetrieben, es sind auch Dampf-, Wind- und Motormühlen darunter. Die Besucher erhalten einen Einblick in das Kulturgut Mühle und ins Müllerhandwerk. In Schwabsoien kann man das ganze Jahr über historische Mühlen von außen bestaunen, wenn man den Mühlenweg entlangspaziert (vgl. S. 13).

ZUM WEITERLESEN

Peter Götz: 600 Jahre Hammerschmiede Schwabsoien (1415–2015). Hrsg.: Gemeinde Schwabsoien, St. Ottilien 2015. Götz hat die Geschichte der Schmiede akribisch recherchiert und unzählige Dokumente zusammengetragen. Er zeigt historische Fotos und Karten, listet Verträge und Abgabenverzeichnisse aus Chroniken auf. Auch über die Herkunft des Eisens und die Eisenproduktion hat er geforscht. Anschaulich erzählt er von der Arbeit in der Schmiede und den Arbeitsbedingungen. Das Buch ist bei der Gemeinde Schwabsoien erhältlich (Schongauer Str. 1, 86987 Schwabsoien, Tel. 08868/231, [email protected]).

INFORMATION

Hammerschmiedemuseum, Schmiedestr. 28, 86987 Schwabsoien, Tel. 08868/15 90, www.schwabsoien.de

ÖFFNUNGSZEITEN

Mai–Sept. jeden 1. und 3. So im Monat 14–16 Uhr, Pfingstmontag 11–18 Uhr, Sonderführungen für Gruppen

3

Historisches Schuhmuseum Pflanz

SCHUH-SCHÄTZE AUS ACHT JAHRHUNDERTEN

Ein Rundgang durch das Schuhmuseum ist wie eine kleine Reise um die Welt: Man erfährt, was Schuh-Farben über ihren Träger verraten, welche Schuhe Prominente trugen, wie Schuhwerk Dämonen abwehren sollte und was es eigentlich mit manchen Sprichwörtern auf sich hat.

»Der Schuh«, sagt Heinrich Pflanz, »ist ein Spiegelbild des Menschen.« Nie würde jemand mit einem dreckigen Hemd losgehen, wohl aber mit ungeputztem Schuhwerk. »Oben hui und unten pfui.« Bei Schuhen macht dem gelernten Schuhmacher keiner was vor: Über 2000 Paar Schuhe und mehr als 1000 Schuhlöffel hat der Landsberger in 60 Jahren gesammelt. Schuhe aus acht Jahrhunderten und aus allen Erdteilen; seine Schuhlöffelsammlung ist als die größte der Welt sogar ins Guinness-Buch der Rekorde eingetragen, die Urkunde hängt gerahmt an der Wand.

Diese Stiefeletten trug einst Kaiserin Elisabeth. Ein Zertifikat bezeugt das.

Die Sammlung zeigt Schuhe aus aller Welt – auch einen chinesischen Kinderschuh.

Prunkstück der Sammlung sind die seidenen Ornatsschuhe von König Ludwig II.