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Dr. Schneider wandte seinen Blick von den Aufzeichnungen ab, die er in seinen Händen hielt, und musterte die vor ihm im Sessel sitzende Frau. Sie sah blass und abgespannt aus, auf ungesunde Weise abgemagert. Aber bei ihrer Vorgeschichte war das kein Wunder.
Sabine Bachmann war vor knapp vier Wochen aus einem dreimonatigen Koma erwacht und befand sich nun auf dem beschwerlichen Weg der Genesung. Wobei die körperliche Gesundung um einiges besser voranschritt als die psychische ...
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1. Platz im Halbfinale des 1. KG-Turniers 2014 bei BookRix mit dem Thema: "Scheinwelt"
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Veröffentlichungsjahr: 2016
Dr. Schneider wandte seinen Blick von den Aufzeichnungen ab, die er in seinen Händen hielt, und musterte die vor ihm im Sessel sitzende Frau. Sie sah blass und abgespannt aus, auf ungesunde Weise abgemagert. Aber bei ihrer Vorgeschichte war das kein Wunder.
Sabine Bachmann war vor knapp vier Wochen aus einem fast dreimonatigen Koma erwacht und befand sich nun auf dem beschwerlichen Weg der Genesung, wobei die körperliche Gesundung um einiges besser voranschritt als die psychische.
„Ja, ich muss heute etwas eher zu Hause sein“, führte Sabine das zuvor begonnene Gespräch fort. „Carina kommt früher aus der Schule heim und wir wollen dann zusammen Max aus dem Kindergarten abholen. Und nach dem Mittagessen backen wir gemeinsam. Einen Kuchen für Christoph“, fügte sie flüsternd hinzu, als wollte sie Dr. Schneider in ein wohlbehütetes Geheimnis einweihen. „Donauwellen, die liebt er.“
„Ihr Mann“, entgegnete dieser, mehr feststellend als fragend.
Sabine nickte. „Genau, er hat heute Geburtstag.“
„Und, wie sehen Ihre weiteren Pläne für heute aus?“, erkundigte sich Dr. Schneider im beiläufigen Plauderton.
„Wir werden Christoph am frühen Nachmittag gemeinsam von der Arbeit abholen und Kuchen essen. Danach steht ein Besuch im Freibad an. Das haben die Kinder sich als gemeinsame Unternehmung gewünscht.“ Sabine lächelte glückselig, in freudiger Erwartung des gemeinsamen Familientages.
„Das ist schön. Die Kinder dürfen sich zum Geburtstag des Vaters etwas wünschen?“, warf Dr. Schneider ein, um das Gespräch am Laufen zu halten. Sabine hatte heute einen ungewöhnlich ausgeprägten Redefluss; sonst saß sie meist still und teilnahmslos vor ihm und wirkte desorientiert und verloren.