Der alte Stänkerer - Saskia Kruse - kostenlos E-Book

Der alte Stänkerer E-Book

Saskia Kruse

0,0
0,00 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Klausi blickte auf das Schild, das am Rande des Wegs aufgestellt war: „Privatweg – Benutzung verboten. Dies gilt auch für Radfahrer und Fußgänger“. Am Ende des Weges stand, von der kleinen Straße aus kaum sichtbar, das Bauernhaus vom alten Stänkerer. Mit dem war nicht gut Kirschen essen, das wusste jeder im Dorf. Und Klausi hatte die Erfahrung sogar im wahrsten Sinne des Wortes gemacht ... ********** 1. Platz im BookRix-Kurzgeschichten-Wettbewerb August 2013 mit dem Thema "Man erntet, was man sät"

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2014

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Saskia Kruse

Der alte Stänkerer

"Man erntet, was man sät"

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Der alte Stänkerer

„Gina! Gina - komm sofort zurück!“, rief Klausi und starrte verzweifelt auf den schmalen und überwucherten Wiesenpfad, den die kleine Terrierdame gerade in Windeseile hochgelaufen war. Normalerweise konnte er Gina problemlos ohne Leine laufen lassen, aber wenn sie die Witterung eines Hasen aufnahm, gab es kein Halten mehr.

Was sollte er tun? Frau Berger würde wütend werden, wenn er ihr die kleine Gina nicht wie versprochen in einer Viertelstunde wohlbehalten zurückbrächte. Und das wäre schlecht. Richtig schlecht sogar. Weil Frau Berger eine der Dorfbewohnerinnen war, die ihm immer wieder ein paar Euro zusteckte, wenn er mit ihrer Gina spazieren ging oder für sie Einkäufe erledigte. Sie war eine gute Kundin, die man besser nicht verärgern sollte. Erst recht nicht, wenn man wie er etwas anders war; da musste man dankbar über jede wohlwollende Geste sein.

 

Klausi blickte auf das Schild, das am Rande des Wegs aufgestellt war: „Privatweg – Benutzung verboten. Dies gilt auch für Radfahrer und Fußgänger“. Hm, Gina war ein Hund. Für sie galt dieses Verbot offensichtlich nicht. Aber für Klausi! Er rief noch ein paar Male nach Gina, von der mittlerweile nichts mehr zu sehen oder zu hören war.

Am Ende des Weges stand, von der kleinen Straße aus kaum sichtbar, das Bauernhaus vom alten Stänkerer. Mit dem war nicht gut Kirschen essen, das wusste jeder im Dorf. Und Klausi hatte die Erfahrung sogar im wahrsten Sinne des Wortes gemacht: Als er ein kleiner Junge gewesen ist, war er mit ein paar Spielgefährten auf der Obstwiese neben dem Bauernhof auf einen Kirschbaum geklettert. Und weil er schon immer langsamer gewesen ist als andere, hatte er nicht so schnell mitbekommen, dass der alte Stänkerer wutschnaubend mit einer erhobenen Forke auf die Jungs zugestürmt kam. Und während seine Freunde längst die Beine in die Hand genommen hatten und verschwunden waren, ließ sich Klausi behäbig vom untersten Ast des Baumes auf den Boden fallen, fast direkt in die Arme des aufgebrachten Bauern, der ihm eine ordentliche Standpauke gehalten hatte. Das war zwar fast 20 Jahre her, aber Klausi konnte sich lebhaft daran erinnern. Noch nie in seinem ganzen Leben hatte irgendjemand so mit ihm geschimpft.

 

Aber es half nichts, er musste Gina suchen. Wahrscheinlich würde er sowieso nicht auf den alten Stänkerer treffen. Eigentlich traf den nie jemand, denn der lebte dort oben ganz allein, scheinbar zufrieden in seiner Abgeschiedenheit. Und wenn doch, dann müsste dieser einsehen, dass Klausi nicht mit einer bösen Absicht käme. Nicht wie damals, beim Kirschenklauen. Er musste sich schließlich um den Hund kümmern. Und Klausi hoffte auf Verständnis, da er wusste, dass der alte Bauer auch einen Hund hatte. Einen wunderschönen Schäferhund, den er schon ein paar Mal aus der Ferne bewundert hatte.

Also nahm sich Klausi ein Herz und stapfte entschlossen den Weg hinauf. Auf halber Höhe kam ihm der Schäferhund des alten Bauern entgegen und begrüßte ihn wie einen alten Freund.

„Ja, du bist ein Feiner“, schmeichelte Klausi ihm und streichelte sein seidig weiches Fell. „Aber ich muss nach Gina suchen. Hast du sie nicht gesehen?“

Als hätte der Hund ihn verstanden, lief er zielstrebig zu zwei Büschen am Wegesrand, drehte sich kurz zu Klausi um, bellte aufmunternd und schwanzwedelnd und lief durch die Büsche hindurch. Klausi folgte ihm und auf der Wiese dahinter entdeckte er tatsächlich Gina, die mitten auf dem Feld stand und offenbar die Fährte des Hasen verloren hatte. Erleichtert atmete er auf und rief die Hündin, die jetzt wieder aufs Wort parierte, zu sich und leinte sie vorsichtshalber an.