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Vor ihrer Hochzeit mit Dario wünscht sich Ludovica nichts sehnlicher als einen Neuanfang. Doch ihr Herz schlägt immer noch für Gino, die große Liebe, die sie auf tragische Weise verlor. Als sie unerwartet auf Geheimnisse stößt, die tief im Schatten der Mafia verborgen liegen, wird ihr klar, dass ihre eigene Familie weit düsterer ist, als sie je ahnte. Vergangenheit und Zukunft verschwimmen. Neue Familienmitglieder stellen sich gegen sie, machen sie für Ginos Tod verantwortlich. Während bekannte und unbekannte Gesichter ihren Weg kreuzen, muss Ludovica sich entscheiden. Wird sie sich im Netz aus Verrat und Intrigen verlieren, oder wird sie für die Familie kämpfen, die sie sich selbst ausgesucht hat?
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Seitenzahl: 752
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Pass auf Principessa ... an mir verbrennst du dich. Glaub nicht, dass ich da sein werde, um dich zu heilen. Alles, was du von meiner Anwesenheit erwarten kannst, sind Beleidigungen. Ich werde sie dir an den Kopf werfen, während ich gleichzeitig dafür sorge, dass ich von Alkohol und Drogen benebelt werde.
Das Leben ist eben eine Nutte.
Zumindest meins.
Du denkst, ich wäre interessant und willst mich näher kennenlernen? Trau dich, Topolina. Ich beiße nicht. Zumindest nicht mit Absicht. Wovor du dich aber fürchten solltest, ist mein Verstand. Ich kenne dich besser als jeder andere. Alleine deine Mimik verrät mir, welche Gedanken du hast. Ich werde der Erste sein, der dich durchschaut und auch der Erste, der dich mit diesem Wissen zerstören wird.
Hoffe nicht auf mein Gewissen. Ich habe keins.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Düstere Erinnerungen plagten mich. Erinnerungen, die mich nachts um den Schlaf brachten. Immer wieder hörte ich die Schüsse. Sie verfolgten mich bis in die Tiefen meines Bewusstseins. Gino tauchte in meinem Verstand auf.
Er existierte nicht mehr, doch sein Geist blieb mir erhalten. Ich lernte, mit ihm zu leben. Akzeptierte sein Dasein und fühlte mich dadurch vollständig, auch wenn dies niemand verstand, außer mir selbst.
Wie jeden Morgen stand ich vor der schmalen Tür zu meinem begehbaren Kleiderschrank. Ich wusste, warum ich sie nicht öffnen konnte – was sich dahinter befand. Frustriert wandte ich mich von ihr ab, um mich auf der Kante des Bettes niederzulassen.
Zwei Wochen noch. Dieser Gedanke lähmte mich, denn obwohl ich mich auf diesen Tag freuen sollte, hatte alles, was ich mit Dario gemeinsam plante, einen bitteren Beigeschmack. Selbst bei der Torten-Auswahl nagte einzig die Frage an mir, welche Gino gefallen hätte. Dabei rückte ich meine eigenen Vorstellungen vollkommen in den Hintergrund. Genau deswegen überließ ich Dario all diese Entscheidungen.
Gino war immer noch ein Teil von mir. Ein Teil, der sich tief in mir verankert hatte. Ausschließlich den Nächten mit Dario verdankte ich, dass ich wenigstens in den Momenten, in denen ich meine Kontrolle an ihn abgab, einen kurzen Augenblick Gino loslassen konnte. Danach holte mich trotzdem ein schlechtes Gewissen ein. Absurd, doch so lief es jedes Mal ab.
Wie konnte jemand, der gar nicht mehr existierte, mein Leben einnehmen, als wäre es sein eigenes? Außerdem liebte ich Dario. Zwar nicht auf die Weise, wie Gino, doch die Gefühle existierten – dachte ich zumindest. Ich wollte ihm eine gute Ehefrau werden und keine, die heimlich mit jemandem aus dem Jenseits sprach.
»Das ist zum verrückt werden!«, fluchte ich überfordert und betrachtete die beiden Verlobungsringe an meinem Finger.
Zwei Brüder. Fluch und Segen zugleich.
»Ist bei dir alles in Ordnung?« Erschrocken blickte ich zur offenen Tür. Enzos blaue Augen starrten mich müde an.
»Ja, alles bestens«, log ich mit einem aufgesetzten Lächeln. Er wusste allerdings genau, dass ich allen nur etwas vorspielte. Enzo nickte, um anschließend auf mich zuzukommen.
»Wieder Probleme mit der Tür?« Er blickte zur Tür des begehbaren Schrankes, während er sich neben mir auf der Bettkante niederließ. Seit mein mächtiges Brautkleid dort drinnen auf mich wartete, konnte ich diesen Raum nicht mehr betreten, ohne dass meine Empfindungen einer Panikattacke glichen. Mir wurde brennend heiß, als würde mein Körper in Flammen aufgehen. Mein Herz setzte allein beim Anblick des Kleides schmerzhaft einige Schläge aus.
Das Schlimmste daran war, dass ich gegenüber Dario nicht zugeben konnte, wie sehr mich diese übereilte Hochzeit belastete. Er würde es nicht verstehen und vermutlich denken, dass ich Zweifel hätte. Obwohl, nein. Dario war schon von Anfang an jemand, der meine Gefühle zu hundert Prozent verstehen konnte. Trotzdem wollte ich ihm nicht eine Sekunde das Gefühl geben, er wäre nur die zweite Wahl.
Die Frage, für wen ich mich entschieden hätte, wäre das alles nicht passiert, wollte ich mir selbst nicht mehr stellen. Mein Herz wusste es.
»Ich möchte das Kleid nicht sehen, Enzo«, beantwortete ich ihm seine Frage. »Es macht alles so real und ich habe das Gefühl, ich bräuchte noch Zeit.«
Sein Blick schweifte zu mir herüber. Ich spürte allein an seinem gequälten Gesichtsausdruck, dass er mich verstand. Er hatte bis heute keine neue Frau an seiner Seite, jedoch war meine Situation eine völlig andere.
»Das wird schon«, versprach er und tätschelte schwer atmend meine Hand, wodurch mir wieder bewusst wurde, wie sehr auch ihn die Ereignisse mitnahmen. Nicht nur, dass ihm die Liebe seines Lebens und sein ältester Sohn genommen wurden. Er hatte dazu auch Nicolo verloren, der aber wenigstens in Sicherheit gebracht wurde, durch seinen vorübergehenden Umzug nach Deutschland. »Aber jetzt solltest du dir wenigstens ein Jäckchen überziehen. Die anderen kommen gleich und ich möchte nicht die erste Auseinandersetzung von diesen Sturköpfen miterleben, wenn Dario dich und seine Cousins sieht, während du nur dieses freizügige Top anhast.«
Er verdrehte lachend die Augen. Sicher wollte er mich aufmuntern. Ich schmunzelte, obwohl mir zum Heulen zumute war.
Nachdem Enzo sich schwermütig erhob, als würde er eine tonnenschwere Last mit sich tragen, stand ich ebenfalls auf. Mein Blick fiel erneut zu der schmalen Tür, doch ehe ich einen Schritt wagen konnte, drehte ich mich überfordert zu Enzo.
Mit Tränen in den Augen umfasste ich seine Arme und stürzte mich auf der Suche nach Geborgenheit in diese. Ganz gleich, was mit seinen Söhnen vor sich ging und was er mir anfangs antat. Er wurde für mich zu dem Vater, den ich verzweifelt gesucht hatte. Ich wünschte, ich hätte ihn schon früher an meiner Seite gehabt.
»Ach, kleine Ludo«, flüsterte er zu mir herab. Dabei klopfte er mir mehrmals sanft auf meinen Rücken. Das tat er immer in solchen Situationen. Ich vermutete, dass er sich von Nähe überrumpelt fühlte. Er hatte nie eine Tochter gehabt. Nur sture Söhne, die selten nach seiner Zuneigung suchten. Doch auch wenn ich ihn überforderte, war mir klar, dass er diese Umarmung genau so brauchte wie ich, auch wenn er es nie zugeben würde.
Nur langsam löste ich mich von ihm. Er lächelte und drückte mir einen Kuss auf meine Wange. Er gab mir Kraft und ich wandte mich erneut der Tür zu. Voller Tatendrang drückte ich die Klinke herunter. Mein Blick haftete sofort auf dem weißen Kleid, das mit dem schmalen Ausschnitt und den vielen Perlen wunderschön aussah.
Einzelne, warme Tränen bahnten sich den Weg über meine Wange. Schnell löste ich meinen Blick von dem Kleid und sah stattdessen zu dem Regal neben mir. Ich schnappte mir eine schwarze Jacke und eilte aus dem Ankleidezimmer.
Während ich mir das Jäckchen überzog und durch mein Schlafzimmer hindurch in den breiten Gang lief, kamen schon die nächsten Geister der Vergangenheit.
Sie spukten mir im Kopf herum.
Die dunkle Tür von Ginos Schlafzimmer, welches ich seit jenem Tag nicht mehr betreten hatte, brachte mir bei ihrem Anblick eine unangenehme Gänsehaut. Es war der einzige Raum, der nicht renoviert worden war.
Der Gedanke, dass es sich nicht verändert hatte, lähmte mich für einen Moment. Sein Geruch haftete sicher an den Wänden. Seine Präsenz war selbst durch die Tür zu spüren. Mit großen Augen starrte ich die Klinke an, doch ehe ich sie berührte, riss ich mich von den Erinnerungen an diesen Raum los. Schnellen Schrittes lief ich weiter den Flur entlang, um an dessen Ende die Marmorstufen nach unten in den Eingangsbereich zu nehmen. Enzo wartete bereits zusammen mit einem unserer neu eingestellten Hausmädchen.
Wir mussten viele unserer Angestellten entlassen. Leider traf es auch den lustigen Pförtner, der mich schon einmal entkommen ließ. Glücklicherweise hatte er an dem Tag überlebt, im Gegensatz zu den anderen Wachmännern. Wir machten uns zu viele Feinde, somit wollte Enzo auf Nummer sichergehen, dass sich keine Ratte in unserer Villa befand.
»Buongiorno, Signora Grasso«, begrüßte mich das schüchterne, rothaarige Hausmädchen Zoah. Ich nickte ihr zu, um mich anschließend an Enzos Seite zu stellen.
Heute würde ich weitere Familienmitglieder kennenlernen, und obwohl Dario mich vor jedem Einzelnen warnte, freute ich mich trotzdem darauf. Immerhin verbrachte ich meine Tage generell allein in der Villa. Somit hätte ich vielleicht etwas Gesellschaft, wenn Dario, so wie fast jeden Tag, schon früh das Haus verließ.
»Bereit?«, fragte mich Enzo. Als ich zu ihm sah, bemerkte ich, dass er extrem angespannt wirkte. Nervös fuhr er sich mehrere Male durch seine dunklen Haare. Dabei starrte er immer wieder auf seine Uhr. Seine Unruhe übertrug sich auch auf mich, was zur Folge hatte, dass ich begann, auf meiner Unterlippe zu kauen.
Enzo öffnete die Haustür. Kaum schritt ich langsam an ihm vorbei in die große Einfahrt hinaus, knallte mir die Sonne Palermos erbarmungslos ins Gesicht. Es war brennend heiß.
Mein Blick schweifte zum Carport zu unserer Linken und ich erkannte auf Anhieb, dass Dario meinen weißen BMW gewaschen hatte. Deswegen kam er vermutlich gestern so nass ins Schlafzimmer und grinste verführerisch. Diese Geste zeigte mir, wie sehr er mich liebte, denn auch wenn es ein Geschenk von Gino war, wusste Dario, dass ich niemandem erlaubte, es auch nur anzufassen. Niemandem außer ihm.
»Er glänzt ja richtig. Ich sollte Dario bitten, meinen alten Mercedes zu waschen.« Enzo setzte ein amüsiertes Schmunzeln auf und trat neben mich. Ich lächelte, doch es dauerte nicht lange, da weiteten sich meine Augen. Das laute Geräusch eines Motors ließ mich zur Einfahrt herabblicken.
»Was zum Teufel«, entkam es mir. Ich erschrak beinahe zu Tode, als ein Kerl mit seinem Motorrad direkt auf uns zugerast kam. Er bremste erst ab, als er gerade so vor uns zum Stehen kam. Überfordert starrte ich das metallblaue Motorrad an. Es gefiel mir, doch es war gleichzeitig eine Todesmaschine in meinen Augen.
»Adamo«, begrüßte Enzo den großen Kerl, der seine Maschine abstellte und anschließend elegant abstieg. Ich musterte seinen schwarzen Helm, bis er diesen absetzte und mir verführerisch zuzwinkerte. Hitze durchströmte meine Wangen. Ich wich seinem eindringlichen Blick aus.
Bevor er seinen Onkel Enzo, wie es üblich wäre, zuerst begrüßte, kam er stattdessen auf mich zu. Obwohl ich es nicht wollte, sah ich erneut schüchtern zu ihm auf. Ich bewunderte die bunten Tattoos an seinem Hals, während mir ebenso die Piercings in seinem Gesicht auffielen. Einen trug er an der rechten Seite seiner Unterlippe. Den anderen am äußeren Rand seiner Augenbraue. Beide passten perfekt zu seiner draufgängerischen Erscheinung, die von den verwuschelten schwarzen Haaren und den dunkelbraunen Augen noch bestärkt wurde.
»Ciao, Principessa.« Mit einem provozierenden Grinsen wollte er meine Hand ergreifen, da schlug Enzo ihm allerdings mit der flachen Hand auf den Hinterkopf.
»Das ist Darios Verlobte«, warnte Enzo mit lauter Stimme. Sofort grinste dieser Adamo triumphierender als zuvor. Es schien, als würde gerade ein spannendes Spiel für ihn beginnen.
»Entschuldige, Onkel. Ich dachte, sie wäre mein Begrüßungsgeschenk.« Er wandte sich an Enzo, den er fest in seine Arme schloss. »Du weißt, ich mache nur Spaß.«
»Ich hoffe es für dich«, erwiderte Enzo ihm. Nachdem sie sich wieder voneinander gelöst hatten, kam Adamo erneut auf mich zu. Freundlich streckte er seine Hand aus, die ich nur zögerlich in meine nahm.
»Adamo Mancini«, stellte er sich schließlich vor.
»Ludovica Grasso«, flüsterte ich kaum hörbar. Danach zog ich meine Hand zurück, um seinem Blick auszuweichen. Er hatte etwas Gefährliches an sich und so langsam verstand ich, wieso Dario mich von seinen Cousins fernhalten wollte. Nunzio war zwar eine Tratschtante, aber sicher nur halb so gefährlich wie sein Bruder Adamo.
»Ist meine Schwester noch nicht da?«, fragte er beiläufig an Enzo gewandt, während er seinen Helm vorsichtig auf den Sitz des Motorrads legte. Er wartete auf eine Antwort und holte eine Packung Zigaretten aus der Tasche seiner dunklen Jeans.
»Nein. Und Mauro ist bisher auch nicht eingetroffen.« Enzo beobachtete genau wie ich, wie Adamo sich eine Zigarette in den Mund stecken wollte. Ehe er das tun konnte, holte Enzo aus und schlug sie ihm aus der Hand.
»Ludovica mag den Geruch nicht!«
»Ach. Ist das so?« Mit hochgezogener Braue blickte Adamo mich an. Da ich keine Auseinandersetzung mit ihm wollte, nickte ich kaum merklich.
»Ist schon okay. Es macht mir nichts aus.«
»Du musst keine Angst vor diesem Idioten haben. Höchstens davor, dass er aus Versehen das Haus abfackelt.«
Ich konnte mir bei dem fassungslosen Blick von Adamo kaum das Lachen verkneifen und wusste endlich, wieso Enzo der Chef der Familie war. Er war zwar schon älter und hätte es körperlich kaum mit seinen Söhnen und Neffen aufnehmen können, doch man musste einfach Respekt vor ihm und seiner Meinung haben.
»Na gut«, gab Adamo sich geschlagen und steckte die Packung wieder ein, um mich provokant grinsend zu mustern. »Wenn die kleine Ente keinen Rauch verträgt, dann –«
»Sei still!« Enzo packte ihn am Nacken. Sie verschwanden hinter mir ins Haus. Ich bekam alles nur noch nebenbei mit.
Gedanklich befand ich mich auf einen Schlag woanders.
Weit weg von dieser Villa.
Weit weg von meinem Bewusstsein.
Ich war nur durch diesen mir auferlegten Kosenamen bei ihm. Sah genau in seine mir so vertrauten braunen Augen. Spürte seine warmen Hände an meiner Wange. Hörte die lauten Schüsse um uns herum. Erneut bekam ich bei dem Wort Anatra Tränen in die Augen gejagt, die ein fester Bestandteil meines Lebens geworden waren. Kein Tag verging, an dem ich nicht weinte. Ich hatte mich daran gewöhnt.
Mein Körper begann zu zittern und obwohl ich mich nur noch in meinem Bett verkriechen wollte, schaffte ich es nicht, mich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Dieser Moment hielt mich gefangen. Gefangen in seinem Geruch, seiner Stimme und seinen Taten.
»Hey. Geht es dir gut?« Nur schwermütig fand ich ins Hier und Jetzt zurück. Es dauerte, bis mein Verstand wieder einsetzte. Mein Gesicht drehte sich zur Seite, woraufhin ich mich plötzlich in wunderschönen grünen Augen verlor.
Diese mir unbekannte Frau musterte mich voller Sorge. Ihre hellblond gefärbten Haare wehten vom seichten Wind durch ihr makelloses Gesicht. Ich dachte, ich würde sie mir nur einbilden. Ein weiteres Hirngespinst. Doch sie stand wirklich vor mir.
Es handelte sich, ihrem Aussehen nach zu urteilen, um Felizita Mancini, die allerdings mit ihrem Spitznamen Zita angesprochen werden wollte. Flüchtig spähte ich an ihr vorbei zu der schwarzen Limousine und entdeckte einen braunhaarigen Mann im Anzug, bei dem es sich sicher um Raffaele, ihren Ehemann handelte.
»Ich bin Zita, Nunzios Schwester. Du bist Vica, stimmt’s?«, erkundigte sie sich mit ihrer sanften Stimme. Anschließend holte sie ein Taschentuch aus ihrer kleinen weißen Handtasche hervor, die perfekt zu ihrem roten Sommerkleid passte.
Sie war die Eleganz in Person.
»Nicolo hat mich immer Vica genannt«, flüsterte ich leise und nahm das Taschentuch entgegen, um mir die einzelnen Tränen aus dem Gesicht zu tupfen.
»Ich weiß. Er hat mir alles von dir erzählt. Nicolo und ich sind Blutsbrüder.« Sie lächelte aufmunternd und zeigte mir ihre Hand, auf der ich eine blasse Narbe erkennen konnte. »Als wir kleiner waren, hielten wir immer zusammen. Wir beide und Mauro, da wir die Jüngsten sind.«
Ich fühlte mich bei ihr irgendwie wohl. Sie hatte im Gegensatz zu der restlichen Familie etwas Ruhiges an sich.
»Wow!«, hörte ich dann den Mann hinter ihr, der die Fassade der Villa betrachtete und davon beeindruckt schien. Dario hatte mir erzählt, dass Raffaele aus einem armen Elternhaus stammte. Er lernte Reichtum erst kennen, als er auf Zita traf.
Das war auch einer der Gründe, wieso sich alle gegen ihre Hochzeit aussprachen. Sie waren überzeugt, er würde sie nur ausnutzen. Zita schien das dezent egal zu sein. Sie heiratete ihn trotzdem und jetzt, wo ich die beiden zusammen sah, schien ihre Entscheidung die einzig Richtige gewesen zu sein.
Raffaele trat staunend zu uns heran. Er gab Zita einen sanften Kuss auf ihre Wange und wandte sich anschließend höflich zu mir.
»Raffaele. Schön dich kennenzulernen, Ludovica.«
»Ganz meinerseits.« Wir standen noch eine Weile zu dritt da, während einige Angestellte ihre Koffer ins Haus brachten. Ich bewunderte derweil schweigend die Intimität der beiden.
Sie gingen so vertraut miteinander um, dass man hätte meinen können, sie wären schon ihr ganzes Leben zusammen. Selbst als das letzte protzige Auto angefahren kam und sie darauf zuliefen, glich ein Schritt dem anderen.
Das perfekte Paar.
»Da bist du ja endlich«, rief Zita und zog den etwas pummeligen, schwarzhaarigen Kerl sofort in ihre Arme. Er wirkte auf den ersten Blick überhaupt nicht wie ein Mancini und erinnerte mich von der Statur her an Luca. Jedoch riss ich erschrocken die Augen auf, als er sich in meine Richtung drehte und ich die vielen Tattoos in seinem Gesicht erkannte.
Er passte doch hier her, denn während Zita und Raffaele wie das perfekte Ehepaar aus einem Werbespot wirkten, so sah er auf den zweiten Blick wie ein Psychopath aus.
Das könnte was werden.
Und das alles noch vor dem Frühstück.
»Was genau ist passiert?« Zita ergriff im Wohnzimmer angekommen als Erste das Wort. Sie setzte sich auf einen dunklen Hocker an der Kücheninsel. Ihr Blick lag auf Enzo.
»Wie ihr wisst, ist Giuliano Opfer der Bianchi-Familie geworden. Ich brauche euch hier, weil ich nicht mehr weiß, wie ich das Geschäft und den Rest meiner Familie schützen soll.«
Allein seinen Namen zu hören, jagte mir einen Schauer über den Rücken. Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe.
»Er ist bloß gestorben, da Dario es erneut nicht geschafft hat, ein Familienmitglied zu verteidigen.« Auf Adamos Worte hin hob ich meinen Kopf. Fassungslos blickte ich ihm entgegen. Er stand an der Küchentheke. Sein Körper lehnte dagegen.
Er glaubte, er könnte sich ein Urteil erlauben. Doch das konnte er nicht. Er war nicht dabei, als alles innerhalb weniger Sekunden in die Brüche ging. Ich aber, und ich wusste, dass Dario seinen Bruder bis zum Tod verteidigt hätte. Er hat ihn einzig und allein meinetwegen zurückgelassen.
»Bei dir sind immer die anderen Schuld«, mischte Zita sich ein, die aufgebracht von dem Hocker aufstand. »Gino hätte vorher überlegen sollen, wem er eine Kugel in den Kopf jagt. Wir wussten alle, was Giovanna für eine Familie hat.«
»Ach ja?« Adamo stellte sich mit einer provokanten Miene direkt vor Zita. Obwohl er sie von der Größe überragte, machte sie sich nichts aus seinem warnenden Ausdruck. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich durch die aufkommende Stille in meinem Magen aus. Sie starrten sich an, als wäre es ein Wettbewerb. Es dauerte nicht lange, da trat Raffaele neben seine Frau, während Mauro sich hinter Adamo stellte. Die Fronten wurden durch dieses Bild deutlich gemacht. Es strotze fast vor Ironie, dass ich mich gemeinsam mit Enzo in der Mitte befand.
»Ja! Er hätte vorher nachdenken müssen«, zischte Zita. Adamo machte einen weiteren Schritt auf sie zu. Ich bekam Angst. Eine Eskalation wollte ich verhindern, weswegen ich nach vorn trat und mich räusperte.
Alle Augen richteten sich blitzschnell auf mich.
»Willst du etwas sagen oder suchst du nur Aufmerksamkeit?«, fragte Adamo mich gereizt. Zita nahm ihn wütend ins Visier, doch er konzentrierte sich weiterhin auf mich.
»Ja, ich möchte etwas sagen«, erklärte ich. Meine Stimme zitterte. »Weder Gino noch Dario hatten Schuld an dieser Situation. Wenn jemand schuldig wäre, dann ich und ich möchte auch nicht mehr, dass in meiner Anwesenheit über einen der beiden abwertend gesprochen wird.«
Flüchtig blickte ich zu Zita, die nickte. Ein Auflachen von Adamo lenkte mich jedoch von ihrem Anblick ab.
»Dass du an allem schuld bist, steht außer Frage. Hat es wenigstens Spaß gemacht, zwei Brüder gegeneinander auszubumsen?!«
Entsetzt starrte ich in die dunklen Augen von Adamo. Meine Atmung stockte, da seine Worte mich tief trafen, und doch hatte er Recht. Ohne mich wäre das alles nicht passiert.
»Du bist ein Idiot!«, fauchte Zita. Sie wollte auf ihn zu, da schlug Enzo neben ihr voller Wucht auf die Küchentheke.
»Schluss damit! Ein für alle Mal!«, befahl er mit dunkler Stimme. Dabei sah er mit einem mahnenden Ausdruck zuerst Zita an, um anschließend Adamo ins Visier zu nehmen. »Mein Sohn ist gestorben! Es ist nicht wichtig, warum! Er ist tot und ich möchte weder einen meiner anderen Söhne, noch einen von euch verlieren. Kann ich also auf eure Unterstützung zählen?«
Ich fühlte mich ausgelaugt. Müde und kaputt, obwohl diese Diskussion nur wenige Minuten dauerte. Über Gino zu reden fiel mir immer noch schwer, ganz gleich wie viel Zeit verging.
»Ich bin dabei«, unterbrach Mauro das Schweigen. Enzo nickte, woraufhin Mauro an mir vorbei zur Couch lief. Er ließ sich nieder und nahm die Fernbedienung zur Hand. Für ihn war dieses Gespräch wohl beendet. Als unsere Blicke sich trafen, setzte er einen fiesen Ausdruck auf, sodass ich ihm auswich.
Eins stand definitiv fest. Adamo und Mauro waren keine Fans von mir. Ebenso wenig von Dario. Sie gaben uns die Schuld an Ginos Tod. Um in keine Auseinandersetzung mit ihnen zu geraten, nahm ich mir fest vor, ihnen aus dem Weg zu gehen.
»Wenn mein kleiner Bruder bleibt, dann bleibe ich auch.« Zita zwinkerte mir zu, um anschließend Raffaele einen Kuss zu geben. Sie wirkte sehr viel ruhiger als die Männer der Familie.
»Ich bleibe auch.« Adamo starrte mich bei seinen Worten an. Etwas Gefährliches blitzte in seinen Augen auf. Ich riss mich zusammen, seinem Blick standzuhalten, obwohl ich nur noch flüchten wollte. »Aber denkt nicht, dass ich mir für sie oder Dario eine Kugel einfange.«
Die Verachtung in seiner Stimme war kaum zu überhören.
»Ich danke euch.« Enzo atmete beruhigt durch. Anschließend wies er Zita und Raffaele an, dass sie im Gästezimmer unterkommen könnten.
»Du kannst Nicolos Zimmer nehmen. Da hast du eine Playstation«, erklärte er Mauro, der abwesend auf den Fernseher starrte. Ich blickte hinter mich und bewunderte nur flüchtig die Tattoos in seinem Gesicht. Ein Tropfen unter seinem Auge. Ein Blitz zwischen Wange und Ohr und zu guter Letzt eine Wolke neben seiner Augenbraue. Als er seinen Kopf in meine Richtung drehte, kehrte ich ihm wieder den Rücken zu. Mir entging nicht, wie wehmütig Enzo mir entgegensah. Irritiert runzelte ich meine Stirn, da wandte er sich an Adamo.
»Du kannst das Zimmer von Gino nehmen.« Mein Herz setzte einen Schlag aus. Ein Schmerz durchzog meinen gesamten Körper. Sofort machte ich einen Schritt nach vorn, um Enzo fassungslos anzusehen.
»Nein«, flehte ich und wollte diese Entscheidung nicht akzeptieren. Der Gedanke, dass Adamo mir damit eine Erinnerung nehmen würde, die ich bisher nicht bereit war loszulassen, tat unbeschreiblich weh. Dieses Zimmer gehörte Gino und mir, auch wenn er nicht mehr da war. Sein Tod änderte daran nichts.
Dort hatten wir unser erstes Mal …
Dort hat er mir einen Antrag gemacht …
Dort haben wir gelacht und gestritten …
Ehe ich weiter protestieren konnte, hob Enzo seine Hand und gab mir das Zeichen, dass es bereits beschlossene Sache war. Verzweiflung überkam mich. Tränen bahnten ihren Weg in meine Augen. Wütend schaute ich zu Adamo, der nur grinsend eine Augenbraue hob. Mir reichte es. Ohne etwas zu sagen, flüchtete ich in den Hausflur hinter mir.
»Ludo«, hörte ich Enzo nach mir rufen. Ich blieb nicht stehen. Stattdessen schnappte ich mir meine Autoschlüssel und lief durch die Haustür nach draußen.
Ich wollte geradewegs auf meinen BMW zu, da stand plötzlich Yavuz vor mir, der fragend zu mir herabsah. Er war einen Kopf größer als ich und doppelt so breit. Es ärgerte mich, nie mehr als in diesem Augenblick, dass Dario mir einen Bodyguard eingestellt hatte.
»Geh mir aus dem Weg!«, befahl ich, doch er blieb direkt vor mir stehen, ohne auch nur den Ansatz zu machen, meine Worte ernst zu nehmen. Wütend funkelte ich ihn an und beobachtete, wie er sich durch seine braunen, lockigen Haare strich, ehe er sein Handy hervorholte.
»Weiß Dario, dass du wegfährst?«
»Ja«, log ich, ohne mit der Wimper zu zucken. Dafür erntete ich einen skeptischen Blick von ihm. Dies hinderte mich nicht daran, weitere Lügen hinzuzufügen. »Ich habe gerade mit ihm telefoniert. Er ist in einem wichtigen Meeting, also lass mich zu meinem Auto! Von mir aus fahr mir hinterher wie sonst auch, aber geh mir aus dem Weg!«
»Ich rufe ihn trotzdem an.« Yavuz drehte sich von mir weg. Er führte sein Handy an sein Ohr und sah die Einfahrt hinab. Ich nutzte seine Unaufmerksamkeit und schlich über den Kies zu meinem Auto. Kaum an der Fahrertür angekommen, riss ich diese auf, um mich in den Wagen zu setzen. Ich verriegelte die Türen, startete den Motor und schnallte mich an.
»Ludovica«, rief Yavuz. Mit großen Augen stellte er sich vor das Auto, doch ich ließ den Motor aufheulen. Ich grinste triumphierend und fuhr langsam los, womit ich ihn zwang, mir auszuweichen. Nachdem er mir mit einem Kopfschütteln den Weg frei machte, drückte ich fester auf das Gaspedal.
Mir war egal, wohin. Ich wollte lediglich dem Schmerz entkommen und Abstand zu diesem Idioten Adamo gewinnen, der die schlimmsten Erinnerungen in mir weckte.
Tief in Gedanken verloren, fuhr ich die Straßen Palermos entlang. Es nagte an mir, dass Enzo Adamo genau dieses Zimmer überließ. Ich ahnte es zwar, da die anderen Räume wegen der Renovierung nicht genutzt werden konnten, trotzdem versetzte es mich in Wut und Erschütterung.
Als ich an einer Ampel halten musste, verspürte ich das Bedürfnis, meinen ganzen Zorn herauszuschreien. Mein Körper erhitzte. Meine Gedanken tobten. Statt meine Emotionen herauszulassen, fraß ich alles in mich hinein. Die wahren Gefühle blieben tief in mir verborgen. Ich versteckte sie. Es brachte ohnehin nichts, weiterhin zu kämpfen oder zu protestieren. Dadurch würden nur weitere Streitigkeiten ausgelöst werden, auf die ich verzichten könnte. Nachdem ich längere Zeit einer breiten Straße gefolgt war, bog ich in die mir bekannte Seitengasse ein. Ich ärgerte mich immer noch über Adamo, der sich ständig in meinen Verstand drängte.
»Scheiß auf ihn«, flüsterte ich mir selbst zu und parkte vor dem gemütlichen Haus, welches wir nach dem Überfall eine kurze Zeit bewohnt hatten. Mittlerweile nutzten Dario und Nunzio es als ihren Unterschlupf für illegale Geschäfte. Das Gebäude, das sie zuvor nutzten, wurde abgefackelt.
Sicher steckte Giovannas Familie dahinter – die Bianchis. Das war zumindest mein erster Verdacht. Mir wollte keiner mehr als nötig erzählen. Sie dachten, ich sei zu schwach, um mitreden zu können. Vielleicht hatten sie recht. Ich hatte einige Traumata durchgemacht, die ich bislang nicht verarbeitet hatte.
Eingenommen von der Vergangenheit, hielt ich mir für einen Moment meinen Unterleib. Ich musste an dieses kleine Wesen denken, das mir vom Schicksal genommen wurde. Dario wäre sicher ein guter Vater gewesen, auch wenn ich aufgrund des Arztes und meiner Wochenanzahl mittlerweile wusste, dass es von Gino gewesen wäre.
»Hey, Pupetta«, riss Nunzio mich aus meinen düsteren Gedanken. Er öffnete die Tür meines Wagens, um mir seine Hand helfend zu reichen.
Ja, sie alle behandelten mich wie ein zerbrechliches Ding.
»Ich kann allein aussteigen«, erklärte ich ihm mit hochgezogener Braue. Anschließend stieg ich aus, um mich dicht neben ihn zu stellen. Er musterte mich intensiv. Es schien, als würde er über etwas nachdenken. Ich driftete ebenfalls ab und dachte über unsere Anfangszeit nach. Seine Art, mit Dario umzugehen, hatte sich verschlechtert. Vermutlich, weil er genau wie Adamo und Mauro bei Dario die Schuld für alles suchte. Vielleicht brauchten sie auch einfach einen Schuldigen, um besser damit umgehen zu können und ein Ventil für ihre Wut zu finden.
»Was starrst du mich so an?« Nunzio steckte sich eine Zigarette an und zuckte mit seinen Schultern.
»Bist ziemlich dünn geworden. Das ist alles«, kommentierte er mein Aussehen. Ich schlug ihm leicht gegen seinen Oberarm. Er wusste genau, dass ich in letzter Zeit immer wieder auf meine Figur angesprochen wurde. Ich hasste es.
Ja, ich hatte abgenommen. Nach dem Durchlebten schien mir das jedoch normal.
»Und du bist ziemlich frech geworden.« Er grinste auf meine Aussage hin und schüttelte gleichzeitig den Kopf.
»So war ich schon immer, Pupetta.« Da musste ich ihm recht geben. Ich setzte ein flüchtiges Lächeln auf. Mein Blick wandte sich zum Haus neben uns.
»Wo ist Dario? Ist er nicht hier?«
»Nein, er ist nicht da. Er musste etwas regeln und hat mir nicht gesagt, worum es ging.«
»Kein Wunder«, entkam es mir, wobei ich erneut Nunzio ansah. »Du behältst nie etwas für dich. Wer würde dir schon mehr als nötig erzählen?«
Ein breites Grinsen legte sich auf seine Lippen. Er kam mir näher. So nah, dass sein Gesicht sich nur wenige Zentimeter vor meinem befand.
»Ach, Ludovica. Wenn du wüsstest, welch Geheimnisse ich habe. Du würdest dich wundern.« Einen Moment lang verweilten wir in absoluter Stille. Ich starrte ihm tief in seine Augen, genau wie er mir. Dann aber, schüttelte ich grinsend den Kopf, da mir klar wurde, dass er nur bluffte.
Nunzio hatte keine Geheimnisse.
»Falls du überhaupt Geheimnisse hast, wirst du sie ohnehin nicht lange für dich behalten können. Alles eine Frage der Zeit«, provozierte ich ihn, woraufhin ihm ein Lachen entkam. Er wich einige Schritte zurück, um genüsslich an seiner Zigarette zu ziehen.
»Wir werden sehen.« Schweigend standen wir noch eine Weile vor der Einfahrt des Hauses. Nunzio spielte mit seinem Handy. Ich sah hoch zu dem blauen Himmel und schloss meine Augen, um die warme Sonne bis tief in meine Poren aufzunehmen. Ein Klicken riss mich jedoch aus der entspannten Atmosphäre. Irritiert blickte ich zu Nunzio.
»Hast du gerade wirklich ein Foto von mir gemacht?«
»Nein.« Er schmunzelte und steckte sein Handy weg. »Und wenn doch? Was dann?«, fügte er zwinkernd hinzu, doch ich wurde von dem Geräusch eines heranfahrenden Autos abgelenkt. Dario fuhr mit seinem Maserati vor.
»Lösch es!«, zischte ich und ließ Nunzio stehen, um auf Dario zuzulaufen. Dieser stieg aus und sah nicht erfreut über meine Anwesenheit aus.
»Wieso höre ich von Yavuz, dass du einfach abgehauen bist?«, entkam es ihm vorwurfsvoll. Genervt darüber wollte ich meine Augen verdrehen, da schnappte er mein Handgelenk und legte einen mahnenden Ausdruck auf. Ich machte mir nichts daraus und blickte herausfordernd zu ihm auf.
»Wieso bekomme ich nicht erst einmal ein Hallo?«, stellte ich eine Gegenfrage. Doch ganz gleich, wie zuckersüß ich ihn anlächelte, damit er keine erneute Diskussion mit mir anfangen würde – bei ihm funktionierte mein Charme nicht.
»Kleine. Du weißt, dass du nicht allein vom Grundstück fahren sollst«, erklärte er mit einer Strenge, die zuvor immer dafür gesorgt hatte, dass ich mich nach ihm verzehrte. In letzter Zeit fühlte ich mich allerdings eher wie ein unverstandenes Kind. Als befänden wir uns nicht auf Augenhöhe.
»Ich weiß. Und trotzdem ist nichts passiert. Also, alles gut«, erwiderte ich ihm versöhnlich. Er atmete tief durch, um anschließend ein Lächeln aufzulegen. Ein zärtlicher Kuss auf meine Stirn folgte, der mich zufrieden schmunzeln ließ.
»Ich muss drinnen noch einige Papiere holen, dann fahren wir nach Hause.« Er streichelte mit seinen Fingern über meine Wange. Ich schmiegte mich in seine wohltuende Berührung und vergaß kurz alles um mich herum. Er löste sich jedoch schnell wieder von mir und lief an mir vorbei zu Nunzio, bei dem er flüchtig stehenblieb. Sie sprachen kurz über die Geschäfte, ehe Dario ins Haus verschwand.
»Ihr seid ja ein richtiges Traumpaar.« Nunzio kam auf mich zu. Seine Aussage sollte mir egal sein, doch es störte mich.
»Was ist eigentlich dein Problem?«
»Ich habe kein Problem, aber –« Abwartend musterte ich ihn. Er starrte an mir vorbei. Ich runzelte über sein Verhalten meine Stirn und drehte mich zur Straße um. Seinem Blick folgend, erkannte ich einen schwarzen Range Rover am Ende der Gasse, der langsam auf uns zugerollt kam.
»Nunzio, was ist los?« Er hob seine Hand, um mich zum Schweigen zu bringen. Seine Augen hafteten weiterhin auf dem Range Rover, während er einige Schritte auf meinen BMW zumachte. Nervosität breitete sich in mir aus, denn er benahm sich merkwürdig. Mir wurde es zu viel und ich drehte mich in Richtung der Haustür.
»Ich suche Dario«, erklärte ich und trat einen Schritt vor, da riss Nunzio mich plötzlich an meinem Handgelenk zu sich. Ich donnerte an seine Brust und spannte meinen gesamten Körper an. Meine Atmung stockte, während ich im selben Moment das Geräusch wahrnahm, wie der Wagen auf der Straße Vollgas gab.Der Motor heulte laut auf. Die Reifen drehten durch. Erschrocken wandte ich meinen Blick zur Straße, doch Nunzio zog mich mit sich zu Boden. Ich landete mit den Knien auf dem Asphalt direkt hinter meinem BMW.
Nunzio beugte sich über mich.
»Bleib unten!«, schrie er und legte dabei seine Hände fest auf meine Ohren. Ich verstand überhaupt nicht mehr, was vor sich ging, bis ich schlagartig diese lauten Schüsse hörte. Sie brachten mich zum Zittern. Prallten mit voller Wucht in die Seite meines Wagens. Ich wollte schreien, doch kein Mucks entkam meiner trockenen Kehle.
Nunzio drückte sich immer fester an mich. Die Schüsse hörten auf – die Panik in mir blieb. Das Gefühl, dass auf uns geschossen wurde, versetzte mich regelrecht in eine Starre.
Ich konnte mich nicht bewegen. Nicht klar denken.
Alles, was ich spürte, war, dass Nunzio seine Hände von meinen Ohren nahm. Er stand hektisch auf und ließ mich allein auf dem Asphalt zurück.
»Du bleibst genau hier«, befahl er und rannte an mir vorbei zu seinem silbernen Mercedes. Ich sah ihm hinterher. Es dauerte kurz, bis ich mich auf meine wackeligen Beine begab.
»Warte! Du solltest nicht allein hinterher«, flehte ich, doch ich konnte nur zusehen, wie er in sein Auto stieg und rasend schnell losfuhr.
»Ludovica!« Dario kam mit einer Waffe in der Hand aus dem Haus auf mich zugelaufen. Er musterte die Umgebung. Stellte sich nah vor mich, um mich besorgt zu betrachten.
»Alles ist gut. Sie sind weg.« Zu gern hätte ich mich in seine Arme geworfen, da mein Brustkorb sich vor Panik weiter verengte. Ich drehte mich allerdings um und lief auf die andere Seite meines BMWs.
»Nein«, flüsterte ich voller Trauer. Die unzähligen Einschusslöcher in dem weißen Lack lähmten mich. Der Anblick riss mir den Boden unter den Füßen weg. Eine weitere Erinnerung, die mir genommen wurde.
Das Schicksal zwang mich wohl doch endlich dazu, um das zu kämpfen, was mir wichtig war.
Trauer verwandelte sich in unbändige Wut. Ich begann zu zittern. Ballte meine Fäuste so stark, dass meine Fingernägel schmerzhaft in meine Haut kratzten.
»Steig ein!«, wies ich Dario hektisch an.
»Was?«, fragte dieser, als würde er nicht verstehen, dass ich auf Rache aus war. Ich lief auf ihn zu, nahm aus seiner Tasche den Schlüssel seines Maseratis und musterte ihn ausdruckslos.
»Entweder fährst du mit, oder ich fahre allein!«
Mit schnellen Schritten lief ich zu seinem Maserati. Ich drückte den Schlüssel, woraufhin der Wagen sich entriegelte. Entschlossen riss ich die Fahrertür auf, doch Dario hielt mich auf. Er tauchte neben mir auf und schlug die Tür zu.
»Geh mir aus dem Weg«, brüllte ich wütend. Meine Stimme zitterte. Es machte mich rasend, dass er seelenruhig dastand. Er sah mich an, als würde er Mitleid empfinden. Das sollten keine Ausdrücke sein, mit denen ein Mann seine Verlobte musterte.
»Ich fahre.« Während ich ihn überrascht anstarrte, nahm er den Schlüssel aus meiner Hand. Ich vergeudete keine Zeit und rannte auf die andere Seite, um hektisch die Beifahrertür aufzureißen. Obwohl noch gar nichts passierte, schlug mein Herz von Rachegelüsten getrieben schmerzhaft gegen meine Brust.
Dario startete den Motor. Mit quietschenden Reifen fuhren wir los in die Richtung, in welche Nunzio und der Range Rover verschwunden waren.
»Du solltest dich festhalten«, wies Dario mich an. Ich krallte meine Fingernägel fest in den Sitz unter mir. Das Tempo, mit welchem wir durch die engen Straßen rasten, wirkte für einen Moment angsteinflößend. Die Sehnsucht nach Rache überschattete jedoch meine restlichen Emotionen.
»Fahr schneller!«, forderte ich, mit dem Blick auf die Straße vor uns gerichtet. Dario bog in eine Seitenstraße ein. Mein Kopf stieß an das Fenster neben mir.
Dies hielt weder ihn noch mich auf.
»Ruf Nunzio an! Mein Handy ist in meiner Hosentasche.« Hektisch beugte ich mich zu ihm herüber, um in seiner Hosentasche nach seinem Handy zu suchen. Als ich etwas anderes in meiner Hand spürte, starrte ich mit großen Augen genau in Darios. Ich errötete trotz dieser aufregenden Situation.
»Weiter rechts, Kleine«, meinte er mit einem dämlichen Grinsen. Sein Blick wandte sich wieder auf die Straße, während ich sein Handy herausholte und Nunzio anrief.
»Ciao?«
»Wo bist du?«, rief Dario ins Handy. Ich schaltete den Lautsprecher ein, um ihm das Handy hinzuhalten.
»Vor der großen Kreuzung! Hier ist die Hölle los.« Dario drückte mit vollem Einsatz auf die Bremse. Von dieser Wucht eingenommen, fiel mir das Handy zu Boden.
In letzter Sekunde schaffte ich es, mich mit den Händen am Armaturenbrett abzufangen, sonst wäre ich vermutlich mit dem Kiefer darauf gelandet.
»Du fährst echt beschissen!«, zischte ich wütend, während ich mir an meine Brust fasste. Dario ignorierte mich. Er konzentrierte sich auf sein Wendemanöver.
Nachdem wir die Hauptstraße entlangrasten, erreichten wir nach kleineren Kreuzungen das Stauende. Am Rand parkte Nunzio, hinter dem wir ebenfalls anhielten.
»Wo sind sie?«, fragte Dario. Er sah sich zwischen den Autos um. Ich folgte ihm zu Nunzio, der nach links nickte.
»Ich habe sie zwischen den Autos verloren.«
»Verloren?«, wurde Dario lauter. Sein Frust – nicht zu überhören. Er stellte sich vor Nunzio. Sein Körper bebte vor Wut.
»Ja! Verloren!« Nunzio schubste Dario von sich. Eine hitzige Diskussion begann zwischen den beiden, in der es wieder einmal nur darum ging, den anderen fertig zu machen. Ich musterte derweil meine Umgebung. Entdeckte eine Art Erhöhung aus Stein, auf welche ich eilig zulief. Ich kletterte ungeschickt auf den Felsen und ließ meinen Blick über die vielen Autos schweifen.
Tatsächlich erspähte ich weiter vorn einen Range Rover.
»Das gibt’s ja nicht«, flüsterte ich und wollte Dario Bescheid geben. Der diskutierte allerdings mittlerweile so laut mit Nunzio, dass ich es sein ließ. Stattdessen kletterte ich runter, um zu Nunzios Wagen zu laufen. Ich schnappte mir die Pistole von seinem Sitz, steckte sie unter meine Jacke und verschwand unbemerkt zwischen den Autos.
Immer langsamer lief ich die Straße entlang. Bei jedem Schritt klopfte mein Herz stärker. Ich wusste, dass es keine gute Idee war, aber gab es überhaupt noch gute Ideen?
Seit Ginos Tod existierte in meinem Leben ohnehin nur noch ein Chaos aus Selbstzerstörung und Zweifeln.
Ich lief weiter zwischen den Autos entlang, bis ich den Range Rover erkannte. Entschlossen zog ich die Waffe unter meiner Jacke hervor. Mit zitternden Händen entsicherte ich sie, um mich langsam dem Wagen zu nähern.
An den hinteren Scheiben angekommen, musste ich feststellen, dass die Fenster getönt waren. Ich konnte nichts erkennen. Eine Stimme lenkte meine Aufmerksamkeit auf sich.
»Ludovica Grasso.« Die Waffe lag fest in meiner Hand. Zögerlich machte ich einen Schritt nach vorn, woraufhin ich dem Beifahrer direkt in die Augen blickte. Er sah älter aus. Ungefähr im Alter von Enzo. Er lächelte mich an, als wären wir alte Freunde. Auch der Fahrer fiel mir kurz auf. Er trug einen dichten Bart und tiefe Augenringe.
»Warum wollt ihr mich töten?« Ich war mir sicher, dass mir hier nichts passieren würde. Dafür waren zu viele Autos um uns herum, die als Zeugen aussagen könnten.
»Töten?«, wiederholte der Beifahrer mich amüsiert. Flüchtig wechselte er mit dem Fahrer Blicke aus, um anschließend wieder mich ins Visier zu nehmen. »Wir wollen dich nicht töten. Wir wollen dich befreien, nur musst du dafür bereit sein.«
Irritiert starrte ich ihn an. Ich konnte nicht begreifen, was er mir damit sagen wollte. Deswegen schüttelte ich meinen Kopf und drehte mich herum. Ich erkannte Dario von weitem, der auf mich zukam.
»Alles wird wieder gut. Wir machen das schon«, meinte der Beifahrer mit einem Lächeln auf den Lippen. Mich überkam bei seinen Worten ein komisches Gefühl. Eines, als würde ich beobachtet werden. Erneut starrte ich auf die verdunkelten Rückfenster. Zwar erkannte ich weiterhin nichts außer Schwarz, doch mein diffuses Gefühl verstärkte sich.
Es war, als würde mir jemand in meine Augen sehen.
Jemand, der mich kannte.
Jemand, der mich liebte.
Vollkommen absurd.
»Hört auf damit, meine Familie anzugreifen«, platzte es aus mir heraus, doch der Stau hatte sich gelegt und sie fuhren so schnell los, dass mir nicht klar war, ob sie mich überhaupt gehört hatten. Mir offenbarte sich auch nicht, wieso sie mich nicht entführten. Mittlerweile war ich es jedoch gewohnt, mehr Fragen als Antworten im Leben zu erhalten.
»Ludovica!«, riss Dario mich aus meinen Gedanken. Er schnappte sich die Pistole aus meiner Hand, um mich zwischen den fahrenden Autos an den Rand der Brücke zu führen. »Was hast du dir dabei gedacht?«
»Gar nichts!«, gab ich ihm aufgeregt zurück. Ich wollte an ihm vorbei zurück zu Nunzio, um für mich allein das alles zu verarbeiten, doch er ließ es nicht gut sein.
»Hör auf, dich immer wieder in Gefahr zu bringen!« Er umfasste meinen Arm erneut und drehte mich so herum, dass ich ihm direkt in seine blauen Augen sehen musste.
»Hör du auf, mich wie ein Kind zu behandeln, Dario«, erwiderte ich ihm gereizt. »Ich weiß genau, was ich tue!«
»Ach ja?« Er sah sich flüchtig um. »Was, wenn sie dich mitgenommen hätten? Oder sogar auf offener Straße erschossen?!«
»Dann hätte ich damit leben müssen!« Ich spannte meinen Körper an. War bereit dazu, es mit ihm auszudiskutieren, denn ich befand mich im Recht.
Dario schien plötzlich ruhig. Schon fast zu ruhig.
»Und mich hättest du zurückgelassen, so wie alle es immer tun«, flüsterte er mit einem Ausdruck, der mir zu gut seinen Schmerz zeigte. Er ließ mich los, um mir voraus zu Nunzio zurückzulaufen.
Nachdem wir die gesamte Heimfahrt über geschwiegen hatten, kamen wir an der Villa an. Ich betrachtete gedankenverloren die weiße Fassade. Mir schossen tausende Fragen durch den Kopf. Ich wollte Ruhe, um meine Gedanken zu ordnen, und legte bereits meine Hand an den Türgriff. Dario hielt mich jedoch davon ab, auszusteigen.
»Du verstehst, dass ich mir Sorgen mache?« Seine Hand nahm meine. Sanft streichelte er über meine Haut.
»Ich weiß«, gab ich ihm flüsternd zurück und doch fühlte ich mich unfair behandelt. Es kam mir vor, als dürften alle so leben, wie sie es für richtig hielten. Allerdings musste ich bei jedem Schritt Rechenschaft an Dario ablegen. »Und du verstehst, dass ich kein Kind bin? So fühle ich mich nämlich mit dem ständigen Überwachen meiner Handlungen.«
»Ludo.« Er nahm eine meiner Haarsträhnen zwischen seine Finger, um diese hinter mein Ohr zu streichen. Seine Augen lagen dabei auf meinen. Ich verlor mich in diesem tiefen Blau.Es schien so intensiv und rein. Doch auch mit einer Traurigkeit gezeichnet, die selbst in glücklichen Momenten nicht schwand.
»Du bist nicht bei der Mafia aufgewachsen. Du hast keine Ahnung, wie schnell alles schiefgehen kann. Wie leicht es für Feinde ist, dich zu entführen und ohne Gnade zu foltern. Du –«
»Ich muss nicht so aufgewachsen sein, um es zu verstehen«, unterbrach ich ihn. »Ich weiß es auch so und trotzdem möchte ich mich nicht kontrolliert fühlen. Das ist kein Leben für mich. Nicht, nachdem ich mich von meinem Onkel befreit habe. Ich möchte frei sein und mich auch so fühlen.«
Um ihm klarzumachen, wie unfair ich mich behandelt fühlte, flüchtete ich aus dem Wagen. Er musste begreifen, dass ich nicht mehr die Frau war, die er vor zwei alten Männern retten musste. Natürlich empfand ich ihm gegenüber Dankbarkeit. Doch ich hatte mich weiterentwickelt. Ich stand für mich selbst ein. Zumindest wollte ich das.
Tief durchatmend, lief ich über den Kies. Kaum, dass ich Abstand zu Dario aufbaute, drehte ich mich ein letztes Mal zu ihm um. Innerlich hoffte ich, er würde mir hinterherkommen und mir versichern, dass er mich verstehen würde. Er startete jedoch den Motor, um die Einfahrt herunterzufahren. Frustriert schloss ich meine Augen.
Dario besaß so viel Feuer und Leidenschaft, wenn es um Sex ging. Allerdings fehlte es ihm, wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen ging. Mit ihm konnte man sich nicht streiten, bis man explodierte und über den anderen herfiel. Er blieb stets ruhig. Hob sich seine Wut fürs Bett auf. Zu gern hätte ich all meine Wut in einem hitzigen Streit herausgelassen. Er flüchtete aber, bevor es dazu kommen konnte. Mir blieb nichts übrig, außer alles, was mich belastete, herunterzuschlucken. So handelte man, wenn Gefühle einen beeinflussten. Man akzeptierte auch die Seiten am anderen, die einem nicht passten.
»Na, Principessa.« Irritiert drehte ich mich zur Haustür um. Adamo lehnte an der Wand, dessen Anwesenheit ich schon vergessen hatte. Er rauchte genüsslich eine Zigarette. Sein Ausdruck mir gegenüber strotzte vor Abneigung.
Ohne ihm etwas zu erwidern, wollte ich an ihm vorbei in die Villa hinein. Plötzlich machte er einen Schritt zur Seite und stellte sich mir in den Weg. Wütend fixierte ich ihn. Er grinste schief und blies mir den Rauch mitten ins Gesicht.
»Hör auf damit«, warnte ich, während ich den Qualm von mir wedelte.
»Ich möchte mich mit dir unterhalten.«
»Ich mich aber nicht mit dir«, erwiderte ich ihm. Erneut versuchte ich, an ihm vorbeizulaufen, da schnappte er mein Handgelenk und drückte fest zu.
Dieser Typ bedeutete Ärger. Das war mir bereits klar geworden, als er von seinem Motorrad gestiegen und erste Provokationen ausgesprochen hatte.
»Oh, doch. Du wirst mir schön brav auf all das antworten, was ich von dir wissen will.« Er drohte mir. Das wunderte mich nicht. Er gehörte zur Familie und ich war Schlimmeres gewohnt. Wenn ich zuvor von Dario verlangte, mir mehr Freiheiten zu geben, dann musste ich ihm und auch mir selbst beweisen, mit solchen Situationen umgehen zu können. Statt ans Flüchten zu denken, stellte ich mich ihm.
»Ach. Ist das so?«, gab ich ihm herausfordernd zurück. Ich entriss ihm mein Handgelenk, um ihn anschließend wütend anzufunkeln. »Denkst du ernsthaft, du könntest mir drohen?«
»Ich will nur wissen, ob du gesehen hast, wie Gino erschossen wurde.« Ungläubig starrte ich ihn an. Schmerzhafte Erinnerungen an jenen Tag drängten sich in meinen Verstand. Erneut spürte ich an meinen Händen, wie ich gegen die dicke Holztür schlug. Schussgeräusche hallten in meinen Ohren wieder. Sie jagten mir einen Schauer über den Rücken. Ich brauchte einen Augenblick Zeit, um mich zu beruhigen. Alles in mir schrie danach zu weinen. Äußerlich zeigte ich eine kalte Hülle.
»Nein«, antwortete ich mit belegter Stimme. Durch meine Antwort konnte ich Adamo ansehen, wie Zuversicht in seinen Augen aufblitzte. Es gab nach solchen Tragödien nichts Schlimmeres, als falsche Hoffnungen zu haben und sich ihnen hinzugeben. »Aber ich weiß, dass er nicht mehr da ist.«
»Woher willst du das wissen, wenn keine Leiche gefunden wurde? Niemand hat ihn gesehen! Niemand hat Beweise dafür!« Adamos Stimme wurde lauter. Verzweiflung drang mit jedem seiner Worte durch. Er verdrängte die Wahrheit. Genau das Gleiche hatte ich auch wochenlang getan. Es brachte einem jedoch nichts. Nur noch mehr Schmerz.
»Weil, selbst wenn er es heraus geschafft hätte, er nicht mehr lange zu leben gehabt hätte. Er war krank, Adamo. Ein Gehirntumor.« Diese Erklärung über meine Lippen zu bringen war, als würde ich pures Gift bei jedem Wort inhalieren. Mein Brustkorb zog sich zusammen.
»Ein Tumor?« Es wunderte mich, dass Adamo davon nichts wusste. Enzo erzählte es mir, aber nicht den anderen. Dario erfuhr es von mir.
»Ja«, erklärte ich und blickte ihn wehmütig an. »Einer, der sich auf sein Verhalten und seine Impulsivität ausgewirkt hat. Ihn zu entfernen, wäre unmöglich gewesen. Zumindest meinte das Enzo. Er hat nachgeforscht.«
Adamo schnippte die Zigarette an mir vorbei. Ich bemerkte das Zittern seiner Hände, als er sich erneut eine Zigarette anzündete.
»Du weißt, dass Rauchen tödlich ist?«
»Ich weiß«, entgegnete er mir genervt. »Aber es beruhigt.«
Er hielt mir seine Schachtel hin und weckte in mir die Zuversicht, dass es wirklich helfen könnte. Ich nahm mir entschlossen eine Zigarette und ließ mir von ihm das Feuerzeug reichen. Bevor ich sie anzünden konnte, schlug sie mir jedoch plötzlich jemand aus der Hand. Erschrocken starrte ich zu meiner Seite.
»Bist du verrückt geworden?«, blaffte ich Nunzio vor Schreck an, der mir keine Aufmerksamkeit schenkte. Sein Blick haftete auf seinem Bruder.
»Du dämliches Arschloch!« Er fixierte Adamo voller Zorn. Mir war überhaupt nicht bewusst, wo er plötzlich herkam oder was ihn überhaupt störte. »Wenn du ihr noch ein einziges Mal eine Zigarette gibst, bringe ich dich um!«
»Was soll das, Nunzio?« Fassungslos über seine Aggressivität umfasste ich seine Schulter. Auch Adamo wunderte sich über das Verhalten seines Bruders. Mit hochgezogener Braue musterte er ihn. Nunzio drehte sich derweil zu mir herum.
»Du sollst nicht rauchen, Ludo!«
»Warst du nicht derjenige, der mir vor dem Club meine erste Zigarette gegeben hat?«
»Das waren andere Zeiten.« Mit einem mahnenden Ausdruck starrte er mich an. Ich verstand überhaupt nichts mehr und schüttelte meinen Kopf über sein Verhalten.
Nunzio verschwand nach einem warnenden Blick zu Adamo zurück zum Carport, um dort in sein Auto zu steigen. Ich sah ihm nach. Er nahm sein Handy und telefonierte.
»Wenn er gleich wegfährt, gebe ich dir eine Neue.« Obwohl ich Adamo nicht leiden konnte, reizte es mich trotz allem, eine zu rauchen. Oder eher gesagt, gerade, weil Nunzio sich so darüber aufregte. Es war mein Leben und meine Entscheidung.
»Danke. Das wäre wirklich nett.«
Da Nunzio eine ganze Weile nicht losfuhr, beschloss ich, es bleiben zu lassen. Frustriert lief ich durch den Hausflur ins Wohnzimmer. Es roch im ganzen Haus nach Kuchen und Lasagne. Normalerweise kochten die Angestellten erst abends für uns. Ich wunderte mich darüber und spähte zur offenen Küche. Ich entdeckte Zita, die gerade mit Ofenhandschuhen am Herd herumfummelte.
»Hilfst du mir bitte mal kurz?«, fragte sie mit einem freundlichen Lächeln. Ich eilte zu ihr, um vorsichtig den Ofen zu öffnen. Sie nahm das Backblech mit der Auflaufform an sich und stellte die Lasagne auf den Tresen. »Ich hasse kochen, Ludovica, glaub mir.«
Ich beobachtete, wie sie die Lasagne aufteilte, ehe ich wieder in ihr makelloses Gesicht sah.
»Wieso machst du es dann?« Sie schmunzelte, während ich ihre Aufmachung genauer begutachtete. Mit ihren blonden Haaren, die wild herumwirbelten, den hohen High Heels und dem engen Kleid passte sie überhaupt nicht in eine Küche hinein. Sie wirkte eher, als würde sie tanzen gehen, womit ich auch recht behielt.
»Adamo, Mauro und ich gehen heute Abend feiern. Ich wollte die Familie vorher noch einmal zusammen an einen Tisch bekommen, um über alles in Ruhe zu reden. Dario sollte auch dabei sein. Es wäre also nett, wenn du ihn anrufen könntest.«
Sie blickte flüchtig zu mir und beeilte sich dann damit, Teller und Gläser aus den Schränken zusammenzusuchen.
»Dario wird nicht kommen. Erst recht nicht, wenn ich ihn frage«, nuschelte ich. Ihre Aufmerksamkeit lenkte sich wieder auf mich. Besorgt runzelte sie ihre Stirn.
»Ist etwas passiert?« Ich lehnte mich an den Kühlschrank und unterdrückte meine aufkommende Wut, als mir der BMW in mein Gedächtnis kam.
»Auf uns wurde geschossen«, erklärte ich. Sofort spürte ich Zitas Hände an meinem Gesicht. Überfordert davon weiteten sich meine Augen.
»Ist jemand verletzt worden? Wer war bei euch? O Gott, hört das denn nie auf?« Aufgebracht wich sie einen Schritt zurück. Sie hörte mir aufmerksam zu, während ich ihr jedes Detail erzählte. Auch von dem Streit mit Dario aufgrund meiner Entscheidung, dem Range Rover nachzulaufen.
»Na ja, Vica. Es tut mir leid um dein Auto, aber Dario hat recht. Es hätte dir sonst etwas passieren können. Ihr könnt froh sein, dass ihr unverletzt aus der Situation gekommen seid.«
»Trotzdem ist es unfair«, verteidigte ich mich. »Dario macht seine Geschäfte weiterhin. Nunzio genauso. Nur ich lebe hier wie eine Abtrünnige. Ständig muss ich Bescheid sagen, auch wenn ich nur eine Runde um den Block laufen will. Alle anderen machen doch auch, was sie wollen.«
»Du bist eine Frau, Vica. Dazu noch eine, die sicher weder im Kampf noch im Schießen Erfahrung hat.«
»Du bist auch eine Frau und ich sehe hier niemanden, der dir etwas vorzuschreiben scheint.« Sie schmunzelte und hob ihr Kleid leicht an, sodass ich den Gürtel um ihren Oberschenkel betrachten konnte. Mehrere Messer steckten zwischen dem Leder und ihrer Haut.
»Ich bin eine Mancini und habe mehr als zehn Menschen auf dem Gewissen. Es ist etwas anderes, wenn ich auf die Straße gehe, als wenn du gehst.« Obwohl es mir zuwider war, musste ich ihr recht geben. Ich hatte im Grunde noch niemanden getötet. Immer nur zugesehen, doch ich würde mich trotzdem weiterhin für meine Freiheit einsetzen.
»Weißt du was?«, riss Zita mich aus meinen Gedanken und machte sich daran, die Lasagne auf den Tellern zu verteilen. »Wenn du dich hier eingesperrt fühlst, dann komm heute Abend mit uns. Da sind nur Adamo, Mauro und ich. Glaub mir, du wirst dort deine Ruhe haben.«
»Aber Dario, er –«
»Er muss es nicht wissen.« Zita zwinkerte mir zu. Ich lächelte und freute mich darauf, endlich etwas Freiheit zurückgewonnen zu haben. »Aber dafür rufst du ihn an. Er soll zum Essen kommen. Jetzt!«
»Zu Befehl«, scherzte ich und machte mich auf den Weg nach oben ins Schlafzimmer. Mein Handy lag auf dem Nachttisch, wo es immer lag. Ich benutzte es kaum. Wofür auch? Alle, die ich kannte, lebten mit mir unter einem Dach.
Ehe ich die Tastensperre ausschaltete und Darios Nummer wählen konnte, entdeckte ich eine Nachricht von einer unbekannten Nummer.
Es tut mir leid. Ich hole dich bald ab, mach dir keine Sorgen.
Verwirrt starrte ich die Nachricht an, bis ich geistesabwesend auf den Hörer drückte. Mein Herz klopfte schneller. Es wunderte mich, dass eine Frauenstimme erklang, die mir erklärte, dass die Nummer nicht vergeben wäre.
»Was soll das?«, flüsterte ich zu mir selbst und las erneut die Nachricht. Mir kam in den Sinn, dass jemand mir einen Streich spielte. Doch egal ob Streich oder nicht. Würde Dario von dieser Nachricht erfahren, dürfte ich sicher nie wieder allein das Gelände verlassen. Ich löschte sie und wählte Darios Nummer. Er brauchte nicht lange, bis er den Anruf annahm.
»Ist etwas passiert?«
»Wow«, flüsterte ich frustriert in den Hörer. »Kein Hallo, aber ich bin es ja gewohnt. Warum denkst du immer, es muss etwas passiert sein, wenn ich –«
»Ich bin mitten in einer Besprechung. Ich rufe dich zurück.«
»Dario?« Aufgelegt. Super.
Empört schmiss ich das Handy zurück auf meinen Nachttisch. Ich dachte darüber nach, wie sehr Dario sich verändert hatte. Vielleicht hatte er sich, wenn man es genau betrachtete, doch gar nicht verändert. Nunzio meinte zu Anfang schon, dass Dario viel unterwegs sein würde, um zu arbeiten. Mir fiel es allerdings erst auf, seitdem Gino weg war.
Die abenteuerliche Affäre endete in einer Beziehung, in der ich wie ein Hausmütterchen zu Hause wartete, bis mein Verlobter mich beglücken würde. Doch nicht mit mir. Heute Abend würde ich ausgehen und er könnte hier warten.
»Vica?« Zita klopfte an meine Tür. »Essen ist fertig.«
Nachdenklich über die Ereignisse dieses Tages folgte ich Zita durch den Flur und die Treppen hinunter. Im Eingangsbereich trafen wir auf Adamo. Zu dritt machten wir uns schweigend auf den Weg zum Tisch. Zita hatte ihn schön mit Kerzen und gefalteten Servietten gedeckt.
»Kommt er?«, wollte sie schließlich von mir wissen. Ich schüttelte den Kopf, um mich anschließend auf meinen Platz zu setzen. Adamo setzte sich neben mich. Enzo und Mauro stießen ebenfalls zu uns.
Ich bemerkte beim Essen, wie alle immer wieder zu mir herübersahen. Doch ich ignorierte ihre Blicke. Vermutlich wollten sie Antworten auf ihre Fragen, was heute genau passiert war. Ich wollte wenigstens eine kurze Zeit nicht darüber nachdenken.
»Wo ist Raffaele?«, durchbrach Adamos dunkle Stimme die Stille. Er starrte Zita fragend an. Ich tat es ihm gleich.
»Bei seiner Familie. Seine Schwester heiratet.«
»Und wieso begleitest du ihn nicht?«, setzte Adamo nach. Zita hob eine ihrer Brauen, während sie ihren Bruder ansah, als würde sie sich von ihm provoziert fühlen.
»Weil ihr mich hier braucht.« Sie legte ihre Gabel ab, um einen Schluck von dem Rotwein zu nehmen. »Außerdem habe ich keine Lust auf die dämlichen Sprüche und das weißt du auch ganz genau.«
Mir fiel auf, dass Adamo dämlich vor sich hin grinste. Es herrschte erneut Stille am Tisch, bis Enzo mich ansprach und alle Aufmerksamkeit bei mir lag.
»Ludovica, ich habe einen Abschleppdienst für deinen Wagen bestellt. Er kommt in eine hervorragende Werkstatt. Wenn wir Glück haben, ist er bald wieder ganz der Alte.« Ein dankbares Lächeln legte sich auf meine Lippen. Ich wollte ausdrücken, wie viel mir das bedeutete, da lachte Adamo neben mir auf.
»Wen juckt ein BMW? Dario sollte etwas Besseres kaufen.«
»Sie hat ihn von Gino bekommen«, mischte sich Zita ein. Adamo wandte sich an mich. Sein arroganter Blick schweifte über mein Gesicht. Er machte mich nervös.
»Ja und? Als würde sie das interessieren. Eine trauernde Frau sieht anders aus und fickt nicht weiter –«
»Adamo!« Enzo schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, doch ich wollte mich ändern und nicht mehr zulassen, dass alle mich zu beschützen versuchten. Ich räusperte mich und drehte mich zu Adamo.
»Du denkst, du wüsstest über alles Bescheid. Du hast aber keine Ahnung von den Dingen, die hier die letzten Wochen passiert sind! Ich trauere auf meine Weise und es geht dich einen Scheiß an, mit wem ich wann und wo ficke, wenn ich es mit deinen Worten ausdrücken soll!«
Während Adamo überrascht die Brauen hob, zwinkerte Zita mir zu. Selbst bei Mauro, der sonst so ausdruckslos wirkte, erkannte ich ein kleines Schmunzeln.
»Also, wenn du sonst nichts zu tun hast, kümmere dich um deinen eigenen Kram.«
»Weißt du, was mein Problem ist?!« Adamo kam mir mit seinem Gesicht so nah, dass ich wieder einen Teil meines Mutes verlor. Ich wich seinem boshaften Blick trotzdem nicht aus. »Dass Gino mir voller Stolz erzählt hat, wie sehr er dich liebt. Und du, du machst einen auf Happy-Family mit Dario, der nicht weiß, was Liebe überhaupt bedeutet.«
»Ach, und du weißt, was Dario empfindet?«, gab ich ihm zurück und spürte, wie mein Herz vor Wut immer schneller klopfte.
»Weißt du es?«, erwiderte er mir und stand auf, um mich von oben herab zu betrachten. »Ich wette, dass das Einzige, was euch verbindet, der Sex ist. Mehr kann dieser Idiot nicht. Oder schläfst du mit ihm Arm in Arm ein? Redet ihr überhaupt miteinander oder klebt er dir schon vor dem Ficken den Mund mit Klebeband zu?«
Fassungslos über seine Worte erhob ich mich ebenfalls.
»Ich meine, wenn es dir nur ums Ficken geht, helfe ich dir gern.« Ohne es zu wollen, holte ich aus. Ich gab ihm eine Ohrfeige. Es tat unbeschreiblich gut, meiner Wut freien Lauf zu lassen. Es dauerte keine Sekunde, da umfasste er meinen Hals, drückte zu und drängte mich zurück. Enzo reagierte als Erster. Er kam auf uns zu, um Adamo von mir wegzuziehen.
»Es reicht! Hör sofort auf!«, brüllte er ihn wütend an. Adamo beachtete ihn nicht. Er starrte mich weiterhin feindselig an. Erste Tränen drangen in meine Augen. Nicht, weil ich Angst verspürte oder Schmerzen. Es stimmte mich traurig, da er irgendwie recht hatte.
Dario sprach mit mir nicht über seine Gefühle. Er schloss mich aus allem aus. Die meiste Zeit, die wir miteinander verbrachten, fand im Schlafzimmer statt.
»Adamo!« Zita nahm ihren Bruder ins Visier. »Es geht dich nichts an, mit wem sie zusammen ist!«
»Halt deine Fresse!« Adamo riss sich wütend von Enzo los. »Ihr seid alle solche Heuchler. Ekelhaft! Wenn ich irgendwann verrecke, sitzt ihr dann auch hier und fresst eure Lasagne, als wäre nichts passiert?« Er nahm seinen Teller, um diesen durchs Wohnzimmer zu schmeißen. Laut klirrend, zerschmetterte dieser an der Wand. Ich zuckte von dem Ausmaß seiner Aggression zusammen.
»Er hat nicht einmal eine Beerdigung bekommen!«, setzte er laut nach. »Und er ist nur jämmerlich verreckt, um einer Hure das Leben zu retten!«
Während ich ihn mit Tränen in den Augen ansah, spuckte er vor meine Füße. Anschließend verschwand er schnell nach draußen. Mauro erhob sich vom Tisch, um ihm zu folgen. Ich sah ihnen nach, doch Enzo lenkte meine Aufmerksamkeit auf sich. Er fasste sich mit einem dumpfen Stöhnen an sein Herz und ließ sich auf einen Stuhl sinken.