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Saskia Kruse

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Beschreibung

Etwas ängstlich starrte Fabian den alten Mann an, der gerade eben um die Hausecke auf den Hof gebogen war – und dabei den Fußball von Fabian an den Kopf bekommen hatte ...

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Veröffentlichungsjahr: 2015

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Saskia Kruse

Das geheime Buch

Eine Kurzgeschichte

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Das geheime Buch

Etwas ängstlich starrte Fabian den alten Mann an, der gerade eben um die Hausecke auf den Hof gebogen war – und dabei den Fußball von Fabian an den Kopf bekommen hatte.

»Oh, Ent-Entschuldigung, das tut mir leid. W-Wirklich ... das wollte ich nicht«, stammelte er unbeholfen und mit halb gesenktem Kopf in Richtung des Mannes. »Kein Problem! Was renne ich hier auch mit meinem Krückstock so ungestüm um die Ecke«, scherzte der ältere Mann, und ein entwaffnendes Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. Fabian seufzte innerlich erleichtert auf. Hm, der neue Nachbar schien doch gar nicht so schlimm zu sein; eigentlich sogar richtig nett. Und nicht so, wie das Getuschel aller Bewohner aus dem Haus hinter vorgehaltener Hand über ihn vermuten ließ. Seit ein paar Wochen wohnte er jetzt in der Wohnung im Erdgeschoss, aber keiner der Nachbarn hatte ihn bislang näher kennengelernt. Wie das eben so ist: Einer hat immer einen Bekannten, von dessen Nachbar der Bruder jemanden kennt, der den neuen Nachbarn schon kennt. Und dieser hier war ein »alter Knastbruder«. Über 20 Jahre soll der wegen Mordes im Gefängnis gesessen haben. Schaurig! Der Junge musterte den Mann, der ein Stück näher auf ihn zugekommen war und immer noch freundlich lächelte. Wirklich freundlich, die Augen lachten mit! Das konnte Fabian mit seinen neun Jahren schon beurteilen. Nicht so ein Lächeln, wie sein Vater es drauf hatte, wenn er Gemeinheiten zu ihm sagte, und sein eiskalter, böser Blick ihn dabei durchbohrte. Also fasste er sich ein Herz, ging seinerseits auch einen Schritt auf den Mann zu, streckte seine Hand aus und sagte: »Ich bin Fabian. Fabian Gruschke. Ich bin gestern neun Jahre alt geworden und habe diesen Fußball geschenkt bekommen.« Er grinste stolz und setzte fort: »Ich wohne ganz oben im 3. Stock mit meinen Eltern.« »Ich bin Paul. Paul Winter. Ich bin 69 Jahre alt und vor einem guten Monat hier unten ins Erdgeschoss gezogen«, ahmte der Ältere die Vorstellung des Jungen amüsiert nach. »Vorher habe ich auch im 3. Stock gewohnt, aber das machen meine Beine nicht mehr mit.« Dabei klopfte er sich demonstrativ mit dem Krückstock an sein rechtes Bein. »Oh, war das Gefängnis so hoch?«, schoss es aus Fabian heraus, und er biss sich im gleichen Moment erschrocken auf die Lippe. Das Lächeln im Gesicht des Mannes flackerte kurz, drohte zu versiegen und wurde dann zu einem kurzen Auflachen. »Du gefällst mir, Junge! Du sprichst die Dinge aus, wie sie sind. Aber ich kann dich beruhigen: Ich habe die letzten fast 30 Jahre in einer ganz normalen Wohnung gelebt. Davor, ja da war ich tatsächlich im Gefängnis. Als junger Mann habe ich eine große Dummheit begangen.« Jetzt lachten seine Augen nicht mehr, sondern blickten ziellos und leidvoll in die Ferne. »Aber das ist nichts, worüber sich so ein netter Junge wie du Gedanken machen müsste. Genieß das schöne Wetter und hab Spaß mit deinem neuen Ball!«, fügte er zwinkernd hinzu und setzte seinen Weg fort.