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Das globale Klima wird durch Änderungen der Wärmestrahlung, durch Eigenschaften und Wechselwirkungen in der Atmosphäre, durch ankommende und reflektierte Solarstrahlung, durch die Erdumlaufbahn, Sonnenaktivität, sowie Charakteristika der Erd- und Wasseroberfläche bestimmt. Kurzum: Es ist komplex und noch ist es nicht hinreichend erforscht. Gerade das sollte uns auffordern, Klimaschutz ernst zu nehmen und zu versuchen, ihn in seiner Vielschichtigkeit anzuerkennen. Was Marlen Gabriele Arnold aber beobachtet, sind kurzsichtige Schuldzuweisungen, sodass der sprichwörtliche Schwarze Peter im Roulette der verschiedenen Kennzahlen immer nur weitergegeben wird. In ihrem Beitrag in Kursbuch 202 nimmt sich die Umweltökonomin den Raum, einzelne Zusammenhänge je nach Datengrundlage vor Augen zu führen und damit zu mehr factfulness beizutragen. Denn es wird Zeit, dass wir gemeinsam Verantwortung übernehmen.
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Seitenzahl: 29
Veröffentlichungsjahr: 2020
Inhalt
Marlen Gabriele ArnoldSchwarzer Peter im Kennzahlen-RouletteWer ist verantwortlich für den Klimawandel?
Die Autorin
Impressum
Marlen Gabriele ArnoldSchwarzer Peter im Kennzahlen-RouletteWer ist verantwortlich für den Klimawandel?
Einleitung
Satire erlaubt alles – so die Aussage einiger Comedians und Freunde des gepflegten Spöttelns. Doch wenn politisches Kabarett dazu beiträgt, Falschinformationen und Fehlinterpretationen zu verbreiten – darf Satire dann immer noch alles? Trägt nicht auch das politische Kabarett Verantwortung für eine adäquate Faktendarstellung anstelle einseitiger Politisierung?
Wenn Dieter Nuhr 1 die Verantwortung der sogenannten westlichen Welt bezüglich der Klimawirkgase negiert, indem er ausschließlich auf die gegenwärtigen absoluten CO2-Emissionen der asiatischen Länder referiert, blendet er leider einige Fakten und Wirkbezüge in der Klimadebatte aus. Dass diese Blindheit und Ignoranz nicht zwingend zuträglich für eine gesellschaftliche Entwicklung und die Aufgeklärtheit einer Gesellschaft sind, liegt auf der Hand – aller Freiheit politischer Satire zum Trotz.
Das globale Klima wird im Grundsatz bestimmt durch Änderungen der Wärmestrahlung, durch Eigenschaften und Wechselwirkungen in der Atmosphäre, durch ankommende und reflektierte Solarstrahlung, durch die Erdumlaufbahn, Sonnenaktivität sowie Charakteristika der planetaren Oberfläche, also Erd- und Wasseroberfläche. Es gilt somit als komplex – und noch ist nicht alles erforscht und verstanden.
Gesichert aber ist, wie Wilfried Rickels darlegt: »Menschliche Aktivitäten haben seit Beginn der Industrialisierung (ca. 1750) Prozesse und Komponenten der Atmosphäre und Erdoberfläche signifikant beeinflusst. Damit einher geht eine Änderung der globalen Strahlungsbilanz.« 2 Das Klimasystem reagiert träge – jenseits menschlicher Wahrnehmungs- und Zeithorizonte. Auch wenn Dieter Nuhr es sich nicht vorzustellen vermag, steht die globale Erwärmung nicht plötzlich morgen vor der Tür.3
Menschliche Betrachtungszeiträume, Referenzzeiträume und Aufmerksamkeitszeiträume unterscheiden sich in Teilen essenziell von natürlichen Zeiträumen und Prozessen. Ein Mehr an Information ist deshalb nicht gleichzusetzen mit umfassendem Wissen, sondern stellt durchaus eine Quelle von Dilemma, Spannung und Lähmung dar.4 Insofern gilt es, den Umgang mit Ambiguitäten und Unsicherheiten zu schulen. Dieser Beitrag will deshalb die Vielfalt der Daten und Interpretationsspielräume aufzeigen und zu mehr factfulness5 in der Klimadiskussion motivieren.
Anthropogene globale Erwärmung
»Die Klimarahmenkonvention (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) ist das internationale, multilaterale Klimaschutzabkommen der Vereinten Nationen. Ihr Ziel ist es, eine gefährliche anthropogene – also eine vom Menschen verursachte – Störung des Klimasystems zu verhindern. Die UNFCCC wurde 1992 im Rahmen der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro ins Leben gerufen und trat zwei Jahre später in Kraft. Mittlerweile haben 195 Staaten die UNFCCC ratifiziert und damit nahezu alle Staaten der Welt.« 6
Diese Einsicht der Weltgemeinschaft basiert auf der Erkenntnis, dass die globale Klimaerwärmung ländergrenzenübergreifend wirkt und die klimatischen Auswirkungen alle Handlungsfelder, Akteure und Nachhaltigkeitsdimensionen betreffen. Einen Überblick über die Treibhausgaskonzentration, ihre Stabilisierung oder gar Reduktion, wird regelmäßig im Rahmen wissenschaftlicher Prognosen beziehungsweise Simulationen des Weltklimarats, des Intergovernmental Panel on Climate Change, kurz IPCC, gegeben. Nur wenn die natürlichen Ökosysteme anpassungs- und entwicklungsfähig bleiben, kann eine globale Versorgung mit Nahrungsmitteln sichergestellt werden und eine globale, nachhaltige sozialökonomische Entwicklung erfolgen.
Mit der Unterzeichnung der Klimarahmenkonvention verpflichten sich die Staaten, kontinuierlich Daten über ihre Treibhausgasemissionen zu erheben, diese mitzuteilen und aktiv Maßnahmen zur Treibhausgasreduktion umzusetzen. Im fünften Sachstandsbericht des IPCC von 2016 beschreiben die Simulationen, dass die angesteuerte Obergrenze einer atmosphärischen Temperaturerhöhung um 2 °C mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 66 Prozent nur unterschritten werden kann, wenn sich die gesamte, weltweite Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre bis zum Jahrhundertende bei rund 450 ppm (also parts per million) Kohlendioxidäquivalenten stabilisiert.