Sehnsucht nach Korsika - Lucie Nixdorf - E-Book

Sehnsucht nach Korsika E-Book

Lucie Nixdorf

0,0

Beschreibung

Ein kleines aber sehr persönliches Reisetagebuch und eine Liebeserklärung an die schöne wilde Insel im Mittelmeer und vor allem an das ehemalige Fischerdörfchen Algajola an der romantischen Nordwestküste. Hier verbringt Emma immer wieder ihre Ferien, erholt sich von den Strapazen des Alltags einer alleinerziehenden berufstätigen Mutter und sucht ganz nebenbei den Mann fürs Leben, oder vielleicht doch eher ihre alte Liebe? Sonne über Berge und Meer mit einer grandiosen Natur, wer wird da nicht begeistert sein? Doch als ausgediente Mutter und „Ladenhüter mit Staubansatz“ ist es gar nicht so einfach, der so genannten „Torschlusspanik“ zu entfliehen. Mit Tips für die einfache mediterrane Küche – denn Liebe soll ja durch den Magen gehen ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 93

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Teil 1

1. Endlich Ferien

2. Reife Schönheit

3. Bombenstimmung in Algajola

4. Am Strand der Nackten

5. Der Duft der Maccia

6. Besuch von Gudrun

7. Es lebe der Fußball

8. Die Messe

9. Eine alte Liebe

10. Schaumbad

11. Perle des Südens gesucht

12. Grand ball de Chariot

13. Die Heimkehr

Teil 2

14. Der Ruf Korsikas

15. Feuer und Sturm

16. Torschlusspanik

17. Abschied

18. Über den Wolken

Teil 1

Endlich Ferien

Ach ist das schön! Hier zu sitzen am Strand von Korsika, den Blick versunken in das unendliche Blau von Himmel und Meer, die sich am Horizont in einer vollkommenen Linie vereinen, und einfach nichts zu tun. Die Zeit vergeht, ganz ohne mein Zutun und ohne dass ich das Gefühl habe, etwas zu verpassen.

Vier Wochen Urlaub liegen nun vor mir und das an dem schönsten Ort der Welt, für mich zumindest. Ile de Beauté – Insel der Schönheit, so wird sie auch genannt. Sie ist eine wilde Schöne mit hohen Bergen, sanften Hügeln, bizarren Felsen über kleinen Buchten mit langen Stränden vom Mittelmeer umspielt.

Mein Zimmer: sauber und einfach, mit Bad und französischem Bett. Es ist das letzte der Bungalowreihe auf dem Strand, von hier sind es nur wenige Meter zum Wasser, je nachdem wie hoch die Wellen sind. Im Moment weht eine linde Brise und treibt kleine Wellen vor sich her, während die Mittagssonne gleißende Lichter aufs Wasser zaubert. Ich genieße derweil einen kleinen Imbiss im Schatten des Sonnenschirms vor meinem Zimmer, den Blick weithin in die Ferne schweifend. Ab und zu schiebe ich mir ein Stück von dem delikaten Schafskäse oder der leckeren Wildschweinwurst in den Mund, gefolgt von einem Happen knusprigen Baguette und einem Stück Tomate in Olivenöl-Zitronen-Basilikumdressing. Dazu einen Schluck von dem köstlichen gekühlten Rotwein, was braucht Frau eigentlich mehr?

Und sollte doch einmal ein einigermaßen passables Mannsbild alleine den Strand kreuzen, wird es sogleich geflissentlich von mir der „besseren Hälfte" zugeordnet, die garantiert irgendwo unter einem Sonnenschirm mit wachsamen Blicken auf seine Rückkehr wartet. Aber was soll's, gut Mann will eben Weile haben. Wenn überhaupt, dann wäre mir ein „Einheimischer" auch lieber, denn eigentlich will ich ja mal nach Korsika auswandern, aber die Korsen sind leider alle so klein und entweder zu jung oder zu alt. Seit zwanzig Jahren nun fahre ich schon in dieses ehemalige Fischerdorf mit dem schönen Namen Algajola, doch bis auf meine erste verunglückte Bekanntschaft zu einem gewissen Jean im ersten Jahr ist mir hier seitdem kein passendes Exemplar mehr weit und breit begegnet. Allerdings gehe ich auch nicht auf die Suche, weder hier noch zu Hause, denn ich warte auf den „von Gott Gesandten" und hoffe, dass es noch in diesem Leben passieren wird.

Dieses Jahr bin ich zum ersten Mal ohne meine Tochter Carla hier, die lieber mit ihrem Freund zu Hause geblieben ist. Was auch sein Gutes hat: Kein Mensch, auf den ich Rücksicht nehmen muss, keiner, dem ich erklären muss, warum ich abends um zehn Uhr ins Bett gehen und meine Ruhe haben will oder warum ich schon wieder das Zimmer ausfege. Mich braucht nicht zu kümmern, ob der Bauch von irgendeinem außer dem meinen gefüllt ist oder ob die Sachen weggeräumt wurden. Keiner kann so gut aufräumen wie ich!

Und allein diese Ruhe: Kein Telefon, kein Fernsehen, kein Radio, keine Autos und erst recht keine mühseligen Diskussionen über die richtige Haushaltsführung, anstatt dessen nur das sanfte Rauschen des Meeres. Nur manchmal wird es von einem plärrenden Kind aus der Nachbarschaft übertönt, aber was soll's, es ist ja nicht mein eigenes, was ich sofort registriere. Allein mein eigener zäher Husten, ein Überbleibsel einer Bronchitis, die ich mir ausgerechnet noch vor dem Urlaub eingefangen hatte, stört meine Ruhe. Zu dumm auch, dass ich den Hustensaft zu Hause vergessen hatte, an alles andere hatte ich gedacht. Ich werde zu einer Apotheke fahren müssen.

Aber dies tut meiner Stimmung keinen Abbruch. Voller Freude stürze ich mich in die noch kühlen Fluten der Vorsaison. Glasklares türkisfarbenes Wasser umgibt mich, unter mir heller Sand und kleine Fischschwärme, die mit etwas grün-braunem Tang in der Strömung treiben, ich fühle mich wie einer von ihnen. Als ich rauskomme, empfängt mich die Sonne mit ihren wärmenden Strahlen und ein leichter Wind streichelt meine Haut.

Vier Wochen ohne Fernseher und Zeitung heißt auch vier Wochen ohne Mord- und Totschlag, denn glücklicherweise verstehe ich von den Artikeln im Corse Matin, der hier in jedem Café oder Restaurant ausliegt, nur wenig. Aber nach den freundlichen Bildern zu urteilen scheint das Leben hier auch wirklich weniger grausam. Bei der Einweihung einer neuen Bäckerei in Sartène zum Beispiel machen die Beteiligten einen locker fröhlichen Eindruck, so ganz anders als bei uns daheim im „Käseblatt“, wo die bildliche Dokumentation eines solchen Anlasses nach den grimmigen Minen der Anwesenden eher ein Trauerspiel vermuten lassen würde. Und am französischen Nationalfeiertag, den 14. Juli, gibt es Bilder mit begeistert feiernden Menschen.

Ich bin auch begeistert. Denn sogar von meinem Bett aus habe ich Meerblick durch die offene Tür sowie einem großen Fenster zum Meer hin und kann den Sonnenuntergang bewundern mit seinem phantastischen Wechsel der Farben und Formen. Und es sieht immer anders aus, garantiert. Mal einfach nur blau bis rosa verschwommen mit tollen Wolken-Formationen, mal orange bis pink, wenn die Sonne das Meer küsst.

Apropos Küssen - das würde ich eigentlich auch mal gerne wieder tun, sieben Jahre ist es schon wieder her, das letzte Mal.

Reife Schönheit

Wenn ich morgens aufstehe und meinen ersten Blick hinauswerfe ist es immer wieder eine Überraschung. Wir sind hier an der Westküste und haben somit zwar meistens schönes Wetter mit strahlendem Sonnenschein, aber der Wind bestimmt das Bild. Je nach seiner Stärke präsentiert sich das Meer mit kleinen Schaumkronen bis hin zu gewaltigen Wogen, ziehen weiße Wölkchen am blauen Himmel oder türmen sich Wolkenberge im Hinterland, um dort abzuregnen.

Heute ist es vollkommen windstill. Einladend liegt das Meer ruhig und glatt in der Morgensonne, so als ob es noch schlafen würde und mit ihm die Häuser von Algajola, die sich am Ende vom Strand in den Hügel schmiegen, von den ersten Strahlen erhellt. Wie geschaffen für ein erstes Bad und die Morgengymnastik, die ich mir für den Urlaub auferlegt habe.

Die Zeit ist günstig, da der Strand noch fast leer ist, nur ein paar Angler versuchen weiter hinten ihr Glück und einige Jogger sind unterwegs. Schließlich muss ja nicht jeder meine ungeübten Verrenkungen sehen. Aber was soll’s, Arme hoch und strecken, jetzt in die Hocke und zehn Kniebeugen, dann hoch die Beine und schwingen. Dabei äuge ich unauffällig nach vermeintlichen Zuschauern, doch auch die ersten eintreffenden Badegäste nehmen nicht weiter Notiz von mir und es schallt auch kein Lachen von meinen Nachbarn aus der Anlage herüber, wo einige schon beim Frühstück draußen sitzen.

Also auch in meinem Alter kann man durchaus noch anfangen, etwas für die Figur zu tun. Voller Elan tauche ich ein in das erfrischende Nass, schwimme ein paar kräftige Züge hinaus und lege mich dann auf den Rücken, lasse mich treiben. Über mir wölbt sich ein strahlend blauer Himmel, vor mir rahmen die grünen Hügel der Balagne die Bucht von Algajola ein mit ihren winzigen Dörfern und dem dahinter steil aufragendem Massiv des Monte Grossu. Hinter mir verliert sich das Meer in der blauen Unendlichkeit, oh mein Gott, was ist das schön!

Nach dem Schwimmen nehme ich eine Dusche. Das Wasser ist kalt und braucht lange, um warm zu werden, dann ist es heiß. Gerade als ich so richtig eingeseift bin, versiegt es ganz. Nur noch wenige Tropfen finden ihren Weg aus der Brause auf meinen Kopf, na prima! Während ich bibbernd auf die Dinge warte, die da wohl hoffentlich noch kommen, habe ich genügend Zeit, meinen Körper zu begutachten. So schlecht ist der ja noch gar nicht, nur die paar Gramm Bauchspeck, die ich mir nach der Raucher-Entwöhnung angefressen hatte, könnte ich gut entbehren. Auch die Haut ist schon mal straffer gewesen, vor allem an den gewissen Zonen, aber Schwangerschaft und Stillzeit forderten eben ihren Tribut genauso wie zwanzig Jahre Schreibtischtätigkeit. Ohne Brille kann ich keine Einzelheiten mehr entdecken und somit jetzt nur die größeren Falten, was mir in diesem Falle aber nicht Leid tut.

Wie schön: Das Wasser läuft wieder, zwar fast kalt, aber immerhin doch schon. Dafür ist es so rein, dass man es trinken kann und wohlschmeckend zugleich. Es kommt aus den Bergen und ist fast kalkfrei, was man an den Armaturen im Bad gut sehen kann. Nur kann die betagte Gas-Wasserinstallation des L’ Escale einem erhöhten Bedarf manchmal nicht standhalten, wie mir der Vater des Patron erklärte, zu wenig Druck und zu viele Leute …

Beim Eincremen massiere ich meine Haut, die schon etwas gebräunt ist. Mit den von der Sonne leicht aufgehellten Haaren und den blauen Augen sehe ich eigentlich noch ganz passabel aus, finde ich. Nur bleiben irgendwie die Verehrer aus, die sich früher schon mal gerne um mich geschart hatten. Auch ganz allgemein scheinen die Männer sich heutzutage lieber in Zurückhaltung zu üben und der Single-Mann schlechthin scheint ein aussterbendes Wesen zu sein, frei nach dem Spruch: „Männer sind wie Klos – entweder besetzt oder beschissen!“

Jetzt habe ich mir aber erst einmal ein Frühstück redlich verdient. In der Gemeinschaftsküche am Ende der Bungalowreihe bereite ich mir einen café au lait. Hier teilen sich die internationalen Gäste aus Dänemark, Holland, Deutschland, Österreich, Polen, der Schweiz, Italien und nicht zuletzt Frankreich und manchmal sogar aus Amerika oder Australien zwei Gaskocher, zwei Kühlschränke und zwei Spülen. Die verschiedenen Esskulturen und Vorstellungen von Sauberkeit finden alle in dieser Küche ihren Niederschlag. Und das ist auch gut so, denn durch die unterschiedlichen Essenszeiten wird eine Überbelegung meistens vermieden. Zuerst essen die Deutschen und zuletzt die Italiener. Was mich wirklich erstaunt, ist die Tatsache, dass fast keine Sachen aus den Kühlschränken wegkommen. Eher muss man schon einmal ein vergammeltes Teil, dessen Besitzer wahrscheinlich schon vor einigen Wochen abgereist ist, mit spitzen Fingern entsorgen. Koch- und Essgeschirr kann aus dem Fundus ehemaliger Gäste rekrutiert oder selbst mitgebracht werden, zwei Grills stehen zur freien Verfügung. Die internationale Kommunikation verläuft meist in Französisch oder Englisch, was fast jeder kann oder notfalls mittels Gesten.

Zu dem Kaffee mit Milch gibt es ein frisches Croissant von dem Bäcker um die Ecke mit Kastanienhonig aus der Castagniccia.

Dann mache ich mich auf zur nächsten Bahnstation des feurigen Elias, wie der kleine, aber schnelle Inselzug liebevoll genannt wird, der zwischen Bastia und Calvi in der Saison stündlich tagsüber verkehrt. Laut Fahrplan müsste er gleich kommen, mein Ziel ist Ile Rousse, wo es eine Apotheke gibt. Noch eine Nacht mit diesem Husten muss nicht sein. An der Station, die aus einem zehn Meter langen Bahnsteig direkt am Strandweg besteht, warten schon einige Fahrgäste. Ich geselle mich dazu und schaue mich um. Alle sind fröhlicher Stimmung an diesem herrlichen Vormittag und in der Erwartung des bevorstehenden Ausflugs.

Nach einer Weile frage ich einen