Sehnsucht nach Mitford: Die Mitford-Saga - Band 4 - Jan Karon - E-Book
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Sehnsucht nach Mitford: Die Mitford-Saga - Band 4 E-Book

Jan Karon

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Beschreibung

Am Horizont das Leuchten der Heimat: Der warmherzige Roman »Sehnsucht nach Mitford« von Jan Karon jetzt als eBook bei dotbooks. Auf zu neuen Ufern … Um einem alten Freund einen Gefallen zu tun, wagen Pfarrer Tim und seine Frau Cynthia einen Neuanfang in einer kleinen Pfarrei am Atlantik. Doch weit wie ein ganzer Ozean scheint ihnen auch die Ferne zu ihrer geliebten kleinen Heimatgemeinde in Mitford – das Städtchen inmitten leuchtend grüner Wiesen, im Schatten der blauen Berge. Bald steht das Telefon bei ihnen nicht mehr still und Tim und Cynthia geben ihr Bestes, um für beide Gemeinden da zu sein … doch ihre Herzen schweben zwischen zwei Welten: Wohin gehören sie wirklich? Als würde man morgens eine kleine Bäckerei betreten und von kaffeeduftender Wärme eingehüllt: Die Geschichten aus Mitford sind so heiter und wunderbar wie die Romane von Debbie Macomber und Inga Lindström. »Jan Karons Mitford-Romane sind eine gesunde kleine Wohlfühl-Oase.« The Wall Street Journal Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der turbulente Feelgood-Roman »Sehnsucht nach Mitford« von Jan Karon – Band 4 der großen Mitford-Saga. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 764

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Über dieses Buch:

Auf zu neuen Ufern … Um einem alten Freund einen Gefallen zu tun, wagen Pfarrer Tim und seine Frau Cynthia einen Neuanfang in einer kleinen Pfarrei am Atlantik. Doch weit wie ein ganzer Ozean scheint ihnen auch die Ferne zu ihrer geliebten kleinen Heimatgemeinde in Mitford – das Städtchen inmitten leuchtend grüner Wiesen, im Schatten der blauen Berge. Bald steht das Telefon bei ihnen nicht mehr still und Tim und Cynthia geben ihr Bestes, um für beide Gemeinden da zu sein … doch ihre Herzen schweben zwischen zwei Welten: Wohin gehören sie wirklich?

Als würde man morgens eine kleine Bäckerei betreten und von kaffeeduftender Wärme eingehüllt: Die Geschichten aus Mitford sind so heiter und wunderbar wie die Romane von Debbie Macomber und Inga Lindström.

»Jan Karons Mitford-Romane sind eine gesunde kleine Wohlfühl-Oase.« The Wall Street Journal

Über die Autorin:

Jan Karon wurde 1937 in North Carolina geboren. Sie arbeitete in der Werbebranche, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Die Bände ihrer Mitford-Saga eroberten im Folgenden regelmäßig die New-York-Times-Bestsellerliste. Heute lebt sie in Virginia, wo sie ein historisches Farmhaus aufwendig restaurierte und zu ihrem Zuhause machte.

Bei dotbooks erscheint in der »Mitford-Saga«:

»Daheim in Mitford«

»Der Himmel über Mitford«

»Die grünen Hügel von Mitford«

»Sehnsucht nach Mitford«

»Das Herz von Mitford«

***

eBook-Neuausgabe September 2019

Dieses Buch erschien bereits 2006 unter dem Titel »Ein neues Lied« bei Weltbild.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1999 by Jan Karon

Die amerikanische Originalausgabe erschien 1999 unter dem Titel »A New Song« bei Viking/Penguin Putnam Inc., New York.

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2006 Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt 67, 86167 Augsburg

Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München

This edition published by arrangement with Viking, an imprint of Penguin Publishing Group, a division of Penguin Random House LLC.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock /Sean Pavone / Natalia Kucherenko / gornjak / Yoko Design / gizele / K. 32 Stock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)

ISBN 978-3-96148-800-1

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

***

Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »Sehnsucht nach Mitford« an: [email protected] (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)

Besuchen Sie uns im Internet:

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blog.dotbooks.de/

Jan Karon

Sehnsucht nach Mitford

Roman

Aus dem Amerikanischen von Michaela Link

dotbooks.

Dem Andenken meiner Tante Helen Coyner Cloer, die mein erstes Manuskript tippte,als ich zehn war.

4. Oktober 1917 – 12. Oktober 1998

... dass wir ihm ähnlich sein werden ...

1. Johannes 3,2

***

Singt dem Herrn ein neues Lied,verkündet seinen Ruhm bis ans Ende der Erde!Es jauchze das Meer und alles, was es erfüllt,die Inseln und ihre Bewohner.

Jesaja 42,10

Kapitel 1Engel des Lichts

Durch die Zweige einer japanischen Zierkirsche gefiltert, aber ungehindert von Vorhängen oder Rollläden fiel das Nachmittagslicht ins Arbeitszimmer.

Es ergoss sich durch die lange Reihe von Fenstern hinter dem neuerdings mit einem Schonbezug versehenen Sofa, wärmte den Eichenfußboden und würzte die Luft mit dem Duft frisch bearbeiteten Holzes.

Unter dem Zauber des Junilichts erstrahlten alle Möbel in einem besonderen Glanz.

Die hohe Kommode, die einst im Besitz eines anderen Kirchenmannes – Father Tims Urgroßvater – gewesen war, hatte eine Art Wiedergeburt erfahren. Nach einer gründlichen Politur mit Zitronenöl erstrahlte die dichte Maserung des alten Walnussholzes, die in dem dunklen Pfarrhausflur nebenan so lange unsichtbar gewesen war, in neuem Glanz. Sogar das M, das neben einem der originalen Schubfachzüge mit dem Taschenmesser unbeholfen ins Holz geschnitzt worden war, konnte man jetzt deutlich erkennen.

Aber nicht nur das Leuchten, sondern vor allem das wechselnde Spiel des Lichts schlug den pensionierten Pfarrer in seinen Bann. So wie andere regelmäßig dem Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang entgegenfieberten, wartete Tim immer wieder voller Freude auf das tägliche Erscheinen dieses Lichts.

Voller Eifer trat er in den großen, neuen Raum, als hätte man ihm Licht und Luft lange Zeit vorenthalten, immer noch erfüllt von ungläubigem Staunen darüber, dass es einen so hellen Ort überhaupt geben konnte. Noch mehr erstaunte ihn die Tatsache, dass dieser Raum allein seinen persönlichen Zwecken diente, seit er vor sechs Monaten in den Ruhestand getreten war und Lord's Chapel seinem Nachfolger im Amt überlassen hatte.

Als Pfarrer der Mitforder Episkopalen Kirchengemeinde hatte er sechzehn Jahre lang nebenan im ehemaligen Pfarrhaus gewohnt. Jetzt war er hier nicht mehr Gemeindepfarrer, aber ihm gehörte das Pfarrhaus – der Nachlass seiner Mutter hatte ihm den Kauf ermöglicht. Dort wohnte er allerdings nicht mehr, sondern zusammen mit Cynthia in dem kleinen gelben Haus direkt daneben.

Allerdings war dieses Haus – was er immer wieder vergaß – inzwischen nicht mehr gar so klein; er und seine vorausschauende Gattin hatten dem winzigen Häuschen stattliche einhundertundzwanzig Quadratmeter Wohnfläche hinzugefügt.

Nur eines war gleich geblieben. Das Haus war immer noch gelb gestrichen, in Cynthias Lieblingsfarbe, der Farbe wilder Forsythien, und umschmeichelt von einem glänzenden Mantel aus dunkelgrüner Berg-Hemlocktanne.

»Prost!«, sagte seine Frau. Bekleidet mit Jeans und Hemdbluse, ein Tablett mit Limonadengläsern in Händen, trat sie durch die Tür. Sie hatten sich in letzter Zeit angewöhnt, sich jeden Nachmittag hier zu treffen und das zu beobachten, was sie den Wechsel des Lichts nannten.

Er kicherte. »Wir dürfen niemandem erzählen, wie wir uns hier vergnügen.«

»Auf keinen Fall! Außerdem würde uns ohnehin niemand glauben, dass wir einfach nur dasitzen und zusehen, wie sich das Licht verändert.« Sie stellte das Tablett neben einem Stapel Post auf den Tisch.

»Wir könnten Schlimmeres tun.«

Sie ließen sich auf das Sofa fallen, das sie durch die Hecke hindurch aus dem Pfarrhaus herübergeschleppt hatten.

»Noch eine Woche«, sagte er ungläubig.

»Uh. Der Himmel steh uns bei!« Sie legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. »Was für eine erschreckende Vorstellung, an einen Ort zu ziehen, den wir noch nie gesehen haben ... Für einen Zeitraum, den wir nicht abschätzen können ... Im Kielwasser eines Pfarrers, der die Leute an die Gitarre gewöhnt hat!«

Lachend griff er nach ihrer Hand. »Wenn irgendjemand es schaffen kann, dann du. Wie viele Bücherkartons müssen wir übrigens dorthin verfrachten?«

»Vierzehn bisher.«

»Und kein einziges Regal, auf das wir die Bücher stellen können!«

»Wir sind restlos verrückt!«, erklärte sie mit Nachdruck. Während der vergangenen Woche hatte seine Frau geschuftet wie ein Pferd, um das gelbe Haus so weit herzurichten, dass sie es getrost verlassen konnten. Außerdem hatte sie den größten Teil des Packens erledigt und ihre finanziellen Angelegenheiten geregelt. Er dagegen hatte Zeit gehabt, durch die Stadt zu spazieren und sich zu verabschieden, hatte wie ein Landedelmann an seinem Tee genippt und gleichzeitig versucht, die Finger von den Plätzchen und Kuchen zu lassen, die ihm angeboten wurden, wo er auch hinkam.

Er war sogar kurz bei Happy Endings gewesen, der Buchhandlung von Mitford, und hatte zwei neue Bücher erstanden, die er nach Whitecap mitnehmen wollte – was er niemals, nicht einmal unter Androhung der Todesstrafe, Cynthia Kavanagh gegenüber zugegeben hätte.

Sie blickte ihn an und lächelte. »Ich habe dafür gebetet, endlich einmal zu erleben, dass du einfach nur dasitzt und dich entspannst. Statt herumzulaufen und tausend Feuer zu löschen. Stell dir nur vor, wie sehr dir die Ruhe während der vergangenen Wochen zugute kommen wird, mein Liebster, wenn wir erst die Vertretung auf der Insel übernommen haben. Wer weiß schon, was dir dort bevorsteht und wie viel Kraft du möglicherweise brauchen wirst?«

Er nahm einen Schluck von seiner Limonade. In der Tat, wer konnte das wissen?

»Wie dem auch sei, jetzt ist es mit der Ruhe definitiv vorbei«, sagte sie mit großem Ernst. »Nächste Woche ...«

»Ich weiß – muss ich nebenan den Rußfilter auswechseln, das Unkraut in den Staudenbeeten jäten, die Kellertreppe in Ordnung bringen, meine Sachen packen ... Ich habe die ganze Liste schriftlich.«

»Außerdem musst du deinen Anzug bügeln lassen«, ergänzte sie, »zwei Strickpullover kaufen – nichts mit einem Krokodil darauf, wie ich inständig hoffe – und für Dooley die Fahrradpumpe suchen.«

»Geht klar!« Tatsächlich war er dankbar für die Betriebsamkeit, die während ihrer letzten Woche in Mitford seinen Adrenalinspiegel hochhalten würde.

»Übrigens«, fügte sie hinzu, »habe ich nachgedacht. Statt den Wagen nach und nach zu beladen, kannst du einfach alles am Garagentor stapeln. Auf diese Weise kann ich die einzelnen Gepäckstücke zweimal kontrollieren, und wir werden sie dann erst im letzten Augenblick einladen.«

»Aber es wäre einfacher ...«

»Vertrau mir doch bitte einfach«, erwiderte sie lächelnd.

Barnabas würde die Rückbank mit Beschlag belegen, und Violets Käfig sollte auf dem Boden stehen, auf der Fahrerseite. Auf die andere Seite würden sie Bettwäsche und Handtücher packen, in einem zum Bersten vollen Koffer, und alles, was dann noch übrig blieb, konnten sie einfach obendrauf werfen.

»O ja, Timothy, noch etwas ... dass du mir ja keinen Fuß mehr in die Buchhandlung setzt!«

In ihren saphirgrünen Augen stand ein Glanz, der keinen Zweifel daran ließ, dass sie ihre Worte bitterernst meinte. Jener ganz besondere Glanz, der trotz all seiner scheinbaren Autorität immer wieder aufs Neue ein Feuer in ihm entfachte. Obwohl er von Natur aus ein Mensch war, der ausgetretene Schuhe und dergleichen liebte, hatte ihm stets vor diesem Stadium ihrer Ehe gegraut, dem Stadium der ausgetretenen Schuhe. Bisher hatten sie diese Phase jedoch noch nicht erreicht. Seine blonde, praktische Frau hatte etwas Unberechenbares an sich, das Eintönigkeit erst gar nicht aufkommen ließ.

»War irgendetwas Wunderbares in der Post?«, fragte sie.

»Keine Ahnung, ich hab sie nur hereingeholt. Warum siehst du sie nicht einfach durch?«

Auch auf ihn übte die Post stets einen starken Reiz aus, aber das war gar nichts gegen die Begeisterung, mit der Cynthia der täglichen Briefpost entgegensah. William James hatte seiner Meinung nach den Nagel auf den Kopf getroffen. »Solange es Postboten gibt«, lautete sein Wahlspruch, »wird das Leben seine Würze behalten.«

»Oh, sieh nur! Wie schön! Ein Brief aus Whitecap, und er ist an mich adressiert!«

Er beobachtete sie, während sie den Umschlag aufriss.

»Meine Güte, hör dir das an ...«

Liebe Mrs Kavanagh,wir sehen Ihrem Aufenthalt in unserer kleinen Inselgemeinde mit großer Freude entgegen und hoffen, dass Ihnen die Vorbereitungen für den Umzug gut von der Hand gehen und Sie Ende Juni zu uns stoßen werden.

Unsere Frauenvereinigung hat Ihnen für Ihren Aufenthalt in Whitecap mit großem Elan Dove Cottage fertig gemacht, und Sie brauchen, wie besprochen, nicht mehr mitzubringen als Bettwäsche für die beiden Schlafzimmer und alles an Handtüchern und Kissen, was Sie für Ihre Bequemlichkeit benötigen.

Wir haben neue Töpfe für die Küche angeschafft, und einige Gemeindemitglieder haben ihre eigenen Sachen als Leihgabe gestiftet, damit Sie und Reverend Kavanagh nicht alles aus Ihrem eigenen Haushalt in Mitford mitbringen müssen. Sam hat den elektrischen Dosenöffner repariert, aber wie ich höre, sind Sie eine hervorragende Köchin und werden ihn ohnehin nicht brauchen.

O ja. Marjorie Lamb und ich haben ein wenig im Garten Ihres Cottages gearbeitet, der nach jahrelanger Vernachlässigung etwas kläglich aussah. Wir sind dabei auf einen entzückend altmodischen Rosenstrauch gestoßen, der Ihrem Gemahl gewiss Freude machen wird, und haben ihn von allem wilden Gestrüpp befreit. Er rankt sich jetzt an seinem Gitter in die Höhe, statt auf die Straße hinauszuwuchern! Wir gehen davon aus, dass die Hortensien und die Kreppmyrte sich bei Ihrer Ankunft in ihrer vollen Pracht zeigen werden. Die Magnolien auf dem Kirchhof dürften bis dahin allerdings leider verblüht sein.

Eine genaue Wegbeschreibung liegt bei; Leonard, Marjories Mann, hat mir versichert, dass Sie damit ohne Komplikationen von Mitford aus direkt vor die Tür von Dove Cottage gelangen können. (Leonard ist diese Strecke früher einmal gefahren, als er noch Sanitärinstallationen verkaufte.)

Bitte beachten Sie den roten Pfeil, den ich auf die Karte gezeichnet habe. An dieser Stelle müssen Sie unbedingt nach dem Wegweiser Ausschau halten, der hinter einer abscheulichen Hecke verborgen liegt. Der Grundstückseigner weigert sich, das verflixte Ding zu stutzen. Ich habe in Erwägung gezogen, es selbst zu erledigen, aber Sam meint, das wäre eine Einmischung.

Wir hoffen, dass Sie nichts gegen ein geselliges Begrüßungskomitee einzuwenden haben; die Leute werden es sich nicht nehmen lassen, Ihnen am Tag nach Ihrer Ankunft ein Gemeindefest im Stil eines hawaiianischen Luau auszurichten. Ich glaube, ich habe ihnen ausreden können, Grasröcke anzulegen, aber diese peinliche Idee könnte durchaus noch einmal zur Sprache kommen.

Als Reverend Morgan vor einigen Jahren zu uns kam, war es auch gerade Sommer, und er rechnete mit einem netten Strandurlaub. Man hat Sie sicher bereits davon in Kenntnis gesetzt, dass bei uns im Sommer immer am meisten los ist, wenn die Touristen da sind, die unsere kleine Kirche an den Rand ihrer Fassungskraft bringen und uns zwingen, zwei Gottesdienste abzuhalten statt einem! Wir Einheimischen machen immer im Winter Urlaub, wenn wir von den Früchten leben müssen, die wir im Sommer zuvor gesammelt haben!

Bischof Harvey hat zu seiner großen Freude von Bischof Cullen erfahren, wie sehr man Sie und Reverend Kavanagh in Ihrer Gemeinde in Mitford schätzt! Wir alle werden unser Bestes tun, um Ihnen das Gefühl zu geben, so willkommen zu sein wie die Blumen im Mai, wie meine liebe Mutter zu sagen pflegte.

Meine Güte! Ich hoffe, Sie werden mir die Länge dieses Briefes nachsehen! Schon als Kind habe ich es über alles geliebt, einen Füllfederhalter über Papier gleiten zu lassen, und diese Leidenschaft geht noch heute bisweilen mit mir durch.

Wir wünschen Ihnen und Father Timothy eine gute Fahrt.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihre Marion Fieldwalker, Mitglied des Kirchenvorstandes der Gemeinde St. John's und Vorsitzende der Episkopalkirchlichen Frauenvereinigung

P. S.: Ich leite (seit fünfunddreißig Jahren) die Gemeindebibliothek von Whitecap Island und hoffe sehr, dass Sie sich vielleicht bereit finden werden, im Herbst dort aus einem Ihrer berühmten Violet-Bücher zu lesen. Ihre kleinen Büchlein sind in unserer Bibliothek stets verliehen, und ich glaube, dass jedes Kind auf der Insel sie zumindest zweimal gelesen hat!

Seine Frau errötete vor Freude. »Na also! Wie ermutigend! Marion klingt ganz reizend! Und stell dir nur vor, mein Liebster – Rankgitter und alte Rosen!«

»Ganz zu schweigen von neuen Kochtöpfen«, erwiderte er, voller Bewunderung für die Anstrengungen seiner zukünftigen Gemeinde.

Cynthia nahm einen Schluck aus ihrem Glas, auf dessen Außenseite sich feine Kondenströpfchen gebildet hatten, und ging den Rest der Post durch. »Timothy, sieh dir nur diese Handschrift an. Er hat endlich aufgehört, in Druckbuchstaben zu schreiben!«

»Lass mal sehen ...«

In puncto Handschrift war dies tatsächlich eine Neuerung und ein eindeutiges Verdienst der Privatschule in Virginia, die Dooley Barlowe inzwischen besuchte. Miss Sadies üppige Schecks, die alljährlich, wenn auch inzwischen posthum kamen, hatten eine Menge bewirkt. Sie gaben dem rothaarigen Jungen aus den Bergen, der vor fünf Jahren zu ihm ins Pfarrhaus gezogen war, den letzten Schliff. Laut las er aus Dooleys Brief vor:

Hey, ich habe eine Menge darüber nachgedacht, und ich würde gern während des Sommers in Mitford wohnen, um für Avis zu arbeiten und Geld für ein Auto zu verdienen. Außerdem möchte ich mit den Reds Softball spielen.

Ich habe keine Lust auf einen Strandurlaub.

Seid mir bitte nicht böse oder unglücklich oder irgendetwas. Ich kann bei Harley im Keller wohnen, wie ihr vorgeschlagen habt, und wir werden bestimmt prima zurechtkommen. Vielleicht könnte Puny die Wäsche für uns übernehmen, oder wir machen alles selbst und essen in Wesley oder in der Grillstube oder Harley könnte kochen.

Über Thanksgiving und Weihnachten werde ich dann zu dieser Insel runterfahren, wie wir es besprochen haben.

Danke, dass ihr mir erlaubt habt, in den Ferien zu Jimmy Duncan zu fahren. Ich find's klasse hier, er fährt einen Wrangler. Seine Mom fährt einen Range Rover, und sein Dad hat einen BMW 850. So einen hätte ich auch gern mal. Einen Wrangler, meine ich. Ich komme nach Hause, bevor ihr abreist, Mr Duncan setzt mich auf dem Weg zu einer großen Konferenz in Mitford ab. Grüßt Barnabas und Violet von mir. Danke für das Geld.

Alles Liebe, Dooley

»Ach so«, sagte seine Frau mit enttäuschter Miene. »Er will sicher in der Nähe seiner Freunde sein ...«

»Klar. Und in der Nähe seines Bruders und seiner Schwester ...«

Sie seufzte. »Im Grunde hatten wir ja nichts anderes erwartet.«

Auch er war enttäuscht darüber, dass der Junge seine Sommerferien nicht in Whitecap verbringen würde, aber sie hatten ihn frei entscheiden lassen, und er hatte seine Entscheidung getroffen. Außerdem hatte Tim schon vor einigen Jahren gelernt, sich von Dooley Barlowes sommerlichem Treiben seine eigene Freude an der flüchtigen Jahreszeit nicht verderben zu lassen.

Es war diese Geschichte mit den Autos, die ihm Sorgen machte ... Dooley war im vergangenen Februar sechzehn geworden, und er würde in weniger als drei Tagen in Mitford eintreffen – zusammen mit einem gültigen Führerschein.

»Klopf, klopf!« Emma Newland kam durch den Flur ins Arbeitszimmer gerauscht. »Bleiben Sie sitzen«, erklärte sie und hatte auch schon das Kommando übernommen. »Sie werden bestimmt niemals glauben, was passiert ist!«

Seine ehemalige Teilzeitsekretärin, die mit ihm zusammen in den Ruhestand getreten war, hatte sich offensichtlich noch nicht von ihrem alten Job losreißen können. Sie ließ es sich nicht nehmen, zweimal die Woche vorbeizukommen und ihm für einige Stunden zur Hand zu gehen, ob er ihre Hilfe nun brauchte oder nicht.

»Ich tue das für den Herrn«, hatte sie energisch erklärt und jedes Dankeschön abgelehnt. Obwohl Cynthia, wenn Emma eintraf, im Allgemeinen die Flucht ergriff, freute er selbst sich doch sehr über die Besuche seiner ehemaligen Sekretärin. Sie stellte eine gewisse Verbindung zu Lord's Chapel dar, die inzwischen unter der vorläufigen Führung eines Vertretungspfarrers stand.

Emma stemmte die Hände in die Hüften und spähte über ihre Brillengläser hinweg. »Sie werden mir nicht glauben, was ich im Internet entdeckt habe. Dreimal dürfen sie raten!«

»Entschuldigt mich!«, sagte Cynthia und sprang vom Sofa auf. »Ich hole Ihnen nur schnell ein Glas Limonade, Emma, und mache mich dann wieder an die Arbeit. Ich muss noch Unmengen von Büchern einpacken.«

»Also, raten Sie!«, beharrte Emma. Sie spielte gern dieses Spiel, das er ebenso sinnlos wie lästig fand.

»Ein Rezept, um Ihre eigene Fassadenfarbe zusammenzumischen?«

»Oh, bitte«, rief sie mit angewiderter Miene. »Sie geben sich keine Mühe.«

»Die kompletten Werke von Fulgentius von Ruspe!«

»Von wem?«

»Ich geb's auf«, sagte er und meinte es bitterernst.

»Ich habe ein zweites Mitford gefunden! Es liegt in England, und es hat eine Kirche so alt wie Methusalem, ganz zu schweigen von einer Burg!« Sie blickte triumphierend drein, als hätte sie soeben eine Invasion der Mauren abgewehrt.

»Wirklich? Das ist ja wunderbar! Ich nehme an, das ist das Städtchen, aus dem diese Mitfords kommen, die uns geschrieben haben ...«

»Nein, da besteht keine Verbindung. Die kamen aus den Cotswolds, und dieses Mitford liegt weiter nördlich. Ich hatte schon einiges dazu ausgedruckt, aber Snickers hat sich auf das ganze Zeug draufgesetzt, nachdem er vom Spielen am Bach zurückgekommen war, und ich muss die Seiten alle noch einmal ausdrucken.«

»Aha.«

»In Ordnung, dann raten Sie mal, was sonst noch passiert ist!«

»Verflixt und zugenäht, Emma. Sie wissen, dass ich dieses Spiel hasse.«

Sie sagte, was sie immer sagte. »Das tut Ihnen gut, hält Ihr Gehirn in Schwung.«

Nach ihrer Einschätzung war er seit seiner Pensionierung vor sechs Monaten nicht mehr ganz richtig im Kopf.

»Sagen Sie's mir einfach, dann haben wir es hinter uns.«

»Oh, kommen Sie! Versuchen Sie es wenigstens noch einmal. Ich gebe Ihnen auch einen Hinweis. Es geht um die Wahl im November.«

»Esther tritt zurück, und Andrew Gregory wird kandidieren.«

Sie runzelte die Stirn. »Woher wissen Sie das?«

»Ich bin nicht plötzlich taub und blind geworden, um Himmels willen. Ich komme durchaus noch im Ort herum.«

»Dann wissen Sie wohl auch«, fügte Emma hinzu, die hoffte, dass er es nicht wusste, »dass das Restaurant in Fernbank am Abend vor Ihrer Abreise eröffnen wird.«

»Das weiß ich allerdings. Wir sind eingeladen.«

Sie ließ sich auf den Armsessel, der bereits in seinem Schonbezug steckte, fallen und musterte Tim, als sei er ein Käfer auf einem Tannenzapfen. Obwohl sie dergleichen niemals aussprechen würde, glaubte sie doch, dass er sich zwischen dem unbestreitbaren Paradies von Lord's Chapel und der Hölle einer fremden Gemeinde an einem fremden Ort mit vierzig Grad im Schatten in einer Art Fegefeuer befand.

»Werden Sie da unten eine Sekretärin haben?«, fragte sie argwöhnisch.

»Ich glaube nicht. Es ist nur eine kleine Gemeinde.«

»Wie klein?«

»Oh, fünfzig, sechzig Seelen.«

»Ich dachte, Bischof Cullen sei Ihr Freund«, bemerkte sie naserümpfend. Sie hatte es nie ausgesprochen, aber in ihrem tiefsten Herzen hatte sie gehofft, dass man ihrem Chef, für den sie sechzehn Jahre lang gearbeitet hatte, eine große Kirche in einer großen Stadt geben würde, und er die Chance zu einem Comeback erhielt. Wie die Dinge lagen, trabte er jeden Morgen, den Gott werden ließ, den Hügel hinauf zum Haus der Hoffnung und zum Krankenhaus und wirkte dabei so munter, dass sie die ganze Sache sofort als Tarnmanöver erkannt hatte.

Cynthia kehrte mit einem Glas Limonade und einem Teller Kekse zurück und stellte beides vor Emma auf den Tisch. »Ich bin im Atelier, falls irgendjemand mich braucht. Mit all den Büchern, die wir mitnehmen, werden wir die Insel womöglich versenken!«

»Ein richtiggehendes Atlantis«, meinte Father Tim.

»Wo wir gerade von Büchern sprechen«, sagte Emma zu seiner Frau, »werden Sie ein neues schreiben?«

»Nicht, wenn ich es verhindern kann!«

Er lachte, während Cynthia bereits den Flur hinunterging. »Im Allgemeinen kann er es nicht verhindern.« Er rechnete jetzt jeden Tag damit, dass seine energiegeladene Frau mit einem Plan für ein neues Kinderbuch herauskommen würde. Wenn er es genau bedachte – hatte sie nicht die Marotte, gerade dann mit einem Buch zu beginnen, wenn das Leben auf dem Kopf stand?

Emma knabberte an einem Mürbeplätzchen und ließ sich die Krümel auf den Schoß fallen. »Haben Sie die Briefe auf dem Computer für mich vorbereitet?«

»Noch nicht ganz. Ich hatte Sie erst morgen früh erwartet.«

»Ich komme auch morgen früh, ich wollte jetzt nur schnell vorbeischauen und Ihnen die neuesten Nachrichten überbringen. Aber ...« Sie zog eine Augenbraue in die Höhe. »... ich habe Ihnen noch nicht alles erzählt, das Beste habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben.«

Sein Hund kam ins Arbeitszimmer spaziert und ließ sich hechelnd zu seinen Füßen nieder.

»Wenn Sie behaupten, das wüssten Sie auch, werde ich Ihnen, solange ich lebe, nie wieder etwas erzählen. Auf dem Weg hierher bin ich Mule Skinner begegnet; er hat gesagt, er hätte endlich einen Mieter für Ihr Haus gefunden.«

Sie richtete sich hocherfreut auf und trank etwas von ihrer Limonade.

»Wunderbar! Das kommt genau zur richtigen Zeit!« Er hätte vor Freude tanzen können.

»Mule hatte noch keine Zeit, Sie anzurufen, aber er wird es heute Abend nachholen. Leider handelt es sich bei dem Mieter nicht um eine Familie mit Kindern, wie Cynthia es sich gewünscht hat.«

»Oh, hm ...« Er war überglücklich darüber, dass sich endlich ein neuer Bewohner für das Pfarrhaus gefunden hatte. Er und Harley hatten während der letzten Monate alles darangesetzt, es für einen möglichen Mieter attraktiver zu machen; sie hatten in der Küche neue PVC-Böden verlegt, die Treppenläufer ausgewechselt, neben dem Schlafzimmer eine neue Toilette installiert und eine neue Schwelle an der Haustür ... Die Liste war endlos gewesen. Und teuer.

»Es ist eine Frau.«

»Ich kann mir nicht vorstellen, was eine einzelne Person mit so viel Platz anfangen will.«

»Wie schnell Sie doch vergessen! Sie haben hundert Jahre allein dort gewirtschaftet.«

»Stimmt. Hm. Ich werde die ganze Geschichte ja noch von Mule erfahren.«

»Sie hat absolut nichts dagegen, hat Mule mir erzählt, wenn Harley im Keller wohnen bleibt, sie wollte nur wissen, ob er laute Rockmusik spielt.«

Emma ließ das Eis in ihrem Glas klappern, trank den letzten Schluck Limonade und schickte sich an zu gehen. »Bevor ich es vergesse, Sie werden nicht glauben, was ich sonst noch im Internet entdeckt habe – Pfarrnachrichten! Sie sollten mal einige der Narreteien sehen, die diese Leute ins Netz stellen, wo Gott und die Welt sie lesen können.«

Sie angelte ein Stück Papier aus ihrer Handtasche. »Nächsten Sonntag«, las sie, »wird es eine Sonderkollekte für die Anschaffung eines neuen Teppichs geben. Wer auf einen neuen Teppich besteht, ist herzlich eingeladen zu spenden.«

Er brüllte vor Lachen.

»Und wie wär's damit: Bringen Ihre Sorgen Sie um? Die Kirche hilft Ihnen dabei!«

Er warf den Kopf in den Nacken und lachte abermals. Emmas Leben im Cyberspace hatte definitiv seine Vorteile.

»Ach übrigens, nehmen Sie Barnabas mit nach da unten?« Sie betonte. die Worte »da unten«, als spräche sie von einer Region unterhalb der Erdkruste.

»Allerdings.«

»Ich begreife nicht, wie Sie einem Tier so etwas antun können. Sehen Sie sich doch nur sein Fell an – genug, um eine Matratze auszustopfen.«

Barnabas gähnte herzhaft und schlug mit dem Schwanz auf den Boden.

»Die schrecklichen Sandflöhe, die sich in seinem Fell niederlassen werden, kann man nicht einmal sehen, und an die, die sich in seinen Pfoten einnisten werden, möchte ich nicht einmal denken.«

Emma wartete auf einen Widerspruch, ein vernünftiges Gegenargument – irgendetwas. Hatte er denn gar kein Gewissen? »Und die Hitze da unten! Sie werden ihn vollkommen kahlscheren müssen.«

Father Tim schlenderte durch den Raum, um Emma zur Tür zu geleiten. »Danke für Ihren Besuch, Emma. Und grüßen Sie Harold von mir. Wir sehen uns dann morgen früh.«

Seine inoffizielle Sekretärin stapfte den Flur hinunter, und er folgte ihr.

Er hielt ihr die Haustür auf und biss sich auf die Zunge, als sie sich noch einmal umdrehte und ihn ansah. Ihre Augen waren plötzlich gerötet und standen voller Tränen.

»Ich werde Sie vermissen!«, platzte sie heraus.

»Wirklich?«

Sie lief die Treppenstufen hinunter, schnüffelte und fahndete in ihrer Handtasche nach Hardees Serviette, von der sie wusste, dass sie irgendwo dort drin sein musste.

Er war erschüttert. »Emma! Wir werden ... wir werden morgen früh Gelee-Doughnuts essen!«

»Ich werde Gelee-Doughnuts essen, Sie bekommen trockenen Toast! Wir wollen doch nicht, dass Sie da unten ins Koma fallen!«

Sie stieg in ihren Wagen, schlug die Tür hinter sich zu, jagte den Motor hoch und donnerte die Wisteria Lane hinauf.

Einen flüchtigen Augenblick lang hatte er seinen verdammten Diabetes vollkommen vergessen.

»Ich bin jetzt dann weg«, sagte er und küsste seine Frau.

»Sorg dafür, dass er etwas übrig lässt, das die Inselbrise dir zerzausen kann, Liebling. Lass ihn nicht alles abschneiden.«

»Das sagst du immer.«

»Ja. Wenn du vom Friseur kommst, hast du immer eine gewisse Ähnlichkeit mit einem gehäuteten Kaninchen. Ich habe nicht den leisesten Schimmer, was Joe Ivey mit dir macht.«

Wenn man bedachte, was Fancy Skinner ein ums andere Mal mit ihm gemacht hatte, konnte Joe Ivey tun, was immer er wollte.

»Sie wollen uns also verlassen, ja?« Joe zog Father Tim überm linken Ohr einen Kamm durchs Haar und begann zu schnippeln.

»Ja, leider.«

»Sie lassen uns hängen, das trifft es wohl eher.«

»Ich bitte Sie, Joe. Habe ich Ihnen eine Moralpredigt gehalten, als Sie nach Graceland verschwunden sind und mich im Stich gelassen haben?«

Joe stieß ein kehliges Lachen aus. »Gott sei Dank bin ich dann aber zur Vernunft gekommen und haben diesen idiotischen Job wieder gekündigt. Und gerade noch rechtzeitig, möchte ich hinzufügen. Es ist mir endlich gelungen, wiedergutzumachen, was Fancy Skinner auf den Köpfen der Leute hier angerichtet hat. Was in Ihrem Falle bedeutet, dass es ihr gelungen ist, Ihre Ohren einen halben Meter tiefer zu setzen.«

»Meine Frau sagt, Sie sollen nicht zu viel abschneiden.«

»Wenn ich darauf hören würde, was Ehefrauen sagen, wäre ich schon vor vierzig Jahren aus dem Geschäft gewesen. Wissen Sie, wie heiß es da unten wird?« Dieselbe Frage hatte er jetzt schon mindestens tausend Mal gehört. Es gab kaum etwas, das Bergbewohner mehr verabscheuten als »Hitze«.

»Sie wissen doch, ich bin in Mississippi aufgewachsen.«

»Und die Mücken ...!« Joe stieß einen leisen Pfiff durch die Zähne aus. »Kaum zu glauben!«

»Genau da«, sagte er, als Joe sich um seinen Kragen herumarbeitete. »Begradigen Sie die Haare da hinten ein klein wenig, aber schneiden Sie sie nicht ab ...«

Und Joe begann zu schneiden. Na schön. Joe Ivey hatte mit Father Tims Haaren immer genau das gemacht, wonach ihm der Sinn stand, darin war er um nichts besser als Fancy Skinner. Welcher Teufel ritt bloß die Leute, die sich als Friseure ihren Lebensunterhalt verdienten? Das war eine Frage, auf die er sein Leben lang keine Antwort hatte finden können.

»Ich höre, man braucht zehn Stunden, um dort hinzukommen«, sagte Joe, der offenkundig einzig auf die unangenehmen Seiten des ganzen Unterfangens fixiert war.

»Es dürften eher zwölf sein, wenn man die Pausen zum Tanken und zum Essen einrechnet.«

»Da wären Sie ja noch schneller in New York. Zwölf Stunden würden wahrscheinlich reichen, um hin- und wieder zurückzufahren.«

»Das ist eine gute Idee.«

Joe widmete sich jetzt dem Haar über dem rechten Ohr seines Kunden. »Da wär noch was, was ich gern mit Ihnen bereden würde ...« Joe räusperte sich. »Wegen der Sachen, die oben in Graceland passiert sind.«

»Aha.«

»Ich hab das noch nie einer Menschenseele erzählt, nicht mal Winnie.«

Es folgte eine lange Pause.

Father Tim wartete und – sog tief den Duft aus der Leckerbäckerei ein, die direkt hinter der dünnen Wand lag. Joes Schwester, Winnie, und Thomas, ihr Mann, buken Baklava, und Tim lief langsam das Wasser im Mund zusammen.

»Sie dürfen niemals mit irgendjemandem darüber sprechen«, sagte Joe schließlich. »Sie müssten das auf einen ganzen Stapel Bibeln schwören.«

»Das kann ich nicht tun, aber ich kann Ihnen mein Wort geben.«

Joe stieß einen langgezogenen Seufzer aus. »Also, Reverend, die Sache ist schlicht und einfach die: Ich bin an den Ort gefahren, an dem Elvis vielleicht ...«

»An dem Elvis vielleicht was?«

»Sie wissen schon. Wo er vielleicht lebt.«

»Nein!«

»Ich bin nicht stolz darauf, das zuzugeben. Die Sache ist, ich habe so einiges an Brandy geschluckt, als ich dort war. Der Mann meiner Schwester hatte seine Arbeit verloren, und die Stimmung war ziemlich angespannt. Außerdem ist ihr Haus in puncto Platz nicht gerade die Biltmore-Villa, also bin ich ab und zu nach dem Abendessen ein wenig durch die Gegend gefahren, damit Vern und meine Schwester etwas Zeit für sich hatten.«

»Das war sehr aufmerksam von Ihnen.«

»Ich hatte mir angewöhnt, überall, wo ich hinkam, nach Elvis Ausschau zu halten, vor allem an den Grillrestaurants, weil es doch immer hieß, er sei so versessen auf Gegrilltes. Als meine Schwester hörte, dass ich nach Elvis suche, hat sie angefangen, meinen Brandy in die Toilette zu kippen. Ein Mann kann unmöglich mit jemandem zusammenleben, der seinen Brandy in die Toilette schüttet.«

»Das würde zu Spannungen führen, allerdings.« Der Himmel mochte wissen, dass er jahrelang versucht hatte, Joe vom Alkohol wegzubringen, aber Joe hatte ihm klipp und klar gesagt, er solle sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern. Irgendetwas musste jedoch in Memphis passiert sein, das seinen Friseur verändert hatte. Seit jener Zeit mied er den Alkohol wie der Teufel das Weihwasser.

»Eines Abends, als ich so durch die Gegend fuhr, sagte ich mir dann, ich sagte: Joe, Elvis würde bestimmt nicht selbst in ein Drive-in fahren und sich Schweinegehacktes mit scharfer Soße kaufen, er würde jemanden schicken. Also sagte ich mir, wenn ich Elvis wäre, wo würde ich dann sein?

Irgendetwas sagte mir da, fahr zurück nach Graceland. Es war ungefähr elf Uhr abends, also bin ich rübergefahren, habe meinen Wagen auf der anderen Straßenseite geparkt und die Lampen ausgeschaltet. Es ist mir schrecklich, Ihnen das sagen zu müssen, aber ich hatte ein Bier im Handschuhfach, und ich habe ab und zu einen winzigen Schluck genommen.«

Joe holte eine Flasche aus dem Schrank und hielt sie seinem Kunden über den Kopf. »Wollen Sie Meeresbrise?«

»Ist der Papst katholisch?«

»Also, im nächsten Moment sehe ich etwas oben im Garten. Der Garten ist sehr groß, müssen Sie wissen. Na ja, also, es war etwas Weißes, und es ...« Joe räusperte sich. »Es bewegte sich.«

»Aha.«

Joe besprengte ihm den Schädel mit Meeresbrise und massierte das Haarwasser energisch in die Kopfhaut ein. »Sie werden es nicht glauben.«

»Stellen Sie mich auf die Probe.«

Joe hielt mit seiner Massage inne. Father Tim konnte im Spiegel das Kinn seines Friseurs zittern sehen.

»Es war Elvis ... in einem weißen Anzug.«

»Ich bitte Sie!«

»Er hat seinen Rasen gemäht.«

»Ausgeschlossen!«

»Ich sagte ja, Sie würden es nicht glauben.«

»Warum sollte er seinen Rasen mähen, wenn er jemand anderen für diese Arbeit bezahlen könnte? Und warum sollte er es in einem Anzug tun und erst recht in einem weißen? Und warum sollte er es mitten in der Nacht tun?«

Joes Blick verschleierte sich. Er schüttelte staunend den Kopf. »Das habe ich mir auch nie erklären können.«

»Na eben.« Was sollte er sagen?

»Ich hab also dagesessen und zugesehen. Elvis hat einen Streifen in die eine Richtung gemäht und dann einen in die andere.«

»Benzin oder Handmäher?«

»Handmäher.«

»Wie konnte er da überhaupt etwas sehen?«, fragte Father Tim mit einem Anflug von Ungeduld.

»Wegen ... weil ... da war dieses Leuchten um ihn herum.«

»Aha.«

»Und dann, bevor ich wusste, wie mir geschah ...« Joe senkte die Stimme zu einem vertraulichen Flüstern. »Er hat die Hand gehoben und mir zugewinkt.«

Father Tim war sprachlos.

»Da suche ich nun Gott weiß wie lange nach ihm, und als ich ihn endlich finde, erschreckt er mich zu Tode. Ich hab die Flasche ins Gebüsch geworfen und auf der Stelle aufgehört zu trinken.«

Sein Friseur holte tief Luft und richtete sich auf. »Seither habe ich keinen Tropfen mehr angerührt, und ich werd's auch nicht mehr tun.«

Father Tim war davon überzeugt, dass dies die reine und absolute Wahrheit war. Trotzdem hatte er noch eine Frage.

»Also, Joe, was ist das ... ähm ... was ist das für eine Flasche, die da neben dem Haarwasser steht?«

»Die ist für meine Kunden. Sie möchten nicht zufällig ein Schlückchen?«

»Nein danke. Aber sagen Sie – haben Sie es je bedauert, nach Mitford zurückgekehrt zu sein?«

»Keinen Augenblick lang, ehrlich. Ich bin jetzt seit einem Jahr aus Memphis weg und wieder zu Hause in Mitford, und meine alte Kundschaft ist zu mir zurückgeströmt wie ein Zug Lemminge. Winnie hat mir diesen hübschen Raum gegeben, in dem ich meinen Friseurstuhl aufstellen konnte, und der Herr hat mir meine Gesundheit zurückgegeben.«

Joe nahm seinem Kunden den Umhang ab und schüttelte ihn aus. »Jawohl, Reverend, Sie sehen einen glücklichen Mann vor sich.«

»Sie auch, Joe!«, sagte Father Tim. »Sie auch!«

Und er war in der Tat glücklich: Er hatte einen neuen Haarschnitt, eine neue Gemeinde und ein ganzes neues Leben, das nur darauf wartete, begonnen zu werden.

Er konnte nicht dagegen an.

Als die Glocken von Lord's Chapel drei Uhr läuteten, betrat er wie von einem Autopiloten gesteuert die Buchhandlung Happy Endings. Er hatte fünf ganze Minuten, bevor er in den Wagen steigen und nach Wesley fahren sollte, um Ersatz für Dooleys verschwundene Luftpumpe zu beschaffen.

»Ich will nur mal schauen«, sagte er zu Hope Winchester. Hopes rotbraune Katze, Margaret, beäugte ihn argwöhnisch, während er durch die Literatur stürmte, einen rechten Haken um die Philosophie schlug und schlitternd in der Abteilung Religion zum Stehen kam, wo die geschäftstüchtige Hope jüngst ein Regal mit Raritäten aufgestellt hatte.

Er wusste mit Sicherheit, dass die einzige Buchhandlung auf der Insel Whitecap sich im hinteren Teil eines Ladens für Anglerbedarf befand. Nicht in hundert Jahren würde er dort Arthur Quiller-Couchs Die Kunst des Lesens vorfinden, mit dem er eine geschlagene Woche lang geliebäugelt hatte. Jetzt oder nie!

Seine Hand schnellte vor zu dem schwer zu ergatternden Quiller-Couch-Band, wurde aber jäh wieder zurückgezogen. Nein, tausend Mal nein. Wenn seine Frau wüsste, dass er weitere Bücher kaufte, um sie nach Whitecap mitzuschleppen, war er ein toter Mann.

Er seufzte.

»Besser, Sie nehmen das Buch gleich jetzt mit, als ein Ferngespräch zu führen und drei Dollar Porto zu bezahlen.«

Hope war neben ihm aufgetaucht und sah sehr klug aus mit ihrer neuen Schildpattbrille.

Es konnte kein Zweifel bestehen, Hope hatte ihn durchschaut.

Er riss das Buch aus dem Regal und schnappte sich Jonathan Edwards' Die Freiheit des Willens aus einem anderen Regal. Ihm wurde bewusst, dass sich die ersten Schweißperlen auf seiner Stirn gebildet hatten.

Oh, nun ja, wenn er schon einmal dabei war ...

Er griff nach einer Ausgabe von Lewis' Großer Scheidung, oder: Zwischen Himmel und Hölle, die irgendwann auf mysteriöse Weise von seinem Regal spaziert war, um nie wieder gesehen zu werden, und eilte auf die Kasse zu.

»Sie sind bestimmt schon sehr aufgeregt wegen der Party!«, bemerkte Hope, während sie die Beträge eintippte. Margaret sprang auf die Theke und funkelte ihn an. Woran lag es nur, dass Katzen ihn hassten wie die Pest? Was hatte er diesen Tieren jemals getan? Hatte er der Katze seiner Frau nicht die feinsten, geradezu lächerlich teuren Hühnchenringe in einem kunstvollen Behältnis aus Alufolie gekauft?

»Party? Welche Party?«

»Nun, natürlich die Party, die Onkel Billy und Miss Rose für Sie und Cynthia geben!«

»Ich weiß nichts von einer Party.« Hatte ihm irgendjemand davon erzählt, und er hatte es wieder vergessen?

»Für die beiden ist es die größte Sache der Welt. Sie haben in ihrem ganzen Leben noch nie eine Party gegeben, aber sie möchten dieses Fest veranstalten, weil sie Sie in gefräßigen Ehren halten.«

»Nun!« Er war beinahe sprachlos. »Wann soll die Party denn stattfinden?«

»Morgen Abend natürlich.« Sie sah ihn mit einem seltsamen Blick an.

Morgen Abend mussten sie eine Liste abarbeiten, die so lang war wie sein Arm, ganz zu schweigen von den Ausflügen in verschiedene Lebensmittelgeschäfte; schließlich wollten sie Dooley Barlowe mit seinem Lieblingsessen zu Hause willkommen heißen: Steak, Pommes frites und Schokoladenkuchen.

Tim tupfte sich mit einem Taschentuch die Stirn ab. Er würde froh sein, wenn er die Stadt endlich verlassen und sein Leben wieder in ordentliche Bahnen lenken konnte.

»Ich kümmere mich darum«, murmelte er, während er das Geld für die verbotenen Bücher abzählte. »Und wenn Sie nichts dagegen hätten, das heißt, wenn Sie zufällig Cynthia begegnen sollten, dann wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie nicht erwähnen würden, dass, äh ...«

Hope Winchester lächelte. Sie würde die Bücher, die der Reverend gekauft hatte, seiner Frau gegenüber niemals erwähnen. Ebenso wenig wie sie ihm erzählt hätte, dass Cynthia erst an diesem Morgen im Laden gewesen war, um Celia Thaxters Mein Inselgarten und den Roman Ira verschläft zu kaufen.

Er klopfte an die Fliegentür der kleinen Einliegerwohnung im hinteren Teil des städtischen Museums.

»Onkel Billy! Miss Rose! Ist jemand zu Hause?«

Er konnte sich nicht vorstellen, dass die beiden Alten eine Party gaben; allein der Gedanke brachte ihn vollkommen durcheinander. Bei Rose Watson war schon vor Jahrzehnten Schizophrenie diagnostiziert worden, und obwohl sie täglich Medikamente nahm, waren ihre Stimmungsschwankungen unberechenbar und heftig. Als hätte ihr Mann damit nicht schon genug zu tragen, war sie beinahe stocktaub, weigerte sich jedoch, ein Hörgerät zu benutzen.

Er drückte die Nase an das Fliegengitter und entdeckte Onkel Billy, der in einem Sessel neben dem elektrischen Ventilator, seinen Rohrstock zwischen den Beinen, eingeschlafen war. Es war Father Tim äußerst unangenehm, ihn zu wecken, aber was sollte er tun? Er klopfte abermals.

Onkel Billy schlug die Augen auf und sah sich erschrocken in der Küche um.

»Ich bin's, Onkel Billy!«

»Gütiger Gott, wenn das nicht der Reverend ist!« Der alte Mann blickte grinsend zur Tür, und sein Goldzahn funkelte. »Rose!«, rief er. »Father Tim ist da!«

»Er soll doch erst morgen kommen!«, brüllte Miss Rose aus dem abgewetzten Lehnstuhl neben dem Kühlschrank.

Onkel Billy griff nach seinem Rohrstock und hievte sich langsam hoch. »Wenn ich zu lange sitze, machen die Knie anschließend nicht mehr mit. Können Sie sich sicher vorstellen. Aber ich bin gleich da.«

»Sag ihm, dass er einen Tag zu früh ist!«, befahl Miss Rose.

»Achten Sie nicht auf Rose. Sie sind uns zu jeder Tages- und Nachtzeit willkommen.« Onkel Billy öffnete die Fliegentür, und Tim trat in die Küche. Die Watsons hatten zum Mittagessen Kohl gekocht, daran konnte kein Zweifel bestehen.

»Onkel Billy, ich höre, Sie geben ... hm, jemand meinte, Sie würden für Cynthia und mich eine ... eine Party geben?«

Der alte Mann blickte ungemein zufrieden drein. »Es kommt ein ganzer Haufen Leute, um Sie zu sehen! Ich hab drei neue Witze zu erzählen, die werden Ihnen gefallen, und Rose macht Bananenpudding.«

Father Tim kratzte sich am Kopf und kam sich sehr töricht vor.

»Es ist so, die Kirche hat Ihnen eine schöne große Party gegeben und so, aber das war doch alles mächtig offiziell. Alles, was Beine hat, war da, so eine Art Selbstbedienungsding. Ich hab gesagt: ›Rose, wir sollten dem Reverend und seiner Missus ein Abschiedsfest mit seinen Freunden geben!« Der alte Mann stützte sich auf seinen Stock und grinste triumphierend. »Also werden wir genau das machen, und wir freuen uns darauf!«

»Hm, also ...«

»Wir feiern in dem Teil des Hauses, wo das Museum untergebracht ist, damit wir die Jukebox anwerfen können, die Wurlitzer, Sie wissen schon.«

»Nun, das ist großartig, wirklich großartig, aber ...«

»Und ich und Rose, wir haben beide gebadet. In der Wanne!«

Father Tim hatte noch die Zeit miterlebt, als Onkel Billy und Miss Rose zwei oder drei Kirchenbänke um sich herum leerfegen konnten ...

Miss Rose in ihrem Chenille-Morgenmantel erhob sich aus dem Sessel und warf dem pensionierten Pfarrer einen mörderischen Blick zu. Der wünschte sich prompt, er hätte seine Frau zum Schutz mitgebracht.

»Ich hoffe, Sie sind nicht hergekommen, weil Sie denken, Sie könnten schon einen Tag im Voraus was zu essen kriegen«, fuhr sie ihn an.

»O je«, sagte ihr Mann, der Todesqualen ausstand. »Hör mal, Rose ...«

Sie drehte sich zu Onkel Billy um. »Ich habe den Bananenpudding noch nicht mal gebacken, wie sollen wir ihm da was zu essen geben?«

»Oh, ich bin nicht hergekommen, um zu essen. Ich bin nur gekommen, um mich zu erkundigen ...«

»Sie gehen jetzt schön wieder nach Hause«, erklärte Miss Rose, »und kommen morgen zur richtigen Uhrzeit wieder her.«

Onkel Billy legte die Hände über die Augen, als wolle er die schreckliche Szene, die sich vor ihm ereignete, zumindest nicht mitansehen müssen.

»Um welche Uhrzeit soll das sein?«, schrie Father Tim.

»Punkt halb sieben«, antwortete die alte Frau, die jetzt unverkennbar verärgert wirkte.

Seine Frau erblasste. Jetzt hätte er am liebsten selbst die Hände über die Augen geschlagen, wie Onkel Billy es zuvor getan hatte.

»Es tut mir leid«, erklärte er. »Ich konnte einfach nicht Nein sagen; ich hätte nicht gewusst, wie. Onkel Billy ist ganz aus dem Häuschen ... Die beiden haben noch nie zuvor eine Party gegeben.«

»Warum in Gottes Namen haben sie uns nicht Bescheid gesagt?«

»Ich glaube, sie haben alle anderen eingeladen und uns dabei vergessen.«

»Gott steh uns bei!«, seufzte seine Frau.

Sie hatten sich zur Beobachtung des Lichtwechsels auf das Sofa im Arbeitszimmer fallen lassen, nachdem sie seit halb sechs Uhr morgens unaufhörlich auf den Beinen gewesen waren. Diesmal hatte er die feine Limonade gemacht und sie zusammen mit zwei Scheiben Brot serviert, zwischen die er zuvor in aller Eile etwas von Punys selbstgemachtem Pimiento-Käse gelegt hatte.

»Ich mag an eine Party nicht einmal denken«, sagte sie, während sie sich Brot und Käse in den Mund schob. »Mein Blutzucker ist restlos im Keller.«

Ah, der Friede dieses Raums, dachte er und knöpfte sein Hemd auf. Dem sie jetzt den Rücken kehren würden. Sie hatten diesen Raum gebaut, und nun würden sie ihn zurücklassen. So war das Leben mit Priesterkragen.

»Timothy, freust du dich wirklich darauf, nach Whitecap zu fahren?«

»Die Freude kommt und geht in Wellen. Im einen Augenblick bin ich ganz aus dem Häuschen ...«

»Und im nächsten stehst du Todesängste aus?«

»Nun ...«

»Ich auch«, gestand sie. »Es ist mir grässlich, Mitford zu verlassen. Ich dachte, es würde Spaß machen und anregend sein, ein einziges großes Abenteuer.« Sie legte sich hin, wobei sie den Kopf auf die fadenscheinigen bestickten Kissen bettete, die ebenfalls den Weg durch die Hecke gefunden hatten. »Aber jetzt ...« Ihre Stimme verlor sich.

»Wir sind ziemlich fertig mit den Nerven, Kavanagh. Es kostet immer viel Kraft, seine Zelte abzubrechen. Ich bin während der letzten sechzehn Jahre kaum je einmal aus Mitford rausgekommen. Aber wenn wir erst dort sind, wird es wunderbar sein. Das wird dir gefallen. Die Freiheit einer Insel ...«

»Der Wind in unserem Haar ...«

»Möwen, die über uns ihre Kreise ziehen ...«

»Der Geruch von salziger Luft ...«

Es war eine Litanei, die sie während der beiden letzten Monate immer wieder im Wechselgesang rezitiert hatten. Und immer schien es sie zu trösten.

Er zog Cynthias Füße auf seinen Schoß. »Wie wär's mit einem Mittagsschlaf? Wir haben ein strammes Programm vor uns.«

»Heute Abend«, sagte sie, »hilft Puny uns, sämtliche Schränke von innen sauberzumachen ... Dooley kommt morgen Abend gleich nach der Party der Watsons, danach essen wir zusammen mit seiner Mutter zu Abend. Übermorgen müssen wir mit unserem Jungen einkaufen gehen und ihn bei Harley einquartieren. Anschließend treffen wir uns mit der neuen Mieterin, und danach essen wir zusammen mit Dooley Steaks. Dann ist da natürlich noch die große Eröffnung bei Lucera am Donnerstagabend, nachdem wir den Wagen gepackt haben, und am Freitagmorgen brechen wir auch schon auf. Ich glaube nicht«, sagte sie atemlos, »dass wir Zeit haben werden, deinen Geburtstag gebührend zu feiern.«

Sein Geburtstag! Zum Teufel! In diesem Jahr würde er sechsundsechzig – in nur vier kurzen Jahren würde er siebzig sein. Und dann achtzig. Und dann ... tot, vermutete er. Nun ja.

»Mach nicht so ein niedergeschlagenes Gesicht«, schalt sie ihn. »Und um Himmels willen, entspann dich ein wenig, Liebster. Du sitzt da wie eine Statue in einem Park.«

»In Ordnung«, sagte er und schlürfte an seiner Limonade.

Während der letzten Tage war ihm aufgefallen, dass das Juni-Licht seinen Höhepunkt erreichte, wenn es auf den Messingengel fiel. Wegen des Dachüberhangs wanderte das Licht nicht über den Kaminsims hinaus nach oben, und auf dem Sims stand fest auf seinem schweren Sockel aus grünem Marmor der Engel.

Er hatte ihn auf dem Dachboden von Fernbank gefunden, Miss Sadies weitläufigem Haus oben auf dem Hügel, das jetzt Andrew und Anna Gregory gehörte. Nur wenige Monate bevor sie in ihrem neunzigsten Lebensjahr gestorben war, hatte Sadie Baxter in einem Brief die Verfügungen über ihr Elternhaus und seinen Inhalt festgelegt. Darin hatte sie auch verschiedene Bitten an Father Tim geäußert, unter anderem, dass er sich irgendetwas von ihrem Besitz nehmen möge, das ihm gefiel.

Als Cynthia auf der Suche nach ihrem Anteil des Vermächtnisses Fernbank durchstöbert hatte, hatte er den Engel in einem Karton entdeckt, einem Karton mit einer verblichenen französischen Briefmarke darauf. Obwohl sich auf dem Dachboden eine üppige Sammlung unbestreitbar kostbarer Dinge befunden hatte, musste es für Father Tim genau dieser Engel sein. So sicher, als hätte jemand seinen Namen in den Engel eingraviert, so sicher hatte er gewusst, dass dieser Engel für ihn bestimmt war.

Das Licht wanderte jetzt über den Engel, zu seinen ausgebreiteten Flügeln und den flehenden Händen. Es fiel auch auf die Vase mit rosablühenden Mandelzweigen neben den alten Büchern und auch auf die schmale Silhouette seiner Mutter, die Cynthia neu rahmen lassen und über den Kaminsims gehängt hatte.

Seit er sich erinnern konnte, hatte er Angst davor gehabt, still dazusitzen, zu lauschen, zu warten. Als Geistlicher war er dankbar für jede Seele in Not gewesen, um die er sich kümmern konnte; für jedes bunt zusammengewürfelte Essen, an dem er teilhaben durfte; ja sogar für jeden Kranken, den er hatte besuchen können. Jede Möglichkeit, einfach nur dazusitzen und die Gedanken wandern zu lassen wie eine von der Kette gelassene Ziege, die sich an jedem Gras gütlich tun konnte, das ihr gefiel – all das machte ihm Angst.

Langsam wurde ihm jedoch klar, dass er immer weniger Angst davor hatte, Dinge zu tun, die anscheinend nichts waren.

Eigentlich hatte er auch nicht wirklich Angst vor dem Umzug nach Whitecap; er hatte seiner Frau einen falschen Eindruck vermittelt. Er hatte gebetet, dass Gott ihn hinschicken möge, wohin auch immer er wollte, und als sein Bischof Whitecap zur Sprache gebracht hatte, war Tim klar gewesen, dass keineswegs der Bischof auf diese kluge Idee gekommen war, sondern Gott. Schon vor Jahren hatte er gelernt, Gottes Antwort auf irgendeine beunruhigende Entscheidung aufzuspüren, einfach indem er in sein Herz blickte, in seine Seele, um Frieden zu schließen. Der Frieden war gekommen; anderenfalls hätte er nicht gehen wollen.

Er atmete die frische Brise ein, die durch das offene Fenster hereinwehte, und den Duft von Eichen und Kirschholz, der den Raum wie Weihrauch einhüllte.

Dann, müde vom Anblick seiner eingenickten Frau, legte er den Kopf zurück, schloss die Augen und schlief ebenfalls ein.

Kapitel 2Umgangsformen

Die meisten Hausfrauen hätten das, was Rose Watson auf den Tisch stellte, als peinliches Sammelsurium von angeschlagenem, gesprungenem und zerbrochenem Porzellan bezeichnet. Die Krönung war zweifelsfrei ein Turm nicht zueinander passender Tassen und Unterteller, der auf einer großen Platte und einem Stapel Dessertteller thronte.

Schließlich trat Rose einen Schritt zurück und betrachtete das seltsame Gebilde mit einiger Befriedigung, bevor sie beschloss, das Arrangement mit einem bunt zusammengewürfelten Trupp von Suppenschalen zu flankieren.

Auf dem Elektroofen prangte der große Plastikbehälter mit Bananenpudding, den zwei mitten in sein gelbes Herz gespießte Servierlöffel zierten. Als Servietten steuerte Onkel Billy eine Rolle Papiertücher bei, die er stolz neben den Pudding stellte.

»Papier gehört doch nicht auf einen Herd!« Miss Rose riss die Rolle an sich und schob sie, wie einen Bauern auf dem Schachbrett, auf den Küchentisch.

»Was ist mit Löffeln?«, rief ihr Mann. Er war ganz betäubt von der Vorstellung, dass in Kürze ein Schwarm von Menschen über ihre Wohnung herfallen würde, obwohl das Ganze ursprünglich seine Idee gewesen war.

»Mach die Schublade auf! Sie können sich selbst bedienen.«

Er tat wie geheißen und dachte, dass seine Frau manchmal gute Ideen hatte und keineswegs so verrückt war, wie die meisten Menschen glaubten. Bösartig mochte sie sein, aber das war ihre Krankheit.

Bei einem seiner seltenen Besuche in der Leihbücherei von Mitford hatte er versucht, etwas über diese Krankheit, die Schizophrenie, zu erfahren. Er hatte sich nach der ältesten ehrenamtlichen Helferin umgesehen, die er finden konnte, und sie in der Annahme, sie sei der Boss, gebeten, ihn zu einem Buch über eine Krankheit zu führen, deren Namen er nicht buchstabieren konnte. Dann war er mit dem Band zu einem Tisch hinübergegangen, hatte sich hingesetzt und den Allmächtigen gebeten, ihm irgendeine Erkenntnis darüber zu schenken, was so schrecklich, grausam verkehrt war mit seiner Frau. Aber er hatte nichts verstanden, was in dem Buch stand, rein gar nichts.

»Das ist eine gute Idee!«, schrie er.

»Du meinst, sie wollen auch Kaffee?« Sie drehte sich zu ihm um.

»Verflixt und zugenäht, Rose, ich habe gesagt ...«

»Du und deine Nuschelei dauernd!« Sie brach plötzlich in Gelächter aus.

Da war es! Das Lachen, das er so selten hörte, das er beinahe vergessen hatte und das wie ein aus seinem Käfig befreiter Vogel aus ihr herausflatterte, das Lachen des jungen Mädchens, das er vor all den Jahren gekannt hatte ...

Er hielt inne, verblüfft und glücklich, und genauso plötzlich, wie ihr Lachen gekommen war, schossen ihm Tränen in die Augen.

Father Tim fand die Zusammenstellung des Porzellans faszinierend. Er konnte einiges von French-Haviland ausmachen, in einem Muster, das seine Großmutter besessen hatte, und nicht weniges von Sevres.

Zumindest glaubte er, dass es Sevres war. Er griff nach einem Frühstücksteller und warf einen diskreten Blick auf die Unterseite. Meißen. Was wusste er schon?

Gewiss wusste er nicht, was er wegen des Bananenpuddings tun sollte. Bis auf Cynthia und ihn hatte man alle Gäste gebeten, irgendetwas Essbares mitzubringen, sodass die Auswahl groß war. Miss Rose stand jedoch wie ein Wachposten am Herd und sorgte dafür, dass alle Neuankömmlinge eine ordentliche Portion von dem Pudding nahmen, dessen Zubereitung sie einen ganzen Nachmittag gekostet hatte.

All diese Sprünge im Porzellan, dachte er, all die abgeplatzten Stellen und scharfkantigen Lücken ... waren sie nicht bekanntermaßen ein Versteck für Keime, die reinste Brutstätte? Und hatte er nicht im Krankenhaus am Bett einer Frau gesessen, die an Rose Watsons Tisch gesessen und diese Erfahrung nur mit knapper Not überlebt hatte?

Die Geschichte war ihm überdeutlich im Gedächtnis haften geblieben. »Gott weiß, ich war kaum nach Hause gekommen, als mein Magen wie wild zu knurren und zu rumoren begann, so einen Lärm haben Sie noch nie gehört. Also, Reverend, ich sage so etwas wirklich schrecklich ungern, aber Sie haben es ohnehin schon alles gehört – jedenfalls saß ich fünf Minuten später auf der Toilette und hab mir gleichzeitig die Schuhe vollgekotzt.«

Das Bild jener braven Dame, wie sie sich auf der Toilette sitzend übergab, war er nie wieder losgeworden. Und erst recht hatte er ihre düstere Warnung nicht vergessen, nur ja niemals in Rose Watsons Haus einen Bissen zu essen oder einen Tropfen zu trinken.

»Nehmen Sie sich reichlich, und dann ab ins Wohnzimmer!« Die Goldzähne ihres Gastgebers blitzten. »Einige sind schon drin und warten bereits auf das Tischgebet.«

Cynthia bediente sich aus der Puddingschale, als hätte sie seit Pfingsten nichts mehr gegessen.

»Greif zu, Liebling«, sagte sie, glücklich wie ein Kind.

Oh, der nimmer endende Appetit seiner Gattin! Er seufzte und hielt unauffällig Ausschau nach den Schinkenpasteten.

Offensichtlich fanden die anderen Gäste es seltsam aufregend, an einem so prominenten Ort wie dem städtischen Museum zu feiern. Es war jedoch ein wenig unbequem, da sich nicht ein einziger Stuhl finden ließ und sie alle mit ihren Tellern in der Hand durchs Haus spazierten und ihre Teegläser auf Fenstersimsen und Treppenstufen abstellten.

Aus der Jukebox dröhnte eine Melodie, die ihn vage an »Chattanooga Shoeshine Boy« erinnerte und die nackten Dielenbretter in einen Zustand dauernder Vibration versetzte.

Er und Cynthia drehten eine kurze Runde vorbei an den Ausstellungsstücken, die zu betrachten er sich aus irgendeinem Grund nie zuvor die Zeit genommen hatte.

Unter den Exponaten fand sich eine Kopie von Willard Porters Grundbucheintragung für das Haus, das früher einmal die Mitforder Apotheke beherbergt hatte und jetzt Standort der Buchhandlung Happy Endings war. Außerdem entdeckte er eine handgeschriebene Liste von Pharmazeutika, die Willard ersonnen und sich hatte patentieren lassen, darunter auch der Hustensirup »Rose«, benannt nach seiner damals zehnjährigen Schwester, der Gastgeberin dieses Abends.

Außerdem war eine gerahmte Urkunde über die Schenkung einer Wurlitzerorgel an die Stadt zu sehen, ausgestellt vom Besitzer des Grills an der Main Street, in dessen Räumlichkeiten die Orgel bis zum 26. Juni 1951 Dienst getan hatte. Dank der Großzügigkeit von Bürgermeisterin Esther Cunningham war sie restauriert worden und klang wie nagelneu.

Er betrachtete die Schwarzweißfotografie von Coot Hendricks Ururgroßvater, der, ein Gewehr über den Knien, in einem hohen Lehnstuhl saß.

Coots bärtiger Vorfahr, Hezikiah, hatte Mitford gegründet. Zusammen mit seiner jungen aus England stammenden Frau Mary-Jane hinter sich im Sattel war er über einen Indianerpfad hinauf in die Berge geritten. Der Legende nach hatte seine Frau solches Heimweh gehabt, dass Mr Hendrick in seinem Großmut dem Ort ihren Mädchennamen – Mitford – gegeben hatte, statt sie Hendricksville oder Hendricksburg zu nennen, was einem Mann, der kraft eigener harter Arbeit eine Siedlung gegründet hatte, vielleicht lieber gewesen wäre.

»Das ist mein Ururopa«, bemerkte Coot Hendrick, der neben den Reverend und seine Frau getreten war. Er hatte darauf gewartet, jemanden zu erwischen, der sich dieses Bild ansah. Jahrelang hatte es im Haus seiner Mutter in der Schublade herumgelegen, ohne dass irgendjemand dem Foto auch nur die geringste Beachtung geschenkt hätte. Dann hatte jemand es für das städtische Museum gekauft und dem Bild damit einen neuen Glanz verliehen.

»Man sieht ihm an, dass er ein unerschrockener Mann war!«, sagte Cynthia.

»Er hatte zwölf Kinder!« Coot grinste von einem Ohr bis zum anderen, was aufgrund des Zustands seines Gebisses wahrlich kein hübscher Anblick war. »Stummel!«, hatte Mule Skinner gesagt und staunend hinzugefügt, er habe wohl schon Menschen die Zähne ausfallen sehen, aber nie erlebt, dass sie sich auf solche Weise abnutzten.

»Sechs haben überlebt, sechs sind gestorben, und alle liegen sie drüben auf Miss Mallorys Hügel begraben. Ihr Haus steht direkt neben der Stelle, wo er und meine Ururoma ihre kleine Hütte hatten.«

»So!«, bemerkte Father Tim.

»War ein guter Platz, um Yankees auszuspähen«, meinte Coot.

»Darauf möchte ich wetten.«

»Hier haben sich wahrscheinlich nicht viele Yankees herumgetrieben«, warf Cynthia ein, die gelesen hatte, dass ein anglikanischer Bischof vor kaum hundertfünfzig Jahren das Gebiet als »wild und unbewohnbar« beschrieben hatte.

»Sie würden staunen«, sagte Coot und hakte die Daumen in die Riemen seines Overalls. »Es heißt, mein Ururopa habe fünf erschossen und jeden einzelnen feierlich beerdigt.«

»Ich wusste gar nicht, dass es hier bei Mitford irgendwelche Schlachten gegeben hat«, sagte Cynthia, die sich für diesen Teil der lokalen Geschichte ehrlich zu interessieren schien.

»Hat es auch nicht. Die Yankees waren Deserteure.«

Da Father Tim und seine Angetraute bemerkt hatten, dass Esther und Gene Bolick schnurstracks auf sie zukamen, entschuldigten sie sich und gingen den Bolicks entgegen.

»Wir finden es einfach grässlich!«, rief Esther. Von Gefühlen übermannt, packte sie Father Tims Hand und küsste sie, um sie im nächsten Augenblick, entsetzt über ihr eigenes Verhalten, wie eine heiße Kartoffel fallen zu lassen. »Gene und ich, wir sind völlig außer uns, und wir finden es einfach immer noch schrecklich, dass Sie weggehen!«

»Wir finden es selbst schrecklich«, sagte er schlicht.

»Ich habe Ihnen eine zweistöckige Orangenmarmeladentorte gebacken und sie eingefroren. Sie können sie in Ihrer Kühltasche mit auf die Reise nehmen.« Es gab sonst nichts, was sie tun konnte, um ihren ehemaligen Pfarrer in Mitford zu halten, wo er ihrer Meinung nach hingehörte – sie hatte gebetet, sie hatte verloren, sie hatte geweint, und am Ende hatte sie gebacken.

Ihr Mann, Gene, seufzte und blickte düster drein.

Das, dachte Father Tim, ist genau der Zeitpunkt, zu dem eine Abschiedsparty sich in eine verdammte Totenwache verwandelt, falls nicht jemand einen Clownshut aufsetzt oder das Treppengeländer hinunterrutscht oder irgendetwas ...

Er drehte sich zu seiner Frau um, die achselzuckend lächelte und sich auf die Suche nach ergiebigeren Jagdgründen machte.

»Gene fühlt sich nicht besonders«, bemerkte Esther.

»Was ist denn los?«, fragte Tim.

»Ich weiß es nicht genau«, antwortete Gene. »Aber ich habe mit Hoppy geredet und mich impfen lassen.«

»Sie wissen wohl«, fuhr Gene fort, »wie heiß es da unten werden kann.«

»Schätzchen, heiß ist nicht der richtige Ausdruck dafür!« Fancy Skinner erschien in ihrem Lieblings-Outfit: pinkfarbenen Caprihosen, einem Pullover mit V-Ausschnitt und Schuhen mit Pfennigabsätzen. »Sie werden dort gekocht, gedämpft, geröstet, gebacken und frittiert werden.«

»Und natürlich sautiert«, warf Avis Packard ein, der der Besitzer des Lebensmittelladens an der Main Street war und gern kochte.

Fancy ließ gekonnt eine Blase ihres zuckerfreien Kaugummis platzen. »Gedünstet und gesotten nicht zu vergessen.«

»Bitte«, flehte Father Tim.

»Und gegrillt!«, ergänzte Gene, der sehr zufrieden mit sich zu sein schien. »Sie haben die Grillvariante vergessen.«

Fancy, die Besitzerin von Mitfords einzigem Damen- und Herrensalon, johlte vor Lachen.

»Haben Sie mal überlegt, vielleicht nach Vermont zu gehen?« Gene fragte sich, ob ihr ehemaliger Pfarrer diese Inselgeschichte wirklich durchdacht hatte.

»Denn wenn Sie jetzt schon glauben, Ihr Haar kringelt sich an Ihren Ohren«, sagte Fancy, »dann warten Sie bloß ab, was passiert, wenn Sie in diese Feuchtigkeit kommen. Da kriegen Sie eine Lockenpracht, von der Shirley Temple nur hätte träumen können. Deshalb hab ich Ihnen die Haare um die Ohren immer kurz geschnitten, als ich es noch gemacht habe, und jetzt haben Sie wieder diese Eichhörnchenkoteletten.« Fancy streckte die Hand aus, um seine ungeliebten Koteletten mit Gewalt zu glätten, hielt sich dann aber doch zurück.

Er sah sich nervös nach Cynthia um, die mit Hope Winchester und der Bürgermeisterin in einer Ecke stand und sich offensichtlich bestens amüsierte.