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Selma Seiler ist Ärztin und endlich selbständig. Voll Stolz, endlich ihr Lebensziel verwirklichen zu können, bezieht sie eine neue Wohnung mit angeschlossener Praxis. Harrlich, ihr freundlicher Nachbar, ist davon überzeugt, dass er immer schon auf Selma gewartet hat, sie ist der Grund, warum es ihn gibt. Er liebt sie vom ersten Augenblick an. Selma, die von Harrlichs Zuneigung keine Ahnung hat, muss nach und nach erkennen, dass er sie gezielt verfolgt: mit Blumen, Geschenken, Telefonaten, heimlichen Fahrten mit ihrem Auto. Er dringt in ihre Wohnung ein, in ihr Leben und in ihre Psyche. Selma weiß sich nicht mehr zu helfen. Nach dem Tod seines Großvaters, seiner einzigen Bezugsperson, geraten seine krankhaften Gewaltfantasien außer Kontrolle ... "Selmas Zeichen" ist ein spannender, ungewöhnlicher Psychothriller, der sich mit einem ebenso brisanten, wie aktuellen Thema beschäftigt: Stalking. Stilistisch brillant spannt die Autorin den Text zwischen Verfolgter und Verfolger auf. Die wechselnde Perspektive verweigert ein schwarz-weiß gezeichnetes Täter-Opfer-Verhältnis.
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Seitenzahl: 302
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Foto: Hanna P
Lebt und arbeitet in Wien. Studium der Bühnen- und Filmgestaltung (Kostümbildnerin) an der Hochschule für Angewandte Kunst, später Theaterwissenschaft. Mitglied der Theatergruppe AMOK. Regieassistentin bei Film- und Fernsehproduktionen. Drehbuchautorin von TV-Filmen und Serien sowie Kinospielfilmen. Autorin mehrerer Kinderbücher, Kurzkrimis und zahlreicher Drehbücher. 2004 erschien »Kabelfleisch« in »Tatort Wien« (Milena Verlag), 2006 »Permafrost« in »Mörderisch unterwegs« (Milena Verlag), zuletzt erschien 2008 »Alle oder keiner« in »Im Kreis der Familie« (S. Fischer Verlag).
Kapitel 1
»Bevor nicht etwas ganz Böses passiert, …« sagte die Himmelblaue und hielt kurz den Atem an. Ihr dunkles Wissen stand plötzlich zwischen uns und signalisierte mir: Schonfrist.
Ich gehörte also zu jenen, die eine Schonfrist nötig hatten.
Ihr plötzlich ganz schmal gewordener Mund, dieses Zurückweichen der Lippen, die schnelle, nicht zu verbergende Bewegung der Kehle, dieser Atemzug vor etwas Endgültigem. Das war es wirklich nicht, was ich mir von ihr erhofft hatte. Auch nicht das Wort »böse«. Es klang nach Geisterbahn, es klang nicht echt. Und doch war sie der einzige Mensch, zu dem es mich getrieben hatte. Ausgerechnet ich, kluge Frau, war in einer Beratungsstelle gelandet.
Es war wohl nicht das erste Mal, dass sie Schwierigkeiten hatte, diesen Satz zu Ende zu sprechen. Ihre hellen, blauen Augen schienen durch mich hindurchzusehen.
Draußen gab es noch andere, die auf sie warteten. Risse, Würgemale und blaue Flecken unter ihren Kleidern. ZEICHEN DER LIEBE. Klar, dass sie in diesem Augenblick an ihrem Beruf zweifelte.
»… passiert also gar nichts«, fasste ich meine Situation schließlich selbst zusammen.
Die Himmelblaue senkte die Lider, als versuchte sie, sich selbst in die Augen zu sehen, als versuchte sie, in irgendeinem Winkel ihrer guten Absichten eine vertretbare, ehrliche Antwort zu finden.
Ich wollte gleich wieder gehen und stand auf.
Sofort öffnete die Himmelblaue die Augen.
Also blieb ich.
»Bevor nicht etwas ganz Böses passiert, passiert nichts.« Eine unabwendbare, sich selbst erfüllende Prophezeiung. Sie ist in mich hineingekrochen, hat sich eingenistet in mein Denken und Handeln und mich schließlich irgendwann, Monate später – Monate? sind es nicht schon Jahre? – irgendwann hierher in dieses Café am Stadtrand geführt. In ein Café, das mir vollkommen fremd ist, das ich noch nie in meinem Leben zuvor gesehen habe, das mich zu einer Fremden macht, auch mir selbst gegenüber, die ich da sitze vor einem Berg nicht schmelzen wollenden, giftgrünen Pistazien-Eises und auf meine Katastrophe warte.
Gut, dass ich so einen langen Atem habe. Gut, dass er für uns beide reicht. Endlich ist es soweit.
Die Vorhänge sind gewaschen. In jedem Raum frische Blumen. Kein Staub auf den Möbeln. Die Fliesen im Badezimmer geputzt. Gut, dass ich das Bad habe einbauen lassen. Eine gute Investition. In den Fliesen kann man sich sehen. Ein schönes Bild wird sich da-rin spiegeln, wenn wir einander waschen werden. Gut, dass ich Meergrün und nicht Azurblau genommen habe. Es gleicht deinen Augen, Selma.
Deinen traurigen Augen. In letzter Zeit hab ich mir ernsthaft Sorgen um dich gemacht. Freilich, all das, was vorher passierte, war sicherlich sehr anstrengend für dich. Aber trotzdem war da immer etwas, das mich tief berührt hat. Du warst so stark in all deiner ungerechten Zuwendung, in deiner unbändigen Verzweiflung.
Du bist einfach zu oft ausgegangen in letzter Zeit. Die Bars, das Trinken, das tut niemandem gut. Ich versteh schon, du hast das gebraucht. Immerhin hast du eine Menge Zweifel überwinden müssen. Nicht jeder kann den geraden Weg gehen.
Vielleicht hat man mir ja eine Attrappe vor die Nase gestellt. Giftgrünes Attrappen-Eis von einer Attrappen-Kellnerin. Ich selbst eine Attrappe, die auf die Attrappe ihres Gegners wartet.
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