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Wer sich in seiner neuen Reihe Österreich von innen mit Alfred Komarek auf die Reise begibt, wird auf unterhaltsame Weise das Wesen österreichischer Lebenswelten erforschen. Mit Neugier und Recherchelust ausgestattet, ist Komarek den Eigentümlichkeiten der Regionen und den Verbindungen über ihre Grenzen hinweg auf der Spur. Sein erstes Ziel ist der Semmering mit dem Land ringsum, eine Region, in der Österreich wie in einem Hohlspiegel verdichtet sichtbar wird. Der alte Handelsweg zwischen dem Meer und der Residenzstadt Wien, Bauernland, Bergwerke und frühe Industrie - eine Arbeitswelt, die sich im Biedermeier mit einer Freizeitwelt der Sommerfrische vermengt. Dann die Eisenbahn, die Villen und Grandhotels auf dem Semmering, zwei Kriege, schwere Schatten und neue Farben für Gegenwart und Zukunft. Alfred Komarek bietet im ersten Band seiner Reihe reichhaltiges Lesevergnügen und die ebenso amüsante wie intensive Bekanntschaft mit einem besonderen Stück Österreich.Mit einem Reisefotoalbum des Autors.
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Seitenzahl: 127
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Alfred Komarek
Österreich von innen:Band 1
Semmering
Manchmal laufen mir Dinge zu. Die altertümliche Gerätschaft, von der ich berichten will, ist mir im Internet begegnet. Offensichtlich war die Möglichkeit der Nutzanwendung im Laufe von gut hundert Jahren bis auf einen kleinen, wenn auch charmanten Rest geschwunden, die vordem silberne Oberfläche war kaum noch zu erahnen, aber da gab es auch einen trotzigen Anflug von Luxus. So etwas gefällt mir. Ich habe das gute Stück, einen Zündholzschachtelhalter, demnach um zwei Euro und dreiunddreißig Cent erstanden.
Die Notwendigkeit, eine Zündholzschachtel mit einer mehr oder weniger sinnreichen Vorrichtung zu halten, bereit zu stellen, ja, zu präsentieren, ist natürlich von gestern. Aber es kann nicht schaden, sich einer feierlichen Umständlichkeit zu erinnern, verbunden mit beiläufiger Eleganz: Das Zündholz wird aus der oben offenen Schachtel genommen, an der willfährig dargebotenen Reibfläche entflammt und endlich in einer sanft gewölbten Mulde abgelegt, wo es erlischt und verglüht, ohne Schaden anzurichten. Nur eine Hand ist vonnöten, für eine kleine, dienstbare Flamme, aus der alles werden kann: Tabakglut, der Weltenbrand, was auch immer.
Holz und Eisen waren auf dem Semmering einander meist so verbunden, wie es der gesellschaftlichen Wirklichkeit der Jahrhundertwende entsprach: kunstvoll verspielt und der Oberfläche verhaftet.
Dies bedenkend habe ich meinen neuen Einrichtungsgegenstand näher betrachtet, und schon fing er an, von sich zu erzählen: „Erzherzog Johann, Semmering“ war da zu lesen … das Grandhotel auf der Passhöhe also, 1899 eröffnet, 1945 abgebrannt. „Modernes Haus für die vornehme Welt“ hatte ein Werbeplakat versprochen. Modern waren die Zentralheizung, eigenes Hochquellenwasser, elektrische Beleuchtung und Telefon. Die vornehme Welt hingegen spiegelte sich vielfach gebrochen und changierend in Architektur und Dekor der Herren Fellner & Helmer wider. Alpenländische Frührenaissance spielte ungeniert mit Tiroler oder auch fränkischen Vorbildern, gezimmerte Veranden mit Laubsägeornamenten wurden dem am Semmering mittlerweile etablierten Heimatstil gerecht, und ein paar altdeutsche Elemente durften auch nicht fehlen: ein Palast mithin, der im Grunde genommen eine Burg war, aber auch ein aus den Fugen geratener Bauernhof, reich verziert jedenfalls. Als drittes großes Haus neben den mächtigen Polen Panhans und Südbahnhotel war das Erzherzog Johann nicht ganz so mondän, nicht so märchenhaft verspielt, aber doch ein gediegenes, komfortables Gebäude mit Salons für Konversation, Musik oder Korrespondenz und einem großstädtischen Kaffeehaus für Gäste aus aller Welt.
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