Sengende Nähe - Nalini Singh - E-Book

Sengende Nähe E-Book

Nalini Singh

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Beschreibung

Obwohl sich Mercy, eine Wächterin der DarkRiver-Leoparden, schon lange nach einem Gefährten sehnt, wehrt sie sich mit Klauen und Zähnen, als der verführerische Riley Kincaid sie für sich zu gewinnen versucht. Auch wenn die Gefühle zwischen ihnen lodern, geraten der Wolf und die Wildkatze immer wieder aneinander. Doch als ein brillanter Forscher aus dem Territorium des DarkRiver-Rudels entführt wird, müssen Mercy und Riley zusammenarbeiten, um den jungen Mann zu finden. Und dabei entdecken sie, dass es sich durchaus lohnen kann, einander zu vertrauen ...

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Epilog

Impressum

Nalini Singh

Roman

Ins Deutsche übertragen vonNora Lachmann

Für meine ganz persönliche Beratertruppe – ihr wisst schon, wen ich meine.

 

Veränderungen

Veränderungen können tödlich sein.

Verheerend.

Vernichtend.

Aber sie können auch die Rettung sein. Das wissen die Medialen besser als jede andere Gattung auf diesem Planeten. Silentium, das Programm, das ihnen die Gefühle nahm, sie aber damit vor dem Wahnsinn bewahrte, riss sie, die telepathisch und telekinetisch Begabten, die Hellsichtigen und Heiler, vom Rande des Abgrunds zurück.

Schaudernd warfen sie noch einen letzten Blick auf das Elend, dem sie entkommen waren, und wandten sich dann endgültig ab.

Die Jahre vergingen. Als der Rat der Medialen verkündete, die einst so katastrophale Quote von Geisteskrankheiten sei auf ein verschwindend kleines Maß reduziert und es gebe keinerlei Gewalttätigkeit mehr im Medialnet, wussten die Medialen, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatten. Die einzig mögliche Entscheidung.

Liebe. Glück. Freude. Was bedeutete das schon, wenn diese Gefühle auch mörderische Wut und blutrünstige Anarchie mit sich brachten? Die Medialen überließen diese Empfindungen lieber den animalischen Gattungen – und während Menschen und Gestaltwandler von ihren natürlichen Trieben geleitet wurden, stiegen die Medialen zu den mächtigsten Wesen des Planeten auf.

Kalt. Gnadenlos. In Silentium.

Doch jetzt, im Jahr 2080, mehr als hundert Jahre nach dem „Wunder“ von Silentium, beginnen die anderen Gattungen, sich gegen sie zu erheben. Und die damit verbundenen Veränderungen treiben die Medialen erneut an den Rand des Abgrunds. Zu Gefühlen und Chaos – in einen Albtraum.

 

1

Mercy trat nach einem trockenen Zweig, der ihr im Weg lag, und starrte ihn böse an. „Blöder Ast.“ Natürlich hatte der wehrlose Ast ihr nichts getan – er hatte nur das Unglück, auf dem Weg zu liegen, als sie jetzt frustriert vom Festplatz des Rudels und der Feier zu Ehren von Dorians und Ashayas Verbindung flüchtete.

Es machte sie ganz krank, mit anzusehen, wie verliebt ihr bester Freund in seine Gefährtin war. Im Grunde fand sie inzwischen auch alle anderen Wächter zum Heulen. „Clay hat doch nur noch Augen für Tally, ganz zu schweigen von Luc und Sascha, diesen Turteltäubchen.“

Aber die Schlimmsten waren Nate und Tamsyn. Wie konnten sie es wagen, nach all den Jahren immer noch so verrückt aufeinander zu sein! „Dagegen sollte es Gesetze geben“, knurrte Mercy. Über Vaughn und Faith wollte sie gar nicht erst nachdenken.

Stattdessen ging sie auf die Jagd.

Eine Stunde später befand sie sich so tief im Wald, dass sie nur noch die leisen Geräusche der Nachttiere hören konnte, die im Dunkeln umherhuschten. Sie ließ sich auf einem mit Moos bewachsenen Baumstamm nieder und seufzte. In Wahrheit war sie natürlich weder auf die Wächter noch auf deren Gefährtinnen wütend. Nein, sie freute sich so sehr für sie, dass es fast wehtat. Aber sie war auch eifersüchtig. Überall Paare. Nur sie war allein.

„Da haben wir’s“, grummelte sie. „Ich geb’s ja zu. Ich bin ein eifersüchtiges altes Mädchen.“

Es war keinesfalls schlecht, zu den dominanten Weibchen in einem Gestaltwandlerrudel zu gehören. Weibliche Alphatiere waren nichts Besonderes. Aber es war ziemlich scheußlich, eine dominante Frau in einem Leopardenrudel zu sein, wenn es keinen dominanten Mann gab, der einen wirklich anmachte. Und es setzte dem Ganzen die Krone auf, als dominante Leopardin in einem Gebiet zu leben, das von Leoparden und Wölfen beherrscht wurde – und ausgerechnet auf den Falschen scharf zu sein.

Dabei war sie ja nicht auf dieses Gebiet angewiesen – Dorian hatte sie sogar gedrängt, den Staat zu verlassen, um in einem anderen Rudel einen Gefährten finden zu können, aber sie brachte es nicht über sich, die DarkRiver-Leoparden zu verlassen – nicht solange alles so auf der Kippe stand. Sicher, es war ein wenig ruhiger geworden, seit die Entführung von Dorians Gefährtin Ashaya fehlgeschlagen war, aber es war eine trügerische Ruhe. Jeder wartete auf den nächsten Schlag – sei es von dem verdächtig ruhigen Rat der Medialen oder von der seit Neuem von sich reden machenden gewaltbereiten Menschenallianz.

Nur eines war sicher, der nächste Schlag würde kommen.

Als Wächterin der DarkRiver-Leoparden hätte sie sich eigentlich Gedanken über eine geeignete Verteidigungsstrategie machen und verschiedene Szenarien durchspielen müssen. Stattdessen war sie vor Verlangen fast wahnsinnig, konnte sie an nichts anderes mehr denken als an das Fieber in ihrem Körper, den Hunger, der ihr den Hals zuschnürte, die Begierde in jeder Zelle, bei jedem Atemzug. Intime Berührungen waren für ihre Raubtierseele so wichtig wie der Wald, der ihre Heimat war, aber es wäre vielleicht weniger schlimm gewesen, wenn sie nicht vor ein paar Tagen mit Tamsyn, der Heilerin des Rudels, gesprochen hätte.

Sie selbst hatte das Gespräch darauf gebracht. „Es ist sehr gut möglich, dass ich nie einen Gefährten finde.“

„Das kannst du doch jetzt noch nicht wissen“, hatte Tamsyn gesagt und sie besorgt angesehen. „Du könntest jederzeit –“

„Das ist es nicht. Aber es könnte sein, dass ich nicht dazu in der Lage bin, mit jemandem mein ganzes Leben zu verbringen. Du weißt genau, dass es so etwas gibt.“

Tamsyn hatte zögernd genickt. „Bei dominanten Frauen kommt das öfter vor als bei Männern. Die Unfähigkeit, nachzugeben … sich ganz hinzugeben. Selbst dem Gefährten gegenüber.“

Und das war das Schlimmste, dachte Mercy. Es konnte durchaus sein, dass sie einen Gefährten mit jeder Faser ihres Herzens wollte, endlich den starken Partner fand, den sie brauchte, und sich dennoch weigerte, ihn auf der Ebene zu akzeptieren, die für eine innere Verbindung notwendig war. Vielleicht wäre das Paarungsbedürfnis stark genug, um ihn zum Liebhaber zu nehmen, vielleicht sogar eine noch festere Bindung einzugehen … aber wenn die Leopardin in ihr ihm nicht alle Rechte zugestand, würde sie sich vielleicht monatelang von ihm fernhalten und nur dann zurückkehren, wenn sie sich gegen ihr Verlangen nicht länger wehren konnte.

Diese ganz besondere Art der Folter war den Leopardenfrauen vorbehalten, denen allein der Gedanke, sie könnten einem Mann auch nur die geringste Art von Herrschaft zugestehen, schon die Luft abschnürte. Doch war es natürlich so, dass jeder Mann versuchte, dominant zu sein, es sei denn, er wäre selbst schwach und unterwürfig – und würde deshalb nie auch nur die geringste Anziehung auf sie ausüben.

„Ich brauche ja keinen Gefährten“, grummelte sie und blickte zum hellen Kreis des Herbstmondes hinauf. „Aber könntest du mir nicht einen süßen, starken, sinnlichen Mann schicken, mit dem ich eine Weile tanzen kann? Bitte!“ Fast acht Monate hatte sie nun schon keinen Liebhaber mehr gehabt, und allmählich schmerzte es überall. „Er muss auch nicht intelligent sein, nur gut im Bett.“ Gut genug, damit diese Spannung sich entladen konnte, damit sie wieder funktionierte.

Denn für eine Raubkatze wie sie ging es bei Sex nicht nur um Lust – es ging um Zuneigung, Vertrauen, um alles, was gut war. „Im Moment würde mich tatsächlich auch reiner Sex vollkommen zufriedenstellen.“

In diesem Augenblick trat Riley aus dem Schatten zwischen den Bäumen. „Juckt’s irgendwo, Kätzchen?“

Sie sprang auf die Füße und kniff die Augen zusammen, er musste sich absichtlich gegen den Wind angeschlichen haben. „Spionierst du mir nach?“

„War nicht nötig. Du hast ja laut genug geredet, um Tote aufzuwecken.“

Sie hätte schwören können, dass Dampf aus ihren Ohren kam. Alle dachten, Riley sei ordentlich, ruhig und pragmatisch. Nur sie allein wusste, dass er eine gemeine Seite hatte und es ihm Spaß machte, sie so oft wie möglich zu ärgern. „Was willst du hier?“, knurrten Leopardin und Frau.

„Ich war zur Paarungszeremonie eingeladen.“ Er lächelte so lässig, dass sie versucht war, es ihm nachzutun. „War kaum möglich, dein Feuer zu übersehen. Und damit meine ich nicht die Haarfarbe.“ Seine Augen fielen auf die langen roten Locken über ihren Brüsten.

Mercy war nicht leicht in Verlegenheit zu bringen, aber jetzt brannten ihre Wangen. Denn wenn Riley wusste, dass sie heiß war – wie eine blöde Wildkatze! –, dann wusste es das ganze Rudel. „Und? Bist du mir etwa gefolgt, weil du geglaubt hast, ich würde so tief sinken und es mit einem Wolf treiben?“ Absichtlich ließ sie das Wort „Wolf“ etwa so appetitlich klingen wie „Reptil“.

Rileys Kiefermuskeln mahlten, sie sah die Stoppeln auf seinen Wangen, die nur ein wenig dunkler als die kastanienbraunen Haare waren. „Willst du deine Krallen an mir wetzen, Kätzchen? Komm nur her.“

Sie ballte die Faust. So schlimm stand es noch nicht um sie. Der verdammte Riley brachte sie immer wieder auf hundertachtzig. „Tut mir leid, aber ich schlage keine wehrlosen Hündchen.“

Er lachte. Tatsächlich. „Was ist daran so lustig?“, zischte sie.

„Wir wissen doch beide, wer der Dominantere ist … du jedenfalls nicht.“

Das war’s. Sie war immerhin eine Wächterin. Es spielte keine Rolle, dass er länger Offizier war. Schließlich nahm sie bei den DarkRiver-Leoparden dieselbe Stellung ein wie er bei den SnowDancer-Wölfen. Der Wolf hatte eine Grenze überschritten – und da sie keinen Sex haben konnten, nahm Mercy Zuflucht zu Gewalt.

Wutschnaubend griff sie an.

Riley war jedoch vorbereitet. Zuckte nicht zurück, als sie gegen seinen Oberschenkel trat, und parierte ihren Faustschlag mit der Hand. Sie nahm schon die nächste Position ein, um mögliche Schwachstellen sofort auszunutzen. Er blockte alle Angriffe ab, griff aber nicht selbst an. „Wehr dich endlich richtig!“, schrie sie. Sie brauchte ein schweißtreibendes Sparring – das würde dem furchtbaren Wüten der Begierde die Spitze nehmen. Ihr Stiefel traf seine Rippen.

Sein Grunzen ließ ihre Mundwinkel nach oben schnellen. „Wohl doch zu langsam, Wölfchen?“

„Ich will dir nur nicht wehtun“, sagte er und blockte die nächste Folge von Schlägen mit den Armen ab.

„Ich bin doch keine bescheuerte Prinzessin“, grummelte sie und zielte auf den empfindlichsten Teil am Körper eines Mannes – okay, okay, das war nicht gerade fair. Aber Riley hatte es herausgefordert. Mannomann, das hatte er wirklich. „Kätzchen, hast du gesagt, Kincaid?“

„Verdammt noch mal, Mercy!“ Er packte ihren Fuß, bevor sie seine Genitalien treffen konnte, und warf sie um. Mühelos. Als ihr klar wurde, wie sehr er sich bisher zurückgehalten hatte, verschlug es ihr den Atem. Sie drehte sich noch in der Luft und landete mit beiden Füßen auf dem Boden.

„Eins muss ich dir lassen“, sagte er und duckte sich, während sie einander umkreisten. „Du bist wirklich beweglich … Kätzchen.“

Heiß schoss das Adrenalin in ihr hoch. „Jedenfalls mehr als ein hüpfender Hütehund.“ Sie bemühte sich, gleichmütig zu klingen, obwohl ihr der Schweiß in dem eng anliegenden schwarzen Top herunterlief, das sie zum Tanzen angezogen hatte, und ihr Herz wie besessen schlug. „Jetzt fahre ich die Krallen aus“, sagte sie und stürzte sich erneut auf ihn.

Sie wusste nicht, wie ihr geschah. Gerade eben war sie noch kurz davor gewesen, sein Gesicht aufzuschlitzen – schon gut, sie hätte ihm nur ein paar Kratzer beigebracht, es ging ja schließlich nicht um Leben und Tod –, und im nächsten Augenblick lag sie schon flach auf dem Rücken, und eine starke Faust hielt ihre Handgelenke über dem Kopf an den Boden gepresst. „Huch.“ Alle Luft wich aus ihren Lungen, als sich Riley auf sie setzte. Der Mistkerl war schwer, schiere Muskeln und starke Knochen.

„Gib dich geschlagen.“ Sein Gesicht war ganz nah.

„Das hättest du wohl gern.“ Ein Blick aus schokoladenbraunen Augen, sie verzog den Mund. „Komm nur näher.“

„Damit du mich beißen kannst?“ Seine Zähne blitzten auf. „Erst musst du dich geschlagen geben. Dann komme ich näher.“

„Nie im Leben.“ Denn dann hätte sie seine Dominanz akzeptiert, zumindest für diese Nacht.

„Dann werde ich dich wohl dazu zwingen müssen.“

„Versuch’s doch.“ Mit einem Lächeln schnappte sie nach seiner Kehle, hätte ihn fast erwischt, doch mit einer absolut unzulässigen Kombination von Bewegungen drehte er sie auf den Bauch – Gesicht in einem Blätterhaufen und Handgelenke immer noch in seinem eisernen Griff über ihrem Kopf. „Du hinterlistiger Kerl.“

„Und das sagt eine Frau, die gerade versucht hat, mir die Eier in den Leib zu treten“, stellte er fest und fuhr langsam und provozierend mit der Zunge über ihren salzigen Nacken.

„Ich werde dich umbringen.“ Sie brachte kaum mehr als ein Zischen zustande.

Dann biss er zu.

In die empfindliche Haut zwischen Nacken und Schulter.

Ihr ganzer Körper erschauderte bei diesem deutlichen Ausdruck von Dominanz. „Hör auf.“ Heiser und beileibe nicht so zurückweisend, wie sie gewollt hatte.

Er hob den Kopf. „Ich hab dich am Boden.“

„Dummes Wolfsgelaber. Ich bin eine Raubkatze.“

„Aber immer noch unter mir.“ Er drückte die Nase in ihren Nacken. „Und du riechst heiß.“ Seine Stimme wurde tiefer, er wurde Wolf.

Und die heiße Stelle zwischen ihren Beinen begann zu pochen. Ihr Magen zog sich in Wellen des Verlangens zusammen. Mein Gott, sie war so hungrig, geradezu ausgehungert nach Sex. Und Riley hatte sie fest im Griff. Die Leopardin kümmerte es jetzt nicht, dass er keine Raubkatze war. Denn er war stark, sinnlich und genauso erregt.

Unwillkürlich drängte sich ihr Körper an ihn, ihr Hintern rieb einladend an seinen Lenden. „Wenn du irgendwem auch nur ein Wort erzählst, reiße ich dir das Herz aus dem Leib.“

„Reden interessiert mich im Moment überhaupt nicht.“ Er ließ ihre Hände los, damit sie sich wieder umdrehen konnte … schob ihre Beine auseinander und presste sein steifes Glied gegen ihren Unterleib. Sie konnte gerade noch ein Stöhnen unterdrücken.

Er stützte sich auf den Ellenbogen ab und sah sie mit Wolfsaugen an – ein bernsteinfarbener Ring umschloss die Pupillen, spiegelte sich in der braunen Iris und ließ seine Augen in der Dunkelheit glühen. „Wie heftig soll’s denn sein?“ Seine Sinnlichkeit riss wie eine Urkraft an ihrer Haut.

„Hart.“ Sie wollte gezeichnet werden, rangenommen, bis sie völlig erledigt und vor Lust außer sich war. Und sie wollte dasselbe mit ihm tun. Sie schob eine Hand in den dicken Schopf, den sie auf ihren Brüsten spüren wollte, und zog seinen Kopf zu sich herunter, küsste ihn knurrend. Er legte die Hand um ihren Nacken und drückte vorsichtig zu. „Benimm dich.“

Diesmal war sie es, die zubiss.

Ein Knurren ergoss sich in ihren Mund, als dieser Trauerkloß Riley Kincaid zum Wolf wurde und ihr zeigte, warum er der dienstälteste Offizier im SnowDancer-Rudel war. Ihr T-Shirt war schon in Fetzen, bevor sie auch nur geblinzelt hatte, ihr BH folgte ihm kurz darauf. Seine Hand presste sich auf ihre nackten Rundungen, und als er seine Lippen von den ihren löste und sich nach unten schob, wusste sie, dass sie seine Zähne spüren würde.

Allerdings war sie nicht darauf vorbereitet, dass er so entflammt an ihrer Brust saugen würde, bevor er hineinbiss. Sie bäumte sich auf und hielt sich an seinen nackten Schultern fest. Wohin war sein Hemd verschwunden? Es war ihr egal. Unter ihren Händen spürte sie wunderbare männliche Muskeln, und es fühlte sich verdammt gut an.

Sie ignorierte sein unwilliges Knurren, als sie seinen Kopf von ihrer Brust zog und ihn ein weiteres Mal in die Unterlippe biss. Für einen Wolf hatte er einen hübschen Mund. Seit Monaten schon hatte sie daran knabbern wollen. Das tat sie jetzt. Dann glitt sie mit den Lippen über seine Wange und seinen Hals. Schmeckte Salz, Mann und Wolf.

Wolf. Feind.

Die Raubkatze in ihr knurrte.

Aber das Knurren schmolz im Feuer der Leidenschaft. Riley schmeckte einfach zu gut.

Als er mit der Hand in ihre hüftlangen Haare griff und ihren Kopf nach hinten zog, um sie wieder auf den Mund zu küssen, wehrte sie sich nicht. Der zweite Kuss war ebenso wild und feucht wie der erste, versprach rohe, grenzenlose Sinnlichkeit. „Jetzt“, befahl sie, als ihre Münder sich trennten und sie vor Begierde beinahe zitterte.

„Nein.“ Er schob sich auf ihrem Körper erneut nach unten, und plötzlich waren auch ihre Hose und ihr Slip verschwunden. An den Innenseiten der Oberschenkel spürte sie Krallen, das hatte er absichtlich getan. Kein Schmerz, er hatte sie kaum berührt. Wollte nur, dass sie es spürte.

Damit ihre Raubkatze wusste, dass er sie nehmen konnte.

Es reichte, um ihre Erregung zu einem weiteren Höhepunkt zu bringen.

„Verfluchter Wolf.“ Ein unterdrückter Fluch.

Er drückte ihre Beine mit starken, rauen Händen weit auseinander und küsste ihre Scham. Sie schrie vor Lust auf. Offensichtlich wollte Riley es nicht langsam angehen lassen. Er leckte sie fordernd, saugte an ihr und biss schließlich zu. Der Orgasmus war so heftig, dass sie jetzt schon wusste, wie sehr ihre Muskeln morgen protestieren würden.

Und er machte weiter mit seinem Mund, mit den Zähnen, bis sie nach lächerlich kurzer Zeit wiederum spürte, wie ihr Körper sich anspannte. Aber sie wollte mehr als nur eine weitere lustvolle Explosion. Sie griff nach seinen Schultern und zog ihn hoch zu sich, wusste genau, dass es nur möglich war, weil er sich nicht wehrte. Das hätte sie wütend gemacht … in jeder anderen Lage. „Komm schon, Wolf.“

Eine Hand in ihren Haaren, zog er ihren Kopf nach hinten. „Wie heiße ich?“

Ihre Nägel zogen tiefe Spuren in seinem Rücken. Er zwinkerte nicht einmal. „Mein Name, Kätzchen. Sprich ihn aus.“

„Trauerkloß, Spitzname Klößchen“, sagte sie und rieb sich an dem Stoff, der sich über seinem steifen Glied spannte. Der raue Jeansstoff fühlte sich äußerst stimulierend an. Nackte Haut wäre ihr allerdings noch lieber gewesen, aber er gab nicht nach.

„Sag meinen Namen, sonst setze ich dich heute auf Entzug.“

Ihr blieb der Mund offen stehen. „Mach’s dir doch selber.“

„Das wirst du in Kürze erledigen.“ Er küsste sie, Zunge, Zähne und ungezähmte männliche Kraft. „Was ist nun?“ Er drückte sich an sie, ließ sie spüren, wie heiß sie es haben konnte. „Wie heiße ich, verdammt noch mal?“

Sie wollte ihn eigentlich weiter anknurren, aber ihre Haut war feucht, und er war so groß, so wild und so zum Anbeißen. Und sie wollte ihn in sich haben. Sofort. „Männer und ihr Ego“, grummelte sie, nur um ihn zu ärgern. „Jetzt mach schon, Riley. Oder muss ich mir jemand anderen suchen?“

Einen weiteren langen Augenblick hielt er ihren Kopf fest, dann beugte er sich über sie, die bernsteinfarbenen Augen machten deutlich, wer in ihm die Oberhand hatte. „Was hast du eben gesagt?“ Ganz ruhig, gefährlich ruhig.

Sie fuhr mit den Krallen noch einmal über seinen Rücken. Diesmal knurrte ein Wolf sie an, Stoff riss entzwei, wilde Küsse wurden ausgetauscht, Lustschreie und Stöhnen drangen durch den Wald. Dann kniete er nackt über ihr. Heiß und wunderschön. Sie bäumte sich auf, und in ihren Augen zeigte sich die Leopardin, als er die Hand auf ihren Schenkel legte und sein steifes Glied gegen ihre Scham drückte.

Sie schob ihre Hand nach unten, aber er knurrte nur. Normalerweise hätte sie zurückgeknurrt, aber dafür fühlte es sich viel zu gut an. Sie schlang ein Bein um seine Hüften und vergrub die Hände in seinem Haar, hob das Becken. „Ich will dich in mir spüren.“

Er stieß in sie hinein. Und sie schnappte nach Luft. Der Mann war hart wie Stein und so groß, dass es fast wehtat. Schauer liefen über ihren Körper. „Mehr.“

Er nahm sie beim Wort, stieß so langsam und lustvoll in sie hinein, dass ihr Unterleib schon ekstatisch zuckte, noch bevor er ganz in ihr war. Als es schließlich so weit war, fühlte sie sich so vollständig in Besitz genommen wie noch nie in ihrem Leben. Doch er ließ ihr nur ein paar Sekunden Zeit, sich an ihn zu gewöhnen, dann küsste er sie und drang mit kräftigen Stößen wieder und wieder in sie ein. Die Leopardin jubelte. Auch wenn er nur ein Wolf war, ein Tanz mit ihm war nicht zu verachten.

Sie bewegte sich in seinem Rhythmus, küsste ihn ebenfalls, strich mit den Händen über seinen Körper, knabberte ein wenig hier, ein wenig dort, einfach weil es so schön war. Er hielt sie am Boden fest, als wüsste er, wie sehr sie einen heißen Ritt brauchte. Sie kam mit einem lauten Schrei, und Sterne explodierten vor ihren Augen.

Das Flackern hörte nicht auf, als sie wieder auf der Erde ankam. Sie spürte Riley immer noch in sich, heiß und erregt trieb er sie mit unerbittlichen Stößen zu einem weiteren Höhepunkt. Sie biss ihn in den Hals wie eine Wölfin, und das katapultierte ihn endlich mit ihr zusammen ins Nirwana.

 

2

Früh am nächsten Morgen betrat eine gertenschlanke Mediale ein Restaurant, das Frühstück und Abendessen anbot – mittags war es geschlossen –, im Süden von San Diego, setzte sich an einen Tisch und stellte ihre Aktentasche neben sich ab. Sie trug einen dunkelgrauen Anzug, die auf Figur geschnittene Hose war aus demselben Stoff wie die in der Taille gesmokte Jacke. Der Kragen der Bluse war steif und weiß, die Nägel der Frau waren kurz geschnitten und sauber.

Die Kellnerin lächelte, ohne von ihrem Gast dasselbe zu erwarten. Mediale waren gefühllose Roboter – ausgenommen die Abtrünnigen. Sie hatte Gerüchte gehört, dass diese Gefühllosigkeit nicht angeboren, sondern das Ergebnis jahrelangen Trainings war. Ganz schön blöde Idee, wenn man sie fragte. Denn was war das schon für ein Leben, ohne Liebe, ohne Lachen? Nun gut, es gab manchmal auch Tränen, aber so war es nun einmal. Das gehörte zum Leben.

Aber davon sagte sie jetzt am besten nichts – Mediale hatten zwar keine Gefühle, aber sie gaben immer ein anständiges Trinkgeld. Besser als die Knicker, die sie herumscheuchten und dann nur zwanzig Cent herausrückten. Jederzeit würde sie die für eine Mediale stehen lassen. „Was darf es sein?“, fragte sie und hielt den altmodischen Bestellblock hoch. Damit blieben sie im Geschäft – die Leute kamen wegen des „Ambientes“, wie der Chef es nannte.

Sie hatte ihn ausgelacht – der alte Schlawiner war ihr Mann, sie musste ihm manchmal auf die Zehen treten –, aber er hatte recht gehabt. Die Leute mochten die rot karierten Decken auf den Holztischen, den persönlichen Service im Gegensatz zu den im Tisch integrierten Karten für elektronische Bestellungen, sie mochten selbst die scheppernde Musikbox, die sie abends anstellten. Deshalb hatten sie viele Menschen und Gestaltwandler zu Gast.

Mediale schneiten höchstens zufällig auf dem Weg zu einer geschäftlichen Verabredung in der Stadt herein. Die hier sah so aus. Hübsch war sie auch noch, hatte leuchtend grüne Augen und leicht getönte Haut. Mediale sahen oft fantastisch aus – vielleicht manipulierten sie schon die Gene ihrer Emryos, überlegte die Kellnerin. „Was ist nun, Schätzchen?“, fragte sie noch einmal, als die Frau nicht reagierte.

Die Mediale blinzelte kurz und starrte sie weiter an.

Die Kellnerin hätte schwören können, dass so etwas wie Verzweiflung in ihren Augen lag.

Dann explodierte die Aktentasche.

 

3

Als Riley aufwachte, saß sein Bruder Andrew am Fußende des Bettes mit einem Becher Kaffee in der Hand und einem selbstgefälligen Grinsen im Gesicht. „Netter Versuch, Brüderchen“, sagte er. „Das mit dem Duschen vor dem Schlafengehen. Bist wahrscheinlich noch in einen Fluss gesprungen, bevor du nach Hause gekommen bist.“

Riley hielt den Mund. Das war am besten, denn Drew war gut darin, Leuten alles Mögliche zu entlocken, indem er so tat, als wüsste er sowieso schon alles. Er selbst schob es darauf, das mittlere Kind zu sein. Riley hielt ihn eher für ein Schlitzohr.

„Aber du hast den Wäschekorb vergessen.“

„Schnüffelst du jetzt schon an der dreckigen Wäsche?“ Riley hob eine Augenbraue, Drew hatte nichts in der Hand. Rileys Sachen waren zerfetzt – er war als Wolf zurückgekommen. Und hatte tatsächlich vorher seinen Hintern in einen eiskalten See gesteckt. „Dich sollte wirklich mal jemand flachlegen.“

„Wir reden aber nicht über mein Sexleben.“ Schon wieder dieses Grinsen. „Deines ist nämlich viel interessanter.“

Riley blieb auf dem Rücken liegen, in seiner Schulter hatten sich Schmerzen gemeldet. „Was machst du überhaupt hier? Solltest du nicht diese Woche in Los Angeles sein?“ Drew war kürzlich befördert worden – seine neue Stellung verlangte von ihm, der Reihe nach alle Städte abzuklappern, die zum Gebiet der SnowDancer-Wölfe gehörten, und Hawke, dem Leitwolf, dann Bericht zu erstatten.

Ein solcher Posten war notwendig.

Denn im schneeverwehten letzten Winter hatten die Wölfe erfahren, dass nicht jeder Wolf gut war. Nicht jeder Wolf das Rudel schützte. Diese Erkenntnis hatte sie bis ins Mark getroffen, und das Rudel hatte sich von diesem Schlag noch nicht erholt. Aber der Schmerz hatte sie nicht davon abgehalten, Maßnahmen zu ergreifen, damit so etwas nie wieder geschehen konnte.

Aus diesem Grund sollte Andrew überall im ganzen Territorium Augen und Ohren offen halten. Er führte eine kleine Gruppe von Männer und Frauen an, die absolut loyal waren und sich eher selbst das Herz herausreißen würden, als Unschuldige zu verleumden. Alle hatten ein gewinnendes Wesen und schlossen schnell Freundschaften.

Insbesondere Drew konnte jeden dazu bekommen, sich ihm anzuvertrauen. Aus diesem Grund war Riley stets auf der Hut, wenn sein jüngerer Bruder ihm scheinbar harmlose Fragen stellte.

„Habe mit Kieran getauscht“, sagte Drew. „Er wollte jemandem in der Höhle eine Weile aus dem Weg gehen.“

Riley wusste ganz genau, wem Kieran ausweichen wollte. „Er hat mit seiner Freundin Schluss gemacht.“ Die Tatsache, dass Kieran eigentlich ein Mensch war, den die Wölfe als Kind adoptiert hatten, schien ihn nicht davon abzuhalten, wie ein Wolf herumzustromern. „Ich hab läuten hören, dass die Frau Blut sehen will.“

„Kann ich mir vorstellen.“ In Drews Augen glitzerte es wieder. „Also, wer ist es?“

„Ich dachte, das weißt du schon.“

Drew sah ihn finster an. „Jemand hat dich flachgelegt. Ich finde schon noch heraus, wer es war.“

„Mach, was du willst.“ Riley wollte sich aufrichten, als ihm mit einem Mal klar wurde, warum die Schulter schmerzte. Mercy hatte ihn heftig gekratzt. Einen Menschen hätte die Verletzung wahrscheinlich lahmgelegt. Rileys Wolf lächelte nur darüber. Die Kratzer waren eine Auszeichnung – er hatte ihr solche Lust verschafft, dass sie die Kontrolle über sich verloren hatte. Wenn sie seine wahre Liebe gewesen wäre, hätte er die Schrammen überall stolz herumgezeigt.

Aber er hatte keine Ahnung, was sie für ihn war. Wusste nur, dass sie ihn schneller als jede andere Frau heißmachen und in Rage versetzen konnte. Er ließ sich wieder zurückfallen, als ihm auf einmal klar wurde: Einmal war nicht genug. Bei Weitem nicht. Sein Magen zog sich zusammen. „Verpiss dich, Drew. Ich bleibe noch liegen.“

„Hm, ich soll verschwinden. Warum wohl?“ Drew nahm einen Schluck Kaffee. „Hat die kleine Raubkatze den ehrenhaften Offizier vielleicht gekratzt?“

Riley konnte sich gerade noch zurückhalten, auf das Wort „Raubkatze“ zu reagieren. Er wollte seine Verbindung mit Mercy nicht verstecken – sie machte zwar jede Menge Ärger, ging ihm höllisch auf die Nerven, war aber auch eine unglaublich starke, sinnliche Frau. Jeder Mann hätte stolz darauf sein können, eine solche Geliebte zu haben. Doch er brauchte noch Zeit, um herauszufinden, wie er mit der Situation umgehen sollte. Kaum hatte er das gedacht, als er auch schon Mercys Stimme hörte, bei einer ihrer vielen Kabbeleien.

„Mein Gott, Riley, machst du jemals etwas, ohne vorher lange Überlegungen anzustellen?“

„Wenn es notwendig ist.“

„Wenn es notwendig ist.“ Sie hatte seine Stimme perfekt imitiert. „Dich einen Medialen zu nennen, wäre noch eine Beleidigung für diese Gattung.“

„Ich habe Gefühle.“

„Die aber durch mindestens zehn verschiedene Filter gehen, bevor du sie herauslässt.“ Sie hatte den Kopf zurückgeworfen, das zu einem festen Zopf gebundene Haar flog nach hinten. „Na, mir soll’s egal sein – solange du nicht mit einem dieser wahnsinnigen Pläne aufkreuzt.“ Das Wort „Pläne“ hatte bei ihr etwa sieben Silben. „Wir reagieren, wie es die Situation erfordert. Ein buntes Ablaufdiagramm ist völlig überflüssig.“

Natürlich hatte er so etwas gar nicht dabeigehabt. Mercy brachte ihn nur gerne hoch. „Ich glaube, du solltest bei Brenna vorbeischauen“, sagte Riley zu Andrew, der immer noch auf seinem Bett saß. „Ich habe gehört, dass sie und Judd sich gestritten haben.“ Riley mochte Judd, aber der Kerl war mit seiner kleinen Schwester verheiratet – und Riley nahm sich das Recht heraus, ihn von Zeit zu Zeit ein wenig zu schikanieren. Oder als Köder zu benutzen, um Drew abzulenken. „Mit mir redet sie nicht – kümmere du dich bitte darum, dass er sie nicht drangsaliert.“

Drew verschwand so schnell, dass Riley den Luftzug spürte. Ob Judd seinem Bruder wohl für die unwillkommene – und vollkommen unnötige – Einmischung eine verpassen würde? „Geschähe ihm ganz recht“, grummelte er, stand auf und griff nach dem Kaffeebecher, den Drew stehen gelassen hatte. Judd würde sich eher den Arm abhacken, als Brenna etwas zuleide zu tun. Darum war er überhaupt noch am Leben. Denn obwohl Riley nicht so atemberaubend lebendig war wie Mercy, hatte er doch tiefe Gefühle.

Und er liebte seine Schwester so sehr, dass sie ständig schimpfte, er sei schlimmer als eine Bärenmutter. Er machte sich nichts daraus. Das Rudel hatte ihnen nach dem Tod ihrer Eltern geholfen – sehr sogar –, aber Riley hatte auf Brenna aufgepasst. Riley hatte die Wehwehchen weggeküsst und Albträume verscheucht. Dass sie nun verheiratet war, hatte an dem Recht, sich um sie zu kümmern, nichts geändert.

Scham und Wut drückten ihm das Herz zusammen. Letzte Nacht hatten ihn die Träume verschont, aber der Schmerz war sofort wieder dagewesen. Denn er hatte Brenna im Stich gelassen, als sie ihn am meisten gebraucht hatte. Der mediale Scheißkerl Santano Enrique hatte ihr weh getan, hatte sie so schlimm verletzt, dass sie beinahe daran zerbrochen wäre.

„Aber sie ist nicht zerbrochen. Verdammt noch mal, sie hat überlebt, und das Letzte, was sie braucht, ist ein idiotischer Bruder, der sich selbst leidtut.“ Erneut Mercys Stimme. Diese Worte hatte sie ihm an den Kopf geworfen, als er Brenna nach ihrer Rettung einmal zu viel angeknurrt hatte.

Was würde sie jetzt wohl zu seinen Überlegungen sagen?

Er griff sich an die Schulter, langsam erschien ein Lächeln auf seinen Lippen, reine Begierde vertrieb die alte Wut. Wenn er vorher gewusst hätte, dass es dermaßen gut sein würde, hätte er schon vor Monaten seine Selbstbeherrschung aufgegeben und ihr nachgestellt. Den Fehler würde er bestimmt nicht noch einmal machen, dachte er und ging ins Bad.

Als Drew seine jämmerliche Gestalt wieder durch die Tür schob, war Riley bereits angezogen und aß Rührei. „Keine sichtbaren Verletzungen“, sagte er und sah auf Drews Brust. Seinem Bruder war im letzten Winter ins Herz geschossen worden, das Blut hatte sich wie eine scharlachrote Blume auf dem Schnee ausgebreitet – ganz automatisch musste der Wolf sich vergewissern, dass alles in Ordnung war. „Entweder hatte Judd gute Laune, oder deine Rippen müssen höllisch wehtun.“

„Lach du nur“, sagte Drew mit einem bösen Grinsen. „Aber jetzt weiß auch Brenna, dass etwas im Busch ist.“

Na, großartig. Drew nervte, aber Brenna kannte kein Erbarmen. „Dein Leben ist verwirkt, Drew.“

„Dann macht es dir hoffentlich nichts aus, wenn ich meine Nase in deins stecke.“

Lange nach ihrer üblichen Zeit zum Aufstehen lag Mercy immer noch im Bett und starrte an die Decke ihrer Hütte. Sie war völlig wund, über und über mit Kratzern, Bissen und blauen Flecken bedeckt und hätte schnurren können. Das würde sie Riley natürlich nicht erzählen – niemals –, aber der Wolf hatte wirklich Ahnung, wie man sich im Bett anstellte. Oder auf dem Waldboden.

Er hatte sie nicht nur fast bis zur Besinnungslosigkeit geritten, sondern ihr noch dazu die besten Orgasmen ihres Lebens verschafft. Und das war beschämend. Ausgerechnet mit einem Wolf den besten Sex zu haben. Wie erbärmlich. Doch ihr Körper machte ihr deutlich, dass sie lieber die Klappe halten und genießen sollte. Denn es fühlte sich saugut an. So unglaublich gut, dass sie sogar eine Wiederholung nicht ausschloss.

„Nein“, sagte sie sich im gleichen Moment. „Einmal – und selbst eine ganze Nacht ist nichts anderes als einmal – kann noch als Ausrutscher durchgehen. Aber wenn du es ein zweites Mal zulässt, glaubt der Typ noch, er hätte irgendwelche Rechte.“ Sie wusste, wie Raubtiergestaltwandler tickten. Die hatten die Dinge gerne unter Kontrolle. Und ihre Frauen mussten sich unterordnen. Riley war ein großes, testosterongesteuertes Raubtier, der reinste Neandertaler – der bestimmt dachte, er habe ein Recht darauf, dass sogar sie sich ihm unterordnete. Sie schnaubte. „Nie im Leben.“

Stöhnend drehte sie sich um, ihre Muskeln ächzten bei jeder Bewegung. Gestern Nacht hatte sie noch geduscht, aber ein heißes Bad wäre jetzt genau das Richtige. Und eine Massage. Sicher würde ihr einer der Rudelgefährten diesen Freundschaftsdienst gerne erweisen, aber dann würde der- oder diejenige sehen, wie ihr Körper zugerichtet war.

Sie konnte sich gut vorstellen, wie sie reagieren würden, wenn herauskam, dass sie sich mit einem Wolf eingelassen hatte. Die SnowDancer-Wölfe waren ihre Verbündeten, aber Leopard und Wolf kamen nicht gut miteinander aus. Es würde noch Jahre dauern, bis aus Verbündeten wirkliche Freunde wurden. Und obwohl der Sex mit Riley großartig gewesen war – was heißt großartig: heiß, wahnsinnig und einfach wundervoll –, konnte man sie beim besten Willen nicht als Freunde bezeichnen.

Meist brachte sie schon seine reine Anwesenheit zur Weißglut.

Sie fuhr zusammen, als es an der Kommunikationskonsole läutete. Brachte kaum die Kraft auf, den Arm aus der warmen Betthöhle zu strecken und den schnurlosen Apparat ans Ohr zur heben. „Ja?“

„Schalt den Monitor an, Mercy.“

Mit einem Schlag war ihre Müdigkeit verschwunden. „Gran?“

„Wer denn sonst. Der Monitor. Nun mach schon, Mädel. Dein Großvater wartet auf mich, wir wollen uns vor dem Treffen noch ein wenig in der Horizontalen vergnügen.“

Mercy wurde rot. „Auf das Bild in meinem Kopf hätte ich gut verzichten können. Und der Monitor bleibt aus – ich bin nackt.“ Aber vor allem war sie besorgt, dass die Adleraugen ihrer Großmutter sofort den Abdruck von Rileys Zähnen auf ihrem Hals entdecken würden.

„Was hast du, was ich nicht auch habe?“, fragte ihre Großmutter.

„Granny!“ Aber sie musste lächeln. „Ich gehöre nicht zu deinem Rudel, spiel also nicht das Alphatier.“ Ihre Großmutter mütterlicherseits führte die AzureSun-Leoparden in Brasilien. Isabellas Wächter standen ihr immer noch treu zur Seite trotz ihres Alters, denn schiere Muskelkraft war nicht das einzige Kriterium bei Gestaltwandlern – Alter und Erfahrung zählten genauso viel. Die körperliche Verfassung von Mercys Großmutter ließ allerdings ebenfalls nichts zu wünschen übrig.

„Ich spiele nicht das Alphatier, Mercy. Ich bin es.“ Die ruhige Selbstsicherheit einer Frau, die genau wusste, wer sie war, und sich den Teufel darum scherte, was andere dachten. „Und das Alphatier hat ein Geschenk für dich.“

Jede Zelle in Mercy ging in Alarmbereitschaft. „Was hast du getan, Granny?“

„Keine Sorge, Schätzchen. Du hast doch gesagt, du könntest dein Rudel im Moment nicht verlassen, um herauszufinden, ob einer meiner Wächter eventuell als Gefährte infrage kommt. Bei uns ist es im Augenblick ziemlich ruhig, Eduardo und Joaquin werden euch besuchen.“

Ach. Du. Scheiße. „Ich brauche keine Heiratsvermittlerin. Ich habe selbst jemanden gefunden.“ Nur für wilden Sex, aber ihre Großmutter musste ja nicht alles wissen.

„Tatsächlich?“ Isabellas Stimme klang scharf. „Weniger dominant als du?“

Sag meinen Namen, Kätzchen.

Mercys Krallen fuhren aus, sie hätte beinahe das Laken zerrissen. „Nein.“

„Dein Gefährte?“

Die Leopardin in Mercy knurrte bei dem Gedanken. „Wir haben gerade erst –“

„Dann schadet es ja nichts, eine größere Auswahl zu haben.“

Mercy war kurz davor, den Hörer zu zerquetschen. „Granny, ganz ehrlich, ich brauche deine Hilfe nicht. Schick die Wächter nicht los.“ Zwei zweifellos zielstrebige Männer abzuwehren, würde nicht den geringsten Spaß machen. Vor allem dann nicht, wenn der einzige Mann, nach dem sich ihr Körper sehnte, ein Wolf war, dem sie mehr als einmal mit dem Tod gedroht hatte.

„Zu spät“, sagte Isabella. „Ich habe schon vor ein paar Tagen mit Lucas gesprochen, meine Männer sind wahrscheinlich bereits in eurem Territorium. Wenn es mit ihnen nicht klappt, kann ich dir noch andere ungebundene Wächter bieten, die hervorragende Gefährten abgeben würden.“

Mercy schlug sich mit der Faust an die Stirn. „Ich werde sie sofort zurückschicken. Komplikationen kann ich jetzt nicht brauchen.“

„Und wie du sie brauchst, Schätzchen. Wenn dieser Mann, mit dem du dich triffst, ein wenig Konkurrenz nicht ertragen kann, sollte er die Sache lieber lassen.“ Ihre Stimme klang jetzt sehr nach Alphatier. „Du brauchst jemanden, der hart im Nehmen ist, Mercy. Sonst reißt du ihm das Herz heraus und verspeist es zum Frühstück.“

„Vielen Dank.“

„Das sind nun mal Tatsachen, Liebes.“ Flüstern im Hintergrund. „Da wir gerade von harten Männern sprechen, deinem Großvater geht langsam die Geduld aus. Wir unterhalten uns weiter, wenn du Eduardo und Joaquin gesehen hast.“

Mercy wollte den Hörer gerade in die Ladeschale legen, als es erneut läutete. Diesmal sah sie erst auf die Nummer. „Lucas? Was gibt’s?“

„Du musst dich im Hain umsehen. Da soll etwas Ungewöhnliches vor sich gehen.“

Die Wächterin in ihr erwachte. „Wie beim letzten Mal?“ Da hatten sie eine verwundete Abtrünnige der Medialen gefunden. Was danach geschehen war, hätte Dorian und Ashaya beinahe das Leben gekostet.

„Nein“, sagte Lucas grimmig, „es soll nach Tod riechen.“

 

4

Mercy wurde eiskalt. „Medialer, Mensch oder Gestaltwandler?“

„Bislang keine Bestätigung für irgendeine Gattung – ruf mich sofort an, wenn du Genaueres weißt“, sagte Lucas. „Ein SnowDancer-Wolf ist bereits unterwegs.“

„Warum denn?“ Der Leopardin sträubte sich das Fell. „Der Hain ist unser Gebiet.“

„Einem ihrer Jugendlichen ist der Geruch aufgefallen, als er vorbeikam –“

„Ha“, sagte Mercy. „Hatte wahrscheinlich Schlimmes im Sinn.“ Mercy war das offizielle Verbindungsglied zu den Wölfen, ihr entging kaum etwas von den Revierkämpfen der Jugendlichen – und jungen Erwachsenen – der beiden Rudel. Wenn nicht unbedingt ein Eingreifen der Alphatiere erforderlich war, lief alles über Mercy … und Riley. Der Biss an ihrem Hals kitzelte – sie spürte seine Lippen, seine Zähne wieder auf ihrer Haut.

„Muss ich mir Sorgen machen?“

Sie konzentrierte sich wieder auf das Telefonat und schüttelte den Kopf. „Nein, die lassen nur Dampf ab, wollen die Rangordnung festlegen.“ Die Rudel waren sehr diszipliniert – auch die jüngeren Mitglieder wussten sehr genau, wie weit sie gehen durften. „Vielleicht kann ich dem Wolf zuvorkommen.“

„Wir sind Verbündete“, sagte Lucas geduldig. „Sei nett zu ihm.“

Mercy wusste, dass er sich jedes Mal mit Hawke anlegte, wenn sie sich trafen. „So nett wie du?“

„Klappe. Ich bin dein Alphatier. Mach dich endlich auf den Weg.“

Sie unterbrach die Verbindung mit einem Lächeln, das schnell wieder aus ihrem Gesicht verschwand, als sie sich überlegte, was sie wohl vorfinden würde. Schnell spritzte sie sich ein wenig Wasser ins Gesicht – das Bad würde warten müssen, bis sie ein paar freie Stunden zur Verfügung hatte. Ihre Muskeln schmerzten zwar immer noch ein wenig, aber das konnte sie nicht aufhalten. Schließlich war sie nicht ohne Grund Wächterin – sie war körperlich fit, tödlich gefährlich und konnte es auch mit Männern aufnehmen, die doppelt so groß waren wie sie selbst.

Mit Riley allerdings nicht.

Sie fletschte die Zähne, als sie daran dachte, wie er sie zu Boden gedrückt hatte – letzte Nacht hatte ihr das gefallen, aber falls der Wolf es ausnutzen wollte, um das Gleichgewicht zwischen Wächtern und Offizieren zu seinen Gunsten zu verschieben, würde es ein böses Erwachen geben.

In Gedanken sah sie vor sich, wie er ihren Angriff abgeblockt und dabei noch versucht hatte, ihr nicht wehzutun. Sie unterdrückte die Wärme, die in ihr aufsteigen wollte. Eines wusste sie genau über Raubtiergestaltwandler: Es war schwierig, sie in ihren Grenzen zu halten – wenn sie nur ein paar Zentimeter nachgab, würde er eine kilometerbreite Bresche schlagen und dennoch versuchen, sie im Kampf zu schützen.

Sie runzelte die Stirn, trocknete ihr Gesicht und nahm sich ein paar Sekunden Zeit, um eine ganz bestimmte Stelle am Hals mit Make-up abzudecken, dann band sie die Haare zu einem festen Pferdeschwanz zusammen, schlüpfte in Jeans, ein weißes T-Shirt und Stiefel. Ihr Handy lag noch auf dem Nachttisch, sie schnappte es sich auf dem Weg nach draußen und schob es in die Hosentasche. Die Herbstluft duftete süß und prickelte auf der Haut; es war fast ein wenig zu kalt. Mercy genoss sie in vollen Zügen, während sie lief, überließ die Führung der Leopardin, behielt aber ihre menschliche Gestalt. Instinktiv setzte sie ihre Schritte, duckte sich rechtzeitig, änderte die Richtung, wenn der Weg rechts oder links von ihr einfacher war.

Sie fühlte sich großartig.

Trotz des Bedrohlichen, das vor ihr lag, lächelte sie, als ihr eine Witterung in die Nase stieg. Sie lief langsamer, denn sie hatte das große Areal erreicht, das sie Hain nannten. „So grausam kann Gott nicht sein.“ Aber er war es doch.

Denn natürlich war es Riley, der da auf sie zukam. Wie immer hatte er diesen gleichmütigen Ausdruck im Gesicht – bei dem sie sofort den Wunsch verspürte, ihn zu piesacken, um eine Reaktion aus ihm hervorzulocken. Wenn sie nicht schon erlebt hätte, wie sich seine Züge vor Leidenschaft verziehen konnten, hätte sie ihn tatsächlich für einen Androiden gehalten. Für einen Raubtiergestaltwandler, noch dazu für einen so dominanten Mann wie Riley, war das eine schauspielerische Glanzleistung.

„Zufall?“, fragte sie zuckersüß.

Sein Blick – dunkel und sehr entschlossen – fiel auf ihren Nacken. „Du kannst einen Biss unmöglich so schnell verheilen lassen.“ Seine Stimme klang kühl, aber sein Kiefer war vorgeschoben.

„Vielleicht doch.“ Vielleicht besaß sie aber auch nur einen guten Abdeckstift. „Dann mal los.“ Sie wandte sich nach links und er nach rechts. „Irgendetwas entdeckt?“, fragte sie, als sie nach ihrem Streifzug wieder zusammentrafen.

„Nein. Nächste Runde.“

Sie knurrte ihn an. „Ich weiß selbst, was ich tun muss. Behalte deine Befehle für dich.“

Seine ruhigen Augen wurden nicht ein Stückchen kleiner. „Wie du willst.“ Und schon war er fort.

Sie war wütend. Und ihr wurde klar, dass er genau das beabsichtigt hatte. Riley wusste ganz genau, auf welche Knöpfe er bei ihr drücken musste. Als hätte er ein Diplom im Ärgern – sie erstarrte, witterte und nahm einen Geruch wahr, bei dem sich ihr der Magen umdrehte. „Verdammt.“ Sie steckte zwei Finger in den Mund und pfiff.

Eine Minute später tauchte Riley auf. „Eine Luchsin“, sagte er, als er nahe genug bei ihr war.

„Gestaltwandlerluchsin.“ Sie kauerte sich hin, um sich zu vergewissern, schüttelte den Kopf … und nahm den Hauch von „Tod“ wahr, der den Jugendlichen so irritiert hatte. Ihr wurde innerlich kalt, obwohl die Leopardin in ihr flüsterte, dass es kein menschliches Wesen war. „Es gibt Luchse in der Gegend, deshalb ist sie hier.“

Riley spannte die Muskeln an, seine Hände ballten sich zu Fäusten. „Sie ist wild geworden, eine Einzelgängerin.“

„Hoffentlich kommen wir nicht zu spät.“ Mercy schluckte schwer und richtete sich wieder auf. Einzelgänger waren Gestaltwandler, die sich völlig ihrem Tier überlassen hatten und die menschliche Seite in sich unterdrückten. Wenn sie nur Tiere geworden wären, wäre es nicht so schlimm gewesen – natürlich hätte es gebrochene Herzen gegeben, doch man hätte diesen Verstoßenen erlaubt, in Frieden zu leben. Aber Einzelgänger waren intelligenter und schneller als normale Tiere. Und sie machten Jagd auf diejenigen, die vorher zu ihrer Familie gehört hatten. Doch dieser hier … „Sie ist ein Kind, Riley.“

Riley sah sie mit Wolfsaugen an. „Du kennst sie?“

„Es ist Willow. Ihre Familie musste sich die Erlaubnis holen, auf unserem Gebiet zu leben.“ Raubtiergestaltwandler hatten sehr strenge Regeln. So wurde der Frieden erhalten. Eine Grundregel war, sich nie ohne Erlaubnis in das Territorium eines anderen Raubtiers zu begeben. „Ihre Eltern arbeiten für ein Unternehmen in Tahoe.“

„Wie alt ist sie?“

„Ich glaube, acht.“ Mercy schnupperte kräftig und versuchte, die Quelle des schwachen Hauches nach Blut und Tod ausfindig zu machen. „Ihren Eltern muss etwas geschehen sein.“ Sie zog ihr Handy heraus und rief Lucas an, während sie Willows Spur folgten.

„Mercy, was hast du …?“

„Es ist Willow“, sagte sie. „Jemand muss im Haus der Bakers nachschauen.“

Lucas fluchte leise. „Nathan ist heute Morgen in die Richtung gefahren. Ich werde ihm Bescheid geben.“

Riley signalisierte ihr, er werde nach links gehen. Sie nickte, beendete das Gespräch und schlich leise wie eine Leopardin nach rechts, denn Willow musste ganz in der Nähe sein. Aber sie stießen nicht auf das Mädchen, sondern auf etwas, das einmal ein kleiner wilder Hund gewesen war. Klein, aber sehr muskulös. „Wenn sie das getan hat, wird sie bald unwiderruflich verloren sein.“ Zum Glück war es ein Tier gewesen und kein Gestaltwandler. Denn dann hätte es für das Mädchen keinen Weg zurück in die Gemeinschaft gegeben.

Riley kniete sich neben Mercy. „Sie hat nichts davon gegessen. Das war reine Aggression.“

„Armes Kind.“ Mercys Herz zog sich zusammen – was hatte das Mädchen bloß dazu getrieben? „Sie muss ganz in der Nähe sein. Die Witterung ist sehr deutlich.“ Mercy überlegte und zog die Stiefel aus. „Es ist bestimmt einfacher, wenn ich mich verwandle.“

Riley nickte. „Ich sehe zu, dass ich im Windschatten bleibe.“

„Gute Idee.“ Bei ihrem jetzigen Zustand würde ein Wolf das Mädchen nur ängstigen oder noch aggressiver machen. „Dreh dich um.“ Gestaltwandler waren nicht prüde, aber Riley hatte sie in einer sehr intimen Situation nackt gesehen … dadurch hatte sich etwas verändert. Und das irritierte Mercy. „Du sollst dich umdrehen, habe ich gesagt.“

Riley verschränkte seine Arme über der Brust und lehnte sich gegen einen Baum. Die dunklen Schokoladenaugen sahen sie unverwandt an.

O ja, Riley wusste wirklich, welche Knöpfe er drücken musste. „Na schön.“ Sie zuckte die Achseln und zog sich mit gestaltwandlerischer Geschwindigkeit aus, ballte Kleidung und Schuhe zu einem Knäuel, um sie irgendwo zu verstecken.

„Überlass das mir.“ Er war hinter ihr, legte die Hand auf ihre Schulter.

Es prickelte.

Elektrische Ströme pulsierten durch ihren Körper, selbst als sie die Hand längst abgeschüttelt hatte. „Fass mich nicht an.“ Die Raubkatze in ihr fuhr die Krallen aus, wollte mehr, aber Mercy biss die Zähne zusammen. Wenn sie jetzt nicht ein paar grundsätzliche Regeln aufstellte, würde Riley keine Ruhe geben, bis etwas in ihr einrastete. Der Mann kannte sich mit Besessenheit besser aus als manche Leoparden.

„Gib mir die Sachen.“ Seine Verärgerung war nicht laut, ein Sturm, der sich unter der gleichmütigen Oberfläche zusammenbraute, die er der Welt zeigte.

Es hatte ihn wohl unangenehm überrascht, dass sie ihm ihre körperliche Nähe verweigerte. Sie drückte ihm das Kleiderbündel in die Hand. „Mach damit, was du willst.“ Dann verwandelte sie sich. Schmerz und Ekstase, reiner Genuss und unglaubliche Qual. Einen Augenblick später war alles vorbei.

Riley kniete sich hin und strich über ihren Hals. „Dein ganzer Rücken ist zerschrammt, verdammt noch mal. Warum zum Teufel hast du nicht gesagt, dass es wehtut?“

Weil es das nicht getan hatte, Schlaumeier. Sie schnappte nach ihm, entzog sich seinem Griff und rannte in Richtung Luchs. Riley blieb zurück, um sich um ihre Kleidung zu kümmern. Schließlich nahm sie seine Witterung nicht mehr wahr. Dabei fiel ihr etwas ein. Dem Mädchen würde es sicher nicht gefallen, einen Wolf an ihrem Fell zu riechen. Sie legte sich auf den Boden und wälzte sich in einem Laubhaufen, um Rileys Geruch mit dem Aroma des Waldes zu überdecken.

Dann lief sie äußerst vorsichtig zu der kleinen Lichtung, von der der Luchsgeruch kam.

Die wilden Luchse nahmen sie zuerst wahr. Sie begrüßten sie mit leisem Knurren und beachteten sie nicht weiter, als sie keine Anstalten machte, sie zu verscheuchen. Willow saß zwischen ein paar Luchsjungen. Sie war größer und hatte ganz andere, einzigartige Augen. Ihre Körperhaltung und ihr Geruch verrieten die Gestaltwandlerin. Mercy ging zu ihr und drängte die anderen Jungen beiseite, ohne ihnen wehzutun.

Sie trollten sich, ein paar Vorwitzige versuchten noch, an ihren Beinen zu knabbern. Aber Mercy knurrte, und da verschwanden sie. Willow rührte sich nicht vom Fleck. Schon das zeigte, dass sie anders war. Mercy wollte das Junge nicht bedrängen und legte sich neben sie unter einen Baum. Der kleine Körper war kalt, und das Herz schlug viel zu langsam.

Die arme Kleine stand unter Schock.

Mercy lag einfach da, Willow sollte spüren, dass sie in Sicherheit war, dass jemand Stärkeres sie beschützte und nicht bedrohte. Es dauerte einige Zeit, aber schließlich entspannte sich der kleine Körper ein wenig. Dann noch ein wenig mehr. Das Mädchen kuschelte sich an sie, und sie seufzte vor Erleichterung – wenn Willow Trost bei ihr suchte, dann war sie noch nicht verloren.

Eine halbe Stunde später entschloss sich Mercy, den nächsten Schritt zu tun. Sie stand auf, drehte sich um und knabberte an Willows Ohr. Das Luchsjunge gab einen überraschten Laut von sich und kam mit weit aufgerissenen Augen auf die Beine. Mercy hielt ihren Blick fest und nahm menschliche Gestalt an.

Willow war immer noch eine Luchsin, Mercy kauerte sich neben sie, das lange Haar fiel ihr über die Schultern. Verdammt, sie hatte nicht an das Haargummi gedacht, und auch die Bissspur an ihrem Hals war bestimmt wieder zu sehen. Während der Verwandlung löste sich alles auf. Selbst Tätowierungen mussten mit einer speziellen Tinte gemacht werden, die sich auf Zellenebene mit dem Körper verband – wie genau, wollte sie gar nicht wissen. Es reichte ihr, dass sie ihre beiden Tattoos nicht nach jeder Verwandlung neu stechen lassen musste.

„He, Kleines.“ Sie strich mit der Hand über Willows Kopf, über die hübschen Pinselohren.

Das Mädchen lehnte sich an sie, wollte sich aber nicht verwandeln.

„Ich weiß, dass du Angst hast“, sagte Mercy und zog Willow auf ihren Schoß. „Aber jetzt bin ich bei dir und passe auf, dass niemand dir etwas tut.“

Das Mädchen rührte sich nicht.

Diese Reaktion schnürte Mercy fast die Luft ab. „Komm schon, Willow. Ich muss wissen, wer es getan hat, sonst kann ich dir nicht helfen.“ Sie streichelte das weiche Babyfell, küsste die Luchsin auf die kleine kalte Nase. „Jetzt bist du in Sicherheit.“ Dann legte sie die Dominanz der Wächterin in ihre Stimme. Mercy hatte eine hohe Stellung in ihrem Rudel. Deshalb war es der kleinen Luchsin fast unmöglich, ihrem Befehl nicht zu gehorchen. „Verwandle dich.“

Und Willow nahm menschliche Gestalt an.

Mercy bewegte sich nicht, als das Junge im bunten Funkenregen der Verwandlung verschwand. Im nächsten Moment krabbelte das Mädchen von ihrem Schoß und kauerte sich ihr gegenüber hin. Ihre Augen blickten schmerzerfüllt. „Sie haben Nash mitgenommen.“

„Deinen Bruder?“ Nash studierte an der technischen Hochschule in Massachusetts, hatte aber Besuchsrecht für das Gebiet.

Ein zaghaftes Nicken. „Sie haben Mama und Papa wehgetan und Nash mitgenommen.“ Willow schluckte, offensichtlich versuchte sie verzweifelt, die Tränen zurückzuhalten. „Mama und Papa sind einfach nicht mehr aufgewacht.“

Oh Gott.

„Willow, Schätzchen.“ Mercy strich mit der Hand über den blonden Schopf, war sehr vorsichtig mit ihren Berührungen. Gestaltwandler hatten ihre Eigenheiten. Das Luchsjunge hatte keine Probleme gehabt, sich anzukuscheln, aber das Mädchen würde einer beinahe vollkommen Fremden keine familiären Rechte zugestehen. „Ich werde einen Freund rufen. Es ist ein Wolf.“

Willow starrte sie an, Überraschung verdrängte kurzfristig Angst und Schmerz. „Ein Wolf?“

„So ist es.“ Mercy zuckte die Achseln. „Ich weiß schon, aber er beißt nicht.“ Das war eine glatte Lüge. „Mach dir keine Sorgen.“

Willow sah nicht gerade überzeugt aus, aber sie blieb, wo sie war, als Mercy pfiff. Innerhalb einer Minute war Riley bei ihnen – mit ihren Kleidern und Stiefeln und dem Handy. Er zog sein T-Shirt aus und hielt es Willow hin, doch das Luchsjunge zögerte.

„Keine Angst“, sagte Mercy und konnte den Blick nicht von den Kratzspuren auf Rileys Rücken abwenden. „Wolfsbakterien lassen sich leicht abwaschen.“ Verdammt, sie hatte ihn tüchtig gekratzt. Ihre Wangen wurden ganz heiß, als ihr klar wurde, wie sehr sie sich hatte gehen lassen.

Willow zögerte noch ein paar Sekunden, dann nahm sie das T-Shirt und zog es sich über. Es verdeckte so ziemlich alles. Sie waren zwar Gestaltwandler, aber in Gegenwart von Fremden eben auch Menschen. Das Mädchen stand auf und sah Riley an, Mercy knurrte anerkennend, die Kleine hatte Mut. „Vielen Dank.“

„Gern geschehen.“ Er sah Mercy fragend an.

Sie nickte kurz. „Müde, Kleines?“

Willow schüttelte den Kopf. „Ich habe mich genug ausgeruht.“

Aber sie war verdammt weit weg von ihrem Zuhause. Immerhin war sie eine Gestaltwandlerin. Eine kleinere Raubkatze als ein Leopard, aber ebenso ein Raubtier. Die hatten ihren Stolz. Und dieses Mädchen hatte jedes Recht darauf, stolz zu sein. „In Ordnung. Einen Augenblick noch, dann können wir los.“ Sie tippte Lucas’ Nummer ein.

„Hallo Mercy“, meldete er sich, „wir haben die Eltern von Willow gefunden. Sie sind am Leben.“

„Wie das?“

„Betäubungsmittel. Stark dosiert.“ Er schien gleichzeitig mit jemand anderem zu sprechen. „Ein paar Mediziner-Gefährten, die in der Nähe leben, sind gerade dabei, sie durchzuchecken, aber sie werden bald wieder in Ordnung sein. Bring das Junge zu Tammy.“

Sie drückte auf den roten Hörer und sah Willow lächelnd an. „Deine Eltern sind wohlauf.“

Hoffnung erhellte Willows Gesicht, doch dann folgte Misstrauen. „Aber sie sind nicht aufgewacht und haben ganz schrecklich gerochen.“

Bei einer solchen Gelegenheit konnte ein guter Geruchssinn zu einem Fluch werden. Vor allem für die Kleinen. „Man hat ihnen ein Medikament gegeben, das sie sehr schläfrig gemacht hat.“

Willow biss sich auf die Lippen.

„Reine Zeitverschwendung“, sagte Riley. „Lass uns losgehen, dann kann sie sich selbst davon überzeugen.“

Willow nickte wie ein kleiner Roboter.

„Dann komm“, sagte Mercy und fragte sich, ob dem Kind klar war, dass es sich soeben mit einem Wolf verbündet hatte. „Laufen wir.“ Sie führte, Willow lief in der Mitte, und Riley bildete die Nachhut.

Als die Kleine taumelte, nahm Riley sie einfach auf den Rücken und lief weiter. Willow hielt sich an ihm fest. Die Lepardin in Mercy knurrte anerkennend – auch wenn Riley so manchen Fehler hatte (nicht gerade wenige, wenn man den Gerüchten Glauben schenken wollte), schien er doch zu wissen, wie man sich hilfloser Wesen annahm.

 

5

Im Medialnet gab es ziemlichen Aufruhr wegen des … ja, weswegen eigentlich? Bombenanschlags? Unfalls?Was immer es gewesen war, die Nachricht verbreitete sich im ganzen Land. Die Leute wollten weitere Informationen haben, und diejenigen, die in der Nähe des Restaurants wohnten, schalteten die örtlichen Sender ein in der Hoffnung, dort etwas zu erfahren.

Es drang nur wenig an die Öffentlichkeit, denn Polizei und Rettungskräfte waren sehr schnell vor Ort gewesen und hatten alles abgeriegelt. Einem Studenten, einem Menschen, war es jedoch gelungen, mit seinem Handy Fotos zu machen. Offensichtlich hatte eine Mediale im Epizentrum der Explosion gestanden.

Es gab eine Flut von Spekulationen – damit hatte man rechnen müssen, vor allem nach Ashaya Aleines gewaltsamer Loslösung vom Netz –, doch allmählich beruhigten sich alle wieder. Ein einzelnes Vorkommnis, höchstwahrscheinlich hatten sich irgendwelche Chemikalien in der Aktentasche der Frau zufällig entzündet. Sie hatte als Wissenschaftlerin gearbeitet – wahrscheinlich hatte sie einen Fehler begangen und die falschen Substanzen zusammengemischt.

Es gab keinen Grund, etwas anderes zu vermuten.

 

6

Mercy führte Riley und Willow zu ihrem Wagen, der in der Nähe ihrer Hütte geparkt war. „Anschnallen!“, sagte sie und ließ den Motor an.

„Schon geschehen.“ Helle Augen im Rückspiegel. „Siehst du?“

Mercy nickte, und Riley drehte sich zu ihr um. „Braves Mädchen.“

Dieser kleine Dialog sorgte für eine entspannte Stimmung auf der Fahrt zu Tammy und Nate – doch als sie ausstiegen, zeigte sich Willow wieder ganz nachdenklich. „Ich kann Mama und Papa nicht riechen.“ Sie hielt sich an Mercys Hand fest.

„Sie hatten einen langen Weg vor sich“, sagte Riley knapp, Gestaltwandlerkinder mochten ehrliche Antworten. Die meisten von ihnen rochen Lügen schon von Weitem. „Wahrscheinlich trudeln sie in der nächsten halben Stunde ein. Geh rein und hol dir etwas zu essen.“ Die Frühstückszeit war schon eine ganze Weile vorbei.

„Ich habe keinen Hunger.“ Willow stieß mit der Fußspitze ins Gras.

Mercy zog an ihrer Hand, damit sie sie ansah. „Darfst du bei deiner Mutter die Mahlzeiten einfach ausfallen lassen?“

Das Mädchen schüttelte den Kopf.

„Also?“

Die Kleine seufzte. „Ich gehe ja schon.“ Aber sie schleifte die Füße lustlos über den Boden, als sie zum Haus ging … zumindest so lang, bis Tammys Zwillinge herauskamen und vor Freude auf und ab hüpften, dass ein so großes Mädchen mit ihnen spielen würde. An ihren Fersen klebte das Kätzchen Ferocious, ihr neues Haustier, das sie auf Schritt und Tritt begleitete. Die Zwillinge nutzten es schamlos aus, dass Willow von diesem verspielten grauen Ding fasziniert war, und entführten ihre neue Freundin mit dem Versprechen, sie dürfe mit Ferocious spielen.

„Ein Kätzchen für zwei Leopardenjungen?“, murmelte Riley.

Mercy grinste. „Sie hält sich für den Nabel der Welt – Jules und Rome knurren jede Katze an, die ihr zu nahe kommt.“ Sein Gesichtsausdruck brachte sie zum Lachen, sie wies mit dem Kopf zum Haus. „Ich werde mich vergewissern, dass es Willow gut geht.“ In der Küche lag Ferocious schnurrend auf Willows Schoß, Julian und Roman standen an ihrer Seite und hatten die kleinen Hände auf die bloßen Arme des Luchsmädchens gelegt, während sie ihr von den „unglaublichen“ Taten ihres Kätzchens erzählten.

„Deine Jungen sind großartig“, sagte Mercy zu Tammy. Instinktiv hatten sie erkannt, dass jemand sich um Willow kümmern musste, und den Job übernommen.

Mütterlicher Stolz zauberte ein Lächeln auf das Gesicht der Heilerin. „Habt ihr schon gegessen?“

Mercy schüttelte den Kopf, als die Tür aufging und Sascha, die Gefährtin von Lucas, den Raum betrat. „Morgen, Mercy. Lucas ist draußen, soll ich dir ausrichten.“

Überzeugt davon, dass für Willow gut gesorgt wurde – da sie aller Wahrscheinlichkeit nach verhätschelt und verwöhnt werden würde –, verließ Mercy wieder das Haus und sah genau in diesem Moment, dass Lucas Rileys Rücken begutachtete, als der Wolf etwas aus dem Wagen holte. Verflucht!

Lucas hatte sicher sofort erkannt, dass die Kratzspuren von einem Leoparden stammten. Aber er sagte kein Wort, als Riley sich mit einem Handy in der Hand wieder umdrehte.

„Muss mir aus der Tasche gerutscht sein. Ich werde Hawke Bescheid geben.“

Lucas nickte und entfernte sich ein wenig von ihm, damit Riley ungestört telefonieren konnte. Gestaltwandler verfügten über ein außerordentlich scharfes Gehör. Mercy allerdings beunruhigten mehr die Augen ihres Alphatieres, als sie ihm folgte. „Weiß man, was passiert ist?“

„Nate meint, offensichtlich sei jemand in das Haus eingedrungen. Der Sohn ist verschwunden, und es gibt Kampfspuren.“ Lucas kniff die Augen zusammen und betrachtete Mercy von oben bis unten. „Sehr gut, du hast die Sache in die Hand genommen.“

Auf diese Art von Diskussion hatte sie nun überhaupt keine Lust. „Ja. Können wir jetzt weitermachen?“

„Nein.“ Die grünen Augen leuchteten. „Riley hat ein paar interessante Kratzer auf dem Rücken, und urplötzlich bist du nicht mehr so scharf auf Berührungen. Und was sehe ich da: Bissspuren im Nacken?“

„Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun.“ Sie versuchte, dagegen anzukämpfen, aber ihre Hand griff immer wieder nach ihrem Haar, um das verräterische Mal am Hals zu verstecken. Natürlich hatte Riley sie an einer gut sichtbaren Stelle gebissen – das machten dominante Männchen gerne, wenn sie ein Weibchen ganz für sich haben wollten.

Lucas’ Lippen zuckten, die wilden Male auf seiner Wange – vier gezackte Linien, als hätten ihn die Krallen eines großes Tieres erwischt – traten deutlich hervor. „Dorian wird begeistert sein.“

Sie starrte ihn an. „Bei Gott, wenn du ihm das erzählst, dann werde ich …“ Womit zum Teufel konnte man einem Alphatier Angst einjagen? „Dann werde ich Hawke sagen, dass du ab jetzt jeden Tag mit ihm jagen willst, um den Bund zu festigen.“

„Das wäre gemein, Mercy“, sagte Lucas, grinste aber immer noch und sah an ihr vorbei. „Aber wenn du willst, dass niemand etwas merkt, solltest du Riley schleunigst ein Hemd besorgen.“

„Das heißt nicht, dass ich irgendetwas zugebe“, sagte sie, als sie ins Haus rannte und ein T-Shirt aus dem Schrank für Wechselwäsche holte, der für die Wächter bereitstand. Tammy war ihre Heilerin, sie kamen oft blutend und ernsthaft verletzt zu ihr. Nachdem Riley das einfache graue T-Shirt angezogen hatte, sah alles gleich viel interessanter aus – auch wenn der Kerl sie die meiste Zeit auf hundertachtzig brachte, konnte man ihm nicht absprechen, dass er gut gebaut und muskulös war, ein kräftiger Mann.

Obwohl sie sich zu beherrschen versuchte, wurde ihr heiß, sie wandte sich um und sah in Lucas’ lachendes Gesicht. „Luc!“

„Ich werde schweigen wie ein Grab“, versprach er. „Da wir gerade dabei sind, du hast Besuch – er wohnt in einer Hütte ganz in der Nähe deiner Behausung.“

Die aufsteigende Wut löschte alle anderen Gefühle aus. „Warum hast du mir verschwiegen, was meine Großmutter vorhatte?“ Lucas und Isabella verband viel. Vor über fünfzehn Jahren waren die DarkRiver-Leoparden von dem ShadowWalker-Rudel angegriffen worden, und Isabella hatte sofort ihre Hilfe angeboten, obwohl sie damals selbst genug Schwierigkeiten in ihrem Territorium hatte. Die Hilfe war dann doch nicht nötig gewesen, aber das Angebot war noch in guter Erinnerung.

Lucas kreuzte die Arme über der Brust. „Ich dachte, dir stünde das Wasser bis zum Hals und deine Großmutter wollte dir eine Rettungsleine zuwerfen.“ Ohne Umschweife. „Könnte ja sein, dass einer von denen dein Gefährte ist.“ Riley kam auf sie zu, und Lucas’ Aufmerksamkeit richtete sich auf ihn. „Hawke ist auf dem neusten Stand?“

Riley nickte. „Da ich schon einmal hier bin, werde ich die Sache weiterverfolgen. Was hat Nate herausgefunden?“