Sherlock Holmes. 100 Seiten - Jürgen Kaube - E-Book

Sherlock Holmes. 100 Seiten E-Book

Jürgen Kaube

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Beschreibung

Die zeitlose Ikone der Detektivliteratur »Wie viel Lebenszeit verbringen wir nicht mit den Detektiven? Sherlock Holmes ist das Urphänomen (der Stammvater) dieser Spezies und die weltweit bekannteste literarische Figur.« Eine der berühmtesten Figuren in der Literaturgeschichte ist Sherlock Holmes, jener messerscharf schlussfolgernde Londoner Detektiv, der mit seinem Sidekick Dr. Watson die schwierigsten Fälle löst – bis heute: Serien wie Elementary oder Sherlock und Filme wie Enola Holmes ehren sein Erbe. Jürgen Kaube zeichnet die Karriere dieses modernen Mythos liebevoll nach – ein Muss für alle Krimi- und Film-Fans. Mit 4-farbigen Abbildungen und Infografiken.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 116

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Jürgen Kaube

Sherlock Holmes. 100 Seiten

Reclam

In Erinnerung an meine Großmutter Ida

Marie-Avril Roux gewidmet

 

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist ausgeschlossen.

 

Für mehr Informationen zur 100-Seiten-Reihe:

www.reclam.de/100Seiten

 

2024 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Covergestaltung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH nach einem Konzept von zero-media.net

Infografik: zero-media.net, München

Bildnachweis: siehe Anhang; Autorenfoto: © privat

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2024

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN978-3-15-962351-1

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-020716-1

www.reclam.de

Inhalt

Die Zeit mit den Detektiven

Der Berühmteste von allen

Sherlocks Väter: Dupin, Bell, Stevenson

Der »Consulting Detective«

Baker Street 221B

Deduktion, Induktion, Abduktion

Vier gute Gründe für Dr. John Watson

Mycroft und Enola

Das Wetter bei Holmes

Der berühmteste Bluthund Englands

Professor Moriarty

Ein Detektiv der »upper classes«?

Spurenlegen als Erfolgsrezept

Der fehlende Fall: Jack the Ripper

Sherlock Holmes im Film

Gegenentwürfe

Lektüretipps

Dank

Bildnachweis

Zum Autor

Über dieses Buch

Leseprobe aus Queen Elizabeth II. 100 Seiten

Die Zeit mit den Detektiven

Am Beginn meines Vergnügens an Sherlock Holmes stand ein Autor namens Victor Gunn. So hieß er allerdings nur in Deutschland, der eigentliche Name des Briten war Edwy Searles Brooks. Er hatte zwischen 1910 und 1965 unter gut einem halben Dutzend Pseudonymen etwa einhundert Romane geschrieben. Darunter diejenigen, die ich vierzehnjährig auf dem Dachboden im schwäbischen Grünmettstetten im Nachlass meiner Großmutter Ida Odermatt fand. Es waren »Goldmann Krimis« in gefährlich leuchtendem Rot, mit einem mürrischen Chefinspektor William Cromwell, der nach den schwerbewaffneten Reiter-Soldaten seines historischen Namensvetters »Ironsides« genannt wurde, und mit seinem stets gutgelaunten und à la mode gekleideten Assistenten Sergeant Johnny Lister, der ein Kabriolett der Marke Alvis fuhr (googeln Sie mal, Sie möchten dann auch so eines haben!). Ihre Fälle spielten in verregneten Landschaften Englands mit vielversprechenden Namen wie Essex, Cornwall, Norfolk und Dartmoor, überhaupt gern in Moorgegenden und an Flüssen. Ich verschlang die Bände, sie verbanden mich mit meiner früh verstorbenen, geliebten Großmutter, und sie waren mein Weg in die Welt der Detektivromane.

Es ist die Welt dunkler Stimmungen, in der selbst dort, wo vieles in Ordnung scheint und jedenfalls Frieden herrscht – der Kriminalroman ist eine Gattung für Friedens-, also Nachkriegszeiten –, etwas Unheimliches im Hintergrund wirkt. Es wird Tee getrunken, im Kamin brennt ein Feuer, aber überall kann es zu einem Mord, also zum Äußersten kommen, überall gibt es verborgene oder offenkundige Konflikte, die sich bis zur Untat steigern können. Die Soziologen beschäftigen sich damit, weshalb es die meisten Konflikte glücklicherweise nicht so weit bringen. Die Kriminalromane hingegen gehen der Frage nach, was geschehen soll, wenn es doch so weit kommt.

Dabei vermittelt der Detektiv den Lesern die Hoffnung, es lasse sich die Ordnung durch Nachdenken und Ermitteln zumindest vorläufig wieder einrenken. So wird der Kriminalroman dann auch gelesen, in geschützten Räumen, im Bahnabteil, in Strandkörben, im Bett. Zugleich vermittelt er den Verdacht, dass diese Räume so sicher nun auch wieder nicht sind. Das Vergnügen an Kriminalromanen bewegt sich zwischen dem Gefühl der Leser, nicht betroffen zu sein, und dem Zweifel daran, ob man sich darauf auch wirklich verlassen kann.

So las auch ich die Kriminalromane. Auf Gunn folgten die von Agatha Christie und Rex Stout, die ausufernden von Dorothy L. Sayers und die mit den vielen Ein-Satz-Absätzen von Georges Simenon, bald aber auch die ganz anders temperierten von Sjöwall und Wahlöö, -ky und dem bewunderten Harry Kemelman.

Irgendwann erfuhr ich, dass diese Welt der detektivischen Ermittlungen zuerst von Arthur Conan Doyle betreten worden ist. Zwar gab es zuvor schon erste Kriminalromane und -novellen; das Genre begann sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zu entwickeln. Doch erst Doyle, der schottische Mediziner, drang 1887 zur Figur eines Detektivs durch, der mittels erstaunlicher Beobachtungskraft und präziser Schlussfolgerungen einen Fall nach dem anderen löste. Mit Sherlock Holmes war die Gattung erfunden. Alle Detektive, die danach kamen, von Father Brown über Nero Wolfe und Gideon Fell bis Sam Spade und William von Baskerville, sind Variationen auf Holmes, gezielte Abweichungen von ihm, Gegenentwürfe zu ihm, Enkel und Urenkel, die mit ähnlichem Gesicht eigene Wege gingen oder mit ganz anderem Gesicht die gleichen.

Arthur Conan Doyle, 1914. Foto von Walter Benington

Worin liegt die Faszination des Detektivromans? Er hat, wie Jorge Luis Borges sagt, eine besondere Art von Lesern geschaffen: misstrauische, auf Schrecken gefasste, für kleine Hinweise und für intelligente Schachzüge empfängliche Leser. Das Lesen von Kriminalromanen geht nämlich mit einer seltsamen Konzentration einher: Was in anderen Romane Füllelemente sind – die Lage des Gartens, die Krawattennadel, der unbekannte Cousin –, darauf lastet hier der Verdacht, für die Rätsellösung eventuell entscheidend zu sein. Durch die Lektüre zieht sich die Wirklichkeit auf ein paar wenige Rätsel zusammen. Erzählt wird von der Gesellschaft draußen, in Mietshäusern, Sumpflandschaften, Banken, Herrensitzen und Spelunken als Ort solcher Rätsel. Denn es könnte dort nicht alles, aber vieles anders sein, als es scheint. Die Hotelgäste sind angeheuerte Schauspieler. Die Büroarbeit dient dazu, die Angestellten von ihren Wohnungen fernzuhalten. Die Braut war schon verheiratet.

Der Detektivroman ist angesichts solcher Rätsel zuversichtlich. Selbst das, sagt er, was sich aufgrund der hohen Strafen, die darauf stehen, am stärksten verbirgt, also: das Verbrechen, kann aufgeklärt werden. Dazu bedarf es eines geistigen Aufwands, Sach- und Personenkenntnis sowie analytischen Durchhaltevermögens. Die Detektive treten an gegen das Geheimnis und das Böse.

Außerdem fasziniert an der Detektivgeschichte ihre zeitliche Struktur, über die Viktor Šklovskij und Tzvetan Todorov geschrieben haben. Etwas Schreckliches ist geschehen, und während sich die Erzählung in der Gegenwart vorwärtsbewegt, gilt die Ermittlung ganz der Vorgeschichte des Geschehenen. Es gibt also zwei Geschichten, die Geschichte der Tat und die Geschichte ihrer Aufklärung. Der Blick des Detektivs geht in die Vorvergangenheit, die er oder sie aus der Gegenwart und den Spuren, die sie in ihr hinterlassen hat, zu erschließen versucht. Er hat dadurch einen Zug ins Historische und Archäologische. Sehr häufig haben die Leser von Kriminalromanen deshalb wenig Interesse an Science-Fiction, sie wenden der Zukunft oft den Rücken zu und beschäftigen sich lieber mit der Frage, was bisher geschah.

Es geschah etwas Böses. Die Aufgabe des Detektivs ist es, das Böse in allen seinen Erscheinungsweisen, den spektakulären wie den unbeachtlichen, aufzuklären. Was ist das Böse? Wir können in seinen Extremen an die Menschheitsverbrechen des 20. Jahrhunderts denken oder an Jack the Ripper, den Londoner Serienmörder aus dem Jahr 1888. In beiden Fällen erschreckt es, wenn wir für furchtbare Taten keine für uns nachvollziehbaren Gründe finden. Wenn sie also nicht aus Habgier, sexueller Begierde oder Angst verübt wurden, sondern ihnen das Vergnügen am Schrecken und an der unerhörten Tat selbst innewohnt.

Besonders böse erscheint uns also die Tat aus Lust am Bösen selbst, die »nicht aus Furcht noch Eigennutz«, so Heinrich Heine, begangen worden ist. Darum ist der Teufel für uns und ist Professor Moriarty für Sherlock Holmes keine Figur, die triebhaft handelt oder nur, um sich zu bereichern. Er ist auch niemand, dem es an Intelligenz fehlt. Böse ist die Bereitschaft zum und die Freude am Leid anderer sowie an der Vernichtung einer Welt. Mitunter kommt der Hohn über die braven Leute, die Polizisten und sogar den Detektiv hinzu, für die der Teufel zu clever ist.

Daneben gibt es noch die gewöhnlichen Motive, und der Detektiv ist oft mit Fällen befasst, in denen sie die tragende Rolle spielen. Es geht um ein Erbe, eine ungewollte Heirat, um Juwelen, um den Einbruch in eine Bank, um Eifersucht. Oft geht es auch um Rache für Geschehnisse, die länger zurückliegen. Viele der Täter, denen Holmes nachsetzt, würden wir auch nicht unbedingt böse nennen, sondern schlecht, aber Arthur Conan Doyle insistiert, dass auch ihre Bereitschaft, das Leid anderer zur Befriedigung der eigenen Interessen in Kauf zu nehmen, an das Böse grenzt.

Das Motiv der Rache, die wir an Straftätern vollziehen, verweist auf die übernützlichen Begründungen für eine böse Tat. Denn die Rache macht die Toten so wenig wieder lebendig, wie die Todesstrafe für Mord – in England wurde sie seit 1965 nicht mehr vollzogen, aber erst 1988 endgültig abgeschafft – oder Strafe überhaupt etwas wiedergutmacht. Es wird gestraft, obwohl es dadurch zu keinem Ausgleich kommt. Im dunklen Kern des Verbrechens dreht sich insofern alles um die selbsterteilte Erlaubnis, Gewalt in allen ihren Steigerungsformen anzuwenden, und um den Widerstand des Rechts dagegen.

Das heißt umgekehrt, dass das Gute nicht auf Einsicht beruht, die gute Handlung keiner kognitiven Leistung entspringt. Im Gegenteil – und das ruft den Detektiv auf den Plan. Der Verbrecher behauptet, schlauer zu sein als die anderen und sich deshalb alles herausnehmen zu können. Der Detektiv nimmt diese Wette an. Gerade im intelligenten Detektiv verkörpert sich daher unsere Hoffnung, dass Intelligenz nicht alles ist, sondern entscheidend der Wille bleibt, sie für eine gute Ordnung einzusetzen. Wie gut die Ordnung ist, für die der Detektiv sich einsetzt, werden wir noch sehen.

Der Berühmteste von allen

Sherlock Holmes, der Detektiv, ist »die einzige populäre Legendenfigur, die in der modernen Welt geschaffen wurde« (Gilbert K. Chesterton). Ist er überhaupt eine Erfindung? Ein Band, der sich 1944 dem Privatleben von Holmes zuwandte, vermerkte: »Die Charaktere in diesem Buch sind wirkliche Personen. Jede Ähnlichkeit mit fiktionalen, lebendig oder tot, ist rein zufällig.«

Früh ist Sherlock Holmes erforscht worden, als habe es ihn tatsächlich gegeben. Die Briefe, die an seine Adresse, Baker Street 221B, gerichtet worden sind, füllen Eisenbahnwaggons, und die Wohnungsbaugesellschaft, die das Gebäude gemietet hatte, richtete ein eigenes Büro zu ihrer Beantwortung ein. Im Februar 1910 entschied die Schweizer Eisenbahn, alle Geschichten mit Sherlock Holmes aus den Bahnhofsbuchhandlungen zu verbannen, nachdem zwei junge Landarbeiter einen von ihnen begangenen Mord mit dem Einfluss erklärt hatten, den Detektivgeschichten auf sie ausgeübt hätten.

Es gibt fast niemanden im Universum, der Sherlock Holmes nicht kennt, von ihm noch nie gehört hat. Man hat gesagt, nur Micky Mouse und der Weihnachtsmann seien ähnlich berühmt. Doch vom Weihnachtsmann gibt es keine festgefügten Geschichten, und Micky Mouse ist nicht weit über den Comic und die Zeichentrickfilme hinausgedrungen. Umgekehrt erscheint Holmes 1986 in Disneys Welt als »Basil the Great Mouse Detective«.

Der Ruhm von Sherlock Holmes und seinem Assistenten, Dr. Watson, übersteigt erheblich die 56 Geschichten und vier Romane, die Arthur Conan Doyle zwischen 1887 und 1927 über sie veröffentlich hat. Unter den Sherlock-Holmes-Forschern heißen sie mit einem Begriff, den die Kirche für ihre heiligen Texte verwendet hat, »der Kanon«.

Neben dem Kanon gibt es die Apokryphen, also Teile, die kein Teil des engeren Kanons sind, aber doch dazugehören. Schon zu Lebzeiten des Autors erschienen fast 400 Sherlock-Holmes-Parodien, die erste von ihnen 1891, vier Monate nach der ersten Kurzgeschichte Ein Skandal in Böhmen. Es gibt Hunderte von Verfilmungen seiner Fälle, es gibt erzählerische Fortführungen der Figur und der Fälle, die bei Arthur Conan Doyle nur erwähnt, aber nicht erzählt werden. In der Fernsehserie Elementary ermittelt der Meister im gegenwärtigen New York mit einem weiblichen Dr. Watson, in der jüngsten Verfilmung der BBC wirkt er im London unserer Zeit, und die Erben von Conan Doyle führten vergeblich einen Urheberrechtsprozess gegen die Produzenten von Enola Holmes, einem Film über Sherlock Holmes’ kleine Schwester. Wer vor englischer Küche nicht zurückschreckt, kann Sherlock-Holmes-Kochbücher kaufen, es gibt Kostüme, wie er sie getragen haben soll, und Einführungen in seine Art des Denkens. Die Brett- und Kartenspielindustrie verdankt ihm viel. In London ist nahe Baker Street 221B ein Museum eingerichtet, und es gibt in der Northumberland Street Ecke Craven Passage einen Pub »The Sherlock Holmes« mit einer eigenen Devotionaliensammlung.

Ist es sonst üblich, eine literarische Gesellschaft für den Autor zu gründen, so existiert im Fall von Holmes eine Gesellschaft für die Figur. Von den zahllosen Studien, die ihr gelten, war dabei noch gar nicht die Rede. Wir wissen so gut wie alles über Holmes. Ein früher Impuls der Verehrung versuchte mit spöttischem Unterton, die Methoden der neutestamentarischen Textforschung auf den Kanon anzuwenden. Umberto Ecos fabelhafter »Name der Rose« ist eine einzige Hommage an Holmes: Der Detektiv heißt William von Baskerville, der Erzähler ist sein Adlatus und heißt Adson von Melk. Inzwischen könnte man eine Professur für Sherlock-Holmes-Studien einrichten. Das geht weit über andere mythische Charaktere wie Faust, Don Giovanni oder Frankensteins Monster hinaus. Nur Dracula und seine Sippe haben es ähnlich weit gebracht.

Sherlock Holmes ist also ein moderner Mythos. Bevor wir der Frage nachgehen, wie es zu ihm gekommen ist, möchte ich kurz der Faszination für den englischen Detektiv folgen. Sie hängt mit Kaminfeuern, mit dem Londoner Nebel und dem zwanglosen Zwang der Logik zusammen, durch die er die durch Verbrechen gestellten Probleme löst. Sie hängt überdies mit dem selbstständigen Leben zusammen, das Holmes führt. Dr. Watson bezeichnet es zuweilen als das Leben eines Bohemiens, der aufsteht und ins Bett geht, wann ihm danach ist, Fälle annimmt und ablehnt, wie es ihm behagt, sich mit Violinspiel und Kokainkonsum die Langeweile zwischen den Fällen vertreibt und seinen Hobbys nachgeht, ohne die Pflichten zu verletzen, die er als »Consulting Detective«, als freier Ermittler also, hat: sich auf dem aktuellen Stand der Möglichkeiten zu halten, Rätsel zu lösen.

Sherlock Holmes übt eine Profession aus. Unter allen Berufen werden als Professionen diejenigen bezeichnet, die mit Klienten arbeiten und deren Erfolg von der Mitarbeit der Klienten abhängt. Die klassischen Beispiele sind Ärzte, Anwälte, Pfarrer und Lehrer. In allen diesen Fällen befinden sich die Klienten in einer Krise, in der sie Rat suchen. Sie befinden sich in einem Konflikt, in einem kritischen Gesundheitszustand, einer schwierigen Seelenlage oder – vermutlich ohne es zu wissen – in einer Bildungskrise, weil sie nicht einmal wissen, was sie brauchen, um im Leben weiterzukommen. Die Professionen, die alle auf wissenschaftlicher Grundlage arbeiten, bieten Rat an, aber sie verfügen, anders als Ingenieure, Steuerberater oder Architekten, über keine sicheren Techniken, um die Probleme ihrer Klienten zu lösen.