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Einen Mann auf seinem letzten Gang zu begleiten gehört in der Regel nicht zu den Aufgaben eines Detektivs. Und doch begab es sich an jenem kalten Dezembermorgen, dass mein Freund Holmes und ich die kalten, trostlosen Hallen des Newgate-Gefängnisses betraten, um eben dies zu tun. Der Kontrast zwischen der belebten Straße mit all den geschäftigen Menschen und dem düsteren Innern des Gefängnisses war bereits für gestandene Männer wie uns schwer zu ertragen. Wie sehr mussten die Ödnis, die Entbehrung und die schlechten Zustände des alten Gebäudes da auf die Inhaftierten wirken? Andererseits komme ich nicht umhin zu erwähnen, dass es die Häftlinge verdient hatten; einer wie der andere. Mörder, Diebe und sonstiges Gesindel gehörten hinter Schloss und Riegel und schon Publilius Syrus wusste, dass derjenigen den Guten schadet, der die Schlechten schont. Bonis nocet, quisquis pepercerit malis; nach diesem Wahrspruch lebte mein Freund Sherlock Holmes; wann immer es in seiner Macht stand, führte er schlechte Menschen der verdienten Gerechtigkeit zu. Die Hinrichtung von Leroy Bonney war ein solcher Akt der Gerechtigkeit. Ich berichtete von seiner abscheulichen Tat bereits im Zuge des Mysteriösen Todes eines Politikers, denn kein anderer als Bonney war es gewesen, der den armen Mr. Winterbloom erdolcht hatte. Der Drahtzieher des Mordes, ein gewisser Mister van Horn, war dem Galgen entkommen; dank seiner deutschen Abstammung hatte sich das Kaiserreich für ihn eingesetzt. Ob es für ihn besser war, bis ans Ende seines Lebens in Newgate eingekerkert zu sein, sei dahingestellt ... Der Gefängnisdirektor selbst geleitete uns zum Galgen. Der Henker an jenem Tag hieß James Billington. Wie alle seine Kollegen war auch er freischaffend. Manche von ihnen gingen einer weiteren, regulären Beschäftigung nach, andere zogen durchs Land und boten ihre Dienste jedem Gefängnis an, das Hinrichtungen ausführte. Einige reisten hierzu sogar nach Irland.
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Seitenzahl: 31
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Sir Arthur Conan Doyle’s
SHERLOCK HOLMES
»Die neuen Fälle«
Band 9
von
Sir Arthur Conan Doyle’s
SHERLOCK HOLMES
»Die neuen Fälle«
Herausgeber: ROMANTRUHE-Buchversand.
Cover: Romantruhe.
Satz und Konvertierung:
ROMANTRUHE-BUCHVERSAND.
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Einen Mann auf seinem letzten Gang zu begleiten gehört in der Regel nicht zu den Aufgaben eines Detektivs.
Und doch begab es sich an jenem kalten Dezembermorgen, dass mein Freund Holmes und ich die kalten, trostlosen Hallen des Newgate-Gefängnisses betraten, um eben dies zu tun.
Der Kontrast zwischen der belebten Straße mit all den geschäftigen Menschen und dem düsteren Innern des Gefängnisses war bereits für gestandene Männer wie uns schwer zu ertragen. Wie sehr mussten die Ödnis, die Entbehrung und die schlechten Zustände des alten Gebäudes da auf die Inhaftierten wirken?
Andererseits komme ich nicht umhin zu erwähnen, dass es die Häftlinge verdient hatten; einer wie der andere. Mörder, Diebe und sonstiges Gesindel gehörten hinter Schloss und Riegel und schon Publilius Syrus wusste, dass derjenigen den Guten schadet, der die Schlechten schont.
Bonis nocet, quisquis pepercerit malis; nach diesem Wahrspruch lebte mein Freund Sherlock Holmes; wann immer es in seiner Macht stand, führte er schlechte Menschen der verdienten Gerechtigkeit zu.
Die Hinrichtung von Leroy Bonney war ein solcher Akt der Gerechtigkeit. Ich berichtete von seiner abscheulichen Tat bereits im Zuge des Mysteriösen Todes eines Politikers, denn kein anderer als Bonney war es gewesen, der den armen Mr. Winterbloom erdolcht hatte.
Der Drahtzieher des Mordes, ein gewisser Mister van Horn, war dem Galgen entkommen; dank seiner deutschen Abstammung hatte sich das Kaiserreich für ihn eingesetzt.
Ob es für ihn besser war, bis ans Ende seines Lebens in Newgate eingekerkert zu sein, sei dahingestellt ...
Der Gefängnisdirektor selbst geleitete uns zum Galgen.
Der Henker an jenem Tag hieß James Billington. Wie alle seine Kollegen war auch er freischaffend. Manche von ihnen gingen einer weiteren, regulären Beschäftigung nach, andere zogen durchs Land und boten ihre Dienste jedem Gefängnis an, das Hinrichtungen ausführte. Einige reisten hierzu sogar nach Irland.
Billington galt als Nachfolger von James Berry in der Rolle des Chef-Henkers von Großbritannien und Irland; ein gut gewachsener, kräftiger Mann mit wachen Augen und kühlem Verstand.
Wir kannten einander von verschiedenen Begebenheiten und so war es nicht erstaunlich, dass er meine Hand ergriff und mich persönlich begrüßte.
Schließlich blieb sein Blick an Holmes hängen. »So, lerne ich jenen Detektiven kennen, der mir einige Kundschaft beschert hat. Es ist mir eine Freude!«
Holmes ergriff die dargebotene Hand und zollte dem Mann mit wenigen Worten Respekt für seine noble, gleichwohl schauerliche Arbeit.
Die Konversation kam zum Erliegen, denn die Uhr des Gefängnisses schlug neun. In London begannen Hinrichtungen stets zu dieser Uhrzeit; eine Tradition seit vielen Jahrhunderten.
Aus dem Flur vor dem Galgen erklangen Laute. Schritte, Kommandos und das Klirren von Ketten.
Kurz darauf wurde Bonney in den engen Raum geführt. Die Wachen sorgten dafür, dass er auf der Falltüre zu stehen kam, ehe sie sich zurückzogen.
Ein Geistlicher gesellte sich zu uns, ebenso der diensthabende Arzt.
Auch ihn kannte ich gut, sodass wir einander freundlich zunickten. Ich nahm an, dass er mich im Anschluss zu einem kleinen Plausch laden würde.
Bonney blickte auf uns nieder. Noch hatte ihm Billington nicht die weiße Mütze übergestreift, sodass wir seinen ängstlichen, gleichwohl höhnischen Blick sehen konnten.
»Da ist er ja, der große Holmes!«, rief Bonney, während der Geistliche ein leises Gebet anstimmte. »Glaub nicht, ich würde so einfach sterben. Oh nein, Holmes, so einfach ist das nicht.«